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Stuttgart: Heraus zum Revolutionären 1. Mai 2011!

Wir dokumentieren den Stuttgarter Bündnisaufruf für einen revolutionären 1. Mai 2011:
Heraus zum Revolutionären 1. Mai 2011!

Der Erste Mai ist seit vielen Jahrzehnten der internationale Kampftag an dem Arbeiterinnen und Arbeiter, Studierende, Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Erwerbslose gemeinsam auf die Straße gehen. Weltweit demonstrieren an diesem Tag Millionen von Menschen und fordern ein besseres Leben und ein Ende des kapitalistischen Systems.

Gemeinsam gegen die Angriffe des Kapitals!
Für die große und größer werdende Mehrheit der Weltbevölkerung sind die Auswirkungen des Kapitalismus Hunger, Krieg, Krankheit, Armut, Überlebenskampf. Auch in der BRD schreiten die Angriffe des Kapitals auf die Lebensbedingungen der Lohnabhängigen voran. Nur ein Beispiel aus der Automobil- und Zuliefererindustrie in der Region Stuttgart: Nachdem monatelang von Krise und damit verbundenen Entlassungen, Kurzarbeit, Sach- und Sparzwängen die Rede war, soll es nun plötzlich wieder einen „Aufschwung“ geben. Tausende von ArbeiterInnen, die zuvor entlassen wurden, werden nun über Zeitarbeitsfirmen wieder eingestellt, in äußerst prekären Arbeitsverhältnissen. Sie beziehen einen weit geringeren Lohn als zuvor, haben quasi keinen Kündigungsschutz und für betriebliche Auseinandersetzungen um Lohn, Arbeitszeiten oder auch um politische Fragen, beispielswiese in Form von gewerkschaftlichen Protestaktionen und Streiks, sind sie mit bedeutend weniger Rechten ausgestattet, als die übrig gebliebene Stammbelegschaft. Obendrein wird die Leiharbeit, die übrigens nicht erst von der schwarz-gelben Regierung eingeführt wurde, sondern bereits unter dem Rot-Grünen Kanzler Schröder, als ständiges Druckmittel gegen die Stammbelegschaft eingesetzt. Frei nach dem Motto: wenn ihr euch nicht so verhaltet wie es uns passt, findet auch ihr euch bald in prekären Arbeitsverhältnissen wieder.
In Ansätzen erheben sich Proteste gegen diese Zustände, die Aktionen müssen jedoch um ein Vielfaches verstärkt und vorangetrieben werden.

Schluss mit der staatlichen Repression!
Egal ob gewerkschaftliche Protestaktionen und Streiks, Demonstrationen und Blockaden gegen das Milliarden-Projekt Stuttgart 21, antifaschistische Aktionen, Aktivitäten gegen Krieg und Militarisierung oder andere widerständige und linke Mobilisierungen: viele Menschen die sich an diesen Aktivitäten beteiligen sehen sich schon bald mit der staatlichen Repression konfrontiert. Ordnungsämter versuchen mit Auflagen die Protestaktionen bereits im Vorfeld zu beeinträchtigen. Die Polizei geht mit Pferden, Hunden, Pfefferspray, Schlagstöcken und Wasserwerfern gegen Demonstrationen vor. Hausdurchsuchungen, Untersuchungshaft und Gerichtsverfahren gegen Aktivistinnen sind bereits Alltag. Geheimdienste und die Polizei setzen Verdeckte Ermittler ein, um die Strukturen Linker AktivistInnen auszuspähen. Doch all Dies wird uns nicht entmutigen. Dass die Staatsgewalt mit mehr oder weniger offener Härte zuschlägt, zeigt, dass wir einen wunden Punkt getroffen haben. Auch auf unserer diesjährigen Mai-Demo werden wir uns keinen Falls von einem Bullenaufgebot einschüchtern lassen!

Gegen imperialistische Kriege und Aufrüstung!
Doch nicht nur die Innere Aufrüstung und Aggression in Form von Polizei und Geheimdiensten steht derzeit hoch im Kurs. Die BRD rüstet auch militärisch weiter auf (so wurde beispielsweise von Regierungskoalition und Sozialdemokraten der Etat zum Kauf neuer Militärtransportflugzeuge um 2,5 Milliarden Euro aufgestockt) und beteiligt sich nach wie vor an Kriegen und Militäreinsätzen, z.B. in Afghanistan und vor den Küsten Somalias. Erst vor wenigen Monaten wurde das Bundeswehrmandat für den Kriegseinsatz in Afghanistan gegen die Proteste aus der Bevölkerung verlängert. Dabei wird inzwischen auch mehr oder weniger offen gesagt, wobei es darum geht: weder um Demokratie, noch um Frauenrechte, sondern darum, dem deutschen Kapital neue Absatzmärkte zu schaffen und die Zugangswege zu strategisch wichtigen Rohstoffvorkommen unter die eigene Kontrolle zu bringen. Ein weiteres Ziel solcher militärischen Interventionen ist es stets, den politischen Kräften zur Macht zu verhelfen, die zur Kooperation bereit sind und auf Kosten der Bevölkerung die Interessen des Kapitals der westlichen Staaten zu bedienen. Es handelt sich weder bei dem Kampfeinsatz in Afghanistan noch bei den Luftschlägen gegen Libyen um sogenannte „humanitäre Interventionen“, sondern um imperialistische Interessensicherung.
Neben den deutschen Kriegseinsätzen sind Waffenexporte und sonstige Unterstützungen für reaktionäre Regimes und Machthaber, zur weltweiten Wahrung der Kapitalinteressen an der Tagesordnung. Deutsche Regierungen waren immer vorne mit dabei, wenn es darum ging, die Despoten der Nordafrikanischen Staaten zu hofieren. Das deutsche Kapital machte dort schließlich gute Geschäfte.
Welches Fleckchen Erde auch als nächstes die Begierde der imperialistischen Staaten weckt und darauf hin mit einem Militärschlag zu rechnen hat: wir werden den Widerstand gegen Krieg und Aufrüstung weiterführen und entwickeln. Feuer und Flamme für Nato und Bundeswehr!

Solidarität mit den weltweiten Kämpfen um Befreiung!
Dass die Menschen in Tunesien und Ägypten ihre alten Herrscher in die Wüste gejagt haben begrüßen wir. Es gilt dort und weltweit, die Gewerkschaftsbewegung, linke und revolutionäre Gruppen und Parteien, soziale Initiativen und WiderstandskämpferInnen zu unterstützen. Ganz besonders am 1. Mai solidarisieren wir uns mit den Unterdrückten und Ausgebeuteten, sowie mit den fortschrittlichen und kämpferischen Kräften auf allen Erdteilen. Auch hier in Europa zeigen beispielsweise die Streikenden in Griechenland, Italien und Frankreich, dass es eine Perspektive jenseits kapitalistischer Sach- und Sparzwänge gibt. Erste zaghafte Versuche, eine breite Streikfront aufzubauen gibt es auch in Portugal. Dies sind nur wenige Beispiele, aus denen wir lernen können, wie wir im Sinne der internationalen Solidarität unsere Kämpfe entfalten und vorantreiben können.

Faschisten bekämpfen -“ zusammen -“ auf allen Ebenen -“ mit allen Mitteln!
Dem Gedanken der Internationalen Solidarität und dem Kampf nach gesellschaftlicher Umwälzung und Befreiung entgegen stehen die Rechten und Faschisten. Egal ob in Form der NPD, in Form von sogenannten „Freien Kameradschaften“ oder einzelner Hetzer wie Sarrazin -“ wo sie auftreten und durch ihre menschenverachtende Propaganda vermeintlich einfache Lösungen für gesellschaftliche Probleme anbieten, werden auch wir sein um dies zu unterbinden. Wir werden es daher nicht zulassen, dass die Faschisten erneut versuchen, den 1. Mai für ihre menschenverachtende Hetze zu missbrauchen. Es gilt, den Naziaufmarsch am 1. Mai in Heilbronn, auf den süddeutschlandweit mobilisiert wird, zu verhindern. Am Ersten Mai kämpfen wir für eine solidarische und selbstbestimmte Gesellschaft jenseits von rassistischem und nationalistischem Stumpfsinn.

