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Der gute Arbeitslose

"(...) Es gibt Menschen, die viel zu wenig Zeit haben und andere, die viel zu viel haben. Der Trick besteht darin, Menschen, die zu viel Zeit haben, an jeglicher Besetzung des öffentlichen Raums zu hindern. Bürokratie, Medien und strukturelle Kontrolle sorgen dafür, dass ein Arbeitsloser zwar kein Geld, aber auch keine Zeit erhält. Der „gute“ Arbeitslose stirbt lieber, als sich in eine („soziale“) Hängematte zu legen. Jede Minute, die er nicht damit verbringt, diesen seinen Zustand zu überwinden, und sei das noch so aussichtslos, und sich den Kontrollen zur Verfügung zu stellen, und ansonsten sozial stumm zu leiden, wird ihm als Verbrechen angekreidet. (...)"

Georg Seeßlen via Ausbeutung, Selbstausbeutung, Querausbeutung

Tödliche Agri-Kultur - Wie Monsanto die Welt vergiftet

In Argentinien sterben die Menschen auf dem Land heutzutage vor allem an Krebs.“ So bringt ein Arzt aus dem argentinischen Córdoba auf den Punkt, welche Auswirkungen Sojaanbau und flächendeckender Glyphosateinsatz für die Bevölkerung im ländlichen Raum hat. In Argentinien lassen sich die Auswirkungen von Glyphosat und anderen Ackergiften weltweit wohl am deutlichsten nachzeichnen. In ihrem packenden Dokumentarfilm „Tödliche Agri-Kultur - Wie Monsanto die Welt vergiftet“, der kürzlich erschienen ist, beschreibt die Journalistin Gaby Weber die Monsanto-Tragödie in dem südamerikanischen Land.

Seit vielen Jahren wird Argentinien mit Herbiziden, Insektiziden, Fungiziden und künstlichem Dünger überflutet. Denn dort sind 20 Millionen Hektar mit gentechnisch veränderter Soja bepflanzt. Das sind zwei Drittel der gesamten Ackerflächen des Landes. Kein Land weltweit sprüht mehr von dem unter dem Namen "Roundup" vertriebenen Ackergift auf seine Felder, im Jahr 2015 waren es mehr als 250 Millionen Liter. Nutznießer dieses Modells - Glyphosat und Gensoja-Monokulturen - ist Monsanto.

Dabei wird immer klarer: Das Modell Monsanto gescheitert. Nicht für Monsanto und die Soja anbauenden Großgrundbesitzer, wohl aber für die LandwirtInnen vor Ort und für die VerbraucherInnen in den Städten. Die Krebsrate ist in den Soja-Anbaugebieten zwei- bis dreimal höher als in der Stadt. Riesige Landesteile sind überschwemmt, weil der Boden die Niederschläge nicht mehr aufnehmen kann. Und was die Lebensmittelindustrie von diesen Feldern in die Supermärkte bringt und exportiert, ist gesundheitsschädlich.

„Tödliche Agri-Kultur - Wie Monsanto die Welt vergiftet“ lässt zahlreiche Betroffene und ExpertInnen aus Argentinien zu Wort kommen. Der 75-minütige Film ist ein eindeutiges Plädoyer gegen die Neuzulassung von Glyphosat, über die die EU dieses Jahr entscheiden wird. Die Dokumentation, die von der Autorin ohne finanzielle Hilfe erstellt wurde, steht auf Youtube bereit.

