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Stuttgart: Solidarität mit angeklagtem Antifaschisten!

Wir dokumentieren den Solidaritätsaufruf der Roten Hilfe Stuttgart e.V. für einen in Zusammenhang mit den Protesten gegen den Naziaufmarsch am 1. Mai 2011 in Heilbronn angeklagten Antifaschisten und fordern zu solidarischer Prozessbegleitung und - beobachtung auf.

Solidarität mit angeklagtem Antifaschisten!


Am Dienstag den 02. August 2011, soll  um 10:00 Uhr im Saal 148, Gerichtsgebäude 1. Stock im Amtsgericht Heilbronn dem Angeklagten der Prozess gemacht werden. Er hatte an einer Gegendemonstration gegen den  Aufmarsch des „Nationalen und Sozialen Bündnisses 1. Mai“ teilgenommen.

Für den 1. Mai hatten faschistische Gruppen aus dem süddeutschen Raum in Heilbronn eine Demonstration unter dem Motto „Fremdarbeiterinvasion stoppen“ angekündigt.

Das Bündnis „Heilbronn stellt sich quer“ rief dagegen zur friedlichen Blockade des Aufmarsches auf. In der Folge verbreitete die Polizei mit zehntausenden Flugblättern und Plakaten, dass diese Blockaden gewalttätig und damit illegal seien.

Schon in der Nacht zum 1. Mai glich Heilbronn einer belagerten Stadt: Personenkontrollen, mehrere Kilometer Absperrgitter, Polizeiketten, Polizeisperren.

Im Einsatz waren etwa 3000 Polizisten inkl. Beweissicherungs- und Festnahme Einheiten (BFE), Hunde- und Pferdestaffeln, zwei Polizeihubschrauber.  Wasserwerfer und Räumpanzer standen bereit. Zusätzlich waren 900 Beamte der Bundespolizei im Einsatz, die rechtliche Grundlage dafür ist noch unklar.

Die um 08:00 h begonnene Demonstration in Richtung des Hauptbahnhof, dem Versammlungsort der Nazis, wurde von der Polizei gestoppt und etwa 200 Menschen festgenommen. Noch am Morgen wurde eine Blockade auf der Route der Nazis von der Polizei geräumt und die beteiligten AntifaschistInnen in Gewahrsam genommen.

Minderjährige wurden festgehalten und stunden lang ohne Verpflegung, Toiletten, Sonnenschutz und Wasser auf einem Sportplatz festgehalten.

Eine für den Nachmittag angemeldete antifaschistische 1. Mai Demonstration wurde dadurch verhindert, dass die TeilnehmerInnen zum Großteil in Gewahrsam oder im Polizeikessel waren.

Die mit Zügen angereisten Gegendemonstranten wurden von ca. 1000 Polizisten   empfangen.  Martialisch wurden Menschen geschubst, mit Hunden eingeschüchtert, einige die Bahnhofstreppen hinabgestoßen; es gab Festnahmen,  Beschlagnahmung von Fahnen etc.

Direkt vor dem Hauptbahnhof wurden die AntifaschistInnen schließlich ab 10:15 eingekesselt. Die etwa 750 Nazis reisten mit mehreren Zügen an und wurden direkt am Hauptbahnhof über einen abgesperrten Ausgang zu ihrer abgeschotteten Auftaktkundgebung geleitet.

Dem angeklagten Antifaschisten wird nun vorgeworfen die Gitter, beim Kessel am Hauptbahnhof überstiegen , und  gegen die folgenden Übergriffe der Polizei Widerstand geleistet zu haben. Zudem soll sich angeblich ein Polizist am Handrücken eine Schürfwunde zugezogen haben, nachdem der Antifaschist selbst von mehreren Polizisten brutal zu Boden gerissen, gefesselt und verletzt wurde.

Wir sehen hier das übliche Muster der Polizei und Justiz, Aufmärsche von Nazis werden geschützt, Antifschismus kriminalisiert und verfolgt, und die Tatsachen verdreht.

Nicht der Widerstand gegen den Faschismus, das Blockieren oder die  Überwindung  von Absperrungen  ist illegitim, sondern die Freiheitsberaubung, Einschüchterung und Übergriffe der Polizei auf Antifaschisten sowie der Schutz des Aufmarsches der Nazis, die ungehindert ihre rassistische, antisemitsche und faschistische Propaganda, inklusive zeigen des Hitlergrußes, verbeiten durften.

Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen! Für Nazis darf es deswegen kein Recht auf Versammlungsfreiheit geben.

Darüber hinaus fordern wir die Einstellung sämtlicher Verfahren in Zusammenhang mit den antifaschistischen Protesten am 1. Mai.

Kommt zum Prozess am 02. August, 10:00 Uhr, Saal 148, Amtsgericht Heilbronn, Wilhelmstr. 2-4 !

10 Minutentakt. Wozu eigentlich Versammlungsfreiheit?

Am 17. Juli konnte ich bei: "Im 10 Minuten Takt. Stuttgarter Initiativen stellen sich vor" im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Campus Stadt" im Württembergischen Kunstverein in Stuttgart das "Bündnis für Versammlungsfreiheit" vorstellen. Hier der Text, unten folgt ein Video:

Sehr geehrte Damen und Herren,
als erstes möchte ich mich bei den Veranstaltern für die Gelegenheit bedanken, das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit hier kurz vorzustellen. Mein Name ist Thomas Trüten, ich bin Sprecher des Bündnisses.

Die Zielsetzung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit, Demonstrationen und Kundgebungen einen besonderen Schutz zu verleihen, wird in der aktuellen Behördenpraxis oft ausgehebelt. Schon das in Baden-Württemberg geltende Bundesversammlungsgesetz schränkt dieses Grundrecht in massiver Weise ein. Im Rahmen der Föderalismusreform im Jahre 2006 sollte unter der damaligem CDU-FDP geführten Landesregierung ein zusätzlich verschärftes Landesversammlungsgesetz eingeführt werden.

Dagegen gründete sich im September 2008 unser inzwischen aus über 100 Organisationen bestehendes Bündnis. Bereits im Dezember 2008 führten wir eine Demonstration für das Recht auf Versammlungsfreiheit mit 6000 TeilnehmerInnen durch.

In unserer Arbeit nehmen wir aktiv an Demonstrationen teil, unsere Demobeobachter AG ist mit ihren blauen Westen bei zahlreichen Demonstrationen vor Ort, beobachtet und dokumentiert Verstöße gegen das Versammlungsrecht durch Behörden und Polizei.

Wir geben Pressemitteilungen und Infoflyer zu verschiedenen Themen heraus, führen Veranstaltungen durch, stellen selbst Referenten, wie beispielsweise beim „Aus.Sitzen“ Camp, bei der „offenen Uni“ im Rahmen des Bildungsstreiks oder gewerkschaftlichen Veranstaltungen. Dabei freuen wir uns natürlich sehr über neue MitstreiterInnen.

Warum halten wir das Eintreten für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit für so wichtig?

Der -“ übrigens nie zurückgezogene -“ Entwurf für ein solches verschärftes Versammlungsgesetz schafft bürokratische Hürden, sieht die Registrierung, Überwachung und Erfassung der TeilnehmerInnen vor und gibt Polizei und Behörden die Möglichkeit für willkürliche Erschwernisse, Eingriffe in die Versammlung und die Rechte der Versammelten. Die neue Landesregierung verspricht in ihrer Koalitionsvereinbarung lediglich ein „bürgerfreundliches“ Versammlungsrecht. Jedoch fallen unter die Verantwortung der neuen Regierung bereits schon wieder mehrere schwerwiegende Anlässe:

Am 1. Mai 2011 wiederholte sich in Heilbronn eine Szenerie, die bereits 2009 in Ulm zu beobachten war und die erst vor einigen Tagen gerichtlich zur illegalen Praxis erklärt wurde: mit massiver Polizeigewalt wird ein Großaufmarsch von Neonazis durchgesetzt. AntifaschistInnen wurden eingekesselt, abgefilmt, weg geprügelt, festgenommen und mit Platzverweisen belegt. Einmal mehr ist nicht von einer zufälligen, sondern von einer systematisch vorbereiteten polizeilichen Eskalation auszugehen. Die Heilbronner Polizei mischte sich in die politische Diskussion über demokratische Widerstandsformen ein, indem sie in zehntausenden von Flyern und auf Plakaten die Behauptung, Blockaden gegen einen genehmigten Naziaufmarsch seien illegal, verbreiten ließ.

