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Internationaler Frauentag: "Das Ziel ist Frauenrecht als Menschenrecht."

Wir wünschen allen Freundinnen, Kolleginnen, Müttern, Töchtern, Schwestern, Großmüttern, Liebhaberinnen, Nachbarinnen, Gegnerinnen, Revolutionärinnen, Mädchen, ... einen kämpferischen internationalen Frauentag!

Der erste Frauentag wurde am 19. März 1911 in Deutschland, Österreich, Dänemark und der Schweiz sowie den USA begangen. Allein in Berlin kamen etwa 45.000 Frauen zusammen, um sich für ihre Rechte stark zu machen. In den folgenden Jahren versammelten sich Millionen von Frauen zu den jeweils im Frühjahr organisierten Demonstrationen, Veranstaltungen und Aktionen. Schon 1912 kamen Schweden, Frankreich und Holland, 1913 Russland und die Tschechoslowakei dazu. Neben dem Wahlrecht forderten die Frauen bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, Mutter- und Kinderschutz und protestierten gegen den imperialistischen Krieg. Das aktive und passive Wahlrecht wurde den Frauen in Deutschland im November 1918 durch den Rat der Volksbeauftragten zuerkannt.

In Europa beschloß die II. Internationale Sozialistische Frauenkonferenz (100 Delegierte aus 17 Ländern) auf Initiative von Clara Zetkin am 27. August 1910 in Kopenhagen (übrigens im Ungdomshuset) die Einführung eines jährlichen Internationalen Frauentages für die Interessen der Frauen gegen mehrfache Ausbeutung und Unterdrückung. Themen waren also die Gleichberechtigung der Frauen, ihr Wahl- und Stimmrecht, sowie der Kampf gegen den imperialistischen Krieg. Der erste internationale Frauentag fand am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA statt. 1921 wurde auf der zweiten kommunistischen Frauenkonferenz, wiederum auf Initiative von Clara Zetkin, der internationale Frauentag auf den 8. März festgelegt. Dieses Datum war eng mit den proletarischen Frauenkämpfen verbunden:

• Am 8. März 1857 streikten in New York Textilarbeiterinnen, gefolgt von einer Streikwelle in der Textil- und Tabakindustrie.
• Am 8. März 1908 kamen 129 streikende Arbeiterinnen der Textilfabrik "Cotton" in New York bei einem Brand ums Leben. Vom Fabrikbesitzer und den Aufsehern wurden die Frauen in der Fabrik eingesperrt, um zu verhindern, daß sie Kontakt zu ihrer Gewerkschaft aufnehmen. Sie hatten für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen gekämpft.
• Am 8. März 1917 (russ. Kalender: 23. Februar) fand St. Petersburg ein massiver Streik der Textilarbeiterinnen gegen Krieg, Hunger und Zar statt. Nachdem weitere Sektoren ergriffen waren, kam es zum Generalstreik, der als Auslöser der Februarrevolution gilt.



Bildquelle: Bildercache.de

"Das Ziel ist Frauenrecht als Menschenrecht." Clara Zetkin (1857 - 1933), Initiatorin des ersten Internationalen Frauentages stellte klar, dass eine wirkliche Befreiung der Frau untrennbar verbunden ist mit der Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung. Sie wendete sich aber auch gegen diejenigen, die meinten, diesen Kampf auf den St. Nimmerleins Tag verschieben zu können.

In diesem Sinne fordern wir dazu auf, an den Aktionen an diesem Tag teilzunehmen. Zum Beispiel in Stuttgart.

Bertolt Brecht - An die Nachgeborenen (Aufnahme 1939)

Morgen beginnt an dieser Stelle um 20:15 eine kleine Retrospektive mit Verfilmungen von Werken Bertold Brechts. Zum Einstieg das Gedicht "An die Nachgeborenen", ist einer der wichtigsten Texte der deutschen Exilliteratur während des Faschismus



I

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn
Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende
Hat die furchtbare Nachricht
Nur noch nicht empfangen.

Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist.
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Der dort ruhig über die Straße geht
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde
Die in Not sind?

Es ist wahr: ich verdiene noch meinen Unterhalt
Aber glaubt mir: das ist nur ein Zufall. Nichts
Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen.
Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren.)

Man sagt mir: iß und trink du! Sei froh, daß du hast!
Aber wie kann ich essen und trinken, wenn
Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und
Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt?
Und doch esse und trinke ich.

Ich wäre gerne auch weise.
In den alten Büchern steht, was weise ist:
Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit
Ohne Furcht verbringen
Auch ohne Gewalt auskommen
Böses mit Gutem vergelten
Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen
Gilt für weise.
Alles das kann ich nicht:
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
II

In die Städte kam ich zur Zeit der Unordnung
Als da Hunger herrschte.
Unter die Menschen kam ich zu der Zeit des Aufruhrs
Und ich empörte mich mit ihnen.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.

Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten
Schlafen legte ich mich unter die Mörder
Der Liebe pflegte ich achtlos
Und die Natur sah ich ohne Geduld.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.
Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit.
Die Sprache verriet mich dem Schlächter.
Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden
Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.

Die Kräfte waren gering. Das Ziel
Lag in großer Ferne
Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich
Kaum zu erreichen.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.
III

Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut
In der wir untergegangen sind
Gedenkt
Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht
Auch der finsteren Zeit
Der ihr entronnen seid.

Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.

Dabei wissen wir doch:
Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.

Ihr aber, wenn es so weit sein wird
Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unserer
Mit Nachsicht.

Fotobericht: Oury Jalloh Demonstration 2016

Foto: heba / Umbruch Bildarchiv Berlin
Anlässlich des 11. Todestages von Oury Jalloh, der am 7. Januar 2005 durch einen beispiellos brutalen und menschenverachtenden Brandmord im Dessauer Polizeigewahrsam sterben musste, versammelten sich ca. 250 Menschen in trauerndem, wütendem und forderndem Gedenken in der Stadt der rassistischen Täter - Dessau-Roßlau. Ein Bericht von Thomas Ndindah von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh.

