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Das Covid Versagen der Linken

Der folgende Beitrag erscheint explizit in den Rubriken "Erkenntnistheoretisches / Debatte / Kritik und Selbstkritik". Die Meinung der jeweiligen Autoren muss nicht mit der unseren übereinstimmen. Aber es gibt sicherlich den einen oder anderen Aspekt, den wir richtig finden. Rechte Positionen werden konsequent nicht veröffentlicht, weil wir mit Rechen weder reden, noch sie zu Wort kommen lassen. Punkt.

Antonio Berni, Manifestacion, 1934
Antonio Berni, Manifestacion, 1934
Während der verschiedenen Phasen der globalen Pandemie haben sich die Präferenzen der Menschen in Bezug auf epidemiologische Strategien eng mit ihrer politischen Orientierung überschnitten. Seit Donald Trump und Jair Bolsonaro im März 2020 Zweifel an der Weisheit einer Abriegelungsstrategie geäußert haben, haben sich Liberale und die Linken des westlichen politischen Spektrums, einschließlich der meisten Sozialisten, in der Öffentlichkeit für die Abriegelungsstrategie der Pandemieabschwächung stark gemacht - und neuerdings auch für die Logik der Impfpässe. Jetzt, da Länder in ganz Europa mit strengeren Restriktionen für Ungeimpfte experimentieren, fallen linke Kommentatoren - die sonst so lautstark Minderheiten verteidigen, die unter Diskriminierung leiden - durch ihr Schweigen auf.

Als Schriftsteller, die sich immer auf der linken Seite positioniert haben, sind wir beunruhigt über diese Wendung der Ereignisse. Kann man wirklich keine fortschrittliche Kritik an der Quarantäne gesunder Menschen üben, wenn die neuesten Forschungsergebnisse darauf hindeuten, dass der Unterschied zwischen geimpften und nicht geimpften Personen in Bezug auf die Übertragung verschwindend gering ist? Die Reaktion der Linken auf Covid erscheint nun als Teil einer umfassenderen Krise der linken Politik und des linken Denkens - einer Krise, die seit mindestens drei Jahrzehnten andauert. Deshalb ist es wichtig, den Prozess zu identifizieren, durch den diese Krise Gestalt angenommen hat.

In der ersten Phase der Pandemie - der Phase der Abschottung - waren es eher die kulturell und wirtschaftlich rechts Stehenden, die den sozialen, wirtschaftlichen und psychologischen Schaden der Abschottung betonten. In der Zwischenzeit machte Donald Trumps anfängliche Skepsis gegenüber Abriegelungen diese Position für die meisten derjenigen, die der kulturellen und wirtschaftlichen Linken angehören, unhaltbar. Die Algorithmen der sozialen Medien haben diese Polarisierung dann noch verstärkt. Die westliche Linke machte sich daher sehr schnell für die Abriegelung stark, die als "Pro-Life"- und "Pro-Kollektiv"-Entscheidung angesehen wurde - eine Politik, die theoretisch die öffentliche Gesundheit oder das kollektive Recht auf Gesundheit fördert. In der Zwischenzeit wurde jede Kritik an den Schließungen als "rechts", "pro-ökonomisch" und "pro-individuell" verunglimpft und beschuldigt, "Profit" und "business as usual" über das Leben der Menschen zu stellen.

Alles in allem wurde durch die jahrzehntelange politische Polarisierung ein Thema der öffentlichen Gesundheit sofort politisiert, ohne dass eine Diskussion darüber möglich gewesen wäre, wie eine kohärente linke Antwort aussehen könnte. Gleichzeitig distanzierte sich die Linke mit ihrer Position von jeder Art von Arbeiterbasis, da Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen am stärksten von den sozioökonomischen Auswirkungen der fortgesetzten Abschottungspolitik betroffen waren und auch diejenigen waren, die am ehesten arbeiten mussten, während die Laptop-Klasse von Zoom profitierte. Dieselben politischen Verwerfungen traten auch bei der Einführung der Impfstoffe und jetzt bei der Einführung der Covid-Pässe auf. Der Widerstand wird mit der Rechten assoziiert, während die Linken beide Maßnahmen im Allgemeinen unterstützen. Die Opposition wird als eine verworrene Mischung aus wissenschaftsfeindlichem Irrationalismus und individualistischem Libertarismus verteufelt.

Aber warum hat die Mainstream-Linke praktisch alle Covid-Maßnahmen unterstützt? Wie kam es zu einer derart vereinfachenden Sichtweise der Beziehung zwischen Gesundheit und Wirtschaft, die jahrzehntelange (linke) sozialwissenschaftliche Forschung, die zeigt, wie eng Wohlstand und Gesundheitsergebnisse zusammenhängen, ins Lächerliche zieht? Warum hat die Linke die massive Zunahme der Ungleichheiten, den Angriff auf die Armen, auf die armen Länder, auf Frauen und Kinder, die grausame Behandlung älterer Menschen und die enorme Zunahme des Reichtums der reichsten Einzelpersonen und Unternehmen infolge dieser Politik ignoriert? Wie kommt es, dass die Linke im Zusammenhang mit der Entwicklung und Einführung von Impfstoffen den Gedanken ins Lächerliche zieht, dass angesichts des Geldes, das auf dem Spiel steht, und angesichts der Tatsache, dass BioNTech, Moderna und Pfizer derzeit zusammen über 1.000 US-Dollar pro Sekunde mit den Covid-Impfstoffen verdienen, bei den Impfstoffherstellern andere Beweggründe als das "öffentliche Wohl" im Spiel sein könnten? Und wie ist es möglich, dass die Linke, die oft unter staatlicher Repression leidet, heute die besorgniserregenden ethischen und politischen Implikationen der Covid-Pässe nicht zu erkennen scheint?

Während der Kalte Krieg mit der Ära der Dekolonisierung und dem Aufkommen einer globalen antirassistischen Politik zusammenfiel, leitete das Ende des Kalten Krieges - neben dem symbolischen Triumph der Dekolonisierungspolitik mit dem Ende der Apartheid - eine existenzielle Krise für linke Politik ein. Der Aufstieg der neoliberalen wirtschaftlichen Hegemonie, die Globalisierung und der Transnationalismus der Unternehmen haben die historische Auffassung der Linken vom Staat als Motor der Umverteilung untergraben. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass die Linke, wie der brasilianische Theoretiker Roberto Mangabeira Unger argumentiert hat, in Zeiten großer Krisen immer am meisten profitiert hat - die Russische Revolution profitierte vom Ersten Weltkrieg, der Wohlfahrtskapitalismus von den Folgen des Zweiten Weltkriegs. Diese Geschichte mag zum Teil die heutige Positionierung der Linken erklären: Die Verstärkung der Krise und ihre Verlängerung durch nicht enden wollende Restriktionen mag von einigen als ein Weg gesehen werden, linke Politik nach Jahrzehnten der existenziellen Krise wieder aufzubauen.

Das fehlerhafte Verständnis der Linken über das Wesen des Neoliberalismus mag auch ihre Reaktion auf die Krise beeinflusst haben. Die meisten Linken glauben, dass der Neoliberalismus einen "Rückzug" oder eine "Aushöhlung" des Staates zugunsten des Marktes bedeutet. Daher interpretierten sie den Aktivismus der Regierung während der Pandemie als willkommene "Rückkehr des Staates", die ihrer Ansicht nach potenziell in der Lage ist, das angeblich antistaatliche Projekt des Neoliberalismus letztendlich rückgängig zu machen. Das Problem mit diesem Argument, selbst wenn man seine zweifelhafte Logik akzeptiert, ist, dass der Neoliberalismus nicht zu einem Absterben des Staates geführt hat. Im Gegenteil, der Anteil des Staates am BIP hat während der gesamten neoliberalen Ära weiter zugenommen.

