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Urteil des Arbeitsgerichts: „Mall of Shame“-Subunternehmen muss zahlen!

Foto mit freundlicher Genehmigung: FAU Berlin

In einem entscheidenden Etappensieg für die Basisgewerkschaft FAU Berlin im Skandalfall der um ihren Lohn geprellten Bauarbeiter bei „Mall of Berlin“ legte das Arbeitsgericht fest, dass das verklagte Subunternehmen openmallmaster GmbH verpflichtet ist, die Löhne von zwei ehemaligen Mall-Arbeitern zu zahlen. Zuvor waren bei den Güteterminen der beiden Verfahren am 10.4.2015 Versäumnisurteile gefällt worden. Das Subunternehmen legte zunächst Einspruch dagegen. Das Gericht bestätigte jedoch heute die Versäumnisurteile des Gütetermins, welche die dubiose Briefkastenfirma openmallmaster GmbH zur Zahlung der verweigerten Löhne verurteilten.

Bei den beiden in der FAU Berlin organisierten Arbeitern geht es um jeweils 1.226,00 und 4.411,60 €. Gearbeitet hatten sie ursprünglich für sittenwidrige Löhne von 5 bis 6 Euro pro Stunde, die deutlich unterhalb des Mindestlohns im Baugewerbe lagen, welchen die FAU Berlin nun vor Gericht einforderte.

„Dieser Erfolg zeigt, dass es eine kämpferische Perspektive und Alternative gegen die Dreistigkeit und Ausbeutung auch an Prestigeobjekten wie der -šMall of Shame-™ gibt, und dass es sich lohnt, gewerkschaftlich zu kämpfen“, kommentiert Markus Weise, Sekretär der FAU Berlin, das Urteil. „Dies ist ein wichtiger Sieg gerade vor dem Hintergrund, dass es mittellosen migrantischen Arbeitern alles andere als leicht gemacht wird, sich für ihre Rechte juristisch einzusetzen.“

Das verklagte Subunternehmen kann gegen beide Urteile Berufung einlegen.

„Die Frage ist, ob sie das überhaupt hinkriegen werden“, sagt Weise. „Wenn ein Unternehmen derart unseriös sowohl in ihren Geschäften wie auch vor Gericht vorgeht, hat es sich auch ein Versäumnisurteil verdient. Wir freuen uns dass das Arbeitsgericht das genauso sieht wie wir.“

Weitere Lohnklagen um die „Mall of Shame“ werden in den kommenden Wochen vor dem Arbeitsgericht verhandelt, demnächst am Donnerstag, den 13.8.2015, 9:00 Uhr im Raum 521.


Quelle: Pressemitteilung FAU Berlin, mehr Informationen, siehe auch die Sonderseite der FAU Berlin sowie LabourNet.

Die verlorene Zeit

vor dem Tor zur Fabrik
hält der Arbeiter plötzlich an
das schöne Wetter hat ihn am Rock gezupft
und als er sich umwendet
die Sonne betrachtet
die rot leuchtet und beendet lächelt im bleigrauen Himmel
zwinkert er ihr vertraulich zu
sag Kamerad Sonne
meinst du nicht auch
man sollte verdammt bedenken
einen solchen Tag
dem Chef zu schenken

Jacques Prevert

Via: AutorInnenkollektiv - Lieber krank feiern als gesund schuften. Wege zu Wissen und Wohlstand!

Foto-Rückblick: Der § 88a und die Verhaftung der AGIT-Drucker

Foto: Monika von Wegerer/Umbruch Bildarchiv
Im November 1977 wurden vier AGIT-Drucker in Berlin verhaftet. Sie saßen neun Monate in U-Haft, weil sie die linksradikale Wochenzeitung INFO BUG gedruckt hatten. Dass Drucker für Inhalte kriminalisiert wurden, die sie nicht selbst verfasst hatten, setzte neue Maßstäbe im Strafrecht. Der § 88a StGB, ein Gummiparagraph, der "verfassungsfeindliche Befürwortung von Gewalt" unter Strafe stellte, machte dies möglich. Ein Komitee und eine Theatergruppe stellte einiges auf die Beine, um die GenossInnen wieder aus dem Knast zu holen: "Kann denn drucken Sünde sein? Freiheit für die AGIT-Drucker!"

Mehr darüber und einige Fotos beim Umbruch Bildarchiv

DHKP-C Prozess in Stuttgart: Langjährige Haftstrafen im Prozess gegen vier linke türkische AktivistInnen

Wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer "terroristischen Vereinigung" im Ausland hat das Oberlandesgericht Stuttgart am Dienstag drei Männer und eine Frau zu Gefängnisstrafen von bis zu sechs Jahren verurteilt. Das Gericht sah als erwiesen an, dass die Angeklagten im Alter von 34 bis 44 Jahren lange Zeit in der "Revolutionären Volksbefreiungspartei/-front (DHKP-C)" aktiv gewesen sind.