Quelle: meine-landwirtschaft.de

Bewußtsein und der gewalttätige Charakter aller Politik

"In Ländern, wo die Bürger noch eine leise Erinnerung daran haben, wie sie selbst zur Macht gekommen sind [...] besitzt man ein relativ klares Bewußtsein vom gewalttätigen Charakter aller Politik. Man hat also keinen Grund, es zu verleugnen, daß der Staat ein Machtapparat mit Machtmittel ist; man hat keinen Grund, den Gewaltapparat als Kommunikationsgemeinschaft solidarischer Demokraten zu verkaufen. Unter der Voraussetzung nun, daß der Staat sich zur Gewaltausübung als seinem legitimen Recht bekennt, ist es auch legitim, seine Macht anzugreifen und erobern zu wollen. Legal ist der Versuch freilich noch lange nicht, und er ist mit beträchtlichen Risiken verbunden, weil der Staat wiederum das Recht besitzt, sich nach Kräften zu wehren. Obgleich der Versuch, das Gewaltmonopol des Staates zu brechen, überall mit mit äußerster Härte verfolgt wird, wird er doch nirgends so sehr wie in Deutschland als Todsünde empfunden, welche den Täter disqualifiziert als amoralisches Monster."

Wolfgang Pohrt, Amnestie, in: derselbe, Zeitgeist, Geisterzeit, Berlin 1986, S.159 f.

“Wia d’Revoludsjo uffs Dorf komma isch”

Foto: Archiv Ebbe Kögel
Die Jugendbewegung des “wilden Jahrzehnts- 1968 -“ 1977 in der Provinz
Ein Vortrag mit Dias und Musik von Ebbe Kögel

Sonntag, 11. Juni, 11 Uhr


“The Times They Are A-™Changin- sang Bob Dylan im Jahre 1964 und kündigt damit an, was sich in den folgenden Jahren im ländlichen Raum abspielt: Strukturveränderungen in der Landwirtschaft und die Bildungsreform führen die Jugend aus den engen Grenzen des alten Dorfes heraus und bringen die Zeichen einer neuen Zeit: Beatmusik und lange Haare, Kriegsdienstverweigerung und Rebellion gegen die Autoritäten. Die Jugendlichen suchen nach neuen Wegen und stellen Althergebrachtes radikal in Frage -“ Ruhestörung für die Erwachsenen, das Recht auf Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen für die Jungen.

In provisorisch eingerichteten Kellern wird der erste Stehblues getanzt, Underground-Musik gehört, der erste Joint geraucht. Das Bedürfnis nach selbstverwalteten Räumen findet seinen politischen Ausdruck in der Jugendzentrumsbewegung, die Anfang der siebziger Jahre in vielen Dörfern und Kleinstädten der Republik entsteht.

Das selbstverwaltete Jugendzentrum in Stetten, bereits 1968 entstanden, das erste in der Bundesrepublik, gehört zur Speerspitze dieser Bewegung und wird durch eine spektakuläre und erfolgreiche Hausbesetzung im März 1977 bundesweit bekannt.
Anhand von Dias und Musikbeispielen wird die Stimmung der damaligen Zeit eingefangen und dargestellt, in welchem Ausmaß sich in einem Jahrzehnt alle Lebensbereiche veränderten und was von diesen Veränderungen heute noch geblieben ist.

Eintritt frei. Spenden erwünscht

Ort: Waldheim Gaisburg, Obere Neue Halde 1, 70186 Stuttgart


Mail: kultur@waldheim­gaisburg.de Web: www.waldheim­gaisburg.de

AfD: Entstehung und Entwicklung des rechten Projekts


Die Alternative für Deutschland (AfD) hat seit ihrer Gründung im Jahr 2013 erstaunliche Erfolge erzielt: Sie zieht in ein Parlament nach dem anderen ein, und die Abspaltung der Gruppe um Bernd Lucke hat der Partei nicht geschadet. Im Gegenteil: Die unter der neuen Führung nun noch weiter rechts stehende AfD hat die politische Landschaft nachhaltig verändert.

Wie ist der Aufstieg der AfD zu erklären − und welche gesellschaftlichen Ursachen liegen ihm zugrunde? Wer sind die Akteure − und was sind ihre Ziele? Welche Entwicklung hat die Partei bisher genommen − und wohin steuert sie? Wer wählt die Partei aus welchen Gründen? Welche Strömungen kämpfen um die Vormachtstellung innerhalb der AfD?

Der Vortrag liefert eine kompakte, übersichtliche Darstellung von Geschichte, Personal und Programmatik der AfD und ordnet den Aufstieg der Rechten in gesellschaftliche Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte ein. Im Anschluss können Strategien im Umgang mit der AfD diskutiert werden.

