Komm, müder Mai, und drücke die Augen beide zu...
Früher hieß das wohl noch "Komm lieber Mai, und schmücke..." Das ist lange vorbei. Würde der Mai heute um sich blicken, sähe er wesentlich Mißgeburten aus dem, was einmal den Maiaufmarsch bewegte. Wo einmal der feste Wille lebte, die internationalen Streitigkeiten beizulegen, herrscht heute die verdrückte Angst vor dem "KRIEG" - ohne sich klar zu machen, wo die wirklichen Feinde sitzen. SPIEGEL und ANNE WILL tragen die Kriegsangst schon im Titel. Was aber ist dieser Krieg, der da vorausgesehen und befürchtet wird. Es scheint der alte. Ruinen, Bomben, verarmte Menschen, die sich in Lagern krümmen. Die Bilder des Krieges, wie sie in Zeitungen und im Fernsehen verbreitet werden, bestimmen die Vorstellungskraft der Menschen.
Worin liegt der Fehler? Es wird wesentlich erinnert an Not und Zerstörung, wie die Älteren unter uns sie noch wirklich erlebt haben. Dieser Eindruck, so aufdringlich er sich einprägt, ist aber falsch. Der neue Krieg nämlich hat immer schon angefangen. Es ist der mit allen Mitteln geführte wirtschaftliche Vernichtungskrieg, der seit 1989 das Weltgeschehen bestimmt. Die wirtschaftlichen Schäden, die heute eine Partei der anderen zufügt, sind die wirklichen und realen Wunden.Propaganda hilft dabei.
Die Gestalt dieses neuen Vernichtungskrieges muß der ins Auge fassen, der die Schrecken, die jetzt schon herrschen, erfassen will. Es geht tatsächlich um Vernichtung. Aber diese nur als Folgewirkung betrachtet, nicht als unmittelbar militärischer Angriff.
Von da aus ist die Lage klar. Es existieren zwei imperialistische Mächte und ihre mehr oder weniger willigen Bundesgenossen. Die ehemalige Sowjetunion ist in dem immer schon herrschenden Krieg lange Zeit in der Defensive geblieben. Ganz egal, was zwischen Kohl und Gorbatschow einmal besprochen wurde und jetzt bestritten wird, unbestreitbar bleibt, dass die Nato sich immer weiter vorwärts geschoben hat und das Kernrussland einzuschließen droht. Es liegt in der Natur des Imperialismus, dass zurückgeschlagen wird, wenn die Gelegenheit sich als günstig erweist. Das ist im Fall Ukraine eindeutig der Fall. Die vom Westen gestützte Jammerregierung ist schwach, weil sie genau wie der ganze Westen auf der Souveränität und Unteilbarkeit des ganzen Gebietes beharrt. Da diese behauptete Gemeinsamkeit nirgends sich fassbar macht, bleibt der jammervolle Laden so schwach, wie er sich darstellt.
Es geht für den Rest der Welt nicht um einen Krieg,der als bewaffnete Militärgewalt andere zerstören wird. Es geht um den immerwährenden Krieg des einen Blocks gegen den anderen.
Von hier aus die denkbar bescheidenen Mittel der Gegenwehr. Wer heute noch antiimperialistisch denkt und entsprechend handelt, darf sich nicht nur auf Rüstungsausfuhr und entsprechende Bündnisse beschränken (wenn das natürlich auch weiterhin unerlässlich ist). Noch wichtiger wird sein, die wirtschaftliche Gesamtpolitik des sogenannten Westens zu beobachten und - so weit es geht - zu bekämpfen. Umgekehrt - und noch viel wichtiger - wäre der Zusammenschluß mit Angehörigen der jeweils "feindlichen" Gruppen,um überhaupt zu zeigen, dass es trotz allem noch Widerstand gibt.
Wo hat es das in den Mai-Demonstrationen gegeben?
Istanbul: Erdogan lässt Maidemos mit 40.000 Polizisten angreifen
Trotz des von der Erdogan Regierung erlassenen Demonstrationsverbotes für den zentralen Taksim Platz in Istanbul versuchten gestern zehntausende, dort hin zu kommen um die 1. Mai Kundgebung durchzuführen. Die Erdogan Administration setzte mindestens 40.000 Polizisten, zahlreiche Wassenwerfer, Räumpanzer und Hubschrauber ein, um diese und auch andere dezentrale Kundgebungen zu verhindern. Gewerkschafter - in bürgerkriegsähnlichen Zuständen von der Polizei angegriffen mit CS Gas und Gummigeschossen - offensichtlich spitzt die Regierung die Widersprüche deutlich zu. Als Begründung müssen dafür einmal mehr angebliche "illegale Terrorgruppen" herhalten. In der Nacht zum ersten Mai wurden dem Fernsehzuschauer im Anschluss an die Maiansprache Recep Tayyip Erdogans, bei der er das Verbot nochmals betonte, prompt Bilder einer Hausdurchsuchung präsentiert, bei der es angeblich zu Waffenfunden gekommen sein soll.
1. Mai 2014 in Istanbul CS Gaswolken wabern durch Okmeydanı
33 Organsiationen, darunter die großen Gewerkschaften DISK und KESK wollten sich vor allem auch das traditionelle Gedenken an die 37 Todesopfer von 1977 nicht nehmen lassen. Sie wurden in Folge eines Angriffs faschistischer Konterguerilla auf die Demonstration getötet.
Ein Angebot der Regierung, die Kundgebung an einem anderen Ort - an dem auch alle zuküftigen Demos stattfinden sollten - wurde von den Gewerkschaften abgelehnt. Allerdings ließ sich die TÜRK-Ä°Åž dann doch auf einen Kundgebungsort auf der asiatischen Seite Istanbuls in Kadiköy ein. Dort feierten deren Mitglieder gemeinsam mit nationalistischen Organisationen den 1. Mai.