Nach der letztjährig bisher größten Demonstration zum 10. Todesjahr, an der ca. 1000 Menschen in Dessau erschienen waren, hat die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh ihre Aufklärungsarbeit auch im Jahresverlauf 2015 konsequent fortgesetzt und Ende Oktober neue internationale Gutachten zur manipulierten Aktenlage von Staatsanwaltschaft und Gerichten vorgestellt. Weitere Höhepunkte des letzten Jahres mit weitreichender Öffentlichkeitswirksamkeit waren der NDR-Tatort "Verbrannt", dessen fiktiver Plot auf dem wahren Fall Oury Jalloh basierte sowie ein Monitor-Beitrag vom 15.10.2015.

Im Gegensatz zum vollmundig-verlogen angekündigten "Aufklärungsbedarf(!)" des Leitenden Oberstaatsanwaltes Folker Bittmann nach dem 2013 vorgestellten Brandgutachten kann die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau bis zum heutigen Tag keinerlei neue oder zielführende Erkenntnisse im "laufenden" Todesermittlungsverfahren vorweisen - womit sie ihre vom ersten Tag an praktizierte, haltlose Strategie der "Schuldzuweisung" an das Todesopfer unter anhaltender Vertuschung und aktiver Manipulation der Fakten des Falles unverändert beibehält.

Der Trauerzug erinnerte die mehrheitlich ignoranten Bürger der Stadt und deren heuchlerische Behörden lautstark an die noch immer ausstehende Sühne für den qualvollen Tod Oury Jallohs und die anhaltende Verweigerung rechtsstaatlicher Verantwortung. Der Tod Oury Jallohs war dabei in den vielen Reden von Vertretern der Black Community, der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh sowie solidarischen Aktivistengruppen und Organisationen beispielhaft für die menschenverachtende Politik einer deutsch-dominierten EU, die Millionen von Menschen weltweit durch Kriege und Waffenlieferungen, Ressourcenraub und wirtschaftliche Knebelverträge sowie Landraub und Korruption der politischen Eliten erst die Lebensgrundlagen entzieht, um sie dann als "Flüchtlinge" zu diskriminieren und "Flüchtlingskrisenverantwortliche" zu diffamieren.

Neben Alberto Adriano, der im Jahre 2000 im Stadtpark von Dessau von Neonazis zu Tode geprügelt wurde, wurde auch an die vielen weiteren Todesopfer rassistischer Polizeigewalt in Deutschland sowie der Opfer des sogenannten NSU-Komplexes erinnert, die für ein systemisches Versagen eines vielbeschworenen "Rechts-Staates" stehen und die Solidarität mit der Black-Lives-Matter-Bewegung in den USA zum Ausdruck gebracht.

Vor der Staatsanwaltschaft und dem Polizeirevier wurden den Verantwortlichen leere Feuerzeuge als DAS zentrale Symbol der LÜGE im Fall Oury Jalloh vor die Tür bzw. vor die Füße geworfen. Solidarische Musiker wie Mal Élevé (Irie Revoltés) und Jamal (KonTa) unterstützten die Demonstration und die Redebeiträge mit kraftvollen RAP-Einlagen zum Thema Rassismus, Ausgrenzung und Polizeigewalt. Die Verantwortlichen der Stadt Dessau-Roßlau wurden aufgefordert, in Anerkennung des und Verantwortung für den gewaltsamen Tod Oury Jallohs durch Polizeibeamte in ihrer Stadt ab dem nächsten 7. Januar ihre im Jahr 2000 errichtete "Friedensglocke" (Inschrift: "Keine Gewalt!") läuten zu lassen. Zum Abschluss der Trauerdemonstration erging das feierliche Versprechen aller Anwesenden, dass der Kampf für Aufklärung, Gerechtigkeit, Verantwortung und Entschädigung im Fall Oury Jalloh bis zum vollständigen Erreichen dieser Ziele vorgeführt werden wird!

  • NO JUSTICE - NO PEACE
  • KEIN VERGEBEN! - KEIN VERGESSEN!
  • TOUCH ONE - TOUCH ALL
  • OURY JALLOH - DAS WAR MORD!

Am selben Tag fand auch in Köln noch eine weitere Demonstration in Gedenken an den Mord an Oury Jalloh mit ca. 300 solidarischen Teilnehmern statt. (Fotos und Video).

Zuletzt möchte ich an dieser Stelle nochmals eindringlich darauf hinweisen, dass für unsere letzten Gutachten Gesamtkosten (mit Flügen aus GB [3 Personen] und Kanada [1 Person] und Hotels) von weit über 30'000€ aufgebracht werden müssen. Unsere hierzu am 9. August 2015 gestartete Spendenkampagne auf betterplace.org weist bis heute jedoch leider NUR knapp 1'200€ an insgesamt eingegangenen Spenden auf.

DESHALB hier nochmal der DRINGENDE AUFRUF zu spenden, den Spendenaufruf persönlich weiter zu verteilen und Soli-Events und -Konzerte zu organisieren, damit wir die Gutachter nicht endlos lange auf ihr Honorar warten lassen müssen. WIR BRAUCHEN EURE SOLIDARITÄT - auch finanziell!!!
Zusätzlich könnt ihr auch Soli-T-Shirts über den Link auf unserer Homepage bestellen und tragen.

SolidarityMatters
Vielen Dank an alle Teilnehmer und Unterstützer

Thomas Ndindah und Initiative in Gedenken an Oury Jalloh

Via Umbruch Bildarchiv Berlin

Buchtipp: Sich der Erinnerung bemächtigen. Fritz Güde: Umwälzungen - Schriften zu Politik und Kultur

"Vergangenes historisch artikulieren heißt nicht, es erkennen 'wie es denn eigentlich gewesen ist-˜. Es heißt, sich einer Erinnerung bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt."

Walter Benjamin "Über den Begriff der Geschichte"



Fritz Güde, geb. 1935 in Wolfach / Baden, war Lehrer für Deutsch, Französisch und Geschichte und als einer der ersten von den Berufsverboten betroffen.

