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Nachtrag zu Griechenland: Rasenmäher weg von den Ohren! Begriffe sauber halten!

Wir stehen weiterhin zur Rechtfertigung der Streiks in Griechenland - wie sehr auch auf verlorenem Posten.

Inzwischen hat es Nachrichten gegeben von Auseinandersetzungen zwischen der kommunistischen KKE und angeblich vermummten Anarchisten vor dem Parlament in Athen. Wer dabei Angreifer, wer Verteidiger war, machen alle Berichte nicht deutlich.



Bedenklich sind nicht allein diese Rempeleien zwischen verschiedenen Gruppen. Die gab es immer schon, meistens allerdings in Epochen des Niedergangs der Bewegung. Viel schlimmer die Erklärungs-und Verteidigungsversuche der beiden Gruppen.

Die als Anarchisten auftretende Gruppe sieht sich gegenüber eine Horde von "STALINISTEN ". Die KKE dagegen trumpft auf mit einem neuen Namen für ihre Gegner: "ANARCHOFASCHISTEN". Den Islam-Faschisten unseligster Erfindung mussten unbedingt grässliche Geschwisterchen hinzuerfunden werden.

Beide Begriffsbildungen dienen der Betonierung von Zwistigkeiten. Diese sollen unbedingt als antagonistische Gegensätze wahrgenommen werden. Wäre das nicht nur augenblickliches Angs-und Wutgebrodel und bliebe es dabei, wäre eine Einigung der Aufständischen und damit ein Sieg über die Knechte der gesamteuropäischen Reaktion im Parlament unmöglich.

Stalinisten.

Auch in Deutschland ist es leider üblich geworden, allen, die man nicht lieb hat, Stalins Kappe überzustülpen. Vergl. das haltlose Geifern gegen die "Junge Welt". Analytisch begründet ist an dieser Klassifizierung nichts. Rein historisch gesehen gibt es treue Anhängerschaft an Stalins Führertum seit Chrustschow nicht mehr. Hanna Arendt hat das - im Nachtrag ihres verfehlten Hauptwerks - immerhin selbst zugegeben. Hinzukommt, dass die ehemalige SBZ, später DDR, staatsrechtlich nie nach dem Muster der UDSSR ausgestaltet worden war. Schon die bis zum Schluss unangefochtene Anerkennung anderer Parteien, wie wenig sie auch zu sagen hatten, widerspräche dem. Auch waren selbst Prozesse wie der gegen Harich- so unterdrückerisch sie auch gemeint waren- nie solche, in denen die Angeklagten Erfundenes zum allgemeinen Abscheu hätten bekennen müssen.Was er zugab, stimmte! (Harich als Westler hätte für unerlaubte Kontakte mit Organen der Ost-Presse von unserem Gericht vielleicht nicht gleich acht Jahre aufgebrummt bekommen. Aber für drei hätte es unter den Bedingungen der fünfziger Jahre schon reichen können).

Meint man mit Stalinismus aber die Deformation einer Partei, die sich dem Staat wesentlich als Hilfsorganisation und Stütze unterworfen hat- und keinen eigenen kollektiven Willen mehr entfalten kann- so träfe das auf die DDR zwar zu. Nicht nur auf sie!- Sondern auch auf die meisten sozialdemokratischen Staaten, in denen Parteiaktivität aufs Hurra-Brüllen beschränkt bleibt. Dann sagt der Begriff nichts mehr Unterscheidendes aus. Sondern dient als Anregung zum erschütterten "Huch". Wie er ja auch gewollt wird.

Anarchofaschismus.
Ab 68 litten wir unter der Inflation des Faschismusbegriffs. Ein Vater, der seine minderjährige Tochter schon um 1 Uhr zurückerwartete, war unweigerlich "Faschist". Es war eine Erleichterung, als vor allem Schmierer im "Roten Forum" Heidelberg den Begriff zu analysieren begann. Grob gesagt stellte sich heraus, dass vor allem zum Faschismus eine Massenbewegung gehört, die auf Führerbefehl Gewaltmaßnahmen durchsetzt über jede rechtliche Bindung hinaus.

Das erlaubte sofort eine besondere Betrachtung der damals zahlreichen Militärdiktaturen in Griechenland, den südamerikanischen Staaten oder auch der Türkei. Bei allen stellte sich heraus: Während für die authentisch faschistischen Staaten Deutschland und Italien Krieg den Augenblick ihres Aufschwungs bedeutete, sackten die Bewegungen z.B. in Griechenland bei einem im Grunde nicht lebensbedrohenden bewaffneten Konflikt mit der Türkei sofort zusammen.

Guerin in seinem kleinen Buch "Die Braune Pest" schildert die Begegnung 1932/1933 in Berlin mit einer kleinen Gruppe, die sich für anarchistisch hielt, ziemlich wüst klaute und sich gegenseitig zu Sex-Exzessen auf einem gemeinsamen Sofa anhielt. Welche Verblüffung, als eine Bekannte 1934 von einem martialischen SA-Mann schultergeklopft wurde: er war Ex-Anarcho, jetzt Neo-Faschist. So etwas könnte dem glücklichen Erfinder des "Anarcho-Faschismus" auf den ersten Blick gefallen. Bis er gemerkt hätte, dass diese jungen Draufgänger auch schon vor 1933 nicht einmal bis zur Annäherung an Anarchismus gelangt waren. Sie blieben gerade in ihrem gezwungenen Skandalverhalten genau an die Werte gefesselt, die sie angeblich bekämpften. Nur eben negativ verzerrt. Kein Wunder, dass die frühen Verhältnisse bei der SA noch bessere Chancen zu bieten schienen, alle gesetzlichen und bürgerlichen Anstands-Schranken zu überschreiten. Die faschistischen Spezial-Phantasien von Rassereinheit und Ahnenstolz sagten ihnen 1934 so wenig wie vor 1933 Kropotkin und Bakunin.