Um die zentrale Demonstration zu verhindern, setzte die Regierung ebenso den öffentlichen Nahverkehr wie Busse, Straßenbahn, Metro und Fähren außer Betrieb. Auch per Taxi gab es vielerorts kein Durchkommen durch zahlreiche Staus oder Fahrverbote in Teilen der Stadt. Im Istanbuler Stadtteil Okmeydanı kam es den ganzen Tag über immer wieder zum Aufeinandertreffen zwischen der Polizei und DemonstrantInnen. Diese hatten nicht erst in Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um den Angriff und letztlichen Tod des Jugendlichen Berkin Elvan Erfahrungen mit der Polizei, aber auch der Regierung gesammelt: Erdogan hatte den 14jährigen nach dessen Tod kaltschnäuzig als „Terroristen“ bezeichnet. Hier und auch in anderen Stadtteilen setzte die Polizei alles daran, jede Menschenansammlung gewaltsam zu zerschlagen. Bis gestern gegeen 15:00 wurden 138 Festnahmen sowie 52 Verletzte alleine in Istanbul gemeldet.
1. Mai 2014 in Istanbul Blockade der Stadtautobahn in Okmeydanı
Erst seit dem Jahr 2009 finden auf dem Taksim Platz wieder zugelassene Maikundgebungen fortschrittlicher Gewerkschaften und zahlloser linker Gruppen statt; ebenso bildeten Künstlergruppen, Fußballvereine und andere fortschrittliche Engagierte im kulturellen Bereich Blöcke mit Fahnen, gemeinsamer Kleidung, Gesang, Sprüchen und mehr. 2013 kam es erneut zu gewaltsamen Übergriffen auf die 1. Mai Demonstration mit hunderten Verletzer. Am 28. Mai 2013 begann dann die Protestwelle in Zusammenhang mit der geplanten Zerstörung des an den Taksim angrenzenden Gezi Park zugunsten eines Einkaufszentrums.
Die Ereignisse um den 1. Mai unterstreichen vor dem Hintergrund der sozialen Lage der Menschen in der Türkei erneut dessen Rolle als Kampftag:
Die Arbeitslosigkeit, insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit, ist eines der größten Probleme des Landes. Mehr als eine halbe Million Arbeitssuchende finden jedes Jahr keinen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, in Zahlen: 35% der türkischen Jugendlichen haben keinen Job. Die vor allem in den Metropolen vorhandenen Klein- und Kleinstgewerbetreibenden und der Anstieg der "Schwarzarbeit" sind das Ergebnis dieser Entwicklung. Hinzu kommt, dass aus den sogenannten "strukturschwachen" ländlichen Gegenden die Menschen auf der Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen in die Städte und industriellen Zentren ziehen, was die Lage dort weiter verschärft.
1. Mai 2014 in Istanbul Bettelnde Straßenkinder - tägliches Bild
Die durchschnittliche Arbeitslosenquote lag Ende 2013 bei 10,0%. Die meisten der in Industrie, Landwirtschaft und Handwerk erwerbstätigen Arbeiter erhalten den offiziellen "Mindestlohn", der umgerechnet ca. 350 €uro beträgt. Das bedeutet, dass zusammen mit den Arbeitslosen insbesondere die ärmeren Bevölkerungsschichten am Rande des Existenzminimums leben. Das steht im krassen Gegensatz zur Wirtschaftsentwicklung, an deren positiver Entwicklung die Erdogan Regierung das größte Interesse hat und für das alles andere untergepflügt wird.
Als Antwort auf die tiefgehende Spaltung der türkischen Gesellschaft gedeutet erschließt sich denn auch die Antwort auf die Frage, warum Erdogans AKP Regierung derart unnachgiebig an dem Verbot des 1. Mai auf dem Taksim festhielt. Dass dies letztlich die ArbeiterInnen davon abhält, für ihre Interessen auf die Straße zu gehen, ist indes mehr als fraglich.
Frischer Wind bei alten Rechten? Die „Alternative für Deutschland“
Im Vorfeld der Europawahl hat die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) einen neuen Flyer zur sog. „Alternative für Deutschland“ herausgegeben und arbeitet darin heraus, dass die AfD keine Alternative ist. Der Flyer kann bei der Bundesvereinigung der VVN-BdA bestellt werden. Wir dokumentieren die bei der Esslinger Kreisvereinigung der VVN-BdA erschienene Fassung.
Kein Plan für Europa
Ausgerechnet bei ihrem angeblichen Schwerpunktthema Europa mag sich die AfD überhaupt nicht festlegen. Die Forderungen reichen vom Austritt aus dem Euro über die Bildung eines „Kern-Euro" bis zur Beibehaltung des Euro mit besonderen Veto-Rechten für die aktuellen Netto-Zahler. (Programm der AfD für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14, S. 10)
Werbung für Hungerlöhne und Sozialabbau
Die Wirtschaft soll dem Menschen dienen, schreibt die AfD. Nur richten sich die von ihr geforderten Maßnahmen gegen die Interessen der arbeitenden und arbeitslosen Menschen. Die AfD ist gegen den Mindestlohn, gegen erkämpfte Rechte der Beschäftigten, die als „Bestandsschutz“ diffamiert werden. Der Sozialstaat soll weiter abgebaut werden. (Programm der AID für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14, Seite 14, 15, 18)
Verpackter Rassismus
Die AfD erklärt, für ein „offenes und ausländerfreundliches Deutschland" einzutreten. Sie fordert aber, dass Sozialleistungen „nur solche Zuwanderer erhalten, die in erheblichem Umfang Steuern bzw. Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland gezahlt haben oder deren Eltern das getan haben.“
Da das aber logisch gar nicht möglich ist, wird die nächste Forderung fällig, in der heißt: „Wenn Zuwanderer in Deutschland keine ausreichenden Mittel ... zur Verfügung haben, müssen sie in ihre Heimat zurückkehren.“ (Programm der AfD für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14, S. 15)
Was wirklich gemeint ist, machte Bernd Lucke in einer Talk-Show deutlich: „Es kann nicht sein, dass wir wie ein Magnet Menschen anziehen, die dann hier nur eine Art sozialen Bodensatz der Gesellschaft formen werden.“ (Bernd Lucke, 30.08.13, zitiert nach Süddeutsche Zeitung, 13.09.13)
Ihre Erfinder
Die Partei „Alternative für Deutschland" (AfD) ist die Erfindung einer kleinen Gruppe von Angehörigen der sogenannten Elite. Vorrangig handelt es sich um Volkswirtschaftsprofessoren, Unternehmer, frühere Führungskräfte der CDU und FDP sowie Adelige, die sich Anfang 2013 als eurokritische „Alternative“ zum bisherigen Parteienspektrum erklärten. Die Angehörigen dieser Clique sind gut vernetzt und weit davon entfernt eine Alternative zum wirtschaftlichen und politischen System zu sein.