Am Vorabend, Samstag, den 30. April, wird es in Stuttgart eine kraftvolle revolutionäre Demo geben. Hier werden wir wie seit 2004 in jedem Jahr mit mehreren hundert Menschen gemeinsam für eine Perspektive jenseits des Kapitalismus auf die Straße gehen.

Im Anschluss an die Demonstration findet ein großes Polit- und Kulturfest im und um das linke Zentrum Lilo Herrmann statt. Es wird dort Infotische, Stellwände und Auftritte u.a. vom Freien Chor und dem Polit-HipHoper Crument geben.

Demonstration:
Samstag, 30. April um 15 Uhr Stuttgart

Internationales Polit- und Kulturfest:
Samstag, 30. April ab 18 Uhr im Linken Zentrum Lilo Herrmann, Böblinger Str. 105, Stuttgart-Heslach

Aktivitäten zum 1. Mai und gegen den Naziaufmarsch:
Sonntag, 01. Mai ab 10 Uhr in Heilbronn



Blockadeaufruf für Heilbronn: www.heilbronn-stellt-sich-quer.tk

Webseite der Gruppen der Initiative für einen Revolutionären 1. Mai in Stuttgart: www.erstermai-stuttgart.tk

Aufruf der Gruppen des Antifaschistischen und Antimilitaristischen Aktionsbündnisses zum 1. Mai: www.3a.blogsport.de / www.revomai.de als PDF: Aufruf des 3A-Bündnisses




Ostermarsch 2011 in Stuttgart „Frieden schaffen ohne Waffen - auch in Libyen“

Ostermarsch auf der Theodor Heuss Straße
Foto anklicken für mehr Bilder
Der Auftakt des zentralen Ostermarsches der Friedensbewegung Baden-Württemberg fand mit hunderten TeilnehmerInnen beim Deserteursdenkmal am Theaterhaus auf dem Pragsattel in Stuttgart statt. Unter anderem sprach dort der US-Kriegsverweigerer und Deserteur André Shepherd über seine Entscheidung, sich von seiner Einheit abzusetzen und zum Deserteur zu werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte kürzlich seinen Antrag auf Asyl in Deutschland ab. Der Fall Shepherd wurde im November 2008 bekannt, nachdem Shepherd mit Unterstützung von Kriegsdienstverweigerungsnetzwerken an die Öffentlichkeit ging und seine Geschichte erzählte. Der damals 31-Jährige war als Hubschraubermechaniker für die Reparatur und Wartung von Apache Kampfhubschraubern der US-Armee zuständig, wobei er von September 2004 bis Februar 2005 auch im Irak eingesetzt wurde.

Ein Vertreter des Offenen Treffens gegen Krieg und Militarisierung (OTKM) thematisierte den Zusammenhang zwischen Krieg und Imperialismus. Vom Deserteursdekmal aus ging der anschließende Demonstrationszug über den Pragsattel zum Kreiswehrersatzamt. Die von den zahlreichen Friedensgruppen und linken Parteien mitgeführten Transparente standen unter den Slogans wie zum Beispiel „Frieden schaffen ohne Waffen“, „Nein zum Krieg“, oder forderten den sofortigen Abzug aller deutschen Soldaten aus Afghanistan.

Vor dem Kreiswehrersatzamt sprach Jonna Schürkes von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) zur zunehmenden Militarisierung der Schulen und der Öffentlichkeit. Ein ein betroffener Schüler berichtete vom Protest gegen einen Jugendoffizier am Georgiigymnasium in Esslingen.

Auf der Theodor Heuss Straße wiesen AntifaschistInnen mit einer Transparentaktion auf die Proteste gegen den am 1. Mai in Heilbronn geplanten Naziaufmarsch hin. Weiter zog der Demonstrationszug bis zum Stuttgarter Schlossplatz. Hier sprachen der Vorsitzende der DGB-Region Bernhard Löffler, Heike Hänsel langjähriges Mitglied im Koordinierungsausschuss des Friedensnetzes und MdB Die Linke sowie Regina Hagen vom Vorstand des Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space. In den Reden wurde unter anderem auch der Zusammenhang zwischen der angeblich "friedlichen Nutzung der Kernenergie", dem Desaster in Fukushima und den immer noch in Deutschland lagernden Atomsprengköpfen hergestellt.

Im Anschluss an den Ostermarsch nahmen mehrere Dutzend Menschen an einer Protestaktion des Offenen Treffens gegen Krieg und Militarisierung beim in Stuttgart gelegenen Africom - dem Oberkommando über US-amerikanische Militäroperationen auf dem gesamten afrikanischen Kontinent mit Ausnahme von Ägypten teil.

Die Ostermärsche sind seit über 50 Jahren traditioneller Bestandteil des Friedenskampfes in der BRD. Am Montag plant die Friedens- und Antiatombewegung beim Kernkraftwerk Neckarwestheim weitere Proteste: In der Nacht vom 25. auf den 26. April 1986 kommt es im Atomkraftwerk Tschernobyl zum Super-GAU. Tödliches radioaktives Material wird innerhalb von Minuten freigesetzt. Tausende von Betroffenen sterben an den Folgen der radioaktiven Strahlung - entweder sofort oder qualvoll im Laufe der folgenden Jahre. Die Krebserkrankungen in den verstrahlten Gebieten, vor allen Dingen bei Kindern, steigen bis heute an. Unter anderem das Aktionsbündnis Castor Widerstand Neckarwestheim fordert:

"Setzen wir jetzt deutliches Abschalt-Zeichen! Das Bauernopfer GKN 1 reicht nicht aus. Wir wollen keinen weiteren Atommüll mehr, kein weiteres "Restrisiko". Sondern den Atomausstieg jetzt, auch das Abschalten von GKN 2. Für die Sofortige Stilllegung aller Atomanlagen!"

Demonstration zum Atomkraftwerk Neckarwestheim
Ostermontag, 25. April, Treff 13 Uhr, Bahnhof Kirchheim/N.

Friedensbewegung in Baden-Württemberg ruft zu den Ostermärschen auf: Frieden schaffen ohne Waffen - auch in Libyen. Jetzt!

... lautet das Motto der diesjährigen baden-württembergischen Ostermärsche, das nach dem Kriegsbeginn in Libyen noch schnell um drei Worte ergänzt wurde. Die Ostermärsche wollen auch in diesem Jahr den Blick dafür schärfen, dass Krieg und eine militärisch gestaltete Außenpolitik nichts anderes sind als von Menschen selbst geschaffene Katastrophen.

Auch wenn das Thema Frieden und Abrüstung in den öffentlichen Diskussionen und auch beim Engagement vieler friedensbewegten Menschen in den letzten Monaten in den Hintergrund getreten ist, die aktuellen Ereignisse wie der Krieg in Nordafrika oder auch der Gau im japanischen Kernkraftwerk Fukushima, holen es immer wieder auf die Tagesordnung zurück. Das alte Anliegen der Ostermarschbewegung ist in diesem Jahr aktueller denn je: 25 Jahre nach Tschernobyl und wenige Wochen nach dieser jüngsten Katastrophe muss endlich gehandelt werden: Atomwaffen müssen endlich beseitigt, das ganze System der Atomwirtschaft beendet werden.

Auch der Krieg in Libyen, in dem unter dem Vorwand Menschen zu schützen, täglich große Mengen an Bomben und Raketen abgeworfen werden, die konstruiert wurden um Menschen zu töten, ist eine von den westlichen Kriegsstaaten verantwortete Katastrophe. Die Friedensbewegung ist sich sicher: Dieser Krieg dient nicht dem Schutz der Menschen und nicht der Demokratie. In Libyen werden täglich Menschen getötet, weil es ums Öl geht.