Dies sollte nicht überraschen. Der Neoliberalismus stützt sich ebenso wie der "Keynesianismus" auf umfangreiche staatliche Interventionen, nur dass der Staat jetzt fast ausschließlich zur Förderung der Interessen des Großkapitals eingreift - zur Überwachung der Arbeiterklassen, zur Rettung großer Banken und Unternehmen, die sonst bankrott gehen würden, usw. Tatsächlich ist das Kapital heute in vielerlei Hinsicht mehr denn je vom Staat abhängig. Wie Shimshon Bichler und Jonathan Nitzan anmerken: "In dem Maße, in dem sich der Kapitalismus entwickelt, werden Regierungen und Großunternehmen immer enger miteinander verflochten. ... Der kapitalistische Machtmodus und die ihn beherrschenden Kapitalkoalitionen erfordern keine kleinen Regierungen. Tatsächlich brauchen sie in vielerlei Hinsicht größere". Der heutige Neoliberalismus ähnelt eher einer Form des Staatsmonopolistischen Kapitalismus - oder der Korporatokratie - als der Art von kleinstaatlichem Kapitalismus der freien Marktwirtschaft, die er oft zu sein vorgibt. Dies erklärt, warum er immer mächtigere, interventionistische und sogar autoritäre Staatsapparate hervorgebracht hat.

Das allein macht den Jubel der Linken über eine nicht existierende "Rückkehr des Staates" peinlich naiv. Und das Schlimmste daran ist, dass sie diesen Fehler schon einmal gemacht hat. Selbst nach der Finanzkrise von 2008 haben viele Linke hohe Staatsdefizite als "Rückkehr von Keynes" gefeiert - obwohl diese Maßnahmen in Wirklichkeit sehr wenig mit Keynes zu tun hatten, der zu Staatsausgaben riet, um Vollbeschäftigung zu erreichen, und stattdessen darauf abzielten, die Schuldigen der Krise, die Großbanken, zu stützen. Darauf folgte ein beispielloser Angriff auf die Sozialsysteme und die Rechte der Arbeitnehmer in ganz Europa.

Etwas Ähnliches geschieht heute, da staatliche Aufträge für Covid-Tests, PSA, Impfstoffe und jetzt auch für Impfpass-Technologien an transnationale Unternehmen vergeben werden (oft durch zwielichtige Geschäfte, die nach Vetternwirtschaft stinken). In der Zwischenzeit wird das Leben und die Lebensgrundlage der Bürgerinnen und Bürger durch die "neue Normalität" erschüttert. Die Tatsache, dass die Linke dies nicht zu bemerken scheint, ist besonders rätselhaft. Schließlich ist der Gedanke, dass Regierungen dazu neigen, Krisen auszunutzen, um die neoliberale Agenda weiter zu festigen, in der jüngeren Literatur der Linken weit verbreitet. Pierre Dardot und Christian Laval haben zum Beispiel argumentiert, dass die Krise im Neoliberalismus zu einer "Regierungsmethode" geworden ist. Berühmter ist Naomi Klein, die in ihrem 2007 erschienenen Buch "Die Schock Strategie" die Idee des "Katastrophenkapitalismus" untersucht hat. Ihre zentrale These lautet, dass es in Momenten öffentlicher Angst und Orientierungslosigkeit einfacher ist, Gesellschaften umzugestalten: Dramatische Veränderungen der bestehenden Wirtschaftsordnung, die normalerweise politisch unmöglich wären, werden in rascher Folge durchgesetzt, bevor die Öffentlichkeit Zeit hatte zu verstehen, was passiert.

Heute ist eine ähnliche Dynamik im Spiel. Nehmen wir zum Beispiel die Hightech-Überwachungsmaßnahmen, die digitalen Ausweise, die Unterdrückung öffentlicher Demonstrationen und die Beschleunigung von Gesetzen, die von den Regierungen zur Bekämpfung des Coronavirus eingeführt wurden. Wenn die jüngste Geschichte etwas hergibt, werden die Regierungen sicherlich einen Weg finden, viele der Notstandsregelungen dauerhaft zu machen - so wie sie es mit vielen Anti-Terror-Gesetzen nach dem 11. September getan haben. Wie Edward Snowden bemerkte: "Wenn wir sehen, dass Notstandsmaßnahmen verabschiedet werden, vor allem heute, dann sind sie in der Regel von Dauer. Der Notstand wird tendenziell ausgeweitet". Dies bestätigt auch die Ideen des italienischen Philosophen Giorgio Agamben über den "Ausnahmezustand", der jedoch von der Mainstream-Linken für seine Anti-Einsperr-Position verunglimpft wurde.

Letztlich sollte jede Form staatlichen Handelns danach beurteilt werden, wofür sie tatsächlich steht. Wir unterstützen staatliche Eingriffe, wenn sie dazu dienen, die Rechte von Arbeitnehmern und Minderheiten zu fördern, Vollbeschäftigung zu schaffen, wichtige öffentliche Dienstleistungen bereitzustellen, die Macht der Unternehmen zu zügeln, die Dysfunktionalität der Märkte zu korrigieren und die Kontrolle über wichtige Branchen im öffentlichen Interesse zu übernehmen. Doch in den letzten 18 Monaten haben wir genau das Gegenteil erlebt: eine beispiellose Stärkung der transnationalen Konzernriesen und ihrer Oligarchen auf Kosten der Arbeitnehmer und der lokalen Unternehmen. Aus einem Bericht vom letzten Monat, der sich auf Daten von Forbes stützt, geht hervor, dass allein die amerikanischen Milliardäre während der Pandemie einen Vermögenszuwachs von 2 Billionen US-Dollar verzeichnen konnten.

Ein weiteres linkes Hirngespinst, das von der Realität zunichte gemacht wurde, ist die Vorstellung, dass die Pandemie einen neuen Kollektivgeist hervorbringen würde, der Jahrzehnte des neoliberalen Individualismus überwinden könnte. Im Gegenteil, die Pandemie hat die Gesellschaft noch mehr gespalten - in Geimpfte und Ungeimpfte, in diejenigen, die von den Vorteilen intelligenter Arbeit profitieren können, und diejenigen, die das nicht können. Darüber hinaus ist ein Demos aus traumatisierten Individuen, die von ihren Angehörigen getrennt wurden, sich gegenseitig als potenzielle Krankheitsüberträger fürchten und Angst vor körperlichem Kontakt haben, kaum ein guter Nährboden für kollektive Solidarität.

Antonio Berni, Juanito dormido
Antonio Berni, Juanito dormido
Aber vielleicht lässt sich die Reaktion der Linken besser in individuellen als in kollektiven Begriffen verstehen. Die klassische psychoanalytische Theorie hat einen klaren Zusammenhang zwischen Vergnügen und Autorität aufgezeigt: Auf die Erfahrung großen Vergnügens (Befriedigung des Vergnügungsprinzips) folgt oft der Wunsch nach erneuter Autorität und Kontrolle, die durch das Ich oder das "Realitätsprinzip" zum Ausdruck kommt. Dies kann in der Tat zu einer umgekehrten Form des Vergnügens führen. Die letzten zwei Jahrzehnte der Globalisierung haben eine enorme Ausweitung der "Lust an der Erfahrung" mit sich gebracht, die von der zunehmend transnationalen globalen liberalen Klasse geteilt wird - von denen sich viele, historisch gesehen, als links identifizierten (und diese Position in der Tat zunehmend von den traditionellen Arbeiterklassen-Wählerschaften der Linken usurpierten). Diese massive Zunahme von Vergnügen und Erfahrung in der liberalen Klasse ging einher mit einem wachsenden Säkularismus und dem Fehlen jeglicher anerkannter moralischer Zwänge oder Autoritäten. Aus der Sicht der Psychoanalyse lässt sich die Unterstützung dieser Klasse für die "Covid-Maßnahmen" ganz einfach so erklären: als das gewünschte Auftreten einer Gruppe von restriktiven und autoritären Maßnahmen, die zur Einschränkung des Vergnügens auferlegt werden können, im Rahmen eines moralischen Kodexes, der dort einspringt, wo er zuvor fehlte.

