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Afrîn Plattform - Stuttgart: Solidaritätserklärung

Afrîn ist nicht gefallen!

Nach über 50 Tagen heftigen Bombardements und Angriffen auf Afrin hat die türkische Armee jetzt die Stadt Afrin belagert und behauptet nun gesiegt zu haben.

Aber: Afrîn ist nicht gefallen. Deckungen und Positionen wurden aufgegeben und zwar zum Schutz der Zivilisten, die zu großen Teilen aus der Stadt vor der plündernden türkischen Armee und ihren dschihadistischen Milizen flüchten. Der Schutz der Zivilbevölkerung hat im Kampf um Afrîn für die Frauen- und Volksverteidigungseinheiten (YPJ/YPG) die höchste Priorität. Dass die Türkei keine Rücksicht gegenüber der Zivilbevölkerung nimmt, haben in den letzten Tagen auch die Bombardements der türkischen Luftwaffe auf das Krankenhaus und Häuser von Zivilisten gezeigt. Allein an einem Tag kamen in der Stadt Afrîn über 100 BewohnerInnen ums Leben.

Der Krieg in Afrin ist ein Beispiel dafür, dass die Türkei, Russland, die USA aber auch die BRD ihre eigenständigen Interessen mit dem Krieg in Afrin haben und diese über das Leben von Menschen stellen. Während Russland die Flugzone über Afrin für die türkischen Bombardements freigegeben hat, die USA die Türkei stillschweigend gewähren hat lassen, beliefert die BRD die Türkei ihrerseits mit Waffen und Panzer. Dies dient der Unterstützung des türkischen Regimes und stärkt dessen Macht.

Die YPG/YPJ/SDF haben ihrerseits zusammen mit der demokratischen Autonomieverwaltung Afrîns verkündet, dass der Krieg, und auch die Schlacht um Afrîn, noch nicht vorbei ist -“ im Gegenteil: Der Kampf geht in eine neue Phase, tritt in eine neue Etappe ein. Vom offenen Krieg hin zum Guerillakrieg in der Stadt.

In der Erklärung heißt es:

„Unsere Kräfte sind überall in Afrîn und werden weiter gegen die türkische Besatzungsarmee und die Dschihadisten vorgehen. Die Siegeserklärung Erdogans und seiner Partner hat nicht den geringsten Wert. Unsere Kräfte werden ganz Afrîn zu einem Alptraum für sie machen. Der Kampf um Afrîn wird andauern, bis der gesamte Kanton befreit ist und die Bevölkerung in ihre Heimat zurückkehren kann.“

Der Link zur gesamten Erklärung: https://anfdeutsch.com/kultur/autonomieverwaltung-von-efrin-neue-kriegsphase-mit-neuer-taktik-3221

Aus diesem Grund wird die „Solidarität mit Afrîn“ Plattform -“ Stuttgart den Widerstand in Afrîn weiterhin unterstützen und sich ebenfalls solidarisch mit der Bevölkerung zeigen, die gerade ihre Lebensgrundlage verloren hat. Ebenso wollen wir mit dieser Erklärung die Medien und auch die Bevölkerung hier darauf aufmerksam machen, dass sie sich von falschen Informationen der türkischen Presse nicht irritieren lassen und sie schon gar nicht weiterverbreiten sollen.

Wir rufen die Bevölkerung und alle demokratischen Kräfte dazu auf gegen den völkerrechtswidrigen Krieg in Afrîn auf die Straße zu gehen und fordern die Bundesregierung unverzüglich auf, alle Waffenlieferungen an die Türkei zu stoppen!

Die nächste Großdemonstration, zu der alle herzlich eingeladen sind mit uns auf die Straße gegen den Krieg in Afrîn zu gehen, findet am Samstag, den 24. März statt. Beginn ist um 16 Uhr in der Lautenschlagerstraße in Stuttgart.

Solidarität mit Afrîn Plattform -“ Stuttgart

Keine Unterstützung für Erdogans Krieg - Solidarität mit der Bevölkerung in Afrin

Die TeilnehmerInnen der ZAKO-Tagung vom 16. -“ 18. März 2018 in Berlin erklären:

Der völkerrechtswidrige Überfall der türkischen Armee mit Hilfe islamistischer Söldner auf Syrien, der mit dem Ziel der Vernichtung der Bevölkerung in den kurdischen Gebieten um Afrin erfolgt ist, wird auch mit deutschen Waffen geführt.

Mehr als 150.000 Menschen sind zurzeit auf der Flucht.

Die Bundesregierung, die der Türkei weiterhin Rüstungsgüter liefert, hat eine hohe Blutschuld auf sich geladen.

Damit muss Schluss sein!

Wir sind solidarisch mit den mehr als 10.000 Menschen, die zum kurdischen Newroz -“ Fest in Hannover gegen die türkischen Kriegsverbrecher und ihre deutschen Unterstützer demonstriert haben.

Wir fordern die Mitglieder unserer Organisation auf, entsprechende Proteste und die Ostermärsche der Friedensbewegung in allen Städten zu unterstützen.

Verstärken wir den Widerstand gegen Militarisierung, Kriegspolitik und Waffenexporte.