Obwohl sie sich zunächst nicht direkt beteiligte, ist auch die Bundesregierung mitverantwortlich für diesen Krieg. Jahrelang wurden deutsche Waffen nach Libyen exportiert. Die US-Einsätze werden vom Stuttgarter AFRICOM befehligt, die Bundeswehr entlastet die kriegführende Mächte durch stärkeres Engagement in Afghanistan. Die Ostermärsche erneuern die Forderung nach dem Ende jeder Art deutscher Kriegsbeteiligung, sei es in Afghanistan oder in Libyen.

An die Adresse der neuen Landesregierung geht die Forderung: Kein Werben fürs Sterben. Die Bundeswehr hat an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen nichts verloren. Abrüstung ist die einzig sinnvolle Bundeswehrreform.

Der zentrale Ostermarsch findet in Baden-Württemberg am Karsamstag in Stuttgart statt. Er beginnt um 12 Uhr am Stuttgarter Deserteursdenkmal beim Theaterhaus.

Dort wird der US-Kriegsverweigerer und Deserteur André Shepherd über seine Entscheidung berichten, Nein zum Krieg zu sagen. Shepherds Asylantrag, der ihn vor Verfolgung durch die US-Behörden schützen soll, wurde soeben von deutschen Behörden abgelehnt.

Die anschließende Demo geht zunächst zum Sitz der Dienststelle der Jugendoffiziere in der Heilbronner Straße, wo Jonna Schürkes von der Informationstelle Militarisierung (IMI) und ein betroffener Schüler zur zunehmenden Militarisierung der Schulen und der Öffentlichkeit sprechen werden.

Weiter geht-™s zum Schlossplatz, wo gegen 14 Uhr die Abschlusskundgebung stattfindet. Dort reden der Vorsitzende der DGB-Region Bernhard Löffler, Heike Hänsel, langjähriges Mitglied im Koordinierungs­ausschuss des Friedensnetzes und MdB Die Linke sowie Regina Hagen vom Vorstand des Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space.

Im Anschluss daran findet ab 16 Uhr eine Protestkundgebung am AFRICOM statt.

Interessierte aus Karlsruhe, Heilbronn und Ludwigsburg können sich jeweils Gruppenfahrten anschließen.

Weitere Ostermärsche in Baden-Württemberg finden statt in

• Ellwangen am Samstag um 10 Uhr Bahnhofsplatz

• Mannheim am Samstag um 12 Uhr auf dem Paradeplatz,

• Müllheim am Ostermontag um 14 Uhr vor der R.-Schumann-Kaserne

Eine Übersicht über alle in Deutschland stattfindenden Ostermärsche gibt es bei der Friedenskooperative.

Den Aufruf zum Ostermarsch in Stuttgart gibt es beim Friedensnetz auch zum Download. Von dort stammt auch dieser Text.

Aktionen gegen Kriegspropaganda an Esslinger Gymnasium

Am 28. März 2011 besuchte ein Jugendoffizier das Georgii Gymnasium in Esslingen am Neckar, wogegen vielfältiger Widerstand organisiert wurde. Bereits im Vorfeld wurde von Seiten der SchülerInnen versucht den Besuch zu verhindern, am Tag selbst kam es zu unterschiedlichen Protest- und Störaktionen. Dazu ein Bericht des offenen Treffens gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart (OTKM):

Bundeswehr raus aus den Schulen und der Öffentlichkeit!
Die Bundeswehr hat auf öffentlichen Plätzen nichts verloren - erst Recht nichts an Schulen! Sie vertritt eine Politik in der es nicht um die Rechte von Menschen, Frieden und Demokratie geht, sondern steht für eine Politik in welcher die Bundeswehr - auch gegen den Willen des Großteils der Bevölkerung - Kriege führt, die für die betroffenen Menschen Leid, Menschenrechtsverletzungen, Besatzungen und Armut bringen! Ihre Kriege die sie in aller Welt unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terrorismus führt, haben sie selbst entlarvt: Statt Verbesserungen und Fortschritt in die Kriegsgebiete zu bringen, wird die Lage der Bevölkerung zunehmend desaströser und profitieren letztlich einzig westliche Konzerne von den Erschließungen neuer Absatzmärkte und Rohstoffquellen.

Für das Führen dieser Kriege, benötigt die Bundeswehr ständig neues Kanonenfutter, welches bereit ist für sie und westliche Interessen in den Krieg zu ziehen. Ihr geht es jedoch auch darum, eine möglichst breite gesellschaftliche Akzeptanz und ein „ruhiges Hinterland“ für ihre Kriegseinsätze herzustellen. Durch das Auftreten in Schulen, auf Bildungsmessen oder auf öffentlichen Plätzen zu unterschiedlichen Anlässen (z.B. Gelöbnisse) versucht sie mit diversen Methoden das Ansehen und die Akzeptanz der Bundeswehr in der Öffentlichkeit auf zuwerten.

Dafür erhält sie von den deutschen Behörden massive Unterstützung: Durch die in einigen Bundesländern beispielsweise eingeführte Kooperationsvereinbarung zwischen Bundeswehr und Kultusministerium wird es der Bundeswehr erleichtert aktiv in die Gestaltung des Unterrichts einzugreifen. Dies nicht nur in Form von Unterrichtsmaterialien oder -besuchen sondern auch direkt durch die Ausbildung der LehrerInnen. Auch hier in Baden-Württemberg existiert dieses Abkommen, es ist höchste Zeit dieses endlich abzuschaffen!
Durch die Abschaffung der Wehrpflicht wandelt sich die Bundeswehr zunehmend und offensichtlich in einen "Arbeitgeber", der nicht nur die prekäre Situation Jugendlicher ausnutzt, sondern sich je nach dem anzusprechenden Klientel und dessen Interessen wandelt und scheinbar für jedeN eine passend zugeschnittene Perspektive ermöglicht. Verschwiegen werden dabei jedoch die Nachteile wie z.B. die Pflicht an Auslandseinsätzen teilzunehmen, die fehlende Möglichkeit vor Ablauf der Dienstzeit zu kündigen, den Drill zu bedingungslosem Gehorsam, eine dadurch geförderte unmenschliche Behandlung der Untergebenen, teilweiser Verzicht auf Menschen- und Bürgerrechte sowie die Tatsache, dass über 80% der Berufssoldaten den Dienst nicht weiterempfehlen würden.

Kein Werben fürs Sterben -“ Jugendoffiziersbesuchen entschlossen entgegentreten
Dem Besuch vorausgegangen waren eine Unterschriftenaktion sowie eine Flyerverteilaktion einiger SchülerInnen des Gymnasiums. Während mit der Unterschriftenaktion der zusätzliche Besuch eines Friedensaktivisten, der über Alternativen zur militärischen Intervention informieren sollte, gefordert wurde, wurde in dem Flyer die grundsätzliche Ablehnung des Bundeswehrbesuches dargelegt.

Für den Tag selber organisierten u.a. AktivistInnen des Offenen Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart (OTKM) Aktionen vor der Schule. Bereits in der Nacht war eine Hauswand an der Schuleinfahrt von unbekannten KünstlerInnen mit dem Spruch „Kein Werben fürs Sterben“ und einem Wandbild „verschönert“ worden. Während die AktivistInnen Flyer verteilten, wurde ein Transparent mit der Aufschrift „Bundeswehr raus aus dem Georgii Gymnasium“ über der Einfahrt aufgespannt.