Ein weiterer Faktor, der das Eintreten der Linken für "Covidmaßnahmen" erklärt, ist ihr blindes Vertrauen in die "Wissenschaft". Dies hat seine Wurzeln in dem traditionellen Glauben der Linken an den Rationalismus. Es ist jedoch eine Sache, an die unbestreitbaren Tugenden der wissenschaftlichen Methode zu glauben - eine andere ist es, die Art und Weise, in der die Machthaber die "Wissenschaft" zur Durchsetzung ihrer Ziele ausnutzen, völlig zu ignorieren. Die Möglichkeit, sich auf "harte wissenschaftliche Daten" zu berufen, um die eigenen politischen Entscheidungen zu rechtfertigen, ist ein unglaublich mächtiges Instrument in den Händen der Regierungen - es ist in der Tat das Wesen der Technokratie. Dies bedeutet jedoch, dass man sorgfältig die "Wissenschaft" auswählt, die die eigene Agenda unterstützt, und dass man alle alternativen Ansichten aggressiv an den Rand drängt, unabhängig von ihrem wissenschaftlichen Wert.

Dies geschieht schon seit Jahren im Bereich der Wirtschaft. Ist es wirklich so schwer zu glauben, dass eine solche Vereinnahmung durch Unternehmen heute in der medizinischen Wissenschaft stattfindet? Nach Ansicht von John P. Ioannidis, Professor für Medizin und Epidemiologie an der Stanford University, nicht. Ioannidis geriet Anfang 2021 in die Schlagzeilen, als er zusammen mit einigen seiner Kollegen eine Arbeit veröffentlichte, in der er behauptete, dass es in epidemiologischer Hinsicht keinen praktischen Unterschied zwischen Ländern gibt, die sich abgeschottet haben, und solchen, die dies nicht getan haben. Die Gegenreaktion gegen die Arbeit - und insbesondere gegen Ioannidis - war heftig, vor allem unter seinen wissenschaftlichen Kollegen.

Dies erklärt, warum er kürzlich seinen eigenen Berufsstand scharf anprangerte. In einem Artikel mit dem Titel "How the Pandemic Is Changing the Norms of Science" (Wie die Pandemie die Normen der Wissenschaft verändert) stellt Ioannidis fest, dass die meisten Menschen - vor allem auf der Linken - zu glauben scheinen, dass die Wissenschaft auf der Grundlage der "Mertonschen Normen des Kommunalismus, des Universalismus, des Desinteresses und des organisierten Skeptizismus" funktioniert. Aber so funktioniert die wissenschaftliche Gemeinschaft leider nicht, erklärt Ioannidis. Mit der Pandemie explodierten die Interessenkonflikte der Unternehmen - und dennoch wurde das Reden darüber zu einem Anathema. Er fährt fort: "Berater, die Millionen von Dollar mit der Beratung von Unternehmen und Regierungen verdienten, erhielten prestigeträchtige Positionen, Macht und öffentliches Lob, während unbelastete Wissenschaftler, die pro bono arbeiteten, es aber wagten, die vorherrschenden Narrative zu hinterfragen, als konfliktbehaftet verleumdet wurden. Der organisierte Skeptizismus wurde als Bedrohung für die öffentliche Gesundheit angesehen. Es kam zu einem Zusammenstoß zwischen zwei Denkschulen, der autoritären öffentlichen Gesundheitspflege und der Wissenschaft - und die Wissenschaft verlor".

Letztlich ist die eklatante Missachtung und Verhöhnung der berechtigten Sorgen der Menschen (über Abriegelungen, Impfstoffe oder Covid-Pässe) durch die Linke beschämend. Diese Sorgen sind nicht nur in tatsächlicher Not begründet, sondern entspringen auch einem verständlichen Misstrauen gegenüber Regierungen und Institutionen, die unbestreitbar von Unternehmensinteressen vereinnahmt worden sind. Wer wie wir einen wirklich progressiv-interventionistischen Staat befürwortet, muss sich mit diesen Bedenken auseinandersetzen - und darf sie nicht abtun.

Aber die Antwort der Linken ist auf der Weltbühne am unzureichendsten, wenn es um die Beziehung zwischen den Beschränkungen des Covid und der sich vertiefenden Armut im globalen Süden geht. Hat sie wirklich nichts zu sagen über die enorme Zunahme von Kinderheiraten, den Zusammenbruch der Schulbildung und die Zerstörung von formellen Arbeitsplätzen in Nigeria, wo nach Angaben der staatlichen Statistikbehörde 20 % der Menschen während der Abriegelungen ihre Arbeit verloren haben? Was ist mit der Tatsache, dass das Land mit den höchsten Covid-Sterblichkeitszahlen und der höchsten Übersterblichkeitsrate im Jahr 2020 Peru war, das eine der strengsten Abriegelungen der Welt hatte? Zu all dem wurde praktisch geschwiegen. Diese Position muss im Zusammenhang mit der Vorrangstellung nationalistischer Politik auf der Weltbühne gesehen werden: Das Scheitern linker Internationalisten wie Jeremy Corbyn bei den Wahlen bedeutete, dass umfassendere globale Themen wenig Zugkraft hatten, wenn es um eine breitere Reaktion der westlichen Linken auf Covid-19 ging.

Es ist erwähnenswert, dass es in der Linken Ausreißer gab - linksradikale und sozialistische Bewegungen, die sich gegen den vorherrschenden Umgang mit der Pandemie ausgesprochen haben. Dazu gehören Black Lives Matter in New York, linke Lockdown-Skeptiker im Vereinigten Königreich, die chilenische städtische Linke, Wu Ming in Italien und nicht zuletzt die sozialdemokratisch-grüne Allianz, die derzeit in Schweden regiert. Das gesamte linke Meinungsspektrum wurde jedoch ignoriert, was zum Teil auf die geringe Zahl linker Medien zurückzuführen ist, aber auch auf die Marginalisierung abweichender Meinungen vor allem durch die Mainstream-Linke.

Vor allem aber war dies ein historisches Versagen der Linken, das katastrophale Folgen haben wird. Jede Form des populären Dissenses wird wahrscheinlich wieder von der (extremen) Rechten hegemonisiert werden, was jede Chance der Linken zunichte macht, die Wähler zu gewinnen, die sie braucht, um die Hegemonie der Rechten zu brechen. In der Zwischenzeit hält die Linke an einer Technokratie von Experten fest, die durch den katastrophalen Umgang mit der Pandemie im Hinblick auf den sozialen Progressivismus schwer geschwächt ist. Da jede Art von wählbarer Linker der Vergangenheit angehört, werden die Diskussion und der Dissens, die das Herzstück jedes echten demokratischen Prozesses sind, wahrscheinlich mit ihr verschwinden.

[Toby Green ist Professor für Geschichte am Kings College London. Sein neuestes Buch ist The Covid Consensus: The New Politics of Global Inequality (Hurst)].

[Thomas Fazi ist Schriftsteller, Journalist und Übersetzer. Sein neuestes Buch 'Reclaiming the State' ist bei Pluto Press erschienen. @battleforeurope]

Quelle: wronkindofgreen.org / insurgente.org 24. November 2021 / Übersetzung: Thomas Trüten

Bildnachweis: Antonio Berni, Museo de Arte Latinoamericano de Buenos Aires, via WikiArt, Lizenz: FairUse

Keine Zukunft ohne Zukunft

Foto: © Oliver Feldhaus via Umbruch Bildarchiv
Foto: © Oliver Feldhaus via Umbruch Bildarchiv
Seit zehn Jahren ist das „Zukunft“ in der Laskerstraße am Ostkreuz ein wichtiges Kulturareal in Friedrichshain. Neben dem beliebten Club werden in der ZUKUNFT auch Konzerte, Biergarten, Kino, Kunst und Theater angeboten. Jetzt soll am 31. März damit Schluss sein. Gegen die drohende Schließung des Kulturstandortes und für den Erhalt und die langfristige Sicherung kultureller Zwischenräume (nicht nur) für-™s Ostkreuz demonstrierten am 13. November rund 1.000 Menschen in Friedrichshain.

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Lützerath lebt!