  • Schluss mit der Kriminalisierung kurdischer Organisationen in Deutschland
  • Hoch die Internationale Solidarität

Zentraler Arbeitskreis Offensiv gegen Rassismus und Rechtsextremismus

Berlin, 18.März 2018

18. März: Internationaler Kampftag für die Freilassung aller politischen Gefangenen

Der 18. März wird in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre wieder als „Kampftag für die Freilassung aller politischen Gefangenen“ begangen. Angeknüpft wird damit an eine Tradition der ArbeiterInnenbewegung. Der 18. März 1848 steht für die Kämpfe des neu entstandenen Proletariats gegen die alten Herrscher und auch die neu entstandene Bourgeoisie. Am 18. März 1871 übernahm die Nationalgarde in Paris die Macht und läutet somit den Beginn der Pariser Commune ein. Beide Versuche, sich von den Fesseln der Herrschaft zu befreien, werden brutal niedergeschlagen. So kostete die Rache der französischen Bourgeoisie 25000 Menschen das Leben, 3000 starben in den Knästen, 13700 wurden verurteilt, die meisten zu lebenslänglichen Strafen.

Dieser Tag wurde zuerst Tag der Pariser Kommune genannt. 1922 wurde auf dem IV. Weltkongress der kommunistischen Internationale die Internationale Rote Hilfe (IRH) gegründet und u. a. die Durchführung eines internationalen Tages der politischen Gefangenen beschlossen, der am 18. März 1923 erstmals ausgerufen werden konnte. Mit diesem Tag sollte vor allem das Bewusstsein und die Solidarität für die Lage der politischen Gefangenen weltweit erzeugt und verankert werden und auf diese Weise auch praktisch zum Ausdruck kommen.

Mehr Informationen zur Arbeit der Roten Hilfe.

Siehe auch die Sonderausgabe der Roten Hilfe als PDF zum Download.

Aus dem Inhalt:

- Grußwort einer Gefangenen

SCHWERPUNKT G20

- Überblick: U-Haft und Haftstrafen nach G20

- Haftsituation der G20-Gefangenen

- Interview mit RA*in zu Behinderung der Verteidigung usw.

- einzelne Gefangene im Porträt

- Solidaritätsaktionen zu G20-Gefangenen

GEFANGENE BRD


- 129b-Prozesse gegen kurdische Aktivist*innen

- TKP/ML-Prozess

- DHKP-C-Prozesse: Musa AÅŸoÄŸlu

- Thomas Meyer-Falk

INTERNATIONALES


- politische Gefangene im Baskenland

- baskische Gefangene Iñigo und Mikel

- Repression gegen Refugeeproteste in Ungarn: Röszke11

- Griechenland: Gefangenenproteste gegen Haftbedingungen

- Masseninhaftierungen in der Türkei

- Isolationshaft auf Imrali: Abdullah Öcalan

- Haftbedingungen im Iran

- Indien: G. N. Saibaba

- Mumia Abu-Jamal

- Leonard Peltier

- Repression in Chile

- politische Gefangene in Kolumbien

Heute vor 50 Jahren: Massaker von Má"¹ Lai

Am Morgen des 16. März 1968 überfiel eine US-Kompanie das Dorf My Lai, vergewaltigte Frauen und ermordete 503 Bewohner, vom Kleinkind bis zum Greis. Die Gräueltaten wurden von einem Fotografen dokumentiert und gelangten erst etwa ein Jahr später an die Weltöffentlichkeit. Die Veröffentlichung markierte eine Wende in der öffentlichen Meinung zum Vietnamkrieg und trug entscheidend zur Mobilisierung der Antikriegsbewegung bei.

Ermordete Zivilisten in My Lai

Foto: Ronald L. Haeberle via WikiPedia
"In den frühen Morgenstunden des 16. März 1968, exakt um 7.22 Uhr, landeten die drei Züge der Charlie-Kompanie, die zum Bestand der elften Infanteriebrigade der US-Streitkräfte in Südvietnam gehörte, in der Nähe des südvietnamesischen Dorfes My Lai in der Gemeinde Son My. Die etwa 120 Soldaten hatten den Befehl, Angehörige des 48. Bataillons der südvietnamesischen Befreiungsfront FNL, die in dem Ort vermutet wurden, aufzuspüren und zu töten. Denn längst zählte in dem bereits seit einem halben Jahrzehnt andauernden Krieg der USA gegen das um seine Freiheit und Unabhängigkeit kämpfende Vietnam nicht mehr die Fläche des eingenommenen gegnerischen Territoriums oder die Zahl der gefangenen Gegner oder erbeuteten Waffen, sondern es ging aus der Sicht der US-Administration nur noch um die Zahl der getöteten Feinde. Das Stichwort hieß "body count", und das bestimmte die militärische Taktik -“ "search and destroy", was wörtlich zu nehmen war: "suchen und vernichten" (...)"