Güde, kurzzeitig Mitglied beim KBW (Kommunistischer Bund Westdeutschlands) und später bei den Grünen, blieb dennoch Lehrer und war an verschiedenen privaten Schulen tätig.

Nach der Aufhebung des Berufsverbotsurteils im Jahre 1978 arbeitete er bis zu seiner Pensionierung weiter an privaten und staatlichen Schulen.

Stets widmete er sich einer vielseitigen linken Publizistik u.a. für die Stattzeitung für Südbaden, die Kommune und die Online-Blogs stattweb.de, trueten.de und kritisch-lesen.de.

Der Band "Umwälzungen - Schriften zu Politik und Kultur", erschienen anlässlich des 80. Geburtstags von Fritz Güde, bietet eine umfassende Übersicht über dieses Werk.

Die ausgewählten Artikel behandeln linke Theorie und Praxis, die Geschichte der KP Chinas, Faschismus und antifaschistischer Widerstand, Kunst und Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts und auch neuere Erscheinungen in der Populärkultur.

Güdes Richtschnur ist Walter Benjamins Geschichtsphilosophie, seine "Tradition der Unterdrückten".

Die politische Linke

Benjamins Leitgedanke, dass jede Umwälzung "nicht um der künftigen Generationen willen, sondern wegen der Vorgänger" geschehen müsse, scheint durch das gesamte vielseitige publizistische Schaffen Güdes.

In seinen Artikeln zeigt sich, dass gerade der Rückgriff auf das revolutionäre Erbe der "Vorfahren" (Benjamin), vielmehr als der bloße nach vorn gerichtete Blick im Sinne der Zukünftigen, die Analyse linker Theorien und Debatten der jüngeren Zeit erleichtert.

Dazu Fritz Güde in einem Beitrag über die Schrift „Der kommende Aufstand“:

"Der Wille, zu Ende zu führen, was den Vorigen aus den Händen geschlagen wurde, gibt keine Wegweiser. Aber Spuren, denen nachzugehen wäre. So von den Bauernkriegen: Nie das Misstrauen verlieren gegenüber allen Schlichtungen, Schwüren und Friedensversprechungen der Obrigkeit."

In diesem Zusammenhang ist auch Güdes aufgeklärte Umdeutung des Heimatbegriffs zu sehen. In Ort, Weg, Bewegung: Überlegungen zur politischen Verwendbarkeit des Begriffs Heimat (Kommune, 1984) orientiert sich Fritz Güde wieder an Walter Benjamins Geschichtsverständnis, also "am Bild der geknechteten Vorfahren, nicht am Ideal der befreiten Enkel". Dieses Bild soll Grundlage eines Gegenentwurfs zur politischen Romantik sein. Fürchtete Edmund Burke, wie viele Denker seiner Zeit, doch die Revolution vor allem deshalb, weil sie die Macht der Herkunft und das Erbe der Ahnen zerstöre. Warum aber, entgegnet Güde, wird angenommen, dass die Vorfahren mit ihrem Leben zufrieden waren?

Heimat in einem nicht-hergebrachten, nicht-romantischen Verständnis heißt, die Lehren regionaler historischer Kämpfe für aktuelle Kämpfe nutzbar zu machen. Güde bezieht in seine Analyse Auseinandersetzungen des Konstanzer Bürgertums mit der Obrigkeit im 19. Jahrhundert und die Erfahrungen Bremer Werftarbeiter in den 1980er Jahren ein. Diese nahmen eigens eine Gesundheitsuntersuchung zu Schadstoffbelastungen an ihrem Arbeitsplatz vor. Ein örtlicher Betrieb kann so Ausgangspunkt politischer Erfahrungen, politischer Bewusstwerdung und der Schaffung von Klassenbewusstsein sein. Dieser Kampf finde statt auch "innerhalb, nicht außerhalb der alten Gemeinschaften, als Fortführung der Geschichte, nicht als Losreißung von ihr."

Die Bildung einer künftigen freien Gesellschaft soll, geschult an den konkreten Verhältnissen vor Ort, immer auch im Sinne der geschichtlichen Erfahrungen vor Ort gedacht werden.

Dazu Fritz Güde: "Hätten wir einmal Verhältnisse geschaffen, in denen wir sagen könnten: wie leicht hätte alles sich anders gestaltet! Unter anderen Bedingungen hätten die Väter nicht so ein müssen, wie sie in Wirklichkeit waren! - so hätten wir uns mit den Toten versöhnt und wären am eigenen Ort angekommen."

Faschismus und antifaschistischer Widerstand

In diesem Kapitel, in dem unter anderem Artikel Güdes über psychologische Faschismusdefinitionen und die bürgerliche Umdeutung des linken antifaschistischen Widerstands der Roten Kapellen versammelt sind, ragt eine Analyse über den neofaschistischen Massenmörder Anders Breivik besonders hervor. Für Güde steht der Attentäter aus Norwegen für eine neue Erscheinungsform des Faschismus, der sich im Gegensatz zu früher weniger darin gründet, das "Lebensnotwendige zu retten", sondern in der Vernichtung erst seinen Mythos schafft. Dieser "rechte Nihilismus neuer Art" erweist sich als nach allen Seiten anschlussfähig. Exemplarisch dafür stehen Marine Le Pen und der FN, die entgegen der katholischen Traditionen der französischen Rechten den Laizismus für sich entdeckt haben, diesen quasireligiös verklären und gegen den Islam in Stellung bringen. Zugleich sieht Le Pen aber keinen Widerspruch darin, dieses Programm wiederum vor einer Statue Jeanne d'Arcs vorzutragen.

Güde gelingt in diesem Aufsatz von 2012 auf nur gut zwei Seiten eine luzide Analyse des neuen europäischen Faschismus, die sich auch auf andere Länder übertragen lässt. Sie kann beispielsweise auch für die Untersuchung der AfD, die mit ihrem Gemischtwarenladen Rechtspopulismus, Neoliberalismus und Faschismus sich ebenso auf mehreren Ebenen anschlussfähig zeigt, hilfreich sein.