© catwithanicecamera
Foto: © catwithanicecamera via Umbruch Bildarchiv
Im Rahmen des Unräumbar-Festivals vom 29. Oktober bis 5. November 2021 protestierten mehrere tausend Menschen in Lützerath gegen die Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler II und den akut drohenden Abriss Lützeraths sowie weiterer fünf Dörfer. Seit Wochen halten sich Klimaaktivist*innen im Dorf auf. Mit einem Camp, Baumbesetzungen, Kultur und Widerstandsaktionen wurde Lützerath wieder mit Leben gefüllt. Am 31. Oktober kamen alle zur großen Demo.
Die Bilder für diesen Fotorückblick erhielten wir von Tim Wagner, CatwithaniceCamera & Pay Numrich. Vielen Dank dafür!

Lützerath ist ein weiteres Dorf in Nordrhein-Westfalen, das für die Profite des internationalen Großkonzerns RWE zerstört werden soll, um den Tagebau Garzweiler auszudehnen. Zu der Demonstration am 31. Oktober hatte ein breites Bündnis von Organisationen aufgerufen. Am Morgen hatte Greenpeace bereits mit einer brennenden Linie dargestellt, dass die 1,5 Grad-Grenze der Klimaerhitzung vor Lützerath verlaufe. Es sollen noch 650 Mio Tonnen Braunkohle verfeuert werden. Das Bündnis „Ende Gelände“ hatte für diesen Tag Aktionen zivilen Ungehorsams angekündigt, um den Kohleabbau zu blockieren.

Die Teilnehmer zogen mit Plakaten, Bannern und lauter Musik über die Felder Richtung Tagebau Garweiler II. Dabei löste sich die Gruppe von „Ende Gelände“ vom Demozug und drang auf das RWE-Gelände ein. An der etwa 50 Meter hohen Abbruchkante des Tagebaus blieben sie stehen. Die Polizei konnte mit einem Großaufgebot eine Baggerbesetzung verhindern, blieb aber noch bis in den Abend hinein im Einsatz. RWE wendete den Bagger und schaltete ihn aus Sicherheitsgründen ab.

Im Morgengrauen des 5. November blockierten Aktivist*innen an zwei Stellen die Kohlebahn von RWE, die das Braunkohlekraftwerk Neurath versorgt. An zwei Blockadepunkten im Norden (Kohlebahn von Garzweiler) als auch im Süden (Kohlebahn aus Hambach). Mit Beton-Tonnen und Lock-Ons ketteten sich die Aktivist*innen an die Schienen. Außerdem sind Menschen im Rollstuhl bei der Blockade dabei.

Fast alles gehört in Lützerath inzwischen dem Tagebaubetreiber RWE. Nur der Hof von Eckardt Heukamp nicht. Alle anderen früheren Familien wurden umgesiedelt. Der letzte Landwirt des Ortes klagt vor dem OVG Münster gegen seine vorzeitige Enteignung für die Braunkohle durch das Land NRW und RWE. Die Bagger stehen bereits direkt vor Lützerath. Diesen Herbst will RWE und die Landesregierung das Dorf dem Erdboden gleich machen. Mit der Zerstörung von Lützerath sollen Fakten geschaffen werden, bevor das Enteignungsverfahren vom letzten Bauern im Dorf abgeschlossen ist. Unterstützt wird der Landwirt von Klimaaktivist*innen. Der Widerstand wächst und so hat sich der kleine Ort zu einer umkämpften Zone entwickelt.

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Gorilla Riders United

Foto: © heba / Umbruch Bildarchiv
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In Solidarität mit den Gorillas Arbeiter*innen demonstrierten am Abend des 16.11. mehr als 600 Menschen in Berlin. Die Demo zog vom Kreuzberger Gorilla-Standort in der Muskauerstraße 48 zum Oranienplatz. Zu Beginn gab es Soli-Beiträge u.a. von der Berliner Migrantifa, Kolleg*innen der AWO, der GEW, der Berliner Krankenhausbewegung und dem Anwalt Benedikt Hopmann. Am nächsten Tag entschied das Gericht, dass ein Betriebsrat gegründet werden kann. Ein großer Erfolg.
Silvain vom Gorillas Workers Collective schickte uns folgenden Bericht zur Demo, vielen Dank dafür! (Englische Fassung siehe unten)

„Wir, die Beschäftigten von Gorillas, waren von Anfang an unzufrieden mit der Diskrepanz zwischen den gemachten Versprechungen (gerechte Entlohnung, Ausrüstung, Möglichkeit, sich als Einzelperson und innerhalb des Unternehmens weiterzuentwickeln usw.). Viele von uns sind in das Unternehmen eingetreten, ohne zu wissen, welchen Weg ein solches Unternehmen normalerweise einschlägt und dass es, sobald es erfolgreich ist, nur für diejenigen erfolgreich sein würde, die es leiten, und dass sich die Arbeitsbedingungen für den Rest von uns verschlechtern würden.

Das haben wir gelernt, als wir uns innerhalb des Unternehmens als Teil des Gorillas Workers Collective oder anderer informeller Gruppen organisiert haben. Viele haben diese Gefühle geäußert und Lösungen vorgeschlagen, wie wir gemeinsam vorankommen können. Aber viele wurden entweder beschuldigt, „die Stimmung zu zerstören“, ihnen wurden Dinge versprochen, die auch den nächsten Arbeitnehmern versprochen wurden, oder sie wurden sogar entlassen. In einer durchgesickerten internen Nachricht gibt der CEO sogar zu, einen Fahrer wegen seiner gewerkschaftlichen Betätigung entlassen zu haben. Da der Beweis schwarz auf weiß vorlag, räumte das Unternehmen die Gültigkeit der Nachricht ein, bestritt aber, den Fahrer wegen seiner gewerkschaftlichen Betätigung entlassen zu haben. Dasselbe Unternehmen, dessen CEO im Sommer auf Video sagte, dass „niemand wegen eines Streiks entlassen wird“, hat im Herbst desselben Jahres genau das getan. Die Arbeiter haben entweder wegen der unmöglichen Wetterbedingungen im Winter gestreikt, oder wegen der Entlassung von Arbeitern ohne jeden Grund und ohne ordnungsgemäßem Verfahren. Und in der letzten Streikwelle, weil sie nicht pünktlich, vollständig oder überhaupt nicht bezahlt wurden. Viele, die entweder noch bei den Gorillas arbeiten oder bereits gegangen sind, warten immer noch auf ihre Bezahlung. Aber das Unternehmen meldet sich einfach gar nicht mehr. Parallel zu diesem Prozess des gegenseitigen Kennenlernens sowie der Gesetze und der Funktionsweise dieser Art von Unternehmen haben wir auch versucht, einen Betriebsrat innerhalb des Unternehmens zu gründen, was das Unternehmen von Anfang an privat ablehnte, während es öffentlich vorgab, es zu unterstützen. Die Arbeitnehmer, die zur Vorbereitung der Wahlen gewählt wurden, wurden auf Schritt und Tritt schikaniert und zusammen mit den Initiatoren des Betriebsratsprozesses sogar in die am weitesten von ihrem Wohnort entfernten Lager umgesiedelt. Eine Maßnahme, die inzwischen zur Firmenpolitik geworden ist, wenn es darum geht, Arbeitnehmer loszuwerden, die die Probezeit überschritten haben, ohne sie zu entlassen. Der letzte Versuch, ihre Moral zu zerstören, bestand darin, sie zu verklagen und ihnen mit Zehntausenden von Euro an Geld- und Gefängnisstrafen zu drohen.

Am 16. November machte das Gorillas Workers Collective mit einer Demonstration von über 600 Personen deutlich, das sie Unterstützung aus dem gesamten Spektrum der politischen Linken für ihren Arbeitskampf haben. Am nächsten Tag, dem 17. November, wurde der Fall Gorillas gegen Gorillas-Arbeiter vor Gericht verhandelt und die Arbeiter haben gewonnen! So können wir nun mit der Organisation einer Wahl für einen Betriebsrat in Gorillas weitermachen.

Aber wir erwarten auch das sich die Auseinandersetzungen verschärfen z. B. durch US-amerikanische Union-Busting-Experten wie beispielsweise Deena Fox, die vor ihrer Tätigkeit bei Gorillas bei Amazon gearbeitet hat. Sie ist bekannt für ihre absolut kompromisslose Haltung bei der Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern.

