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OTKM Filmabend: "Little Alien"

Sie leben. Weil sie geflüchtet sind. Die Teenager Juma und Hishame versuchen unter lebensgefährlichen Umständen, versteckt im Fahrgestell eines LKW nach Europa zu flüchten, wo sie zu den Gejagten der Grenzbehörden werden. Ahmed, Nura, Achmad und Asha haben es gerade über die Grenzzäune geschafft.

In Österreich angekommen, versuchen sie ihr Leben neu zu gestalten und kämpfen für ihr Recht auf eine mehr oder weniger unbeschwerte Jugend. Jawid und Alem leben schon seit eineinhalb Jahren in Wien, in der Hoffnung auf Gewährung von Asyl.

Die traumatische Erfahrung des Verlusts, die Sehnsucht nach ihren Familien, der Blick in eine vollkommen ungewisse Zukunft, die Bedeutung von Paragraphen und Behördenodysseen, die sie zu bewältigen haben, bestimmen den Prozess des Neuanfangs.

Obwohl ihr Leben maßgeblich von oft unmenschlichen Gesetzen bestimmt wird, nehmen sie es mit viel Humor und haben ihre eigenen Mechanismen entwickelt, die ihnen helfen, diese Last zu bewältigen.
Sie leben ihre Jugend mit vollen Atemzügen, sind laute, freche, verliebte und heranwachsende Menschen, die gerade für ein selbst bestimmtes Leben kämpfen.

Veranstaltet vom "Offenen Treffen gegen Krieg und Militarisierung" - Samstag, 31. März | 18 Uhr | Stuttgart | Linkes Zentrum Lilo Herrmann | Böblinger Str. 105

1918: Wie der Sozialismus unter Elsässer damals (fast) gesiegt hätte!

Der Schwur Spartacus' von Louis-Ernest Barrias. Marmor, 1871. Im Tuileriengarten, Paris
Foto: Marie-Lan Nguyen / Wikimedia Commons (Public Domain)
Jürgen Elsässer hat lange Wanderungen hinter sich. Nach Aufenthalten in verschiedenen linken Publikationsorten gibt er jetzt seinen eigenen Blog heraus - COMPACT. Er hatte ein aufschlussreiches Buch veröffentlicht über die Zusammenarbeit von Geheimdiensten aller Welt mit ihren Gegnern, den sogenannten Terroristen.

Zu Unrecht damals von der aufgeklärten Presse als Phantasma eines Verschwörungstheoretikers nicht besprochen, sondern weggeschoben.

Diese Verdienste lassen allerdings nicht übersehen, dass Elsässer in seiner Isolierung zu immer größeren Phantasieleistungen gelangt. So vor einigen Tagen, als er der sozialistischen Revolution 1918 nachträglich unter die Arme greifen wollte - nur weil ihn ein Film spätnachts an den Schreibtisch getrieben hatte.

Kaum war ihm gekommen, dass Arminius, der Cherusker, unser Che Guevara gewesen war, folgte eine Erleuchtung, als Ratschlag so lang nach dem Tod aller Akteure gegeben: "Warum haben sich die Kommunisten, als sie sich von der kriegsbefürwortenden SPD 1917 trennten, bloß den Namen “Spartakus-Bund” gegeben – den Namen eines tapferen Mannes, aber eines Ausländers und eines Verlierers – und sich nicht “Arminius-Bund” genannt, also den Namen eines siegreichen Freiheitskämpfers aus dem Inland gewählt? Ist das vielleicht auch schon ein bißchen falsch verstandener Internationalismus, etwas zu viel Schwelgen in den Wonnen der romantischen Verlierer gewesen?"

"Nieder mit der Ebert-Regierung! Es lebe Arminius!" Wir hacken nicht darauf herum, welche Gruppen da freudig mitgeschrien hätten - auf diese Zusammenfassung aller Gruppen - klassenlos - kommt es dem heutigen Elsässer gerade an. Und sie wird mit Recht von vielen Seiten kritisiert.