Damit versuchte die Polizei, die antifaschistische, demokratische Kultur des Widerstands gegen Naziaufmärsche, die Zivilcourage und das sich „dagegen stellen“ als Gewalt zu diffamieren. Das Vorgehen der Polizei gegenüber den Demonstranten an diesem Tag entsprach dann auch dieser geschichtslosen Haltung.

Die Bilanz des Tages: Hunderte Personalienfeststellungen und Festnahmen, zahlreiche Verletzte durch direkte Polizeigewalt oder durch schikanöse Gewahrsamsbedingungen, wie die ganztägige Einkesselung hunderter Demonstrantinnen.

Anlässlich der Vorkommnisse mit einem bewaffneten Zivilfahnder bei der Besetzung des Baugeländes des Grundwassermanagements am 20. Juni im Anschluss an die Montagsdemo gegen Stuttgart 21 weisen wir darauf hin, dass §12 des Bundesversammlungsgesetzes zwingend vorschreibt, dass Polizeibeamte, die in eine öffentliche Versammlung entsandt werden, sich dem Versammlungsleiter zu erkennen geben müssen.

Dies ist unsrer Kenntnis nach im Fall des Zivilfahnders, der sich schon vor Beginn der spontanen Aktionen in der Menge aufhielt, nicht geschehen.

Das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit fordert deshalb die Staatsanwaltschaft auf, Ermittlungsverfahren gegen diesen Beamten und die Einsatzleitung der Polizei einzuleiten.

Wir stellen in dem Zusammenhang die Fragen:

„Die Pressestelle der Polizei spricht von „etwa einem halben Dutzend“ Zivilfahndern, die am 20.6. eingesetzt waren. Die Bandbreite reicht also von sechs bis elf Beamten. Wie viele Beamte waren tatsächlich im Einsatz? Waren sie alle mit Schusswaffen ausgerüstet und welchen konkreten Auftrag hatten sie? Ist der Einsatz bewaffneter Zivilfahnder bei S21- Demonstrationen gängige Praxis oder war ihr Einsatz am 20.6. eine Ausnahme? Und wenn ja, warum?“

Die Antwort blieben die Verantwortlichen schuldig.Statt dessen wird nachgetreten und die S21 GegnerInnen mit großem Medienecho einmal mehr diffamiert und kriminalisiert und der Einsatz ziviler Polizeibeamter zum Normalfall erklärt.

Wir sehen uns durch diese Vorgänge bestätigt in der Forderung nach einem fortschrittlichen Versammlungsrecht, das geeignet ist, illegalen Polizeipraktiken einen Riegel vorzuschieben.

Über 1200 Strafverfahren sind die Kriminalisierungsbilanz der jungen Bewegung gegen Stuttgart 21. Sitzblockaden, Spontandemonstrationen, Baumbesetzungen und vieles mehr werden seit Monaten vor Gericht verhandelt.

Mit willkürlichen Auflagen können missliebige Proteste behindert, wenn nicht sogar verhindert werden. Bekanntlich soll Gangolf Stocker bei einer Kundgebung am 23.10.2010 zu wenig Ordner im Einsatz gehabt haben. Gemäß den Auflagen des Ordnungsamtes hätte er - bezogen auf die von der Polizei geschätzten Teilnehmerzahl von 16.000 - 320 Ordner einsetzen müssen. Laut Polizei waren aber nur 60 Ordner im Einsatz. Nach Veranstalterangaben betrug die Teilnehmerzahl 50.000. In diesem Falle wären sogar 1.000 Ordner nötig gewesen.

Wir halten eine behördliche Auflage über die Ordnerzahl für verfassungswidrig, da sich mit derartigen Auflagen jede größere Demonstration verhindern lässt. Zudem gibt es keine im Versammlungsrecht verankerten Aussagen zur Anzahl von Ordnern.

Das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit beobachtet eine seit Jahren zunehmende Tendenz der städtischen und staatlichen Behörden, bereits aufgrund von Lappalien oder durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit eindeutig gedeckte demokratische Protestformen Bußgelder und Strafbefehle zu verhängen oder Gerichtsverfahren einzuleiten.

Mit der Forderung „Für ein fortschrittliches Versammlungsgesetz“ wollen wir dem entgegentreten und helfen, den Widerstand hiergegen organisieren.

