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Todesstrafe in den USA: Ausdruck rassistischer Klassenjustiz

Mumia Abu Jamal
Foto: freemumia.org
Vor ein paar Tagen hat Joachim Kübler, Autor in unserem Blog in seinem Beitrag "Prominente Todestraktinsassen - und weniger prominente" einige Hintergründe zur Todesstrafe in den USA ausgeführt und auch einige Literatur und Linktips nachgereicht. Inzwischen gibt es auch einige Kommentare dazu und Joachim will auch ausdrücklich Antworten. Da möchte ich nicht kneifen, schließlich hatte ich in unserem Blog mehrfach über den Fall von Mumia Abu - Jamal berichtet. Die Frage von Joachim, ob die Linke sich nur auf die Fälle konzentrieren würde, die "ins politische Bild passen" und ob das komplette System der Todesstrafe nicht eher außen vor gelassen wird, wird gerade durch den Fall von Mumia Abu - Jamal beantwortet.

Zur Person: Mumia Abu-Jamal wurde am 24. April 1954 unter dem Namen Wesley Cook in Philadelphia geboren. Er wuchs in den „Projects“, städtischen Wohnbausiedlungen für Schwarze, Arme und sozial Benachteiligte auf und wurde bereits früh mit dem Rassismus der US-amerikanischen Gesellschaft konfrontiert. Anfang 1969 gehörte er zu den Mitgründern der Black Panther Party in Philadelphia. Nach seiner Schul- und Collegezeit arbeitete Mumia Abu-Jamal bis zu seiner Verhaftung und Mordanklage im Dezember 1981 als progressiver Radiojournalist und berichtete über Themen wie Wohnungsnot, Polizeibrutalität und den fortgesetzten Krieg der Stadt Philadelphia gegen die radikalökologische Organisation MOVE. Er ist seit Mai 1983 in den Todestrakten des Bundesstaates Pennsylvania inhaftiert und kämpft bis heute für die Aufhebung seines Urteils, einen neuen Prozess und seine Freilassung. Er hat seine journalistische Tätigkeit auch im Gefängnis fortgesetzt und ist Verfasser mehrerer Bücher und vieler Hunderter Kolumnen zu historischen und aktuellen Fragen. Diese werden beispielsweise regelmäßig in der Tageszeitung "junge Welt" veröffentlicht. Seine Beiträge sind auch als Podcast abrufbar. Er ist verheiratet mit Wadiya Jamal und hat zwei Söhne, eine Tochter und mehrere Enkel.

Mumia Abu-Jamal bekämpfte als aktives Mitglied der Black Panther Party die in den USA herrschenden Verhältnisse. Damit geriet er - wie die gesamte Black Panther Party - bereits in jungen Jahren in den Fokus der Herrschenden.

Im Sommer 1982 wurde Mumia Abu-Jamal wegen Mordes an einem weißen Polizisten zum Tode verurteilt. Nachdem er sämtliche Berufungsmöglichkeiten gegen seine Verurteilung ausgeschöpft hat, steht sein Fall nun vor einem US-Bundesgericht zur endgültigen Entscheidung an.

The land of the free and the home of the brave?
Mumias Fall ist kein Einzelfall. Vor ihm gerieten in den siebziger Jahren auch zahlreiche andere Black Panther Party Mitglieder wie Huey Newton und Angela Davis ins Visier des FBI und wurden durch die Klassenjustiz in den USA mit dem Tode bedroht. Zu diesem Zeitpunkt lief gerade das "COunter INTELligence PROgram" des FBI, bei dem es um die Störung von radikalen politischen Organisationen innerhalb der USA ging und dem 38 BPP Mitglieder zum Opfer fielen.

Zwischen den Zielen dieses Programms und den damaligen Anklagen gibt es offenkundig Parallelen. Angesichts einer sich verschärfenden sozialen Lage in den USA stellte sich auch damals die Frage, ob nicht ein Konstukt entwickelt wurde, das die Liquidierung eines einflußreichen Systemkritikers ermöglichen soll. Darauf weisen auch die Zweifel an der Anklage hin.

Solche Morde an Revolutionären und Arbeiterführern mit Hilfe der Justiz sind eng mit der Geschichte der USA verbunden: Die Chicagoer Arbeiterführer Parsons, Spies, Engels und Fischer wurden am 11. November 1887 als Reaktion auf die große Streikwelle Opfer der Klassenjustiz. Die Tradition setzte sich mit den in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts trotz weltweiter Solidaritätskampagnen hingerichteten anarchistischen Arbeitern Sacco und Vanzetti fort.