Tucholsky und die Weltbühne

Gerade im Hinblick auf Walter Benjamins Geschichtsverständnis, sich der "Erinnerung (zu) bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt", wäre sinnvoll gewesen, das Kapitel über Kurt Tucholsky und die Weltbühne mit dem vorangehenden zusammenzufassen.

Lässt sich durch Güdes Betrachtung der Zeitschrift "Die Weltbühne" in den 1920er Jahren bis zur Machtübertragung an die Nazis doch anschaulich nachverfolgen, wie die bürgerlich-radikaldemokratische Linke in der Weimarer Republik dem aufkommenden Faschismus in Italien und Deutschland begegnete, was sie an dessen Entwicklung hellsichtig erkannte, aber auch welche Fehleinschätzungen sie traf. Vieles daran kann auch auf die neue Rechtsgefahr in Europa angewandt werden. In einem Aufsatz über Die Weltbühne und das Faszinosum Faschismus (zusammen mit Sebastian Friedrich) wird die teils indifferente Haltung einiger Autoren der Zeitschrift angeführt.

Kurt Hiller beispielsweise zeigte sich von der Ästhetik von Mussolinis Inszenierung der Politik fasziniert, Wolfgang Geise bezeichnete denselben als den einzigen energischen Mann in Europa nach Lenin. Sieht man Hillers "Duce"-Begeisterung im Kontext seiner gesamten politisch-publizistischen Tätigkeit, wird deutlich, dass sein Engagement für den Frieden und seine Sympathien für den Sozialismus immer wieder von nationalistischen Anwandlungen unterbrochen wurden. Seine von Güde und Friedrich herausgearbeitete Begeisterung für eine Ästhetisierung des Politischen führte 1932 gar zu einer Annäherung Kurt Hillers an den Strasser-Flügel der NSDAP. Sein Wort "'Links', 'rechts' - diese 'Unterscheidung wird immer dümmer" ist heute fast wortgleich von Leuten wie Jürgen Elsässer zu vernehmen. Ohne dass dieser Aspekt in dem Artikel von 2011 benannt wird bzw. die Bildung einer neuen Querfront überhaupt schon erkannt werden konnte, bieten Güde und Friedrich mit ihrer Analyse der Weltbühne in der Weimarer Republik im Scheinwerfer der aktuellen Debatten wertvolle Erkenntnisse über die Herausforderungen der heutigen politischen Linken in Bezug auf die Bewertung von Querfront und der neuen Rechten.

In der Bewertung der faschistischen Bewegung in Italien stach unter den Weltbühne-Autoren Hans-Erich Kaminski hervor, der im selben Artikel kritisch gewürdigt wird. Kaminski beobachtete als Augenzeuge genau die Entwicklung in Italien und arbeitete im Gegensatz zu den genannten Kollegen genau die Beweggründe und die Politik der italienischen Faschisten heraus. Doch auch er irrte sich hinsichtlich der Gefahr, in dem er Mussolinis frühen Fall prophezeite.

Lehrreich sind Fritz Güdes Arbeiten über die Weltbühne auch hinsichtlich der "Vorwürfe der Nachgeborenen". Er führt hierbei den sozialdemokratischen Historiker Hans-Ulrich Wehler an, welcher Ossietzky und anderen Journalisten der Weltbühne vorwirft, mit ihrer radikalen Kritik der Republik geschadet zu haben und damit für deren Untergang mitverantwortlich zu sein.

Güde enthüllt dagegen den Kern dieser spezifisch sozialdemokratischen Geschichtsschreibung. Hinter Wehlers "Verantwortungsethik" steckt nichts weniger als die nachträgliche Empfehlung, die Linke hätte Brünings Notverordnungspolitik legitimieren sollen.

Walter Benjamin

Ein eigenes Kapitel widmet sich dem Leben und Werk Walter Benjamins.

In einem Aufsatz, erschienen 1992 anlässlich des hundertsten Geburtstags von Walter Benjamin, gibt Fritz Güde besonders auch für Einsteiger interessante Einblicke in dessen Denken. Umrissen werden Benjamins Geschichtsphilosophie und seine sprachtheoretischen Ansätze.

Benjamins Versuch der Verbindung zwischen dem Marxismus und einer dialektischen Theologie vertieft Güde in einem weiteren Artikel, in dem er ihm den für den Faschismus einflussreichen Staatsphilosophen Carl Schmitt gegenüberstellt.

Während Schmitts katholisch geprägte politische Theologie für die Ordnungsmacht plädiert, setzt Benjamin diesem Positivismus die Negation des Bestehenden und eine schöpferische Zerstörung der Ordnung entgegen.

Fritz Güde gelingt es auch hier, komplexe Denkgebäude zu veranschaulichen. Gleichermaßen beeindruckend seine Sprache, die in ihrer Bildgewalt oft mit der von Walter Benjamin selbst vergleichbar ist.

Literatur

Ein Schwerpunkt in Fritz Güdes publizistischer Arbeit ist die Literatur.

Die versammelten Artikel vertiefen bekannte Sichtweisen, bieten aber auch unbekannte Perspektiven auf Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts.

In Brecht beim Visagisten widerspricht Güde dem bürgerlichen Versuch der „Ehrenrettung“ Brechts, ihn zum Nichtkommunisten zu machen. Brecht, so der Hinweis des Literaturwissenschaftlers Jan Knopf, habe das „Kapital“ nie gelesen. Und wenn?, fragt Güde und führt dabei den bürgerlichen Bildungsbegriff vor. Schließlich, das zeige gerade die Biographie und das Werk Brechts, sei Marxismus nicht nur Bücher lesen, sondern werde durch tätigen Umgang, durch Bücher, Briefe und Gespräche, also durch die Praxis geübt.
Nicht als Wissensbesitz funktioniert der Marxismus, sondern als eingreifendes Denken, als Methode, sich die Welt anzueignen, „aus Nicht-Wissen, Wissen zu machen -“ und darüber Anleitung zum Handeln“ (Güde).