Wir, die Gorillas-Beschäftigten, waren sehr froh über die große Unterstützungsdemonstration und das Gerichtsurteil. Das hat uns die Energie gegeben weiter zu machen. Nicht nur für die Gorillas-Beschäftigten, sondern für alle Beschäftigten in dieser Branche und unter ähnlich prekären Bedingungen.“ -“ Silvain -“

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English Version:

„We, workers from Gorillas have been unhappy with the difference between the promises made (fair pay, equipment, chance to grow as individuals and inside the company, etc.) from the first the company started. A lot of us came in the company unaware of the trajectory such a company usually takes and that once it would be successful it would only be so for the ones running it and that working conditions would have to worsen for the rest of us. We-™ve learned that in our time organizing within the company as part of the Gorillas Workers Collective or other informal groups. Many have aired those feelings and solutions on how we could go forward together. But many have either found themselves either accused of „destroying the vibe“, promised things that the next workers would be promised as well or even fired. In one leaked internal message the CEO even admits to having terminated a rider for unionizing. With the proof in black and white the company admited to the message-™s validity but denying having fired the rider for unionizing. The same company who-™s CEO was saying in summer on video that „nobody would be fired for striking“ for exactly that to happen in autumn of the same year. Workers have been striking either pushed by impossible weather conditions in winter, impossible situations in which workers would be fired with no reason or proper procedure and in the last wave of strikes because of not being paid on time, in full or at all. Many either still working in Gorillas or having already left are still waiting to be paid with no communication from the company. So along with this process of getting to know each other, the law and how these sort of companies work we-™ve been also trying to set up a Workers-˜ Council within the company which the company opposed privately from day one while publicly pretending to support it. The workers elected to prepare the elections have been harrassed every step of the way and along with the initiators of the Workers-˜ Council process even moved to the furthest possible warehouses from their homes in a move that become company policy when wanting to get rid of workers who are out of probation without firing them. The latest attempt at destroying their morale was to sue them with threats of tens of thousands of euros in fines and jail time.

On the 16th of November the Gorillas Workers Collective along with many allies from across the entire spectrum of the political left made it visible that there is support for workers in a demonstration of over 600 people. The next day, the 17th of November the court case of Gorillas versus Gorillas workers was on trial and the workers won! We can now go on with organizing an election for a Workers-˜ Council in Gorillas while also expecting escalating actions against us from U.S. American Union Busting experts such a Deena Fox who before starting work at Gorillas worked at Amazon known for it-™s no compromise attitude towards working with workers. We, Gorillas workers were happy to see the large demonstration in support and the court ruling that gave us the energy to continue to organize not only for Gorillas workers but for all workers in this industry and in similar precarious conditions.“ -“ Silvain -“

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#noIMK: Ihre Sicherheit ist nicht unsere Sicherheit

Mobilisierungsplakat gegen die IMK21In den letzten Jahren haben viele Menschen erfahren, was es bedeutet, wenn der Staat für mehr „Sicherheit“ sorgt: Zunehmende Ausweitung von Polizeibefugnissen und eine erhöhte Präsenz in der Öffentlichkeit, mehr Racial Profiling, härtere Asylgesetze und ansteigende Kriminalisierung von Klimaaktivist:innen und Antifaschist:innen.

... Unterschiedliche Fälle, die doch Gemeinsamkeiten haben. Die Handlungsräume derjenigen, die diese wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse infrage stellen und Menschen, die aufgrund von Herkunft oder Aussehen ausgegrenzt und unterdrückt werden, da sie angeblich nicht „ins System passen“, werden durch staatliche Maßnahmen immer weiter eingeschränkt. Durch Überwachung und Kontrolle werden uns die letzten selbstbestimmten Räume genommen.

Die Innenminister:innenkonferenz (IMK) ist für diese Entwicklungen verantwortlich. Als zentrale Schnittstelle der Innenministeriinnen der Länder und des Bundes wird dort ein bundesweit ähnliches Vorgehen koordiniert und über die inländische Sicherheitslage beraten. Vom 1. bis 3. Dezember findet die IMK hier in Stuttgart statt.

Was beschließen die Innenminister:innen und in welchem Interesse handeln sie?

Sie weiten die Überwachung aus. Ohne, dass wir es mitbekommen, können unsere Laptops und Smartphones überwacht und abgehört werden. Ein richterlicher Beschluss wird dafür nicht benötigt. Immer mehr unserer Daten werden grundlos und ohne unser Wissen ausgelesen und gespeichert.

Sie kriminalisieren Protestbewegungen, wie die erstarkende Klimabewegung. Dazu wurde in NRW ein passgenaues Versammlungsgesetz gefertigt, welches beispielsweise das Tragen von Maler:innen-Anzügen bei Protesten wie „Ende Gelände“ als „Uniformierung“ betrachtet und unter Strafe gestellt. Obwohl klar ist, dass die Folgen der Klimakrise verheerende Auswirkungen haben werden, geht der Schutz der Konzerninteressen der Braunkohleindustrie vor.

Sie verschärfen die Polizeigesetze. In Baden-Württemberg und Bayern darf die Polizei seitdem Handgranaten und Sprengstoff gegen Personen einsetzten und durch die Einführung des undefinierten Begriffs „drohende Gefahr“ hat die Polizei die Möglichkeit vorbeugend DNA-Analysen zu nehmen oder „Gefährder:innen“ tagelang in Präventivhaft zu stecken - ganz ohne richterlichen Beschluss und weit im Vorfeld einer „Gefahr“. Mit solchen Möglichkeiten werden Sicherheitsbehörden befugt, die durchsetzt sind von rechten Netzwerken, welche Waffen und Munition horten und Todeslisten von Linken anfertigen.

Sie betreiben rassistische Abschottungspolitik gegen Geflüchtetete und sorgen für mehr und für leichtere Abschiebungen. Beispielsweise durch die Einführung einer Koordinierungsstelle für Sammelabschiebungen oder durch die Aufrechterhaltung von Grenzkontrollen an der Grenze zu Österreich.

Ein anderer Ausdruck ihrer rassistischen Politik sind die Vorstöße nach einer systematischen Abschiebepraxis nach Syrien bei der letzten IMK diesen Sommer in Rust. Deutschland sorgt durch Kriege und imperialistische Politik selbst dafür,

dass Menschen zur Flucht gezwungen werden. Die Antwort der Innenminister:innen darauf lautet Abschiebung in Kriegsgebiete, Aufrüstung der Grenzen, mehr Kontrolle und Überwachung.

Diese Flut an neuen Maßnahmen passiert nicht zufällig: Der Staat und die Innenminister:innen brauchen sie, um die bestehende Gesellschaftsordnung aufrechtzuerhalten und zu schützen. Eine Gesellschaftsordnung die zunehmende soziale Ungleichheit erzeugt, die eine Klimakatastrophe produziert hat, die Kriege hervorruft und damit Millionen Menschen zur Flucht zwingt. Gerade die Pandemie hat gezeigt, dass nur wenige Reiche von diesem System profitieren, während wir - die Mehrheit der Gesellschaft - die Lasten der Krise tragen müssen, sei es durch Überstunden, Kurzarbeit oder steigende Lebenshaltungskosten.

Im Kapitalismus können diese Probleme nicht gelöst werden. Der gesellschaftliche Unmut darüber wächst und gleichzeitig entsteht die Möglichkeit für das Aufkommen größerer sozialer Proteste. Das ist auch den Innenminister:innen bewusst - und sie reagieren schon präventiv mit mehr Überwachung, Kriminalisierung und Repression. Auch wenn wir von einer sozialen Massenbewegung weit entfernt sind, schafft sich der Staat jetzt schon die materiellen und rechtlichen Grundlagen, um bei möglichen Aufständen schnell eingreifen zu können. Innere Militarisierung und die Ausweitung der Polizeibefugnisse sind notwendige Stützpfeiler, die den Erhalt des Systems gewährleisten sollen.