Viel interessanter, dass Elsässer hier ganz offensichtlich vergisst - oder wahrscheinlicher verdrängt - was er als früheres Mitglied linker Organisationen sicher hundertemal erklärt bekommen hat. Keineswegs ging es beim Bezug auf Spartakus - geradewegs um falsch- oder richtigverstandenen Internationalismus. Wäre es nur ums Nationale gegangen, hätte auch ein Müntzer herhalten können. Es ging vielmehr um die andauernde Begründung des menschlichen Zusammenlebens auf Ausbeutung und Unterdrückung. Von der unverhüllten Sklavenherrschaft her bis zur Ausbeutung in der modernen proletarischen Fabrik. Für dieses bis heute andauernde System des Unrechts steht das Bild von Spartacus,desjenigen, der in der Antike viele zusammenzufassen versteht aufgrund des Allerallgemeinsten: dass Sklavinnen und Sklaven nichts mehr besitzen, über das sie verfügen können. Diese Nichtigkeit aufzuheben verlangen alle Unterdrückten seither - "ein Nichts zu sein tragt es nicht länger"...

Es klafft ein Mangel mitten in unserer Welt. Und damit zu Elsässers zweiter Anregung: sich im Aufstand an den Siegern zu orientieren, nicht an den Verlierern. Sind die Hussiten vergessen worden, die nach der schändlichen Hinrichtung von Johannes Hus in Konstanz erst größte Kraft entwickelten? All die anderen Bewegungen, die am Bewusstseins eines Raubes, eines gebrochenen Versprechens erstarkten? Was könnte eine Bewegung verlangen, die sich nur auf schon Erreichtes berufen würde. (Vielleicht sind diejenigen islamischen Kämpfer, die nach einem neuen Kalifat verlangen, weil es das doch schon einmal gegeben hat, schon damit nicht über das bestehende Staatswesen hinausgetreten. Und Gefangene des bloß Bestehenden geworden?)

Das Internationale der Ausrichtung einer jeden grundsätzlichen Ausrichtung auf Revolution versteht sich dann freilich von selbst. So wie Spartakus bei allen Mitsklaven nicht an persönliche Überreste eines jeden Einzelnen appellieren konnte, sondern nur an das Bewusstsein des Verlustes jeder Eigentümlichkeit, so kann der Ruf der Revolution sich nicht an die nationale Eigenheit richten, sondern auf das um sich greifende Wissen, dass jedem Ausgebeuteten alles genommen ist, wieviel er im Augenblick noch haben mag. Das fordert nicht Wegschwindeln über Grenzen, aber bewussten Willen zu ihrem Niederreißen.

"Das Subjekt historischer Erkenntnis ist die kämpfende, unterdrückte Klasse selbst. Bei Marx tritt sie als die letzte geknechtete, als die rächende Klasse auf, die das Werk der Befreiung im Namen von Generationen Geschlagener zu Ende führt. Dieses Bewusstsein, das für kurze Zeit im Spartacus noch einmal zur Geltung gekommen ist, war der Sozialdemokratie von jeher anstößig." (Benjamin, Werke Band 1/2 S.700)

Elsässer hat recht: Geschichte darf niemand überspringen. Nur: zu diesem Zweck muss sie vorher richtig erkannt werden. Sonst verfällt sie zur besitzergreifenden vaterländischen Mythologie .

„Fortsetzung folgt - 65 Jahre VVN-BdA“

Flyerdownload durch Anklicken der Grafik
65 Jahre nach der Gründung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes durch Überlebende des faschistischen Terrors ist unsere Organisation, die VVN-BdA, ein lebendiger, generationsübergreifender antifaschistischer Verband. Unser Wirken bleibt dem Schwur von Buchenwald verpflichtet: „Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht! Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ Als Bündnisorganisation, deren Mitglieder selbst unterschiedliche politische und weltanschauliche Zugänge zum Antifaschismus einbringen, sehen wir die Schaffung und den Erhalt breiter antifaschistischer Bündnisse als unsere wichtigste Aufgabe an. Auch wenn bald keine Angehörigen der Gründergeneration mehr in unseren Reihen stehen werden, bleibt die Weitergabe ihrer Erfahrungen, das Wachhalten der Erinnerung daran, dass antifaschistischer Widerstand möglich und notwendig war, unser spezifischer Beitrag zur politischen Kultur dieses Landes. Wir werden die moralische und menschliche Autorität unser Gründerinnen und Gründer nicht ersetzen können. Doch wir können und wollen dazu beitragen, dass nachfolgenden Generationen die Wiederholung ihrer leidvollen Erfahrungen erspart bleibt.