Kurzzeitig wurde die Kundgebung von der Polizei, welche von der Schulleitung gerufen worden war, gestört. Nach der formellen Anmeldung wurde mit einem Infotisch interessierten SchülerInnen die Möglichkeit gegeben, sich weitergehenden Informationen zum Thema Krieg und Militarisierung zu holen. Mit Hilfe von Megafondurchsagen wurden die SchülerInnen aufgefordert den Bundeswehrunterricht zu boykottieren. Auch wenn dies misslang und die Schule alles tat um den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung zu gewährleisten und die außerschulischen Aktivitäten zu isolieren, so war der Tag dennoch erfolgreich. Trotz der Schließung des Schultors, gelang es Flyer an die SchülerInnen zu verteilen. In der zweiten Pausen kamen sogar viele jüngere SchülerInnen vor die Schule und skandierten die Parolen gegen den Offizier mit. Das Getöse aus mitgebrachten Trillerpfeifen ertönte im ganzen Schulhaus. Viele SchülerInnen aus der Mittelstufe setzten sich anschließend inhaltlich mit dem Thema auseinander.

Jugendoffizier in die Defensive gedrängt

Der Jugendoffizier reagierte wie erwartet professionell auf die besondere Situation in der Schule: Statt auf seinen vorbereiteten Vortrag zur Rechtfertigung von Auslandseinsätzen einzugehen, kombinierte er geschickt in einer Fragerunde vorgeschützte Skepsis gegenüber der aktuellen Kriegspolitik mit deren Rechtfertigung. Er stellte die militärischen Einsätze mithilfe eines "abers" als notwendiges Übel dar. So versuchte er mithilfe seiner rhetorischen Schulung Sympathien zu erwecken und diese auf die Materie zu übertragen.
Das Interesse der SchülerInnen und vor allem die Diskussionen zeigen, dass das Hauptziel der Aktivitäten unsererseits jedoch erreicht wurde. Die Bundeswehr hat an Schulen nichts verloren und ihre Anwesenheit darf nicht zu etwas alltäglichen, zum Normalfall werden.

Wir fordern alle, die von Bundeswehrbesuchen an Schulen erfahren, auf dagegen Widerstand zu leisten! Wendet euch in Stuttgart und Region an das Offene Treffen gegen Krieg und Militarisierung, das ist gerne bereit euch dabei zu unterstützen. Auch in anderen Städten gibt es antimilitaristische Gruppen, die nicht bereit sind, das Werben der Bundeswehr in der Öffentlichkeit zu akzeptieren!

Bundeswehr raus aus den Schulen!

Deutsche Waffen, deutsches Geld...

Da Deutschland in den letzten fünf Jahren seine Waffenexporte verdoppelt hat, schlage ich vor, daß die Band Normahl beim Eurovision Songcontest mit diesem Lied für "unser Vaterland" als Dank antritt.



"Der Krieg wird nicht mehr erklärt, sondern fortgesetzt" (Ingeborg Bachmann)

Über fünzig Jahre, seit ich das Gedicht zum ersten Mal las. Damals Schreckensvision, heute Verlaufsprotokoll. Das Härteste ist mir erst jetzt aufgefallen. Die Überschrift! "Alle Tage".

Der Unterschied zwischen Krieg und Frieden ist eingezogen worden wie ein nicht mehr gültiger Geldschein. Es gibt nur noch Krieg.

Man muss das gesehen haben im Fernsehen, wie über den Überfall auf Libyen gesprochen wurde im Bundestag. Nur mal gesprochen, noch nicht beschlossen.
Zwei Reihen Grüne, ungefähr eben so viel von der SPD. Hingesunken, gesäßschwer, schläfrig wie nach einem langen Hochamt. Und mehr oder weniger gleichgültig Beifall gejodelt. Was ist schon dabei? Seit Schröder-Fischer gilt doch "Alle Tage".

Zum Einstieg bereit Dreiviertel des Bundestags. Die Koalition, erholt vom sehr kurzen Anfall Einsicht, zusammen mit den angeblichen Gegnern. Nicht mal aus Kriegsbegeisterung. Noch weniger - hoffentlich - beschnapst von der neuen Idee der "Pflicht zu Helfen". Einfach aus Herdengefühl. Mitschlurfen, Mitschlappen, Mitschwimmen mit der NATO. Nur nicht allein bleiben mit seinem Rest von Vernunft. Mit der blakenden Funzel.

Und das genau in dem Augenblick, da Rasmussen sich und der NATO offen zugibt, dass Gaddafi mit Flugzeugen allein nicht niedergemacht werden kann. Dass dafür in dem verwaschenen Text des Sicherheitsrats kein Wort der Erlaubnis sich findet, kümmert ihn  nicht. Er will auch nicht sagen, dass deshalb das Unternehmen leider eingestellt werden muss. Die Fortsetzung seiner Rede ist noch vor Ostern zu erwarten. Flieger allein reichen nicht.Dann brauchen wir eben doch Infanterie. Aber beileibe keine Besatzungstruppen. Nur einfach Einsatzkräfte. Die sind doch vom Sicherheitsrat nicht verboten worden. Oder?

Genau in diesem Augenblick einsteigen?

Clausewitz wäre nicht dafür gewesen. Aber der schaute auch noch auf Sieges-Chancen, nicht auf Beistandspflichten am Ehrenbegräbnis. Hauptsache: Zusammen im Untergang.

Was ich gerne wüsste: stehen wirklich alle GRÜNEN im Siegesrausch jetzt hinter  den Oberen, die sie gerade verkaufen?

Ist denkbar, dass Leute, die die Bahnhofsbeseitigung blockierten und allerlei Haftstrafen riskierten,dem Verkauf durch die eigene Obrigkeit zustimmen? Hat auch nur einer sich vorgestellt, wie es ihm zumute sein wird, wenn die Wüste leergefegt sein wird -und eine zusammengeprügelte Horde siegfeiert über ein entleertes Land?

Die Stunde der LINKEN müsste jetzt gekommen sein. Nachstoßen! Sozialisten, die es in der SPD vereinzelt noch geben soll, Friedenshüter, die bei den GRÜNEN vor nicht langer Zeit gesehen wurden, bei jedem einzelnen scharf nachfragen, ob er das Müdkopfnicken der Kriegstreiber oben mitmacht? Wenn nein- wo bleiben dann die Entschließungen der Ortsverbände? Wo die persönlichen Schreiben an die eigenen Abgeordneten? Wo schließlich die wütenden Austrittserklärungen?

"Alle Tage". Muss es wirklich auch an diesem sein? Einige liegen im Sand. Andere glorios auf Lastwagen und verballern ihre Munition. Wenigstens die unschädlich beseitigt. Wieso, wieso soll das unsere Sache sein? Muss es wirklich auch heute sein. An diesem schönen Tag im April.

Auf in den Krieg! Blindes Huhn beim Ausspucken des einzigen gefundenen Korns

Hatten wir nicht leichtfertig genug Westerwelle und Merkel eine einzige verbliebene Einsicht zugetraut: die nämlich, dass nach zwei Befreiungskriegen ein dritter sich nicht empfehle. Angesichts der Opfer! Angesichts der vom Befreien übrig gebliebenen Verletzten und Toten auf beiden Seiten der Siegerstraße.

Jetzt - wo die Wahlen vorbei und ohnedies verloren sind - die Umkehr. Und das mit der Behauptung, es gehe bei allem ja nur ums Humanitäre. Bekanntlich ist alles, was die Befreiungskrieger in Libyen derzeit treiben, nach UNO-Definition auschließlich "humanitär". Auch Angriffsflüge auf Panzerkolonnen weit weg von jeder zu schützenden Bevölkerung.

Früher hatten die Parteien noch Programme. In denen stand halbwegs überprüfbar, was in den nächsten Jahren zu erwarten war. Dazwischen dann die Saisonvorhaben. Sollten für ein Halbjahr durchhalten. Inzwischen: Sekundenblubber. Hauptsache, es wirkt bis übermorgen. Logische Folgerung: Es kommt nicht mehr auf das an, was die Leute oben sagen. Was sie abstimmen. Worauf sie schwören. Die WERTE! Hauptsache, sie halten sich oben. Und müssen furchtbar lachen, wenn andere Staatsmänner um Waffenstillstand bitten. Wie jetzt Gaddafi. Keiner weiß, was im Brief an Obama steht, aber dass es "wirr" ist, steht fest. Wir dagegen: Immer erzrational. Mit Windenergie umgetrieben.