Die politische Legitimation der AfD bestand bei der Gründung ausschließlich in der Behauptung, fortan für „den Bürger" sprechen zu wollen. Im Gegensatz zur Situation anderer neuer Parteien scheint es von Anfang an nicht an Geld gefehlt zu haben.
Über ihre Finanzen schweigt sich die AfD, die so gerne Anderen Verschwendung unterstellt, weitgehend aus.
Ihr Platz in der Politik
Das bisherige Scheitern rechtspopulistischer Parteien in Deutschland ist der Führungsriege der AfD bewusst und so versuchen sie taktisch Vieles, um dem Vorwurf rechter oder rechtspopulistischer Ideologie zu entgehen. Ohne Frage sprechen sie aber das diesbezügliche Wähler- und Mitgliederpotential an. Diese Taktik kann gut aufgehen, da der Parteichef Lucke sehr vielfältige Auftrittsmöglichkeiten in den Massenmedien erhält, Gleichzeitig spielte das rechtspopulistische Kampagnen-Netzwerk des Ehepaars von Storch (u.a. Zivile Koalition e.V.) eine wesentliche Rolle bei Entstehung und Aufbau der Partei.
Dem Gründungsaufruf folgten innerhalb kurzer Zeit etwa 17.000 Mitglieder, bei denen es sich weit überwiegend um ältere, eher wohlhabende Männer handelt. Zur Gründung von oben kommt also eine Gründung von unten hinzu, Die Ziele und Interessen dieser schlagartig entstehenden Mitgliedschaft und Funktionärsschicht sind nicht deckungsgleich mit denen der Führung, was zu beispiellosen internen Auseinandersetzungen führt.
Auf der Überholspur versuchen viele an die Fleischtöpfe der Parlamente zu gelangen, die gleichzeitig so vehement abgelehnt werden - Stichwort „Postenschacherei“ - Heuern und Feuern, Hauen und Stechen sind in der AfD gang und gäbe.
Die AfD ist unter anderem ein Sammelbecken von Mitgliedern und Funktionären früherer Parteigründungsversuche, insbesondere des „Bundes Freier Bürger“, der „Freiheit“ und der „Freien Wähler“. Einige ihrer neu aufgestellten Landesvorstandsmitglieder fallen durch öffentliche Äußerungen auf, die ein rechtsextremes Weltbild vermuten lassen. Der tatsächlich autoritäre Stil der Parteiführung wird parteiintern durch Methoden der direkten Demokratie kaschiert, deren Ergebnisse deutlich machen, dass die Mitgliedschaft Positionen zuneigt, die eher noch rechter sind als die von der Führung öffentlich ausgegebenen.
Darüber hinaus wird die Formierung der AfD intensiv durch ein rechtes Mediennetzwerk begleitet, kommentiert und gefördert, namentlich die „Junge Freiheit", „eigentümlich frei", „Blaue Narzisse“ und die „Preußische Allgemeine Zeitung“. Diese Publikationen nehmen durch Interviews mit ihnen genehmen Funktionären der Partei Einfluss auf die Entwicklung der AfD.
Bewunderung für den Anführer Lucke geht einher mit der Lancierung scharfer nationalistischer, autoritärer und ausländerfeindlicher Standpunkte.
Offen nach Rechts
Ob sich die AfD politisch-ideologisch vorrangig als konservativ, evangelikal, rechtspopulistisch, rechtsextrem oder neofaschistisch aufstellen wird, ist noch unklar.
Das muss für sie zur Zeit kein Nachteil sein. Unterschiedliche Spektren können sich angesprochen fühlen. Die Nähe zu rechtsextremen Forderungen und Vorstellungen durch nationale Überheblichkeit und Deutschtümelei, Sozialdarwinismus und Wohlstandschauvinismus wird z.B. deutlich in Aussagen wie: „Die Vereinigten Staaten von Europa (...) haben die Abschaffung der Staatlichkeit Deutschlands und des Grundgesetzes zum Ziel. (...) Sie ist (...) einer neomarxistischen Internationale zuzuordnen, welche die europäischen Nationen durch politische Gleichschaltung und die europäischen Völker durch Massenmigration aufheben will.“ (Der baden-Württembergische AfD-Funktionär Jan Czada am 22.10.13, http://europablog.net/post/64788175211/die-afd-eine-partei-rechts-der-mitte)
AfD-Funktionäre fielen weiter durch die Forderung nach einer „Deutschquote“ für Musik im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die Unterstützung homophober Unterschriftensammlungen oder die pauschale Ablehnung der Türkei als mögliches Mitglied der EU auf.
Die AfD trägt ihre Kritik an den politischen Eliten, der angeblich schädlichen Einwanderung und dem Kurs der Europäischen Union in pauschaler, beleidigender und irreführender Form vor. Beispielhaft wird dies daran, dass sie politische Konkurrenten pauschal als „Altparteien“ diffamiert (Programm der AfD für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14) Das verbindet sie mit vielen rechts- und nationalpopulistischen Parteien in Europa wie dem „Front National“ in Frankreich oder der „Freiheitspartei“ in den Niederlanden.