Interessant auch ein Artikel über Gottfried Benns Leben und Werk.

Fritz Güde macht anhand von Benns Gedichten hier exemplarisch die Entwicklung des literarischen Expressionismus nachvollziehbar und zeigt dabei auf, wo im geistigen Leben der 1920er Jahre die Bruchlinien liegen.

„Sein“ gegen „man“ (Heidegger). Benns Kälte und Erstarrung gegen die Bewegung des Lebens und der Geschichte. Statt Leben nur Zerfall und Todessehnsucht. Statt Revolution ein bloßer Rausch ohne jeglichen gesellschaftlichen Zusammenhang.

In weiteren Arbeiten befasst sich Güde mit Heinrich Böll, Christa Wolf und Erich Fried. Er regt ferner zu einer Wiederentdeckung des antifaschistischen Schriftstellers Leonhard Frank an, der in seinem 1947 erschienenen Roman „Die Jünger Jesu“, angesiedelt in seiner Heimatstadt Würzburg, schon vor der Gefahr des Neofaschismus warnte.

„Umwälzungen“ schließt mit zwei Aufsätzen zur Populärkultur, einem über Familienbilder in deutschen und US-amerikanischen Fernsehserien und einem über den politischen Gehalt französischer Vorstadt-Rap-Texte.

Fritz Güde gelingt es mit seinen Schriften tatsächlich, die Verbindung von Vergangenem und Gegenwärtigem erkennbar und erfahrbar zu machen.
Aus früheren Kämpfen Schlüsse für die Jetztzeit ziehen.

„Sich der Erinnerung bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt.“ Dazu liefern diese Schriften einige Erinnerungsstützen.

Fritz Güde
Umwälzungen
Schriften zu Politik und Kultur
Broschur, 140×205 mm
220 Seiten, 20 Euro
ISBN 978-3-942885-97-3 | WG 973
Oktober 2015

Umwälzungen: Schriften zu Politik und Kultur

Buchbesprechung: Fritz Güde - Umwälzungen - Schriften zu Politik und Kultur

Fritz Güde ist politischer Aktivist und Publizist, Lehrer und war zeitweilig KBW-Mitglied. Diese Kombination bescherte ihm in den 1970iger Jahren Berufsverbot.

Anlässlich seines 80. Geburtstags hat der Verlag edition assemblage eine Auswahl seiner Arbeiten aus den Jahren 1985 -“ 2012 herausgebracht.

Thematisch umfasst werden Beiträge zu Geschichte der politischen Linken, Faschismus und antifaschistischer Widerstand, Tucholsky, Walter Benjamin, Brecht, Fried etc. bis hin zu Beiträgen zur populären Kultur.

Sebastian Friedrich hat die Vielfältigkeit der Beiträge in einem Nachwort umfassend gewürdigt.

Es ist schwer, dem noch etwas hinzu zu fügen. Trotzdem soll es hier versucht werden.

Fritz Güde hat sich nach seiner KBW-Zeit nicht, wie viele andere, den Grünen in die Arme geworfen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist ein abstoßendes Beispiel dieser Spezies.

Auch hat die -“ vorsichtig formuliert -“ eigenwillige Interpretation des Marxismus durch die KBW-Führung um Joscha Schmierer (der es übrigens auch bis in den Planungsstab des Auswärtigen Amtes gebracht hatte und dort als strammer Bellizist tätig war ) nicht jenen antikommunistischen Beißreflex hinterlassen, den man bei ehemaligen Mitgliedern des KBW auch außerhalb der grünen Partei oft antrifft.

In seiner Arbeit „Erinnerung an die ersten fünfzig Jahre der KP China“ entreisst er diese Zeit „dem Vergessen und der hochnäsigen Verachtung“ (S. 28), referiert über Maos grundlegende Schriften „Über die Praxis“ und „Über den Widerspruch“ und stellt noch heute verblüfft fest, dass der Primat der Politik im China Mao Tse Tungs zu Kampagnen führte, „in denen millionenweise etwa „Bürgerkrieg in Frankreich“ (von Karl Marx -“ der Verf.) gelesen wurde, um sich mit dem Konzept der Kommune 1871 vertraut zu machen.“ (S.24).

Und kommentiert diesen Vorgang in bester Güde-™scher Selbstironie:
„Praxisbezogene Theorie. Gerade das -“ und das es das gab, ist unbestreitbar -“ traf uns vergrämte Schulmeisterinnen und Schulmeister ins Herz, uns mit unseren Ermunterungen zur Selbsttätigkeit, die unter den gegebenen Verhältnissen immer neu an felsigen Ohren strandeten. Der Lehrer sagte : Denk selber -“ das Pult, das Klassenzimmer, das Schulgebäude, die zu erwartende Behandlung der Sache in der Klassenarbeit, das Abitur, alle schrien zusammen im Chor ihr: „Nein !“.“ (S.24/25)

Dieser ironisierende, oft literarisch daher kommende Witz ist auch das Faszinierende an Güdes Kommentaren zum Zeitgeschehen, die lange Zeit bei trueten.de veröffentlicht wurden.

Obwohl manchmal inhaltlich völlig anderer Meinung, hinterließen diese Kommentare den Leser oft mit einem kopfschüttelnden und bewundernden Lächeln: „Wie kommt er darauf, das so zu sagen?“

Diese Praxisbezogenheit, eine bei allem intellektuellen Höhenflug materielle Bodenhaftung, wird auch bei der von ihm selbst als schwierig empfundenen Annäherung an die Streitschrift „Der kommende Aufstand“ deutlich.

Dort heißt es: „Mir drängt sich eine ganz andere Schwierigkeit auf. Um -“ als einer der Autoren -“ die unverbrüchliche Einigkeit in den Communen, in den aufgewachten Vorstädten Frankreichs zu empfinden, müsste einer von Anfang an drinstecken. Den Gelberübengeruch im Hausgang selbst gerochen haben seit seinem fünften Lebensjahr -“ und ihn bejahen. Nebst allem, was Nase und Ohr in diesen Gegenden erreicht.“ (S.41)

Engels sagte einmal, die deutschen Arbeiter hätten den französischen oder englischen den Vorteil vorraus, dass sie sich den „theoretischen Sinn“ bewahrt haben.

