Skip to content

Dokumentation: Berta Cáceres ist nicht gestorben - sie hat sich vervielfacht!

"In der Nacht zum 3. März 2016 wurden die compañera Berta Cáceres, Gründerin und Hauptkoordinatorin des Zivilen Rats der indigenen und Basisbewegungen Honduras COPINH sowie der compañero Gustavo Castro, Mitglied der Organisation Otros Mundos Chiapas, Mexiko Opfer von Waffengewalt, die den Tod von Berta und schwere Verletzungen von Gustavo zu Folge hatte.

Verantwortlich für den Mord sind die Firma DESA sowie die nationalen und lokalen Regierungen und die Repressionsorgane des Staates, die hinter den ausbeuterischen Projekten stehen, die sie in der Region vorantreiben.

Dieser Dokumentarfilm will die Wahrheit und Hintergründe zum Mord zeigen, ganz im Gegensatz zu dem, was uns die Regierung und die Medien von Honduras glauben lassen wollen.

Wir rufen die nationale und die internationale Solidarität auf, Eilaktionen zu realisieren, um Druck auf die honduranische und die mexikanische Regierung auszuüben und die Sicherheit von Gustavo Castro und aller Mitglieder von COPINH zu fordern.

Protestbriefaktion der Hondurasdelegation

Eilaktion von Amnesty International

Petition von Oxfam

Außerdem bitten wir euch, die Spendenaktion für COPINH zu unterstützen, den die Honduras-Delegation und das Ökumenische Büro München veröffentlicht haben."

Ausnahmezustand Demokratie: Aktuelle Situation in der Türkei und die Rolle Deutschlands

Die Türkei droht in einem Chaos zu versinken. Staatliche Sicherheitskräfte gehen gegen jegliche Opposition vor - sei es gegen KurdInnen, Frauen, Akademikerlnnen, Intellektuelle oder Gewerkschaften.

Doch gegen die staatliche Repression bildet sich ein breiter Widerstand. So gingen über 2000 Akademikerlnnen mit einer Kampagne für Frieden und Demokratie an die Öffentlichkeit, die über die Landesgrenzen hinaus Gehör fand. So hat sich in Deutschland eine Reihe von Hochschulangehörigen zusammengeschlossen, um sich mit den Akademikerlnnen in der Türkei zu solidarisieren.

Die Entwicklungen in der Türkei sind eng verflochten mit der allgemeinen Lage im Nahen Osten. Dazu reiht sich auch die Rolle der deutschen Bundesregierung in puncto Waffenexporte wie auch in der Zusammenarbeit mit der AKP - Regierung im Zuge der Flüchtlingsströme nach Europa.

Zu Recht wird die Frage immer lauter: Quo vadis Türkei? Wohin steuert die Türkei? Wie können wir Solidarität mit der Friedens- und Demokratiebewegung konkret gestalten? Diese und andere Fragen möchten wir mit eingeladenen Expertlnnen diskutieren.

Ausnahmezustand Demokratie
"Aktuelle Situation in der Türkei und die Rolle Deutschlands"

21.04.2016 um 18.00 Uhr

Ort: ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg
Theodor-Heuss-Straße 2, T0174 Stuttgart

mit
- Prof. Dr. Christine Huth- Hildebrand (Professorin, FH sr.-mkıufrı
- Tobias Pflügerıııvıı, Paneivorsıand Dıs Lımm
- Düzgün Altun (DIDF Bundesvorstand)

Moderation: Sidar Carman

Veranstalter: DIDF Stuttgart; Arbeitskreis Stuttgart 21 ist überalI; Friedensnetz BW; Friedensnetz Nord; ver.di Migratonsausschuss Stuttgart; GewerkschafterInnen gegen Stuttgart 21; Die Linke Stuttgart

"Das Volk lacht das Militär aus" (A.M.O.K.)

Foto: Monika von Wegerer
"Hosenscheißende Offiziere, geifernde Armeegeistliche, schreckliche Marinerichter, ein ABC Schutzmasken-Ballett, jagende Feldjäger, kamellenschießende Nato-Generäle und andere Jecken" begleiteten eine Parade von 3.000 Wehrkraftzersetzern, Deserteuren und Trümmerfrauen am 3. Oktober 1996 durch Berlin. Ein Fotorückblick von Monika v. Wegerer.

"Mit einem neuen Paragraphen soll die "Verunglimpfung der Bundeswehr" bestraft werden, um so doch noch das Tucholsky-Zitat: "Soldaten sind Mörder" zu verbieten. Erstmals dieses Jahr ist die Zahl der Kriegsverweigerer höher als die der Rekruten, mit steigender Tendenz, und in Bonn diskutiert man erschreckt Gegenmaßnahmen. Bundespräsident Herzog meint "um deutsche Interessen zu verteidigen, reicht das Scheckbuch nicht, sondern es ist auch der Einsatz von Laib und Leben gefordert" (Frankfurter Rundschau,14. März 1995).

Es soll wieder selbstverständlich werden, dass Deutsche überall in der Welt töten und sterben. Dagegen laufen wir AMOK. Die Jubelparade -š96' durch das Brandenburger Tor soll kein Trauermarsch sein, sondern ein karnevalesker und fröhlich-anarchischer Ausdruck des zivilen Ungehorsams gegen die Militarisierung der Gesellschaft, eine Demonstration der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung, die keine Armee und Kriege mehr will. (das antimilitarische Oberjubel K.O.M.I.T.E.E. Amok - Flugblatt zur Ankündigung der Parade)

Weitere Informationen:

Via Umbruch Bildarchiv Berlin

Ostermarsch: Aufruf unterstützen!

Wir rufen auch dieses Jahr zur Unterstützung des Aufrufes des Friedensnetzes Baden Württemberg zum diesjährigen Ostermarsch auf:

Fluchtursache Krieg bekämpfen!
Kriegseinsätze sofort beenden!

Millionen Menschen fliehen vor Krieg, Zerstörung, Gewalt, Diskriminierung und Armut.
Der Hauptgrund, aus dem sie fliehen, sind Kriege und die Folgen dieser Kriege in ihrer Heimat. Die Mehrheit der Flüchtlinge kommt aus dem zerschlagenen Jugoslawien, Afghanistan, dem Irak, und Syrien, genau jenen Ländern, gegen die Natostaaten Krieg führten oder führen.

Die Bundeswehr ist fast überall dabei.

• In Jugoslawien führte auch die Bundeswehr 1999 gemeinsam mit der Nato jenen Krieg, der die heutigen Verhältnisse der Verelendung und schwer erträglichen Lebensbedingungen hinterlassen hat.

