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Bundesausschuss Friedensratschlag: Friedensstrategien in einer unfriedlichen Welt

Die Ergebnisse des Friedensratschlags in Kassel:

Die Bundeswehr wird in immer neue Einsätze geschickt: Bosnien, Kosovo, Afghanistan, Kongo, Libanon etc. Immer neue Bundeswehreinsätze schaffen aber keine Sicherheit, im Gegenteil, die Unsi­cherheit wird erhöht. Alle Versuche, politische Probleme militärisch zu lösen, sind zum Scheitern verurteilt. Unschuldige Menschen sterben, Länder werden verwüstet, Hass und Verzweiflung wachsen an. Die Beteiligung der Bundeswehr an weltweiten Kriegen ist verfassungswidrig. Die Auslandseinsätze bedeuten eine Militarisierung der Außenpolitik mit Rückwirkungen auf die Innenpolitik.
Mit den Aktionen der Friedensbewegung treten wir für eine andere Politik ein. Diese Politik setzt auf Gerechtigkeit, Solidarität, Entwicklung, Recht auf demokratische Teilhabe und nachhaltigen Umgang mit der Natur.
I Die sechs friedenspolitischen Schwerpunkte 2007
1. Gegen die Militarisierung der EU

Am 1. Januar 2007 übernimmt die Bundesrepublik die EU-Ratspräsidentschaft. Die Bundesregierung hat unter dem Motto „Gemeinsam gelingt Europa“ ihre Schwerpunkte gesetzt. Dazu gehören die Wie­derbelebung des EU-Verfassungsprozesses und wesentliche Schritte zur Militarisierung der EU, wie die Einsatzbereitschaft der EU-Battlegroups. Das bedeutet eine weitere Aufrüstung und Militarisierung Europas.

Politische Ansätze
1.Die Friedensbewegung kann das ablehnende Votum gegen den EU-Vertrag aus Frankreich und den Niederlanden als Ansatzpunkt für eine weitere Kampagne nutzen.
2.Eine deutsche Beteiligung an den EU-Battlegroups verstößt gegen das Grundgesetz und muss beendet werden.
3.Die im Entwurf der EU-Verfassung vorgesehene Rüstungsagentur muss aufgelöst werden. Statt gemeinsamer Aufrüstung sind ernsthafte Abrüstungsinitiativen zu fordern.
4.Es gibt mittlerweile eine Vielzahl von polizeilich-militärischen Einsätzen der EU weltweit. Dieses muss von der Friedensbewegung thematisiert werden, um damit Druck zu deren Beendigung auszuüben.

2. Gegen die Militarisierung der deutschen Politik

Das neue Bundeswehr-Weißbuch der Bundesregierung sieht den verfassungs­widrigen Umbau der Bundeswehr zu einer Interventionsarmee vor, der dem ursprünglichen Verteidigungsauftrag widerspricht. Dazu sollen neue Waffen und zusätzliche Ressourcen für neue Auslandseinsätze bereitgestellt werden. So werden im Weißbuch die angeblich unzureichenden Möglichkeiten für einen Bundeswehreinsatz im Inneren bemängelt und deshalb eine Verfassungsänderung gefordert. Zudem wird die innere Militarisierung unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung forciert.

Politische Ansätze
1.Alle Bundeswehreinsätze im Ausland müssen beendet werden.
2.Das Bundeswehr-Weißbuch muss als Ausdruck einer expansiven Außenpolitik thematisiert und zurückgewiesen werden.
3.Der gemäß Weißbuch zu sichernde "ungehinderte Warenaustausch" und die Sicherung der "Rohstoffzufuhr" müssen zurückgewiesen werden.
4.Gegen die Aufrüstung der Bundeswehr mit Angriffswaffen muss die Kampagne „Spart endlich an der Rüstung“ gestellt werden.
5.Mit einer Anti-Terror-Hysterie wird eine Aushebelung demokratischer Grundrechte und der Militarisierung im Inneren Vorschub geleistet. Hiergegen gibt es ein politisch breit gefächertes Spektrum an Widerstand., der vor allem gegen die Entwicklung zum Überwachungsstaat gerichtet ist.


