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Zitat des Tages

„Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“
(Bert Brecht)

Sie leben!

Buchcover
Gestern hatte ich Post von Unrast bekommen und gleich "Nachtschicht" eingelegt, um mir die ersten Beiträge im vom ak wantok herausgegebenen neuen Buch "Perspektiven autonomer Politik" reinzuziehen: Das Interview mit Wolf Wetzel beispielsweise zur Frage autonomer Theoriearbeit, deren Zusammenhang zur Praxis und zu den Möglichkeiten und Notwendigkeiten autonomer Perspektiven. Zu Wort kommen aber auch jüngere ProtagonistInnen, die darüber diskutieren, was für sie die autonome Subkultur ausmacht oder Leute vom Versand "Fire and Flames", von "Disorder" und "Red Stuff", die zum autonomen Lifestyle und wie und ob die die Bedienung dieser Bedürfnisse mit Kapitalismuskritik verträgt befragt werden.

Angesichts der sonst trotz Ellenlänge großteils wenig vorwärtsweisenden Texte in anderen Publikationen ist das Buch längst überfällig gewesen, zumal es seit den 1990er Jahren (nach "Drei zu Eins", "Feuer und Flamme 2", "Glut und Asche", den Autonomiekongressreadern, den es auch als Reprint gibt und den l.u.p.u.s. Büchern "Geschichte, Rassismus und das Boot. Wessen Kampf gegen welche Verhältnisse" und "Lichterketten und andere Irrlichter - Texte gegen finstere Zeiten") kaum derart umfangreiches Material gab. Das Buch freut mich - besonders auch deshalb, weil es ja die durchaus verbreitete Meinung gibt, dass es keine Autonomen mehr gebe bzw. sie - außer in Griechenland usw. - keine Rolle mehr spielen. Und weil es angesichts der Themenvielfalt zeigt, dass noch einiges in der Bewegung steckt, wenn es entsprechend reflektiert wird. In dem Sinne bin ich auf den Rest der Beiträge sehr gespannt.

Der ak wantok hat in diesem Buch an die 50 Beiträge vereint, die sich mit der Geschichte, vor allem aber mit der Gegenwart und Zukunft der autonomen Bewegung auseinandersetzen. Der Textsammlung liegt die Überzeugung zugrunde, dass die autonome Bewegung nicht nur ein bedeutendes Kapitel in der neueren Geschichte linksradikalen Widerstands in Europa darstellt, sondern dass sie einen Rahmen geschaffen hat, der auch zukünftig das Schaffen und Verteidigen gegenkultureller Räume ebenso ermöglichen und stärken kann wie den Kampf gegen Herrschaft, Unterdrückung und Ausbeutung. Aus der Einleitung: "Autonome Diskussionen finden auf Treffen statt, auf Veranstaltungen und Demos, in Szeneblättern und Internet-Foren. Sie sind breit gefächert, vielfältig und komplex, und das ist gut so. Manchmal jedoch scheinen den Diskussionen gemeinsame Referenzpunkte zu helfen, die Debatten zusammenfassen, zueinander in Beziehung setzen und in historische Zusammenhänge rücken. Dies kann zu mehr Klarheit führen, noch einmal neue Perspektiven ermöglichen und Grundlagen für weitere lebendige Diskussionen schaffen." (Verlagsankündigung)


ISBN: 978-3-89771-500-4
Ausstattung: br., 406 Seiten
Preis: 18.00 Euro

Niemand ist vergessen! In Gedenken an Dieter Eich

Im Rahmen der Gedenkaktivitäten anlässlich des 10. Todestages von Dieter Eich, die am 23. Mai 2010 ab 14 Uhr in Berlin-Buch ihren Höhepunkt in einer Gedenkdemonstration finden werden, wurden auf Indymedia einige Texte rund um den Nazimord und den politischen Kontext des Mordes veröffentlicht:

1. Teil der Artikelserie: "Der Mord an Dieter Eich"
2. Teil der Artikelserie: Rechte Gewalt und ein “unpolitischer Messerstoß-?
3. Teil der Artikelserie: „Asozial“ - Über die staatliche Legitimierung zu Morden
4. Teil der Artikelserie: Abwertung und Gewalt gegen „Asoziale“
5. Teil der Artikelserie: Zwangspsychiatrie - Kontinuitäten und Brüche
6. Teil der Artikelserie: Arbeit, Arbeit, nichts als Arbeit...
7. Teil der Artikelserie: Kein Platz für Schmarotzer

Interview von Radio Corax: Nazimorde & soziale Ausgrenzung

Kürzlich erschien ein Mobilisierungsvideo zu der Demo:



via racethebreeze / Lahnix

"Offene Mail" an die Verantwortlichen für das Demokratieabbauprojekt "Stuttgart 21"

Morgen findet ab 18:00 Uhr vor dem Nordausgang des Stuttgarter Hauptbahnhofs die inzwischen 27. Montagsdemo gegen das Projekt "Stuttgart 21" statt. Die Teilnehmerzahlen sind langsam am Wachsen. Mittlerweile kommen fast regelmäßig mehr als 4000 Menschen.

Gestern wurde via Parkschützer eine "offene Mail" an die Bundeskanzlerin Merkel, Verkehrsminister Ramsauer, den SPD-Parteivorsitzenden Gabriel, den baden - württembergischen Ministerpräsidenten Mappus, die PolitikerInnen aller Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat, im Landtag und im Bund sowie an den Bahnchef Dr. Grube veröffentlicht:
Stuttgart, den 15. Mai 2010