• In Afghanistan führt die Bundeswehr seit 2001 bis heute Krieg.

• Gegen den Irak führten die USA und ihre „Willigen“ 1991 und 2003 Krieg auch von ihren Stützpunkten von deutschem Boden aus. Seit 2015 ist auch die Bundeswehr dabei und bildet kurdische Peschmerga an den von ihr gelieferten modernen Waffen aus.

• Seit 2013 ist der Krieg in Syrien ein von außen bewaffneter Bürgerkrieg unter dem erklärten Ziel des Regimewechsels. Von Anfang an mischten sich maßgeblich Golfstaaten, die Türkei und die USA mit Finanzierung, Waffenlieferungen und Geheimdienstoperationen ein. Die Bundeswehr beteiligte sich ebenfalls mit der Stationierung von Flugabwehrsystemen (angeblich zum Schutz der Türkei) im Rahmen der NATO. Heute tobt dort ein internationaler Krieg. Westliche Staaten und Russland fliegen täglich Bombenangriffe. Die Zahl der Akteure und ihre Interessen sind kaum durchschaubar.

Die Terrormiliz Islamischer Staat kontrolliert große Teile Syriens und des Iraks und nun wohl auch Libyens. Die Bevölkerung ist zu Millionen als Flüchtlinge in der Region und nun auch Richtung Europa unterwegs.

Seit Dezember 2015 beteiligt sich die Bundeswehr mit Tornado Zielerfassungsflügen, der Luftbetankung von Kampfjets und einer Fregatte am Krieg.

Gleichzeitig unterstützt die Bundesregierung die Türkei mit Geld und Waffenlieferungen, damit diese im Gegenzug die Flüchtlingsabwehr für Europa übernimmt. Damit erhält Erdogan auch noch freie Hand für seine Kriegspolitik gegen die eigene Bevölkerung in den kurdischen Gebieten.

• Auch Libyen wurde von Staaten der EU und der USA mit Unterstützung von Flugplätzen und militärischer Infrastruktur in Deutschland 2011 zerbombt. Krieg und Militärintervention auch der Bundeswehr in Mali waren eine der Folgen. Libyen selbst ist völlig destabilisiert, auch hier breitet sich der „islamische Staat“ aus. Seit Januar 2016 ist dort ein weiterer Bundeswehreinsatz geplant.

• Auch in der Ukraine wurde ein Krieg vom Zaun gebrochen. Die Unterstützung des Westens für einen Regierungswechsel hat dort die Gefahr einer Konfrontation mit der Atommacht Russland verschärft.

Das Ergebnis all dieser „Militäreinsätze“ der letzten 20 Jahre ist eine Geschichte des Massensterbens, der Zerstörung, Verwüstung und sozialen Verelendung ganzer Regionen. Mit keinem dieser Kriege wurden irgendwelche Fortschritte für Menschenrechte, Demokratie oder ein besseres Leben der Menschen erzielt.

Der Zug der Flüchtlinge nach EU-Europa beweist das Gegenteil.

Er zeigt aufs Neue, dass Krieg ein Verbrechen ist, für das es keine Rechtfertigung gibt.Auch eine „Exportnation“ muss keine Waffen und Krieg exportieren. Das Völkerrecht und das Grundgesetz verbieten es, „Märkte und Rohstoffe“, mit militärischen Mitteln zu sichern.
Die deutsche Vergangenheit verbietet es in besonderem Maße, „Verantwortung“ mit militärischen Mitteln wahrzunehmen, wie es der amtierende Bundespräsident immer wieder fordert.

Kriegseinsätze beenden!
Die Bundeswehr hat in Afghanistan, im Irak, in Syrien, in Mali, im Sudan und anderswo nichts zu suchen!
Wir fordern ein Ende der militärischen Kooperation mit der Türkei.

NATO auflösen!
25 Jahre nach dem Ende der Blockkonfrontation hat die NATO jede Rechtfertigung als Verteidigungsbündnis verloren. Sie ist ein reines Kriegs- und Interventionsbündnis.

Bundeswehr abrüsten!
eingesparte Rüstungsmilliarden werden für Erhaltung und Ausbau der Sozialsysteme und für die Beseitigung von Fluchtursachen in aller Welt gebraucht.

Auch von Baden-Württemberg und Stuttgart muß Frieden ausgehen!
Die US Kommandozentralen AFRICOM und EUCOM, die Drehscheiben für die meisten geschilderten Kriege sind und waren, müssen geschlossen werden!

Grenzen öffnen für Menschen - Grenzen schließen für Waffen
Deutschland hat 2014 die Kriegswaffenexporte um 60 % auf 3.4 Milliarden € gesteigert und ist damit der viertgrößte Waffenexporteur der Welt. Sechzig Prozent dieser Exporte gehen außerhalb der NATO in Regionen, in denen Menschenrechte mit Gewalt unterdrückt werden -“ unter Missachtung eigener Export-Richtlinien. Wir wollen keine Rüstungsexporte.

Das Asylrecht muß erhalten und gestärkt werden! Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern muß es uneingeschränkt gewährt werden!

Zivile Produktion statt Rüstungsexporte
Die Konversion von Rüstungsproduktion ist nötig, ebenso wie das Ende von militärischer Forschung an den Hochschulen.

Friedensbildung statt Militarisierung
Die Bundeswehr wirbt verstärkt in Bildungseinrichtungen -“ nicht nur in Schulen, sogar schon in Kindergärten. Aber auch bei Ausbildungsmessen, in Arbeitsagenturen, in Medien und bei Volksfesten wird um Nachwuchs und für Zustimmung für die von ihr geführten Kriege geworben. Wir fordern Schluss mit dem Werben fürs Sterben. Wir fordern eine sofortige Kündigung der Kooperationsvereinbarung der Bundeswehr mit den Baden-Württembergischen Kultusministerium von der neuen Landesregierung. Jugendoffiziere haben an Schulen und Lehrausbildung nichts zu suchen.

Für eine Welt ohne Massenvernichtungswaffen
Atomare, biologische und chemische Waffen lehnen wir strikt ab, erst recht die vorgesehene Aufrüstung der Atomwaffen in Büchel. Auch die friedliche Nutzung der Atomenergie gefährdet unsere Zukunft. Zur Energiewende und einer Ressourcen schonenden Wirtschaftsweise gibt es keine Alternative. Nachhaltiges Wirtschaften und eine gerechte Weltwirtschaftsordnung sind auch Friedenspolitik.