Dazu eine Erklärung der Roten Hilfe:

"Am heutigen Dienstag endete in Stuttgart der 129b-Prozess gegen vier türkische Linke, denen Mitgliedschaft in der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei - Front) vorgeworfen wird, mit hohen Strafen: Die AktivistInnen wurden als "Kader" der kriminalisierten linken Organisation eingestuft und zu Haftstrafen zwischen 4 Jahren 9 Monaten und 6 Jahren verurteilt. Mit diesem Urteil leistet die Justiz der BRD offene Schützenhilfe in dem Krieg, den die Erdogan-Regierung aktuell gegen die linke kurdische und türkische Opposition führt. Dass die Verhältnisse, in denen in der Türkei Linke zu TerroristInnen erklärt werden, völlig von der Staatsraison eines autoritären Regimes abhängt, zeigen die nahezu 1000 Verhaftungen, die es allein in den letzten zwei Wochen in der Türkei gab.

Gegenstand des 129b-Verfahrens in Stuttgart waren ausschließlich vollkommen legale Aktivitäten im politischen und kulturellen Bereich, die im Umfeld von Vereinen wie der 'Anatolischen Föderation' oder der 'Kunstwerkstatt Köln' stattfanden. Die einzelnen "Tatbestände" lesen sich wie eine Auflistung politischer Alltagsarbeit: Spendensammlungen,
Informationsveranstaltungen, Pressearbeit, der Verkauf von Zeitschriften sowie die Organisierung von politischen Sommercamps und Kulturveranstaltungen. So gehörte die Veranstaltung des Konzerts mit der beliebten linken Band Grup Yorum unter dem Titel "Ein Herz, eine Stimme gegen Rassismus" am 8. Juni 2013, an dem etwa 12.000 Menschen teilgenommen hatten, zu den Hauptvorwürfen. Obwohl die Großveranstaltung, die ein Zeichen gegen den Terror des Nazi-Netzwerks NSU setzen wollte, mit einem fünfstelligen Minus endete, hatten die Repressionsorgane behauptet, das Konzert habe der Beschaffung von Unterstützungsgeldern für die DHKP-C gedient. Auch die Anmeldung und der Besuch von Kundgebungen - etwa aus Solidarität mit politischen Gefangenen - und die Erstellung von Flugblättern wurden mehrfach genannt.

Bereits im Verlauf des langwierigen Verfahrens, das sich seit dem 2. September 2014 über 61 Prozesstage erstreckte, bewies das Gericht seinen absoluten Verfolgungswillen gegenüber den angeklagten AktivistInnen:
Anträge der VerteidigerInnen wurden standardmäßig abgelehnt, die Öffentlichkeit durch rigorose Kontrollen und Repressalien abgeschreckt. So war bereits am vergangenen Donnerstag ein Prozessbesucher wegen des Rufs "Tod dem Faschismus überall" umgehend zu zwei Tagen Ordnungshaft verurteilt worden, gegen weitere Anwesende wurden Geldstrafen verhängt.

Mit der heutigen Entscheidung hat die deutsche Justiz erneut ein Gefälligkeitsurteil für den repressiven türkischen Staat gefällt. Indem vollkommen legale politische Arbeit als terroristisch gebrandmarkt und verfolgt wird, zeigt sich wieder einmal die Tragweite des Gummiparagrafen 129b: Alle missliebigen linken Strukturen können durch die Konstruktion einer Verbindung zu einer als "terroristisch" erklärten Gruppierung kriminalisiert werden, ohne dass irgendwelche realen Straftaten der einzelnen Betroffenen vorliegen.

Die Rote Hilfe e.V. protestiert gegen die Kriminalisierung der türkischen Linken durch die deutsche Justiz und fordert ein sofortiges Ende der Prozesse nach 129b.

H. Lange für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V."

Offener Brief an den IG-Metall-Hauptvorstand zur Unterstützung der Bremer Daimler-KollegINNen

Mit Schreiben vom 3. Juli hat der Ortsvorstand der IG Metall Bremen (Koll. Volker Stahmann) den satzungsgemäßen Rechtsschutz für die von Abmahnung betroffenen Daimler-Kollegen abgelehnt. Dennoch will der Ortsvorstand den Antrag des Kollegen Goldstein an den Vorstand (offensichtlich der Hauptvorstand in Frankfurt) weiterleiten. Dessen Entscheidung steht noch aus, deshalb dieser Offene Brief, den wir nachfolgend dokumentieren:

8. Juli 2015

Offener Brief an den Bundesvorstand der IG Metall in Frankfurt und den Ortsvorstand in Bremen
Mehr als 760 Abmahnungen im Werk Daimler-Bremen!