Sebastian Friedrich lebt in Berlin. Er ist Redakteur des Onlinemagazins "kritisch-lesen.de" und bei der Monatszeitung "analyse & kritik". Ende März erschien sein Buch "Die AfD. Analysen - Hintergründe - Kontroversen" beim Bertz + Fischer Verlag



16. Mai 2017 19 Uhr



Mehrgenerationenhaus Linde, Kirchheim u. Teck  


Leinfelden: Bosch will rund 350 Arbeitsplätze "sozialverträglich" vernichten

Die IG Metall Esslingen macht in einer Pressemitteilung von heute bekannt, daß bei Bosch in Leinfelden bis 2019 rund 350 Arbeitsplätze im gewerblichen Bereich vernichtet werden sollen:

In Leinfelden will Bosch rund 350 Arbeitsplätze abbauen - Nahezu der gesamte gewerbliche Bereich soll verlagert werden

Am Standort der Robert Bosch Powertools GmbH in Leinfelden arbeiten rund 1700 Beschäf­tigte. Davon sind derzeit rund 500 mit der Fertigung von Elektrowerkzeugen beschäftigt.

Zu der in der letzten Betriebsversammlung vom Arbeitgeber vorgestellten Umstrukturierung des Standorts Leinfelden fand am 26.04.2017 das erste Gespräch zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat statt.

Im Rahmen dieses Gesprächs machte der Arbeitgeber deutlich, dass nach seiner Planung aus wirtschaftlichen Gründen sukzessive bis Mitte 2019 ca. 350 Arbeitsplätze wegfallen.

In Leinfelden soll allein die Hammer-Montage mit rund 150 Arbeitsplätzen verbleiben. Auf der anderen Seite geht der Arbeitgeber davon aus, dass unter Umständen bis zu 60 Beschäftig­ten ein anderer Arbeitsplatz im Betrieb angeboten werden kann. Im Übrigen soll der Per­sonalabbau „sozialverträglich“ erfolgen.

Bereits jetzt ist aber klar, dass der Betriebsrat mit den geplanten Maßnahmen nicht einver­standen ist. Unabhängig davon wird der Betriebsrat die Planung prüfen und im Detail Stellung nehmen. Hauptsächlich wird es aber darum gehen, dem Arbeitgeber Alternativen aufzuzeigen, wie die Beschäftigung am Standort Leinfelden gesichert werden kann.

Die Betriebsratsvorsitzende Karin Solda ist sprachlos und wütend: Der Vorschlag der Geschäftsführung sei weit schlimmer, als man nach den Ausführungen auf der Betriebs­versammlung befürchtet hatte. Der Betriebsrat habe bereits seit Jahren Vorschläge zur Beschäftigungssicherung unterbreitet. 2014 war eine Betriebsvereinbarung zur Beschäfti­gungssicherung ausgelaufen. Sie enthielt eine Verhandlungsverpflichtung, die vorsah, über die zukünftige Sicherung der Arbeitsplätze erneut zu verhandeln. Die Geschäftsführung war, trotz mehrfacher Aufforderung des Betriebsrats, nicht bereit über die Vorschläge des Betriebsrats auch nur zu reden.

„Die jetzt vorgestellte Planung zur künftigen Struktur des Standorts ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten!“, so Solda.

Gerhard Wick, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Esslingen erklärte: „Der Vorschlag der Geschäftsführung ist an Phantasielosigkeit nicht zu überbieten. Die Beschäftigten bei Bosch in Leinfelden haben in der Vergangenheit gute Gewinne erwirtschaftet. Daraus erwächst für das Unternehmen die Verpflichtung Arbeitsplätze hier am Standort zu sichern. Die IG Metall erwartet, dass jetzt endlich über Zukunftsperspektiven für den ganzen Standort verhandelt wird.“