Ronald Friedmann, Ein Dorf wird ausgelöscht (law.umkc.edu)

"Am Ort des Massakers befindet sich heute eine Gedenkstätte, deren Kern das Gelände des damaligen Dorfes bildet. Fundamente der abgebrannten Hütten wurden rekonstruiert -“ an jeder Hütte findet sich ein Hinweisschild mit dem Namen der Familie, die dort gewohnt hat, Namen und Alter der Opfer werden aufgezählt. Auf den mit Zement ausgegossenen Wegen zwischen den Ruinen der Hütten sind die Abdrücke der Soldatenstiefel eingeprägt, man kann ihrem Weg von Hütte zu Hütte folgen, und an manchen Stellen mischen sie sich mit den Abdrücken ihrer barfüßigen Opfer.

Das Museum auf dem Gelände der Gedenkstätte dokumentiert das Massaker mit Fotostrecken und einer zentralen Marmortafel mit allen Namen der Opfer. Die Ausstellung informiert sachlich über den weiteren Werdegang der beteiligten US-Soldaten. Nur vier von ihnen wurden vor ein Militärgericht gestellt, aber lediglich der befehlshabende Offizier wurde verurteilt und nach ein paar Tagen Haft von Richard Nixon begnadigt.

Auch über die wenigen US-Soldaten, die den Mordbefehl verweigerten und einige Bewohner von My Lai retten konnten, berichtet die Ausstellung."


Aus: Antiberliner #14

Ostermarsch Baden-Württemberg 2018

Frieden braucht Bewegung. Gegen Aufrüstung, Krieg und atomares Wettrüsten

Immer größere Teile der Welt versinken in Krieg und Chaos und immer offener tragen die Groß- und Regionalmächte ihre Auseinandersetzungen mit Waffen in Drittstaaten aus.

Mörderische Kriege

Seit über 16 Jahren ist die Bundeswehr in Afghanistan, ohne daß eine Verbeßerung der Lage oder ein Ende des Einsatzes in Sicht wären. In Mali ist die Situation seit dem Beginn der Stationierung deutscher Truppen weiter eskaliert und auch in Syrien und dem Irak scheint sich die Bundeswehr dauerhaft festsetzen zu wollen.

Der Krieg in Syrien geht in neue Phase. Der NATO Staat Türkei fällt völkerrechtswidrig mit deutschen Panzern in hauptsächlich von Kurden bewohnte Gebiete Syriens ein.

Auf der arabischen Halbinsel finden bereits jetzt mehrere Stellvertreterkonflikte (insbesondere im Jemen) statt, die jederzeit zu einem offenen Krieg mit dem Iran eskalieren können.

Milliardenschwere Aufrüstung

Aufgerüstet wird jedoch v.a. an den Grenzen zu Rußland. Die NATO-Staaten haben sich verpflichtet, zukünftig 2 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Militär und Rüstung auszugeben -“ Geld, das anderswo dringend gebraucht würde.

Auch die Europäische Union reagiert auf die vielfachen Krisen mit gewaltigen Rüstungsprojekten und dem Ausbau ihrer eigenen militärischen Strukturen unter deutsch-französischer Führung. Die derzeitigen Aufrüstungspläne werden in Deutschland zu einer Verdoppelung der heutigen Rüstungsausgaben schon in wenigen Jahren führen. über 70 Mrd. Euro für Waffen, Rüstungsgüter und Militär bedeuten immer weniger für Soziales, Bildung, Wißenschaft, Umwelt und für die Bekämpfung von Hunger, Armut und heilbaren Krankheiten.

Wachsende Konfrontation der Atomwaffenstaaten

In diesem Kontext wächst auch die Gefahr einer atomaren Konfrontation nicht nur mit Nordkorea, sondern auch mit den Atommächten Rußland und China.

Die USA rüsten ihre nuklearen Arsenale nach, Rußland hat bereits angekündigt nachzuziehen. Ein weltweites atomares Wettrüsten ist in vollem Gange. Immer deutlicher sind wieder Stimmen zu vernehmen, die auch Atomwaffen für Deutschland und die EU fordern.

Gleichzeitig weigern sich die meisten NATO-Staaten, darunter Deutschland, dem 2017 von der großen Mehrheit der UNO beschloßenen Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten.

Wo man hinschaut, sollen wirtschaftliche Intereßen mit militärischen Mitteln durchgesetzt werden, wird auf soziale Probleme mit Aufrüstung reagiert. Immer öfter wird auch der Bundeswehreinsatz im Inneren vorgeschlagen und geprobt.

Zunehmende Militarisierung der Gesellschaft

Im letzten Jahr hat die Rekrutierung Minderjähriger wieder zugenommen, über 2100 Mädchen und Jungen haben bei der Bundeswehr unterschrieben. Der UN-Außchuß für die Rechte des Kindes und die Empfehlung der Kinderkommißion des deutschen Bundestages, die Praxis der Rekrutierung von Minderjährigen ein zustellen müßen endlich umgesetzt werden!

Kriegsvorbereitung in Baden Württemberg

Aus diesen und anderen Gründen ist das Aufstehen gegen den Krieg so wichtig. Das gilt besonders für Stuttgart und Baden-Württemberg. Denn im Stuttgarter Umland sind die US-Spezialkräfte und Oberkommandos für Europa, Nordasien und Afrika stationiert. Das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) in Calw wird ausgebaut und soll zwei neue Standorte in Baden-Württemberg erhalten, darunter auch ein neues Hauptquartier für internationale Einsätze von Spezialeinheiten im NATO-Rahmen. In Stuttgart soll in diesem Mai obendrein die Militärmeße „ITEC“ stattfinden.