18. März 2012 Frankfurt/Main, Haus Gallus, 10.30 Uhr - 12.30 Uhr

Programm

„Fortsetzung folgt - 65 Jahre VVN-BdA“

1. Eröffnung und Moderation Prof. Heinrich Fink

2. Begrüßung durch die Ehrenvorsitzenden der VVN-BdA Esther Bejarano und Prof. Hans Lauter

3. Was wollte und was tat die Gründungsgeneration der VVN? Dr. Ulrich Schneider

4. „Zweite Generation“ oder „Soziale Vererbung“? Gesprächsrunde mit Doris Fisch, Lena Carlebach, Florian Gutsche

5. Antifaschismus als Zukunftsprojekt Cornelia Kerth

Kulturbeitrag der Musikgruppe „Politokk“

NRW: Spinne Kraft beim Ekelfraß

Unisono der Presse: es war eine selbstgestellte Falle vor allem für die FDP. Die FDP wollte die Gesetzestreue spielen - und hat sich dabei selbst hereingelegt. Niemand wollte das Ende der Minderheitsregierung Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen.

Wer Frau Kraft ins gewohnt überhebliche Gesicht schaute am Mittwochabend, merkte: es könnte auch ganz anders gelaufen sein. Frau Kraft hat in ihrer ganzen Amtszeit sich anmaßend verhalten gegenüber der LINKS-Partei, auf deren Stimmverhalten sie doch angewiesen war. Ihr Verhörverhalten gegenüber der Partei hätte jedem Staatsanwalt wunderbar angestanden. Entsprechend ihr großartiges Scharwenzeln die ganze Zeit: Kraft führt eine Minderheitsregierung, aber ist auf niemand angewiesen.

Insofern liegt nichts näher als folgender Verlauf: die FDP hatte sich dummerweise hervorgetan als Schuldenbremserin "wie das Gesetz es befahl". Mit dem unerschütterlichen Zweitvorsatz, heimlich nachzuverhandeln. In der Erkenntnis, dass die FDP innerhalb eines einzigen Tages das Steuer nicht herumwerfen könne, kündigte die Ministerpräsidentin überraschend Neuwahlen an. In der Voraussicht, dass sie damit einer, vielleicht zwei Parteien das lästige Lebenslicht ausbläst.

Die LINKE hatte zwei Jahre lang sich unterwürfig gezeigt, so gut es gerade noch mit dem linken Ruf vereinbar war. Im Endeffekt hat sie der SPD-Grünen-Regierung mehrmals das Dasein gerettet. Aber stören kann auch sie immer noch. Also weg auch mit ihr!

Was den Verdacht gegen Kraft erhärtet: die SPD sieht sich - zu Recht oder Unrecht - im Aufwind.Im Saarland verspricht sie sich einiges. Bei dem gezügelten Kampfgeist der SPD würde eine Umverteilung der Sitze im Bundesrat fürs erste schon genügen.

Spricht alles für eine kalte Intrige der SPD-Chefin. Wer noch davon wusste, bleibt unklar.

Was spricht über die persönliche Abneigung gegen die arrogante Motzerin hinaus gegen diese Politik? Merkel und Bismarck haben nie anders gehandelt. Allerdings: die Technik klappt nur, wenn wirklich der Willen demokratischer Massen dahintersteckt. Beziehungsweise benutzt werden kann. Wo aber steckt der bei bloßer Postenakrobatik, wie sie bei Grün und Rot gleichermaßen Politik zu ersetzen hat? Daran fehlt es sämtlichen herrschenden großen und kleinen Parteien im Augenblick.

Viel Glück also der FDP zum letzten Kampf! Für eine Schuldenbremse, an die in Wirklichkeit auf Dauer niemand glaubt. Auch nicht die Erfinderin CDU.

"Die Bundesrepublik Deutschland hat weltweit das rückständigste und restriktivste Streikrecht."

"Die Bundesrepublik Deutschland hat weltweit das rückständigste und restriktivste Streikrecht. Das Streikrecht in Deutschland ist lediglich Richterrecht. Im Grundgesetz (GG) findet sich außer der Koalitionsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 3 kein konkreter Hinweis. Daraus ist keinesfalls abzuleiten, dass dieses Recht nicht vorhanden ist oder irgendeiner Einschränkung unterliegt. In sieben Bundesländern ist das Streikrecht in den Landesverfassungen verankert.