Kein Rechtsschutz von der IG Metall? Wir verlangen Revision Eurer bisherigen Entscheidung.

In der Nachtschicht vom 11. auf den 12. Dezember 2014 informierten sich mehr als 1.300 Kolleginnen und Kollegen beim Betriebsrat über die geplante Fremdvergabe von Arbeit -“ zu wesentlich schlechteren Bedingungen natürlich. Während die Beschäftigten ihr Recht auf Information wahrnahmen, ruhte die Produktion. Mehr als 760 dieser Kolleginnen und Kollegen wurden abgemahnt, weil sie sich während der Arbeitszeit versammelt und danach die Arbeit nicht wieder aufgenommen hätten, so die Vorwürfe der Geschäftsleitung.

Mit Entsetzen müssen wir nun zur Kenntnis nehmen, dass die IG-Metall den Betroffenen den Rechtsschutz verweigert, weil ein Rechtsstreit "keine Aussicht auf Erfolg" hätte ("Kopfstütze", Betriebszeitung der IG-Metall Bremen für die Beschäftigten der Daimler-AG, April 2015).

Der Beschluss des Ortsvorstandes vom 3. Juli sagt nun unter anderem: "Rechtsschutzantrag muß durch das Mitglied persönlich gestellt werden . . Antrag persönlich und vollständig auszufüllen und zu unterschreiben ... satzungsgemäße Voraussetzungen sind zwingend . . . von jedem Kollegen einzeln benannt werden, welchen Rechtsanwalt er wann mit seiner Vertretung beauftragt hat . . . Der Rechtsschutz muss in jedem Fall -“ schon ab der 1. Instanz -“ vom Vorstand vor Beauftragung des Anwalts gewährt worden sein. Sonst scheidet grundsätzlich auch die Kostenübernahme durch die IG Metall aus . . ."

Erinnern wir uns: Mit derselben Begründung hätte der Kassiererin "Emmely" von ihrer Gewerkschaft ver.di der Rechtsbeistand verweigert werden können. Ebenso der Altenpflegerin und Whistleblowerin Brigitte Heinisch, die gegen ihren eigenen Chef Strafanzeige erstattete. Die ver.di-Rechtsabteilung beim Bundesvorstand verweigerte diesen Kolleginnen den Rechtsbeistand nicht und gewährte sogar weit über die satzungsgemäßen Pflichten hinaus Rechtsschutz. "Emmely" gewann vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt, Brigitte Heinsch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Mit dem Rechtsanwalt ihrer Wahl! ("Emmely und die Folgen", 2012, VSA-Verlag).

Beide erstritten maßgebende Urteile im Sinne der gesamten Gewerkschaftsbewegung und im Interesse alle Lohnabhängigen.

Unser betrieblicher Alltag sagt: Wir haben die größten Probleme, unseren eigenen Kolleginnen und Kollegen zu erklären, wofür sie monatlich einen Gewerkschaftsbeitrag zahlen sollen, wenn ihre Organisation sie in der Stunde der Gefahr im Stich lässt!

Mehr als 760 Abmahnungen sind in jedem Fall ein Politikum! Der Kampf der Kolleginnen und Kollegen bei Daimler/Bremen gegen Fremdvergabe, Leiharbeit und prekäre Arbeitsbedingungen ist mehr als berechtigt! Hier handelt es sich um ein gesellschaftspolitisches Problem ersten Ranges.

Es geht auch um die Arbeitsbedingungen unserer Kinder und Enkel!

Die betroffenen Kolleginnen und Kollegen haben jede finanzielle und vor allem politische Unterstützung von ihrer und allen anderen Gewerkschaften in Deutschland verdient.

Mit Schreiben vom 3. Juli hat der Ortsvorstand der IG Metall Bremen (Koll. Volker Stahmann) den satzungsgemäßen Rechtsschutz für die von Abmahnung betroffenen Daimler-Kollegen abgelehnt. Dennoch will der Ortsvorstand den Antrag des Kollegen Goldstein an den Vorstand (offensichtlich der Hauptvorstand in Frankfurt) weiterleiten. Dessen Entscheidung steht noch aus, deshalb dieser Offene Brief:

Auf der Pressekonferenz am 04. Mai 20015 im Bremer Gewerkschaftshaus hatten die Anwälte Benedikt Hopmann (Berlin), Reinhold Niemerg (Berlin), Gabriele Heinecke (Hamburg) und Helmut Platow (Berlin) erklärt, dass es bei der Klage letztendlich auch um die Frage des Streikrechts in Deutschland geht, dessen restriktive Auslegung internationalem Recht widerspricht und die deshalb auch vom "Ministerkomitee des Europarats" gerügt worden ist. Sie erklärten ihre Entschlossenheit, diese Frage auch vor dem Europäischen Gerichtshof klären zu lassen, falls die Klage auf nationaler Ebene scheitern sollte.