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrter Herr Verkehrsminister Ramsauer, sehr geehrter SPD-Parteivorsitzende Gabriel, sehr geehrter Herr Ministerpräsident Mappus, sehr geehrte Politiker aller Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat, im Landtag und im Bund, sehr geehrter Bahnchef Dr. Grube,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Inzwischen ist das Projekt Stuttgart 21 und der täglich wachsende Widerstand in Stuttgart deutschlandweit in den Fokus der Medien geraten. Größtenteils sind Medienecho und Einschätzung von Experten zu S 21 verheerend: in vielerlei Hinsicht. Tausende sich von den Projektbetreibern DB AG, Stadt, Land und Bund getäuscht fühlende Bürger jeglichen Alters, sozialer Schicht und unabhängig von parteipolitischer Orientierung organisieren sich zum Widerstand, unter anderem bei den Parkschützern (inzwischen knapp 14.000 registriert) - als Teil des Aktionsbündnisses gegen S 21. Ein deutschlandweit einmaliger kurioser Vorgang: das demographische und sozioökonomische Querschnittsprofil der Bevölkerung so präzise abbildend in seiner Vielfältigkeit. Ein mehr als deutlicher Hinweis, dass hier etwas gewaltig schief läuft. Diese Bürger und Wähler, in der Regel über das Projekt bestens informiert, empfinden sich berechtigterweise als Spielball für ein Abenteuer mit erheblichen Zerstörungen und Risiken für Stadt mitsamt völlig ungewissem Ausgang. Als Spielball für die Durchsetzung von Partikularinteressen, für die ihnen die Mehrheit der Wahlberechtigten keinerlei Mandat gab -“ unabhängig davon, welche Partei sie wählten und ob sie überhaupt wählten.

An die Projektbetreiber möchten wir ausrichten: der jahrelange Protest, die seit November 2009 stattfindenden wöchentlichen frühabendlichen Montagsdemonstrationen mit tausenden Teilnehmern, zusätzlich die Demonstration im Schlosspark am 24. April mit über 10.000 Teilnehmern sowie zahlreiche andere Protestveranstaltungen, die unzähligen Briefe, Appelle und ähnliches, die Sie unter anderem auch von uns erhielten und die inzwischen ganze Bibliotheken füllen können, wurden bisher auf unerträgliche Art ignoriert. Seit der Kommunalwahl im Juni 2009, bei der in Stuttgart die Grünen überraschend stärkste Fraktion wurden, befindet sich OB Schuster, der sein 2004 gegebenes Wahlversprechen zum Bürgerentscheid gebrochen hat, auf der Flucht im Exil zu Repräsentationszwecken auf Steuerkosten. Während im Rathaus, dem er als OB vorsteht, nicht nur in seiner CDU-Fraktion der Karren vor die Wand fährt und in Stuttgart der soziale Friede bedroht ist. Wenn ein öffentlicher OB-Termin in der Stadt nach vielen Monaten nicht zu umgehen ist, wie letzten Freitag (7. Mai) auf dem Marktplatz, wird er von bereits aktiven S 21 Gegnern ausgepfiffen, und wenn diese vor der Abschlussrede geschlossen den Platz verlassen, ist dieser bis auf ein paar spielende Kinder komplett leer. Die (bisher noch) nicht protestierende Bürgerschaft hat sich schon lange in weiten Teilen von dem OB abgewendet.

Die mit dem Projekt verbundenen Zerstörungen und Risiken sowie die Versenkung von Milliarden unserer Steuergelder, entnommen aus leeren Kassen, nehmen wir nicht hin: in einer Stadt, in der Turnhallen und Klassenräume wegen Einsturzgefahr gesperrt sind, Eltern in den Schulferien Klassenzimmer renovieren, in der auf Straßen und Trottoirs wadentiefe Schlaglöcher zu Verletzungen von Fußgängern und Radfahrern führen, in der gewaltige Herausforderungen mit knappsten Mitteln zu bewältigen sind und überall Kürzungen anstehen. Da sich bisher im Stuttgarter Gemeinderat sowie im Landtag CDU, SPD, FDP und Freie Wähler für das Projekt aussprechen, bleiben bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg im kommenden März dem Wähler nur wenige Optionen -“ und dass S 21 dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielt, nicht nur im Großraum Stuttgart, ist unbestritten. Die Aufklärung über das Projekt schreitet unaufhörlich voran, nicht zuletzt durch unseren Druck, und mobilisiert täglich mehr Bürger.

Die große Mehrheit der Bürger will eine Renovierung und Ertüchtigung des bestehenden Kopfbahnhofes sowie die Optimierung des Gleisvorfeldes und wird darin in der großen Mehrheit der Experteneinschätzungen bestärkt. Es ist in vielerlei Hinsicht erwiesen, dass das Projekt S 21 bahnlogistischer Unsinn ist, der Engpässe schafft, wo bisher keine da sind. Wir haben einen der pünktlichsten Bahnhöfe in Deutschland und einen der leistungsfähigsten Kopfbahnhöfe Europas -“ trotz jahrzehntelanger Vernachlässigung von Bausubstanz und Gleisvorfeld durch die DB AG bei gleichzeitigem kontinuierlichen Kassieren von Steuermitteln des Bundes zum Erhalt der denkmalgeschützten Bausubstanz. Unzumutbar ist der Frevel an der Stadt, an ihrer denkmalgeschützten Architektur, an ihren historischen Parkanlagen in den Schlossgärten (PFA 1.1) und im Rosensteinpark (PFA 1.5), für die Naherholung der von Feinstaub und sommerlicher Hitze geplagten Bewohner im Stuttgarter Kessel so wichtig. Unzumutbar ist der Frevel an ihrer Kultur und an ihrer, an unserer aller Geschichte, an ihrem und unserem Gedächtnis. Unzumutbar sind die Risiken für Mineralquellen, die geologischen Risiken durch 66 km Tunnelstrecken in der dicht besiedelten Stadt, viele Kilometer davon in quellfähigem Anhydrit. Unzumutbar ist die Lähmung der Stadtentwicklung, wenn so viele Kilometer über so viele Jahre untertunnelt werden und die DB AG per Vetorecht städtebauliche Maßnahmen über viele Jahre blockiert (wie bereits jetzt im Vorfeld unter anderem am Killesberg geschehen). Unzumutbar ist der Baubeginn, obwohl weite Bereiche (PFA 1.3, PFA 1.6) nicht planfestgestellt sind und viele sicherheitsrelevante Ausnahmegenehmigungen (bzw. Ausnahmegenehmigungen von der Ausnahmegenehmigung) nicht erteilt sind -“ mitsamt Finanzierung. Von den massiven Auswirkungen in der möglicherweise zwei Jahrzehnte langen Bauphase (z.B. durch Deckelung der jährlichen Mittelzuflüsse des Bundes inklusive Bauverzögerung), der Gefahr der Entstehung einer Bauruine im amputierten Herzen der Stadt und vom finanziellen Schaden und Risiko einmal ganz abgesehen -“ so bezeichnet es in diesen Tagen der FDP (!) Gemeinderats- und Kreisvorsitzende Jens Hagen in Villingen-Schwenningen so: „Stuttgart 21 ist unser kleines Griechenland in Baden-Württemberg.“ Wo er Recht hat, hat er Recht. Doch selbst wenn es nichts kosten würde, auch dann wäre dieses Projekt grober Unsinn und ein Frevel an der Stadt, oder wie es Prof. Gerhard Stadelmaier am 10.12.2009 in seinem Artikel in der FAZ („Krieg den Grasdackeln“) beschreibt:

