Skip to content

Fukushima-Kundgebung AKW Neckarwestheim - 10.03.24

Der Mobiflyer zum 13. Jahrestag zeigt das havarierte AKW in Fukushima, die Atomkraft? Nein Danke! Sonne sowie die Forderungen nach rascher, weiterer Energiewende jetzt, Fossile & Atom raus aus der EU-Taxonomie und kein radioaktives Wasser ins Meer bei FukushimaSonntag, 10. März 2024, 14:00 Uhr: Kundgebung am AKW Neckarwestheim - Info und Protest

Zum Fukushima-Jahrestag ruft das Aktionsbündnis zu einer Kundgebung vor den Neckarwestheimer Atomanlagen auf

Seit vielen Jahren finden immer Jahrestags-Kundgebungen bzw. Demos zum AKW Neckarwestheim statt - trotz Abschaltung des AKWs ist für uns das Thema Atom und Energiewende auch jetzt noch lange nicht vorbei!
Deshalb finden unsere Kundgebungen weiter statt!
In diesem Jahr rufen wir zu einer Kundgebung (nicht Demo) ab 14:00 Uhr direkt auf dem Parkplatz vor dem AKW auf!
Unterstützt uns jetzt bei der Mobilisierung: Bestellt und streut unsere Flyer, Plakate Din A3 und Postkarten! Bestellung per Email, gratis oder gerne auch gegen Spende.

Kundgebung am 10. März 2024:

Flyer des Aktionsbündnisses:

Rückblick:Quelle: Aktionsbündnis CASTOR-Widerstand Neckarwestheim

Der Görli bleibt auf

Drei junge Teilnehmer:*Innen der Demo halten ein Transparent mit der Aufschrift: "Der Görli bleibt auf! Nein zur Symbolpolitik!"
Foto: © heba / Umbruch Bildarchiv
Am 24. Februar demonstrierten rund 1000 Menschen bunt und lautstark im Görlitzer Park und drum herum gegen die geplante Umzäunung und nächtliche Schließung des Parks.

Zu den Fotos beim Umbruch Bildarchiv.

Den Umzug hat das Bündnis „Görli Zaunfrei“ organisiert, Initiativen, Nachbar*innen und soziale Einrichtungen aus dem Kiez, die soziale Lösungen fordern statt einer Law and order Politik des Berliner Senats. Unter dem Deckmäntelchen der Sicherheit für Frauen und Anwohner*innen im Görlitzer Park hat der CDU/SPD Senat einen Maßnahmenkatalog beschlossen, der vorsieht einen Zaun um den Görli zu bauen, ihn nachts abzuschließen und Videokameras zu installieren.

Ja, es gibt Drogenhandel, Drogenkonsum und Verelendung im Kiez. Aber es geht dem Senat nicht um die Sicherheit von Frauen, der Menschen im Park oder Maßnahmen gegen patriarchale Gewalt. Es geht auch nicht um Lösungen für soziale Konflilte, sondern um rassistische Verdrängung und repressive Migrationspolitik und Gentrifizierung.

Während Wegner behauptet, sich um die Sicherheit von Frauen und Anwohner*innen zu sorgen, sind zeitgleiche zahlreiche Projekte unterfinanziert und von der Schließung bedroht. Das ist purer Populismus. Die 3,9 Millionen Euro, die gegen den Willen der Anwohner*innen und des Bezirks für den Bau und Unterhalt des Zauns veranschlagt werden sollten besser in soziale Maßnahmen investiert werden! - Gesa vom Bündnis “Görli Zaunfrei” -

Links

Kahlschlag an der Sternbrücke sofort stoppen!

Das Foto von ©  Stephan Pflug zeigt die Ergebnisse der Baumfällarbeiten an der Brammerfläche
Baumfällarbeiten an der Brammerfläche, © Stephan Pflug
Verkehrssenator Anjes Tjarks und Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg tragen volle politische Verantwortung für übereilten Kahlschlag durch die Deutsche Bahn

Die Deutsche Bahn hat heute im Hauruck-Verfahren auf der Brammerfläche und in Hinterhöfen in der Stresemannstraße die ersten 20 Bäume gefällt und damit ohne Not vollendete Tatsachen geschaffen. Noch sind nicht alle Bäume gefällt und laut Polizei hat die Bahn gegen 15 Uhr für heute die Fällarbeiten aufgrund der Proteste vor Ort eingestellt.

„Deutsche Bahn, Verkehrsbehörde und Bezirk sitzen nach unserer Kenntnis wöchentlich zusammen, um den Neubau eng zu begleiten. Eine Ansage zum Schutz der Bäume wäre problemlos möglich gewesen,“ so Marlies Thätner, Sprecherin der Initiative Sternbrücke. „Offensichtlich halten es Verkehrssenator Anjes Tjarks und Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg nicht für nötig, den über 60 Organisationen und Gruppen mit Respekt zu begegnen, die noch vor kurzem einen Schutz der Bäume bis zum Ende der Klagefrist Mitte März verlangt haben.“

Anwohner:innen hatten die Initiative Sternbrücke heute um 8 Uhr auf die beginnenden Fällarbeiten hingewiesen. Eine wachsende Gruppe von Protestierenden bei einer spontanen Kundgebung hatten zwischenzeitlich 10 Streifenwagen auf den Plan gerufen. Obgleich ausdrücklich auf Sicherheitsrisiken hingewiesen, schritt die Polizei bei Baumfällungen in nur wenigen Metern Abstand vom belebten Schulterblatt nicht ein.

