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Val d`Aran: Tal der Freiheit

Vor 70 Jahren, im Oktober 1944 versuchten tausende von republikanischen Spaniern und Spanierinnen durch eine Invasion von Frankreich aus über die Pyrenäen nach Spanien, Francos Diktatur zu erschüttern und dem Lauf der Geschichte so ihren Willen aufzuzwingen. Die folgende historische Reportage ist eine Hommage an diese von der Geschichte vergessenen Kämpfer und beschreibt ihren Versuch der Wiedereroberung eines freien Spaniens und sein tragisches Scheitern. Dabei konzentriert sich die Darstellung auf einige wichtige Episoden.

August 1944, Midi:
Der nationale Aufstand des Maquis, der französischen Widerstandsbewegung gegen die deutsche Besatzung, ist in vollem Gange: Am 9.August wird als erste Gemeinde das Dorf Rabouillet befreit, die Stadt Foix (Ariege) wird von ausschließlich spanischen Einheiten befreit, am 20.August verlassen die faschistischen Besatzer fluchtartig den Midi.

In Südfrankreich kämpften ca. 10.000 Spanier in den Reihen des Maquis, sie befreiten siebzehn Städte.

25.August, Paris:
Bewaffneter Aufstand gegen die Wehrmacht im besetzten Paris.
General von Choltitz, Kommandeur für den Großraum Paris, wird von einem spanischen Stoßtrupp gestellt. Um den Regeln des Kriegsrechts zu entsprechen, muss erst ein französischer Offizier hinzugeholt werden, dem sich von Choltitz dann ergeben kann.

Man schätzt, dass auch an der Befreiung von Paris ca. 4000 Spanier beteiligt waren.

Mussolini war geschlagen, das Ende des Hitler-Faschismus rückte schnell näher, Guerilla-Bewegungen befreiten Jugoslawien und Griechenland.
Euphorie machte sich unter den Spaniern im Exil breit, in diesem Sommer marschierten sie siegreich an der Seite ihrer französischen Kameraden und waren davon überzeugt, dass auch die Tage Francos gezählt waren. Franco und seine Komplizen sollten für die tausend Tage des Bürgerkriegs, der 1936 begonnen hatte, und die fünf langen Jahre des Exils seit 1939, bezahlen.

Im Kampf gegen die deutsche Besatzung hatte sich die guerrilleros mit der Union Nacional Espagnol (UNE) eine eigene politische Organisation geschaffen, in der die Parteien und Organisationen, die schon die Volksfront von 1936 - 1939 getragen hatten, zusammengeschlossen waren.

Auch militärische Strukturen hatten sich herausgebildet: Neben den "gemischten" Einheiten (Franzosen und Spanier zusammen), wurde das 14.Corps der bewaffneten guerrilleros wiedergegründet - ausschließlich aus spanischen Kämpfern bestehend.

Das 14.Corps war ursprünglich 1937 während des Bürgerkriegs entstanden, um militärische Operationen hinter den Linien der franquistischen Armee durchzuführen.

Im Mai 1944 wurde das 14.Corps in die "Agrupacion de Guerrilleros Espanoles AGE" (Zusammenschluss der spanischen Guerilleros) umgewandelt.

Die Vorbereitung der Operation "Reconquista de Espana" (Wiedereroberung Spaniens) hatte begonnen.

Das strategische Konzept war, auf der gesamten Länge der Pyrenäen mit bewaffneten Guerilla-Einheiten nach Spanien einzudringen, eine provisorische Regierung zu installieren und damit die Initialzündung für einen Volksaufstand gegen Franco zu geben. Gleichzeitig sollte durch die Aktion Druck auf die Alliierten ausgeübt werden, um sie zu bewegen, gegen Franco vorzugehen.



Anfang bis Mitte Oktober 1944:
An über 30 Stellen von Perthus im äußersten Osten bis Hendaye im äußersten Westen der Pyrenäen überschreiten Guerilla-Einheiten die Grenze. Meist ziehen sie sich nach Gefechten mit der Guardia Civil schnell zurück. An die zehntausend Guerrilleros beteiligen sich an diesen Kämpfen.
Das sind aber nur Ablenkungsmanöver. Die eigentliche Hauptoperation steht noch bevor.

19.Oktober 1944, 6 Uhr morgens:
4000 Guerrilleros überschreiten an der Pont de Rei und an anderen Stellen die französische Grenze und rücken in das Val d`Aran vor.

Grenzstein zwischen Spanien und Frankreich damals ...


... und heute.


Das Arantal ist von Oktober bis Mai von den umliegenden spanischen Provinzen durch Schneeverwehungen abgeschnitten. Einzig über den Pass von Banaigua und durch den, allerdings noch im Bau befindlichen, Tunnel Alfons XIII. kann zu dieser Jahreszeit das Val d`Aran erreicht werden.

Es ist die 204. Division der Guerrilleros, die den Hauptschlag ins Val d`Aran führt.

Sie besteht aus 11 Brigaden zu je 300 Mann, aufgeteilt in Bataillone von 100 Mann und diese wiederum in Kompagnien mit 30 Männern (Die Nummerierung der Einheiten orientiert sich an derjenigen der republikanischen Armee des spanischen Bürgerkriegs ).

Die hauptsächlichen militärischen Ziele sind die Sicherung der Verbindungslinien nach Frankreich (vor allem der Brücke Pont de Rei),

Brücke Pont de Rei 2013


um Nachschub und Verstärkungen heran führen zu können, die Einnahme der Passstraße von Bonaiguna und der beiden Zugänge zum Tunnel Alfons XIII., um das Vordringen franquistischer Truppen zu verhindern und schließlich die Besetzung von Vielha, Hauptort des Val d `Aran, um dort die provisorische Regierung einzurichten.