Eine zentrale Behauptung ist, deutsche Interessen würden in der EU zu wenig berücksichtigt und seien deshalb fortan aggressiver durchzusetzen. Sie zieht sich durch zahlreiche Dokumente und Aussagen ihrer Funktionäre. Eine zweite Argumentationslinie unterstellt, eine quasiparasitâre Unterschicht, sowohl deutscher als auch nicht-deutscher Herkunft hierzulande, die zur Raison zu bringen sei. Eine sich daraus ergebende doppelte Frontstellung wird behauptet.
Der Bürger sei gefangen im „Zangengriff“ aus „nationalen und internationalen Bürokraten und Konzernen" einerseits und einer „ausufernden Sozialindustrie" andererseits, so Marc Jongen, stellvertretender Landesvorsitzende in Baden-Württemberg. (Cicero, 22.01.14)
Prominente Kandidaten zur Europawahl stehen für einen explizit gewerkschaftsfeindlichen und marktradikalen Kurs, so z.B. Joachim Starbatty, ehemals BFB, Aktivist der „Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft".
Kritik richtet sich gegen die Europäische Union und die Parteien in Deutschland, die diese stützen, indem sie ihnen vorwirft nicht weit genug und nicht stark genug die Interessen deutscher Unternehmen zu vertreten.
Man möchte sich das Beste aussuchen. Der europäische Binnenmarkt wird ausdrücklich gefordert, weil die deutsche Wirtschaft von ihm maßgeblich profitiert. Die negativen Effekte möchte man aber ausgrenzen, abschieben und draußen halten.
Darüber hinaus fordert die AfD die Verschärfung der Zwänge und des Druckes auf die erwerbstätigen und insbesondere die nicht erwerbstätigen Menschen. Ihr Ziel ist allem Anschein nach die völlige Unterwerfung menschlichen Handelns und Lebens unter das Diktat angeblicher Wirtschaftlichkeit, verstanden als die ungebremste Zurichtung der arbeitenden Menschen auf die Interessen der Unternehmen.
In ihrem Bemühen die Profitinteressen von Unternehmen zu bedienen, verweigert sich die AfD sogar international wissenschaftlich erforschten Zusammenhängen wie der Erkenntnis vom Klimawandel. (Programm der AID für die Wahl des Europäischen Parlaments, Beschluss vom 22.03.14, S. 19)
Eine wirkliche Alternative
Tatsächliche Alternativen zum bestehenden Kurs der Wirtschafts- und Sozialpolitik gibt es. Es sind Alternativen gegen das Europa der Großbanken und Konzerne, die das Leben von 5oo Millionen EU-Bürgerinnen und -bürgern maßgeblich bestimmen. Aber auch über ihre Grenzen hinaus hat die EU maßgeblichen Einfluss auf Menschen insbesondere im Mittelmeerraum und in Osteuropa.
In einem Aufruf der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) heißt es es dazu: „Im Mai 2014 finden die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Für die Veteranen des antifaschistischen Kampfes und für Antifaschisten heutiger Generationen sind diese Wahlen aus zwei Gründen von Bedeutung:
Die gegenwärtige Politik und Entwicklung der Europäischen Union entspricht nicht den Interessen großer Teile der Menschen in den europäischen Ländern. Zahlreiche Entscheidungen führen zu massiver sozialer Ausgrenzung, gehen zu Lasten der Schwächsten der jeweiligen Länder. Daher müssen im Europäischen Parlament die Stimmen gestärkt werden, die sich für eine demokratische, friedensorientierte, solidarische und sozial gerechte Entwicklung Europas einsetzen.
Zweitens treten in verschiedenen europäischen Ländern rassistische und extrem rechte Kräfte zu den Wahlen an, denen im Wahlkampf und im Parlament aktiv und engagiert entgegengetreten werden muss.
Wir rufen daher dazu auf, bei der Europawahl in allen Ländern solche Frauen und Männer zu wählen, die sich einsetzen für ein Europa,
- das jeder Form der rassistischen Diskriminierung oder der Fremdenfeindlichkeit entgegentritt,
- das sich für Flüchtlinge einsetzt und ihnen eine menschenwürdige Behandlung garantiert,
- das sich gegen jegliche Form von Holocaustleugnung, Geschichtsrevision und Rehabilitierung von SS-Verbrechern einsetzt,
- das eine soziale Politik gewährleistet, durch die allen Menschen Arbeit, Bildung Ernährung und eine angemessene Wohnung garantiert wird,
- das für eine Friedenspolitik eintritt, die nicht auf Hegemonie, sondern auf nicht-militärische Konfliktlösungen beruht,
- das eine Gemeinschaft im Interesse der Menschen darstellt und nicht der Herrschaft von Banken und Wirtschaftsverbänden,
- das für vergleichbare Lebensbedingungen in allen Ländern eintritt und gegen erzwungene Arbeitsmigration,
- das eine Gleichberechtigung zwischen den Völkern und Nationen garantiert und keine Hegemonialpolitik.“
Download des Flyers (PDF)
IVI: Kulturkampf gegen die Metropole der Spießerrepublik
Ihre Nachfolger dagegen haben nichts Besseres zu tun, als systematisch jedes Haus räumen zu lassen, das die Zwangsexilierten inzwischen besetzen. Im letzten Fall hatte die in diesen Dingen stets willfährige Polizei gleich noch ein zusätzliches Zwangsmittel parat: Unterbindung von jeder Essenszufuhr von außerhalb. Auch bei der Demonstration nach der letzten Räumung - immerhin ca. 400 Leute liefen mit - wurde ein Polizeiaufgebot gesichtet, das alle letzten Demonstrationen weit übertraf.
Sicher alles nur ein kleines Ereignis in einer Stadt, die sich inzwischen um ihre Hochhäuser und die darin befindlichen Banken alle Sorgen macht, um die darum wohnenden Bürger aber gar keine. Im IVI wurde wenigstens im kleinen Maßstab eine Kultur gepflegt des wissenschaftlichen Mitredens. In der gerade auch den Nichtfachleuten der offiziellen Universität ein Stimmrecht gewährt wurde. Es war der präzise Gegenentwurf zu jener Welt der präzisen Fachabteilungen und staatlichen Genehmigungen, wie sie jetzt die Bouffier-CDU und die heruntergewirtschaftete Sippschaft der GRÜNEN beherrscht.