Als Bündnis stellen wir klare Forderungen an ein fortschrittliches Versammlungsgesetz:

Sitzblockaden, Streikposten und Spontandemonstrationen müssen hierbei ohne Einschränkungen gewährleistet werden. Spürbarer Protest und kreative Aktionsformen müssen möglich bleiben und vor Kategorisierungsversuchen geschützt werden. Nicht zuletzt muss es behördlicher Willkür und polizeilichen Schikanen einen rechtlichen Riegel vorschieben.

Es geht uns um nicht mehr und nicht weniger als „ein Stück ursprünglich- ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren“ (Brokdorfurteil, BVG). Jedes Gesetz, dass diesen Kerngedanken des Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit zunichte machen soll, lehnen wir kategorisch ab!

Ich hoffe, in diesen wenigen Beispielen deutlich gemacht zu haben, dass ein fortschrittliches Versammlungsgesetz nicht verordnet sondern nur politisch erkämpft werden kann und das strömungs- und bewegungsübergreifend.

Beteiligt Sie sich an Demonstrationen, Solidarisieren Sie sich mit den Opfern der Repression und engagieren Sie sich für Versammlungsfreiheit!

Ich möchte Sie einladen, bei unserem nächsten Bündnistreffen am Mittwoch, 27. Juli 2011 um 19:00 Uhr im DGB Haus Stuttgart dabei zu sein.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Das Video von dem Beitrag hat Bernhard Höll gemacht:



Via: Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit

23. Juli: Solidaritätsparty

Flyer
Am 1. Mai diesen Jahres fand in Heilbronn ein süddeutschlandweiter Naziaufmarsch statt. Ein großes Bündnis aus Antifagruppen, Gewerkschaften und Parteien hatte dazu aufgerufen, den Aufmarsch durch Blockaden und vielfältige Aktionen zu verhindern. Obwohl den Faschisten von einer Polizeiübermacht der Weg frei gemacht wurde, gelang es, mehr als tausend Menschen zu mobilisieren um ein deutliches Zeichen gegen Neonazis zu setzen. Da die Mobilisierung einiges gekostet hat soll mit dieser Party den Organisatoren finanziell etwas unter die Arme gegriffen werden.

Acts die auftreten:

• DiZZtorted KidZ
• AIRkhan
• Arne Hellström
• Jalava
• Fusznoten

Bereits am 21.7. gibt es in Tübingen eine Soliparty.

Treffen für Betroffene der Repression am 1. Mai in Heilbronn

Der schwarze Block in Heilbronn
Foto: woschod.de
Der mit massiven Polizeikräften durchgesetzte Naziaufmarsch am 1. Mai in Heilbronn hatte stundenlange Kesselungen und andere Repressionen gegen AntifaschistInnen zur Folge.

"Was den Tag zweifelsohne geprägt hat, war der eindeutig politisch motivierte Polizeieinsatz: in breiten Kreisen, bis hin zu vielen Passanten die lediglich zum HBF gelangen wollten, bestand Einigkeit darin, dass es um noch mehr ging als die Durchsetzung eines Aufmarsches von ein paar hundert Nazis. Die Flugblätter und Plakate der Polizei im Vorfeld, die dazu aufforderten sich nicht an Blockaden zu beteiligen, das fast schon bizarre Aufgebot an Polizeikräften selbst auf engsten Räumen, die vielen hundert Absperrgitter, das massive Vorgehen gegen Antifaschisten, die Beibehaltung des Kessels inkl. mehreren Angriffen auch noch lange nachdem die Nazis bereits wieder abgereist waren, die Verhinderung der linken Demonstration bei gleichzeitiger Bereitschaft, den Nazi-Aufmarsch um jeden Preis durchzusetzen, die rechtswidrige Behandlung der festgenommen Antifaschisten etc. machten eines offensichtlich: es sollte ein Exempel statuiert werden, die revolutionäre und antifaschistische Mobilisierung sollte massiv angegriffen und praktisch verhindert werden. Den Menschen, die es wagten sich an Blockaden zu beteiligen, die sich bewusst nicht auf die, nur von Wenigen besuchten Pseudo-Proteste von ein paar DGB-Funktionären und bürgerlichen Vereinen beschränkten, die gar an einer von revolutionären Gruppen geprägten Mobilisierung teilnehmen wollten, sollten mit aller Wucht getroffen werden. Das die Polizei im Vorfeld die Anwohner dazu aufrief, am 1. Mai doch einen Ausflug zu machen und Heilbronn zu verlassen, scheint im Nachhinein fast schon einen Grund darin gehabt zu haben, dass die Polizeirepression möglichst ungesehen zuschlagen konnte.