Schaubild der Invasion. Die Zahlen an den weißen Pfeilen bezeichnen die eingesetzten Brigaden.


Aufruf der UNE an die Bevölkerung:
"Kein anständiger Spanier kann sich dem Hilferuf des Vaterlands verweigern, wir wollen ,dass sich alle brüderlich vereinen und es als Ehre ansehen, sich an der nationalen Anstrengung zu beteiligen.

Der beharrliche Kampf unseres Volkes und die Niederlage Hitlers werden zum Untergang Francos und der Falange führen und aller, die dazu beigetragen haben, Spaniens Martyrium zu verlängern.

Wir stehen vor der entscheidenden Schlacht, wir müssen darauf vorbereitet sein, und vorbereitet sein heißt vereint, vereint nicht in passiver Lähmung, sondern im gemeinsamen Kampf, der uns stark macht.

Es lebe der Kampf! Nieder mit Franco und der Falange! Es lebe die nationale Union aller Spanier!"

Auf dem Weg nach Vielha mussten verschiedene Orte, in denen Guardia civil und Einheiten der franquistischen Armee stationiert waren, eingenommen werden.

19.Oktober 1944, morgens, bei der Ortschaft Es Bordes:
Die 410. Brigade rückt auf Es Bordes vor.

Es Bordes ist auf Grund seiner Lage und Bedeutung seit Jahrhunderten Schauplatz bewaffneter Auseinandersetzungen. Hier kreuzen sich zwei wichtige Handelswege, der eine nach Louchon in Frankreich , der andere nach Benasque im spanischen Aragon. Außerdem ist Es Bordes der Gerichtssitz des Arantals.

Nach Es Bordes führt eine Straße mit unzähligen Kurven. Hänge schwarzer Schieferdächer sind das erste, was man von Es Bordes sieht.

Die 410. Brigade kommt im Morgengrauen dort an und trifft auf die 42. Division der franquistischen Gebirgsjäger Urgel.

Ein heftiges Gefecht entbrennt. Die Guerrilleros unter dem Kommando des Anarchisten Joaquin Ramos setzen den Franquisten zu, deren Kommandeure Rivadulla und Gestal geben Fersengeld, darauf kapitulieren die 80 Soldaten,die unter ihrem Kommando standen.

Die Guerrilleros rücken weiter auf den Ort vor, am Ortsschild prangen noch die Pfeile der Falange.

Es ist nichts zu hören, weder Stimmen noch Schritte, sämtliche Läden sind geschloßen, die Türen verrammelt, die Hunde weggesperrt. Aber aus den Schornsteinen steigt Rauch auf.

Der Glockenturm der alten romanischen Kirche erhebt sich über den schwarzen Schieferdächern.

Der Platz, an dem die Kirche steht, ist die einzige ebene Stelle des Dorfes. Er wird von den Guerrilleros umstellt.

Das Rattern eines Maschinengewehrs zerreißt die Stille, ein Guerrillero wird getroffen, seine Kameraden verfluchen die Faschisten, die sich auf dem Kirchturm verschanzt haben. sie schieben einen Karren auf die Mitte des Platzes und schießen aus dieser Deckung heraus unaufhörlich auf den Kirchturm.

Einschußlöcher am Kirchturm von Es Bordes


Andere sprengen ein Loch in die Außenmauer der Kirche, eine Explosion, dann noch eine, schließlich hallen Schüsse durch das leere Kirchenschiff, die Kirchentür wird von innen aufgestoßen, eine Stimme; "Wir sind drin!".

Ein letztes, heftiges Feuergefecht, dann erscheint in einem Fenster des Glockenturms eine weiße Fahne.

Etwas später werden die Gefangenen herausgeführt.

Bei Einbruch der Dunkelheit ist Es Bordes in den Händen der Guerrilleros.

Sie halten den Ort neun Tage lang, trotz zahlreicher Versuche der lokalen Miliz und der Guardia Civil, ihn zurückzuerobern.

In den ersten Tagen der Reconquista erobern die Guerrilleros achtzehn Ortschaften im Val d`Aran.

September 2013, Es Bordes:
Der Friedhof von Es Bordes ist ein stiller Ort, abseits des Dorfes, nur das Rauschen der Garonne ist zu hören. Hier liegen die Toten der Schlacht um Es Bordes.



Der Schulrektor Manuel Moga wurde damals,1944, verantwortlich gemacht für die Herstellung von 15 Särgen durch die örtlichen Schreiner. Für sechs Guerrilleros, sieben Soldaten und zwei Guardia Civil.

16.Oktober 1944, abends:
Die 11.Brigade der Guerrilleros war am Stützpunkt Hospice de France angekommen. Am folgenden Nachmittag macht sie sich auf den Weg über die Berge.

Ihre Mission: Den nördlichen Ausgang des Tunnels zu besetzen und dann nach Vielha weiter vorzurücken.



Tunneleingang damals ...


Der Tunnel von Vielha wurde schon 1925 projektiert. Aber erst am 9.Dezember 1941 war der Tunneldurchstoß. Offiziell eingeweiht wurde er 1948, konnte aber bis 1965 nicht befahren werden, da er weder beleuchtet noch gepflastert war. Im Jahr 2000 war der Ausbau in der heutigen Form abgeschlossen.

... und heute.


Ihr Marsch dauert 28 Stunden, dabei durchqueren sie zwei Täler und überwinden 2200 Meter Höhenunterschied.

Guerrilleros beim Aufstieg


18.Oktober 1944, 6 Uhr:
Starker Nebel zieht auf und verhindert den Weitermarsch.