Wir schulden der Welt keine Soldaten
Nur eine aktive Friedenspolitik gepaart mit fairem Welthandel kann Kriege und Elend vermeiden!

Der Ostermarsch findet am Karsamstag, den 26. März in Stuttgart statt und beginnt um 12 Uhr beim Karrierezentrum der Bundeswehr, Heilbronnerstr. 188 U-Haltestelle Löwentorbrücke, U 6, U7, U 15 vom Hauptbahnhof Richtung Gerlingen, Mönchfeld, Stammheim

Wir bitten Euch nun darum, zu prüfen, ob Eure Gruppe oder Organisation oder Ihr als Einzelperson, den Aufruf zum Ostermarsch unterstützen wollt.

Wie in jedem Jahr ist die Bitte um eine Unterschrift verbunden mit der Bitte um finanzielle Unterstützung entsprechend Euren Möglichkeiten.

Als Faustregel gilt dabei:
Einzelpersonen € 10
örtliche Gruppen/ Initiativen € 25
überregionale Organisationen € 125

Ich wir unterstützen den Aufruf zum Ostermarsch in Stuttgart
und tragen mit ........ € zur Finanzierung der Aktion bei.

Name der Organisation oder Einzelperson:

ggf. Funktion:

Adresse:

email:

Friedensnetz Baden Württemberg
Spreuergasse 45
70372 Stuttgart
tel 0711 6368240 fax 0711 600718
buero@friedensnetz.de

Informationen zur Bankverbindung

Die AfD in Baden-Württemberg: Eine Rechtsaußen-Partei in den Fußstapfen der Republikaner

Erste Seite des Flugblattes, Download durch Anklicken
Ein aktuelles Flugblatt der VVN-BdA Landesvereinigung Baden Württemberg beschäftigt sich ausführlich mit der AfD Baden-Württemberg:

"Die „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist die derzeit stärkste parteipolitische Kraft rechts von der CDU/CSU. Sie hat damit eine realistische Chance auf den Einzug in den Landtag. Bereits jetzt verfügt die AfD auch in Baden-Württemberg trotz der Parteiaustritte nach dem Parteitag in Essen im Juli 2015 über Dutzende Mandate auf regionaler Ebene. Im Gegensatz zur AFD haben die „Republikaner“, die NPD, die radikal-neoliberale „Partei der Vernunft“, die AfD-Abspaltung ALFA, EinzelkandidatInnen von PEGIDA oder das christlichfundamentalistische „Bündnis C“ kaum eine realistische Aussicht auf den Einzug in den Landtag.

Allerdings würde diese Parteien ein Überspringen der 1%-Hürde in den Genuss staatlicher Parteien-Finanzierung bringen, und sie können mit Plakaten in der Wahlkampfzeit ganz legal in der Öffentlichkeit Werbung für ihre reaktionären oder menschenverachtenden Botschaften machen.

(...)"

erhältlich als PDF Datei zum Ausdrucken oder bei

VVN - Bund der Antifaschisten
Landesvereinigung Baden-Württemberg e.V.
Böblinger Str. 195
70199 Stuttgart
tel 0711 603237 fax 0711 600718

Walter Mehring: „Der Emigrantenchoral"

Werft eure Herzen über alle Grenzen!
Und wo ein Blick grüßt, werft die Anker aus!
Zählt auf der Wandrung nicht nach Monden und nach Lenzen.
Starb eine Welt, ihr sollt sie nicht bekränzen!
Schärft das euch ein und sagt "wir sind zu Haus!"
Baut euch ein Nest! Vergeßt! Vergeßt
Was man euch aberkannt und euch gestohlen!
Kommt ihr von Isar, Spree und Waterkant
Was gibts da heut zu holen?

Die ganze Heimat und
Das bißchen Vaterland
Die trägt der Emigrant
Von Mensch zu Mensch
Von Ort zu Ort
An seinen Sohlen
In seinem Sacktuch
Mit sich fort.

Tarnt euch mit Scheuklappen, mit Mönchskapuzen!
Den Schädel drunter wird man euch zerbeuln!
Ihr seid gewarnt: Das Schicksal läßt sich da nicht uzen.
Wir wolln uns lieber mit Hyänen duzen
Als drüben mit dem Volksgenossen heuln!
Ich hört' sie schrein und sagte: Nein!
Floh aus dem Land auf leisen Sohlen.
Sie hätten dir, so sagte mein Verstand
"Die Fahne hoch" zu singen, Gott, befohlen.

Doch solche Heimat und
Ein solches Vaterland
Das trägt kein Emigrant
Von Mensch zu Mensch
Von Ort zu Ort
An seinen Sohlen
In seinem Sacktuch
Mit sich fort.

Werft eure Hoffnung über neue Grenzen!
Reißt euch die alte aus wie'n hohlen Zahn!
Es ist nicht alles Gold, wo Uniformen glänzen!
Solln sie verleumden, sich vor Wut besprenzen -
Sie spucken Haß in einen Ozean!
Laßt sie allein beim Rachespei'n!
Bis sie erbrechen, was sie euch gestohlen!
Häuser und Äcker, Berg und Waterkant
Der Teufel mag sie holen!

Die ganze Heimat und
Das bißchen Vaterland
Die trägt der Emigrant
Von Mensch zu Mensch
Landauf, landab
Und wenn sein Lebensvisum abläuft
Mit ins Grab

Walter Mehring, 1933

Zur aktuellen Situation der eingeschlossenen Schwerverletzten in Cizîr/Nordkurdistan

Kein Lebenszeichen seit vier Tagen -“ 19 Schwerverletzte eingeschlossenen in Kellerräumen -“ Türkischer Innenminister Efkan Ala: „Das Säubern von Gräben und Löchern und die Beseitigung von Minen ist zu 99 Prozent abgeschlossen.“



Seit vier Tagen gibt es kein Lebenszeichen der eingeschlossen Menschen, die sich mutmaßlich noch im Keller eines seit zwölf Tagen vom türkischen Militär belagerten Wohnhauses in Cizîr (Cizre), Provinz Åžirnex (Şırnak) in Nordkurdistan (im Südosten der Türkei) befinden. Am 22. Januar wurde das Wohngebäude mit Mörsergranaten durch das türkische Militär angegriffen. Berichten zufolge sollen dabei 28 Menschen im Keller des Gebäudes eingeschlossen worden sein, 19 wurden dabei schwer verletzt. Mindestens sieben Opfer sind an ihren Verletzungen bereits gestorben, da eine medizinische Versorgung durch „türkische Sicherheitskräfte“ verhindert worden sei; Krankenwagen wurden wiederholt aufgehalten. Das Gebäude steht seither regelmäßig unter Raketenbeschuss. Dadurch wurde mittlerweile das zweite und dritte Stockwerk des Gebäudes zum Einsturz gebracht.