Damit wird das Bundesland immer mehr zum Ausgangspunkt alltäglicher, häufig aber verdeckter Kriegführung in den Stellvertreterkriegen auf den Schlachtfeldern dieser Erde.

Wir fordern:

  • Krieg beginnt hier und hier muß er auch beendet werden: Africom und Eucom schließen, Kommando Spezialkräfte auflösen.
  • Keine Militär und Waffenmeße wie die „ITEC“ in Stuttgart oder anderswo.
  • Abrüsten für den Frieden, statt Rüsten für den Krieg: Drastische Senkung statt Erhöhung der Rüstungsausgaben, Konversion von Rüstungsunternehmen und militärischen Liegenschaften, Stopp der Rüstungsexporte. Keine neuen Flächen für die Bundeswehr und kein Ausbau bestehender Militärstandorte.
  • Die atomare Gefahr bannen: Für ein Verbot von Atomwaffen.
  • Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag.
  • Für ein Recht auf Flucht: Keine Abschiebungen in Elend und Krieg und erst recht keine Abschiebungen in Einsatzgebiete der Bundeswehr.
  • Keine Bundeswehr in Bildungseinrichtungen und auf Ausbildungsmeßen. Kein Werben fürs Sterben.

Kontakt:

Friedensnetz Baden-Württemberg, Spreuergasse 45, 70372 Stuttgart, Tel.: 0711/6071786, eMail: buero [at] friedensnetz [dot] de, www.friedensnetz.de

TV Tipp: Mustapha Müller, Deserteur

Nur noch bis Samstag zu sehen: "Am 19. November 1926 kommt Si Mustapha Müller, mit bürgerlichem Namen Winfried Müller, in Wiesbaden zur Welt. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten flieht seine Mutter mit ihm nach Österreich, in das kleine Tiroler Dorf Götzen. Heimlich hört der 14-jährige Müller den verbotenen britischen Nachrichtensender BBC und gibt Informationen an die Nachbarn weiter. Daraufhin wird er im Mai ins Hauptquartier der Gestapo nach Innsbruck gebracht. Mehrere Tage lang wird er dort verhört und misshandelt. Für Müller ein traumatisches Ereignis. Anschließend wird er einem Marineregiment an der deutschen Ostsee zugeteilt. Doch der Soldat Müller zeigt sich widerspenstig. Es gelingt ihm zu desertieren. Er schließt sich zunächst der Roten Armee, später dem Nationalkomitee Freies Deutschland an. 1954 bricht der Algerienkrieg aus. Müller studiert zu diesem Zeitpunkt Journalismus in Frankreich. Dort wird in linken Kreisen mit den Unabhängigkeitsbestrebungen des algerischen Volkes sympathisiert. Müller geht nach Marokko und schließt sich dort der algerischen Befreiungsarmee ALN an. Er nennt sich nun Si Mustapha Müller, entwickelt die Idee, den Kolonialkrieg dort zu treffen, wo er am empfindlichsten ist, und ruft einen „Rückführungsdienst“ ins Leben. Das Ziel ist es, so viele Soldaten der französischen Fremdenlegion wie möglich zur Desertion zu bewegen und deren Rückkehr zu organisieren. Seine Arbeit ist erfolgreich, bald hat er ein Team unter sich, das in ganz Algerien operiert. Bis zum Kriegsende 1962 gelingt es Müller, 3.726 Soldaten dazu zu bewegen, die Fremdenlegion zu verlassen. Nach der Befreiung Algeriens wird Müller zu einem der ersten Staatsbürger des neuen freien Algeriens. Am 9. Oktober 1993 erliegt er schließlich einem Herzinfarkt. Er wird in der Sahara beigesetzt. Anders als in Frankreich wird dem Freiheitskämpfer Si Mustapha Müller in Algerien mit Hochachtung begegnet. Durch seinen mutigen und gewaltfreien Einsatz war es ihm gelungen, Tausende von Menschenleben zu retten." (Aus der Programmbeschreibung bei arte)

Fotoreportage: "Afrin ist überall - Überall ist Widerstand"

Am Samstag demonstrierten in Köln mehr als 20.000 Menschen auf einer bundesweiten Demo gegen die Angriffe des türkischen Militärs auf Afrin im Norden Syriens.

Seit dem 20. Januar 2018 versuchen türkische Truppen gemeinsam mit djihadistischen Söldnergruppierungen in die kurdischen Gebiete um Afrin im Norden Syriens einzudringen. Trotz Luft- und Artillerieangriffen ist es der zweitgrößten NATO-Armee bislang (Ende Januar) nicht gelungen, auch nur einen nennenswerten Geländegewinn zu erringen. Die Aggressoren bombardieren Krankenhäuser und Schulen, setzen Napalm- und Streubomben ein.