3. Friedensbeiträge zum Nahostkonflikt

Eine wichtige Ursache für die anhaltenden Konflikte im Nahen Osten ist die seit Jahrzehnten andauernde völkerrechtswidrige Besetzung von Palästinensergebieten durch Israel und der fortdauernde staatliche Terror gegen die dortige Bevölkerung. Dieses hat Rückwirkungen auf die gesamte Region des Nahen und Mittleren Ostens. Die Lösung des Nahostkonfliktes erfordert die Beendigung der israe­lischen Besatzung, die Aufhebung des Boykotts der palästinensischen Autonomiebehörde sowie die Unterstützung für einen lebensfähigen palästinensischen Staat, der ebenso wie Israel nur in aner­kannten und gesicherten Grenzen existieren kann.

Politische Ansätze
1.Wir wenden uns gegen jegliche Kriegspolitik, auch die der israelischen Regierung. Ein wichtiger Ansatz dazu ist der Aufruf von 25 deutschen Politologen, die sich für eine „belastungsfähige Freundschaft“ zwischen Deutschland und Israel einsetzen.
2.Die Friedensbewegung muss die Auseinandersetzung mit der israelischen Besatzungspolitik heraus­arbeiten und dabei offensiv den hierzulande sofort erhobenen Antisemitismus-Vorwürfen entgegen­treten. Dazu gehört die verstärkte Einbeziehung von Positionen der israelischen Friedensbewegung. Gleichzeitig gibt es zunehmend Anlässe, sich auch als Friedensbewegung gegen den Antisemiti­smus von stärker werdenden Neonazis zu engagieren.
3.Der Gedanke der gemeinsamen Sicherheit für Israel und Palästina kann im Rahmen einer Konfe­renz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen und Mittleren Osten entwickelt werden. Diese Konferenz sollte auf Einladung der Bundesregierung in Berlin stattfinden, als Ausdruck der beson­deren deutschen Verantwortung für Israel und einen künftigen Staat Palästina.
4.Verschiedene Initiativen und Organisationen engagieren sich für die Problemfelder im Nahen und Mittleren Osten. Hier bedarf es nicht nur einer ganzheitlichen Sichtweise der Region von Israel bis zum Iran, sondern auch einer verstärkten Zusammenarbeit dieser Gruppen.

4. Beendigung des „Antiterrorkrieg“

Seit mehr als fünf Jahren führt die US-Regierung offiziell einen „Krieg gegen den Terror“. Die Gründe für die Kriege gegen Afghanistan und Irak waren vorgeschoben. Ziel war nicht die Demokratisierung dieser Länder, sondern die Durchsetzung der vollständigen Dominanz über die strategisch und wirtschaftlich bedeutende Region. Im Visier der US-Regierung sind all die Staaten, die sich nicht der Logik der neoliberalen Globali­sierung und den damit erzeugten Ausbeutungsmechanismen unterwerfen. Durch Druck auf die UNO und mit Hilfe der G-8-Gipfel und anderer formellen und informellen Treffen wird versucht, diese Strategie weltweit durchzusetzen.

Politische Ansätze
1.Sowohl in Afghanistan wie auch im Irak kann der totale Fehlschlag des „Antiterrorkrieges“ im Rahmen von Kampagnen entlarvt werden. Das gilt auch für die parallel oder alternativ dazu verwendete Argumentation zum Demokratieaufbau in den betroffenen Ländern. Vorrang hat die Forderung nach Abzug aller Besatzungstruppen aus Afghanistan und Irak.
2.Deutschland ist ein logistisches Rückgrat der US-Kriegspolitik. Dazu gehören nicht nur die US-Militärbasen, sondern zunehmend auch der Flughafen Leipzig als Drehscheibe für Trup­pentransporte. Zu fordern ist die Einstellung jeder direkten oder indirekten Unterstützung der US-Kriegspolitik.
3.Die deutsche Bundesregierung steht seitens der NATO unter dem Druck, sich militärisch als Besatzungsmacht in Afghanistan zu engagieren. Dieses erfolgte bisher nur punktuell durch geheime KSK-Aktionen, da eine breite Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland gegen offene Kriegseinsätze ist. Der von der Friedensbewegung ausgehende Gegendruck ist deshalb kampagnenfähig.
4.Der Islam wird als neues Feindbild lanciert, um die verfehlte „Anti-Terror-“Politik aufrecht zu erhalten. Dazu ist Zusammenarbeit mit den hier lebenden Menschen aus den betroffenen Gebieten notwen­dig.
5.Der G-8-Gipfel im Juni 2007 in Heiligendamm wird von den sozialen Bewegungen, darunter selbstverständlich auch der Friedensbewegung, genutzt, um die verhängnisvolle Politik der mächtigsten Staaten dieser Welt anzuprangern.