Thätner fährt fort: „Wir sind fassungslos. So sieht es also aus, wenn der SPD-Bürgermeister und sein Grüner Verkehrssenator Verkehrswende spielen. Sie wollen die Straße breiter machen und planen dafür eine Monster-Sternbrücke ... entgegen dem Protest der Anwohnenden, gegen viele Mitglieder ihrer eigenen Parteien ... und sie richten damit großen Schaden an.“

Der Umweltverband Prellbock Altona e.V bereitet bis Mitte März mit Unterstützung der Initiative Sternbrücke die Klage gegen die völlig überdimensionierte Neuplanung der Bahn vor. Sie geht vor allem auf die Anforderungen der Verkehrsbehörde zurück, unter der Sternbrücke mehr Platz für den Autoverkehr zu schaffen. Über 600 Spender:innen mit über 43.000 EUR Spenden auf betterplace.org und inzwischen über 20.0000 Unterstützer:innen auf change.org verlangen eine Neuplanung.

Sternbrücke: Kleine Atempause; ruppige Bahn-Bagger zerren ungeduldig an der Kette

Foto einer Postkarte der Deutschen Bahn, die an die Haushalte rund um die Sternbrücke ging
Erschreckende Postkarten von der Deutschen Bahn flattern aus den Briefkästen der Haushalte rund um die Sternbrücke. Es gibt noch keinen Planfeststellungsbeschluss (Baugenehmigung) für den Neubau der Sternbrücke. Und dennoch plant die Bahn bereits Abrisse von teils denkmalgeschützten Gebäuden (z. B. Waagenbau) und sie will etwa 40 Bäume im Bereich Eifflerstraße fällen.
„Wir sind ernsthaft besorgt. Die letzten Tage haben gezeigt, wie rücksichtslos die Bahn an der Sternbrücke vorgeht: gerne an der Grenze des Rechtsstaates, und möglichst schnell unwiderrufliche Fakten schaffen“, erklärt Marlies Thätner, Sprecherin der Initiative Sternbrücke. „Dass ein öffentliches Unternehmen hier anscheinend vorsätzlich das eigene Planfeststellungsverfahren unterläuft, ist ein starkes Stück. Wir sind froh, dass die Bahn einen Rückzieher machen musste.“

Während die Vorbereitungen auf Hochtouren und gut sichtbar weiterlaufen, hat die Bahn nun erklärt, sofort nach Planfeststellung mit dem Fällen der 40 Bäume und Abriss der 5 Gebäude beginnen zu wollen. Aus Sicht der Initiative ohne jede zeitliche Not - die Sternbrücke hält nach Angaben der Bahn noch mindestens 10 Jahre. Vor allem aber ist der sofortige Baubeginn rechtlich hoch problematisch. Abriss und Baumfällungen betreffen den Kern der mangelhaften Planung, und gerade die soll ja vor Gericht geprüft werden.

„Wir wollen nicht zulassen, dass die Bahn das Viertel zerstört, bevor wir überhaupt eine Chance gehabt haben, die aktuelle Planung zu lesen, zu verstehen, und dann Klage einzureichen“, so Thätner. „Die Menschen in Hamburg haben ein Recht darauf, diese schlechte Planung vor Gericht prüfen zu lassen, bevor Fakten geschaffen werden. Darum: Wir sind wachsam, wir sind bereit, und wir mobilisieren für den „Tag B“ - B wie Brückentag.“

Mehr Informationen. Die Sternbrücke bei WikiPedia
Quelle: Pressemitteilung

Sternbrücke: „Nach stadtbekannt schlechter Planung unterhöhlen Bahn, Bezirk und Senat jetzt den Rechtsstaat“

Foto einer Postkarte der Deutschen Bahn, die an die Haushalte rund um die Sternbrücke ging
Erschreckende Postkarten von der Deutschen Bahn flattern aus den Briefkästen der Haushalte rund um die Sternbrücke. Es gibt noch keinen Planfeststellungsbeschluss (Baugenehmigung) für den Neubau der Sternbrücke. Und dennoch plant die Bahn bereits Abrisse von teils denkmalgeschützten Gebäuden (z. B. Waagenbau) und sie will etwa 40 Bäume im Bereich Eifflerstraße fällen.
Hamburg-Altona/Sternschanze: Ab morgen, 5.2.2024, sollen 40 teilweise geschützte Bäume und fünf teilweise denkmalgeschützte Gebäude ohne Planfeststellung abgerissen werden.

Nach stadtbekannt schlechter Planung wird jetzt aus Angst vor erfolgreichen Klagen der Rechtsstaat unterhöhlt,“ sagt Marlies Thätner, Sprecherin der Initiative Sternbrücke. „Wir fordern Bahn, Bezirk und Senat auf, das Planfeststellungsverfahren zu respektieren und sämtliche Bauarbeiten bis zu einer gültigen Baugenehmigung zu stoppen. Ohne offizielle Baugenehmigung für die Brücke 40 teilweise geschützte Bäume zu fällen und fünf teilweise denkmalgeschützte Gebäude abzureißen, schafft vollendete Tatsachen und macht jeden später erreichten Baustopp zur Farce.

Auf einmal soll an der Sternbrücke alles schnell gehen: am Mittwoch letzter Woche teilte die Bahn per Postkarte und online mit, ab 5.2. mit dem Fällen von 40 Bäumen und dem Abriss von fünf Gebäuden zu beginnen. Da der Planfeststellungsbeschluss noch aussteht, geschieht dies laut Bahn anscheinend mit Sondergenehmigungen des Grün regierten Bezirks Altona und der Umweltbehörde. Entsprechende Anfragen an Bau- und Naturschutzamt des Bezirks sind bislang unbeantwortet. Für den Abriss der denkmalgeschützten Gebäude ist eine eigenständige Genehmigung erforderlich. Hier läuft eine formale Anfrage ans Denkmalschutzamt über die Anwälte der Initiative.