Innerhalb weniger Tage ist es der der internationalen kurdischen Gemeinschaft gelungen, weltweit Solidaritätskundgebungen mit dem bedrohten Afrin zu organisieren. In Paris und London, Zürich und Wien, Amsterdam und Stockholm, in Dutzenden von Städten Europas und der Welt kam es zu Solidaritätsdemonstrationen. Eine der größten war die Demonstration in Köln. Nach Polizeiangaben waren es 15.000 Menschen, die auf die Straße gingen. Der Veranstalter, der kurdische Dachverband NAV-DEM, sprach sogar von 80.000. Thematisiert hatten die Demonstrant*innen auch die deutschen Rüstungsexporte in die Türkei, die zur Zeit gegen die Zivilbevölkerung in Afrin eingesetzt werden. Die Kölner Demonstration war weltweit die einzige, gegen die die Polizei vorgegangen ist. Und das, obwohl sie bunt und friedlich war. Bereits der Demonstrationsbeginn wurde von Polizeikräften blockiert und verzögerte sich um mehr als eine Stunde. Der Grund: Zeigen von Fahnen des Kurdenführers Öcalan. Auch später sahen sich die Demonstrant*innen immer wieder Polizeipferden, Wasserwerfern und schließlich einem Polizeikessel gegenüber. Immer wieder wurde die Demonstration von der Polizei unterbrochen und schließlich aufgelöst.

"Unsere Versuche", so NAV-DEM, "mit der Polizei eine Lösung für die gegebene Situation zu finden, wurden abgeblockt. Stattdessen kesselten die Polizeikräfte einen Teil der Demonstration ein." Glücklicherweise hatten die Demonstrant*innen besonnen auf den Polizeikessel reagiert. "Wir werden weiterhin auf den Straßen sein", so NAV-DEM.

Quelle: Fotos und Bericht von Uwe Bitzel / Umbruch Bildarchiv Berlin

Weitere Informationen:

Erklärung des Informationsbüros der Bewegung der Demokratischen Gesellschaft (TEV-DEM), 22.01.2018

Die Türkei ist sehr über die Errungenschaften Rojavas beim Sieg über den Islamischen Staat (IS) und beim Neuaufbau eines Systems, das auf direkter Demokratie, Gleichberechtigung der Geschlechter, interethnischer Zusammenarbeit, Säkularismus und Umweltschutz beruht, beunruhigt. Der türkische Staat ist sich bewusst, dass die Stärkung dieses demokratischen Projekts, das als Vorbild für den Rest der Region dienen kann, gleichbedeutend mit dem Niedergang des Autoritarismus ist, für den es selbst steht. Deshalb mobilisierte der türkische Staat von Anfang an all seine Ressourcen, um die demokratische Selbstverwaltung in Rojava und Nordsyrien zu zerschlagen. Da die Entwicklungen in Rojava jedoch nicht aufzuhalten waren, hat der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan am 20. Januar den Beginn eines Krieges gegen Afrin verkündet; ein ruhiges Gebiet, das viele Flüchtlinge aus Idlib aufgenommen hatte. Durch diesen Flüchtlingsstrom wuchs die Bevölkerung von 500.000 im Jahr 2011 auf 1.200.000 im Jahr 2018 an.

Nicht lange nach Erdogans Kriegserklärung überflogen am Samstag um 16.00 Uhr Ortszeit 72 türkische Kampfjets den Afrin-Kanton, um mindestens 100 Punkte anzusteuern, darunter auch Wohngebiete wie das Stadtzentrum von Afrin, das Rubar-Flüchtlingslager und einige zivile Einrichtungen. Bei dieser Angriffswelle wurden mindestens 13 Zivilist*innen verletzt, 1 Kämpfer der YPG (Volksverteidigungseinheiten) und 2 Kämpferinnen der YPJ (Frauenverteidigungseinheiten) sowie 6 Zivilist*innen getötet. Gleichzeitig versuchten die türkische Armee und ihre Stellvertreter, darunter auch einige dschihadistische Gruppen, über die Dörfer Kurdo und Balia im Gebiet Bilbil die Grenze nach Afrin zu überqueren. Die YPG und YPJ schlugen die Angriffe sofort zurück und zwangen die türkischen Soldaten, sich zurückzuziehen. Am selben Tag begannen türkische Kräfte, die in der Stadt Mara in den besetzten Gebieten von al-Shahba stationiert waren, mit dem Beschuss des Bezirks Tal Rifat und des al-Shahba Staudamm.