Fritz Güde ist ein linker Intellektueller, der sich den „praktischen Sinn“, den „Gelberübengeruch“, bewahrt hat.

In unseren Tagen eine Seltenheit.

Fritz Güde
Umwälzungen
Schriften zu Politik und Kultur
Broschur, 140×205 mm
220 Seiten, 20 Euro
ISBN 978-3-942885-97-3 | WG 973
Neuerscheinung Oktober 2015

Umwälzungen: Schriften zu Politik und Kultur

Aufruf türkischer Akademiker_Innen und Wissenschaftler_Innen gegen Vernichtungs- und Vertreibungspolitik

Wir, die Akademiker/innen und Wissenschaftler/innen dieses Landes werden nicht Teil dieses Verbrechens sein! Der Türkische Staat verurteilt seine Bürger/innen in Sur, Silvan, Nusaybin, Cizre und in vielen weiteren Orten mit wochenlangen Ausgangssperren zum Verhungern und Ausdursten.

Unter kriegsartigen Zuständen werden ganze Viertel und Stadtteile mit schweren Waffen angegriffen. Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, auf Freiheit und Sicherheit vor Übergriffen, insbesondere das Verbot von Folter und Misshandlung, praktisch alle Freiheitsrechte, die durch die Verfassung und durch die Türkei unterzeichnete internationale Abkommen unter Schutz stehen, werden verletzt und außer Kraft gesetzt. Diese gezielt und systematisch umgesetzte gewaltsame Vorgehensweise entbehrt jeglicher rechtlichen Grundlage.

Sie ist nicht nur ein schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung, sondern verletzt internationale Rechtsnormen wie das Völkerrecht, an die die Türkei gebunden ist. Wir fordern den Staat auf, diese Vernichtungs- und Vertreibungspolitik gegenüber der gesamten Bevölkerung der Region, die jedoch hauptsächlich gegen die kurdische Bevölkerung gerichtet ist, sofort einzustellen. Alle Ausgangssperren müssen sofort aufgehoben werden. Die Täter und die Verantwortlichen der Menschenrechtsverletzungen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Die materiellen und immateriellen Schäden, die von der Bevölkerung zu beklagen sind, müssen dokumentiert und wiedergutgemacht werden. Zu diesem Zweck verlangen wir, dass nationale und internationale unabhängige Beobachter freien Zugang zu den zerstörten Gebieten erhalten, um die Situation vor Ort einzuschätzen und zu dokumentieren.

Wir fordern die Regierung auf, die Bedingungen für eine friedliche Beilegung des Konflikts zu schaffen. Hierfür soll die Regierung eine Roadmap vorlegen, die Verhandlungen ermöglicht und die Forderungen der politischen Vertretung der kurdischen Bewegung berücksichtigt. Um die breite Öffentlichkeit in diesen Prozess einzubinden, müssen unabhängige Beobachter aus der Bevölkerung zu den Verhandlungen zugelassen werden.

Wir bekunden hiermit unsere Bereitschaft, freiwillig an dem Friedensprozess teilzunehmen. Wir stellen uns gegen alle repressiven Maßnahmen, die auf die Unterdrückung der gesellschaftlichen Opposition gerichtet sind. Wir fordern die sofortige Einstellung der staatlichen Repressionen gegen die Bürger/innen. Als Akademiker/innen und Wissenschaftler/innen dieses Landes bekunden wir hiermit, dass wir nicht Teil dieser Verbrechen sein werden und in den politischen Parteien, im Parlament und in der internationalen Öffentlichkeit, Initiative ergreifen werden, bis unser Anliegen Gehör findet.

Quelle und Möglichkeiten zur Unterstützung des Aufrufes

Türkischer Originaltext:

“Devletin vatandaÅŸlarına uyguladığı ÅŸiddete hemen ÅŸimdi son vermesini talep ediyor, bu ülkenin akademisyen ve araÅŸtırmacıları olarak sessiz kalıp bu katliamın suç ortağı olmayacağımızı beyan ediyor, bu talebimiz yerine gelene kadar siyasi partiler, meclis ve uluslararası kamuoyu nezdinde temaslarımızı durmaksızın sürdüreceÄŸimizi taahhüt ediyoruz.-

Türkiye ve dünyadan 1400-™ü aÅŸkın akademisyen ve araÅŸtırmacı, Kürt illerindeki yasak ve ÅŸiddete son verme ile müzakereleri baÅŸlatma çaÄŸrısının yer aldığı “Bu suça ortak olmayacağız- baÅŸlıklı metne imza attı.

Kampanyanın çaÄŸrıcılığını yapan Barış İçin Akademisyenler, imzacıları ve bundan sonraki adımlarını Ä°stanbul ve Ankara-™da eÅŸ zamanlı yapılan basın açıklamasında paylaÅŸtı.

Metne, Türkiye-™de 89 üniversiteden farklı unvan ve yaÅŸlardaki 1128 akademisyen ve araÅŸtırmacı ile yurtdışından Noam Chomsky, Judith Butler, Etienne Balibar ve David Harvey gibi isimlerin yer aldığı 355-™i aÅŸkın isim imza verdi.

İmza kampanyası devam ediyor.

"Yasaklar kaldırılsın"


Ä°stanbul-™daki basın açıklamasında metnin Türkçesini Dr. Alper açık, Kürtçesini ise Dr. Yıldız Önen okudu.

Türkiye Cumhuriyeti-™nin uzun süren sokaÄŸa çıkma yasakları adı altındaki uygulamalar ile hak ihlallerine yol açtığını ve kendi hukukunu ve taraf olduÄŸu anlaÅŸmaların kurallarını ihlal ettiÄŸini vurguladılar.