Um die klagenden Kollegen mit den Gerichtskosten nicht allein im Regen stehen zu lassen, wurde vorläufig ein Solidaritätsfond eingerichtet:

Anja Luers, Berliner Volksbank, IBAN DE67 1009 0000 5650 0040 02, Stichwort/ Verwendungszweck: STREIKRECHT.

An den Ortsvorstand Bremen und an den Hauptvorstand IG Metall stellen wir die Forderung: Versteckt Euch nicht hinter Formalien, die angesichts der bundespolitischen Bedeutung dieses Angriffes der Daimler-Geschäftsleitung kleinkariert wirken. Die IG Metall und alle anderen bundesdeutschen Gewerkschaften können -“ zumindest juristisch -“ nur an Ansehen gewinnen, wenn sie sich jetzt konsequent hinter die abgemahnten Bremer Kolleginnen und Kollegen stellen und die Abwehr der Abmahnungen zu ihrer Sache machen. Und deshalb Rechtsschutz gewähren.

Erstunterzeichner:
Edgar Wiegler, IG Metall, ehem. BR VW-Kassel; Udo Pusceddu, IG Metall, BR Daimler-Kassel; Sascha Rabe, IG Metall, BR Daimler-Kassel; Sven Bolte, IG Metall, BR Daimler-Kassel; Hidir Budak, Vorstand IG Metall Ortsmigrantenausschuss Kassel; Michael Clauss, IG Metall, BR Daimler-Stuttgart-Untertürkheim; André Halfenberg, IG Metall, BR Daimler-Stuttgart-Untertürkheim; Serkan Senol, IG Metall, BR Daimler-Stuttgart-Untertürkheim; Ulf Wittkowski, IG Metall, BR Daimler-Hamburg; Waldemar Derda, IG-Metall, BR Daimler-Berlin; Lutz Berger, IG Metall, BR Daimler-Berlin; Jochen Gester, Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin; Erich Kassel, IG Metall, ehem. BR Klöckner-Stahl; Rainer Knirsch, IG Metall, ehem. BR-Vorsitzender BMW-Motorradwerke Berlin; Klaus Morawski, IG Metall, ehem. VK-Leiter Otis Berlin; Günter Triebe, IG Metall Berlin; Birgit Koch, GEW-Hessen, Landesvorsitzende; Rolf Becker, Schauspieler, verdi FB 08 OV Hamburg; Lothar Degen, verdi FB 08 OV Hamburg

Weitere Unterzeichner:
Mag Wompel und Redaktion labournet; Reinhilde Oldenstedt, IG Metall, ehem. BR Daimler Harburg; Horst Helfen, IG Metall, ehem. BR Daimler Harburg; Ivonne Hermann, IG Metall, BMW; Serdar Derventli, verdi NRW, LBV Mitglied; Holger Bruhns, IG Metall, ehem. BR Hydro Aluminum-Uphusen; Siegfried Haase, IG Metall, ehem. BR Hydro Aluminium-Uphusen; Tom Adler, IG Metall, Daimler Untertürkheim, ehem. Tarifkommission BaWü; Gültekin Demirel, IG Metall, BRV, IGM VK-Leiter, EPCOS München; Erdogan Kaya, verdi, PR, BVG Berlin; Birgit Malzahn, verdi Kassel; J. Ziehaus, verdi Kassel; Alix Arnold, verdi Köln; Wilma Meier, verdi Kassel, Ini Hände weg vom Streikrecht; Peter Gerstmann, verdi Kassel, Ini Hände weg vom Streikrecht; Seyit Bahadir, verdi, BR, Kliniken Dr. Erler gGmbH; Kamil Gömleksiz, IG Metall, BR, MAN AG Salzgitter; Traudel Kassel, verdi Bremen; Rinnerl Ulrich, IG Metall, Daimler Berlin; Richard Funke, IG Metall; Ayhan Zeytin, IG Metall, BR, stellvertr. VK-Leiter, ArcelorMittal Bremen; Ali Candemir, IG BAU, Jugendbildungsreferent; Onur Kodas, IG BAU, Ass. jur; Haydar Toktas, IG BAU; Betriebsrat, DLG; Hüseyin Öncü, IG Metall, 2. Vors. BR, VKL, WMF; Murat Günes, IG BCE, BR-Vors., Neupack; Hayri Çakir, DGB Krefeld, Vorstandsmitglied; Cumali Demir, verdi, BR, Deutsche Post; Mahir Sahin, IG BAU Gewerkschaftssekretär, Bezirksverband Düsseldorf;