„Eben diese Hallen der Bonatz-Herrlichkeit sollen, wie gestern der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn bekräftigt hat, jetzt geschleift, sollen zusammen mit dem gesamten Heimat-Kopfbahnhof amputiert werden! Nur damit es durchgehende, kopflose Gleise tief unter der Erde gebe und droben auf dem dann gleisfreien, geschändeten Gelände, kopflose, durchgehende Konsumbauten entstehen, die alle zusammen den durchgehenden Namen „Stuttgart 21“ tragen („Stuttgart 00“ wäre wohl angemessener), erdacht von durchgeknallten Politikern (ganz oben ein gerade noch amtierender und ein kommender Ministerpräsident) und von durchgeknallten Bahn-Profitmachern („Grasdackel“, wie man so etwas dortzulande nennt). Diese planen mit dem Geld, das sie nicht haben und nie haben werden (also mit „Schulden wie die Sautreiber“, wie man dortzulande so etwas nennt), einen völligen megalomanen Unfug ins Blaue hinein, machen dafür aber ein solide Gewachsenes, Schönes, Tolles, Heimatliches, Wunderbares kaputt - oder „hee“, wie man dortzulande sagt. Es klingt wie „weh“. Also: Krieg den Grasdackeln! Friede den Kopfbahnhöfen!“

An die politischen Projektbetreiber und an die DB AG gerichtet: Worauf warten Sie? Auf ein zweites Gorleben in der Innenstadt Stuttgarts im Herbst, wenn Seitenflügel fallen und die zentralsten Bereiche der historischen Schlossgärten zerhackt werden sollen, wenige Monate vor der Landtagswahl? Damit die von massiven Kürzungen betroffene Polizei sowie die um die Zukunft dieser Stadt zu Recht besorgten Bürger das ausbaden sollen, was auf politischer Ebene versäumt wurde? Es sind aufmerksame Bürger, die über viele Jahre mit bunten steuerfinanzierten Werbebroschüren des OBs, in denen nachweisbar mindestens jeder zweite Satz unwahr ist, sowie inhaltsleeren Versprechungen, bestens dokumentiert, getäuscht wurden. Warten Sie auf Bilder in der Tagesschau, in denen die 78-jährige Rentnerin und ehemalige Schulleiterin, die bis 2009 in ihrem ganzen Leben noch nie auf einer Demo war, von Sondereinheiten der Polizei angekettet vom Baum weggefräst wird? Oder Bilder des 39-jährigen Steuerberaters, der bei den Bundestagswahlen FDP gewählt hat, der gemeinsam mit dem Anhänger der Linken, der unpolitischen Esoterikanhängerin, dem CDU-nahen Prokuristen, dem frustrierten Ex-SPD-Mitglied beim Bosch, dem grünen Architekten, dem politisch uninteressierten Hip-Hop-Anhänger, dem gestressten Informatikstudenten, dem Attac-Aktivisten sowie dem Hals-Nasen-Ohren Arzt im Viertel gemeinsam an Stahlrohre gekettet um den Baum hängen oder sich in der Sitzblockade eng machen und: “Wehrt euch, leistet Widerstand...“ singen?

Wo an anderer Stelle die politische Kultur kollabiert, scheint Basisdemokratie hier in der Stadt eine Wiedergeburt zu erleben -“ ganz und gar nicht auf das politisch linke Spektrum der 68er begrenzt, da in der Tendenz auch sehr mittig: ein breites Bündnis, das Segmentierung durch soziale Schicht, Alter, politische Orientierung mühelos überwindet, das durch Kommunikation und Wertschätzung in einem auf Herz und Vernunft basierenden ziel- und sachorientierten Miteinander verbunden ist. Tausende Bürger, die jeder einzeln mehr Verantwortungs¬ bewusstsein, Rückgrat, Mut und Kenntnisstand an den Tag zu legen scheinen, als ein guter Teil der gewählten politischen Entscheidungsträger in der Summe? Bilder in der Tagesschau von um Stadt und freiheitlich demokratische Grundordnung berechtigterweise besorgte Bürger, die wegen Unfähigkeit, Raffgier, Verantwortungslosigkeit in Teilen von Politik und Wirtschaft gepaart mit Maulkorbzwang und Duckmäusertum in Teilen der unteren politischen Ebene nicht nur auf unerträgliche Weise getäuscht und im Rahmen eines Coups auf das Herz der Stadt, eines Coups auf unsere Steuergelder, aus leeren öffentlichen Haushalten geplündert, auf die Straße gehen, um unser aller Erbe zu schützen, notfalls auch mit ihrem Körper, und dabei auch noch „kriminalisiert“ werden? Wo, bitte, leben wir? Was ist dabei, aus dieser Stadt, aus diesem Staat zu werden?

Dieses „neue Herz Europas“ wird hier nicht gebraucht und nicht gewollt. Das Herz der Stadt, innig verbunden mit dem Herz seiner Bürger, ist gut und richtig, wie es ist. Ein Eingriff ohne Zustimmung ist ein Angriff, eine Körperverletzung und hat mit demokratischer Legitimation nichts zu schaffen. Dieses Projekt ist ein Untergrundprojekt, in dem im fünfzehnjährigen Schatten von Desinformation Nachtschattengewächse skurrilste Blüten treiben, die das Licht und die Wärme der Sonne scheuen. Doch aus dem Herzen Schwabens, diesem Land der Dichter und Denker, sei an das „Stadtkind“ Friedrich Schiller erinnert: „Sie sollen kommen uns ein Joch aufzuzwingen, das wir entschlossen sind, nicht zu ertragen.“