Die Innenminister:innen handeln nicht in unserem Interesse, sondern im Sinne eines Systems, das durch Konkurrenz und Profitzwang immer wieder Krisen erzeugt -” und wir müssen die Kosten bezahlen. Ihre Überwachung, Kontrolle und Repression betrifft uns alle, also lasst uns auch alle gemeinsam auf ihre Verschärfungen antworten: mit vereinten Protesten gegen die IMK, mit dem Aufbau einer starken Bewegung von unten und mit der Perspektiven einer solidarischen Gesellschaft ohne Ausbeutung, Rassismus und Klimazerstörung. Denn das ist unsere Sicherheit.

Beteiligt euch an den Protesten gegen die IMK!

Demonstration am 3. Dezember 2021 17:00 Uhr
Eckensee (Stuttgart)

#noIMK
#nichtunsereSicherheit
Weitere Informationen zu Aktionen rund um die IMK: www.noimk-stuttgart.org

Stuttgart: Gedenken an die Pogromnacht 9. November 1938

Am 9. November 2021 laden wir um 18 Uhr auf den Cannstatter Marktplatz zur Gedenkkundgebung ein.
Mit Beiträgen von:

  • Ulrich Schneider (Historiker, Bundessprecher der VVN-BdA und Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer)
  • Gemeinsamer Redebeitrag Stuttgarter Jugendorganisationen
  • Julia Friedrich (Geschäftsführerin DGB Baden-Württemberg)
  • Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS)
  • Freier Chor Stuttgart mit antifaschistischen Liedern


Bitte Maske tragen und genügend Abstand halten!
Anschließend ziehen wir mit einer Demonstration zum Platz der ehemaligen Synagoge zur Kranzniederlegung.
Ab 19.30 Uhr laden wir zur Veranstaltung „Antisemitismus -“ Von der Ausgrenzung zum Völkermord“ ein.

(weitere Infos & Anmeldung für die Veranstaltung im Verwaltungsgebäude des Bezirksrathaus-˜ siehe unten)
Aufruf
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten die Synagogen im gesamten Deutschen Reich sowie in Österreich und in der Tschechoslowakei.
Angezündet von SA und SS, organisiert, vorbereitet und angeleitet von Partei, Regierung und Behörden des faschistischen Staates. Am nächsten Tag wurden mehr als 7.000 jüdische Geschäfte geplündert, zehntausende jüdische Menschen verhaftet und über 100 ermordet. Die Polizei verschleppte 26.000 jüdische Männer aus ganz Deutschland vor allem in die Konzentrationslager Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald.

Die Pogromnacht in Stuttgart
In Stuttgart legte der Branddirektor, in zivil und ausgestattet mit einem Eimer Waschbenzin, selbst den Brand; in Cannstatt war es der Leiter der Feuerwache. Fast alle männlichen Stuttgarter Juden zwischen 18 und 65 Jahren wurden verhaftet, auch Kranke und Jugendliche unter 18 Jahren.
Das jüdische Ehepaar Karl und Emilie Oppenheimer wohnte in der Daimlerstraße 56, nur 100 m von der Cannstatter Synagoge entfernt. Nach der Pogromnacht erließ der NS-Staat die „Judenvermögensabgabe“, mit der die jüdischen Menschen gezwungen wurden, den Schaden des Staatsterrors in der Pogromnacht selbst zu bezahlen. Allein den Oppenheimers wurden mit dieser Zwangsmaßnahme 7.800.- Reichsmark geraubt, die in Wirklichkeit von den Faschisten zur Vorbereitung ihrer Kriege benötigt wurden. Am 26. April 1942 wurden sie vom Stuttgarter Nordbahnhof in überfüllten Waggons ins KZ Theresienstadt deportiert und mussten für ihr „Altersghetto“ Theresienstadt 2.000.- Reichsmark Eintrittsgeld zahlen und für fünf Jahre im Voraus 180.- Reichsmark Pflegegeld je Monat. Ein halbes Jahr später starb Karl Oppenheimer, seine Frau wurde 1944 nach Auschwitz deportiert und überlebte dies nicht.

Rechter Terror durch den Staat
Der vom faschistischen Staatsapparat gelenkte Terror gegen jüdische Mitmenschen und deren Einrichtungen führte innerhalb der Bevölkerung weder zu nennenswertem Widerstand noch zu euphorischem Zuspruch. Der Großteil der hier lebenden Menschen nahm die Geschehnisse apathisch zur Kenntnis, hatten doch fünf Jahre „Nationalsozialismus“ bereits Stück für Stück die Ideologie der „Volksgemeinschaft“ vorangetrieben. Diese legitimiert das Ausmerzen aller „Volksfeinde“ und suggeriert zugleich, dass die Klassenwidersprüche innerhalb der „Volksgemeinschaft“ überwunden seien.
Die örtlichen Feuerwehren und Polizeidienststellen schützten fast überall befehlsgemäß nur die Nachbargebäude vor dem Übergreifen der gelegten Brände und ermöglichten so die ungehinderte Zerstörung und Plünderung. Lediglich sehr wenige Fälle von Zivilcourage sind bekannt. In Berlin rettete der Vorsteher des Polizeireviers Berlin-Mitte die Synagoge an der Oranienburger Straße, indem er mit ein paar Beamten die Brandstifter der SA verjagte und die Feuerwehr holte, die den Brand dann löschte. In ländlicheren Regionen und kleinen Ortschaften, aber auch in Klein- und Mittelstädten beteiligten sich Menschen aus der Nachbarschaft oftmals an Hetzgesängen, Zerstörungen und Plünderungen.
Die vom Staat organisierten Novemberpogrome bereiteten den Boden für weitere antisemitische Gesetze und gelten als Vorstufe zum Holocaust. Am 1. Dezember 1941, also 3 Jahre nach den Novemberpogromen begann die erste Deportation von Jüdinnen und Juden aus Stuttgart nach Riga, die dort in einem Waldstück erschossen wurden

Der Holocaust begann in Osteuropa
Mit dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 verfolgte der deutsche Faschismus sein Hauptkriegsziel: die Vernichtung des Sozialismus (Nazi-Jargon: „jüdischer Bolschewismus“) und die Eroberung riesiger Gebiete in Osteuropa bis zum Ural als neues Kolonialreich („Lebensraum im Osten“). Diese rassistische Lebensraumideologie diente dazu, die Versklavung der Völker der Sowjetunion zu rechtfertigen, als Sprungbrett für die Weltherrschaft. Es begann durch den deutschen Militär- und Polizeiapparat eine nie zuvor existierende Barbarei. Neben dem Kommissarbefehl, der die Anweisung enthielt alle Politkommissare der Roten Armee direkt zu erschießen, begingen Wehrmacht, SS & SD sowie Gestapo weitere Massaker und andere Verbrechen an der Zivilbevölkerung. Besonders hart und akribisch gingen die sogenannten Einsatzgruppen gegen die jüdische Bevölkerung in den neu eroberten Gebieten vor. In jeder eroberten Stadt sowie in jedem eroberten Dorf wurden Jüdinnen und Juden gesucht, aufgespürt, zusammengetrieben und erschossen. Ein bekanntes Massaker fand in der Nähe von Kiew in der Schlucht Babyn Jar statt.

Diese systematische Ermordung gipfelte in der Errichtung des Konzentrationslagers Auschwitz, das für die industriemäßige Vernichtung von Menschen steht, wie es sie nur durch den deutschen Faschismus gab. Letztendlich fand das Morden jedoch nicht erst in Auschwitz statt, sondern war sichtbar in der Pogromnacht und wurde mit den Deportationen aus dem gesamten Reichsgebiet sowie aus allen besetzten Gebieten unübersehbar.

Sicherlich war nicht allen, zumindest nicht von Beginn an bewusst, worin diese staatliche Verfolgung ihrer jüdischen Mitmenschen endete. Doch spätestens mit den Novemberpogromen (oder den Deportationen) wurde die lebensbedrohliche Gefahr für Jüdinnen und Juden für alle offensichtlich.
Nur wenige Menschen hatten den Mut zu widersprechen, einzugreifen oder zu helfen. Am 27.01.1945 wurden mit der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee die Verbrechen der Nazis offengelegt.