(Stand am 21.7.15, 12.00 Uhr)

Die Erstunterszeichner fordern alle Metaller, alle Gewerkschafter auf, unsere Forderung durch Weiterverbreitung und Unterzeichnung dieses Offenen Briefes zu unterstützen. Sendet Namen, Gewerkschaftszugehörigkeit und evtl. Funktion an die Mail-Adresse:

solidaritaet-daimler-bremen@t-online.de

Über die weitere Entwicklung werden wir im labournet berichten unter: Branchen/Automobilindustrie/Daimler/Bremen oder:

http://www.labournet.de/?p=71957

VVN-BdA verurteilt Katastrophenpolitik Berlins und Brüssels gegen Griechenland und erklärt sich solidarisch mit dem griechischen Volk

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten verlangt dringend, die diktatorische und inhumane Politik der Bundesregierung und der EU gegen das griechische Volk sofort zu beenden. Vor dem Hintergrund der Geschichte steht es Deutschland gut an, die humanitäre Tragödie in Griechenland zu beenden. Der Sturz in die Katastrophe muss verhindert werden. Dazu können auch die Rückzahlung der Zwangskredite, die Hitlerdeutschland Griechenland abgepresst hat und die immer wieder verschleppten Reparationszahlungen beitragen.

Die VVN-BdA erklärt gegenüber den Demokraten und Antifaschisten in Griechenland ihre starke Solidarität und Verbundenheit. Wenn die aktuelle ökonomische und humanitäre Krise nicht beendet werden kann, ist das erneute Erstarken der militant faschistischen „Goldenen Morgenröte“ zu befürchten. Dazu darf es nicht kommen.

Die Machtpolitik der Bundesregierung erinnert an schlimme Zeiten des rücksichtslosen Wirkens deutscher Politik in der Geschichte. Sie gefährdet den Frieden in Europa, weil sie Spannungen zwischen den Völkern schürt.

Wir fordern neben der Rückzahlung der Zwangskredite und der fälligen Reparationen die Entschädigung der griechischen Juden und der Überlebenden in den griechischen Opfergemeinden, die vom mörderischen Terror der Wehrmacht und SS betroffen waren. Wir fordern Abrüstung und die Sicherung von Mindest-Sozialstandards in der EU auf Kosten der Milliardäre und Bank-Profiteure, die die katastrophale Lage innerhalb der letzten Jahre herbeigeführt haben.

Eine Absage an die brutale Politik, für die vor allem Wolfgang Schäuble steht, erfordert auch ein Umdenken in der Justiz. Nachdem in Lüneburg im Auschwitzprozess nun endlich Abschied genommen wurde von einer Nachkriegsjustiz der selektiven Bestrafung und damit vielfachen Strafbefreiung, soll endlich gelten: Jeder, der in der Mordmaschinerie seinen Platz einnahm, sollte wegen Mord und Beihilfe dazu verurteilt werden. Das erfordert nicht nur die Bestrafung von SS-Leute aus Konzentrationslagern und ihren Helfern, sondern auch der Mitwirkenden an der Mordmaschinerie der Wehrmacht, wie sie auch in griechischen Städten und Dörfern unbeschreiblich grausam herrschte. Die VVN-BdA verlangt die Wiederaufnahme der Ermittlungen im Falle Komeno und Kephalonia und in anderen Fällen, die von ihr schon vor zehn Jahren beantragt wurden.

Quelle: Erklärung des Bundesvorstandes vom 18. Juli 2015

Griechenland: Halb zog sie ihn, halb sank er hin...

Aus gegebenem Anlass einige Artikel zum Austeritätspaket, das Griechenland heute verabreicht wurde. Aus Gründen beschränke ich mich auf einige wenige Beiträge.

"Griechenland wird Kolonie
Ministerpräsident Alexis Tsipras beugt sich Diktat der EU: Brutales Kürzungspaket, Hellas unter Zwangsverwaltung der Troika. Proteste in Athen und im Internet: #ThisIsACoup
Griechenland wird de facto einer Kolonialherrschaft der Troika unterworfen. Nach 17stündigen Verhandlungen einigten sich am Montag morgen die Regierungschefs der 19 Euro-Länder "einstimmig" darauf, Verhandlungen über ein "drittes Hilfspaket" aufzunehmen. Als Voraussetzung dafür musste sich der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras offenbar weitgehend einem Diktat unterwerfen, das die Finanzminister der Eurogruppe am Sonntag vorgelegt hatten. Mit diesem Forderungskatalog hatte die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) angeführte Riege das am Freitag von Athen vorgelegte Kürzungsangebot noch einmal verschärft. (...)" Weiter bei der Tageszeitung junge Welt