Westerwelles und Merkels Erkenntnisse reichen inzwischen gerade noch für drei Wochen.  Die tugendhaften SPDler und die bekenntnisfrohen FDPler stehen bereit und bilden mit den bekehrten Freiheitskämpfern die Einheitsfront. Alles wie immer!

Helfen wird der letzte Schwenk der FDP bei den Leuten leider nicht.

Egal, ob man der zusammengelaufenen Truppe in Bengazi die Befreiungsglut glaubt oder nicht, Westerwelle wird einfach als Flattermaxe wahrgenommen und abgestempelt. Merkel auch. Vermutlich denken alle deutschen Chauvis nur deshalb milder über sie, weil sie Frauen in Kriegsdingen ohnedies nix zutrauen.

Bleibt zu hoffen, dass wenigstens die LINKEN  in der Kriegsfrage widerspenstig bleiben. Und nicht geil auf Steinmeiers Schulterklopfen  oder Roths Zuschmunzeln auch noch nachgeben.

Insgesamt: Wer noch einen Beweis gebraucht hat, dass Demokratie im gegenwärtigen parlamentarischen System nie dazu führt, dass die Mehrheit der Menschen das durchsetzen kann, was sie will, jetzt hat er es schwarz auf weiß. Es müssen andere Formen der Willensbildung und vor allem der Kontrolle gefunden werden

Hallodri, Plusterbacke, Flederwisch und Schlottermaxe vor dem Sprung ins Jauchefass

Es reklamiert da einer Ehrfurcht für sein Denken. Und das seiner alten Kumpel. Die wurden vor Jahren mal gehandelt als "Neue Philosophen". Jetzt wären sie vergessen, wenn sie die Welt nicht voll machten mit Kriegsgeschrei.

Cohn-Bendit
Der eine, der alle niedermacht, voller Denkkraft, ohne je zu erröten, ist Daniel Cohn-Bendit. Und wer hat ihn geschändet? Der Redakteur der Frankfurter Rundschau in einem Feuilleton: "Wo mir doch Stephan Hebel im Feuilleton der Frankfurter Rundschau am Montag noch bescheinigt hat, dass ich nicht nachdenke. Zumindest dann nicht, wenn es um die Luftangriffe auf den libyschen Diktator Gaddafi geht, die ich ausdrücklich unterstütze."

Hebel hatte geschrieben „Die wichtigsten Köpfe der ehemaligen Linken opfern ihre Fähigkeit und ihre Pflicht zum kritischen Denken auf dem Altar eines falschen Friedens, besiegelt ausgerechnet durch einen Krieg.“

Plusterbacke Cohn-Bendit drauf: "Ich respektiere ja jeden, der andere Meinungen hat. Aber ich lasse mir nicht Unfähigkeit zum Denken bescheinigen. Da werden Glucksman, Lévy und Cohn-Bendit genannt, als würden die sowieso immer nur stören. Das ist unverschämt. So behandelt zu werden, ist von einer deutschen Arroganz, die ihresgleichen sucht. Das wollte ich nur mal loswerden."

Hebel hat wirklich einen Fehler gemacht. Bei keinem der drei Rufer in die Wüste handelt es sich um ehemalige "LINKE". Es handelt sich um runzlige Schlaffpuppen, die überall nach Gas suchen, um wieder Form zu gewinnen. Prallform.

Glucksmann
Der neue Philosoph Glucksmann hat in seinen  jüngsten Jahren ein subjektiv ehrliches Buch verfasst, heute fast vergessen: "Köchin und Menschenfresser". Das endete in einer Antinomie größten Ausmaßes. Die Diktatur eines Breschnew auf der einen Seite, die Gefangenen hinter den Gittern des GULAG auf der anderen. Ihre letzte verbliebene revolutionäre Tat: Tätowierung von Flüchen auf die Machthaber in die Stirnhaut. Weiter reichte es nicht. Ein dialektischer Rückblick auf die Auflösung dieser Situation im Lauf der Ereignisse ist Sache eines Glucksmann nie gewesen.

Aufsehen erregte dann 1977 "Les maîtres penseurs". Soll eine Anspielung enthalten auf "maîtres chanteurs" -Meistersinger. Was aber im französischen Argot nicht vom Selbersingen handelt, sondern vom Singen lassen im Knast = Erpressen. Im Blitztempo wird alles abgehandelt, von Fichte bis Nietzsche, was deutsche Philosophen je hervorgebracht haben. Bei allen handelt es sich einfach um den Willen zur Macht. Zum Rechthaben. Das kennt ein Glucksmann schließlich.

Heruntergesaut mehr nach Sprachwitzen als nach Erkenntnis. Ein Beispiel: "Eigentum ist nicht Diebstahl, wie Proudhon meinte. Nach Marx ist es Vergewaltigung der Arbeitskraft des Arbeiters" ("La propriété ce n'est pas le vol, mais le viol", S.236 der französischen Ausgabe). Schon wieder drei Seiten gewonnen, die man mit Varianten des Wortspiels füllen kann. Das Buch wurde vor allem von Leuten mit Genuss gelesen, die kein Deutsch konnten, aber vor der Zeit antideutsch empfanden. Heute redet keiner mehr davon.

Nach den gedanklichen Hervorbringungen ergab sich Glucksmann den Manifesten, Aufrufen und Reportagen aus den blutigsten Ecken der Erde. Immer wieder schnell daheim- vor dem Bildschirm.

Bernard-Lévy
Für Bernard Lévy genügt ein kurzer Auszug aus Wikipedia in der deutschen Fassung. Die französische ist gehässiger.

Die Zeitung "Die Welt" schrieb als Anerkennung on Lévy, er sehe „Öffentlichkeit als ein Schlachtfeld, auf dem nicht die Wahrheit oder auch nur das bessere Argument zählen, sondern gelungene Kampagnen und Manöver-. Deutliche Kritiken an seinen Philosophie-Schriften stammen unter anderem von dem Philosophen Cornelius Castoriadis, von dem Historiker Pierre Vidal-Naquet und dem Politologen Raymond Aron, die "BHL" für seine ungenaue Arbeit heftig kritisierten. Die Kontroverse erreichte 1979 ihren Höhepunkt in dem Vorwurf "Gedankenpolizei", den BHL an die Adresse der Ersteren richtete, welche unter Angabe der richtigen Quellen durchaus sachliche Kritik geübt hatten.

2010 veröffentlichte Lévy das Buch "Vom Krieg in der Philosophie", in dem er sich, auch unter Bezugnahme auf Jean-Baptiste Botul, sehr kritisch mit Immanuel Kant auseinandersetzt und ihn unter anderem als „wütenden Irren des Denkens“ einordnet. Dies verursachte größeren Spott in Rezensionen, Unterstützer äußerten sich zurückhaltend zu dem Buch, da (von Lévy unbemerkt) Botul und seine angeblichen Werke lediglich ein Fake eines französischen Satiremagazins darstellen. Anfang März 2011 reiste er nach Bengasi, um Kontakt zum libyschen Nationalen Übergangsrat aufzunehmen und wie er selbst äußerte: "einen Krieg mit dem Kriegsziel Gaddafi zu stürzen" zu fördern.Er begrüßte den Militäreinsatz Frankreichs in Libyen und kritisierte die deutsche Zurückhaltung, die zu einer schweren Krise im deutsch-französischen Verhältnis geführt habe (Wikipedia mit letzten Eintragungen, dt.Ausgabe).

In der WELT und im SPIEGEL - stärker noch in der print-Nummer dieser Woche - rühmt sich der große Demokrat Lévy vor allem der Überrumpelung der Öffentlichkeit. Der zuständige Außenminister Frankreichs erfuhr von allem erst, nachdem Schlottermaxe Sarkozy die angekarrten Libyer als Freiheitshelden und Regierung anerkannt hatte und mit ihnen triumphal vor die Tore der Elyséés getreten war. Lèvy dabei. Übertölpeln jeder Kritik: das Rezept des angeblichen Aufklärers Lévy. Bekanntlich haben Voltaire und Lessing noch etwas anders gedacht und gesetzt auf die schrittweise Erhellung des menschlichen Geistes. Durch allgemeine Diskussion über strittige Fragen nämlich. So etwas ist für den Generalschausteller seines empfindlichen Ich nichts mehr.