13 Uhr:
Weitermarsch. Eine sibirische Kälte breitet sich aus, die Uniformen werden steif vom Frost. Ein Schneesturm tobt, die Temperatur sinkt weiter unter -20 Grad Celsius. Die ersten Männer klagen über Erfrierungen, der Kommandeur bemerkt, dass die Tinte in seinem Füllfederhalter gefroren ist.

An ein Weiterkommen ist nicht zu denken, die Guerrilleros beschließen, zu ihrem Ausgangspunkt, dem Hospice de France zurückzukehren.

Der nördliche Tunnelausgang kann nicht besetzt werden und die 11. Brigade fällt für den Sturm auf Vielha aus.

18.Oktober 1944, südlicher Tunneleingang:
Die 21. Brigade der Guerrilleros besetzt geräuschlos den Hang, der dem Tunneleingang gegenüber liegt.

Durch ihre Feldstecher sehen sie: Etwa hundert Männer arbeiten dort. Zwischen ihnen verteilt stehen etwa fünfzehn Infanteristen, die sie ohne großes Interesse bewachen.

Sie können es nicht fassen: "Das sind Strafgefangene, das sind unsere Leute, Republikaner!"

"So ein Glück hatten wir noch nie. Als existierte Gott nicht nur, sondern hätte auch noch die Seiten gewechselt."

Sie steigen den Hang hinab, umrunden den Berg, um auf die andere Seite zu kommen. Problemlos entwaffnen sie die Wachen und der Kommandeur tritt in die Mitte des Platzes, um zu den Strafgefangenen zu sprechen:
"Genossen, wir gehören der antifranquistischen Union Nacional Espanola an, in der sich alle demokratischen Gruppen vereint haben, um gegen Francos Tyrannei zu kämpfen. Schließt euch uns an!"

Niemand rührt sich, keiner sagt ein Wort.

"Der entscheidende Kampf hat begonnen, Francos Diktatur steht vor dem Ende. Die ganze Welt schaut jetzt auf Spanien. Mit Hilfe der Alliierten und vor allem mit der des spanischen Volkes wird die Union Nacional bald die Macht übernehmen und die Demokratie in Spanien wiederherstellen."

Die, die am weitesten entfernt waren, hatten während der Rede ihre Schaufeln und Spitzhacken fallen lassen und jetzt flüchten sie den Hang hinauf, ein Abhang voller grauer Gestalten, die eilig davonlaufen.

"Kommt zurück, ihr Idioten! Wir sind Republikaner wie ihr, wir sind aus Frankreich gekommen, um euch zu befreien, ihr Dummköpfe! Was glaubt ihr, wozu wir hier sind? Scheiße! Wollt ihr lieber als Gefangene hier verfaulen? Kommt zurück!"

Einige Männer, die zuvor geflohen waren, kommen zurück, sie steigen einzeln den Berg hinunter, langsam, vorsichtig.

Der erste, der unten ankommt, ist um die Dreißig und hat einen Madrider Akzent.

"Was habt ihr euch den gedacht? Ich begreife euch nicht!"

Er senkt den Kopf, als wäre er selbst überrascht, wie sehr er sich schämt: "Wir wussten nicht, wer ihr seid, wir hatten Angst. Es hätte eine Falle sein können ..."

Die vier, die zurückgekommen waren, dazu Waffen für weitere neun Männer.

Das war die ganze Ausbeute.

Der Südeingang des Tunnels konnte ebenfalls nicht besetzt werden, in den nächsten zwei Tagen rückten tausende Franco-Soldaten durch den halbfertigen Tunnel Richtung Vielha vor.

Die ersten franquistischen Truppen waren bereits am Nachmittag des 19. Oktobers am Pass von Bonaiguna in Stellung gegangen.

Guardia civil auf dem Bonaigua-Pass


Insgesamt 40.000 Mann warf Franco in die "Schlacht" gegen 4000 Guerrilleros - der Schreck war ihm gehörig in die Glieder gefahren.

Dieser Übermacht an Menschen und Material hatten die Guerrilleros nichts entgegenzusetzen.

Am 27.Oktober kam der Befehl zum Rückzug, am 29. hatte der letzte Guerrillero das Arantal verlassen.

Epilog:
"Bei der Beurteilung der Invasion im Val d`Aran hilft uns ein Begriff aus der katalanischen Sprache, für den es weder im Spanischen noch im Französischen eine wörtliche Übersetzung gibt: "seny" - er meint das Gleichgewicht zwischen übertriebener Arglosigkeit und übertriebener Boshaftigkeit.(...)

Unglückliche Guerrilleros, die den blinden Schauspielern eines surrealistischen Dramas gleich, das Licht der Freiheit vergeblich auf halsbrecherischen Bergpfaden, Schmugglerrouten oder alten Königswegen suchten.

Durch Schlammlöcher kriechend und über Felsen hinweg, wollten sie der republikanischen Brüderlichkeit Leben einhauchen, Wälder und Täler durchstreifend, forderten sie eine gerechtere Welt.

Guerrilleros voller Illusionen, enttäuscht, verzweifelt, müde vom Nächtigen unter freiem Himmel, mit zerschundenen und erfrorenen Füßen, ausgemergelt, zerzaust, zerkratzt, nur halb bekleidet, ähnelten sie eher Vagabunden als Guerilleros.
Aber sie waren es dennoch, die die Armee, die Guardia Civil und die bewaffnete Polizei in Schach hielten.

Gab es denn jemals in den ganzen vierzig Jahren eine Widerstandsaktion gegen den Generalissimus, die ihn zwang, in einer Woche 40.000 Soldaten zu mobilisieren? Nein.