"Die Niederlage nicht verstehen heißt die nächste Niederlage vorbereiten -“ Griechenland, Deutsch-Europa und die Grexit-Debatte

Es ist durch: Die Linkspartei Syriza hat vollständig kapituliert und die Bevölkerung ihres Landes einem vor allem von Deutschland diktierten Austeritätspaket ausgeliefert, das selbst verglichen mit den von den alten Zombie-Parteien Griechenlands unterschriebenen Memoranden eine Verschlechterung bedeutet. Einige Eckpunkte: Die eigentlich im Referendum vor einer Woche von der griechischen Bevölkerung abgelehnte Pensionsreform und Mehrwertssteuererhöhung wird nun schon als „prior action“ vor der Zustimmung zum neuen „Hilfspaket“ verabschiedet, eine „vertrauensbildende“ Maßnahme, damit Deutschland sieht, dass Syriza den Kniefall auch ernst meint. Zusätzlich kommt die Troika als kontrollierende Kolonialinstanz zurück. Die Umsetzung aller Maßnahmen werde von Experten der Europäischen Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission geprüft. (...)"

Mehr beim LowerClassMagazine.

Wer verstehen will, warum mit einem reformistischen Kurs einfach nicht mehr drin ist, lese ebenda den ausgezeicheten Artikel:

"Der Tod des Reformismus.

Das Einknicken der griechischen Syriza im Kampf gegen neue Austeritätsmaßnahmen ist eine Niederlage historischen Ausmaßes. Was wir aus ihr lernen müssen ist: Das Heilsversprechen des Reformismus ist leer.

Vor einer Woche ging ein lauter Jubel durch die europäische Linke: Die griechische Regierung hatte zum Referendum über die mörderischen Austeritätsmaßnahmen ihrer Gläubiger gerufen, über 60 Prozent der WählerInnen in Griechenland votierten trotz Auszahlungssperren an den Banken und einer medialen Angstkampagne laut und deutlich mit einem „Nein“ zu weiteren Kürzungen, Privatisierungen und der Erhöhung des Renteneintrittsalters.

Kaum sieben Tage später geht ein Raunen durch die europäische Linke: Die griechische Regierung von Alexis Tsipras und seiner Linkspartei Syriza hat den Gläubigern in EU, Euro-Zone und IWF einen „Vorschlag“ präsentiert, der in der Tat genau die Fortsetzung jener Politik ist, die seit Jahren die griechischen ArbeiterInnen, Erwerbslosen, RentnerInnen, StudentInnen und Kleingewerbetreibenden in soziales Elend und Perspektivlosigkeit stürzt. Wer die Vorschläge vergleicht, wird sehen, dass in einigen Punkten -“ etwa bei den Privatisierungen -“ der von Syriza nun im Austausch gegen neue Kredite aus dem Europäischen Stablitätsmechanismus (ESM) eingebrachte Vorschlag sogar noch über das hinausgeht, was vergangene Woche von den GriechInnen abgewählt wurde. (...)"

Eine weitere lesenswerte Analyse hat das Protal german-foreign-policy heute früh veröffentlicht:

"Die Politik des Staatsstreiches

Mit einer beispiellosen Machtdemonstration hat Berlin die Regierung Griechenlands gedemütigt, an den Rand des Zusammenbruchs getrieben und Athen seiner Souveränität in zentralen Bereichen staatlichen Handelns beraubt. Dies ist das Resultat des Eurogruppen-Gipfels, der am heutigen Montag zu Ende gegangen ist. Wie aus Brüssel berichtet wird, erhält Griechenland nicht den benötigten Schuldenschnitt, sondern muss mit einem neuen "Hilfsprogramm" aus Brüssel vorlieb nehmen. Um es zu erhalten, muss Athen in Zukunft wichtige politische Entscheidungen zunächst Vertretern von EU, EZB und IWF vorlegen, bevor es das eigene Parlament überhaupt mit ihnen befasst. Griechenland wird damit de facto zu einer Art Protektorat nicht demokratisch gewählter Finanzinstitutionen. Griechenlands Parlament soll nun zentralen Forderungen ultimativ binnen zweier Tage zustimmen; andernfalls droht dem Land der vollständige Kollaps. Die Beschlüsse der Eurogruppe entsprechen weitestgehend deutschen Vorstellungen. Forderungen insbesondere aus Frankreich, die eine Erleichterung für Athen bedeutet hätten, wurden sämtlich von Berlin kalt abgeschmettert. In der griechischen Hauptstadt werden inzwischen Neuwahlen in Aussicht gestellt. Man könne den deutschen Zumutungen nicht zustimmen, erklärt Arbeitsminister Panos Skourletis. Bereits gestern Abend hatten prominente US-Ökonomen den deutschen Kurs aufs Schärfste verurteilt und festgestellt, Berlin ziele faktisch auf einen Staatsstreich in Athen. (...)"

