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Mannheim: Berufsverbot für Michael Csaszkóczy einstweilen für rechtswidrig erklärt

StattWeb berichtet zum heute verkündeten Urteil in Sachen Berufsverbot für Michael Csaszkóczy:

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim befand, dass das Oberschulamt Karlsruhe bei der Prüfung der "Eignung" des Referendars Michael Csaszkóczy nicht pflichtmäßig vorgegangen sei, als seine Übernahme in den Schuldienst abgelehnt wurde. Wie erinnerlich, war das Verbot von der damaligen Kultusministerin Schavan ausgegangen, die diskret im Urteil nicht als wahre Urheberin genannt wird.

Es muss an dieser Stelle nicht noch einmal daran erinnert werden, was Michael Csaszkóczy vorgeworfen wurde. Kernpunkt war seine Mitgliedschaft in einer antifaschistischen Gruppe in Heidelberg. Besonders angekreidet wurde von sprachtaumelnden Behörden dem Schulmann der Gebrauch der Vokabel "Militanz". Wie auch schon tausendmal erinnert, bedeutet das Wort im französischen Sprachgebrauch wirklich nur, dass man keine Karteileiche sein will in seinem Verein, kein müder Sofapupser, sondern dass man sich aktiv und vorne dran für dessen Ziele einsetzt. Zu diesem besonderen Vorwurf äußerte Csaszkóczy gestern vor Gericht, er wolle sich von dem Satz aus "Respekt vor den Menschen, die im Dritten Reich Widerstand geleistet haben" nicht distanzieren. Er wolle aber keineswegs Straftaten propagieren. Gewalt gegen Menschen oder Sachen habe er immer verurteilt und abgelehnt


Bilderserie: Michael Csaszkóczy auf der Demonstration gegen Berufsverbote in Mannheim, 27. Januar 2007

Nach dem Urteil des Gerichts hätte das Oberschulamt das konkrete Verhalten im Referendariat als Anhaltspunkt für die Beurteilung ganz anders heranziehen müssen, als es dies getan hat. In Klammer: Aus dieser Zeit ist weder unterrichtlich noch außerunterrichtlich im Schulgebäude etwas vorgetragen worden. Und gesucht wurde danach -das lässt sich in Kenntnis der handelnden Akteure ohne Unterstellung vermuten. Daraufhin teilte das Gericht dem Landesamt für Verfassungsschutz in gebotener Direktheit mit, es reiche nicht aus, mit einer "Sündenliste " zu arbeiten, in der über zahlreiche Einzelvorfälle die mangelnde Verfassungstreue nachgewiesen werden soll. Wir kennen die Liste nicht, aber nach anderen Fällen zu schließen, wird sie aus einer Aufzählung von Veranstaltungsbesuchen bestehen, in der auch Personen sich zu Wort meldeten, die das Amt ebenfalls unter Beobachtung gestellt hat. Und so häuft sich von Kontakt zu Kontakt Schuld über Schuld- ohne dass die leibhafte lebende Person, um die es geht, überhaupt einmal zu Gesicht kommt.

Allerdings verpflichtete das Gericht die Behörde nicht,den Kläger stracks in den Schuldienst zu übernehmen. Die Behörde wird nur verpflichtet, eine neue Prüfung vorzunehmen, in der dann -mitgedacht- nicht die bisherigen Vorwürfe- weil verbraucht- noch einmal aufmarschieren dürfen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte Csaszkóczy bei dessen Klage unterstützt ganz im Gegensatz zu früheren Zeiten, in denen die Gewerkschaft sich staatstragend oft noch schneller von Betroffenen trennte, als die Behörde zuschlagen konnte.In richtiger Abkehr von dieser Praxis der vorlaufenden Unterwerfung sagte der baden-württembergische GEW-Landesvorsitzende Rainer Dahlem. "Wir brauchen Lehrerinnen und Lehrer mit Rückgrat statt die Sanktionierung von politischem Engagement durch das undemokratische und antiquierte Mittel des Berufsverbots"

Was wird die neue Regierung nun tun, um Michael Csaszkóczy doch noch loszuwerden. Die menschliche Erfindungskraft wächst in der Not- aber viel glaubwürdige Argumente gegen den Anwärter hat das Gericht eigentlich nicht übriggelassen.

Das SOLI-KOMITEE für Michael Csaszkóczy trifft nach dem Urteil folgende Feststellungen:

"Wir sehen das Urteil als großen politischen Erfolg der Solidaritätsbewegung und als Signal gegen die Versuche der BundesländerBaden-Württemberg und Hessen, die Praxis der Berufsverbote als Repressionsinstrument gegen unbequeme Linke wiederzubeleben.Das Urteil stellt zugleich einen deutlichen Dämpfer für den Inlandsgeheimdienst dar, der in diesem Fall bewiesen hat, dass seine langjährige Überwachung des Realschullehrers offensichtlich ebensowenig zu rechtfertigen war wie seine faktische Initiative zur Zerstörung der beruflichen Existenz Csaszkóczys.

Wir erwarten vom Kultusministerium nun die längst überfällige Einstellung des Betroffenen in den Schuldienst.

Auch danach werden wir aber weiterhin für die Abschaffung der gesetzlichen Grundlagen der Berufsverbote und für die Rehabilitierung und Entschädigung aller Betroffenen kämpfen.

Ergänzung von Althoff (14.03.): Zur Entscheidung im Berufsverbotsfall Csaszkóczy erklärt der Europaabgeordnete der Linksfraktion Pflüger: "Ich begrüße die Entscheidung des [...] VGH, das Berufsverbot [...] aufzuheben. Sie zeigt, dass sich der Kampf um die Grundrechte lohnt. Ich freue mich besonders für Michael Csaszkóczy. [...] Antifaschistisches Engagement ist wichtig, gerade als Lehrer. Dies müssen nun auch die hessische und die baden-württembergische Landesregierung akzeptieren. [...] Das Urteil ist auch eine Ohrfeige gegen die heutige Bundesbildungsministerin Schavan, die dieses Berufsverbot eingeleitet hatte."



SWR Bericht

Weitere Links via redblog:
Kampagne "Gegen Berufsverbote"
Pressemitteilung des VGH, 14.03.2007
Antifaschistische Initiative Heidelberg

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