War der Caudillo während seiner ganzen Diktatur jemals so in Panik wie im Herbst 1944? Nein."

(Ferran Sanchez Agusti, Historiker)

"Was keiner der Historiker erklärt, die sich abfällig über die Invasion im Val d`Aran äußerten, das ist die Tatsache, dass die Männer dieser Guerilla-Einheiten eine tiefe Überzeugung hatten, die Überzeugung, im Sinne der Geschichte zu handeln.

Die Überzeugung, dass ihre Sache gerecht war, den Glauben in die Kraft der Organisation und den Kampf.

Nicht mehr und nicht weniger!"

(Narcisse Falguera, Chef des Generalstabs der 11.Brigade der Guerrilleros Espanoles während der Operation im Val d`Aran.)

Nach Motiven aus den Arbeiten von Jean Ortiz, Ferran Sanchez Agusti, Narcisse Falguera, Jean Costumero, Claude Delplat, Almudena Grandes.

Fotos: Bild 2,7,10 perseguitsisalvats.cat.; Bild 3 - 6,8 Gisela Vomhof; Bild 1 rincondelvago.com; Bild 4a Ferran Sanchez Agusti; Bild 9 Jean Costumero.

Deutschland: PKK-Verbot aufheben!

Es gibt inzwischen nicht zu wenig Aufhebens in unserem Land. Eher zuviel. Während die ganze Nation sich im Wohlsein zufrieden gibt, wühlt doch die gemeinsame Sorge. Wie können wir uns raushalten aus den qualvollen Wildnissen dieser Welt? Und damit wir uns auch richtig wohlfühlen in unserer einstweiligen Sicherheit, muss immer der eine oder andere Warnrufer auftreten. Hierzu eignet sich vor allem der eiskalte de Maizière. Die Unruhen in gewissen norddeutschen Hafenstädten zwischen Kurden und IS-Anhängern werden sofort zu allgemeinen Gefahr aufgeplustert. Huch, wenn es uns auch einmal so ginge wie den Türken oder sonstigen Bewohnern gefährlicher Länder! Wir wären ja unseres Lebens nicht mehr sicher. Also sofort schärfere Gesetze her. Uns darf so etwas nicht passieren. Niemals!

Und schon werden unbestimmte Gesetze beschlossen. Und der grundverwobene Rassismus wird angehoben. Braun im Gesicht? Herrscht da nicht schon der Bürgerkrieg vor? Und wer von den angeblichen Flüchtlingen ist nicht wirklich der eingeschleuste Feind. Der Böse an sich.

So wird unter dem Gesichtspunkt der Sorge die Urangst geweckt- und mit ihr genau die Strafgesetze, die wir so verabscheuen, wenn wir sie in Russland oder der Türkei entdecken.

Unter dem Schein öffentlicher Ruhe herrscht offenbar Ratlosigkeit. Was tun, wenn ein Nato-Partner - die Türkei - sich mit Bombenabwürfen genau gegen die einzigen wirklichen Verteidiger der Gebiete gegen die IS-Truppen wendet? An sich würde nach allem vornehmes Wegschauen sich anbieten. Kennzeichnend auch, dass nach den Morgennachrichten den ganzen Tag lang kein Wort bei ARD mehr über den Vorfall berichtet wurde. Keinerlei Einflussnahme der Regierung selbstverständlich. Nur - dass bei aller Vornehmheit des Wegschauens selbst die minimalsten Ziele der IS-Bekämpfung ganz offenbar in sich zusammenfallen. Wie will man die IS-Truppen wirkungsvoll bekämpfen, wenn auf der anderen Seite die Türkei diesen immer wieder zu Hilfe kommt.

Was bleibt in dieser Lage? Eine offene Provokation des Bündnispartners scheint den Angsthasen der Regierung zu gefährlich. Ein Rückzug der Beobachtung der Gebiete der Türkei durch unsere Patriots immer noch zu aufdringlich. Was aber spräche gegen eine Aufhebung des PKK-Verbots innerhalb der deutschen Grenzen? Tatsächlich haben sich die Kurden in unserer Gegend seit langem nicht mehr aufsässig gezeigt gegen unseren Staat. Und als Anerkennung ihres Kampfes für echte Gleichberechtigung sämtlicher Minderheiten ohne rassische Vorbehalte würde eine solche Aufhebung des Verbotes für alle anderen ein echtes Vorbild darstellen. Was 1992 für ein Verbot herhalten musste, wie berechtigt oder unberechtigt es damals schon war, muss heute unter veränderten Verhältnissen nicht mehr gelten.

Freiheit für die PKK - als aufforderndes Zeichen für alle. Vor allem für andere NATO-Länder. Und besonders für die Türkei selbst.

Arbeitskampf und Versammlungsfreiheit: Mit dem Versammlungsgesetz gegen Streikende?

2007, Schleswig-Holstein:

Die IG Bau bestreikt im Rahmen der Tarifrunde Baustellen. Bei Ansammlungen von Streikposten und Streikenden vor den Baustelleneinfahrten rufen die Unternehmer die Polizei wegen unangemeldeter Versammlung. Die Polizei greift in das Streikgeschehen ein, löst die Ansammlungen wegen fehlender Anmeldung auf, kesselt die Teilnehmer ein und stellt ihre Identität fest. Ermittlungsverfahren werden eingeleitet.

2008, München :

15 streikende Beschäftigte versammeln sich mit Transparenten und Flugblättern vor der Filiale der Modekette „Zara“ und machen ihren Streik bekannt. Nach einer Stunde beenden sie ihre Aktion. Der zuständige Gewerkschaftsfunktionär hat diese Aktion nicht als Versammlung angemeldet und wird deshalb vom Amtsgericht München wegen Verstoß gegen das bayerische Versammlungsgesetz zu 1600 € Strafe verurteilt.