Begriffs-Schärfe zeigt der zeitgenössische Philosoph vor allem bei der Erkenntnis des Nationalsozialismus. SPIEGEL-print 28.3.2011 S.86: "Es gab das Prinzip,dass so etwas wie der Nationalsozialismus nie mehr geschehen dürfe. Merkel und Westerwelle haben diesen Pakt gebrochen,das ist ein schwerwiegender Vorgang, keine Kleinigkeit."

Im selben Interview, eine Seite weiter: "Ich glaube immer noch, dass die Muslimbruderschaft [in Ägypten] die letzte schwarze Perle der Nazi-Auster ist". Die Muslimbruderschaft wurde laut Wikipedia 1928 von Hasan al-Banna in Ägypten gegründet. Bisschen früh für Hitlereinfluss. Wer sind jetzt die neuen Nazis?

Drei Musketiere und ein Staatsmann
Das also sind die Musketiere, die eine Nation hereingelegt haben. Cohn-Bendit hat ganz Unrecht mit der Bezeichnung der Tätigkeit seiner Mitbrummfliegen als "Stören". Das lässt noch an nervige, aber unschädliche Mistfliegen am winterlichen Fenster denken. Die von Geltungssucht zerfressenen Lärmer stören nicht. Sie zerstören. Sie dienen den ganz anderen Interessen der Oberen als billiger Vorwand.

Und warum können sie das? Weil es bei allem Gerede über Massenbildung in Schulen jeder Art - und Hochschulen - nicht gelungen ist, das eine als Wichtigstes hinzustellen, was einem Diderot einmal als Höchstes galt: Selberdenken! Niemand vertrauen, und trüge er den höchsten Titel, der dich hinterrücks und überfallartig zu etwas bringen will, was Du nicht durchschaust und durchschauen kannst.

Es ist lange her. Aber es gab einmal eine Zeit, als Studenten, noch mit viel Herzklopfen, die Profs und Philosophs auf ihren Kathedern zu verhören begannen, woher sie ihr Wissen eigentlich hätten und  welche Interessen sie verträten. Ist lang vorbei und durch neue Unterwürfigkeit vor den schlimmsten Hohlschwätzern ersetzt worden. Solange denen die Luft nicht herausgelassen wurde, so lange sie sich noch beleidigt äußern dürfen, wenn ihnen Aufgeblasenheit und - wahrheitsgemäß - Denkunfähigkeit, nein: Denk-Feindschaft vorgeworfen wird, so lange kann es in unserem Vaterland nicht einmal anfangen besser zu werden.

Der Höllensturz der GRÜNEN! Systemzwang oder Kult des Übermenschen?

Jutta Ditfurth zeichnet in genauester Aufzifferung die Entwicklung der Grünen vom Bosnienkrieg an nach. Sie eröffnet damit die Möglichkeit, nach den tieferen Gründen des Absturzes dieser Partei zu fragen.

Jutta Ditfurth hat einen großen Vorzug: Sie hat alles selbst miterlebt. Sie war schon bei den Bewegungen dabei, aus denen die Grünen erst erwuchsen. Umso tiefer sitzt verständlicherweise in ihr der Ingrimm, nachdem sie nach dreißig Jahren entdecken muss, was sich aus den Anfängen heraus entwickelt hat. Das Buch bedarf vielleicht eines Vorspanns für diejenigen, die all das als Geschichte erleben. Mitte und Ende der 1970er Jahre hatte meiner teilnehmenden Erinnerung nach große Mattigkeit die in Parteiansätzen zusammengetretenen Linken erfasst: KBW, KPD-Rote Fahne, Kommunistischer Bund und so weiter. Die Arbeiter der großen Fabriken trabten ungerührt ihren SPD-Bossen nach. Da war von den Ausnahmesituationen der Spontanen Streiks 1969 und 73 nicht viel zu machen. Dagegen häuften sich Auseinandersetzungen außerhalb der Fabrik in ganz Deutschland: Hausbesetzungen, Kampf gegen Ausbau der Atomindustrie, Startbahn West, um nur einiges zu nennen. Hinzu kam das Heraustreten der Arbeit aus den Hallen der Fabrik: Auslagerung, Lohnarbeit in der Form von Dienstleistung, Montageverleih begannen sich auszubreiten. In Zusammenfassung solcher Erfahrungen kam die mehr gefühlte als durchgearbeitete Erkenntnis auf, dass Klassenkampf sich zum großen Teil auch außerhalb der Fabrik abspielt. In der Auseinandersetzung um bezahlbares Wohnen, um Erholungsgebiete nach den Acht-Stunden, um Lebenschancen in einer mehr und mehr zugrunde gerichteten Welt.

Dass all das, was als neues Feld der Ausbeutung sich darbot und unter dem traditionellen Begriff der Natur zusammengefasst wurde, trug schon im Anfang zur Mythologisierung bei. Es gibt kein bewusstes, in sich gesammeltes Wesen namens Natur, das uns anschauen, ja ansprechen könnte. Was es freilich gibt, ist der zunächst unüberschaubare Zusammenhang der Einzeldinge, der Umstände, wie sie aufeinander einwirken. Das ließe sich karger, aber nicht gefühllos als Umgang mit den Ressourcen unserer Produktion und Reproduktion bezeichnen. Die gewählte Begrifflichkeit blieb auf jeden Fall hinter der marxistisch überlieferten an Präzision zurück. „Ökologisch, sozial, basisdemokratisch und gewaltfrei“ sollte nach der Formulierung des Gründungskongresses in Karlsruhe 1980 die neue Bewegung sein. Wie Jutta Ditfurth berichtet, wurde das, was in diesen vier Zielworten liegen sollte, nachher leidenschaftlich diskutiert. „Sozial ja, aber nicht sozialistisch“, hieß es bei einigen. „Gewaltfrei“ sollte bedeuten, man verzichte zur Durchsetzung seines Willens auf den Zugriff auf den leidensfähigen Körper des Mitmenschen, auch in Polizeigestalt -“ aber bei manchen auch, man lehne die Lösung eines jeden Problems zwischen Menschen durch die Staatsgewalt ab. Man sieht: Von Anfang an konnten sich Anarchisten mit halbmystischen Naturverehrern zusammentun. Aber nur verbal! Nur durch Herstellung immer größeren sprachlichen Scheins! Dies war der Ansatz aller Spaltungen und Abspaltungen.

Abfall vom Ursprung

Mit schärfster Genauigkeit listet Jutta Ditfurth die kleinen Einzelschritte auf, die in der grünen Bewegung von der Ablehnung der Atomtechnologie hin zum sogenannten Atomkompromiss in der Schröder-Regierung führten. Ein Kompromiss, der in Wirklichkeit vor der völligen Selbstauslieferung Merkel/Westerwelle das äußerste Zugeständnis an die vier größten Monopole der Energiewirtschaft Deutschlands darstellte. Das gleiche gilt für die beschleunigte Bewegung weg vom Pazifismus, welche schließlich hin zum Überfall auf Jugoslawien geführt hatte. Wenn auch in diesem Fall Fischers Ehrgeiz die Hauptrolle gespielt haben dürfte, lässt Jutta Ditfurth den kleineren Mithelfern und Mitschreiern nichts nach. Etwa dem markigen Kriegsgegner Volmer, der nach der Erhebung zum Staatssekretär seine Mit-Linken mit einem frisch entdeckten Pan-Serben besonders nervte, dessen Schrift von 1936 (?) angeblich durch alle politischen Umwälzungen hindurch -“ Bürgerkrieg, Tito-Zeit -“ die Unterdrückung aller Fremdvölker gefordert hätte und heute anerkannte Doktrin sei. Volmer und das Buch sind heute mit Recht vergessener als eine Scherbe der Gräber um Troja. Sie haben ihre Wirkung getan -“ die Völker Jugoslawiens gegeneinander gehetzt und auseinander getrieben. Die Wirkung blieb. Die Gründe bleiben vergessen.