Wurden die Eingeschlossen hingerichtet?

Nun sind Bilder von AKP-nahen Twitteraccounts aufgetaucht, die acht augenscheinlich hingerichtete Menschen zeigen und Vermutungen aufkommen lassen, dass die Eingeschlossen hingerichtet wurden. Bereits am Montag, 01.02.2016, waren in den Straßen von Cizîr sechs Leichname entdeckt worden, deren Autopsie noch nicht abgeschlossen sei. Berichten zufolge seien zwei der Leichname komplett verbrannt gewesen.

UN mahnen: fundamentale Rechte von Zivilisten wahren

Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein hatte am Montag, 01.02.2016, die Türkei aufgefordert, fundamentale Rechte von Zivilisten in Cizîr zu beachten. Anlass war ein Video, das unbewaffnete Zivilisten zeige, die beim Transport von Toten über eine Straße beschossen würden. Gefilmt wurde das Video von Refik Tekin, der selbst verletzt worden sei. Ihm drohe laut Medienberichten eine Haftstrafe.

Schwerverletzte sind eingeschlossen in Kellerräumen und der türkische Innenminister spricht vom Säubern von Gräben und Löchern

Unterdessen kündigte die türkische Regierung laut hurriyetdailynews.com an, dass die „military operations against militants of the outlawed Kurdistan Workers-™ Party (PKK)“ in einigen Tagen abgeschlossen sein würden. Der türkische Innenminister sagte demnach Reporten am 2. Februar: „In Cizre, the cleaning of ditches and holes and eliminating of mines has reached 99 percent.- [„Das Säubern von Gräben und Löchern und die Beseitigung von Minen ist zu 99 Prozent abgeschlossen.“].

Die Situation in Cizîr zeigt das brutale Vorgehen des türkischen Militär gegen die kurdische Bevölkerung unter dem Deckmantel der PKK-Bekämpfung

Die Situation der eingeschlossenen Schwerverletzten in Cizîr offenbart beispielhaft das Vorgehen der türkischen Regierung gegenüber der kurdischen Bevölkerung. Vor sechs Monaten hatte die türkische Regierung ihre Friedensgespräche mit der Kurdischen Arbeiterpartei PKK abgebrochen. Seither wurden hauptsächlich von Kurden bewohnte Städte im Südosten der Türkei/Nordkurdistan mit schweren Kriegswaffen des türkischen Militärs, darunter Panzer und Kampfhubschrauber, angegriffen. Eine freie Berichterstattung ist kaum möglich, da Berichten zu folge zahlreiche Journalistinnen, aber auch Rechtsanwältinnen und Oppositionelle, in Haft genommen sein sollen. In diesem Zusammenhang ist von 560 Fällen von Folter die Rede. Staatspräsident der Türkei Erdogan und der Ministerpräsident Davutoglu, kündigten an, den Krieg gegen die Kurden solange fortzuführen, bis die PKK „vernichtet- und die Städte „gesäubert- seien.

Anmerkung: Dieser kurze Bericht stellt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aufgrund der schwierigen Nachrichtenlage ist es kaum hinreichend möglich, die vorliegenden Informationen umfassend zu überprüfen. Es soll hier lediglich ein grober Überblick über die Situation der eingeschlossenen Schwerverletzten in Cizîr (Cizre), in Nordkurdistan (im Südosten der Türkei), gegeben werden.

Quellen und Links:

1. Informationen zur Entwicklung seit Juli 2015 und ein Appell an die deutsche Bundesregierung:

Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit Civaka Azad: http://civaka-azad.org/6664-2/

Den Appell „Stoppt den Krieg in Kurdistan!“ unterzeichnen: http://www.kurdistankrieg-stoppen.de/

2. Pressemitteilung des Civaka Azad -“ Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V., 03.02.2016

Sind die eingeschlossenen Menschen in Cizre hingerichtet worden?

Während seit nunmehr vier Tagen kein Lebenszeichen der 19 verletzten Menschen, die in dem Keller einer Wohnung in Cizre festsitzen und vom türkischen Militär belagert werden, an die Öffentlichkeit drängt, tauchten nun auf AKP-nahen Twitteraccounts Bilder von acht Personen auf, die augenscheinlich hingerichtet wurden...

3. Artikel auf neues-deutschland.de vom 03.02.2016

Türkei verwehrt weiter Zugang zu Schwerverletzten in Cizre

Ärzteorganisation IPPNW fordert, elementare Regeln des Kriegsrechts einzuhalten / Kontakt zu Eingeschlossenen in einem Keller seit Montag abgebrochen

Die Ärzteorganisation IPPNW hat die türkische Regierung aufgefordert, die Blockade der kurdischen Stadt Cizre im Südosten des Landes zu beenden und eine Versorgung der eingeschlossenen Bewohner zu ermöglichen...

4. Artikel auf anfenglish.com vom 03.02.2016

Were the wounded in Cizre executed?

Photos of 8 executed bodies were published in AKP-™s social media accounts. No news have been received for the past 4 days from the wounded people waiting in the basement of a building in Cizre-™s Cudi neighborhood for the past 12 days. Photos of 8 executed bodies were published in AKP-™s social media accounts...

5. Artikel auf anfenglish.com vom 02.02.2016

People walking to Cizre start vigil upon blockade by police

Hundreds of people from Şırnak, Gundikê Melê (Balveren) and Dêrgul (Kumçatı) towns have started to walk to Cizre to rescue the dozens who remain trapped in a basement for 11 days now...

6. Artikel auf hurriyetdailynews.com vom 02.02.2016

Operations in Cizre, Sur to be completed within days, weeks: Gov-™t

The Turkish government has estimated that ongoing military operations against militants of the outlawed Kurdistan Workers-™ Party (PKK) in the districts of Cizre in Şırnak and the district of Sur in Diyarbakır in Southeast Anatolia would be completed within days or weeks...

7. Artikel auf sueddeutsche.de vom 01.02.2016

Eingeschlossen in Cizre

Eine verworrene Geschichte: Mehr als 20 Bürger sind in einer abgeriegelten türkischen Stadt eingeschlossen und verharren im Keller eines Hauses. Die türkische Regierung und die Kurden beschuldigen sich gegenseitig...