Der gigantische Neubau der Sternbrücke ist in der Hamburger Öffentlichkeit und Fachöffentlichkeit hoch umstritten, weil er massiv in den Stadtteil eingreift. Insgesamt 90 Bäume sollen gefällt, 7 Gebäude abgerissen, und die denkmalgeschützte Sternbrücke soll durch eine 4x so hohe Monsterbrücke ersetzt werden. Die zerstörerischen Ausmaße der neuen Brücke gehen vor allem auf die Anforderungen der Verkehrsbehörde zurück, die seit 2016 von der Bahn eine stützenfreie Aufweitung der Stresemannstraße für den Autoverkehr verlangt. Auch 7 Jahre später liegt keine Verkehrsplanung vor, die die Aufweitung begründen könnte. Dabei sind angemessene Alternativen ohne weiteres möglich und der Öffentlichkeit bekannt.

Die Bahn selbst geht davon aus, die bestehende Sternbrücke bis maximal 2035 nutzen zu können. Es bleibt also genügend Zeit, den Vorschlägen des Brückenexperten Dr. Werner Lorenz im Verkehrsausschuss der Bürgerschaft zu folgen, und die Planung über einen Wettbewerb neu aufzusetzen - mit zwei Varianten für eine Sanierung und zwei Varianten für einen Neubau.

Hamburgs Bürger:innen haben ein Recht darauf, die umstrittene Planung vor Gericht prüfen zu lassen und auf eine Neuplanung hinzuwirken. Eine entsprechende Klage ist allerdings erst möglich, wenn der Planfeststellungsbeschluss vorliegt. Die Initiative Sternbrücke geht davon aus, dass eine Verbandsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss gute Aussichten auf Erfolg hat. Das sehen auch über 600 Unterstützer:innen so: in den letzten 6 Monaten haben sie über 40.000 EUR für die Klage gespendet. „Jetzt Bäume zu fällen und Häuser abzureißen tritt den Rechtsstaat mit Füßen,“ so Thätner.

Mehr Informationen. Die Sternbrücke bei WikiPedia
Quelle: Pressemitteilung 4. Februar 2024

Freiheit für Leonard Peltier - Aktivist des American Indian Movement!

Das SharePic mit verschiedenen Fotos von Leonard Peltier von der Festnahme bis heute stellt die Frage: Clemency - 2024 - year of decision? (Begnadigung - 2024 - Jahr der Entscheidung?) und die Forderung: No matter how  - but now!2024 jährte sich zum 51. mal die Besetzung des Ortes Wounded Knee in Süd Dakota / USA. Hier fand 1890 ein Massenmord an 300 Kindern, Frauen und Männern vom indigenen Stamm der Lakota durch die US Armeee statt.

Im Januar 1973 besetzten Aktivisten*innen des American Indian Movement (AIM) diesen Ort, um gegen die mörderische Politik der US Regierung zu demonstrieren. Sie machten damit auf Landraub und die kulturelle sowie physische Zerstörung der amerikanischen Ureinwohnerinnen aufmerksam. Damals war in der Pine Ridge Reservation, in der Nähe von Wounded Knee eine mörderische Paramiliz aktiv, welche die Bevölkerung und insbesondere AIM Sympathisant*innen angriffen und z.T. ermordeten.

Die gegen derartige Praktiken gerichtete Protestaktion in Wounded Knee erhielt weiltweite Aufmerksamkeit, auch in der dt. Presse. Die Zustände auf der Pine Ridge Reservation änderten sich dadurch jedoch leider nicht.

Der AIM Aktivist Leonard Peltier befand sich 1975 dort, um die Bevölkerung gegen den Terror zu unterstützen und wurde unter konstruierten Vorwürfen für einen angeblichen Mord am 6. Februar 1976 verhaftet und kurz darauf ohne stichhaltige Beweise verurteilt. Er wird seit inzwischen 48 Jahren als politischer Gefangener in verschiedenen US-amerikanischen Hochsicherheitsgefängnissen festgehalten.

Seine Verhaftung und die Repression gegen A.I.M. waren Teil des sogenannten COINTELPRO Programmes von der US-Bundespolizei FBI, die die Zersetzung und Zerschlagung der damals starken Protestbewegungen, u.a. auch der Black Panther Party mit geheimdienstlichen und damals noch illegalen Mitteln betrieb.

Leonard Peltiers Verurteilung zu zwei Mal lebenslänglicher Haft war nur in Folge der Bedrohung mehrerer Zeug*innen, welche ihre Aussagen später widerriefen, massiver Beeinflussung der Geschworenen und erfundener, heute als falsch nachgewiesener Beweise möglich.

Verschiedenste Bücher, Filme und Songs griffen seinen Fall in den folgenden Jahrzehnten weltweit auf und trotz einer starken und breiten Protestbewegung hat der Präsident der USA ihn noch immer nicht freigelassen.

Im Herbst 2022 fand ein 1100 Meilen langer Protestmarsch durch die USA bis nach Washington D.C. für seine Freilassung statt, an welchem sich ca. 2000 Menschen beteiligten. Und auch im Rahmen der weltweiten Proteste im Jahr 2016 gegen die Black Snake Pipline in Standing Rock - North Dakota, welche für die Profitinteressen eines Ölkonzerns indigenes Territorium unwiederbringlich zerstört, wurde sein Fall immer wieder thematisiert.

Mittlerweile ist Peltier im Regierungsgefängnis von Coleman in Florida inhaftiert. Sein Gesundheitszustand ist in Folge mehrerer chronischer Erkrankungen, einer Coronainfektion sowie seines fortgeschrittenen Alters sehr schlecht. Eine lebensbedrohliche Aortaaussackung könnte durch eine Operation behoben werden, was ihm jedoch seit Jahren verweigert wird.