2012, Köln:

Ford-Beschäftigte aus Genk (Belgien) fahren nach Köln, um dort vor den Werkstoren von Ford gegen die Schließung ihres Werks zu demonstrieren. Dabei sollen Böller verwendet und Autoreifen angezündet worden sein. Sie werden stundenlang von einem riesigen Polizeiaufgebot eingekesselt,erkennungsdienstlich behandelt, einige in Gewahrsam genommen, die anderen nach Belgien abgeschoben.

Ein Jahr später beantragt die Staatsanwaltschaft 12 Strafbefehle beim Amtsgericht wegen Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Nötigung und Verstoß gegen das Versammlungsrecht.

2013, Großbettlingen (Kreis Esslingen):

Die Belegschaft der Firma Norgren kämpft gegen die Schließung ihre Werks und versucht den Abtransport von Anlagen durch die Blockade beider Werkstore mit Autos zu verhindern. Dabei befinden sie sich formal auf Firmengelände, das aber öffentlich zugänglich ist.

Dies führt dazu, dass sich zum einen das Landratsamt Esslingen als zuständige Versammlungsbehörde einschaltet, die Blockade für illegal erklärt und mit der Auflösung der angemeldeten Versammlung vor dem Werkstor droht. Zum anderen beantragt Norgren parallel dazu beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung gegen die IG Metall und 38 namentlich genannte Kollegen/innen, darunter den Versammlungsleiter der IGM, in der jedem Einzelnen 250.000 € Strafe angedroht werden und dem Versammlungsleiter alternativ Ordnungshaft.

Das Arbeitsgericht kassiert zwar die Strafandrohung gegen die 38 Kollegen/innen, gibt aber dem Antrag von Norgren statt und belässt die Strafandrohung gegen die IG Metall bzw. den Versammlungsleiter, den 2. Bevollmächtigten der IGM Esslingen Jürgen Gross, bei 250.000 € bzw. ersatzweise Ordnungshaft für jeden Fall der Zuwiderhandlung

So verschieden gelagert diese Fälle auch sein mögen, so zeigen sie doch deutlich die Tendenz, staatliches Eingreifen in Arbeitskampf- und Streikgeschehen zugunsten der Unternehmer durch den Umweg über das Versammlungsgesetz bzw. diverse Länderversammlungsgesetze zu organisieren.

Eine Entwicklung, die in der gewerkschaftlichen Diskussion noch kaum eine Rolle spielt.

Die formaljuristische Konstellation ist relativ verworren: Es kollidieren zwei Grundrechte: die Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 GG und das, was man allgemein „Streikrecht“ nennt, abgeleitet aus der Koalitionsfreiheit Artikel 9 Abs.3 GG. Ist die Versammlungsfreiheit ein Individualrecht, das jeder in Anspruch nehmen kann, so wird das Streikrecht nur Vereinigungen, d.h. In diesem Fall Gewerkschaften, gewährt.
„Die Bundesrepublik Deutschland hat weltweit das rückständigste und restriktivste Streikrecht.(ausgenommen sind hier Diktaturen und andere autoritäre Regimes -“ Anmerkung des Verfassers). Das Streikrecht in Deutschland ist lediglich Richterrecht. Im Grundgesetz findet sich außer der Koalitionsfreiheit gemäß Artikel 9 Abs. 3 kein konkreter Hinweis (...) Auch mit den Illegalisierungen von Beamtenstreiks, wilden Streiks, Blockaden, Boykotts, dem Streikverbot durch die christlichen Kirchen, der Einengung von Streikmöglichkeiten nur auf tarifvertraglich regelbare Ziele und den Einschränkungen bei Sympathiestreiks, sind Defizite in unsrer politischen und wirtschaftlichen Demokratie verankert.“

So charakterisiert der Wiesbadener Appell „Für ein umfassendes Streikrecht“ den Zustand des Streikrechts hierzulande.

In anderen europäischen Ländern wie Frankreich oder Italien ist das Streikrecht in der Verfassung verankert als individuelles Recht jedes abhängig Beschäftigten auch unabhängig von einem Aufruf, Urabstimmung etc. durch die zuständigen Gewerkschaften in den Streik zu treten. Natürlich gibt es auch in diesen Ländern die verschiedensten Einschränkungen des Streikrechts (z.B. im Öffentlichen Dienst), aber z.B. die Beschränkung auf Tariffragen ist dort ebenso unbekannt wie das Verbot des Generalstreiks.

Wie die Fallbeispiele zu Anfang zeigen, droht dem ohnehin verstümmeltem Streikrecht hierzulande jetzt auch noch Ungemach von versammlungsrechtlicher Seite.

Spätestens nach dem Münchner Urteil gegen den verdi-Kollegen stellt sich die Frage, wie sich die Regeln des Versammlungsrechts mit der Natur von Arbeitskämpfen vertragen: „Müssen also Streikversammlungen, wenn sie außerhalb der Betriebe stattfinden, nach § 14 (VersG) angemeldet werden -“ und wenn ja, gilt dies für alle ohne Ausnahme ? Verstößt ein Arbeiter, wenn er bei einer Streikversammlung unter freiem Himmel seinen Arbeitshelm trägt, gegen das sogenannte Schutzwaffenverbot („passive Bewaffnung“) des § 17a VersG? Verletzt er das Waffenverbot, wenn er sein Arbeitsgerät mit sich führt ? Ist es mit der Koalitionsfreiheit zu vereinbaren, dass die Polizei, wie es § 12a VersG erlaubt, die Streikversammlung filmt und die Reden mitschreibt?“ („Streikgeschehen als anmeldepflichtige Versammlung“ H.Wächtler in „Arbeit und Recht“ Ausgabe 5/2009).