Metinde talepler ÅŸöyle sıralandı:

Devletin baÅŸta Kürt halkı olmak üzere tüm bölge halklarına karşı gerçekleÅŸtirdiÄŸi katliam ve uyguladığı bilinçli sürgün politikasından derhal vazgeçmesini,

Sokağa çıkma yasaklarının kaldırılmasını,

Gerçekleşen insan hakları ihlallerinin sorumlularının tespit edilerek cezalandırılmasını,

Yasağın uygulandığı yerde yaşayan vatandaşların uğradığı maddi ve manevi zararların tespit edilerek tazmin edilmesini,

Bu amaçla ulusal ve uluslararası bağımsız gözlemcilerin yıkım bölgelerinde giriÅŸ, gözlem ve raporlama yapmasına izin verilmesini,

Müzakere koÅŸullarının hazırlanmasını ve kalıcı bir barış için çözüm yollarının kurulmasını,

Hükümetin Kürt siyasi iradesinin taleplerini içeren bir yol haritasını oluÅŸturmasını talep ediyoruz.

Müzakere görüÅŸmelerinde toplumun geniÅŸ kesimlerinden bağımsız gözlemcilerin bulunmasını talep ediyor ve bu gözlemciler arasında gönüllü olarak yer almak istediÄŸimizi beyan ediyoruz. Siyasi iktidarın muhalefeti bastırmaya yönelik tüm yaptırımlarına karşı çıkıyoruz.

"Sessiz kalmayın" çağrısı


Kampanya metninin okunmasının ardından Barış İçin Akademisyenler adına konuşan Doç. Dr. Zeynep Kıvılcım, bundan sonraki yol haritaları hakkında bilgi verdi.

Dayanışma ve mücadeleye devam edeceklerini söyledi.

Kürt illerine ziyaret, gözlem ve araÅŸtırmalarıyla oluÅŸturdukları bilgiyi paylaÅŸarak kamuoyu oluÅŸturma, Meclis-™te görüÅŸmeler yapma, müzakerelerin baÅŸlaması için araÅŸtırmalarına devam etme gibi çalışmalarının süreceÄŸini belirtti.

"Tüm Türkiye'yi seslerini yükseltmeye ve savaşı reddetmeye çağırıyoruz."

Kampanyanın tam metnine buradan ulaşabilirsiniz.

Ä°mza kampanyasına katılmak için imzalarınızı üniversiteniz ve ünvanınız ile birlikte [email protected] adresine yollayabilirsiniz. (BK)

Englischsprachige Übersetzung vom inzwischen offenbar abgeschalteten Server:

“We ask the state to put an end to violence inflicted against citizens right now, we as academics and researchers of this country declare that we won-™t be a party to this crime and that promise that we will sustain our stance in the presence of political parties, parliament and international public-.

Over 1,400 academics and researchers from Turkey and abroad have signed the statement titled “We will not be a party to this crime-.

Academics for Peace which has initiated the campaign has shared their next steps and signees in the press statement held simultaneously in Ä°stanbul and Ankara.

1,128 academics from 89 universities in Turkey, and over 355 academics and researchers from abroad including figures such as Noam Chomsky, Judith Butler, Etienne Balibar and David Harvey have signed a text calling on state of Turkey to end state violence and prepare negotiation conditions.

The petition is ongoing.

As academics and researchers of this country, we will not be a party to this crime!

"The Turkish state has effectively condemned its citizens in Sur, Silvan, Nusaybin, Cizre, Silopi, and many other towns and neighborhoods in the Kurdish provinces to hunger through its use of curfews that have been ongoing for weeks. It has attacked these settlements with heavy weapons and equipment that would only be mobilized in wartime. As a result, the right to life, liberty, and security, and in particular the prohibition of torture and ill-treatment protected by the constitution and international conventions have been violated.

This deliberate and planned massacre is in serious violation of Turkey-™s own laws and international treaties to which Turkey is a party. These actions are in serious violation of international law.

We demand the state to abandon its deliberate massacre and deportation of Kurdish and other peoples in the region. We also demand the state to lift the curfew, punish those who are responsible for human rights violations, and compensate those citizens who have experienced material and psychological damage. For this purpose we demand that independent national and international observers to be given access to the region and that they be allowed to monitor and report on the incidents.

We demand the government to prepare the conditions for negotiations and create a road map that would lead to a lasting peace which includes the demands of the Kurdish political movement. We demand inclusion of independent observers from broad sections of society in these negotiations. We also declare our willingness to volunteer as observers. We oppose suppression of any kind of the opposition.

We, as academics and researchers working on and/or in Turkey, declare that we will not be a party to this massacre by remaining silent and demand an immediate end to the violence perpetrated by the state. We will continue advocacy with political parties, the parliament, and international public opinion until our demands are met".
(BK/TK)

* For international support, please send your signature, name of your university and your title to [email protected] .

Dreizehn Jahre ohne Joe Strummer: "The Future is unwritten"

Heute vor dreizehn Jahren starb Joe Strummer, Mitbegründer, Sänger und Gitarrist der britischen Punk-Band The Clash nach einem Nachmittagsspaziergang an einem angeborenen Herzfehler. Strummer, der nur 50 Jahre alt wurde war alles andere als ein auf drei Akkorde beschränkter Gitarrenschrammler und setzte auch mit seinen politischen Texten Maßstäbe. Aus Anlass seines heutigen Todestages zeigen wir den 2013 bei arte ausgestrahlten Film "Joe Strummer: The Future Is Unwritten" von Julien Temple in der französischen Fassung.


"Der Film "Joe Strummer: The Future Is Unwritten" zeigt das Leben der Punk-Legende von Kindheitstagen an beleuchtet und viele neue Bilder, Aufnahmen und Konzertausschnitte aus dem Leben des CLASH-Frontmanns. Der Regisseur ist JULIEN TEMPLE, der u.a. für musikalische Werke wie "The Great RocknRoll Swindle" oder auch "Absolute Beginners" verantwortlich war.