Kundgebung - Di. 6. Februar 2024 - 18:00 Uhr
US Botschaft
Pariser Platz 2 - U+S-Brandenburger Tor - Berlin

Wir fordern Leonard Peltiers Freilassung sowie das Selbstbestimmungsrecht und die umfassende Entschädigung der amerikanischen Ureinwohner*innen!

Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Free Them All!


Quelle: Free them all Berlin

Erst kamen die Pfeffersäcke

Das Foto zeigt einen deutschen Kolonialherren ca. im Jahr 1885, der sich von mehreren Trägern in einer Hängematte in Togo durch die Gegend tragen lässt.
Deutscher Kolonialherr in Togo (ca. 1885)
Die aus dem Kolonialismus stammende Diskriminierung im öffentlichen Raum durch Denkmäler und Strassennamen besteht fast überall weiter. So ist es etwa in Wuppertal immer noch nicht gelungen, den abwertenden Namen „Mohren“-Strasse zu ändern!

„Deutsch-Südwestafrika sollte zur Blaupause eines Rassestaates werden mit einer deutschen Führungsschicht an der Spitze und einem Heer rechtloser schwarzer Arbeiterinnen und Arbeiter.“ [Hoffmann, in: Schnurr/Patalong 115]So Ruth Hoffmann im 2022 erschienenen Buch „Deutschland, deine Kolonien“ - Geschichte und Gegenwart einer verdrängten Zeit, herausgegeben von Eva-Maria Schnurr und Frank Patalong.

Bereits 2021 als Zeitschrift in der Reihe „SPIEGEL GESCHICHTE“ herausgegeben, schreiben hier 18 Journalist:innen und Wissenschaftler:innen über den deutschen Kolonialismus. Das populärwissenschaftliche Buch gibt einen Überblick über alle kolonialen Anläufe seit dem 16. Jahrhundert. Es enthält eine zeitgenössische Landkarte aller Kolonien des Kaiserreiches im Buchrücken, in einem Kompendium werden die 9 Gebiete deutscher Besetzung in Kurzfassung beschrieben mittels zentraler gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und historischer Kategorien. Die Durchdringung der Opferländer und die Intensität der Unterwerfung werden sichtbar. Eine Zeittafel reiht die Ereignisse von 1528 bis 1945 auf. Die Chronik und das Kompendium machen das Buch zu einem wichtigen Beitrag für das Verständnis der historischen Tatsachen, die in der Öffentlichkeit der BRD kaum präsent sind. Das Buch schafft auch Grundlagen für die Diskussion um die Singularität des Holocaust, für die Beurteilung des „Neuen Historikerstreites“ zwischen Postkolonialismus-Studien einerseits und Holocaustforschung auf der anderen Seite.

Deutschland, deine Kolonien“

Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatten die vom Kaiserreich besetzten Gebiete ihre grösste Ausdehnung in Afrika, im Pazifik und in China und waren fest in der Hand der deutschen Wirtschaft, der Verwaltung und des Militärs. Aber schon seit Beginn der Neuzeit waren Deutsche an kolonialer Ausbeutung und Bereicherung beteiligt.

Die Handelsfamilie der Welser aus Augsburg scheiterte zwar 1528 bei der Etablierung eigener Stützpunkte in Venezuela und bei der Suche nach Gold und Bodenschätzen, konnte aber in den Sklavenhandel einsteigen. Im 17. und 18. Jahrhundert waren es Kaufleute aus Bremen und Hamburg, die unter dänischer Flagge im Dreieckshandel reich wurden. Die Dimension des Handels mit Menschen aus Afrika wird sichtbar an der Zahl der „Kammermohren“ [vgl. Klawitter , in: Schnurr/Patalong 44 f.]: die Existenz von mehr als 200 dieser schwarzen Sklaven an deutschen Höfen und Herrenhäusern ist mittlerweile belegt.

Grösster Händler wurde das Kurfürstentum Brandenburg, Keimzelle des Staates Preußen: „Mittels der 1682 gegründeten „Brandenburgisch-Afrikanischen Compagnie“ wurden in den folgenden Jahrzehnten etwa 30 000 Afrikaner in die Karibik verschleppt. (…) An der Menschenhandelskompgnie beteiligte sich auch das Kurfürstentum Köln.“ [Klawitter, in: Schnurr/Patalong 41]

Handelsstützpunkte und christliche Missionsgesellschaften markierten im deutschen Namen während des 18. und 19 Jahrhunderts Gebiete, auf die mit der Gründung des deutschen Nationalstaates ab 1871 zugegriffen wird: Kamerun, Togo, Samoa, Neuguinea.

Umfassend und gründlich wird 1884 auf der Kongo-Konferenz in Berlin zwischen den Kolonialmächten die Aufteilung „freier Gegenden“ verhandelt und Deutschlands Imperium entsteht. Direkte Herrschaft wird nun ausgeübt am Golf von Guinea (Togo), in Namibia (Deutsch-Südwest), Zentralafrika (Kamerun), Tansania-Ruanda-Burundi-Mosambik (Deutsch-Ostafrika), Pazifik (Deutsch-Neuguinea). Wenig später kommen noch Polynesien (Deutsch-Samoa) und in China Hankou, Tientsin und Kiautschou dazu.

Das Buch zeigt in vielen Artikeln offen die Praxis kolonialer Unterdrückung. Berüchtigt war die sexuelle Ausbeutung junger Frauen, etwa durch Carl Peters in Ostafrika: „Neben etlichen anderen ließ Peters die junge afrikanische Frau Jagodia, mit der er ein sexuelles Verhältnis unterhielt, und seinen einheimischen Diener Mabruk aufhängen.“ [Klußmann, in: Schnurr/Patalong 52 f.]