Mörderische Textilproduktion: Über Geschmack lässt sich streiten, über Ausbeutung nicht
Die TexÂtilÂinÂdusÂtrie in den kaÂpiÂtaÂlisÂtiÂschen KernÂlänÂdern ist in den letzÂten JahrÂzehnÂten stark zuÂrückÂgeÂganÂgen. ZehnÂtauÂsenÂde wurÂden entÂlasÂsen und die ProÂdukÂtiÂon in LänÂder mit noch niedÂriÂgeÂren LöhÂnen verÂlaÂgert. Große BeÂkleiÂdungsÂunÂterÂnehÂmen wie z.B. H&M, C&A, PriÂmark, Zara, Mango und KiK lasÂsen heute u.a. in China, BanÂglaÂdesch, PaÂkisÂtan und KamÂboÂdscha proÂduÂzieÂren. Die ProÂdukÂtiÂon beÂfinÂdet sich in einer dauÂernÂden WanÂderÂbeÂweÂgung, denn proÂduÂziert wird dort wo die ProÂdukÂtiÂonsÂkosÂten am NiedÂrigsÂten sind. Dies beÂtrifft die geÂsamÂte ProÂdukÂtiÂonsÂketÂte, von der BaumÂwolÂle bis zum ferÂtiÂgen T--‹Shirt. Wenn ein T--‹Shirt hier für 3 Euro verÂkauft wird, ist klar, dass dies nur aufÂgrund unÂmenschÂliÂcher ArÂbeitsÂverÂhältÂnisÂse inÂbeÂgrifÂfen HunÂgerÂlöhÂne und grenÂzenÂloÂser AusÂbeuÂtung mögÂlich ist. SiÂcherÂheitsÂstanÂdards werÂden reÂgelÂmäÂßig missÂachÂtet, immer wieÂder kommt es zu FaÂbrikÂbränÂden und UnÂfälÂlen bei denen beÂreits mehÂreÂre ZehnÂtauÂsend BeÂschäfÂtigÂte geÂtöÂtet wurÂden. Am 11.-‹09.-‹2012 kam es beiÂspielsÂweiÂse zu einem GroßÂfeuÂer in der TexÂtilÂfaÂbrik „Ali EnÂtÂerÂpriÂses“ in PaÂkisÂtan, bei dem über 250 ArÂbeiÂteÂrInÂnen bei leÂbenÂdiÂgem Leib verÂbrannÂten. Am 24. April 2014 jährt sich der Tag des EinÂsturÂzes des „Rana Plaza“ EinÂkaufsÂzenÂtrums, in Savar, BanÂglaÂdesch, in dem sich mehÂreÂre TexÂtilÂfaÂbriÂken beÂfanÂden. AlÂlein dabei kamen 1.-‹134 ArÂbeiÂteÂrInÂnen ums Leben und über 2.-‹000 wurÂden zum Teil so schwer verÂletzt, dass sie nicht mehr arÂbeitsÂfäÂhig sind. ProÂfit geht über LeiÂchen!
Doch auch der WiÂderÂstand wächst
Am 21.-‹09.-‹2013 haben in Dhaka, der HauptÂstadt von BanÂglaÂdesch mehr als 50.-‹000 TexÂtilÂarÂbeiÂteÂrInÂnen für höÂheÂre Löhne geÂstreikt. Am 12. und 13.-‹11.-‹2013 kam es in AsÂhuÂlis und Savar zu DeÂmonsÂtraÂtioÂnen mit jeÂweils mehÂreÂren zehnÂtauÂsend TeilÂnehÂmeÂrInÂnen. Im JaÂnuÂar dieÂses JahÂres haben 450.-‹000 ArÂbeiÂteÂrInÂnen der TexÂtilÂinÂdusÂtrie KamÂboÂdschas geÂstreikt und truÂgen damit ihren ProÂtest in die ÖfÂfentÂlichÂkeit. GeÂforÂdert wurde bei allen KämpÂfen die GeÂwähÂrung eines leÂbensÂsiÂchernÂden StanÂdards am ArÂbeitsÂplatz, sowie eine ErÂhöÂhung der MinÂdestÂlöhÂne, die derÂzeit bei ca. 60 Euro moÂnatÂlich lieÂgen. 80% der ArÂbeiÂtenÂden in der TexÂtilÂbranÂche sind FrauÂen und an der unÂtersÂten Ebene der ProÂdukÂtiÂonsÂketÂten steÂhen die HeimÂarÂbeiÂteÂrinÂnen.
StaatÂliÂcherÂseits wurde mit ReÂpresÂsiÂon reÂagiert, so wurde in KamÂboÂdscha sogar die Armee gegen die StreiÂkenÂden einÂgeÂsetzt. HauptÂproÂfiÂteuÂre des GeÂschäfts mit der KleiÂdung sind die inÂterÂnaÂtioÂnaÂlen HanÂdelsÂketÂten und KonÂzerÂne. Auch die naÂtioÂnaÂle BourÂgoÂiÂsie will weiÂterÂhin ihren Teil vom KuÂchen nicht verÂlieÂren und den StandÂortÂwettÂbeÂwerb um die bilÂligsÂten ArÂbeitsÂkräfÂte weiÂter anÂheiÂzen.