„Anlässlich seines 80. Geburtstags formulierte Robert Bosch seinen Wunsch für die Zeit nach ihm: „Pflegen Sie diesen Geist der Hingabe an die gemeinsame große Aufgabe [...] immerdar zum Wohle aller Betriebsangehörigen und zum Wohle des Unternehmens selbst, das mir als Werk meines Lebens teuer ist.“

Selbst viele Jahrzehnte nach seinem Tod im Jahr 1942 durchdringen die von Robert Bosch vorgelebten Werte und Denkweisen ein Unternehmen, das weltweit präsent ist und heute mehr als 360.000 Frauen und Männer beschäftigt. Großen Anteil daran hatten die ihm nach­folgenden Vorsitzenden der Geschäftsführung, die seine Werte und Ideen weiter entwickel­ten.“ (Zitat Bosch)

Wick fragt sich, wie die Werte sich bei Bosch „weiterentwickelt“ haben, dass das dabei rauskommt, was nun Strategie bei Bosch zu sein scheint. Entlassungen bei Bosch in Schwäbisch Gmünd und Bietigheim-Bissingen, Werksschließung in Fellbach und nun geplante Entlassungen bei Bosch in Leinfelden.

Theodor W. Adorno: Bekämpfung des Antisemitismus heute

Theodor W. Adorno, Heidelberg 1964
Foto: Jeremy J. Shapiro
Lizenz: CC BY-SA 3.0

"... wenn etwa von Antisemiten gesagt wird, die Juden entzögen sich der harten körperlichen Arbeit, so wäre es nicht der Weisheit letzter Schluß, zu erwidern, es habe doch im Osten so viele jüdische Schuster und Schneider gegeben, und es gebe heute in New York so viele jüdische Taxichauffeure.
Indem man so spricht, gibt man den Antiintellektualismus bereits vor und begibt sich auf die Ebene des Gegners, auf der man stets im Nachteil ist.
Man müsste stattdessen aussprechen, daß diese ganze Argumentation eine Rancune-Argumentation [Gehässigkeit, heimliche Feindschaft, Groll. Ressentiment... ] ist: weil man selber glaubt, hart arbeiten zu müssen oder es wirklich muß; und weil man im tiefsten weiß, daß harte physische Arbeit heute eigentlich bereits überflüssig ist, denunziert man dann die, von denen zu Recht oder Unrecht behauptet wird, sie hätten es leichter.
Eine wahre Entgegnung wäre, daß Handarbeit alten Stils heute überhaupt überflüssig, daß sie durch die Technik überholt ist und daß es etwas tief Verlogenes hat einer bestimmten Gruppe Vorwürfe zu machen, daß sie nicht hart genug physisch arbeitet.
Es ist Menschenrecht, sich nicht physisch abzuquälen, sondern sich lieber geistig zu entfalten."

Theodor W. Adorno: Bekämpfung des Antisemitismus heute, in Das Argument 29, Jg.6 1964

Trotz Klima der Angst - Blockaden und Großdemonstration setzt eindrucksvolles Zeichen gegen AfD-Rechtsruck und Einschüchterung der Polizei