Die exzessive Anwendung der Prügelstrafe wurde in den deutschen Kolonien etabliert und von noch extremeren Verbrechen wird vielfach berichtet: „Besonders Gouverneur Jesko von Puttkamer presste seine Kolonie [Kamerun] ab 1895 brachial aus. Angeblich „herrenloses Land“ wurde per kaiserlicher Verordnung in deutsches „Kronland“ umgewandelt.

Die Deutschen beschränkten den Besitz afrikanischer Familien auf höchstens zwei Hektar. Sie rissen Häuser entschädigungslos nieder, legten Dörfer zusammen, um größere Landflächen zu schaffen, und zogen die Douala zur Zwangsarbeit ein. Wer aufbegehrte, wurde in Ketten gelegt oder ausgepeitscht.

Puttkamers Mann fürs Grobe war der Offizier Hans Dominik. Er organisierte „Strafexpeditionen“, bei denen Kinder ertränkt wurden, und ließ sich abgeschlagene Köpfe Aufständischer vor die Füße legen.“ [Gunkel, in: Schnurr/Patalong 142 f.]

Gegen den legitimen Widerstand der Bevölkerung in „Deutsch-Südwest“, angeführt vom charismatischen Nama Hendrik Witbooi, wurde ab 1904 die ganze Kraft militärischer Mittel angewendet, systematisch und mit dem offen ausgesprochenen Zieles der Vernichtung der Herero und Nama. Völkermord als deutsche Strategie des Generalleutnant Lothar von Trotha bedeutete den Tod aller Indigenen durch Verdursten in der Wüste.

Ein weiterer Artikel beschreibt die skrupellosen Menschenversuche von Robert Koch bei der Bekämpfung der Schlafkrankheit. Er scheiterte bei der Suche eines wirksamen Medikamentes, und viele Menschen sind an den von ihm verursachten Vergiftungen gestorben. [Grolle, in: Schnurr/Patalong 158 ff.]

Dem Rassismus in Deutschland sollte mit den „Menschenzoos“ eine volkstümliche Basis gegeben werden. Zunächst wurden Indigene als Attraktion von Geschäftemachern, in Deutschland von Carl Hagenbeck, vorgeführt. 1896 errichtete der wilhelminische Staat in Berlin die „1. Deutsche Colonial-Ausstellung“: „Auf größerem Areal als die Weltausstellungen in Paris und London präsentierten 3750 Aussteller auf 917 000 Quadratmetern, was sie zu bieten hatten: Das Gewerbe zeigte die Früchte kolonialer Aktivitäten, während Nachbauten kolonialer Szenerien für die damals so gefragte „Exotik“sorgten. Allein „Kairo“ brachte es inklusive Pyramidenattrappen auf 36 000 Quadratmeter; 400 Menschen, nicht alle von ihnen tatsächlich aus dem arabischen Raum, belebten diese Kulisse.“ [Patalong, in: Schnurr/Patalong 81]

Als pseudowissenschaftliche Rechtfertigung des Rassismus entstand die „Völkerkunde“, direkter Vorläufer der mörderischen „Rassenkunde“, die im Faschismus zu so viel Unheil geführt hat. [vgl. Patalong, in: Schnurr/Patalong 121]

Die deutschen Kolonien wurden nach der Niederlage im 1. Weltkrieg 1919 an Frankreich und England abgetreten, in der Weimarer Republik standen sich starke Pro-Kolonialkräfte und schwache antikoloniale Kräfte gegenüber.

Die Nazis versuchten zwar ab 1933, die Verfechter:innen eines neuen deutschen Kolonialismus zu gewinnen, haben aber eine andere strategische Ausrichtung: die Eroberung des „Ostens“, den Vernichtungs- und Raubkrieg gegen die Sowjetunion. So bleiben koloniale Initiativen unbedeutend und das Thema spielt lediglich in der Goebbels-Propaganda eine Rolle. 1943 wird das „Kolonialpolitische Amt“ aufgelöst.

Abgeschlossen wird das Buch mit einem Blick in das Namibia der Gegenwart. [vgl. March, in: Schnurr/Patalong 200 ff.] „Wir wollen nur Gerechtigkeit“, diese Forderung ist nicht erfüllt. Die viefältigen Schwierigkeiten des Gedenkens verhindern die Wiedergutmachung des Unrechtes ebenso wie die geringen Entschädigungen für die Herero. Die BRD entzieht sich bis heute ihrer Verantwortung für die deutsche Geschichte.

Anmerkungen zu „Deutschland, deine Kolonien“

Während die aggressive Expansion des Handelskapitals beschrieben wird und so gezeigt werden kann, wie die Handelsprofite im Dreieckshandel durch den Transport und Verkauf von Menschen aus Afrika als Slaven realisiert wurden, fehlen im Buch Hinweise auf die zentralen ökonomischen Veränderungen in den grossen Nationen ab den 1870er Jahren. Ausgelöst durch die rasante Entwicklung der Produktivkräfte kam es nach Rudolf Hilferding zur Verschmelzung des Industrie- und des Bankkapitals zum Finanzkapital. Diese Monopolisierung zeigte sich als Konzentration und Zentralisation. Es geht um die „Geschichtsperiode von 1875 - 1914, die durch eine neuartige Expansion der europäischen Großmächte, der USA und später auch Japans gekennzeichnet war und schließlich in den Ersten Weltkrieg einmündete. Das besondere Ziel dieser Expansion war die Beherrschung überseeischer Warenmärkte und Kapitalanlagesphären und der gewaltsame Erwerb von Territorien in Übersee, von Kolonien.“ (Heininger, in: Bellamy/Heininger 1)

Dies war der Kern des klassischen Imperialismus und der bestimmende Grund für die Konkurrenz zwischen den Kolonialmächten. Die Aggression nach aussen benötigte Aufrüstung und Militarismus, und führte zu einem radikalisierten und verstetigtem Nationalismus. Gesteigerter Nationalismus forderte wiederum Aufrüstung und Konfrontation.