Heute: Rechter Terror vom Staat geduldet
Der beschönigende Begriff „Kristallnacht“ steht wohl sinnbildhaft für die Aufarbeitung des deutschen Faschismus bis heute. Er steht für Verharmlosung, Verschweigen und Relativierung. Also genau die Dinge, die der Staatsapparat bei rechtem Terror heutzutage noch anwendet. Sowohl die Geheimdienste als auch Polizei, Justiz und Bundeswehr wurden von Altnazis aufgebaut und haben ihre „nationalsozialistische“ Ideologie an die neuen Kameraden weitergegeben.
Und heute? Ständig werden Nazi-Chatgruppen in Polizei- und Bundeswehrkreisen offengelegt. Massenhaft verschwinden Waffen und Munition. Es gibt wieder Todeslisten auf denen Aktive aus der linken, migrantischen und antifaschistischen Bewegung gelistet sind. UND immer wieder rassistische Übergriffe und rechten Terror.
All das wird entweder totgeschwiegen, als Einzelfall bagatellisiert und oftmals gedeckt und oft genug die Aufklärung behindert -“ die Verflechtungen von staatlichen Institutionen und Nazis sind offensichtlich.

Gegen das Vergessen -“ Kommt am 9. November zur Gedenkkundgebung
Der Gedenktag an die Pogromnacht 1938 ist für uns Anlass und Auftrag zu verhindern, dass die Zivilgesellschaft in ihrer Mehrheit bei antisemitischen und rassistischen Angriffen wiederholt verstummt oder zustimmt. Um den zunehmenden Antisemitismus und Rassismus, sowie rechten Terror und dessen staatliche Duldung zu stoppen, bedarf es der Zusammenarbeit und entschlossenen Gegenwehr aller.

Für uns gilt getreu dem Schwur von Buchenwald:
Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.


Dieser Aufruf wird unterstützt von: Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart (AABS) / Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart / „Arbeit Zukunft“ Stuttgart / DIDF, Freundschafts- und Solidaritätsverein Stuttgart e.V. / DIDF -“ Jugend Stuttgart / DIE LINKE OV Bad Cannstatt, Münster, Mühlhausen / DGB Stadtverband Stuttgart / DGB-Jugend Region Nordwürttemberg / DIE LINKE Stuttgart / DKP (Deutsche Kommunistische Partei) Stuttgart /
FrAKTION (Linke, SÖS, Piraten, Tierschutzpartei) Bad Cannstatt / Freier Chor Stuttgart / Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Regionalgruppe Stuttgart / Friedenstreff Cannstatt / Friedenstreff Stuttgart Nord / Groll, Renate und Manfred, Gerlingen / GRÜNE JUGEND Stuttgart / Hofmann, Reiner / Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V. / Jusos Stuttgart / Linksjugend [-™solid] Stuttgart / Ostendobenbleiber Stuttgart / Revolutionäre Aktion Stuttgart (RAS) / SÖS -“ Stuttgart Ökologisch Sozial / SDAJ (Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend) Stuttgart / Stadtjugendring Stuttgart / Bündnis Stuttgart gegen Rechts / ver.di
Bezirk Stuttgart / VVN-BdA, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -“ Bund der Antifaschisten / Verein Zukunftswerkstatt e.V., Zuffenhausen /
VÖS -“ Vaihingen Ökologisch Sozial / Waldheim Stuttgart e.V. / Clara Zetkin Haus; Waldheim Gaisburg e.V. / Zukunftsforum Stuttgarter
Gewerkschaften / Zusammen Kämpfen [Stuttgart]
Anschließend um 19.30 Uhr im Verwaltungsgebäude des Bezirksrathauses:
Abendveranstaltung mit musikalischer Begleitung

„Antisemitismus -“ Von der Ausgrenzung zum Völkermord“

Lesung mit Ulrich Schneider aus seinem aktuellen Buch „Antisemitismus im Dritten Reich -“ Von der Ausgrenzung zum Völkermord“
Yidishe Lider mit Albert Kunze (Gesang) und Vladimir Romanov (Klavier).

Der Antisemitismus war keine Erfindung der Nazis. Er hatte seine Vorläufer und wurde von diesen ins Extreme gesteigert. Der gesellschaftlichen Ausgrenzung und Isolierung schon zu Beginn des „Dritten Reichs“, der Entrechtung durch die „Nürnberger Rassegesetze“ von 1935 und der damit verbundenen „Arisierung“ der Wirtschaft und Säuberung des Kulturlebens folgten die Novemberpogrome von 1938 sowie der forcierte Raub jüdischen Eigentums und mit dem Krieg die Ghettoisierung und Deportation in den Osten. Dieser Prozess kulminierte schließlich in der „Endlösung der Judenfrage“ durch die Massenvernichtung. Ulrich Schneider ordnet die Judenverfolgung in die Gesamtpolitik des deutschen Faschismus ein: politische und gesellschaftliche Gleichschaltung als Voraussetzung kriegerischer Expansion zur Realisierung internationaler Vorherrschaft.

Für mehr Informationen zum Ablauf und zur Anmeldung für die Abendveranstaltung bitte HIER klicken.

Zwangsräumungen in Kreuzberg

Foto: © Peter Homann via Umbruch Bildarchiv
Foto: © Peter Homann via Umbruch Bildarchiv
Begleitet von Protesten & Blockaden gab es in den letzten Tagen gleich zwei Zwangsräumungen in Kreuzberg. Rund 80 Menschen versuchten am 25. Oktober die Zwangsräumung von Daniel am Mehringdamm 67 zu stoppen. Vor der Haustür bildete sich eine Sitzblockade und die Protestierenden riefen „Alle gemeinsam gegen jede Räumung“.

Daniel hatte seine Miete gemindert, weil sein Vermieter Samuel Czarny die Wohnung herunter kommen ließ. Vor Gericht erstritt Czarny die Zwangsräumung, weil die geminderte Miete als Mietschulden behandelt wurden. Obwohl Daniel die Summe nachzahlte, zog der Vermieter die Räumung durch.

Die Polizei war anscheinend nicht darauf vorbereitet, dass sich Nachbar*innen der Zwangsräumung in den Weg stellten, setzte sie am Ende aber mit Gewalt durch. Die Gerichtsvollzieherin warf Daniel aus seiner Wohnung, damit der CEO von Berggruen (Czarny) Profite mit der Miete machen kann.

Am Dienstag, den 26. Oktober folgte die nächste Zwangsräumung, gegen die das „Bündnis Zwangsräumung verhindern“ bereits seit Monaten protestiert hatte. In der Adalbertstrasse 22 war Michel einem lange währenden Verleumdungskampf unterlegen. Das ehemals besetzte Haus -“ heute eine Genossenschaft -“ beendete einen Kleinkrieg gegen Michel mit seinem Rausschmiß. (Mehr Infos hier)

Diesmal war die Polizei besser vorbereitet. Sie wollte nicht dulden, dass die angemeldete Kundgebung mit 100 Teilnehmer*innen auf die Strasse geht, was die Aktivist*innen und Nachbar*innen dennoch durchsetzten. Michel kam wohnungslos, aber angesichts der Solidarität nicht gebrochen heraus. Im Weggang nahm die Polizei mehrere Menschen kurzzeitig zur Feststellung der Personalien fest. -“ Karin, Bündnis gegen Zwangsräumungen -“

Zu den Fotos beim Umbruch Bildarchiv

Weitere Ereignisse zu diesem Thema

Weitere Fotos im alten Bildarchiv (1980 - 2018)

Links

Bradley Roland Will: 15. Todestag

Am Freitag, den 27. Oktober 2006, wurde Bradley Roland Will, alias Brad Will, ein US-Journalist und Kameramann, in Oaxaca bei einer Schießerei durch einen Bauchschuss getötet. Zu der Schießerei kam es, als bewaffnete Personen versuchten eine Straßensperre zu beseitigen, die von den Aufständischen der Asamblea Popular de los Pueblos de Oaxaca (APPO) errichtet worden war, die Oaxaca mehrere Monate besetzt hielten.