Allein die Anmeldepflicht hätte weitreichende Folgen: Wesentlicher Bestandteil gewerkschaftlicher Streiktaktik ist der Überraschungseffekt. Durch den Zwang zur vorherigen Anmeldung fällt dieser weg, die betroffenen Unternehmen können sich vorbereiten, im Fall der Münchner „Zara“-Filiale z.B. durch Doppelbesetzung zentraler Funktionen wie der Kasse, die schleswigholsteinischen Bauunternehmer durch vorübergehende Stornierung und Umdirigierung von Zulieferungen.

„Eine Pflicht zur vorherigen Anmeldung dieser Streiks würde die Kampffähigkeit der streikführenden Gewerkschaft in schwerwiegender Weise beeinträchtigen.“ ( H.Wächtler s.o.)
Damit nicht genug. Eine angemeldete Versammlung braucht einen Versammlungsleiter. Wenn, wie im bayerischen Versammlungsgesetz vorgesehen, auch der gewerkschaftliche Versammlungsleiter auf „Zuverlässigkeit und Eignung“ überprüft wird, werden dessen persönliche Daten erfasst und mit polizeilichen und staatsschutzrechtlichen Dateien abgeglichen. Das Bundesverfassungsgericht spricht in seiner Eilentscheidung zum bayerischen Versammlungsgesetz vom 17.2.2009 deshalb auch davon, dass „(...) Beobachtungs- und Dokumentationsmaßnahmen (...) Teilnehmer an einer unbefangenen Mitwirkung in der vom Veranstalter vorgesehenen Weise hindern (können)“ (zitiert nach H.Wächtler s.o.).

Durch die dargestellten versammlungsrechtlichen Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen kann der Staat direkt in den Arbeitskampf eingreifen, die Ausübung des Streikrechts würde von einer amtlichen Genehmigung abhängig gemacht.

Was ist zu tun?
In seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zum Versammlungsrecht in Schleswig Holstein vom 9.8.2012 fordert der DGB eine „Arbeitskampfklausel“: „Dies würde dem besonderen Charakter von Versammlungen im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen im Kontext des Artikel 9 Abs. 3 gerecht werden.“ Sie soll sicherstellen, „dass das weitergehende Grundrecht auf Koalitionsfreiheit seinen eigenen Schutzzweck behält und nicht über eine Beschränkung durch das Recht auf Versammlungsfreiheit teilweise leer läuft.“

So verständlich diese Anliegen ist, klingt die vom DGB vorgeschlagene Regelung doch etwas nach dem berühmten Sankt-Florians-Prinzip. In der Begründung für die Arbeitskampfklausel vom 27.1.2014 liefert der DGB darüber hinaus ein schönes Beispiel dafür, wie neue Regelungen nur neue Grenzen schaffen können: Es wird unterschieden zwischen Versammlungen, die „unmittelbaren Druck auf den Arbeitgeber ausüben“ - keine Anmeldung erforderlich -“ und Versammlungen, die nur „mittelbar über eine Solidarisierung der Öffentlichkeit Druck auf den Arbeitgeber ausüben“ - Anmeldung „sinnvoll“. Man darf gespannt sein, wie diese zwei „Versammlungsarten“ in der polizeilichen und juristischen Wirklichkeit voneinander abgegrenzt werden oder eben auch nicht.

Der DGB-Vorschlag greift aber insgesamt zu kurz. Vielmehr wäre es angebracht, wenn die Gewerkschaften auch die gesellschaftliche Dimension der Auseinandersetzung um die Versammlungsfreiheit in den Mittelpunkt rücken würden und sich wesentlich offensiver in diese Auseinandersetzung einmischten. Die Initiative gegen das bayerische Versammlungsrecht von verdi Bayern sei hier beispielhaft genannt.

So sind ja auch die Gewerkschaften nicht nur beim Arbeitskampf von den Restriktionen des Versammlungsgesetzes betroffen, man denke nur daran, dass in Heilbronn und Ulm Kolleginnen und Kollegen durch Polizeikessel im Zusammenhang mit antifaschistischen Demonstrationen an der Teilnahme an Maikundgebungen des DGB gehindert wurden. Im Vorfeld der DGB-Demonstration am 1.Mai 2014 in Stuttgart führte die Polizei sogenannte „Vorkontrollen“ durch, bei denen Leute über längere Zeiträume festgehalten und an der Wahrnehmung ihres Grundrechts auf Versammlungsfreiheit gehindert wurden. Dasselbe passierte bei der gewerkschaftsnahen Blockupy-Demonstration am 17.Mai 2014 ebenfalls in Stuttgart, zu der u.a. der verdi-Bezirk Stuttgart aufgerufen hatte.

Inhaltlich geht es darum, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass das Streikrecht und die Versammlungsfreiheit diejenigen Grundrechte sind, die die Möglichkeit eröffnen, tatsächlichen, spürbaren Druck auf Kapital und Politik auszuüben.

Die Kraft der kämpfenden Arbeiterklasse besteht in ihrer Fähigkeit, den Lebensnerv der kapitalistischen Gesellschaft, die Profitproduktion zu treffen. Gesamtgesellschaftlich wird diese Stärke noch wirksamer, wenn sie sich auf die Straßen und Plätze der Städte ergießt und sich dort mit anderen sozialen-und Protestbewegungen vereinigt.

