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Dichter und Anarchist Erich Mühsam am 10.Juli 1934 im KZ Oranienburg von SS erhängt

Erich Mühsam
Heute vor 74 Jahren wurde deutsch-jüdische Schriftsteller, Dichter, Dramatiker, Publizist und Revolutionär Erich Kurt Mühsam von den Faschisten ermordet.

Lesetipps: Das während der Novemberrevolution 1918 spielende Arbeiterdrama "Judas" und das "Lumpenlied" sowie der "Revoluzzer"

Neben einer ausführlichen Würdigung seines Lebens und Wirkens in einem Artikel auf IndyMedia verweisen wir zu einem News-Beitrag von Fritz Güde auf stattweb.de vom 9.Juli 2008:

Es ist hier nicht der Platz zu einer ausführlichen Würdigung aller Schriften und Taten Erich Mühsams, eines der fruchtbarsten Anhänger der Ideen Bakunins und Landauers. Er verstand es, trotz aller auch damals hinderlichen Schwierigkeiten der Gefahr des Isoliertwerdens und der Selbstisolierung zu widerstehen. So erlebte er seine vielleicht politisch fruchtbarste Zeit als Genosse der “ROTEN HILFE-. Selber lange eingesperrt- nach der Zeit der Räterepublik, ohne jeden Nachweis einer strafbaren Handlung, einzig aus Gesinnungsgründen- hat er seine Kraft in den letzten Jahren seines Lebens vor allem zur Verfügung gestellt dem Kampf gegen das Gefängniswesen der damaligem Zeit .

Um es vorwegzunehmen: damals gab es noch die Trennung von Gefängnis, Zuchthaus und Festungshaft. Sie unterschieden sich nicht besonders voneinander, falls man nicht zu den Günstlingen des Systems gehörte.

Zu denen gehörte zur gleichen Zeit wie Mühsam Adolf Hitler. Widerstrebend hatten ihm die Geschworenen so wenig Festungshaft wie möglich aufgebrummt.

Er, der immerhin verantwortlich war für einen Aufstand mit mehreren Todesopfern, hatte in Landsberg zwei Zimmer zur Verfügung, Sekretär Hess zur Niederschrift von “MEIN KAMPF“, viel Damenbesuch, mit Geschenken beladen-

Wie es zugleich Mühsam erging, ebenfalls in Festungshaft in Niederschönenfeld, ist dem folgenden Tagebuchauszug zu entnehmen:

“Niederschönenfeld, 15. Juli 1924

“Ein seltsames Vorspiel der Entlassung [ Tollers, des expressionistischen Dichters, der sich ebenfalls der Räterepublik zur Verfügung gestellt hatte] gab es gestern abend, als Ernst Toller, an sein Versprechen erinnert,den Genossen noch einmal aus seinen Werken vorzulesen, auf dem Mittelgang anfing, “Masse-Mensch- zu rezitieren. Seit uns der Gemeinschaftsraum gesperrt ist, haben wir ja nur noch die Korridore, um alle beieinander sitzen zu können. Toller las noch keine fünf Minuten, als Oberwachtmeister Rainer erschien und verkündete, es dürfe ohne ausdrückliche Genehmigung des Vorstandes kein Vortrag gehalten werden. Es wurde natürlich protestiert und dem Manne bedeutet, es handele sich um keinen Vortrag, sondern um eine Vorlesung, die stets ohne jede Genehmigung habe stattfinden dürfen. Herr Rainer erklärte: Ich verbiete. Toller fuhr indessen einfach mit der Vorlesung fort, da ein derartiges Verbot nur vom Vorstand ausgehen könne, und Millmann, der sich über diesen Eingriff, der uns alle empörte, so aufregte, dass ihm das Wort “Gemeinheit- herausplatzte, wurde sofort in Einzelhaft abgeführt. Herr Rainer verzog sich dann, und zu unserer Überraschung konnte Toller nun ohne weitere Störung sein Drama vorlesen.. Um acht Uhr war er fertig, und gleich darauf erschien zur allgemeinen Überraschung Herr Millmann wieder bei uns oben. Er berichtete: Nachdem er in eine Absonderungszelle gesperrt worden war, kam Herr Fetsch, der ihm im Auftrag des Vorstandes eröffnete, er habe sich zu einer ungebührlichen Äußerung hinreißen lassen, doch solle es für diesmal bei einer Verwarnung sein Bewenden haben, da die Verwaltung wünsche, möglichst in “Harmonie- mit den Festungsgefangenen auszukommen. Zur Sache sei zu sagen, dass eine Abschiedsfeier der Genehmigung durch den Vorstand bedürfe, die sie aber nachträglich erteilt habe. Herr Rainer sei noch nicht lange wieder im Dienst bei uns, und so habe er nicht gewusst, dass sich im gegenseitigen Verhältnis eine Änderung entwickelt habe...