Jan Friedmann sieht dagegen den Kolonialismus „von unten“ wachsen: „Kolonialträumereien und Rassismus (…) entstanden lokal vor Ort - und fanden Rückhalt in der gesamten Gesellschaft. So ergriff die Sehnsucht nach imperialer Größe im Kaiserreich breite Schichten der Bevölkerung. Kaufleute und Angestellte, Großstädter und Landbewohner, Honoratioren und Handwerker begeisterten sich für die koloniale Idee.“ [Friedmann, in: Schnurr/Patalong 59]

Diese Erklärung ist ungenau, denn hier vermischt der Autor die spätere Phase der Verbreiterung der Kolonialbewegung mit dem Beginn der Werbung für den Kolonialismus. Eckard Conze beschreibt in „Schatten des Kaiserreichs“ die Wechselwirkungen zwischen dem Druck einer fordernden Minderheit und dem nachgebenden Staat: „Fortdauernde Wirkung gewann die Bismarck`sche Kolonialpolitik auch dadurch, dass sie entscheidend zum Wachstum und zur Radikalisierung der deutschen Kolonialverbände beitrug. Die ersten dieser in den späten 1870er und frühen 1880er Jahren gegründeten Organisationen waren nicht besonders mitgliederstark. Das änderte sich mit der Gründung des „Deutschen Kolonialvereins“ (1882) und der Gesellschaft für deutsche Kolonisation“ (1884) (…) Der Nationalismus dieser Mitglieder (…) fand in der Idee überseeischer Expansion neue Nahrung. Aus dem deutschen Anspruch auf den Status einer „Weltmacht“ speisten sich Forderungen nach einem Kolonialreich und damit nach einer global ausgreifenden imperialen Politik. Die kolonialen Erwerbungen der Jahre 1884 und 1885 hatten das Tor zu einer solchen Politik aufgestossen.“ [Conze: 181 f.]

Der Kolonialismus in der deutschen Gesellschaft des Kaiserreiches war ausserdem nur ein Betätigungsfeld aus dem Kreis vieler wirkmächtiger pressure groups, die alle reaktionäre Ziele verfolgten: „Der Bund der Landwirte war nicht der einzige nationalistische Agitationsverband, der sich vordergründig ein bestimmtes Interessse auf die Fahne geschrieben hatte - den Schutz der Landwirtschaft, den Flottenbau, die Heeresrüstung oder den deutschen Kolonialismus -, darüber hinaus und ganz allgemein aber einen radikalen Nationalismus vertrat.“ [Conze: 148]

Ab 1903 stand der „Alldeutsche Verband“, mit dem sich die rechteste Fraktion der Herrschenden die einflussreichste Lobby-Organisation in Deutschland geschaffen hatte, im Zentrum der Aktivitäten.

Die Kriegervereine, in denen sich überall in Deutschland die Veteranen und ehemaligen Soldaten organisierten, stellten unten die „Massenbasis für den gesellschaftlichen Militarismus“. [Conze: 152]

Dem Argument, dass der ursächliche Rückhalt für den Kolonialismus aus der gesamten Bevölkerung stamme, hält Conze entgegen: „Nicht die Unterschicht war Träger dieses radikalen Nationalismus, sondern die bürgerliche und kleinbürgerliche Mittelschicht, darunter zahllose Akademiker.“ [Conze: 148]

Es stimmt, mit dem Wilhelmismus wurde der Kolonialismus ein breit akzeptiertes Projekt.

Aber diese Begeisterung wurde - mit viel Ausdauer und Professionalität - gemacht und hat sich dann als Teil des sich immer weiter radikalisierenden Nationalismus entfaltet. Angelegt war die nationale Aggressivität aber schon mit der Reichsgründung 1871, denn es „entstand ein Reichsnationalismus, der machtstaatlich aufgeladen , nach außen konfrontativ und nach innen immer weniger liberal war.“ [Conze: 139] Erst haben die Multiplikator:innen getrommelt, die Vielen folgten später.

„Auch in der Mission waren Deutsche tätig, schon bevor es das formale deutsche Kolonialreich gab. (…) Die Mission bereitete der kolonialen Landnahme den Boden - vor Ort, aber auch weil sie Akzeptanz des Kolonialismus in der deutschen Gesellschaft erhöhte.“ Darauf weist der Historiker Sebastian Conrad im Interview hin (Conrad, in: Schnurr/Patalong: 28).

Erstaunlich ist deshalb, dass die christlichen Missionen lediglich anhand eines Artikel von Kokou Azamede über die Diskriminierung afrikanischer Missionare bei ihrer „Ausbildung“ in Deutschland bei der Norddeutschen Mission erwähnt werden [vgl. Azamede, in: Schnurr/Patalong 68 ff.].

Nur in der Zeittafel finden wir die vier grossen protestantischen Missionen aufgeführt: Dänisch-Englisch-Hallesche Mission, Rheinische Missionsgesellschaft, Norddeutsche Mission, Evangelisch-Lutherische Mission; daneben gab es noch viele kleinere Missionen.

Unter dem Deckmantel religiöser Sendung betrieben die Missionare eifriges und systematisches Sammeln von Herrschaftswissen (geographisch, sozial, ethnographisch, ökonomisch). Als unverzichtbare intellektuelle Vorhut schufen sie so die technische und ideologische Basis der späteren kolonialen Besetzung.