8. Artikel der ISKU -“ Informationsstelle Kurdistan e.V. vom 01.02.2016

Versuch zu den Verletzten in Cizîr vorzudringen von Sicherheitskräften gestoppt

Aussage von AyÅŸe Güven, die sich gemeinsam mit anderen Müttern am 31.01.2016 auf den Weg gemacht hatte, die Verletzten aus dem Keller in Cizîr (türk. Cizre) zu bergen. Sie gingen von der Nusaybin Straße in die Richtung wo das Haus steht in dessen Keller sich die Verletzten befinden. Die Polizei warnte uns: „Geht da nicht hin, da liegen Bomben...

9. Artikel auf neues-deutschland.de vom 01.02.2016

UN verurteilen Angriff auf Zivilisten in der Türkei

Hochkommissar für Menschenrechte zur Lage in der kurdischen Stadt Cizre: "Filmen von Gräueltaten ist kein Verbrechen, aber das Feuern auf Zivilisten ist sicher eines"

Berlin. Die UN haben die Türkei aufgefordert, fundamentale Rechte von Zivilisten in der umkämpften südosttürkischen Stadt Cizre zu beachten. Anlass des Appells ist ein Video...

10. Artikel von Civaka Azad -“ Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit vom 29.01.2016

“Wir haben kein Wasser mehr!- -“ Zahl der Toten in Cizîr steigt auf sechs

In der Stadt Cizîr (Cizre), das zu der Provinz Åžirnex (Şırnak) gehört, kam es am 22. Januar zu einem gezielten Angriff mit Mörsergranaten auf ein Wohngebäude, in dem sich ausschließlich ZivilistInnen befunden haben. Nach dem Angriff wurden 19 der insgesamt 28 Personen schwer verletzt. Diese Personen befinden sich seither im Keller dieses Gebäudes. Sechs der Opfer sind mittlerweile an ihren Verletzungen verstorben...

11. Artikel von Civaka Azad -“ Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit zu den Protestaktionen am 30. Januar 2016

Solidarität mit dem kurdischen Volk -“ Ein sofortiges Ende des Belagerungs- und Vernichtungskrieges

Seit die Belagerungen der kurdischen Städte im Südosten der Türkei/Kurdistan sind zahlreiche Zivilisten ( vor allem Kinder, Frauen, ältere Menschen und Jugendliche) getötet worden. Mehr als 200.000 Menschen sind innerhalb der Region auf der Flucht vor dem Staatsterror der Türkei. Bezirke der Städte sind zerstört und jegliche Grundversorgung wie Strom, Wasser und Nahrungsmitteln werden durch die Belagerungen nicht durchgelassen....

12. Artikel der ISKU -“ Informationsstelle Kurdistan e.V. vom 29.01.2016

Cizîr: Krankenwagen wiederholt gestoppt

Seit sieben Tagen ist das Haus in Cizîr (türk. Cizre) im Stadtteil Cudi unter Belagerung staatlicher Kräfte. Seit sieben Tagen ist das Haus und die Menschen, die darin eingeschlossen sind täglichem Beschuss mit zum Teil schwerer Artellerie ausgesetzt. Wegen verweigerter Hilfeleistung sind mittlerweile sechs Menschen gestorben. Vier weitere Personen sollen sich mittlerweile in einem lebensbedrohlichen Zustand befinden...

13. Bericht vom NDR vom 03.02.2016

Türkei: Erdogan gegen kurdische Intellektuelle

Seit einem halben Jahr, seit Präsident Erdogan die Friedensverhandlungen mit der PKK einseitig beendet hat, tobt Krieg in den kurdisch-bewohnten Gebieten. Die türkische Armee geht angeblich nur gegen PKK-Terroristen vor. Doch dabei starben bislang mehr als 200 Zivilisten, Frauen, Kinder, Alte. Viele wurden verwundet oder verloren ihr ganzes Hab und Gut. Bilder davon sind in den türkischen Medien kaum zu sehen...

Erstveröffentlichung auf blognau

71. Jahrestag der Befreiung von Oświęcim (Auschwitz)

Heute ist der 71. Jahrestag des Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die sowjetische Rote Armee. Aus dem Anlass zeigen wir den Dokumentarfilm "The Liberation of Auschwitz", gedreht von Alexander Vorontsov.



Das Konzentrationslager Auschwitz wurde weltweit zum Symbol für den Völkermord des deutschen Faschismus. Ab Mitte 1940 wurden in das KZ, das drei große Lager und mehrere Nebenlager umfasste, Menschen deportiert. Es befindet sich am Rande der polnischen Kleinstadt OÅ›wiÄ™cim, ungefähr 60 Kilometer entfernt von Krakau.

Die meisten Bewohner von Oświęcim und der umliegenden Gemeinden wurden im Rahmen der Einrichtung des KZ umgesiedelt.

Unter den Deportierten fanden sich zum größten Teil Juden, aber auch Kommunisten, polnische Intellektuelle, sowjetische Kriegsgefangene, Sozialisten, Sinti, Roma, Homosexuelle, sogenannte „Asoziale“ und Mitglieder anderer Gruppen, die nicht ins Weltbild der Faschisten passte.

Vor 76 Jahren, am 14. Juni, erreichte der erste Transport mit 728 polnischen politischen Häftlingen Auschwitz. Genaue Zahlen über Deportierte und Toten gibt es nicht. Die anfänglich akribische Registrierung der Deportierten wurde auf Grund des Umfangs und der Kosten wieder eingestellt. Aktuelle Schätzungen gehen von 1,3 Millionen Deportierten und 1,1 Millionen aus. Allein im KZ Auschwitz-Birkenau wurden eine Million Juden systematisch vernichtet.
Die Häftlinge, die die Selektion überlebten, mussten in den ans Lager angrenzenden Industriebetrieben Zwangsarbeit leisten.

Etwa 900.000 der Deportierten wurden direkt nach ihrer Ankunft in den Gaskammern ermordet oder erschossen. Weitere 200.000 Menschen wurden von der SS durch Krankheit, Unterernährung, Misshandlungen, medizinische Versuche oder die spätere Vergasung ermordet.

Die Häftlinge, die noch in der Lage waren, wurden zwischen dem 17. und dem 21. Januar 1945 auf einen Marsch in Richtung Westen geschickt. Am 27. Januar erreichte die Rote Armee das verlassene Lager und traf auf 7.000 Häftlinge, die nicht mehr in der Lage waren, auf den Todesmarsch geschickt zu werden.