Will von weiterem schweigen und meinem guten Toller einen Nekrolog schreiben: Wir sind als sehr gute Freunde geschieden und werden es bleiben. Ich glaube, dass dieses Ergebnis wesentlich meinen Tagebüchern zuzuschreiben ist.[die zwischendurch beschlagnahmt waren ]

Eine verärgerte unfreundliche Bemerkung über Ernst T. ist dem bayrischen Landtag vorgelesen, der bayrischen Presse zur Verwendung übergeben und von Müller-Meiningen in seinem Buch “Aus Bayerns schwersten Tagen- gegen uns beide benutzt worden. Diese Möglichkeit hatte ich damals schwerlich voraussehen können, fühlte mich aber schuldig und habe versucht wiedergutzumachen. So hat uns die ungeheuerlichste Indiskretion von Behörden einander zugeführt und uns, die sie durch Denunziation privater Gelegenheitsempfindungen auseinander- und gegeneinander bringen wollte, zu Freunden gemacht (Tagebuch S.356/57)

Das nur zur Erinnerung und Einschätzung des Fortschritts im Gefängniswesen von damals bis heute. Immerhin: es gab nicht nur Einzelhaft. Und der Direktor nahm -kurz vor der Entlassung -durchaus manchmal Rücksicht auf die Meinung der -noch vorhandenen- Linkspresse.

Kein Vergleich mit dem KZ zehn Jahre später, in welchem Mühsam von der SS gehenkt wurde. ( Es sollte von 1933-45 als Selbstmord gelten )

Nur viel Vergleich mit den Abhängigkeiten und willkürlichen Schwankungen in den Knästen von 2008. Immer noch gilt: Man muss auf der richtigen politischen Seite stehen, wie Christian Klar, Meyer-Falk und viele andere nur zu gut wissen.

Was es auch immer noch gibt: das Zellendurchsuchen, Papiere zu Kassibern erklären und der Öffentlichkeit in gewünschter Form darbieten.

Das alles nur die gewöhnlichen Schikanen 1924- 2008. Kein Vergleich, wie gesagt, mit KZ Oranienburg. Nur- irgendwie müssen die Oranienburger Wärter doch aus denen von Niederschönenfeld und anderswo hervorgegangen sein.

Also heißt es rechtzeitig loslegen mit Klage und Anklage, auch wenn man in jungle-World wieder einmal von “Larmoyanz- und “Wehleidigkeit- reden wird

Quelle: Erich Mühsam, Tagebücher 1910-24,dtv 2004

Trackbacks

redblog.twoday.net am : 74. Todestag von Mühsam

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Heute vor 74 Jahren wurde deutsch-jüdische Schriftsteller, Dichter, Dramatiker, Publizist und Revolutionär Erich Kurt Mühsam von den Faschisten ermordet. via trueten.de Revoluzzer gelesen von Leon Askin

Schillernaut am : Erich Mühsam vor 74 Jahren ermordet

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Heute vor 74 Jahren wurde deutsch-jüdische Schriftsteller, Dichter, Dramatiker, Publizist und Revolutionär Erich Kurt Mühsam von den Faschisten ermordet. via trueten.de

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