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrter SPD-Parteivorsitzende Gabriel, nicht zuletzt im Hinblick auf die Landtagswahl kommenden März in Baden-Württemberg bitten wir Sie, sich der Sache S 21 anzunehmen. Sie haben Expertenteams, die Sie hoffentlich gut und umfassend informieren können, da zumindest ein guter Teil der Fakten, Zerstörungen, Risiken sowie vielfältige Experteneinschätzungen jenseits von Prof. Martin und Prof. Heimerl bekannt sind -“ auch wenn viele zur Einsicht geforderten Dokumente bei der DB AG unter Verschluss gehalten werden. An alle Fraktionen und an die DB AG appellieren wir erneut: Setzen Sie sich zusammen und finden Sie einen Weg, um gemeinsam aus dieser nach unserer sicheren Einschätzung grotesken und unwürdigen Schmierenkomödie S 21 auszusteigen. Sie befinden sich in der ungewöhnlich komfortablen Lage, dass viele Experten in jahrelanger Arbeit in einem von unseren Spendengeldern finanzierten Aktionsbündnis Ihnen mit K 21 auch noch ein, im Detail sicherlich noch auszuarbeitendes, doch allgemein als Denkidee für gut und im Kern sinnvoll befundenes Alternativmodell, mit Anschluss an eine potentielle Neubaustrecke Wendlingen-Ulm, entworfen haben -“ kein Vergleich zu dem Wahnsinn mit halb-unterirdischem, störanfälligen, beengten und risikoreichen Wahnhof, den Sie in 15-jähriger Untergrundplanung uns Bürgern der Stadt Stuttgart mit S 21 vorsetzen und zumuten wollen.

Mit freundlichen Grüßen,

Mark Pollmann (Diplom-Geograph)
Markus Mauz (Rechtsanwalt)
Weitere Infos unter www.kopfbahnhof-21.de  www.leben-in-stuttgart.de  www.parkschuetzer.de  www.s-oe-s.de

Montag den 17. Mai 2010 um 19:30 Uhr ist im Rathaus großer Sitzungssaal eine Veranstaltung zum Thema "Stadtplanung und Denkart unserer Stadt". Da Stuttgart 21 vor allem ein Städtebauprojekt ist, will diese Fachveranstaltung mit den Referenten über Chancen und Risiken der geplanten Stadtentwicklung informieren und die Grundsatzfrage diskutieren: „In welcher Stadt wollen wir leben?“  Veranstalter ist das Bündnis K21 - ja zum Kopfbahnhof und die Fraktionsgemeinschaft SÖS / LiNKE

Filmtipp: "So jung kommen wir nicht mehr zusammen"

Vor einigen Tagen kam der Filmtipp bereits beim Kraftfuttermischwerk, inzwischen rückt die Aufführung des Filmes "So jung kommen wir nicht mehr zusammen" von Vera Vogt näher, deshalb hier nochmal der HInweis: Er wird am 8.Juni um 17.30 Uhr beim Filmfest Stuttgart / Ludwigsburg im Cinemaxx auf dem Bosch Areal, Kinosaal 3, gezeigt.



Siehe auch den SPON Beitrag "Du kannst es machen, wenn du willst"

Erklärung des Ya-Basta-Netz zur Repression in Oaxaca

Zum Überfall auf eine humanitäre Delegation im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca, bei dem zwei Menschen ermordet wurden, veröffentlichte das YA BASTA Netz folgende Erklärung:
An die mexikanische und internationale Zivilgesellschaft
An die mexikanischen und internationalen Medien
An die compañeros y compañeras, die links unten kämpfen
An die Familienangehörigen, Freund_innen und Kollektive von Bety und Jyri

Von Deutschland aus zeigen wir unsere Bestürzung und tiefe Trauer über den Angriff auf die Teilnehmer_innen der Unterstützungs- und Solidaritätskarawane auf dem Weg zum Autonomen Landkreis San Juan Copala, in Oaxaca, Mexiko, am 27. April.

Die seit Jahren herrschende politische Gewalt in der indigenen Region Triqui eskaliert, seit die PRI-Organisationen die autonome Organisation MULT-I attackieren, welche in der Folge des Aufstandes von 2006 entstanden ist. Seit dem 1. Januar 2007 hat MULT-I das Dorf San Juan Copala zum autonomen Bezirk erklärt. Die Region ist seit Jahrzehnten Hochburg der PRI, welche mit aller Gewalt die Kontrolle behalten will. Die Bewohner_innen von San Juan Copala leiden unter der Repression der Paramilitärs der so genannten Vereinigung für Sozialen Wohlstand der Triqui-Region (UBISORT), die der PRI nahe steht. Seit Januar 2010, so wird berichtet, ist die Gemeinde von der Außenwelt abgeschnitten sowie ohne Wasser- und Stromversorgung, zudem gibt es keine Lehrer_innen und medizinische Versorgung.

Aufgrund dieser Situation wurde eine Unterstützungs- und Solidaritätskarawane gebildet, an der 22 Leute aus verschiedenen Menschenrechtsorganisationen teilnahmen. Neben der Begleitung von Lehrer_innen zurück in die Gemeinde führte die humanitäre Karawane Lebensmittel und Medikamente mit sich. Die Mitglieder der Karawane gehörten zum Zentrum für kommunitäre Unterstützung und gemeinsames Arbeiten (CACTUS), zu „Oaxaquenische Stimmen, die Autonomie und Freiheit schaffen“ (VOCAL), der Sektion 22 der Lehrer_innengewerkschaft und anderen zivilen Organisationen aus Oaxaca. Am Mittag des 27. April griff eine bewaffnete Gruppe der UBISORT die Karawane an. Sie ermordeten zwei Menschen, mehrere erlitten schwere Verletzungen. Obwohl der Sprecher der UBISORT einen Tag vor dem Angriff offen drohte, dass sie mit allen Mitteln die Ankunft der Karawane in San Juan Copala verhindern würden, unternahm die oaxaquenische Regierung nichts zur Sicherheit der Karawane.