Brad Will
Foto: Hinrich Schultze

Will war in Oaxaca und berichtete über den andauernden Widerstand von Lehrern und Arbeitern gegen die PRI-kontrollierte Regierung des Staats Oaxaca. Nach Berichten von IMC New York und von "La Jornada" (Mexico) wurde dem 36-jährigen Will aus einer Entfernung von 30-40 Metern von zivilen Paramilitärs in den Bauch geschossen. Er starb auf dem Weg zum Roten Kreuz.

¡Brad Will presente. Ahora y siempre!

Santa Lucia del Camino,Oaxaca 2008
Foto: contraimpunidad


Mehr Informationen:

http://vientos.info/cml/
http://mexico.indymedia.org/BradWill
http://mexico.indymedia.org/oaxaca
Spanischer Bericht bei IndyMedia Chiapas

Aktionstag der IG Metall: Gemeinsam gegen Verlagerung und Entlassungen

IN STUTTGART, STADTGARTEN, AM 29. OKTOBER
FÜR EINEN FAIREN WANDEL - SOZIAL, ÖKOLOGISCH, DEMOKRATISCH.


Die zentrale Kundgebung für den Bezirk Baden-Württemberg startet um 15:00 Uhr im Stadtgarten Stuttgart.

Demozug vom Hbf zum Stadtgarten ab 14:30 Uhr
Programm: Kundgebung mit Infos, Austausch & Musik
Ende: Gegen 17:00 Uhr

Aus dem Flyer des Zukunftsforums zum Aktionstag:

Das Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften und der Metallertreff Stuttgart begrüßen den Aktionstag am 29. Oktober und die Kolleginnen und Kollegen, die teilnehmen.

Die IG Metall, die zu dieser Aktion aufruft, fordert:

• Keine Entlassungen in der Transformation!

• Zukunftsfähige Arbeits- und Ausbildungsplätze - an unseren Standorten

• Klimaschutz geht nur mit guter Arbeit!

• 500 Milliarden Euro öffentliche Zukunftsinvestitionen

• Krisengewinner zur Kasse bitten! Eine solidarische Finanzierung. Lasten und Kosten gerecht verteilen.

Das sind berechtigte Interessen und Forderungen von Millionen Arbeiterinnen, Arbeitern, Angestellten, aber auch von zahllosen Erwerbslosen und Hartz-4-Bezieher/innen.

Wir fragen aber die IG Metall: Sind die „friedlichen“ Bilder von einer „sicheren Brücke“ zu zukunftssicheren Arbeitsplätzen, von Klimaschutz bei guter Arbeit, die ihr hier verbreitet, überhaupt realistisch? Wer soll eigentlich die 500 Mrd. „öffentliche Zukunftsinvestitionen“ aufbringen? Wir oder die Reichen? Die haben auf Grund der jahrelangen Verzichtspolitik der IG Metall, angeblich zum Schutz der Arbeitsplätze, vor allem ihre Megaprofite gesteigert und keinen einzigen Arbeitsplatz sicherer gemacht. Allein bei Mahle, Bosch, Daimler sollen Zehntausende auf die Straße fliegen!

Viele Kolleginnen und Kollegen fragen: Wie passt das zusammen? Umweltschutz, Klimaschutz, der Schutz unserer Arbeitsplätze, wenn das Kapital sie in Billiglohnländer verlagert? Auf der anderen Seite die kalten Forderungen der Kapitalisten nach immer höheren Profiten, ihre gnadenlosen Kostensenkungsprogramme, die Profitansprüche der Finanzinvestoren, Hedgefonds und alle möglichen Kapitalanleger? Die Kapital-Partei FDP drängt mit Macht in die nächste Bundesregierung, wo sie vor allem erreichen will: Abbau unserer Schutzrechte (Deregulierung) und Steuersenkungen für die Reichen. Das heißt nichts anderes als: Wir arbeitenden Menschen sollen zahlen! Wir! Nicht die Reichen. Dabei fordern jetzt schon Millionen Werktätige: Die Reichen müssen die Krise bezahlen!

Im September zeigten die EisenbahnerInnen der GDL und das Pflege- und Dienstleistungspersonal bei der Berliner Charité und beim Klinikkonzern Vivantes, was bei der Durchsetzung unserer Interessen allein hilft: Entschlossener Kampf, konsequente Streiks über Tage, wenn nötig über Wochen. Das gilt auch angesichts der sogenannten Transformation in der Metallindustrie! Viele Kolleginnen und Kollegen machen sich keine Illusionen mehr: Hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel, Erwerblosigkeit und Hartz-4-Armut drohen Vielen. Illusionen angesichts der „Transformation“ sind völlig verfehlt!

Ohne Klassenkampf wird die Kapitalseite die „Transformation“ für sich nutzen und uns über den Tisch ziehen. Aus ihren Profiten gewähren sie uns nur lächerliche Abfindungen, besser noch sollen die Sozialkassen blechen, wenn sie uns gnadenlos auf die Straße setzen, in die Erwerbslosigkeit schicken. Dazu werden ständig die Sozialleistungen gekürzt. Transformation ohne Entlassungen? Ohne entschlossenen Kampf können wir das vergessen!

Arbeitszeitverkürzung für alle!

Die IG Metall hat eine entscheidende Forderung „vergessen“. Wenn Millionen erwerbslos und Hunderttausende weitere Arbeitsplätze bedroht sind, muss die Arbeitszeit verkürzt und gerecht verteilt werden. Unsere Forderung muss lauten:

30-Stundenwoche bei vollem Entgelt- und Personal-ausgleich für alle und bis in die letzte Firma.

Wir brauchen zudem tarifliche, besser noch gesetzliche Arbeitszeitbeschränkung da, wo Arbeitszeit gar nicht mehr erfasst wird - im Homeoffice oder bei so genannter Vertrauensarbeitszeit: Verbindliches Arbeitsende, Garantie für ungestörte Freizeit, geregelten Normal-Arbeitstag, definierte Arbeitsvolumen, das Rückkehr-recht aus dem Homeoffice.

Erfolge gibt es nur durch hartnäckigen Kampf!

Die 35-Stundenwoche (1984) oder die Lohnfortzahlung (1956) - wurden erkämpft mit wochenlangen, ja monatelangen Streiks. Das Kapital sperrte Hunderttausende aus! Jeder kann selbst beurteilen, mit welchen Mitteln wir unsere berechtigten Forderungen durchsetzen können!! Als Metallerinnen und Metaller wissen wir: Freiwillig rückt die Gegenseite NICHTS raus!

Die Konzern- und Firmenchefs, Spekulanten aller Art -“ sie wollen allein entscheiden - im Sinne ihrer Maximalprofite, ohne Rücksicht auf unsere Interessen, auf Gesellschaft und Umwelt. Das muss aufhören! Wir brauchen ein Gesellschaftssystem, in dem die Beschäftigten nach gesellschaftlicher Nützlichkeit entscheiden, welche Produkte produziert werden. Wir KollegInnen produzieren allen gesellschaftlichen Reichtum. Wir wissen, was wir können, was gesellschaftlich sinnvoll und nützlich ist. Viele spüren: Die Betriebe müssen - wie in der Satzung der IG Metall verlangt - vergesellschaftet werden und gehören in unsere Hand, nicht in die Hand der Profiteure und Kapitalisten.

Deshalb müssen der Aktionstag am 29. Oktober 2021 und alle weiteren gemeinsamen Aktionen vor allem eines stärken: Unsere unbedingte Bereitschaft zu Kampf und Streik für unsere Arbeitsplätze, für unsere Zukunft, für unsere Interessen!

Netzwerk der Solidarität

Wir rufen auf zur Vernetzung des Widerstandes und für eine Aktionskonferenz aller kämpfenden Belegschaften. Meldet euch bei uns (metallertreff@yahoo.de), dann informieren wir über die nächsten Schritte oder kommt zum nächsten Metallertreff.

Nächster Metallertreff: 4. November um 18.30 Uhr, DIDF Stuttgart, Marktstr. 61A

Den kompletten Flyer findet ihr hier:
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