Die einzelnen Bereiche der schwierigen und zu großen Teilen gescheiterten Mobilisierung erfordern sicher ausführliche Analysen, die Rückschläge müssen genau diskutiert werden. Dennoch sind auch zumindest ein paar positive Aspekte hervor zu heben: Die Nazis haben mit ihrem Versuch den 1. Mai für ihre Propaganda zu vereinnahmen in Heilbronn wohl eher das Gegenteil bewirkt. Die revolutionäre und die antifaschistische Mobilisierung waren durch zehntausendfache und unterschiedliche Veröffentlichungen in ganz Süddeutschland wesentlich präsenter. Während bei den vergangenen Aufmärschen von Nazis in Heilbronn lediglich ein paar hundert Menschen protestierten, waren es diesmal mehr als 2000 -“ dies obwohl insbesondere von Funktionären des DGB um Bernhard Löffler darauf hingewirkt wurde, dass Gewerkschafter aus anderen Städten bei den lokalen Kundgebungen und Festen blieben.

Bei allen die den Polizeieinsatz einigermaßen richtig einschätzen, dürfte die Bereitschaft zukünftig noch mehr gegen diesen Apparat und das System, das solche Vorgehensweisen beinhaltet, aktiv zu werden, deutlich angewachsen sein."
(linksunten)

Am Dienstag, 19. Juli findet im Linken Zentrum Lilo Herrmann (Böblinger Str. 105, Stuttgart-Heslach) um 19 Uhr ein Koordinierungstreffen der Roten Hilfe Stuttgart statt. Bei dem Treffen soll ein gemeinsames Vorgehen gegen die Folgen am 1. Mai beraten werden. Dazu sind alle von den Repressionen betroffenen eingeladen.

Einladung und weitere Infos der Roten Hilfe.

Ora e sempre NO TAV!

Das Susatal, fotografiert von der Abtei St. Michael aus
 Foto: Fotogian on it.wikipedia
Lizenz: Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported
Sabine Bade und Wolfram Mikuteit haben in ihrem Blog einen sehr lesenswerten und mit Fotos illustrierten Beitrag zu den Protesten im Val di Susa - dem Susatal verfasst: "(...) In der Nacht zum 27.Juni 2011 rückten ca. 2.000 aus allen Landesteilen zusammengezogene Ordnungskräfte vor, gingen mit Wasserwerfern und Tränengas gehen die Besetzer der Maddalena vor und „zerstreuten“ die Demonstranten.

Am Morgen danach gingen die immer selben Fotos von Steinewerfern einerseits, verletzten Einsatzkräften andererseits durch die Medien -“ auch in Deutschland. Wir lasen die Sonderausgabe der Ortspresse „La Valsusa“ und kamen zu deutlich anderen Einschätzungen. Am nächsten Tag nahmen wir an einer spontan angesetzten Fiaccolata teil, einem Fackelzug durch Susa. Ein aus unserer Perspektive nicht endenwollender Protestzug wand sich, Volksfeststimmung verbreitend, durch die Stadt, allen voran wieder Bürgermeister und Vertreter der Comunità Montana. Später hörten wir, dass sich dazu über 15.000 Menschen aus dem ganzen Tal zusammengefunden hatten. Müssen wir noch extra betonen, dass es sich um eine ausgesprochen friedliche Veranstaltung handelte? (...)"


Siehe auch unsere weiteren Beiträge zum Val di Susa:



Links zu verschiedenen Initiativen gegen den TAV:

Auch unter Rot / Grün hört die Repression und Kriminalisierung von S21 GegnerInnen nicht auf

Zur Zeit wird das Büro der Parkschützer durchsucht. Begründung ist offenbar die Suche nach Material in Zusammenhang mit der Enttarnung eines anscheinend bewaffneten Polizeibeamten in Zivil im Anschluss an die Montagsdemo vom 20. Juni. Dazu ein kleiner Medienspiegel und der Hinweis auf die Großdemo am Samstag - eine gute Gelegenheit diesen Spaltungs- und Kriminalisierungsversuch zurückzuweisen:

"Der Staat ist ein Heide" - mit dem Strumpf überm Kopf!