Die erste Gedenkstätte wurde im Jahre 1947 eingerichtet und ist heute ganzjährig geöffnet.

Links:
Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau
Internationales Auschwitzkomitee
Auschwitz: Fotografische Fragmente
Hessische Rundfunk: Der Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963 -“ 65

Quelle

Buchtipp: Sich der Erinnerung bemächtigen. Fritz Güde: Umwälzungen - Schriften zu Politik und Kultur

"Vergangenes historisch artikulieren heißt nicht, es erkennen 'wie es denn eigentlich gewesen ist-˜. Es heißt, sich einer Erinnerung bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt."

Walter Benjamin "Über den Begriff der Geschichte"



Fritz Güde, geb. 1935 in Wolfach / Baden, war Lehrer für Deutsch, Französisch und Geschichte und als einer der ersten von den Berufsverboten betroffen.

Güde, kurzzeitig Mitglied beim KBW (Kommunistischer Bund Westdeutschlands) und später bei den Grünen, blieb dennoch Lehrer und war an verschiedenen privaten Schulen tätig.

Nach der Aufhebung des Berufsverbotsurteils im Jahre 1978 arbeitete er bis zu seiner Pensionierung weiter an privaten und staatlichen Schulen.

Stets widmete er sich einer vielseitigen linken Publizistik u.a. für die Stattzeitung für Südbaden, die Kommune und die Online-Blogs stattweb.de, trueten.de und kritisch-lesen.de.

Der Band "Umwälzungen - Schriften zu Politik und Kultur", erschienen anlässlich des 80. Geburtstags von Fritz Güde, bietet eine umfassende Übersicht über dieses Werk.

Die ausgewählten Artikel behandeln linke Theorie und Praxis, die Geschichte der KP Chinas, Faschismus und antifaschistischer Widerstand, Kunst und Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts und auch neuere Erscheinungen in der Populärkultur.

Güdes Richtschnur ist Walter Benjamins Geschichtsphilosophie, seine "Tradition der Unterdrückten".

Die politische Linke

Benjamins Leitgedanke, dass jede Umwälzung "nicht um der künftigen Generationen willen, sondern wegen der Vorgänger" geschehen müsse, scheint durch das gesamte vielseitige publizistische Schaffen Güdes.

In seinen Artikeln zeigt sich, dass gerade der Rückgriff auf das revolutionäre Erbe der "Vorfahren" (Benjamin), vielmehr als der bloße nach vorn gerichtete Blick im Sinne der Zukünftigen, die Analyse linker Theorien und Debatten der jüngeren Zeit erleichtert.

Dazu Fritz Güde in einem Beitrag über die Schrift „Der kommende Aufstand“:

"Der Wille, zu Ende zu führen, was den Vorigen aus den Händen geschlagen wurde, gibt keine Wegweiser. Aber Spuren, denen nachzugehen wäre. So von den Bauernkriegen: Nie das Misstrauen verlieren gegenüber allen Schlichtungen, Schwüren und Friedensversprechungen der Obrigkeit."

In diesem Zusammenhang ist auch Güdes aufgeklärte Umdeutung des Heimatbegriffs zu sehen. In Ort, Weg, Bewegung: Überlegungen zur politischen Verwendbarkeit des Begriffs Heimat (Kommune, 1984) orientiert sich Fritz Güde wieder an Walter Benjamins Geschichtsverständnis, also "am Bild der geknechteten Vorfahren, nicht am Ideal der befreiten Enkel". Dieses Bild soll Grundlage eines Gegenentwurfs zur politischen Romantik sein. Fürchtete Edmund Burke, wie viele Denker seiner Zeit, doch die Revolution vor allem deshalb, weil sie die Macht der Herkunft und das Erbe der Ahnen zerstöre. Warum aber, entgegnet Güde, wird angenommen, dass die Vorfahren mit ihrem Leben zufrieden waren?

Heimat in einem nicht-hergebrachten, nicht-romantischen Verständnis heißt, die Lehren regionaler historischer Kämpfe für aktuelle Kämpfe nutzbar zu machen. Güde bezieht in seine Analyse Auseinandersetzungen des Konstanzer Bürgertums mit der Obrigkeit im 19. Jahrhundert und die Erfahrungen Bremer Werftarbeiter in den 1980er Jahren ein. Diese nahmen eigens eine Gesundheitsuntersuchung zu Schadstoffbelastungen an ihrem Arbeitsplatz vor. Ein örtlicher Betrieb kann so Ausgangspunkt politischer Erfahrungen, politischer Bewusstwerdung und der Schaffung von Klassenbewusstsein sein. Dieser Kampf finde statt auch "innerhalb, nicht außerhalb der alten Gemeinschaften, als Fortführung der Geschichte, nicht als Losreißung von ihr."

Die Bildung einer künftigen freien Gesellschaft soll, geschult an den konkreten Verhältnissen vor Ort, immer auch im Sinne der geschichtlichen Erfahrungen vor Ort gedacht werden.

Dazu Fritz Güde: "Hätten wir einmal Verhältnisse geschaffen, in denen wir sagen könnten: wie leicht hätte alles sich anders gestaltet! Unter anderen Bedingungen hätten die Väter nicht so ein müssen, wie sie in Wirklichkeit waren! - so hätten wir uns mit den Toten versöhnt und wären am eigenen Ort angekommen."

Faschismus und antifaschistischer Widerstand

In diesem Kapitel, in dem unter anderem Artikel Güdes über psychologische Faschismusdefinitionen und die bürgerliche Umdeutung des linken antifaschistischen Widerstands der Roten Kapellen versammelt sind, ragt eine Analyse über den neofaschistischen Massenmörder Anders Breivik besonders hervor. Für Güde steht der Attentäter aus Norwegen für eine neue Erscheinungsform des Faschismus, der sich im Gegensatz zu früher weniger darin gründet, das "Lebensnotwendige zu retten", sondern in der Vernichtung erst seinen Mythos schafft. Dieser "rechte Nihilismus neuer Art" erweist sich als nach allen Seiten anschlussfähig. Exemplarisch dafür stehen Marine Le Pen und der FN, die entgegen der katholischen Traditionen der französischen Rechten den Laizismus für sich entdeckt haben, diesen quasireligiös verklären und gegen den Islam in Stellung bringen. Zugleich sieht Le Pen aber keinen Widerspruch darin, dieses Programm wiederum vor einer Statue Jeanne d'Arcs vorzutragen.