Am Sonntag den 21. Januar um 16:10 Ortszeit, begannen türkische Kampfflugzeuge mit der Bombardierung des Stadtzentrums von Afrin, der Gebiete Shera, Åžerawa, Raco, Leluna und Bilbila, Ayn Daqna, Mamula und Hejika in der Region Åžera. Türkische Kampfflugzeuge bombardierten auch das Rubar-Flüchtlingscamp, in dem Binnenflüchtlinge aus Aleppo unter kommen. Nada Khalil, Geflüchtete aus Idlib, deren Unterkunft durch den Beschuss beschädigt wurde, erklärte: „Wir mussten unsere Heimat wegen der Unmenschlichkeit der Terrorgruppen verlassen und selbst hier werden wir nicht in Frieden gelassen, wohin sollen wir gehen?“ Während der Luftangriffe, unternahm die türkische Armee den Versuch einer Bodenoffensive auf Afrin. Von mehreren Punkten gab es zeitgleiche Angriffe, darunter auch im Gebiet Bilbilê. Da der Angriff erfolglos blieb, versuchte die türkische Armee die lokale Bevölkerung aus dem Gebiet zu vertreiben. Zudem wurde auf die Dörfer Celeme, Ishka, Basufane und Xelil Artilleriefeuer eröffnet. Zweifellos wäre dieser Angriff ohne die Erlaubnis Russlands nicht möglich gewesen, da russische Truppen in dem Gebiet stationiert waren und der Luftraum Afrins von Russland kontrolliert wird. Nach Informationen militärischer Quellen erfolgte die Autorisierung des Angriffes auf Afrin direkt über den “Afrin-Idlib-Verhandlungstisch-. So heißt es, dass Russland mit dem Beginn der Operation seine Truppen aus Afrin abgezogen hat, da es gemeinsame Interessen mit dem türkischen Staat gebe.

Die türkische Armee unternahm eine weitere Bodenoffensive auf die Dörfer Balia und Tuval in Raco. Als sie erfolglos blieben, begannen sie mit einem Luftangriff auf diese Dörfer. Darüber hinaus zielt die türkische Armee auf zivile Autos an der Grenze, sowie auf archäologische Stätten im Gebiet Bulbul. Zum Beispiel beschossen sie das Dorf Qustal Mekdad im Bulbul Bezirk und das römisch-archäologische Gebiet „Nabi Hori“ mit Artilleriefeuer. Nachdem es an der Grenze zu Zusammenstößen mit der YPG gekommen war, begannen wieder türkische Flugzeuge die Städte Afrin und Mobata zu bombardieren. Die YPG erklärte, dass vier türkische Soldaten und 10 weitere Angreifer getötet wurden. In den letzten zwei Tagen haben türkische Kampfflugzeuge fast 20 Menschen, meist Kinder, massakriert.

Darunter befinden sich 8 Mitglieder einer arabischen Familie, die aus Idlib geflohen waren und wegen des Krieges in Afrin lebten. Die Familie ließ sich vor vier Monaten im Dorf Cilbir nieder und lebte in einem Flüchtlingszelt. Im Folgenden die Namen und das Alter der Opfer: Wael El Huseyn (1), Salameh Huseyn (6), Musab El Huseyn (6), Fatallah El Huseyn (8), Hadeel El Huseyn (10), Refeh El Huseyn El Homer (33), Ehmed El Huseyn (17), Samak El Huseyn (16).

Hervorstechend ist das Schweigen der internationalen Gemeinschaft. Abgesehen von den französischen Behörden hat sich bisher keine Seite für die Menschen von Afrin und Rojava ausgesprochen und vergessen, wie Rojavas Töchter und Söhne tapfer gegen eine der brutalsten Kräfte aller Zeiten kämpften. Es war Rojava das die Welt vor dem Bösen des IS rettete, aber es ist Rojava, das von der Welt vergessen wird, während es von einem NATO-Staat, der Türkei, angegriffen wird.

Via Civaka Azad

Frieden statt Aufrüstung - Nein zum Krieg!

Geht mit uns auf die Straße - am Samstag 17. Februar 2018
Während im Februar in München die 54. Konferenz unter dem Titel Sicherheit stattfindet,

• stehen sich aufgrund der vorgerückten NATO-Truppen an der russischen Grenze die größten Militärmächte der Welt gegenüber,
• droht der Konflikt zwischen Nordkorea und der USA zu einem Atomkrieg zu eskalieren,
• beteiligen sich die NATO-Staaten und ihre Bündnispartner an der Zerstörung der Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen und zwingen sie damit zur Flucht, beispielsweise in den kurdischen Gebieten, im Jemen und in Afghanistan,
• leiden weltweit 815 Millionen Menschen unter chronischem Hunger. Alle zehn Sekunden stirbt ein Kind unter fünf Jahren an den Folgen von Unterernährung. Aber auch in Deutschland leben 15% der Bevölkerung in Armut und sozialer Unsicherheit.
Es ist also höchste Zeit, über globale Sicherheit für alle Menschen zu reden, doch darum geht es auf der sogenannten Sicherheitskonferenz (SIKO) in München nicht.

Was ist die SIKO?
Auf der SIKO vom 16.-18. Februar 2018 treffen sich im Bayerischen Hof in München Staats- und Regierungschefs sowie hochrangige Vertreter aus Politik, Militär, Wirtschaft und Rüstungsindustrie, überwiegend aus den NATO-Staaten. Diese Konferenz wird von den Veranstaltern weltweit als Beitrag zur internationalen Sicherheit beworben. Entgegen ihrer Selbstdarstellung geht es aber nicht um die friedliche Lösung von Konflikten oder um die Sicherheit für die Menschen auf der Welt. Stattdessen ist die SIKO ein Forum zur Rechtfertigung der NATO, ihrer Rüstungsausgaben und ihrer völkerrechtswidrigen Kriegseinsätze, die der Bevölkerung als „humanitäre Interventionen“ verkauft werden.