In einem ganzen Kapitel („Krieg den Hütten“), wird dann der freudige Beitrag geschildert der Grünen zur gemeinsamen Lohnsenkungspolitik über Hartz IV der Schröder-Fischer-Regierung. Von den Nachfolgern in der Opposition keineswegs widerrufen. Aus den illusionären Anfängen entwickelte sich also etwas, das naturausbeuterisch, antisozial, atomselig auftrat und sich in der Verehrung der Staatsgewalt nicht genug tun konnte, wenn diese nicht gerade die eigenen Leute niederknüppelte.

Woher der Fall?

Es kann kein Zweifel sein, dass Jutta Ditfurth selbst einen Grund für die Gefügigkeit der angeblichen „Basisdemokraten“ gegenüber Fischer in der Tatsache sieht, dass viele jüngere Leute ohne langjährige sonstige Berufsausbildung ins Parlament gelangt waren -“ und sich preisgegeben sahen, wenn sie ihren Posten jetzt verlieren würden.

„Schröder verstand [beim Atomkompromiss, Anm. fg] seinen künftigen grünen Minister und sagte sinngemäß: Wenn er den Kernenergiegegnern deutlich mache, dass der Ausstieg komme, dann rücke die Frage nach dem definitiven Ende in den Hintergrund. Wer etwas werden wollte, verstand die Botschaft. Reihenweise kippten Positionen und Fristen. Die Realos gaben gern damit an: irgendein Restlinker revoltiert? -˜Wir schütten einfach Gold in seinen Rachen, das minimiert den Durchknallfaktor erheblich-™ prahlten sie (...).“ (S. 88)

Hier wird also die Vorstellung von Massenbestechlichkeit als sekundär wirksam angesetzt. Sicher nicht zu Unrecht. Nach dem gleichen Schema hatte Lenin die Arbeiter-Aristokraten entdeckt. Leute, die vom Gesamtkapital in bessere Situationen versetzt worden wären, daraufhin das Bestehende für erhaltenswerter gehalten hätten als alle Veränderungen und damit zum Bleiklotz am Bein der Organisation geworden wären. So einleuchtend und unbestreitbar das ist, kann es zur völligen Erklärung der Umkehr ursprünglich anders gesonnener Bewegungen nicht ausreichen. Einfach, weil es immer gerade unter den Bessergestellten welche gab, die -“ auch mittels verbesserter Kenntnisse -“ die herrschenden Zustände durchschauten und sich gegen sie wandten. Man denke nur an die führende Stellung der Drucker oder der Uhrmacher im neunzehnten Jahrhundert. Hinzugenommen werden muss als weiteres Motiv nach 1977 die zunehmende Ehrfurcht vor den gesetzlichen Regelungen. Keineswegs, weil sie als gerecht angesehen wurden. Einfach deshalb, weil sie bestanden, und weil die Hoffnung nach den nie geklärten Todesfällen in Stammheim geschwunden war, gegen die bewaffneten Durchsetzer des Bestehenden durchzukommen. Cohn-Bendit hat im vielleicht einzigen ehrlichen Bekenntnis seines Lebens zugegeben, dass er im Erlebnis der mörderischen Schlagkraft der französischen CRS vor Malville merkte, dass er auf diesem Weg zu viel riskiere. Der Weg von der Achtung der gesetzlichen Regelung zum Wunsch nach Setzung von eigenen Regeln aus der Regierungsposition darf nicht unterschätzt werden. Die neue gesetzliche Regelung über Partei und vor allem das Gesetzgebungsmonopol des Staates sollte dann als friedenschaffend gelten, wie jetzt gerade die Steinmeiers und ihre grünen Kollegen von damals betonen. Ihr Gesetz war friedenswahrend, das neue Merkels aber wirkt aufrührerisch. Und ist nach Ansicht dieser Theoretiker schon deshalb verwerflich.

Unvermeidlicher Personenkult?

Letzter und tiefster Grund des so tiefen Falls der Grünen ist wahrscheinlich der in uns allen anzutreffende Personenkult. Fischer, der Metzgersohn, ist nicht nur, wie Ditfurth an einer Stelle ausführt, die westliche Variante des Millionärs, der einmal Tellerputzer war. Sondern -“ viel eindringlicher -“ die des jugendlichen „Idealisten“, zu dem die Studienräte uns getrimmt hatten, zum reifen Mann, dem Realo, der jedes Verbrechen sorgfältig prüft, um es gewissenhaft erst dann zu begehen, wenn es sich nicht nur ihm allein, sondern auch der gleichgesinnten Gruppe als nützlich erweist. Nicht aber allen!

Problem dabei: Wir könnten ohne Personenfixierung wahrscheinlich gar nicht bis zum politischen Handeln kommen. Tatsächlich brauchen alle Gruppen, jedenfalls die mir bekannten, die Vormacher, die hochreißen und zugleich beweisen, dass sie, die die Vorschläge machen, zugleich Mut und Kraft haben, sie durchzusetzen. Man erinnere sich nur an die durchschlagende Wucht des Fotos von Dutschke auf dem Titelbild einer SPIEGEL-Ausgabe, wie er die Barrikaden überspringt. Insofern liegt in der Figur desjenigen, der einmal aufgerufen und hochgerissen hat, eine bleibende Gefahr. Man bleibt an ihr hängen und verzichtet im gegebenen Augenblick auf das Widerwort. Ist das einmal geschehen, der gute Augenblick verpasst, scheint es unmöglich doch noch abzuspringen.

Drei denkbare Gründe also, den Willen zum Anderen und zum Ändern unserer Welt erliegen lassen. Erstens Angst ums Fortkommen beim Ausstieg aus dem entgleisenden Zug. Zweitens Gesetzlichkeit, die die frontale Auseinandersetzung scheut und auf dem Weg der Gesetzesbeobachtung selbst zum Ziel kommen will. Und schließlich drittens der Personenkult, der es nicht schafft, auch der verehrten Person auf ihre Unehre, ihre unvermeidlichen Grenzen zu kommen.

Gibt es eine Chance, unterwegs nicht zu fallen und zu verfallen?

Wenn das so ist, verlieren Ditfurths mitgedachte Vorwürfe gegen den Weg der Grünen nicht ihr Gewicht. Cohn-Bendits gegenwärtiges Rotzen gegen seine lasch gewordenen Genossen, die den Krieg gegen den libyschen Staatschef scheuen, zeigen, wie verworfen und klebrig heute einer wirkt, der doch einmal unbestreitbar gewisse Verdienste hatte. Heißt aber das Ergebnis dann nicht mit Notwendigkeit: Jede geschichtliche auf Revolution ausgerichtete Bewegung verfällt nach gewisser Zeit zum schleimenden Reformismus? Meist, aber nicht zwingend dem fortschreitenden Alter der Akteure folgend. Auch die im Verborgenen arbeitenden und die aus den KZs befreiten SPDler hatten 1945 sicher anderes im Sinn als eine polierte Küchengarnitur namens Godesberger Programm!