Wir glauben, dass der Zeitpunkt der Eskalation kein Zufall ist, beginnt doch am 2. Mai der Wahlkampf für die Gouverneurswahlen von Oaxaca. Gemäss letzten Umfragen liegt der Oppositionskandidat Gabino Cué klar in Führung vor dem PRI-Kandidaten Eviel Pérez Magaña. Die PRI regiert seit 80 Jahren ununterbrochen. Menschenrechtsorganisationen warnten davor, die PRI könnte ein Klima der Angst erzeugen, um so die Wahlen doch noch zu gewinnen. Wir machen zudem die Regierung von Felipe Calderón für die Straflosigkeit und Gewalt verantwortlich. In seiner Amtszeit hat sich die Menschenrechtssituation dramatisch verschlechtert. Der Kampf gegen den Drogenhandel, der im Januar 2007 ausgerufen wurde, hat mittlerweile 22.700 Menschenleben gekostet.

Wir verurteilen den Angriff auf die mexikanischen und internationalen Teilnehmer_innen der humanitären Karawane aufs Schärfste.

Der Tod unserer compañerxs Beatríz Cariño Trujillo, Direktorin von CACTUS, und von Jyri Jaakkola, Aktivist von Uusi Tuuli Ry (Neun Winde) erfüllen uns mit Trauer.

Wir möchten den Familienangehörigen, compañerxs, Freund_innen und Kollektiven von Bety und Jyri unser Beileid ausdrücken und schicken ihnen eine solidarische Umarmung. Sie sollen wissen, dass sie in diesen schweren Stunden nicht allein sind.

Bety und Jyri, wir werden Euch nie vergessen! Wir werden für Gerechtigkeit kämpfen und den Kampf fortführen!

Wir fordern eine umfassende Untersuchung der Vorfälle, die Bestrafung der Verantwortlichen und derjenigen, die hinter dem Angriff auf die Unterstützungs- und Solidaritätskarawane nach San Juan Copala stecken, sowie ein Ende ihrer Aktivitäten.

Stopp den Angriffen auf die Bewohner_innen von San Juan Copala, auf mexikanische und internationale Aktivist_innen und die der Anderen Kampagne. Schluss mit der Straflosigkeit!

Ya-Basta-Netz


ya-basta-kontakt@riseup.net
www.ya-basta-netz.de.vu
Siehe auch: Erklärung der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko, dokumentiert bei der Tageszeitung "junge Welt"

Interview zum revolutionären 1. Mai 2010 in Stuttgart

Mobilisierungsplakat zum revolutionären 1. Mai 2010 in Stuttgart
Bereits im 7. Jahr in Folge wird es 2010 in Stuttgart eine Revolutionäre 1. Mai Mobilisierung geben. Eine Vertreterin der Revolutionären Aktion Stuttgart informiert im Interview über die diesjährigen Planungen.

Stattweb: Zunächst vielleicht ein kurzer Rückblick. 2004 wurde in Stuttgart die Tradition eigenständiger revolutionärer Demonstrationen am 1. Mai wieder aufgenommen. Ihr habt sie damals initiiert und seitdem in jedem Jahr mitgetragen, wie verliefen die Mobilisierungen seither aus Eurer Sicht?

Eva: Als 2004 erstmalig seit mehreren Jahren am 1. Mai wieder eine Revolutionäre Demo in Stuttgart organisiert wurde gab es natürlich große Skepsis. Berlin und Zürich, aber auch Nürnberg, sowie die Aktivitäten gegen die verschiedenen Nazi-Aufmärsche am 1. Mai ziehen immer auch aus der Region Stuttgart Leute an. Daher war nicht klar ob sich an diesem Termin überhaupt eine größere Anzahl Leute mobilisieren lässt. Dazu kam, dass ein Teil der sich als antikapitalistisch begreifenden Organisationen zur DGB Demo mobilisiert und aus verschiedenen Gründen nicht zu einer eigenständigen revolutionären Demo.
Die Skepsis ist allerdings recht schnell verflogen und die Revolutionäre 1. Mai Demo hat sich hier ebenso wie das anschließende Fest etabliert. Es nahmen immer mehrere hundert Menschen teil und die Mobilisierung in Stuttgart gehört mittlerweile zu den größten Revolutionären 1. Mai Demonstrationen bundesweit. Auch Repressalien wie Polizeiübergriffe auf die Demo und Strafverfahren gegen den Anmelder haben nicht zu einer Schwächung der Mobilisierung geführt.
Es wurde auch geschafft auf Schwierigkeiten zu reagieren. Im letzten Jahr wurden am 1. Mai z.B. etwa 200 Menschen nach Ulm zu Aktivitäten gegen den dortigen Naziaufmarsch mobilisiert. Am nächsten Tag haben sich dann immer noch mehrere hundert Menschen an einer revolutionären Demo in Stuttgart beteiligt.
Wir versuchen die Mobilisierung auch sonst immer möglichst abwechslungsreich zu gestalten, so wurden einmal z.B. während der Demo mehrere hundert DVDs verteilt. Darauf waren diverse Videos, Musik, Texte und Audiodateien zur Beschäftigung mit der Geschichte der revolutionären Linken zu finden. Dazu gab es im Vorfeld schon Open Air Kino Vorführungen, ein abwechslungsreiches Programm beim Fest am 1. Mai und kleine Agit-Prop Aufführunge bei der Demo. Es soll auch in diesem Jahr über eine normale Demo, die von A nach B läuft und dann zu Ende ist hinausgehen.
Wichtig ist auch, dass die Beteiligung bei den Demos erfreulich breit gefächert ist: es nehmen Leute aus sehr unterschiedlichen Spektren teil, die sich aber darin einig sind, dass der Kapitalismus überwunden und eine befreite Gesellschaftsordnung verwirklicht werden muss.

Stattweb: Gab und gibt es im Vorfeld der Demo auch wieder Aktivitäten und Veranstaltungen zur Mobilisierung?