Die Rheinische Mission etwa war ein Zusammenschluss der Missionsvereine Elberfeld, Barmen und Köln im Jahr 1828. Unmittelbar nach der Gründung wurde im südlichen Afrika die erste Station „Wupperthal“ eröffnet. 1913 betrieb die Rheinische Mission 117 Stationen und 683 Filialen, aktiv waren „in Übersee“ 207 Missionare mit 154 Ehefrauen. [vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Rheinische_Missionsgesellschaft]

Seit 1971 ist die Rheinische Mission in der Vereinigten Evangelischen Mission (VEM) aufgegangen, immer noch mit Sitz in Wuppertal, mit einem Museum auf der Hardt mit einem grossen ethnologischen Bestand. Vor knapp 200 Jahren fingen die Missionäre an, zu sammeln und nach Wuppertal zu bringen…

Götz Aly nennt die Unterdrückung durch die Deutschen im Pazifik den „blinden Fleck in der kolonialgeschichtlichen Debatte“. Und dies ist auch eine augenfällige Lücke des Buches.

Leider findet sich in „Deutschland, deine Kolonien“ zur pazifischen Region nur ein Interview mit dem Linguisten Peter Maitz über die Reste einer aus der Kolonialzeit stammenden veränderten deutschen Sprache [Saltzwedel, in: Schnurr/Patalong: 155 ff.]

Dabei gibt es mit dem Luf-Boot aus „Deutsch-Neuguinea“ im Humboldt-Forum ein imposantes Ausstellungsstück, anhand dessen die koloniale Unterdrückung ganz konkret gezeigt werden könnte. Könnte, aber nicht wird. Aly: „(…) plädiere ich dafür, zunächst einmal zu den Schauobjekten die jeweilige koloniale Geschichte zu erzählen. (…) Sie sollen sich ehrlich machen.“

[https://www.spiegel.de/kultur/deutscher-kolonialismus-in-der-suedsee-historiker-goetz-aly-ueber-die-zerstoerung-eines-paradieses-a-a4e4c3b8-b142-4b88-a5dd-749a1a9465fa]

Immer noch wird ein fairer Tausch beim Kauf des Bootes durch einen Deutschen behauptet, die Frage nach einer Forderung der Restitution ist in der Schwebe, und das Boot bleibt in Berlin eingemauert. Wirklich eingemauert, nicht sinnbildlich, denn 2018 wurde dieser Teil des Gebäudes um das schon platzierte Ausstellungsstück fertiggstellt.

Es ist Anspruch der Herausgeber:innen, den Opfern damals und den heute Forschenden aus den ehemaligen Kolonien eine Stimme zu geben:

Mit David Simo kommt ein Wissenschaftler der Universität Yaounde, Kamerun, zu Wort. Er vertritt allerdings reaktionäre Postionen, wie sie im globalen Norden nur in chauvinistischen Kreisen gepflegt werden. Er spricht sich gegen weitere Entschädigungen aus und gegen die Rückgabe geraubter Kunstschätze [Simo, in: Schnurr/Patalong: 37 f.]

Kokou Azamede schreibt über die systematische Diskriminierung afrikanischer Missionare bei ihrer „Ausbildung“ in Deutschland bei der Norddeutschen Mission. Der Autor nimmt die Perspektive des Blickes der Indigenen ein und zeigt so das eindeutige rassistische Innenverhältnis der Missionen.

Die Zeitzeugeninterviews des Projektes „Recollections of the German Period in Cameroon“ von Kum’a Ndumbe III lassen die Lesenden die authentischen historischen Stimmen hören. In den 1980er Jahren wurde mit den „letzten noch lebenden Zeugen der Kolonialzeit“ [Bohr, in: Schnurr/Patalong: 168] gesprochen und es wird sichtbar, wie überwältigend die Herrschaft der Deutschen war: „Deutsch galt plötzlich als Amtssprache. Wer nicht in der Lage war, sich auf Deutsch zu artikulieren, wurde nicht gehört. (…) Die Afrikaner, die ein Geschäft betrieben, durften unter den deutschen Kolonialherren nicht mehr eigenverantwortlich Handel treiben. Sie mussten als Angestellte in deutschen Läden fungieren und waren abhängig von den deutschen Kaufleuten.“ [Kum’a Ndumbe III, in: Schnurr/Patalong: 175]

Felix Bohr befragt Kum’a Ndumbe III zu den Voraussetzungen, der Entstehung, der Durchführung und dem Stand des Projektes heute.

Bisher konnten 30 Bände der Interviews gar nicht bearbeitet werden, von den bereits verlegten Bänden sind nur drei auf Deutsch erschienen, obwohl die Herausgabe in der Täter:innensprache das Wichtigste wäre!

Ein Hinweis auf die reale Ungleichheit in der Wissenschaft: über die Forschenden David Simo und Kokozu Azamede gibt es keinen Wikipedia-Eintrag!

Die aus dem Kolonialismus stammende Diskriminierung im öffentlichen Raum durch Denkmäler und Strassennamen besteht fast überall weiter. So ist es etwa in Wuppertal immer noch nicht gelungen, den abwertenden Namen „Mohren“-Strasse zu ändern!