Franz von Bourbon, König von Frankreich, hatte Karl V. - der ihn besiegt hatte - bei seiner Seligkeit geschworen, freiwillig in die Gefangenschaft zurückzukehren. Kaum wieder in Frankreich, sagte er sich vom Eid los mit der Begründung: "Der Staat ist ein Heide". Damit schuf er neben sich als sterblicher Person ein unsterbliches Wesen, an das moralische Ansprüche nicht gestellt werden durften: den STAAT. Dieser sollte einfach nach seinem Vorteil handeln, ohne sich um Rittersitten und höheres Ethos zu kümmern.

Dass nach diesem Muster seither verfahren wurde, ist unbestreitbar. Es handelt sich da um das, was Merkel unnütz im Munde führt: Staatsraison. Maßnahmen, die der Macht des Gemeinwesens dienen. Lug und Trug, Bestechung und Erpressung, schließlich Waffengewalt - alles darf - muss - herhalten, wenn es um Machterweiterung geht.

Soweit nichts Besonderes - und von allen Gemeinwesen befolgt, solange sie sich als Staaten verstehen. Wesen außerhalb der gängigen Moral.

Darum handelt es sich selbstverständlich auch bei den Panzerlieferungen an Saudi-Arabien - besonders geeignet für den Häuserkampf und das Niederwalzen empörter Massen auf den Straßen, wie die Krauss-Maffei stolz verriet.

Die Befragung der Regierung verlief nach den Regeln des Kaspertheaters. Gab es überhaupt eine Lieferung? Gab es jemals eine Sitzung des Geheimen Rates, der die Lieferung genehmigte? Das konnte leider nur im strengsten Konjunktiv besprochen werden. Schwankend zwischen Irrealis und Optativ. Wenn es denn eine Zusage gegeben hätte, wäre diese auch in Rücksicht auf Arbeitsplätze erfolgt? Usw.

Die Opposition wetterte. Mit vollem Recht. Trittin geißelte Niedertracht und Schamlosigkeit einer Regierung, die den schlimmsten Unterdrückern beisprang, Handabhackern, Auspeitschern.

Dass die Schröders und Fischers die Geheimhaltung zu ihrer Regierungszeit eingeführt hatten, bekamen wiederum sie um die Ohren gehauen. Also - was sollten zwei Stunden Geschrei?

Tatsächlich. Staatsraison. Ganz ohne die geht es nicht, solange Staaten kultiviert werden. Siehe oben. Die Abmachungen zwischen Stalin und Hitler als verhängnisvolles Beispiel dafür. Und ein Beweis, dass es beim Streit um Abkommen nicht um einen zwischen rechts und links gehen kann.

Trotzdem: das Ärgernis bleibt. Warum? Wegen der Verlogenheit eines Regierungshandelns, bei dem am Sonntag den Gefallenen im Bürgerkrieg nachgeschluchzt wird, um am Montag die Schlächtermeister aus übergeordneten Gründen zu umarmen. Friedrich II. von Hohenzollern und Bismarck handelten skrupellos wie Franz I. Aber sie standen dazu. Es gab dazwischen keine öffentliche Seelenreinigung. Der heutige angeblich demokratische Staat, dem Willen des Parlaments unterwürfig, bringt den Mut zu seinen Prinzipien nicht mehr auf. Da kriegt in den Feieransprachen jede Handlung einen Heiligenschein  auf die Fratze gedrückt. Alles geschieht fürs Gute, Schöne, Wahre. Am nächsten Tag wird hemmungslos bestochen und erpresst. Die grundsätzliche Verlogenheit der Tugendbolde, die uns regieren, macht sie verächtlicher als alle ihre Vorläufer. Die Gewissheit, dass die heiligsten Bekenntnisse heutzutage nichts sind als Gurgeln im Gebläse.

Die Ankläger der Regierung sind nicht besser als die Regierung selbst. Sie handelten wie diese - und werden weiter so handeln. Insofern: Alles Theater?