In den allermeisten Staaten ist das Recht auf Streik durch die Verfassungen und/oder durch Gesetze garantiert und geregelt. In einigen Ländern haben Gewerkschaften dieses Recht durch Tarifverträge zusätzlich abgesichert und zum Teil noch über den Verfassungs- und/oder Gesetzesstatus hinaus verbessert.

Im Jahr 2010 war in der Bundesrepublik Deutschland lediglich nur in einem einzigen Tarifvertrag eine Regelung enthalten, die das Streikrecht ausgeweitet hat. In allen weiteren registrierten 73.958 Tarifverträgen finden sich keine Regelungen zum Streikrecht.

Neben der Schweiz und Japan ist Deutschland bei Arbeitskämpfen, die auf den Abschluss von tariflichen Regelungen abzielen, der streikärmste Staat. Auch bei sonstigen Streikformen und deren Häufigkeit gehört Deutschland zu den Schlusslichtern.

Von den 27 Staaten der Europäischen Union ist der politische Streik nur in England, Österreich und Deutschland illegalisiert. Ein Verbot ist indes nirgendwo festgeschrieben. Auch mit den Illegalisierungen von Beamtenstreiks, wilden Streiks, Blockaden, Boykotts, dem Streikverbot durch die christlichen Kirchen, der Einengung von Streikmöglichkeiten nur auf tarifvertraglich regelbare Ziele und den Einschränkungen bei Sympathiestreiks, sind Defizite in unserer politischen und wirtschaftlichen Demokratie verankert.

Diese Illegalisierungen, Einengungen, Einschränkungen und Verbote stehen im krassen Widerspruch zu dem Art. 23 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, den Übereinkommen 87 und 98 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), dem Artikel 6 Abs. 4 der Europäischen (Menschenrechts- und) Sozialcharta.

Insbesondere das Verbot aller Streiks, die nicht auf den Abschluss von Tarifverträgen gerichtet sind, bildet eine schwere Verletzung dieser Bestimmungen. Diese Verbote bedrohen unsere Demokratie, da sie als schwere Menschenrechtsverletzung zu qualifizieren sind.

Die Europäische Sozialcharta (ESC) beispielsweise, wurde 1965 für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich und stellt einen völkerrechtlichen Vertrag dar, der unter anderem die Gewährung von Arbeitskampffreiheit thematisiert. Nach Art. 6 Ziff. 4 ESC ist es „das Recht der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts im Falle von Interessenkonflikten“. Die ESC ist eine von Deutschland eingegangene Verpflichtung, an der die Gerichte ebenso gebunden sind wie der Gesetzgeber, der die in der ESC eingegangenen Verpflichtungen in innerstaatliches Recht umzusetzen hat.

Die Arbeitgeberverbände, einzelne Arbeitgeber und wesentliche Teile der Politik  versuchen mit unterschiedlichen Maßnahmen die wenigen Streikrechte immer weiter einzuschränken und zurück zu drängen. Große Teile der Massenmedien berichten meist tendenziell gegen Streikmaßnahmen.

Die Gewerkschaften in der Bundesrepublik Deutschland haben seit den 50er Jahren zu geringe Anstrengungen unternommen das Streikrecht oder weitere Kampfformen auszuweiten, oder zu verbessern. Meistens wurden die wenigen bestehenden Rechte eher verteidigt." (...)

Mehr zum "Wiesbadener Appell - für ein umfassendes Streikrecht"

Streik am Flughafen: Sündenfall gegen das Grundgesetz

Wir alle genießen volles Streikrecht! Natürlich nur, wenn es gelungen ist, mit Fleisch, Blut und voller Arbeitskraft einen Käufer zu finden. Dann müssen wir noch auf einige Regeln achten. Nicht wie Italienische oder gar griechische Arbeiterinnen und Arbeiter angeblich einfach loslegen - von Dienstag auf Mittwoch! Sondern nach Recht und Gesetz. Die sind manchmal so kompliziert, dass sogar die richterlichen Pressestellen sich über die Gründe eines Verbots nicht sicher sind. Das Gericht, das schließlich den Streik einer kleinen Gewerkschaft am FRAPORT Frankfurt ganz verboten hatte, musste das - tränenblind! - tun, nicht etwa wegen "Unverhältnismäßigkeit", wie es den ganzen Tag televisionär geheißen hatte: "Zur Verhältnismäßigkeit des Streiks äußerte sich das Gericht nicht".