Mit Zehra Khan haben wir eine, über PaÂkisÂtan hinÂaus beÂkannÂte, kämpÂfeÂriÂsche GeÂwerkÂschafÂteÂrin einÂgeÂlaÂden. Sie ist GeÂneÂralÂseÂkreÂtäÂrin der „Home BaÂsed Women WorÂkers FeÂdeÂraÂtiÂon (HBWWF)“. Nach dem GroßÂfeuÂer in der TexÂtilÂfaÂbrik „Ali EnÂtÂerÂpriÂses“ stellÂte sich die HBWWF soÂfort an die Seite der Opfer und HinÂterÂblieÂbeÂnen. Zehra Khan wurde zu einer SpreÂcheÂrin des „WorÂkers Rights MoÂveÂment (WRM)“ und kämpft mit den BeÂtrofÂfeÂnen für EntÂschäÂdiÂgungsÂzahÂlunÂgen, grundÂleÂgenÂde VerÂbesÂseÂrung der ArÂbeitsÂbeÂdinÂgunÂgen und für höÂheÂre Löhne. Dabei geht es nicht nur um einÂzelÂne VerÂbesÂseÂrunÂgen, sonÂdern um eine grundÂleÂgenÂde VerÂänÂdeÂrung der geÂsellÂschaftÂliÂchen VerÂhältÂnisÂse auf anÂtiÂkaÂpiÂtaÂlisÂtiÂscher GrundÂlaÂge. Für Zehra Khan ist dieÂser Kampf unÂtrennÂbar mit dem Kampf gegen die paÂtriÂarÂchaÂlen VerÂhältÂnisÂse und für die RechÂte der FrauÂen verÂbunÂden. In PaÂkisÂtan ein leÂbensÂgeÂfährÂliÂches EnÂgaÂgeÂment.
SoÂliÂdaÂriÂtät ist unÂseÂre StärÂke
Wir wolÂlen die VerÂhältÂnisÂse auch hier zum TanÂzen brinÂgen. KonÂsum ist die Pille, mit der die MenÂschen hier in dieÂsem SysÂtem der inÂterÂnaÂtioÂnaÂlen AusÂbeuÂtung und damit auch ihrer eiÂgeÂnen AusÂbeuÂtung verÂsöhnt werÂden solÂlen. Viele BeÂschäfÂtigÂte in den TexÂtilÂketÂten beÂklaÂgen preÂkäÂre BeÂschäfÂtiÂgungsÂverÂhältÂnisÂse, ÜberÂwaÂchung und Druck -“ BeÂtriebsÂräÂte sind in der Regel unÂerÂwünscht. Dies ist die anÂdeÂre Seite der AusÂbeuÂtung in der TexÂtilÂinÂdusÂtrie. Die VerÂhältÂnisÂse hier und in den WeltÂmarktÂfaÂbriÂken des SüÂdens lasÂsen sich nicht vonÂeinÂanÂder trenÂnen.
Es gibt viel zu tun, paÂcken wir es geÂmeinÂsam an! Wir müsÂsen dies geÂmeinÂsam mit all denen weltÂweit tun, die sich mit ihrem HerÂzen, ihrem VerÂstand, Mut und oft unter EinÂsatz ihres LeÂbens für eine Welt jenÂseits der kaÂpiÂtaÂlisÂtiÂschen OrdÂnung und paÂtriÂarÂchaÂlen VerÂhältÂnisÂse einÂsetÂzen. VerÂbinÂden wir unÂseÂre KämpÂfe, lerÂnen wir vonÂeinÂanÂder. KämpÂfen wir in dieÂsem Sinne geÂmeinÂsam für gleiÂche soÂziaÂle RechÂte und ein gutes Leben für alle -“ für eine emanÂziÂpaÂtoÂriÂsche PerÂspekÂtiÂve. UnÂseÂre SoÂliÂdaÂriÂtät darf sich nicht auf ErÂkläÂrunÂgen beÂschränÂken, sonÂdern muss ein VerÂständÂnis von inÂterÂnaÂtioÂnaÂler PraÂxis entÂwiÂckeln, die die AusÂbeuÂtung und die KämpÂfe in den LänÂdern des SüÂdens und in den hieÂsiÂgen MeÂtroÂpoÂlen verÂbinÂdet.
BeuÂgen wir uns nicht dem DikÂtat des KaÂpiÂtaÂlisÂmus, streiÂten und kämpÂfen wir grenÂzenÂlos und soÂliÂdaÂrisch für ein selbstÂbeÂstimmÂtes und geÂwaltÂfreiÂes Leben ohne AusÂbeuÂtung und UnÂterÂdrüÂckung.
In der VerÂanÂstalÂtung wird Zehra Khan über ihre ErÂfahÂrunÂgen im Kampf für die RechÂte der TexÂtilÂarÂbeiÂteÂrInÂnen sowie für FrauÂen spreÂchen.
MittÂwoch, 23. April, 19.-‹00 Uhr, LinÂkes ZenÂtrum Lilo HerrÂmann, BöbÂlinÂgerÂstr. 105, 70199 StuttÂgart (U1, U14, Bus 42, HalÂteÂstelÂle ErÂwin--‹SchöttÂle--‹Platz)
Via: Frauengruppe Stuttgart
Merkel: Leitschwan mit flügellahmem Gefolge
Quelle: Αντώνης ΣαμαÏάς Î ÏωθυπουÏγός της ΕÎ"Î"άδας
Lizenz: Creative Commons 2.0
Stand also Merkel zur Vorbereitung der Europa-Wahlen siegreich neben dem Vasallen, der dankbar aufblickte. Und mit seinen zwei Mann Mehrheit den Gefahren der Zukunft weiterhin ins Auge sieht.
Alles Betrug - und doch alles legal. Keine Tricks, wie sie sonst so oft den griechischen Machern vorgeworfen werden. Einfach den richtigen Zeitpunkt gewählt - abphotographiert - und auf den Applaus gewartet.
Mit diesem hatte es dieses Mal allerdings seine Macken. Natürlich ließen sich ARD und Zdf nicht lumpen und jubelten fleißig mit. Was allerdings auffiel: Nach dem Pflichtjubel erhoben sich leise, aber doch unbeirrbar die gewöhnlichen Börsenberichterstatter. Und konnten es nicht lassen, der Kanzlerin den Schein in ihrer Wahrheit vorzurechnen. Die Lüge Merkels war dieses Mal so unwahrscheinlich, dass die braven Burschen und Mädels in der Börsenberichterstattung doch um ihren Ruf fürchteten, wenn sie allzu begeistert mitgemacht hätten. Insofern war der Schwanenflug nur halb geglückt.