5. Für weltweite atomare Abrüstung

Die reale Gefahr durch Atomwaffen geht heute nicht von „Schurkenstaaten“ aus, sondern durch den Unwil­len der „alten“ Atommächte, ihren vertraglichen Verpflichtungen des Atomwaffensperrvertrages nachzukom­men, eine atomare Abrüstung einzuleiten. Im Gegenteil wird der Einsatz von Atomwaffen in der aktuellen US-Nukleardoktrin sogar gegen solche Länder in Betracht gezogen, die nicht über Atomwaffen verfügen. Dadurch wird der Aufbau von Atomwaffenarsenalen durch Länder begünstigt, die sich von der US-Politik bedroht sehen. Die vor allem im Irak bereits im ersten Golfkrieg eingesetzte Uranmunition hat zu großflächi­gen atomaren Verseuchungen und dadurch ausgelösten dramatischen Zunahmen von Krebserkrankungen und Missbildungen bei Neugeborenen geführt.

Politische Ansätze:
1.Initiativen wie z.B. die Proklamation einer kernwaffenfreien Zone durch fünf zentralasiatische Staa­ten sind auch ein Ansatzpunkt zur Entschärfung von Konfliktsituationen wie z.B. des irani­schen Atomprogramms.
2.Die Internationalen Juristen gegen Atomwaffen, IPPNW und weitere Organisationen bereiten eine neue Kampagne „World Court Project II“ vor, worin die Verpflichtung aus dem Nichtweiterverbrei­tungsvertrag angemahnt werden soll.
3.Atomare Abrüstung ist mittlerweile auch in Deutschland wieder ein Thema, das außer von der Links­partei auch von Politikern der Grünen und der SPD unterstützt wird.
4.Kampagnenfähig ist die Forderung nach Abzug der in der Bundesrepublik gelagerten Atomwaffen.
5.Die Folgen des Einsatzes von Uranmunition sollten auch unter dem Gesichtspunkt einer ato­maren Kriegsführung auf niedrigem Niveau thematisiert werden.

6. Achtung des Völkerrecht

60 Jahre nach den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen werden die damals verkündeten Grundsätze des Völkerrechts immer mehr ausgehebelt. Für Angriffskriege werden Begründungen konstruiert und zur offiziel­len Staatsdoktrin erklärt, und – beispielsweise - im Bundeswehr-Weißbuch fest- und fortgeschrieben. Damit einhergehend wird auch die Verlet­zung von Menschenrechten als Folge von Angriffskriegen immer mehr billigend in Kauf genommen.

Politische Ansätze:
1.Die Grundsätze des Völkerrechts, wie sie auch in der UNO-Charta verankert sind, müssen propa­giert, Angriffsdoktrinen zurückgewiesen werden.
2.Der deutsche Waffenexport muss angeprangert werden, da hiermit weltweit Krieg und Bürgerkrieg intensiviert werden.
3.Die Bundesregierung muss zur Ächtung von verbotenen Waffensystemen aufgefordert werden.
4.Der Zugang zu natürlichen Ressourcen, wie z.B. Trinkwasser sowie die dramatischen Anforde­rungen an den weltweiten Klimaschutz müssen zu einer Achtung der legitimen Rechte aller Men­schen dieser Erde führen.
5.Zu der anhaltenden Drohkulisse gegen den Iran sollten die völkerrechtswidrigen Forderungen an den Iran als solche dargestellt werden.