Um welche Sicherheit geht es?
Wenn auf der SIKO über Sicherheit geredet wird, geht es nicht um soziale Sicherheit wie die Gewährleistung von ausreichender Nahrung, Wasser, Wohnraum, Gesundheit, Bildung, Frieden, existenzsichernde Einkommen, Mitbestimmung, Gleichberechtigung und einer intakten Natur. Soziale Sicherheit für alle Menschen auf dem Globus wäre jedoch ein richtiger Ansatz, um dem Terrorismus den Boden zu entziehen, und einen der wesentlichen Gründe zu beseitigen, die Millionen Menschen zur Flucht zwingt.

Den NATO-Strategen auf der SIKO geht es dagegen darum, mit militärischer Stärke durch die Erhöhung der Militärausgaben, Beschaffung neuer Waffensysteme, Killerdrohnen, und der Perfektionierung ihres Atomwaffenarsenals die wirtschaftliche Vormachtstellung des „Westens“ zu sichern. Die NATO ist mit den verbündeten Staaten für zwei Drittel der weltweiten Rüstungsausgaben
von jährlich 1.686 Milliarden Euro verantwortlich.

NATO-Staaten sind hauptverantwortlich für die letzten Kriege in Afghanistan, Irak, Libyen und sie sind wesentlicher Akteur in Syrien und Kurdistan. Mit ihren Militäreinsätzen sollen Regierungswechsel erzwungen und Profite großer Konzerne, der Zugang zu Rohstoffen und Absatzmärkten sowie die „Nachfrage“ nach Waffen gesichert werden. Durch die Kriege der NATO werden die Lebensgrundlagen und somit jegliche soziale Sicherheit in den betroffenen Regionen zerstört und hunderttausende Zivilisten getötet.

Daher richtet sich unser Protest gegen die NATO. Deren Sicherheit ist nicht unsere Sicherheit. Dieses Militärbündnis des kapitalistischen Westens ist eine weltweite Bedrohung.

Welche Rolle spielt dabei die Bundesrepublik?

Die Lehre aus den zwei von Deutschland entfesselten Weltkriegen lautet: „Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen!“ Im Widerspruch dazu ist die Bundeswehr an 13 Auslandseinsätzen beteiligt.

Unter Bruch der Verfassung ist Deutschland die militärische Drehscheibe für die von USA und NATO geführten Kriege. Hier befinden sich deren wichtigste Kommandozentralen. Von Ramstein aus werden Waffen- und Truppentransporte abgewickelt, Kampfeinsätze gestartet und der Einsatz von Kampfdrohnen gelenkt.

Zwei Drittel der UN-Mitgliedsstaaten haben ein Atomwaffenverbot beschlossen. Auch 93% der deutschen Bevölkerung wollen Nuklearwaffen verbieten. Doch die Bundesregierung hat sogar die Vertragsverhandlungen boykottiert. Sie hält an der Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland fest und lässt ihren Einsatz von Bundeswehrpiloten trainieren.

Rüstungskonzerne verdienen Milliarden mit den Waffenexporten in Krisengebiete. Türkei, Saudi-Arabien und andere Länder nutzen für ihre Kriege in Deutschland produzierte Waffen.
Die Bundesregierung plant bis 2024, die jährlichen Militärausgaben auf rund 75 Mrd. Euro (2% vom BIP), zu verdoppeln. Dies wäre aktuell jeder 5. Euro des Bundeshaushaltes. Diese Milliarden für die Aufrüstung fehlen dort, wo sie am dringendsten gebraucht werden: Im Sozialbereich, z.B. Bildungs- und Gesundheitswesen, für den Bau von Sozialwohnungen, für Kommunale Infrastruktur und die Integration der Geflüchteten sowie für den ökologischen Umbau. Auch in Entwicklungsländern wären solche finanziellen Mittel dringend nötig.

Wer sind wir?
Das Aktionsbündnis ist Teil der weltweiten Bewegung für soziale Gerechtigkeit und friedliche Konfliktlösungen. Mit der NATO wird es keine friedliche, gerechte und solidarische Welt geben! Eine solche Welt ist aber nötig und möglich! Lasst uns gemeinsam dafür aktiv werden.

Wir fordern
• Nein zur Aufrüstung. Kürzung des Militäretats.
• Schluss mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr, keine Bundeswehreinsätze im Innern.
• Wir treten ein für eine Welt ohne Militär, somit auch für die Abschaffung der Bundeswehr.
• Nein zur Produktion von Kriegswaffen. Sozialverträgliche Umstellung auf zivile Güter des öffentlichen Bedarfs.
• Stopp aller Rüstungsexporte, insbesondere an die Türkei, Saudi- Arabien, Katar und andere Krisengebiete. Verbot von Lizenzen und der Verlagerung der Rüstungsproduktion ins Ausland.
• Beitritt zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag, Atomwaffen raus aus Deutschland.
• Schluss mit dem ständigen Bruch des Völkerrechts, keine Angriffskriege.
• Auflösung aller US- und NATO-Militärstützpunkte in Deutschland. Keine Beteiligung an den US-Drohnenmorden (via Ramstein + Africom).
• Deutschland raus aus der NATO und allen Militärstrukturen der EU.
• Kein Konfrontationskurs mit Russland. Frieden in Europa gibt es nur mit und nicht gegen Russland.
• Solidarität mit Flüchtlingen; Fluchtgründe beseitigen, nicht verursachen.
• Investitionen in soziale Sicherheit, Nachhaltigkeit und Frieden statt Milliarden für Aufrüstung und Krieg.
Kommt zur Demonstration
am Samstag, 17. Februar 2018 in München um 13 Uhr am Stachus