Vier Jahre nach Strummers Tod hat Temple, der die Punkbewegung schon 1976 gefilmt hat, seine eigenen Aufnahmen aus dieser Zeit mit Archivmaterial von Strummers Kindheit bis hin zu seiner Zeit mit den Mescaleros kombiniert. Schulfreunde erzählen von der Verwandlung des kleinen charismatischen John Mellor in den Punkleader Joe Strummer. Die Clash-Mitglieder Nicky "Topper" Headon, Mick Jones und Terry Chimes, der Manager Bernie Rhodes und der Sex Pistol Steve Jones treten als Zeugen der ersten Stunde auf, während Bono von U2, Johnny Depp, John Cusack und Jim Jarmusch über Strummers Einfluss auf ihr musikalisches Schaffen sprechen. Der politisch engagierte Leader ist immer noch ein Idol für viele Bands unterschiedlichster Musikstile, die sich noch heute von seiner Persönlichkeit und seinem Engagement beeinflussen lassen. Diese Beziehungen werden mit bislang teilweise unveröffentlichtem Archivmaterial der Hippie- und Punkbewegung gemischt, deren Musik, Kultur und Kämpfe Strummers Persönlichkeit gebildet haben." (Filmbeschreibung)

Wegwerfmenschen

Ein Blick hinter die Kulissen unserer scheinbar "heilen Welt", die ohne Sklavenarbeit so nicht existieren könnte. "Unsichtbare Hände - Sklaverei heute", eine sehenswerte Doku via 3Sat, die einem nicht nur das Gemüse im Halse stecken lässt...

"(...) Offiziell ist die Sklaverei in der ganzen Welt abgeschafft. Doch diese Abschaffung existiert nur auf dem Papier. Formen moderner Sklaverei sind politische Gefangenschaft, Kinderarbeit, Rekrutierung von Kindersoldaten sowie die klassischen Formen der Leibeigenschaft und wirtschaftlichen Ausbeutung. Der renommierte Sklavenexperte Professor Kevin Bales von der University of Roehampton in London rechnet mit ca. 27 Millionen klassischen Sklaven weltweit. Neuere Schätzungen sprechen von 35 Millionen. Dazu kommen laut Hilfsorganisationen mehr als 100 Millionen Menschen, die in sklavereiähnlichen Verhältnissen leben. (...)"

45. Todestag: Carlos Marighella

Heute vor 45 Jahren wurde Carlos Marighella in Brasilien in einem Hinterhalt von Militärs getötet. Das ehemalige Mitglied des Kongresses gründete unter der brasilianischen Militärdiktatur gemeinsam mit Joaquim Ferreira die Stadtguerillagruppe ALN (Ação Libertadora Nacional) und wurde zum bedeutendsten Vertreter der These, die Guerilla müsse vom Land in die Großstädte geführt werden.

Sein international wohl bekanntestes Werk ist das "Minihandbuch des Stadtguerilleros", das er "im Juni 1969 als Zusammenfassung seinen eigenen, zweijährigen Erfahrungen im bewaffneten Kampf geschrieben und als eine Art "taktische Gebrauchsanweisung" für die Revolutionäre in aller Welt abgefaßt" hat.

Dazu nochmal der Gastbeitrag von redblog zum 39. Todestag Marighellas:

Am 4. November 1969 endete das Leben von Carlos Marighella. Er wurde in der brasilianischen Stadt Sao Paulo von Polizisten der politischen Polizei DOPS erschossen.

Marighella, geboren am 5. Dezember 1911, trat 1934 der Kommunistischen Partei Brasiliens bei und war auf verschiedenen Ebenen der Partei aktiv. Unter anderem wirkte er im Zentralkomitee mit und vertrat die KP im Kongress.

1964 putsche sich in Brasilien das Militär an die Macht. Wie in anderen lateinamerikanischen Ländern ging auch in Brasilien das Militär brutal gegen die Opposition, vor allem gegen die Linke, vor.
Nachdem Marighella wegen seiner Kritik an reformistischen Tendenzen innerhalb der KP und seiner Nähe zum revolutionären Kuba aus der Partei gedrängt worden war, gründete er mit anderen GenossInnen 1967 die Ação Libertadora Nacional (Nationale Befreiungsbewegung). Seine Erfahrungen, die er im zweijährigen Widerstandskampf der Stadtguerilla sammelte, schrieb er 1969 im Handbuch des Stadtguerillero nieder.

In den siebziger Jahren formierten sich in zahlreichen lateinamerikanischen Ländern Stadtguerilleras, die urbane Zentren als ihren Aktionsraum sahen.

Das Handbuch begann jedoch nicht nur in Lateinamerika zu zirkulieren, auch in Europa fanden sich zahlreiche interessierte LeserInnen. Bereits 1969 wird der Text in Frankreich veröffentlicht und sofort verboten. Die deutsche Erstausgabe erscheint 1970 in der Zeitschrift “Sozialistische Politik- (SoPo), die Otto-Suhr-Institut der FU Berlin herausgegeben worden ist.

Umgehend findet der Text als Nachdruck Verbreitung. Auch hierzulande reagierte der Staat unverzüglich mit Verbot, Hausdurchsuchungen . Die Redaktion der SoPo soll davon jedoch unbehelligt geblieben sein. Im April 1971 veröffentlicht der Rowohlt-Verlag unter dem bescheidenen Titel "Zerschlagt die Wohlstandsinseln der 3. Welt" ein Taschenbüchlein, in dem Marighellas Handbuch des Stadtguerillero veröffentlicht wurde. Auch der Rowohlt-Verlag blieb von der Polizei unbehelligt, es blieb jedoch bei einer Auflage.

In den folgenden Jahren tauchten immer wieder Nachdrucke des Handbuches auf, mal wurde es konfisziert, mal nicht. Ab Mitte der achtziger Jahre legte sich das Interesse des Staates an dem Text.

Carlos Marighella: Handbuch des Stadtguerillero deutsch, englisch, spanisch, französisch, japanisch, portugisisch.


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