Eva: Bisher gab es bei einigen Demos und Kundgebungen Stellwände zur Revolutionären 1. Mai Mobilisierung, etwa bei einer Kundgebung im Rahmen der Sozialproteste und beim Ostermarsch. Darauf waren Bilder und kurze Berichte der letzten Jahre zu finden und es wurden Flyer für die diesjährige Mobilisierung verteilt.
Veranstaltungen gab es im Vorfeld des 1. Mai zwei: Eine zur Kulturrevolution in China, bei der es um eine sachliche Auseinandersetzung mit den damaligen Erfahrungen ging. Wir halten dieses Kapitel linker Geschichte gerade im Hinblick auf eine Bekämpfung bürokratischer und kapitalistischer Entwicklungen innerhalb sozialistischer Revolutionen für recht wichtig.
Die zweite Veranstaltung ging um die Novemberrevolution 1918 und weitere bewaffnete Aufstände bis 1923. Hier wurde insbesondere die damalige Organisierung der revolutionären Linken thematisiert. Auch hier halten wir viele der damaligen Erkenntnisse für unseren heutigen Kampf für wichtig, etwa die Problematik des Fehlens einer starken revolutionären Organisation.
Generell hätten wir im Vorfeld des 1. Mai gerne noch mehr Veranstaltungen oder Mobilisierungsaktionen gemacht, es liefen und laufen aber einige weitere Aktivitäten die recht viele Kapazitäten verschlungen haben -“ unter anderem die Solidaritätsarbeit zum Prozess gegen sieben Antifaschisten, ein neues Hausprojekt und schon die Vorbereitung zweier Mobilisierungen im Juni und im Juli, einmal im Rahmen der bundesweiten Sozialproteste und einmal gegen ein öffentliches Gelöbnis in Stuttgart. Da bei diesen Aktivitäten aber auch viel diskutiert und erarbeitet wurde und sie in die 1. Mai Mobilisierung mit einfließen, ist es nicht weiter tragisch dass es dieses Jahr nicht noch für Aktionen wie ein Open Air Kino im Vorfeld o.ä. gereicht hat.

Stattweb: Welchen inhaltlichen Schwerpunkt, bzw. welche Stoßrichtung setzt ihr bei der diesjährigen Revolutionären 1. Mai Mobilisierung?

Eva: Im Rahmen der Initiative für einen Revolutionären 1. Mai, dem Bündnis in dem die verschiedenen Gruppen und AktivistInnen zum 1. Mai in Stuttgart arbeiten, wurde sich darauf verständigt, insbesondere die Notwendigkeit des Klassenkampfes in der kapitalistischen Krise zu thematisieren. Kurz zusammengefasst: Wenn versucht wird auf die Krisenerscheinungen des Kapitalismus mit Entlassungen, Kürzungen im sozialen und kulturellen Bereich, mit einer Verschärfung der Ausbeutung, der immer weiter reichenden Ausrichtung gesellschaftlicher Bereiche nach Kapitalinteressen, aber auch mit imperialistischen Kriegen zu reagieren, gibt es nur eine richtige Antwort -“ nicht zurückstecken, sondern dieser Politik den Kampf ansagen! Dieser Kampf muss natürlich im Bereich des politischen Widerstandes stattfinden, also bei Mobilisierungen gegen Krieg, Umweltzerstörung, die aktuelle Bildungspolitik etc. Er muss aber auch in den Betrieben, durch Arbeitskämpfe, die Vorbereitung politischer Streikaktionen und ähnliches geführt werden. Es ist nicht die Sache einiger Linker die Verhältnisse zu verändern, sondern kann letztlich nur die Sache der Klasse der Lohnabhängigen als ganzes sein.
Der Inhalt des Aufrufes und das Motto „Den Klassenkampf organisieren -“ Kapitalismus abschaffen! Heraus zum Revolutionären 1. Mai!“ wurde entsprechend dieser inhaltlichen Stoßrichtung gewählt.
Für uns als Organisation und den GenossInnen die mit uns eng zusammenarbeiten, haben wir außerdem die Organisierungsfrage als zentrales Element der Mobilisierung herausgestellt. Wir halten es u.a. deswegen, weil sich die konkreten Bedingungen revolutionärer Politik hier massiv verändern -“ etwa der Klassenwiderspruch immer offener zutage tritt -“ für notwendig einen revolutionäre Aufbauprozess voranzutreiben. Unser Ziel muss es sein nicht nur Kämpfe zu entfalten, sondern Strukturen auf verschiedenen Ebenen und auch eine revolutionäre kommunistische Organisation in der BRD aufzubauen. Die 1. Mai Mobilisierung bietet sich dafür an diesen Anspruch zu thematisieren, da sie wie keine andere Mobilisierung eben für einen offensiven Kampf, für eine Überwindung des kapitalistischen Systems und eine revolutionäre Perspektive steht. Für all dies ist der Aufbau von Strukturen, ist eine Organisierung zentral.
Wir haben dementsprechend auf einer Plakatreihe zum Klassenkampf, sowie dem Kampf gegen Repression und gegen Militarismus, aber auch den revolutionären Prozess im Allgemeinen die Notwendigkeit von Aktivitäten und den Aufbau von Strukturen thematisiert.
Mehr dazu ist in unserer 1. Mai Zeitung zu finden, die in den Tagen vor dem 1. Mai erscheinen wird.
Neben diesen inhaltlichen Schwerpunkten werden im Rahmen des 1. Mai auch verschiedene Aktivitäten thematisiert: Der Prozess hier gegen sieben Antifaschisten, die Mobilisierung am 12. Juni in Stuttgart, zu einer Großdemo im Rahmen der Sozialproteste, zu Aktionen gegen ein öffentliches Gelöbnis am 30. Juli, sowie die Schaffung einer neuen Infrastruktur für linke und antifaschistische Politik im Rahmen eines Sozialen Zentrums in Stuttgart. Zu all dem wird es am 1. Mai verschiedene Info- und Mobilisierungsmaterialien, Redebeiträge u.ä. geben.

StattWeb: Inhaltlich ist die Mobilisierung also gut gefüllt, kommen wir dann zu den konkreten Aktivitäten. Sag doch zuerst was zur Mobilisierung zur DGB Demo. Ihr ruft dort zur Beteiligung an einem klassenkämpferischen Block auf, was aber offenbar nicht von allen Gruppen im Bündnis unterstützt wird...