Güde gelingt in diesem Aufsatz von 2012 auf nur gut zwei Seiten eine luzide Analyse des neuen europäischen Faschismus, die sich auch auf andere Länder übertragen lässt. Sie kann beispielsweise auch für die Untersuchung der AfD, die mit ihrem Gemischtwarenladen Rechtspopulismus, Neoliberalismus und Faschismus sich ebenso auf mehreren Ebenen anschlussfähig zeigt, hilfreich sein.

Tucholsky und die Weltbühne

Gerade im Hinblick auf Walter Benjamins Geschichtsverständnis, sich der "Erinnerung (zu) bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt", wäre sinnvoll gewesen, das Kapitel über Kurt Tucholsky und die Weltbühne mit dem vorangehenden zusammenzufassen.

Lässt sich durch Güdes Betrachtung der Zeitschrift "Die Weltbühne" in den 1920er Jahren bis zur Machtübertragung an die Nazis doch anschaulich nachverfolgen, wie die bürgerlich-radikaldemokratische Linke in der Weimarer Republik dem aufkommenden Faschismus in Italien und Deutschland begegnete, was sie an dessen Entwicklung hellsichtig erkannte, aber auch welche Fehleinschätzungen sie traf. Vieles daran kann auch auf die neue Rechtsgefahr in Europa angewandt werden. In einem Aufsatz über Die Weltbühne und das Faszinosum Faschismus (zusammen mit Sebastian Friedrich) wird die teils indifferente Haltung einiger Autoren der Zeitschrift angeführt.

Kurt Hiller beispielsweise zeigte sich von der Ästhetik von Mussolinis Inszenierung der Politik fasziniert, Wolfgang Geise bezeichnete denselben als den einzigen energischen Mann in Europa nach Lenin. Sieht man Hillers "Duce"-Begeisterung im Kontext seiner gesamten politisch-publizistischen Tätigkeit, wird deutlich, dass sein Engagement für den Frieden und seine Sympathien für den Sozialismus immer wieder von nationalistischen Anwandlungen unterbrochen wurden. Seine von Güde und Friedrich herausgearbeitete Begeisterung für eine Ästhetisierung des Politischen führte 1932 gar zu einer Annäherung Kurt Hillers an den Strasser-Flügel der NSDAP. Sein Wort "'Links', 'rechts' - diese 'Unterscheidung wird immer dümmer" ist heute fast wortgleich von Leuten wie Jürgen Elsässer zu vernehmen. Ohne dass dieser Aspekt in dem Artikel von 2011 benannt wird bzw. die Bildung einer neuen Querfront überhaupt schon erkannt werden konnte, bieten Güde und Friedrich mit ihrer Analyse der Weltbühne in der Weimarer Republik im Scheinwerfer der aktuellen Debatten wertvolle Erkenntnisse über die Herausforderungen der heutigen politischen Linken in Bezug auf die Bewertung von Querfront und der neuen Rechten.

In der Bewertung der faschistischen Bewegung in Italien stach unter den Weltbühne-Autoren Hans-Erich Kaminski hervor, der im selben Artikel kritisch gewürdigt wird. Kaminski beobachtete als Augenzeuge genau die Entwicklung in Italien und arbeitete im Gegensatz zu den genannten Kollegen genau die Beweggründe und die Politik der italienischen Faschisten heraus. Doch auch er irrte sich hinsichtlich der Gefahr, in dem er Mussolinis frühen Fall prophezeite.

Lehrreich sind Fritz Güdes Arbeiten über die Weltbühne auch hinsichtlich der "Vorwürfe der Nachgeborenen". Er führt hierbei den sozialdemokratischen Historiker Hans-Ulrich Wehler an, welcher Ossietzky und anderen Journalisten der Weltbühne vorwirft, mit ihrer radikalen Kritik der Republik geschadet zu haben und damit für deren Untergang mitverantwortlich zu sein.

Güde enthüllt dagegen den Kern dieser spezifisch sozialdemokratischen Geschichtsschreibung. Hinter Wehlers "Verantwortungsethik" steckt nichts weniger als die nachträgliche Empfehlung, die Linke hätte Brünings Notverordnungspolitik legitimieren sollen.

Walter Benjamin

Ein eigenes Kapitel widmet sich dem Leben und Werk Walter Benjamins.

In einem Aufsatz, erschienen 1992 anlässlich des hundertsten Geburtstags von Walter Benjamin, gibt Fritz Güde besonders auch für Einsteiger interessante Einblicke in dessen Denken. Umrissen werden Benjamins Geschichtsphilosophie und seine sprachtheoretischen Ansätze.

Benjamins Versuch der Verbindung zwischen dem Marxismus und einer dialektischen Theologie vertieft Güde in einem weiteren Artikel, in dem er ihm den für den Faschismus einflussreichen Staatsphilosophen Carl Schmitt gegenüberstellt.

Während Schmitts katholisch geprägte politische Theologie für die Ordnungsmacht plädiert, setzt Benjamin diesem Positivismus die Negation des Bestehenden und eine schöpferische Zerstörung der Ordnung entgegen.

Fritz Güde gelingt es auch hier, komplexe Denkgebäude zu veranschaulichen. Gleichermaßen beeindruckend seine Sprache, die in ihrer Bildgewalt oft mit der von Walter Benjamin selbst vergleichbar ist.

Literatur

Ein Schwerpunkt in Fritz Güdes publizistischer Arbeit ist die Literatur.

Die versammelten Artikel vertiefen bekannte Sichtweisen, bieten aber auch unbekannte Perspektiven auf Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts.

In Brecht beim Visagisten widerspricht Güde dem bürgerlichen Versuch der „Ehrenrettung“ Brechts, ihn zum Nichtkommunisten zu machen. Brecht, so der Hinweis des Literaturwissenschaftlers Jan Knopf, habe das „Kapital“ nie gelesen. Und wenn?, fragt Güde und führt dabei den bürgerlichen Bildungsbegriff vor. Schließlich, das zeige gerade die Biographie und das Werk Brechts, sei Marxismus nicht nur Bücher lesen, sondern werde durch tätigen Umgang, durch Bücher, Briefe und Gespräche, also durch die Praxis geübt.
Nicht als Wissensbesitz funktioniert der Marxismus, sondern als eingreifendes Denken, als Methode, sich die Welt anzueignen, „aus Nicht-Wissen, Wissen zu machen -“ und darüber Anleitung zum Handeln“ (Güde).

Interessant auch ein Artikel über Gottfried Benns Leben und Werk.

Fritz Güde macht anhand von Benns Gedichten hier exemplarisch die Entwicklung des literarischen Expressionismus nachvollziehbar und zeigt dabei auf, wo im geistigen Leben der 1920er Jahre die Bruchlinien liegen.