Der legalisierte Lynchstrick
Nicht nur in der U.S. Geschichte wird die Todesstrafe als Mittel zur „Lösung“ der gesellschaftlichen Folgen von sozialer Verelendung und Rassimus benutzt. Es ist jedoch so, daß im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern der Rassismus die Zusammensetzung der Häftlinge in den Todestrakten prägt: 82% der US-Amerikanischen Todeskandidatinnen werden beschuldigt, einen Weißen getötet zu haben, dabei sind Farbige und Weiße unter den Opfern etwa gleich stark vertreten. Auch werden Schwarze im Verhältnis eher mit der Todesstrafe belegt, als Weiße - 36 % der Todestraktinsassen sind Afro-Amerikaner, in der Bevölkerung stellen diese lediglich eine Minderheit von 12% dar. In Texas - dem US-Staat, der mehr Menschen als die Staaten der westlichen Welt zusammen hingerichtet - werden diese Zahlen deutlich übertroffen:
Der Anteil der Afroamerikaner unter den Todestraktinsassen in Texas und in den USA ist überproportional hoch. In Texas beträgt ihr Anteil nur 11,5 Prozent an der Gesamtbevölkerung, jedoch 42 Prozent an den zum Tode verurteilten Gefangenen. Über 65 Prozent der zum Tode verurteilten Menschen in Texas sind entweder afroamerikanischer oder lateinamerikanischer Herkunft. Die Rasse des Opfers legt oft fest, wer lebt und wer stirbt. Von den seit 1977 getöteten Personen waren 80 Prozent wegen der Ermordung weißer Opfer verurteilt worden. 19 Prozent wurden verurteilt, weil sie Minderheitenopfer getötet hatten. Der Staat Texas hat in seiner gesamten Geschichte nie die Hinrichtung eines Weißen "nur" wegen dem Mord an einem Schwarzen vollstreckt.Quelle: "AI Leipzig"

Justice for all?
Gerade im Zusammenhang mit der Todesstrafe zeigt sich deren Klassencharakter deutlich: Es sind vor allem die Armen, die sich zu ihrer Verteidigung keinen Anwalt leisten können. Sie sind von der Todesstrafe überproportional bedroht. 90% der in den USA eines Kapitalverbrechens Beschuldigten sind arm. So können sich in Kalifornien z.B. gerade einmal 2% dieser Angeklagten einen eigenen Anwalt leisten. Ein bekanntes Gegenbeispiel war O.J. Simpson, der sich durch die Zahlung von 33,5 Millionen US-Dollar an die Hinterbliebenen einer drohenden Veruteilung entziehen konnte.

Sofortige Freilassung von Mumia Abu-Jamal!
Der herrschenden Klasse ist es tödlicher Ernst damit, Mumia Abu-Jamal vielleicht bald zum nächsten Opfer der barbarischen Todesstrafe werden zu lassen. Denn er steht für den Widerstand der unterdrückten Schichten in den USA. Das Komplott gegen Mumia symbolisiert daher auch, was die rassistische Todesstrafe in den USA eigentlich darstellt: Ein Erbe der Sklaverei, der legalisierte Lynchstrick zum Mord an den Gegnern des politischen Systems.
Es war in erster Linie das Verdienst einer internationalen Solidaritätsbewegung, die Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal bislang zu verhindern. Das ist die entscheidende Kraft, anstatt dem Vertrauen auf die Gerechtigkeit ausgerechnet der Justiz, der er sein Todesurteil zu verdanken hat. Die beherrschte Klasse kann und wird mit Sicherheit es auch weiterhin nicht der US Justiz überlassen, über das Leben Mumia Abu-Jamals zu bestimmen.

Zum aktuellen Stand des Verfahrens von Mumia Abu Jamal gibt es einen aktuellen Beitrag mit einem Beitrag von Jürgen Heiser vom "Internationalen Verteidigungskomitee" (IVK) beim Radio Darmstadt vom 19.06.2007, Dauer: 5:53 Minuten Download [mp3, 5 MB]

(Via redblog)

Weitere Infos auch unter www.freedom-now.de

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