Eva: Ja, der Tag beginnt mit der Mobilisierung zu DGB Demo um 10 Uhr am Marienplatz. Dort soll deutlich gemacht werden, dass die Zugeständnisse ans Kapital, die Stillhaltepolitik der Gewerkschaftsführung der falsche Weg ist. Gerade in den Gewerkschaften, die die Aufgabe haben die Interessen der gesamten ArbeiterInnenklasse zu vertreten ist das Eintreten für die richtige Linie zentral: Die Beschäftigten der verschiedenen Länder, Branchen, Betriebe und der verschiedenen Beschäftigungsverhältnisse -“ LeiharbeiterInnen, tariflich Bezahlte usw. -“ dürfen sich nicht gegeneinander ausspielen lassen. Genau das geschieht aber mit den ständigen Zugeständnissen an die Kapitalistenklasse und das Hinnehmen der Politik der bürgerlichen Parteien. Das Auseinanderklaffen der Schere zwischen arm und reich, die zunehmende Armut und immer miesere Arbeitsbedingungen, sowie der Vertrauens- und damit auch Mitgliederverlust der Gewerkschaften ist auch Folge dieser Zugeständnisse. Außerdem ist eine Festlegung der Gewerkschaftsforderungen ausschließlich auf Veränderungen innerhalb des Kapitalismus ein Verrat an den Interessen der Beschäftigten. Spätestens wenn dieses System für immer weitere Angriffe auf die Rechte am Arbeitsplatz, auf Löhne und die soziale Absicherung steht, dürfen die Gewerkschaften eine Alternative zumindest nicht ausschließen.
Mit einer Beteiligung an der Demo geht es folglich darum innerhalb der Gewerkschaften für eine klassenkämpferische Linie einzutreten und die AktivistInnen und Strukturen die diese dort vertreten zu unterstützen. Es geht aber auch darum, deutlich zu machen dass eine Ablehnung der Gewerkschaften als Ganzes der falsche Weg ist. Positionen die behaupten, ohne die hemmenden Gewerkschaftsstrukturen könnten sich die Klassenkämpfe besser entfalten, lehnen wir ab. Es zeigt sich vielfach, dass es gerade dort wo keine Gewerkschaftsstrukturen vorhanden sind, nicht mehr sondern sogar noch weniger Klassenbewusstsein und noch weniger Arbeitskämpfe gibt. Als Revolutionäre haben wir die Aufgabe, die Gewerkschaften nicht den sozialdemokratischen und bürgerlichen Kräften zu überlassen und sowohl innerhalb als auch außerhalb der Gewerkschaften für eine klassenkämpferische Linie einzutreten.
Konkret rufen wir und weitere Gruppen also dazu auf, an der Gewerkschaftsdemonstration teilzunehmen und dort mit Schildern, Transparenten und Parolen für ein Ende der Zugeständnisse ans Kapital und für den offensiven Klassenkampf einzutreten. Der klassenkämpferische Block soll sich vom Rest der Demo aber nicht abkapseln! D.h. er soll nicht wie z.B. bei militanten Demos geschlossen, vermummt o.ä. auftreten, sondern ist eher als ein Bereich der Demo geplant in dem die genannten Positionen sichtbar vertreten werden. Das ganze kann sich auch über die Demo verteilen, wichtig ist die Präsenz und nicht die Selbstdarstellung.
Mehr dazu ist in einem Aufruf zur Gewerkschaftsdemo zu finden, der u.a. auf unserer Homepage veröffentlicht ist und bereits in einer Auflage von mehreren tausend Exemplaren verteilt wurde.
Da es im Bündnis auch eine Gruppe gibt, die nicht zur Gewerkschaftsdemo mobilisieren will, wurde er nicht vom Bündnis sondern von einzelnen Gruppen veröffentlicht.

StattWeb: Nach der Gewerkschaftsdemonstration geht es dann direkt weiter mit der Revolutionären 1. Mai Demo. Kannst Du dazu kurz ein paar Infos geben?

Eva: Die revolutionäre 1. Mai Demonstration beginnt um 11 Uhr auf dem Marktplatz, also unweit des Abschlusskundgebungsplatzes der DGB Demo. Die Route führt dann u.a. am Landgericht vorbei, wo die staatliche Repression und der Antifa-Prozess thematisiert werden, nach Stuttgart Heslach. Die Abschlusskundgebung findet wieder auf dem Erwin Schöttle Platz statt, wo wenige Meter entfernt direkt im Anschluss auch das 1. Mai Fest losgeht.
Bei der Demo wird es u.a. Reden zu staatlicher Repression, zu Stuttgart 21 und zu den kommenden Mobilisierungen geben.
Wir hoffen auf eine kraftvolle Demo, die motivierend wirkt und ihren klassenkämpferischen und revolutionären Standpunkt gut rüberbringt. Dementsprechend wird auch versucht darauf hinzuwirken, dass sich die TeilnehmerInnen dementsprechend einbringen. D.h. es sollen viele Fahnen und Schilder präsent sein und Parolen gerufen werden, die mehr vermitteln als die Wut auf das Polizeiaufgebot bei der Demo. Das oftmals recht szenige und abschottende Auftreten linker Demos, mit teilweise recht pöbeligen Parolen u.ä. soll zukünftig immer weiter überwunden werden. Das kann an dieser Stelle auch noch mal als Aufruf formuliert werden: Kommt zur Demo, bringt Fahnen, Schilder und Trommeln oder ähnliches mit und tragt zu einem ansprechendem Auftreten der Demo bei.

StattWeb: Im Anschluss gibt es auch wieder das 1. Mai Fest in Stuttgart-Heslach, was ist dieses Jahr für dort geplant?

Eva: Das Fest findet im Generationenhaus in Stuttgart-Heslach statt. Es gibt dort eine große Freifläche bei der man das gute Wetter genießen kann und auch einen großen Saal für den Fall dass es regnen sollte. Für ausreichende Bewirtung ist dort gesorgt, dazu wird es wieder ein Polit-Quiz mit verschiedenen Preisen und Infotische geben. Am Nachmittag, gegen 16.30 Uhr tritt der Kabarettist Peter Grohmann auf.
Am Abend findet für die Freundinnen und Freunde von Punk und Hardcore auch noch ein Konzert im Komma in Esslingen statt. Es ist also den ganzen Tag etwas geboten.

StattWeb: Kannst Du zuletzt noch etwas zum Spektrum sagen dass den Revolutionären 1. Mai organisiert bzw. sich daran beteiligt. Hat sich dort über die Jahre etwas verändert oder blieb das konstant?