Folglich muss alles dafür getan werden, diese Rechte nicht nur zu verteidigen, sondern zu erweitern in Richtung eines umfassenden Streikrechts und eines fortschrittlichen Versammlungsgesetzes.

Dazu schreibt das Komitee für Grundrechte und Demokratie in Bezug auf die Versammlungsfreiheit: „Würde ein Artikel 8 - „Jede Person hat das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen mit anderen zu versammeln und Versammlungen zu veranstalten“ - dieses Recht nicht vielleicht besser schützen können als jedes Versammlungsgesetz, das nur wieder neue Grenzen zu ziehen versucht ?“ ( Blockupy 2013 -“ Der Frankfurter Polizeikessel am 1.Juni 2013, S.69/70)

Diese Überlegung ist nicht von der Hand zu weisen. So wurde in Frankreich das Streikrecht ursprünglich ebenfalls unter Gesetzesvorbehalt gestellt („Näheres regelt ein Gesetz“). Dieses Gesetz wurde aber nie verabschiedet bzw. die Verabschiedung scheiterte am Widerstand der Arbeiterbewegung.

Dies weist auf einen grundsätzlichen Aspekt der Auseinandersetzung hin: Rechtsfragen sind immer auch Machtfragen. Es geht nicht in erster Linie um ausgeklügelte Gesetzesformulierungen, sondern um den Einsatz der Kraft der Gewerkschaftsbewegung und anderer sozialer- und Protestbewegungen für die Verteidigung und Erweiterung der Grundrechte.
Trotzdem sollen einige Eckpunkte der Ausgestaltung eines möglichen „zukünftigen“ Artikel 8 des Grundgesetzes genannt werden:

  • Das Recht, die Form und Ausgestaltung der Versammlung frei zu wählen.

  • Die Vorrangigkeit der Versammlungsfreiheit vor nachgeordneten Gesetzen wie den Vorschriften der Polizeigesetze, der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Gewerbefreiheit. Also keine Einschränkungen der Versammlungsfreiheit z.B. wegen der „Leichtigkeit des Autoverkehrs“ oder angeblicher Umsatzeinbußen des Einzelhandels.

  • Das Verbot aller Maßnahmen staatlicher Organe und Institutionen, die geeignet sind, die äußere und innere Versammlungsfreiheit zu gefährden, insbesondere Videoüberwachung, Polizeikessel, „enge Begleitung“ durch Polizeiketten.

Und last but not least die Kostenfreiheit aller Amtshandlungen im Rahmen der Wahrnehmung des Rechtes auf Versammlungsfreiheit (Anmeldegebühren etc.) und die Aufhebung aller Bannmeilengesetze.

Nachtrag:

  • Die Ermittlungsverfahren gegen Teilnehmer am IG Bau-Streik 2007 in Schleswig Holstein wurden allesamt eingestellt.

  • Der Münchner verdi-Kollege ging in die nächste Instanz vor das Landgericht. Dieses setzte den Prozess aus bis zur Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde gegen das bayerische Versammlungsgesetz. In der Eilentscheidung wurde der Verstoß heruntergestuft zur Ordnungswidrigkeit. Dadurch war kein Straftatbestand mehr gegeben, das Verfahren wurde eingestellt.

  • Gegen die Strafbefehle haben alle betroffenen Ford-Kollegen/innen aus Genk Widerspruch eingelegt. Der erste Prozess fand am 11.Juni vor dem Amtsgericht Köln statt.

  • Norgren hat die Anlagen abtransportiert. Nach neun Wochen Streik wurde in der Urabstimmung der ausgehandelte Sozialtarifvertrag mit 88% Zustimmung angenommen. Das Werk wurde Ende 2013 geschlossen.


Quelle: Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit

Mehr Verantwortung schleppen - wie ein abgesoffenes Kanu auf der Schulter

Als Gauck zu Jahresbeginn die Röhre öffnete und heißen Schwalm ausstieß, da dachten manche - ich auch - es gehe noch einmal ins völkische Blutvergießen. Vor allem, weil Merkel und von der Leyen so gar nicht zurückstehen wollten. Und heiße Dampfwölkchen nachjagten.

Inzwischen, wo es sonst allenthalben ernster geworden ist, hat sich herausgestellt, daß alles nicht so ernst gemeint war. Es ging um Anerkennung in der sogenannten Völkergemeinschaft. Nicht nur reden, sondern auch kräftig handeln.

Dass es ein wenig kläglich um die deutsche Waffenpracht steht, darf bei den großen Plänen nicht behindern. Es geht - und das ganz nach dem großen Plan vom Jahresanfang - darum, groß zu pusten. Aber kein einziges Mühlrad zu bewegen.

Sehr schlau deshalb die zwei Mauerstöße,die die Welt beschäftigen sollen. Das Überwachen der Front in der Ostukraine läßt sich mit den verbliebenen Flugzeugen verschiedener Art eben noch schaffen. Und da es sich nur um Unterrichtung handeln wird, werden die verschiedenen Kampftruppen es angenehm erstaunt zur Kenntnis nehmen, wenn wieder ein Panzer in die Luft geht oder eine Straßenkreuzung ruiniert ist. Gewußt haben werden sie es ohnedies. Ändert aber nichts, wenn alles auch noch sorgsam registriert wird.

Dasselbe gilt für das Ausbildungszentrum in Kurdistan. Schnell läuft da ohnedies nichts. Und während die IS-Truppen eine Stadt nach der anderen erlegen, wird fleißig für die Zukunft geprobt. In beiden Fällen also kräftig gespuckt, aber nichts getroffen.