Mit anderen Worten: die genaue Begründung im Einzelfall interessierte niemand. Es ging wieder einmal um das Tiefste der Bundesrepublik: die Sozialadäquanz. Kaum war in den fünfziger Jahren ein Bundesarbeitsgericht entstanden, wurde dieses als Prinzip ausgegeben. Der erste Präsident - Nipperdey - der sich unter dem "Führer" schon tief und eingreifend zur Gefolgschaftsbindung der Arbeiterschaft im Betrieb geäußert hatte, gab dem gleichen Prinzip seinen heutigen flotter klingenden Namen. (Nipperdey Die Pflicht des Gefolgsmannes zur Arbeitsleistung, in: Deutsches Arbeitsrecht 1938)

Wie sich herausstellte, redete gestern und vorgestern kaum ein kommentierendes Wesen über die Gründe des Verbots. Viele aber mit aufgeblasenen Backen von seiner Wünschbarkeit. Von der bekennenden Kapitalistenseite war nichts anderes zu erwarten. Unerwartet offenherzig aber auch unsere Arbeitsministerin, nach Merkel bekanntlich eine der griffgenauesten Umarmerinnen der Arbeiterklasse.

"Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat einen «Rahmen» gefordert, mit dem die Macht kleiner Gewerkschaften beschränkt werden kann. «Ich glaube das ist nötig», sagte sie im ARD-«Morgenmagazin» mit Blick auf den Streik am Flughafen in Frankfurt am Main. Bislang habe es das Einverständnis in Deutschland gegeben, dass in einem Betrieb immer nur ein Tarifvertrag gelte. Dies habe in der Vergangenheit gut funktioniert.

«Wenn jetzt aber dieses Frankfurter Beispiel Schule macht, dass eine ganz kleine Gewerkschaft nicht nur einen Betrieb lahmlegen kann, sondern auch massive volkswirtschaftliche, auch gesamtgesellschaftliche Auswirkungen hat, dann glaube, dann müssen wir neu nachdenken», sagte von der Leyen. Die Politik müsse deshalb «Regeln aufstellen». Diese sollten Verhandlungen kleiner Gewerkschaften erlauben, es müsse aber Bedingung werden, «dass zum Schluss auch eine Lösung herauskommt, die der Mehrheit nutzt.» Zugleich müsse dabei der Minderheitenschutz für kleine Gewerkschaften garantiert bleiben." (Flughafen-Streik: Ein Lernprozess)

Das alles natürlich nur Auftakt zu den großen Niederwalzungen, die mit den Auseinandersetzungen im ganzen öffentlichen Dienst und bei der IG Metall beabsichtigt werden. Die Aussichten für das Kapital stehen nicht schlecht. Zu öffentlichem Schreck und Abscheu werden die ungeheuren Streiks in Griechenland vorgeführt, die doch die Massenlage nicht wesentlich verbessern konnten. Also doch lieber den Hals einziehen und wieder Zuflucht suchen unter dem Schutzschild des heimischen Monopols - so lange das eben hält! Kann das aber unendlich durchhalten? Oder wird die Taktik des Katastrophenaufschubs von Merkel und Sarkozy nicht doch einmal schneller an ihr unvermeidliches Ende geraten als manche der Leitenden uns vormachen - und als viele Ausgelieferte es glauben .

Solidaritätserklärung mit den AktivistInnen von NO TAV

Am vergangenen Montag, 27.02.2012, räumte die italienische Polizei in den frühen Morgenstunden die Mahnwache an der Baustelle Clarea der Protestbewegung NO TAV, die seit über 22 Jahren gegen eine Hochgeschwindigkeitsstrecke im Susatal in Norditalien Widerstand leistet.

Durch das Susatal ist die Hochgeschwindigkeitsstrecke Lyon-Turin geplant. Sie ist Teil der Südalpen-Magistrale des TIN (Trans Europäisches Netz) und hat ein Investitionsvolumen von ca.20 Milliarden Euro.

Die bereits bestehende Strecke soll dabei nicht mehr genutzt werden und eine völlig neue Trasse entstehen. Zur Realisierung der Hochgeschwindigkeitsstrecke sollen Tunnel u.a. durch asbest- und uranhaltiges Gestein gebohrt werden und der Aushub im Tal verbleiben. Die Natur- und Kulturlandschaft des Susatal wäre damit unwiderbringlich zerstört. Zudem wird es bei diesem unnützen Grossprojekt zu großflächigen Versiegelungen kommen.