Eva: Mit der „Libertären Initiative Stuttgart (List)“ ist in diesem Jahr eine Gruppe nicht mehr dabei, die sich im vergangenen Jahr noch beteiligt hatte. Der Grund dafür sind relativ tiefgehende politische Differenzen. Sie hatten u.a. bei einer Rede die Linkspartei mehr oder weniger mit der NPD gleichgesetzt und sind auch ansonsten mit sektiererischen, verbalradikalen aber perspektivlosen Positionen statt mit irgendeiner sinnvollen politischen Praxis aufgetreten. Es gab daher für uns und auch für andere Gruppen im Bündnis keinerlei Bedarf nach einer erneuten Zusammenarbeit.
Das Bündnis wird ansonsten nach wie vor von Gruppen und AktivistInnen sowohl kommunistischer als auch libertärer Strömungen getragen. Der Kreis ist allerdings im Gegensatz zu den revolutionären 1. Mai Demos in Berlin oder Nürnberg nach wie vor sehr überschaubar. Wir werden auch zukünftig versuchen darauf hinzuwirken, dass sich bei der Organisierung im Vorfeld noch mehr Gruppen und AktivistInnen einbringen.
Die Beteiligung an der Demonstration war in den vergangenen Jahren sehr vielfältig: es kamen Linke aus verschiedenen Strömungen, Aktive aus den Bildungsprotesten, Leute von Attac, der Linkspartei und weiteren linken Gruppen, sowie aus der Schwulen und Lesben Bewegung, AktivistInnen des kurdischen Befreiungskampfes, GewerkschafterInnen usw.
Es ist auch der Anspruch der Demo für alle offen zu sein, die die Überwindung des Kapitalismus und den Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung anstreben.

StattWeb: Danke für das Interview, möchtest Du den LeserInnen zum Schluss noch was sagen?

Eva: Beteiligt Euch noch an der Mobilisierung, macht die Demo bekannt, kommt schon am morgen des 1. Mai zur Gewerkschaftsdemo und bringt gute Stimmung mit.

Zuerst veröffentlicht bei StattWeb, siehe auch: Raus zum revolutionären 1. Mai!

Demowochenende gegen Rassismus, Nationalismus und Faschismus

Ab morgen finden am Wochenende bundesweit wieder Protestaktionen gegen faschistische Aktivitäten statt:
  • Duisburg / Marxloh (Gegen Pro NRW / NPD Aufmarsch)
  • Lübeck (Gegen geschichtsrevisionistischen "Trauermarsch" von NPD und Freien Kameradschaften)
  • Neuruppin (Gegen Nazidemo)
  • Backnang (Zeichen gegen Rassismus, Nationalismus und Faschismus)
  • Schorndorf / Weiler (Mahnwache gegen rechtsradikale und fremdenfeindliche Umtriebe in ehemaliger Nazikneipe)
Wir dokumentieren den Hinweis auf die Demonstration in Backnang:
Nach der gut besuchten und störungsfreien Veranstaltungsreihe, die sich thematisch mit dem Neofaschismus auseinandersetzte, folgt als Abschluss eine antifaschistischsten Demonstration.

Am 27.03 um 14 Uhr in Backnang (Treffpunkt Bahnhof), um ein deutliches Zeichen gegen Rassismus, Nationalismus und Faschismus zu setzen.
Verschiedene Gruppen aus der Region beteiligen sich an der Demonstration sowie an mehren Redebeiträgen.

Backnang wurde als Demonstrationsort ausgewählt, da diese Stadt sich in der Nähe von Sulzbach und Murrhardt befindet. In dieser Region agieren konspirativ verschiedene Gruppierungen und Personen aus dem rechten Lager. Das Ziel ist es, über diese Aktivitäten aufzuklären sowie den Zusammenhang zwischen Faschismus und politischen Entwicklungen aufzuzeigen.

Die Demo wird von folgenden Gruppen unterstützt:

DKP Rems - Murr, Die Linke Rems-Murr, VVN -“ BdA Rems -“ Murr, Juze Backnang, IG Metall Waiblingen, VIAK Waiblingen, GEW Rems - Murr, Verein Weiler schaut hin, Ver.di Rems -“ Murr und die DGB Ortsverbände Fellbach & Schorndorf.

Antifaschismus in der ländlichen Region durchsetzen!
Nazis in die Defensive drängen!



Siehe auch: Städtetour "Nazis keine Basis bieten" von Polizei schikaniert!, 23.05.2009
Via Antifaschistisches Aktionsbündnis Rems-Murr / AARM / redblog


Basiswissen: Einführung in den Kapitalismus

Wer die Wirtschafts- und Finanzkrise und ihre Auswirkungen verstehen will, kann dies nicht, ohne sich auch mit dem Kapitalismus zu beschäftigen, da die Krise eine Folge kapitalistischen Wirtschaftens ist.
Dazu wird man jedoch weder etwas in den Tagesthemen, in der Frankfurter Rundschau und schon gar nicht in der Stuttgarter Zeitung finden. Die wohl ausführlichste Analyse des Kapitalismus dürfte man in den Schriften von Karl Marx finden. Doch nicht jeder, der sich erstmals mit dem Kapitalismus beschäftigen möchte, wird zu den blauen Büchern greifen.
Eine gute Einführung liefert hier Georg Fülberths „Kapitalismus“, da vor kurzem in der neuen Reihe Basiswissen beim PapyRossa Verlag erschienen ist.
Auf 112 Seiten gibt der Autor eine Einführung in die Theorie des Kapitalismus und stellt die geschichtliche Entwicklung vom Feudalismus bis hin zur gegenwärtigen Wirtschaftskrise in einem knappen aber prägnanten Überblick dar.
Fülberth lehrte zwischen 1974 und 2004 als Professor für Politikwissenschaft an der Universität Marburg. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Theorie und Geschichte des Kapitalismus und der Geschichte der Arbeiterbewegung. Mit "G Strich - Kleine Geschichte des Kapitalismus" lieferte Fühlbert bereits eine umfangreiche geschichtliche Analyse, die ebenfalls im Kölner PapyRossa Verlag erschienen ist und mittlerweile in der vierten Auflage vorliegt.

Georg Fülberth: Kapitalismus
Taschenbuch, 118 Seiten
PapyRossa Verlag
EUR 9,90 [D] / EUR 10,20 [A] / SFR 18,90
ISBN 978-3-89438-429-6

Ebenfalls in der Reihe "Basiswissen" erschienen von Fülberth ein einführendes Buch zum Sozialismus.
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