Ein Vollzitat, da sich Analyse & Kritik heute recht kurz fasst:

"Herzlich willkommen, 17tes Bundesland!

Heute jubelt ganz Europa: Deutschland hat ein neues südlichstes Bundesland! Griechenland, das sich vor gut 70 Jahren unter dem Einfluss einer internationalen Separatistenbande gewalttätig von Deutschland losgesagt hatte, ist endlich wieder ins Staatsgebiet integriert. Um die Kosten der Vereinigung für die übrigen 16 Bundesländer möglichst niedrig zu halten, wird erneut zunächst ein Treuhandfonds eingerichtet, der den materiellen Ballast, der sich in dem neuen Bundesland angesammelt hat, abbauen helfen soll. Man wird sehen, was sich noch verkaufen lässt. Die Region erhält vorerst ein Anhörungsrecht, mit den politischen und administrativen Abläufen wird man noch experimentieren müssen. Geplante Maßnahmen und Gesetzesvorhaben sind zunächst zur Abstimmung bei der Bundesregierung vorzulegen, die darüber - nach Anhörung der übrigen Euro-Partner - entscheiden wird. Gravierende Fehlentscheidungen, die das jüngste deutsche Bundesland in der Vergangenheit getroffen hat, werden zügig und unbürokratisch korrigiert. Erfreulich ist insbesondere, dass Deutschland seine Küstengebiete erweitern konnte, auch die Zahl der jährlichen deutschen Sonnenstunden dürfte sich endlich erhöhen. Dies ist ein guter Tag für die Menschen in Deutschland und Europa!"

Eric Bonse schreibt auf telepolis:

"Protektorat oder Rauswurf?

Griechenland stand beim Euro-Krisengipfel in Brüssel unter extremem Druck aus Deutschland. Nun droht der Grexit - oder die Kapitulation

Gianis Varoufakis hat alles kommen sehen. Schon am Freitag warnte der griechische Ex-Finanzminister im britischen Guardian, Wolfgang Schäuble lege es auf einen Grexit an, um Frankreich und die gesamte Eurozone zu disziplinieren. In den deutschen Leitmedien wurde er dafür wie üblich als schlechter Verlierer abgewatscht. Ernst nahm ihn keiner.

Doch der Krisenmarathon, der am Samstag um 15 Uhr in Brüssel begann, bestätige Varoufakis' schlimmste Befürchtungen. Schon bei der Ankunft in der Eurogruppe, die die finale Griechenland-Entscheidung vorbereiten sollte, wischte Schäuble Griechenlands Kernforderung mit einer abfälligen Handbewegung vom Tisch: Einen Schuldenschnitt werde es nicht geben, das verstoße gegen EU-Recht.

Das Spar- und Reformprogramm, das Premierminister Alexis Tsipras am Freitag nach einer abenteuerlichen Kehrwende vorgelegt hatte, falle weit hinter die Erwartungen zurück, dozierte Schäuble, dessen "Stake-in" in voller Länge (und unkommentiert) vom ZDF-heute Journal wiedergegeben wurde. Griechenland müsse weitaus mehr tun, die von Athen vorgelegten Zahlen glaube ohnehin niemand. (...)"

Ebendort schreibt Ralf Streck:

""Verrückte Forderungsliste" für einen "Staatsstreich"

Auch Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman geht hart mit dem deutschen Europa ins Gericht und macht "pure Rache" aus

Nun befindet sich die Syriza-Regierung tief im Sumpf und man darf gespannt sein, wie sich Premierminister Alexis Tsipras daraus wieder herauswinden will. Bekannt ist, dass es nun eine "einstimmige Einigung" gab, für die Tsipras offensichtlich noch mehr Frösche schlucken musste als vor dem Referendum vor einer Woche. Dazu gehört, dass nun die "drei Institutionen", die nicht mehr Troika genannt werden dürfen, wieder Griechenland überwachen und mehr Durchgriffsmöglichkeiten erhalten als unter den Vorgängerregierungen. (...)"