Literatur:

Azamede, Kokou: „Wir waren bloß wie Tiere“ in: Schnurr/Patalong 2022

Bohr, Felix: „Die Weißen waren Monster“, in: Schnurr/Patalong 2022

Conze, Eckard (2020): Schatten des Kaiserreichs - Die Reichsgründung von 1871 und ihr schwieriges Erbe, München

Friedmann, Jan: Der Wahn vom Herrenvolk, in: Schnurr/Patalong 2022

Grolle, Johann: Menschenversuche im Paradies, in: Schnurr/Patalong 2022

Gunkel, Christoph: Der Prozess, in: Schnurr/Patalong 2022

Heininger, Horst: Geschichte der Imperialismustheorie (bis 1945), in: Foster, John Bellamy / Heininger, Horst (2002): Geschichte der Imperialismus- und Monopoltheorien, Supplement der Zeitschrift Sozialismus, Hamburg

Hoffmann, Ruth, in: Schnurr/Patalong 2022

Klawitter, Nils: Sklavenhändler zur Untermiete, in: Schnurr/Patalong 2022

Klawitter, Nils: Wie Deutsche die Sklaverei finanzierten, in: Schnurr/Patalong 2022

March, Leonie: „Wir wollen nur Gerechtigkeit“, in: Schnurr/Patalong 2022

Patalong, Frank: Menschenzoo, in: Schnurr/Patalong 2022

Patalong, Frank: Vermessen, in: Schnurr/Patalong 2022

Schnurr, Eva-Maria / Patalong, Frank (Hg.) (2022): „Deutschland, deine Kolonien“ - Geschiche und Gegenwart einer verdrängten Zeit, München

„Die ganze deutsche Gesellschaft profitierte von der Ausbeutung“. Ein Interview von Uwe Klußmann und Eva-Maria Schnurr, in: Schnurr/Patalong 2022

„Du wid get wo?“ Ein Interview von Johannes Saltzwedel, in: Schnurr/Patalong 2022

Die Suche nach Zeugen - Ein Interview von Felix Bohr, in: Schnurr/Patalong 2022

„Die Deutschen zerstörten ein Paradies - und behaupten bis heute das Gegenteil“ Ein Interview von Felix Bohr und Ulrike Knöfel

[https://www.spiegel.de/kultur/deutscher-kolonialismus-in-der-suedsee-historiker-goetz-aly-ueber-die-zerstoerung-eines-paradieses-a-a4e4c3b8-b142-4b88-a5dd-749a1a9465fa]

Erstveröffentlichung 08.12.2022


Wir haben es satt!

Treckerkolonne fährt durch die Demonstration. Der erste hat ein Plakat auf der Gabel: "Klimawandel? Artensterben? Plastikmüll? Kapitalismus hat fertig!"
Foto: © heba / Umbruch Bildarchiv
Auf der diesjährigen Demo gegen die industrielle Landwirtschaft, die seit über 10 Jahren unter dem Motto „Wir haben es satt“ veranstaltet wird, waren zwar ein paar weniger Traktoren zu sehen als letztes Jahr und auch nur gut 10.000 Leute nahmen dran teil. Aber es war eine tolle Stimmung und die Stossrichtung der Bäuer*innen auf den Traktoren war eindeutig: gegen die Macht der Konzerne, gegen die Saatgutmultis, für eine gentechnikfreie und klimagerechte Landwirtschaft. Und auf unzähligen Transparenten wurde die AfD auf den Misthaufen der Geschichte gewünscht. Das schönste Transpi war an einem eben nicht superteuren Traktor zu sehen „Der Kapitalismus hat fertig!“. Mit solchen Bäuer*innen macht es einfach Spaß auf die Straße zu gehen!

Zu den Fotos beim Umbruch Bildarchiv.

Weitere Ereignisse zu diesem Thema

CDU fordert Verfassungsänderung, um Totalsanktionen möglich zu machen

Logo des Vereins Tacheles e.V. - ein SchriftzugIn den öffentlichen Debatten wird immer klarer, dass 100%-Sanktionen im Sozialrecht verfassungsrechtlich nicht zulässig sind. Dies wurde auch von Tacheles in seiner Stellungnahme im Gesetzgebungsverfahren zum Haushaltssicherungsgesetz herausgearbeitet. Nun fordert heute der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Jens Spahn, eine Verfassungsänderung zur rechtssicheren Verschärfung von Sanktionen im Bürgergeld. Er sagt: "Wenn hier eine generelle Streichung durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht gedeckt ist, sollten wir eben die Verfassung ändern.".

Die Unverfrorenheit und Arroganz der Unionsspitzenvertreter ist ungeheuerlich und demokratiegefährdend!

Das Bundesverfassungsgericht hat seine Entscheidung zu Sanktionen auf die Normen des Grundgesetzes gestützt, die überhaupt nicht veränderbar sind, da sie den Kern der freiheitlich demokratischen Grundordnung ausmachen.

Das Bundesverfassungsgericht vom 05. November 2019 zum Aktenzeichen 1 BvL 7/16:

Die zentralen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung staatlicher Grundsicherungsleistungen ergeben sich aus der grundrechtlichen Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 [Menschenwürde] in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG [Sozialstaatsprinzip]). Gesichert werden muss einheitlich die physische und soziokulturelle Existenz. Die den Anspruch fundierende Menschenwürde steht allen zu und geht selbst durch vermeintlich „unwürdiges“ Verhalten nicht verloren.“

Genau um populistischen bis diktatorische Übergriffe vorzubeugen, haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes die so genannte Ewigkeitsgarantie in das Grundgesetz eingefügt. In Artikel 79 Abs. 3 GG steht:

„Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“

Wir fragen uns also: Was genau möchte Herr Spahn denn nun an der Verfassung ändern? Das Prinzip der Menschenwürde abschaffen? Oder das Sozialstaatsprinzip? Obwohl beides überhaupt nicht geändert werden kann. Oder geht es doch nur um Wahlkampf und billige Hetze auf Kosten der Armen?

Der Vorstoß von Jens Spahn, das Grundgesetz zu ändern und soziale Grundprinzipien zu beschneiden, zeigt einmal mehr die rücksichtslose Agenda der CDU. Die CDU möchte weiter Druck auf die Ampel ausüben, dabei rechtsstaatliche Grundsätze aushöhlen und das Land immer weiter nach rechts treiben.


Quelle: Tacheles e.V.,13.Januar 2024
cronjob