Sonst lassen sich die Gedanken totaler Unabhängigkeit des Einzelnen und zugleich Bereitschaft zum Zusammenschluss mit allen Unterdrückten mit der faschistischen Kombination von Sadismus und Masochismus in keiner Weise zusammendenken.

Gut - das alles sind Benennungen entsprungen aus Wut, Unbesonnenheit und einfachem Nicht-Weiter-Denken-Wollen.

Sie dürfen sich nicht durchsetzen! Handfeste Auseinandersetzungen gab es immer schon in jeder sozialistischen Bewegung. Sie müssten und müssen aber zurückstehen vor der Einsicht, dass hier zwei Sorten von Geprügelten und Gepeinigten zum Vergnügen ihrer Peiniger sich gegenseitig aufreiben und ohnmächtig machen.

PS: Schöne Erinnerung! Zeitweise gab es in den siebziger Jahren einmal Absichten der Obrigkeit, alle kommunistischen Organisationen, die keinen Parteicharakter aufweisen konnten, zu verbieten. Vermutlich in Spaltungsabsicht. Nämlich die DKP zunächst- zunächst!- zu verschonen und sich erst einmal an der Niedermachung der sogenannten K-Gruppen zu ersättigen.  Es gelang damals gegen größte Widerstände und Ängste bei den neuen Kommunisten - Angst und Abscheu wegen vielen Scheinbeintritten zwischen DKP und K-Gruppen - zu einer gemeinsamen Demonstration in Bonn zu kommen. Das hat immerhin dazu beigetragen, den Oberen den Appetit auf Zerfleischung aller linken Gruppen für eine Zeit zu versalzen.

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Kommentare

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kulturschock am :

Machst Du es dir da nicht ein bißchen einfach? Es gibt mindestens vielsagendes Video.-und Bildmaterial aus dem eindeutig hervorgeht das die zu diesem Anlass bewaffnet auftretende PAME (gegen ihre sonstige Gewohnheit wohlgemerkt)angetreten war zu verhindern das igendjemand außer ihr auf den Syntagmaplatz kommt. Niemand, nicht die anderen Gewerkschaften, nicht die "wir bezahlen nicht" Initiative, nicht die anderen sozialistischen Gruppen, nicht die Anachristen, nicht die wütenden Bürger aus dem ehemaligen Mittelstand.
Alle außer PAME wollten das Parlament angreifen, PAME hat direkt mit den Bullen zusammengearbeitet um das zu verhindern. Einer der zahlreichen Belege findet sich hier:
http://www.youtube.com/watch?v=LAy3liPSTGs
Ob PAME deswegen Stalistisch ist vermag ich nicht zu beurteilen, das Teile der griechischen Bewegung ein schwieriges Verhältnis zur Gewalt haben ist sicher auch richtig (man denke an die Toten in der Bank letztes Jahr).
Es handelt sich aber sicher nicht um einen Konflikt innerhalb der sozialisischen Bewegung sondern um einen zwischen Menschen die das Parlament angreifen wollen und welchen die das verhindern wollen und sich zu diesem Zweck mit den Schlägerhorden der MAT zusammentun.
Sicher, das ist eine Katastrohe. Aber für die Kooperation mit dem griechenischen Apperat trägt einzig und alleine PAME die Verantwortung und die Einsicht muss daher lauten das sie Bullen sind.
Bleibt die Frage warum sich PAME gegen die soziale Revolte entscheidet. Weil sie sie nicht kontrollieren? Das wäre typisch für "Stalinisten". Weil sie selber im Parlament sitzen? Weil sie sich Chancen ausrechnen die Regierung zu übernehmen? Befürchtet PAME überflüssig zu werden und geht deshalb in die Konfrontation mit der sozialen Bewegung?

Fritz Güde am :

Über Schuld und Unschuld beider Gruppen kann ich gar nichts sagen. Ich habe vor allem die Kategorisierungen kritisiert,die den Konflikt zementieren und unaufhebbar machen.
Aus dem von Thomas Trueten dankenswerterweise beigefügten Video geht nur hervor, dass eine Gruppe von der anderen wütend angeschrien wird. -Körperliche Angriffe habe ich noch gar nicht wahrgenommen.

kulturschock am :

Das habe ich anders verstanden. In Deinem Artikel schreibst Du:

"Sie dürfen sich nicht durchsetzen! Handfeste Auseinandersetzungen gab es immer schon in jeder sozialistischen Bewegung. Sie müssten und müssen aber zurückstehen vor der Einsicht, dass hier zwei Sorten von Geprügelten und Gepeinigten zum Vergnügen ihrer Peiniger sich gegenseitig aufreiben und ohnmächtig machen."

Wenn nun also vor dieser Einsicht zurückgestanden werden soll, was bedeutet das angesichts der Ereignisse vom Donnerstag? Das das Parlament nicht angegriffen wird wenn es PAME nicht passt? Es ist doch nicht zu den Gewaltexessen gekommen weil PAME falscherweise als Stalinisten bezeichnet werden. Sondern weil, wie beschreiben, PAME sich bewaffnet in den Weg gestellt hat um zu verhindern das es vor dem Parlament zu Kämpfen mit den Bullen kommt.
Was wäre dann also ein Zurückstehen vor der Einsicht? Sich nach Hause schicken zu lassen?

G.Rüpli am :

Mit Halbwissen glänzen? Die KKE keine StalinistInnen? Dann lest mal hier:

http://inter.kke.gr/Documents/18cong

Doch es gibt sie noch, stalinistische Gruppierungen, z.B. die KKE! Sie so zu bezeichnen ist keine Worthülse.

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