Die griechische Tragödie ist kaum zuende. Der Höhepunkt steht offensichtlich eher noch bevor...

kritisch-lesen.de Nr. 36: Neue Bürgerlichkeit

Quelle: WikiMedia
Lizenz: Gemeinfrei
„Bionade-Biedermeier“, „LOHAS“ (Lifestyle of health and sustainability), „Latte-Macchiato-Mamas“ -“ Bezeichnungen, die im allgemeinen deutschen Mundwerk nun schon ein paar Jahre durchgekaut werden und irgendwie einen Lebensstil benennen. Doch die Phänomene, die sich dahinter verbergen, sind mehr als das. Sie sind Ausdruck einer Neuen Bürgerlichkeit − mit Hang zum Ökobewusstsein, zur Nachhaltigkeit und zur Konsumverantwortung. JedeR, so die Idee, die dahinter steckt, ist für das Wohlergehen des Planeten verantwortlich, jeder ökologische Fußabdruck zählt. Entsprechend wird Fahrrad gefahren, auf dem Markt Gemüse aus der Region gekauft und Grün gewählt. Worum es jedoch bei genauerem Hinsehen geht, ist eine individualisierte, „bewusstere“ Form des Konsums, in dem Glauben, dass damit die Welt zu retten wäre und dass jedeR dafür verantwortlich sein müsse. Letztlich retten jene, die sich diesen luxuriösen Lebensstil leisten können, jedoch nichts anderes als den Kapitalismus. Was auffällt, sind die konservativen Einstellungen dieser gesellschaftlichen Schicht. In der Debatte um die Neue Bürgerlichkeit in den 1990er Jahren, die unter anderem von konservativen Feuilletonisten wie Frank Schirrmacher oder Paul Nolte geführt wurde, beschworen diese die Notwendigkeit einer Neuen Bürgerlichkeit. Diese solle sich wieder auf „bewährte Werte“ besinnen, auf Eigentum, Familie, Tradition et cetera. Den 68ern und den Linken, deren Öko-Lifestyle vorherrschend geworden sei, gelte es, althergebrachte Werte entgegen zu setzen. Doch hier lohnt sich ein genaues Hinsehen. Denn die Neuen Bürgerlichen erfüllen trotz des nachhaltigen Lebensstils, den sie vertreten, erschreckend viele dieser konservativen Forderungen.

Viele derjenigen, die sich in den 1970er Jahren als Teil einer antibürgerlichen Alternativbewegung mit mehr oder weniger linkem Einschlag sahen, bilden heute das neue Bürgertum. Die Prämissen der 68er, Autonomie der Einzelnen und Selbstverwirklichung gegen die Gleichmacherei der Fabrik, haben in einen Individualismus geführt, den der neoliberale Kapitalismus nicht dankbarer annehmen könnte. Statt Kollektivität und Solidarität herrschen Individualismus und Konkurrenz.

Wozu diese Neue Bürgerlichkeit dient, und gerade da ist sie ihren Vorgängern sehr ähnlich, ist die klassenbezogene Abgrenzung. Mit einem Lebensstil, der Luxusprodukte als must-have propagiert, die für einen Großteil der Gesellschaft unerreichbar sind, wird vor allem Abgrenzung nach unten betrieben. Man kauft sich hier schließlich nicht nur den gesunden Lebensstil, sondern auch noch die Möglichkeit, das eigene Verhalten als moralisch richtig und das der anderen, die beispielsweise nicht so nachhaltig konsumieren (können), als moralisch verwerflich zu bezeichnen.

Den Trugschluss, mit nachhaltigem Konsum und ökologischem Lebensstil die Welt verändern zu können, während genau dieses Verhalten eher Marktsegmente öffnet und neue Ausbeutungsstrukturen schafft, gilt es aktiv zu kritisieren. Einen Beitrag wollen wir mit dieser Ausgabe leisten.

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Revolution an der Tanzbar: Linton Kwesi Johnson - Inglan Is A Bitch

Anders als die Mehrzahl der Reggae-Musiker ist „LKJ“, wie er nach seinen Initialen auch genannt wird, nicht religiös; die im Reggae verbreitete Rastafari-Religion kritisierte er als wirklichkeitsfern und reaktionär. In seinen Texten formuliert Johnson eine explizit linksradikale Kritik an der kapitalistischen Gesellschaft Englands. Im Zentrum stehen dabei seine Erfahrungen mit Rassismus, Arbeitslosigkeit und Gewalt.

„Was heißt es, schwarz zu sein in Großbritannien? Es heißt, dass du eigentlich einen unglaublich aufwendigen Kampf um Dinge führen musst, die für den größten Teil der Gesellschaft selbstverständlich sind: Wohnungssuche, Bildung, gewerkschaftliche Rechte usw. Es bedeutet, dass du, obwohl du in England geboren bist, für immer als Immigrant giltst. Es bedeutet, dass du in dieser Gesellschaft ganz unten bist und immerzu versuchst, mit den kolonialen Regeln zu brechen.“ (WikiPedia)



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