Neuer Militarismus? Aber nur der Fassade nach.Es geht weiterhin nicht um Erfolge, sondern um Erfolgsnachahmung. Immer noch im Schatten der USA. Aber ganz allmählich in vorsichtiger Abkehrbewegung. Wer weiß,was in fünf Jahren sein wird.

Deshalb:Kräftig fauchen über angezündeten Meilern.

Obama am Ende

Obama nebst Friedensnobelpreis
Dass Obamas Friedenspolitik ein Trugbild war, stellte sich schon bald nach seinem Nobelpreis heraus. Dass damals soviele zustimmten, war keineswegs kritischer Einsicht zu verdanken, sondern dem allgemeinen Erlöserglauben. Endlich einer, der uns die Leiden dieser Zeit vom Hals hält.

Die Wendung zum Kriegsfürsten ist nun ebenfalls gescheitert. Nur durch Luftüberlegenheit siegen zu wollen, hat sich weder im Krieg gegen die Nazis noch in Vietnam bewährt. Sonst hätte der zweite Weltkrieg spätestens 1944 sein Ende gefunden. Die deutsche Luftwaffe war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr groß aufzufinden.

Obama steht nun in der Schwierigkeit, Fußtruppen zu finden, die seinen Lufttruppen nachfolgen. Es bieten sich an
- die Kurden. Eine Stärkung dieser würde aber Syrien sofort sprengen.
- die Türken. Da diese aber als Vorableistung den Rücktritt des jetzigen syrischen Präsidenten verlangen, zerfiele die Einheitsfront von soviel Staaten, bevor sie auch nur die ersten Streiche ausgeführt hätte. Hinzu käme der Wunsch der Türkei, durch eine Flugverbotszone an ihrer Grenze die lästigen PKK-Kämpfer zu domestizieren. Da diese aber bisher den Hauptbestandteil an der Abwehr der IS-Truppen geleistet haben, ergäbe sich dann, dass Obama den einzigen treuen Gewährsleuten des Kampfes "für die Freiheit" den Abschied geben müsste.

Das wird er nur sehr ungern tun. Dass die USA den Einsatzwillen der türkischen Obrigkeit so herzlich begrüßt hat, hat wenig zu sagen. Sie hoffen ganz oben - bei Obama - dass sie alle Widersprüche und Gegensätze durch ihre militärische Macht ausgleichen können. Das mag in kleineren Fällen - wie etwa Kosovo und Serbien - einstweilen gelingen. Nicht aber bei solchen wesentlichen Konflikten wie dem zwischen einer diktatorisch geführten Türkei und einem aus dem syrischen Staatsverband herausdrängenden Kurdistan.

Was bedeutet das dann für unser feierwütiges Vaterland? Im Augenblick steht natürlich DIE Obama - Nachfolge an. Nicht aus Nibelunentreue, aber aus Verlegenheit. Auf jeden Fall: bevor die Türkei über das NATO-Gesetz alle in ihren Taumel einbezieht, sollte ein Steinmeier vielleicht doch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen anrufen. Und damit allerdings dem Sonderbund Obamas den entscheidenden Fußtritt verpassen.

Globaler Aktionstag gegen Drohnen

Flyer
Am 4. Oktober findet der Globale Aktionstag gegen Drohnen statt. Allein in Deutschland wird es über 20 Aktionen geben, etwa vor dem AFRICOM in Stuttgart, dem Bundestag in Berlin oder in Kalkar.

Die Informationsstelle Militarisierung (IMI) ruft mit dazu auf, an diesem Tag gemeinsam mit den weltweit stattfinden Aktionen sich auf die Straße zu begeben:

"Weltweit werden immer mehr Kriege mit Drohnen geführt. Auch die Bundesregierung plant -“ wie viele andere Länder weltweit -“ bewaffnungsfähige Drohne anzuschaffen und einzusetzen.

Der Globale Aktionstag ist unsere Chance, Aktion Gemeinsam auf der ganzen Welt gegen den Einsatz von Drohnen, Satelliten und Bodenstationen zur Überwachung und Tötung zu organisieren.

In Stuttgart liegt mit dem AFRICOM, der Kommandozentrale der US-Streitkräfte für Afrika, ein zentraler Ort der völkerrechtswidrigen Drohnenkriegsführung. Lasst uns dorthin gehen und den globalen Aufschrei auch von Stuttgart aus hörbar werden.

Die deutsche Regierung, bis hin zur Stadt Stuttgart muss sich hier ihrer Verantwortung endlich stellen, ihre Mithilfe einstellen und kritische Nachfragen beantworten und Konsequenzen ziehen. Stattdessen verstärken sie die Zusammenarbeiten und möchten selbst das Drohnengeschäft und -kriegsführung ausbauen.

Wir rufen deshalb zur Teilnahme an der Kungebung auf.

14 Uhr vor dem US-AFRICOM in Stuttgart-Möhringen, Plieninger Straße 289
Anfahrt: U3 Haltestelle Landhaus

Veranstalter: Die AnStifter, DFG-VK BaWü, SÖS-Linke-PluS, Friedensnetz BaWü, Gesellschaft Kultur des Friedens, Die Linke Stuttgart, Informationsstelle Militarisierung, Ohne Rüstung Leben, Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart
"

Quelle: IMI.

Näheres zur Aktion in Stuttgart.

Eine Übersicht über alle bundesweiten Termine.

Eine Übersicht über alle weltweiten Termine. Siehe auch: Der Sensenmann kommt aus der Luft.



Siehe auch: Die Infrastruktur der Drohnenkriegführung sichtbar machen. Der Globale Aktionstag zeigt Perspektiven für eine dezentrale Bewegung gegen Kampf- und Überwachungsdrohnen. Beitrag von Christoph Marischka.

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