Automatisiertes Töten

Herbert Marcuse in Newton, Massachusetts, 1955
Copyright: Marcuse family, represented by Harold Marcuse

Ein sehr weitsichtiger Text von Herbert Marcuse, wenn man bedenkt, die sogenannte digitale Revolution, der Quantensprung in der Möglichkeit automatisiert zu morden, war noch nicht wirklich in Sicht, als dieser Text 1968 veröffentlicht wurde. Mit der neuen Drohnentechnik, bei der jemand am Schreibtisch sitzt und mit dem Joystick das Ziel ansteuert, wurde das letzte Band zwischen Opfer und Täter durchtrennt, Mord wird zum Spiel.

"(...) Besonders aufschlußreich und am bezeichnendsten für den Unterschied zwischen den neuen und den überlieferten Formen ist das, was wir technologische Aggression und Befriedigung nennen können. Das Phänomen ist rasch beschrieben: der Aggressionsakt wird physisch durch einen weitgehend automatischen Mechanismus ausgelöst, der weit stärker ist als der Mensch, der ihn in Bewegung setzt, in Bewegung hält und über dessen Ziel und Zweck entscheidet. Der extremste Fall ist die Rakete; das alltäglichste Beispiel das Auto. Bei der hier aktivierten und verbrauchten Kraft handelt es sich um mechanische, elektrische, nukleare Energie von "Dingen" und nicht um die triebgebundene Energie des Menschen. Hier wird gleichsam Aggression von einem Subjekt auf ein Objekt übertragen oder sie wird durch ein Objekt zumindest vermittelt, wobei das Ziel nicht durch einen Menschen, sondern vielmehr durch ein Objekt zerstört wird. Diese Veränderung in der Beziehung zwischen menschlicher und materieller Energie, zwischen der objektiven und der subjektiven Komponente der Aggression (der Mensch wird weniger auf Grund seiner physischen als auf Grund seiner psychischen Fähigkeiten zum Subjekt und Diener der Aggression) muß auch die psychische Dynamik verändern. Folgende Hypothese scheint durch die innere Logik des Prozesses nahegelegt: mit der "Delegation" von Zerstörung auf ein mehr oder weniger automatisches Ding, eine Menge oder ein System von Dingen wird die Triebbefriedigung des menschlichen Subjekts zwangsläufig unterbrochen, frustriert und "übersublimiert". Und solche Frustration drängt nach Wiederholung und Steigerung: mehr Gewalt, erhöhte Geschwindigkeit, größere Reichweite. Gleichzeitig geht damit eine Schwächung der persönlichen Verantwortung, des Gewissens, der Schuld und des Schuldbewußtseins einher: nicht ich als (moralisch und körperlich) handelnde Person habe es getan, sondern die Maschine. "Die Maschine" -“ das Wort deutet darauf hin, daß ein Apparat von menschlichen Wesen die Stelle des mechanischen Apparats einnehmen könnte: die Bürokratie, die Verwaltung, die Partei oder der Verband sind die Verantwortlichen; ich als Individuum bin nur Werkzeug. Und ein Werkzeug kann in ethischer Hinsicht überhaupt nicht verantwortlich oder schuldig sein. Damit wäre eine Schranke der Aggression aufgehoben, die die Kultur in einem langen und gewaltsamen Prozeß der Disziplinierung errichtet hatte. Damit wäre aber auch die erweiterte Reproduktion der Gesellschaft im Überfluß in einer verhängnisvollen psychischen Dialektik verfangen, die in die wirtschaftliche und politische Dynamik einmündet und diese vorwärtstreibt: je mächtiger und "technologischer" die Aggression sich gestaltet, um so weniger kann sie die primären Impulse befriedigen und beschwichtigen und um so stärker drängt sie nach Wiederholung, Intensivierung und Eskalation.

Sicher ist der Gebrauch von Werkzeugen der Aggressivität so alt wie die Zivilisation selbst, aber es besteht ein entscheidender Unterschied zwischen den technologischen und den primitiveren Formen der Aggression. Letztere waren nicht nur quantitativ verschieden (d.h. schwächer); sie verlangten auch eine weit größere Anstrengung, eine stärkere Beteiligung des Körpers als die automatischen oder halbautomatischen Maschinen der Aggression. Das Messer, das "plumpe Werkzeug" und sogar der Revolver sind in viel stärkerem Maße "Teil" des Individuums, welches sie benutzt, und sie bringen dieses Individuum in eine engere Beziehung zu seinem Ziel. Die menschlichen Opfer des Gewehrs sind wahrnehmbar; die des Bomberflugzeuges und der Rakete sind der Wahrnehmung des Täters entrückt. (...)"

Aus: Herbert Marcuse. "Aggression und Anpassung in der Industriegesellschaft"

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