Bei diesem Projekt wurden ebenfalls die Fahrgastzahlen und Streckenauslastungen künstlich in die Höhe getrieben und schöngerechnet. Die Bevölkerung wurde nie in die Entscheidungsprozesse eingebunden. Bei Demonstrationen gegen die Hochgeschwindigkeitsstrecke kam es bereits im Dezember 2005 in Venaus und Juli 2011 an der Clarea und Chiomonte zu massiven Polizeieinsätzen mit viel Gewalt, Tränengas und sogar CS-Gas Einsätzen gegen die Bevölkerung.

Auch wird die Widerstandsbewegung von NO TAV mit einer Kriminalisierungskampagne überzogen und erst im Januar 2012 wurden landesweit 32 NO TAV Aktivisten verhaftet und unter Hausarrest gestellt.

Die Presse wird auch hier als Instrument zur Einschüchterung und Abschreckung eingesetzt und die NO TAV Bewegung pauschal verunglimft und denonziert. Erst letzte Woche war in der Zeitung "La Stampa" zu lesen, dass die Bewegung im "Visier der Polizeibehörden steht, da sie zum Habitat für Neoterroristen geworden ist ". Auch sollen Wasserwerfer mit Reizmittelzusätzen zum Einsatz kommen gegen den "Black Block der anarcho- antagonistischen Szene, die zum Töten bereit sei".

Wir verurteilen den Polizeieinsatz aufs schärfste und drücken den Aktivistinnen und Aktivisten von NO TAV unsere Solidarität aus. Unser besonderes Mitgefühl und Genesungswünsche gelten dem schwerverletzten Aktivisten Luca Abbà, der bei einem Fluchtkletterversuch an eine Stromleitung gelangte und aufgrund seiner schweren Verbrennungen in ein künstliches Koma versetzt werden musste.

Wie in Stuttgart dient auch dieses Projekt im Susatal nicht den Nutzern der Eisenbahn, sondern allein den Macht- und Kapitalinteressen Einzelner aus der Finanz- und Bauwirtschaft. Die Interessen der dort lebenden Bevölkerung werden wie in Stuttgart auch bei diesem unnützen Großprojekt übergangen und Alternativen wurden bewusst ignoriert. Die Baustelle wurde bereits zur "Nationalen Baustelle" erklärt, was zur Folge hat, dass sie offiziell militärisch gesichert und bewacht wird. Auch im Susatal wird die Polizei und sogar das Militär dazu benutzt ein unnützes Großprojekt zu sichern, anstatt dass sie die Bevölkerung vor den Spekulanten und Umweltzerstörer schützt.

Wir möchten den Aktivisten im Susatal signalisieren, dass sie nicht alleine im Kampf gegen Korruption, Machtmissbrauch und verbrecherischen Kapitalinteressen sind und sind mit ihnen auch in diesen schweren Stunden solidarisch.

Wir fordern die Verantwortlichen in Italien und anderswo auf, alle Bautätigkeiten im Zusammenhang mit der geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecke im Susatal und anderswo umgehend und endgültig einzustellen und die Polizeieinsätze sofort zu stoppen.

A SARA DURA („es wird hart“)

Wenn Du mit den Menschen im Susatal solidarisch sein möchtest, kannst Du diese Erklärung unterschreiben. Wir werden diese an die MitstreiterInnen gegen unnütze Großprojekte ins Susatal weitergeben.

Via Arbeitskreis “Stuttgart 21 ist überall -“ S21 international-


Siehe auch unsere weiteren Beiträge zum Val di Susa:

Links zu verschiedenen Initiativen gegen den TAV:

kritisch-lesen.de Nr. 14 Kapitalismus, Märkte, Krisen

Foto: © Jörg Möller
Krisenzeiten sind Zeiten der Veränderung. Veränderung, nicht notwendig hin zum Guten und zur Linken. Wenn Bundeskanzlerin Merkel für ihre Politik weithin Zustimmung erntet, und wenn die SPD von Austeritätspolitik nicht lassen will, dann ist die Frage durchaus berechtigt, ob die Menschen in diesem Land die Tragweite der aktuellen Ereignisse wirklich erkannt haben. Und doch zeichnet sich ein Wandel ab, zwar nur sehr sanft und sicher nicht weitreichend genug, aber doch deutlich: Das neoliberale und marktradikale Konzept des Kapitalismus ist gescheitert. Liberale, die Steuersenkungen fordern, werden nicht mehr ernst genommen, Teile der SPD gefallen sich in exzessiver Selbstbezichtigung und selbst Merkel und Sarkozy sprechen sich für eine Finanztransaktionssteuer aus. Der Beispiele gäbe es noch sehr viel mehr. Zeit also, über Krise, Kapitalismus und Neoliberalismus nachzudenken. Diese Ausgabe von kritisch-lesen.de hat einen wirtschaftspolitischen, einen polit-ökonomischen Schwerpunkt. Er setzt an der aktuellen Krise an, geht aber auch darüber hinaus und stellt grundsätzlicher die Frage nach vermeintlichen polit-ökonomischen Wahrheiten und deren Entzauberung.

Das Scheitern des Neoliberalismus stellt Patrick Schreiner in seiner Rezension von John Cassidys How Markets Fail in den Mittelpunkt. Dabei macht er deutlich, dass selbst ohne eine klare linke Positionierung des Autors diese Analyse des modernen Kapitalismus mit Gewinn gelesen werden kann – und dies gerade auch vor dem Hintergrund der bis weit ins bürgerliche Feuilleton reichenden Debatte um das Scheitern bestimmter Schulen der Wirtschaftswissenschaften. In ähnlicher Weise zeigt Martin Koch in seiner Besprechung von Elmar Altvaters Krisenanalyse Der große Krach auf, dass und wie der Neoliberalismus gescheitert ist. Altvaters Buch zeigt detailliert die Ursachen und den Verlauf der aktuellen Finanzkrise auf. Ein Vergleich beider Rezensionen macht dabei das fruchtbare Spannungsverhältnis deutlich, das zwischen der Analyse des linksliberalen US-Journalisten Cassidy und des linken deutschen Politikwissenschaftlers Altvater besteht. Kai Eicker-Wolf stellt anschließend in seiner Rezension von Georg Fülberths kleinem Bändchen Das Kapital kompakt einen Versuch vor, das Marxsche Denken in einführender Form als Alternative zu gängigen Kapitalismusanalysen wie auch zum wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream (wieder) in Stellung zu bringen. Auch Fritz Güde zeigt in seiner Besprechung von David Harveys Der neue Imperialismus auf, dass ältere Begriffe und Theorien linker Kapitalismusanalyse keineswegs eingemottet gehören. Gerade der Imperialismusbegriff, von Harvey neu und in erfrischender Weise reaktiviert, zeige sich als erklärungsstarkes Instrument. Der Schwerpunkt schließt mit zwei Rezensionen, die spezifische Erscheinungsformen eines vermeintlich alternativen Wirtschaftens unter die Lupe nehmen – und bei denen von einer Krisenanalyse im engeren Sinne nicht mehr gesprochen werden kann. Ismail Küpeli zeigt anhand von Gerhard Klas kritischer Analyse der Mikrofinanz-Industrie, dass Kleinkredite keineswegs ein gelungenes Instrument zur Armutsbekämpfung darstellen. Patrick Schreiner setzt sich in seiner Rezension von Irmi Seidls und Angelika Zahrnts Postwachstumsgesellschaft kritisch mit den aktuellen wachstumskritischen Debatten auseinander. Er versteht diese als „gefährlichen Wolf im (manchmal antikapitalistischen) Schafspelz“, was auch Seidls/Zahrnts Sammelband einmal mehr deutlich mache.

Außerhalb des Schwerpunkts rezensiert Gabriel Kuhn Und wir bewegen uns noch von Robert Foltin zu jüngeren sozialen Bewegungen in Österreich. Das Buch sei eine „Fundgrube an Information zu linken Diskussionen und linkem Widerstand“. Sebastian Friedrich stellt anschließend das Buch Rassismus von Wulf D. Hund vor, das zwar hervorragend die historischen Zusammenhänge und Kontinuitäten bei der Konstruktion von Stereotypen darstelle, aber in der vorgeschlagenen Rassismustheorie zu kritisieren sei. Sebastian Kalicha nimmt abschließend die Darstellung von Rebellionen von Heugabel bis Kalaschnikow in dem Buch „Der große Traum von Freiheit“ genauer unter die Lupe.