Dann nicht, wenn der heuchlerische Aufschrei zu Ende gedacht wird. Dahingehend, dass das Unglück am Staatswesen selber haftet. Am Gesetz, das man erst fabriziert, um es im nächsten Augenblick als unveränderlich zu verehren. Devot vor dem eigenen Machwerk. Damit die Ausrede Staatsraison nicht mehr zieht, muss der Staat als Organisationsform selber fallen. Bis dahin wird es noch viele Aufführungen der entflammten Empörung geben - und aller zugedeckten Scham.

Val di Susa: Solidaritätserklärung des S21 Blockiererfrühstücks an die NoTAV Bewegung

Proteste gegen den TAV im Val di Susa am 6. November 2005
Foto: Ocelon1444 / wikipedia.it
Lizenz: GNU Free Documentation License, Version 1.2
Gestern wurden die Blockaden im Val di Susa gegen das TAV Projekt mit Wasserwerfern und Tränengas geräumt. Heute morgen hat das Blockierfrühstück am Grundwassermanagement in Stuttgart einmütig eine Solidaritätserklärung für die AktivistInnen im Susatal verabschiedet:

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
wir sind entsetzt über die erneute Polizeigewalt gegen eure beeindruckende Bewegung: das riesige Polizeiaufgebot, die Wasserwerfer, das Tränengas, die Zerstörung der Mahnwache. Uns erinnern die Berichte, die wir erhalten an unsere schlimmsten Erlebnisse, an den „schwarzen Donnerstag“ am 30. September 2010.
Aber die Informationen, die wir bisher bekommen haben über Aktionen wie Straßenblockaden und Proteststreiks machen uns zuversichtlich, dass ihr euch durch die erneute Polizeigewalt genauso wenig klein kriegen lasst wie wir nach dem 30.9. und wie ihr selbst bei verschiedenen Gelegenheiten. Unser Protest hat nach dem 30. 9. seine größten Demonstrationen mit über 100.000 TeilnehmerInnen erlebt, ihr habt 2005 ein von der Polizei in einem brutalen Einsatz besetztes Gelände mit einer entschlossenen Massenaktion wieder befreien können. Wir sind zuversichtlich, dass ihr auch auf diese Polizeigewalt eine angemessene Antwort finden werdet.

Wir werden euren Kampf in Stuttgart weiter bekannt machen und hoffen, mit vielen AktivistInnen zu eurem Forum von 26. bis 30. August zu kommen. Wir denken, dass wir viel von euren Erfahrungen lernen können. Zum Beispiel sind Gewerkschaften, die zu Streiks gegen Stuttgart 21 aufrufen, für uns noch Zukunftsmusik.

Unsere Proteste haben viele Gemeinsamkeiten. Unter anderem haben wir es beide mit Gegnern zu tun, für die die besseren Argumente und die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Umwelt nicht zählen, sondern nur Macht und Profite -“ und die deshalb immer neue Anläufe unternehmen, ihre zerstörerischen Projekte gegen den Widerstand der Bevölkerung durchzusetzen. Wir wünschen euch und uns den erforderlichen langen Atem.

Alle gemeinsam gegen zerstörerische Großprojekte
Oben bleiben!

Wer die Macht hat, hat das Recht: BGH bestätigt Urteil gegen Kriegsgegner im militante-gruppe-Prozess

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung von drei Berliner Antimilitaristen bestätigt. Das Urteil des Berliner Kammergerichts vom Oktober 2009 gegen Axel H., Florian L. und Oliver R. wegen versuchter Brandstiftung an Bundeswehr-LKW und Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg) in Höhe von 3 und 3,5 Jahren ist damit rechtskräftig.

„Wer die Macht hat, hat das Recht“, kommentiert Arthur Schüler vom Solidaritätsbündnis für die Einstellung der §129-Verfahren den BGH-Beschluss. Er ist von dem Ergebnis nicht überrascht: „Wir haben mit dieser Entscheidung gerechnet. Noch nie wurde ein politisches Urteil des Berliner Kammergerichts vom BGH aufgehoben.“

Die Verurteilung erfolgte nach §129 StGB, der die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung unter Strafe stellt. Der Paragraf gehört wie die §129a und 129b zum politischen Strafrecht der BRD und ermöglicht eine Verurteilung auch ohne konkrete Tatbeteiligung. Menschenrechtsorganisationen und Politiker aus SPD (Jusos), Grüne (Hans-Christian Ströbele) und Linke (Ulla Jelpke) fordern deshalb die Abschaffung dieser Paragrafen. Die Rechtsanwälte der Angeklagten hatten den Indizien-Prozess wiederholt als unfair charakterisiert und deshalb auf ihre Plädoyers verzichtet.