Schauen wir mal, wie nach vielleicht zehn Jahren ein neuer Siegeszug in der Ukraine aussehen wird. Vielleicht wird das dann nur noch als kleine Randnotiz wahrgenommen. Oder schon gar nicht mehr.
Revolution an der Tanzbar: Ton Steine Scherben - Mein Name ist Mensch
Folgendes sein den Reaktionären der extrem christlichen, homophoben und offen rechten Organisationen (Politically Incorrect, Alternative für Deutschland, Initiative Familienschutz, Initiative Schützt unsere Kinder u.a.) , die heute in Stuttgart ihre Hetze gegen sexuelle Vielfalt verbreiten und marschieren wollen, ins Gebetbuch geschrieben:
kritisch-lesen.de Nr. 32: Deutschland im Krieg
Innerhalb der Linken bildet das Thema Antimilitarismus ein Feld für grundsätzliche theoretische Kontroversen. Praktisch agiert wird dort, wo die Bundeswehr zunehmend präsent ist und Akzeptanz erfährt. An vielen Orten finden zahlreiche kreative Proteste gegen Auslandseinsätze, die Rekrutierung von potenziellen SoldatInnen an Schulen und Universitäten und die Militarisierung des Inneren statt.
Mit dieser Ausgabe wollen wir uns mit der Militarisierung der Gesellschaft befassen und Impulse für linke Auseinandersetzungen mit dem Thema liefern. Dafür bespricht Christin Bernhold zunächst das Buch „Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen“ von Norman Paech und Gerhard Stuby und diskutiert die Bedeutung des Völkerrechts für die Legitimierung von Bundeswehreinsätzen im Ausland. Völkerrecht, so stellt sie heraus, wird hier zum Feigenblatt für Machtpolitik in internationalen Beziehungen. Mit solcherlei Legitimationsstrategien beschäftigen sich die folgenden Besprechungen. In der Rezension „-šWir-˜ über -šuns-˜ und -šdie Anderen-˜“ zum Buch „Heimatdiskurs“ zeigt Rita Werth auf, wie im Namen der Modernisierung und der Emanzipation Militäreinsätze von Deutschland aus für notwendig erklärt werden. Dem Humanismus als Begründung für Kriegseinsätze widmet sich auch Christian Baron in „Sehnsucht nach dem Stahlbad“, einer bissigen Rezension von Bernd Ulrichs „Warum Deutschland Krieg führen darf. Und muss“. Heinz-Jürgen Voß geht es in der Besprechung des Buchs „Gendering 9/11. Medien, Macht und Geschlecht im Kontext des -šWar on Terror'“ von Andrea Nachtigall speziell um die Legitimation des Afghanistaneinsatzes.
Mit der Bedeutung von Militarisierung für die kapitalistische Staatenkonkurrenz befasst sich Ruldoph Bauer in der Rezension des Buches „Geopolitik“ von Tobias ten Brink. Der Frage nach Waffenproduktion in Deutschland und deren Export in andere Länder geht Sophia Hoffmann nach, die das Buch „Bombengeschäfte -“ Tod made in Germany“ von Hauke Friedrichs bespricht. Adi Quarti widmet sich in seiner Rezension „Die neue Dimension“, die mit dem Buch „Drohnenkrieg. Tod aus heiterem Himmel - Morden per Fernbedienung“ die neuesten technischen Entwicklungen in der unbemannten Kriegsführung aus den USA vorstellt. Neben der fachwissenschaftlichen Diskussion um den Afghanistaneinsatz haben aktuell auch Romane, die Einfluss auf Militärdiskurse in Deutschland haben, Konjunktur. Stephanie Bremerich diskutiert mit „Fiktion als Alibi“ den Antikriegsroman „Jenseits von Deutschland“, der mit seinem Anliegen jedoch das Genre verfehlt hat. Einen tatsächlichen Erlebnisbericht hinterfragt in „Wir fühlten uns bereits wie Kriegshelden“ Fabian Virchow. Das Buch „Vier Tage im November. Mein Kriegseinsatz in Afghanistan“ von Johannes Clair offenbart das Selbstbild eines ehemaligen Fallschirmjägers.
Mit dem Konzept der Nachwuchsrekrutierung der Bundewehr an Schulen und Universitäten befassen sich drei Rezensionen. Elke Michauk bespricht in „Im neuen Gewandt: Offensive Bundeswehr an Schulen" den Einfluss des Militärs auf Bildungseinrichtungen und betont dabei die vielfältigen Aktivitäten gegen die Rekrutierung an Schulen. Ebenfalls mit dem Wirken der Bundeswehr an Schulen und der Gegenwehr beschäftigt sich Ismail Küpeli in seiner Rezension des Buches „Soldaten im Klassenzimmer“. Christoph Golasch widmet sich dem Buch „Zivilklauseln für Forschung, Lehre und Studium“, das die zunehmende Bereitschaft der Universitäten, Drittmittel aus der Rüstungsforschung einzuwerben, zum Thema hat.
Abschließend werfen wir einen Blick auf die außenpolitische Debatte der Partei DIE LINKE. Christian Stache war selbst langjähriges Mitglied der Partei und des ihr nahestehenden Jugendverbandes ['solid]. Er kritisiert in seiner Rezension „Zu den Waffen, Genossen!“ das Buch „Linke Außenpolitik“ und damit den aktuellen Versuch einer Neukonzeption der außenpolitischen Ausrichtung der Partei.