(Pro)feministischen Leserinnen wird nicht entgangen sein, dass in dieser Ausgabe weiblich sozialisierte oder identifizierte Autorinnen nicht vertreten sind. Selbstkritisch müssen wir dazu anmerken, dass dies nur die Zuspitzung einer Tendenz zu unausgewogenen Geschlechterverhältnissen unter den Rezensent_innen von kritisch-lesen darstellt – eine Tendenz, die wir in Zukunft ändern wollen und verstärkt berücksichtigen werden.

Hier gehts zur kompletten Ausgabe

Junge Welt: Motivationen und seltsame Allianzen

Um die Frage der Entlohnung in der Tageszeitung "junge Welt" ist eine inzwischen auch im Internet geführte Auseinandersetzung ausgebrochen. Ausgangspunkt war die Frage, ob es in einem linken Projekt wie der "jungen Welt" eine der Arbeit in bürgerlichen Medien vergleichbare Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen geben kann. Dies wurde von Rainer Balcerowiak, der in der jungen Welt über Gewerkschafts-, Verkehrs- und Sozialpolitik berichtete, eingefordert. Unter dem im Blog "duckhome" geposteten Titel "Junge Welt - Da grinst Stalin freundlich aus seiner Gruft" wurde die Auseinandersetzung dann auch öffentlich. Die Frage, wieso ein Redakteur zuvor offenbar ohne größeren Widerspruch mehr als 11 Jahre in einem linken Betrieb auf Grundlage von allen dort Beschäftigten bekannten Haustarifvertrag und Betriebsvereinbarungen arbeitet, wird darin nicht beantwortet. Der Titel macht zugleich deutlich, dass es sich offenbar längst nicht mehr um ein sachliche Auseinandersetzung um die Frage handelt, ob und wie unter kapitalistischen Bedingungen eine Zeitung wie die "junge Welt" nicht nur überleben, sondern die an ihrem Entstehen unmittelbar Beteiligten auch noch leben können.

Eine Frage, die von den meisten der an der Diskussion Beteiligten mit Sicherheit nicht nur mit der Bestätigung der Erkenntnis beantworten würden, dass jeder Lohn auf einem Ausbeutungsverhältns beruht, es also zugleich auch keinen "gerechten" Lohn gibt. In den allermeisten linken Projekten bezieht sich deshalb die Frage der Vorwegnahme einer befreiten Gesellschaft darin daher auch auf die Frage des Bewußtseins, genau deshalb "alles zu geben", um "alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist." 

Wäre ein erträgliches Einkommen in einem genossenschaftlich betriebenen linken Projekt und damit die Lösung der Lohnfrage hier und heute möglich - wozu dann noch eine Umwälzung? Wenn das so wäre könnten sich die meisten dieser Projekte von Zeitungen, Verlagen, anderen Medienschaffenden, Organisierungen und AktivistInnen, linken Zentren, usw. vor Unterstützung wohl kaum retten. Welches dieser Projekte kommt ohne Selbstausbeutung seiner Beteiligten aus? Genau zu dem Punkt schweigen sich denn auch bezeichnenderweise gerade diejenigen aus, die es statt dessen nötig haben, diese nicht ganz unwichtige Frage mit Stalin in Verbindung zu bringen, gleichzeitig aber durchaus auf bürgerliche "Sittenwidrigkeit" und "Klärung" der Widersprüche vor ebenso bürgerlichen Gerichten abfahren.

Die Selbstausbeutung der Beteiligten erfordert die Solidarität der Linken und muss kritisch gesehen und problematisiert werden. "Nach gleicher oder gar gerechter Entlohnung auf Basis des Lohnsystems rufen, ist dasselbe, wie auf Basis des Systems der Sklaverei nach Freiheit zu rufen." Die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen in linken Projekten haben in erster Linie eben mit den kapitalistischen Bedingungen, unter denen sie stattfinden zu tun und nicht damit, dass - wie im Falle der "junge Welt" - diese unter zu hohen Einnahmen leidet. Deshalb kann die Antwort nur lauten: "junge Welt" stärken - Kapitalismus bekämpfen. Möglichkeiten dazu gibt es genug. Nur sollte vom herrschenden System kein roter Teppich erwartet werden. Allerdings profitiert dieses als einziges von der gegenwärtigen Art des Diskurses.

Siehe dazu:

cronjob