II Terminfahrplan

1.EU-Ratspräsidentschaft: Mit dem Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft beginnen dezen­trale Aktivitäten der Friedensbewegung gegen die EU-Militarisierung.
2.Nato-Sicherheitskonferenz: Aus Anlass der Nato-Sicherheitskonferenz in München sind wieder Aktionen der Friedensbewegung vorgesehen, und zwar am 9. Februar eine Protestkundgebung auf dem Marienplatz und am 10 Februar eine Demonstration vom Marienplatz zum Tagungsort der Konferenz.
2.Treffen der EU-Verteidigungsminister: Am 1. und 2. März treffen sich die EU-Verteidigungsminister auf Einladung von Minister Jung in Wiesbaden. Aktionen dagegen sind Demonstrationen und ein Tribunal zur Verfassungswidrigkeit der EU–Militärpolitik
3.Ostermärsche vom 6. bis 9. April
4.1. Mai-Kundgebungen des DGB: Forderung „Spart endlich an der Rüstung“
5.8. Mai – Tag der Befreiung: Beteiligung an antifaschistischen Aktionen und Veranstaltungen
6.G8-Gipfel: Auf Einladung der Bundesregierung tagt der nächste G8-Gipfel im Juni 2007 in Heiligen­damm. Vorgesehen ist u. a. am 2. Juni die zentrale Demonstration und am 5. Juni ein Aktionstag gegen Militarisierung und Krieg.
7.Unsere erste Sommerakademie vom 18. – 22. Juli 2007 in Oberhof zu der wir viele neue Mitstreiter gewinnen wollen.
8.Hiroshimatag 6. August: Motto: „Atomwaffen abschaffen, bei uns damit anfangen“.
9.Anti-Kriegstag 1. September: gemeinsam mit den Gewerkschaften für Abrüstung
10.Sozialforum: Vom 18. bis 21. Oktober findet in Cottbus das zweite Sozialforum in Deutschland statt. Vorgesehen ist dabei auch eine Reihe von Veranstaltungen zur Friedens- und Abrüstungsproble­matik.
11.Der 14. Friedensratschlag am 1./2. Dezember 2007 in Kassel


III Zusammenarbeit

Das Ziel der friedenspolitischen Aktivitäten muss sein, die Meinungsmehrheit in der Bevölkerung gegen militärische Interventionen weiter auszubauen und zu aktivieren, die Politik einer öffentlichen Kontrolle zu unterziehen, und zunehmend Einfluss auf politische Entscheidungen zu gewinnen.
Zusammenfassend ergeben sich folgende Anforderungen in den genannten Themenfeldern:
1.Völkerrecht: Juristen können hier wertvolle Aufklärungsarbeit leisten und mit gerichtlichen Klagen gegen Grundgesetzverstöße und namentlich benannte Kriegsverbrecher zumindest wichtige öffentliche Aufmerksamkeit erzielen.
2.Atomrüstung: Hier gibt es mehrere Initiativen, deren Zusammenwirken erforderlich ist.
3.„Antiterror-Krieg“: Opfer des „Antiterror-Krieges“ sind auch viele in Deutschland lebende Men­schen. Migranten aus den betroffenen Regionen sind in zahlreichen Organisationen vor Ort vertre­ten. Hier bedarf es Initiativen für einen „Runden Tisch“ ohne Ausgrenzungen.
4.Nahostkonflikt: Hier gilt es speziell die Zusammenarbeit zwischen Palästinagruppen und der Irak-Tribunalbewegung voranzubringen.
5.Militarisierung: Demokratieabbau, Aufrüstung, innere Militarisierung und Notstandstandsverfassung erfordern eine Zusammenarbeit mit Initiativen, die sich primär für Menschenrechte, Demokratie und Grundrechte einsetzen.

Ãœbergreifend stehen:

Globalisierung:
Der Kampf gegen die neoliberale Globalisierung - wie er zum G8-Gipfel in Heiligendamm thematisiert wird – bedeutet eine breite Zusammenarbeit mit allen Globalisierungskritikern.

Sozialabbau:

Die Gewerkschaften sind vor allem beim Thema Militarisierung als Bündnispartner anzusehen, darüber hinaus aber auch bei den anderen Themenfeldern, die direkt oder indirekt mit verstärkter Aufrüstung bei gleichzeitigem Sozialabbau zu tun haben.

Demokratieabbau:
Islamophobie und Antiterror-Hysterie gehen Hand in Hand mit Einschränkungen demokratischer Grundrech­te. Hiergegen engagieren sich auch viele Menschen und Initiativen, die ansonsten keine Berührungspunkte zur Friedensbewegung haben.


Kassel, den 1. Dezember 2006
Bundesaussschuss Friedensratschlag

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