Oliver R., einer der drei Betroffenen, äußert sich anlässlich der BGH-Entscheidung: „Widerstand, der sich gegen die Gewalt des Krieges, die Kriegswirtschaft sowie das Militär richtet, um eine Situation der Besatzung, die Ermordung von Zivilisten und Zivilistinnen und die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen zu unterbinden, bleibt nach wie vor legitim.“

Arthur Schüler kritisiert die deutsche Rechtsprechung als doppelzüngig: „Während durch ein Bombardement auf Tankwagen in Kundus im September 2009 etwa 140 Menschen starben -“ und die Verfahren gegen den verantwortlichen Bundeswehr-Oberst Georg Klein eingestellt wurden -“, müssen Kriegsgegner mehrjährige Haftstrafen absitzen, die durch eine konkrete Abrüstungsinitiative Kriegsgerät unschädlich machen wollten.“

Mit der BGH-Entscheidung vom 3. Mai, die den Betroffenen dieser Tage zugestellt wurde, hat der 3. Strafsenat des Karlsruher Gerichts die Revision der Angeklagten gegen das Urteil abgelehnt (Aktenzeichen: 3 StR 277/10). In dem zehn-seitigen Beschluss rügt der BGH sowohl den Staatsschutzsenat des Kammergerichts wegen Verletzung seiner Aufklärungspflicht, als auch die Bundesanwaltschaft (BAW) wegen eines Organisationsverschuldens: Das oberste Berliner Strafgericht hätte, laut BGH, die Bundesanwältin Vanoni als Zeugin laden müssen, um aufzuklären, warum sie ohne richterlichen Beschluss Hausdurchsuchungen bei den Beschuldigten angeordnet hat. Die Anwälte werden Rechtsbehelfe gegen den BGH-Beschluss einlegen. (Anhörungsrüge, Gegenvorstellung oder Verfassungsbeschwerde haben aber keine aufschiebende Wirkung.)

Quelle: Pressemitteilung Einstellungsbündnis

Das Einstellungsbündnis bittet weiterhin um Geldspenden für anstehende Rechtsmittel und Haft auf eines der beiden folgenden Konten:
- Thomas Herzog, Postbank Essen, Konto-Nr.: 577 701 432, BLZ: 360 100 43, Verwendungszweck: Sonderkonto
- Rote Hilfe e.V., GLS-Bank, Konto-Nr.: 4007 238 317, BLZ: 430 609 67, Verwendungszweck: Repression 31.7.2007

Mehr Information:

Val di Susa: "Wie im Krieg, fehlt bloss noch der Luftangriff"

Wir hatten hier und dort über die Situation im italienischen Susatal berichtet. Seit 20 Jahren protestieren die BewohnerInnen dort gegen ein Hochgeschwindigkeitsnetz, das zwischen Turin und Lyon für 20 Milliarden Euro gebaut werden soll. Vor kurzem erreichte uns eine Mail zur Mahnwache an der Maddalena. Heute früh wurde nach einer Demonstration mit 3000 TeilnehmerInnen geräumt:

"Liebe Freunde,
heute früh um 6 sind sie gekommen, mit Wasserwerfern und Tränengas, mit Wannen und Planierraupen. Unsere Barrikaden haben so einem Aufgebot nicht standhalten können. Sie haben von 3 Seiten angegriffen und sind mittlerweile auf dem Platz wo unsere Mahnwache war. Nach meinen Informationen (meine BI ist fast komplett an der Maddalena) gab es bisher keine Verletzte. Die vielen Hunderte von NO TAV versuchen im Augenblick, sich zu sammeln, nachdem sich alle mehr oder weniger im Wald zerstreut hatten, um sich zu beraten. Die Bürgermeister vor Ort, zusammen mit den Rechtsanwälten, scheine zu verhandeln, aber wir wissen ja, was das bringt. In der Zwischenzeit ist der Verkehr im Tal offensichtlich, zumindest weiter oben, blockiert, die Autobahn ist von der Polizei geschlossen.

Wie im Krieg, fehlt bloss noch der Luftangriff.

A sarà düra!
S.
"

Videos des heutigen Tages:



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