Dem vorher Gesagten entsprechend müsste eine Organisation, die den revolutionären Willen in sich selbst aufrecht erhalten wollte, drei schwer zu Ende zu denkende Aufgaben anpacken:
1. Wie Jutta Ditfurth es für den Anfang der Bewegung richtig beschreibt, müsste das Besoldungsprinzip des Rätesystems brutal durchgesetzt werden. Bekommt jeder ohnedies nur einen Facharbeiterlohn, muss am Sessel nicht so kleben geblieben werden. Die drohende Arbeitslosigkeit für missliebige Ex-Politiker muss freilich weggedacht werden.
2. Es müssen Möglichkeiten gefunden werden, ehemals erkämpfte gesetzliche Möglichkeiten nicht aufzugeben, aber zugleich Formen zu entwickeln, in denen die Satzungen der bürgerlichen Gerichte nur die zweite oder dritte Rolle spielen. Der Vorschlag Inge Vietts der Herausbildung einer dem Staat unbekannten und unerkennbaren Organisation im Rahmen der Luxemburg-Veranstaltung der Jungen Welt wurde zu wenig beachtet, meiner Kenntnis nach gar nicht diskutiert. In der vorgetragenen Form halte ich ihn für unvollziehbar. Es müssen aber Formen verdeckter Arbeit überlegt werden können.
3. Das Schwerste: Die ehemals notwendigen Anführer müssen aus dem Herzen gerissen werden, ohne ihr Andenken zu vernichten. Und wären es Lenin oder Mao Zedong -“ sie werden aus einer Antriebskraft zu Hemmung und Ballast, wenn wir nicht über sie hinaus und ohne sie weiterlaufen können als sie es schafften. Jutta Ditfurth selbst hat wie wenige widerstanden. Sich dem Sog widersetzt. Also muss es möglich sein. Aber wie?

Jutta Ditfurth 2011: "Krieg, Atom, Armut. Was sie reden, was sie tun: Die Grünen"
2. Auflage. Rotbuch Verlag, Berlin.
ISBN: 978-3-86789-125-7. 288 Seiten. 14.95 Euro.

Zuerst veröffentlicht bei kritisch-lesen.de

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Heute startete nach monatelanger Vorbereitung das Projekt kritisch-lesen.de mit der Null-Ausgabe. kritisch-lesen ist eine Seite, auf der alle zwei Wochen Ausgaben mit Buchrezensionen zu verschiedenen Themenschwerpunkten erscheinen. Darüber hinaus werden in jeder Ausgabe auch aktuelle Besprechungen zu anderen Themen veröffentlicht. Laut Selbstverständnis geht es kritisch-lesen.de darum, linke Gegenöffentlichkeit zu stützen, aktuelle Diskussionen zu begleiten und im besten Fall anzuregen. Mehr Informationen zu den Motivationen und Zielen sowie einer Analyse zur Notwendigkeit von Gegenöffentlichkeit in Zeiten des Internets finden sich in dem Selbstverständnis.

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In dieser Analyse wird die Frage beantwortet, warum (noch) ein Projekt speziell für Rezensionen notwendig ist, wenn doch in unzähligen Publikationen Buchrezensionen erscheinen. kritisch-lesen.de geht es um „Gegenöffentlichkeit, unterschiedliche und erleichterte Zugänge, die Begleitung aktueller Diskussionen und direktes Handeln“. Speziell der letzte Aspekt macht Hoffnung auf ein interessantes, spannendes und wichtiges Projekt. Im Selbstverständnis heißt es:

"Wir wollen „kritisch“ sein, indem wir nicht übernehmen, was nicht vorher um- und umgedreht wurde. Wir wollen kritisch im Bewusstsein des Zeitverlaufs sein. In diesem Sinne wollen wir uns zwar auf die viele Annahmen von früheren Analysen beziehen, jedoch keine davon schlicht auf heute anwenden, ohne die Veränderungen zu beachten und mitzudenken. Die Vorstellung, im Schnellzug der Geschichte zu sitzen, die Zukunft gewiss in der Hand zu haben, führte und führt ins Elend. Wer meint, im Voraus zu wissen was sein wird, ergibt sich! „Kritisch“ erhält somit einen entscheidenden weiteren Sinn: Die Erfahrungen aus den Niederlagen der Vergangenheit sind zu bewahren, zu reflektieren -“ und weiterzugeben. Wir wollen nicht auf einem Gleis ohne Weichen eingreifen, sondern im Rundgang durch das Umfeld von herrschenden und linken Begriffen und Deutungen. Auf diese Weise wollen wir das Trümmerfeld der Gegenwart offenbaren als eines, in welchem die Produktionen und Überreste von Gewiss- und Sicherheiten zerstört werden müssen, um den Blick ins Freie zu schaffen. Somit wollen wir dem Begriff Kritik den Geschmack des Nörgelns, des grämlichen Sofahockertums nehmen, das sich mit nichts abfinden mag. Kritik in diesem Sinn verstehen wir als Breschenschlagen, als Aussicht schaffen, als Sich-Umblicken in einer Gegend, die altbekannt und doch völlig neu auftreten kann. Somit geht es uns nicht nur um kritisches lesen der reinen Theorie wegen. Wir wollen Handreichungen für die Praxis liefern, Werkzeuge für die Veränderung. Kritik ist deshalb nicht ohne Praxis machbar -“ wie Praxis nicht ohne Theorie denkbar ist."

Reichhaltiges Archiv

Wie der Einleitung von Ausgabe Null zu entnehmen ist, finden sich bereits zahlreiche Besprechungen aus dem stattweb-Archiv. Bei stattweb.de waren einige der Autor_innen von kritisch-lesen.de aktiv, bevor das Projekt im Juli letzten Jahres eingestellt wurde. In Ausgabe Null schöpfen die kritisch-lesen.de-Macher_innen aus dieser Fundkiste und präsentieren 15 hervorragende „alte“ Besprechungen. Es zeigt sich hier bereits das weite Feld, in dem kritisch-lesen.de agieren möchte. Neben einer Analyse zu den gesammelten Ausgaben der Weltbühne des Jahres 1932 finden sich Buchtipps wie "Autonome Nationalisten", „Bestrafen der Armen“ von Loïc Wacquant, „Tödliche Schüsse“ von Wolf Wetzel und vielen anderen. Aber auch Analysen von Büchern, die nicht explizit empfohlen werden, tauchen bei kritisch-lesen.de auf. Beispielsweise wird „Die Vier“ von Volker Zastrow zum Anlass genommen, um anhand der Stimmenverweigerung von vier SPD-Abgeordneten im hessischen Landtag angesichts einer damals geplanten Wahl Andrea Ypsilantis zur Ministerpräsidentin grundsätzliche Überlegungen zum Gewissen anzustellen. Laut Rezensent Sebastian Friedrich liegt „die große Erkenntnis aus der Lektüre von Zastrow“ darin, dass dieser „trotz aller Umständlichkeiten, vielleicht sogar gegen seine Absicht, das Heiligtum der Abgeordneten -“ das Gewissen -“ zerstörte“. Im Übrigen findet sich auch eine ältere Besprechung von Thomas Trueten bei den aufgelisteten Archiv-Besprechungen, bei der die Angriffe auf das Buch „Stuttgarter NS-Täter“ im Mittelpunkt stehen.

Vier neue Besprechungen

Außerdem wreden bereits in dieser Ausgabe vier aktuelle Bücher besprochen. Anlässlich der Wahlerfolge der Grünen am letzten Wochenende und einem voraussichtlich grünen Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg hat sich Fritz Güde das Buch „Krieg, Atom, Armut. Was sie reden, was sie tun. Die Grünen“ von Jutta Ditfurth vorgenommen, in dem die Geschichte der Partei von anfänglichem Idealismus bis heutigem Pragmatismus kritisch nachgezeichnet wird. Ein weiterer - bereits vorab bei trueten.de veröffentlichter - Artikel widmet sich dem Kriminalroman „Wo die Löwen weinen“ von Heinrich Steinfest, der die Brisanz um das Thema Stuttgart21 in eine fiktive Geschichte einbindet. Auch zwei Publikationen aus dem Unrast Verlag werden in der Ausgabe besprochen. Zum einen wird der Sammelband „Rechte Diskurspiraterien“ aus dem Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung wärmstens empfohlen. In diesem Sammelband werden die Vielschichtigkeit der Adaptionen linker Codes und Inhalte von der extremen Rechten untersucht und Gegenstrategien entworfen. Zum anderen wird Gabriel Kuhns Einführung zur Straight Edge-Bewegung besprochen

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