Den Anfang bei den Rezensionen außerhalb des Schwerpunkts macht Jens Zimmermann, der die aktuelle Publikation zu „Obamas Krisen-Empire“ von Ingar Solty empfiehlt. Andrea Strübe widmet sich in ihrer Rezension „Was sich nicht bewährt“ der umfangreichen Studie „Bewährungsproben für die Unterschicht? Soziale Folgen aktivierender Arbeitsmarktpolitik“ um das Team des Jenaer Soziologen Klaus Dörre, in der die Arbeitsmarktreformen der letzten Jahre alles andere als gut wegkommen. Der Tod eines Anti-AKW-Aktivisten ist Aufhänger von „XXX“, einem überraschenden „Atomkraft-Krimi“ von Martin Sudermann, den Alice Freitag gelesen hat. An den Dimensionen des Themas scheitert Robert Claus zufolge eine Arbeit zu „Rechtsextremen Strategien im Sport“. Der Sammelband „Migration und Arbeit in Europa“ fokussiert laut der Rezensentin Hannah Schultes zwar ein wichtiges Thema, dennoch kommt sie in ihrer Rezension „Gäste, die arbeiten“ zu einem gemischten Fazit. Schließlich beschäftigt sich Moritz Altenried anhand des Buches „Die Prekarisierungsgesellschaft“ von Oliver Marchart mit der Frage, wie Proteste gegen Prekarisierung gesellschaftstheoretisch gefasst werden können.
Und nun noch zum Schluss: Kritisch-lesen.de ist nun seit drei Jahren online! Nach 32 Ausgaben mit 340 Rezensionen, interessanten Diskussionen und vielen Höhen und Tiefen blicken wir zurück auf drei wunderbare, arbeitsintensive, nervenaufreibende und ereignisreiche Jahre. Wir danken allen Leser_innen, Autor_innen und Freund_innen, die uns in dieser Zeit so tatkräftig unterstützt haben! Nach der nächsten Ausgabe, die mit dem Schwerpunkt Kritische Soziale Arbeit am 1. Juli erscheint, werden wir eine Pause einlegen, um ein bisschen durchzuatmen und über kritisch-lesen.de nachzudenken. Wir würden uns freuen, wenn ihr uns eure Eindrücke an info@kritisch-lesen.de schicken würdet: Was gefällt euch an kritisch-lesen.de, was nicht, welche Ausgaben fandet ihr besonders gut, welche Themen interessieren euch, was können wir besser machen?
Rezensionen zum Schwerpunkt
1916 - 2016: Blutpumpe light
Nachdem es mit den Überfallstechniken des Schlieffenplans offenbar nicht geklappt hatte, erfand der Generalstabsoffizier von Falkenhayn etwas ganz Neues: die Blutpumpe. Es sollte an einem namensträchtigen Ort eine Situation geschaffen werden, in der die Gegner - die Franzosen - sich verpflichtet fühlen mussten, mehr Soldaten zu opfern, als ihrer Gesamtstärke entsprach. Das würde - nach geraumer Zeit - dazu führen, dass die französischen Opfer so groß würden, dass sie schließlich den Deutschen gegenüber aufgeben und kapitulieren müssten. Und zwar war das damals dem statistischen Denken gemäß zwar in erster Linie am Verlust von Soldaten gemessen. Darüber hinaus - versteht sich - aber auch Verlust von sämtlichen Hilfsmitteln: Waffen aller Art, Lebensmittel usw.
Der Gedanke hört sich damals wie heute wahnsinnig an. Denn - das lag dem Kalkül zugrunde - es mußten bei dem Pumpenmanöver unweigerlich Tausende und Zehntausende deutscher Soldaten eingesetzt werden, wenn nur der Feind noch größere Schäden davontrug. Zugleich war alles völlig berechenbar. Tag für Tag konnte das Unternehmen überschaut werden. Wo an einer Stelle zuwenig Blut floß, konnte nachgegossen werden. Das ganze Manöver zugleich haltloser Irrsinn und berechenbarer Kalkül.
Nun zu den Revanchegelüsten des Westens heute. Aktiver Krieg scheint ausgeschlossen. Was bleibt dann? Obama hat es ziemlich deutlich ausgesprochen: Putin muss "seinen Preis zahlen". Und worin soll der bestehen? Dem ersten Anschein nach diesesmal weniger im Verlust von Soldaten. Aber mehr in der Anhäufung von Verlusten anderer Art. Über Absatzmärkte und Warenstaus schließlich der Ruin des Landes.
Kapitulation mit anschließendem Gericht über Putin und die Seinigen. Und endlich die große westliche Gemeinschaft von Wladiwostok bis zum Atlantik.
Auf den ersten Blick könnte die Rechnung aufgehen. So schlecht es den USA geht, den Resten der UDSSR geht es nicht besser.
Zugleich aber der Falkenhayn-Wahnsinn. Damit der Sieg über Russland gelingt, müsste zwangsweise Europa an allen Stellen sich verkrümmen. Sich auf Sparkurs setzen. Den Zusammenbruch eigener Systeme erdulden. Es ginge nicht anders, als es 1916 ging. Am Ende stehen zwei tödlich Verwundete einander gegenüber. Selbstverteidigung wird zum allmählichen Selbstmord.
Vor allem eines fällt bei den zahllosen Kommentaren auf. Die Selbstbegeisterung. Wenn Obama von einer "Provinzialmacht" spricht, die sich auflehnte, gibt er nur den Ton vor oder nach von hundert Medien. Die Grundvoraussetzung aller: Wir sind im Recht. Der Feind muss zahlen. Kaum einem fällt wieder ein, was Lenin auch vor hundert Jahren schon sagte: Wir leben in der Zeit der Imperialismen. In denen Recht und Umgangsformen nichts mehr zu melden haben gegen die bloße Besitzwahrung. Möglicherweise Ausweitung. Und da sind nicht nur Putin und Obama gleich, sondern auch alle anderen Machthaber auf der ganzen Welt.
Gerade darum ist es so schwer, sich zu erheben gegen den Wahnsinn von Krieg und Rüstung. Es müssten sich Leute zusammenschließen, die über dieses Unheil hinausschauen könnten. Wo aber sind die geblieben? Es könnte sein, dass ihre Zahl nach all den blutigen Erfahrungen heute geringer ist als zu Lenins Tagen.
Das Schlimmste: die Verächtlichmachung der jeweiligen Gegner. Als ob nicht erwiesen wäre, dass vor der Verzweiflung der Generalangriff kommt. Kommen muss. Und dann sich enthüllen wird, dass es ganz am Ende doch wieder die Menschen trifft. Die sterben müssen, damit das Blutopfer seinen letzten Glanz erhält.