„Sein“ gegen „man“ (Heidegger). Benns Kälte und Erstarrung gegen die Bewegung des Lebens und der Geschichte. Statt Leben nur Zerfall und Todessehnsucht. Statt Revolution ein bloßer Rausch ohne jeglichen gesellschaftlichen Zusammenhang.

In weiteren Arbeiten befasst sich Güde mit Heinrich Böll, Christa Wolf und Erich Fried. Er regt ferner zu einer Wiederentdeckung des antifaschistischen Schriftstellers Leonhard Frank an, der in seinem 1947 erschienenen Roman „Die Jünger Jesu“, angesiedelt in seiner Heimatstadt Würzburg, schon vor der Gefahr des Neofaschismus warnte.

„Umwälzungen“ schließt mit zwei Aufsätzen zur Populärkultur, einem über Familienbilder in deutschen und US-amerikanischen Fernsehserien und einem über den politischen Gehalt französischer Vorstadt-Rap-Texte.

Fritz Güde gelingt es mit seinen Schriften tatsächlich, die Verbindung von Vergangenem und Gegenwärtigem erkennbar und erfahrbar zu machen.
Aus früheren Kämpfen Schlüsse für die Jetztzeit ziehen.

„Sich der Erinnerung bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt.“ Dazu liefern diese Schriften einige Erinnerungsstützen.

Fritz Güde
Umwälzungen
Schriften zu Politik und Kultur
Broschur, 140×205 mm
220 Seiten, 20 Euro
ISBN 978-3-942885-97-3 | WG 973
Oktober 2015

Umwälzungen: Schriften zu Politik und Kultur

Buchbesprechung: Fritz Güde - Umwälzungen - Schriften zu Politik und Kultur

Fritz Güde ist politischer Aktivist und Publizist, Lehrer und war zeitweilig KBW-Mitglied. Diese Kombination bescherte ihm in den 1970iger Jahren Berufsverbot.

Anlässlich seines 80. Geburtstags hat der Verlag edition assemblage eine Auswahl seiner Arbeiten aus den Jahren 1985 -“ 2012 herausgebracht.

Thematisch umfasst werden Beiträge zu Geschichte der politischen Linken, Faschismus und antifaschistischer Widerstand, Tucholsky, Walter Benjamin, Brecht, Fried etc. bis hin zu Beiträgen zur populären Kultur.

Sebastian Friedrich hat die Vielfältigkeit der Beiträge in einem Nachwort umfassend gewürdigt.

Es ist schwer, dem noch etwas hinzu zu fügen. Trotzdem soll es hier versucht werden.

Fritz Güde hat sich nach seiner KBW-Zeit nicht, wie viele andere, den Grünen in die Arme geworfen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist ein abstoßendes Beispiel dieser Spezies.

Auch hat die -“ vorsichtig formuliert -“ eigenwillige Interpretation des Marxismus durch die KBW-Führung um Joscha Schmierer (der es übrigens auch bis in den Planungsstab des Auswärtigen Amtes gebracht hatte und dort als strammer Bellizist tätig war ) nicht jenen antikommunistischen Beißreflex hinterlassen, den man bei ehemaligen Mitgliedern des KBW auch außerhalb der grünen Partei oft antrifft.

In seiner Arbeit „Erinnerung an die ersten fünfzig Jahre der KP China“ entreisst er diese Zeit „dem Vergessen und der hochnäsigen Verachtung“ (S. 28), referiert über Maos grundlegende Schriften „Über die Praxis“ und „Über den Widerspruch“ und stellt noch heute verblüfft fest, dass der Primat der Politik im China Mao Tse Tungs zu Kampagnen führte, „in denen millionenweise etwa „Bürgerkrieg in Frankreich“ (von Karl Marx -“ der Verf.) gelesen wurde, um sich mit dem Konzept der Kommune 1871 vertraut zu machen.“ (S.24).

Und kommentiert diesen Vorgang in bester Güde-™scher Selbstironie:
„Praxisbezogene Theorie. Gerade das -“ und das es das gab, ist unbestreitbar -“ traf uns vergrämte Schulmeisterinnen und Schulmeister ins Herz, uns mit unseren Ermunterungen zur Selbsttätigkeit, die unter den gegebenen Verhältnissen immer neu an felsigen Ohren strandeten. Der Lehrer sagte : Denk selber -“ das Pult, das Klassenzimmer, das Schulgebäude, die zu erwartende Behandlung der Sache in der Klassenarbeit, das Abitur, alle schrien zusammen im Chor ihr: „Nein !“.“ (S.24/25)

Dieser ironisierende, oft literarisch daher kommende Witz ist auch das Faszinierende an Güdes Kommentaren zum Zeitgeschehen, die lange Zeit bei trueten.de veröffentlicht wurden.

Obwohl manchmal inhaltlich völlig anderer Meinung, hinterließen diese Kommentare den Leser oft mit einem kopfschüttelnden und bewundernden Lächeln: „Wie kommt er darauf, das so zu sagen?“

Diese Praxisbezogenheit, eine bei allem intellektuellen Höhenflug materielle Bodenhaftung, wird auch bei der von ihm selbst als schwierig empfundenen Annäherung an die Streitschrift „Der kommende Aufstand“ deutlich.

Dort heißt es: „Mir drängt sich eine ganz andere Schwierigkeit auf. Um -“ als einer der Autoren -“ die unverbrüchliche Einigkeit in den Communen, in den aufgewachten Vorstädten Frankreichs zu empfinden, müsste einer von Anfang an drinstecken. Den Gelberübengeruch im Hausgang selbst gerochen haben seit seinem fünften Lebensjahr -“ und ihn bejahen. Nebst allem, was Nase und Ohr in diesen Gegenden erreicht.“ (S.41)

Engels sagte einmal, die deutschen Arbeiter hätten den französischen oder englischen den Vorteil vorraus, dass sie sich den „theoretischen Sinn“ bewahrt haben.

Fritz Güde ist ein linker Intellektueller, der sich den „praktischen Sinn“, den „Gelberübengeruch“, bewahrt hat.

In unseren Tagen eine Seltenheit.

Fritz Güde
Umwälzungen
Schriften zu Politik und Kultur
Broschur, 140×205 mm
220 Seiten, 20 Euro
ISBN 978-3-942885-97-3 | WG 973
Neuerscheinung Oktober 2015

Umwälzungen: Schriften zu Politik und Kultur
cronjob