Über 10.000 Teilnehmende ziehen als Großdemonstration von "Solidarität statt Hetze" durch die Kölner Innenstadt und feiern die erfolgreiche Verzögerung des Auftaktes des AfD-Bundesparteitages im Kölner Maritim Hotel. Am frühen Morgen haben bereits 3.000 Menschen den Zugang zum Tagungsort deutlich erschwert, mit Blockaden an neuralgischen Punkten. Es wurde ein eindrucksvolles Zeichen gegen den Rechtsruck in Deutschland und Europa gesetzt. Tom Wohlfarth von "Solidarität statt Hetze" sagt: „Wir haben gezeigt: Rechte Hetze und Menschenverachtung hat in unserer Gesellschaft keinen Platz. Dagegen haben wir, mit verschiedenen Protestsformen, ein deutliches Zeichen gesetzt.“ Kritik äußert die Kampagne Solidarität statt Hetze am Kölner Polizeipräsidenten. Reiner Schmidt von Köln gegen Rechts und Anmelder der Großdemonstration sagt: „Wir haben unser Wort gehalten: Von uns ging keine Eskalation aus. Jürgen Mathies blieb ungeachtet dessen leider auch bei seinem Wort und führte einen unverhältnismäßig harten Polizeieinsatz durch.“ Als in den Morgenstunden Demonstrierende aus dem gesamten Bundesgebiet in Köln ankamen, lernten sie das Demonstrationsrecht in der Lesart von Polizeipräsident Jürgen Mathies kennen. Vier vollbesetzte Busse erhielten noch vor dem Aussteigen am Kölner Stadtrand einen Platzverweis und mussten umkehren. Auch vielen Demonstrierenden aus Köln erging es ähnlich: Ihnen wurden der Zugang zu den angemeldeten Kundgebungen von der Polizei verwehrt. Trotz dieser Schikane gelangten 3000 Demonstrant*innen zu den Blockadepunkten. Jan Sperling, Pressesprecher von Solidarität statt Hetze berichtet: „Obwohl von den Blockadepunkten keine Eskalation ausging gab es immer wieder Schlagstockeinsätze der Polizei. Dies zeigt die unbedingte Eskalationswilligkeit, die der Polizeipräsident ja schon im Vorfeld ganz unverhohlen angekündigt hatte."

Quelle: Presseerklärung, Köln, 22.04.2017

DIDF: Wir unterstützen den Widerstand gegen die Ein-Mann-Diktatur weiter

Logo der DIDF
Der Bundesvorstand der DIDF (Föderation demokratischer Arbeitervereine e.V.), eine 1980 als Dachverband von Vereinen aus der Türkei gegründete Migrantenselbstorgansation mit mehr als mehr als 35 Mitgliedsvereinen und -gruppen hat gestern eine Erklärung zu den Ergebnissen des Referendums zu Einführung des Präsidialsystems in der Türkei veröffentlicht:

Nach nichtamtlichen Ergebnissen haben die Wähler in der Türkei beim gestrigen von Betrug und Manipulation überschatteten begleiteten Referendum äußerst knapp der Einführung des Präsidialsystems zugestimmt. Obwohl sich die Hälfte der Bevölkerung gegen dieses neue, undemokratische System ausgesprochen hat, feiern die von Erdogan und seiner AKP angeführten Befürworter der Verfassungsänderung einen vermeintlichen Sieg, mit dem sie den Weg zu einer Ein-Mann-Diktatur freigeräumt sehen.

Dabei konnten sie trotz der Verhaftungswelle gegen kurdische Politiker und die gesamte Opposition, der Mobilisierung sämtlicher staatlicher Möglichkeiten im Wahlkampf unter den ungleichen Bedingungen des Ausnahmezustands und trotz der Manipulationen beim Referendum ihr Ziel von 60 Prozent Zustimmung nicht erreichen. Insbesondere in großen Industriestädten sprachen sich die Wahlberechtigten mit großer Mehrheit gegen die Verfassungsänderung aus. Ohne die fragwürdige Entscheidung der Obersten Wahlkommission, trotz der anderslautenden Gesetzeslage nicht verifizierte Stimmzettel für gültig zu erklären, hätten Erdogan & Co. das vorliegende Ergebnis nicht erreicht.

Die Gegner der Verfassungsänderung wollen das Ergebnis anfechten und sehen sich ermutigt, den Kampf für Demokratie in der Türkei verstärkt fortzusetzen. Den gestrigen Tag sehen sie nicht als einen Tag der Niederlage, sondern als Anlass für einen stärkeren Kampf gegen die Einführung einer Präsidialdiktatur. Bereits am Abend des Referendums gingen Zehntausende landesweit auf die Straßen, um gegen den Wahlbetrug zu protestieren.

Auch die Wahlbeteiligung der stimmberechtigten Türkei-Stämmigen in Deutschland blieb mit unter 50 Prozent hinter den Erwartungen von Erdogan und AKP zurück. Alle Versuche, die Polarisierung des türkischen Wahlkampfes nach Deutschland zu tragen, die hinaufbeschworenen diplomatischen Krisen mit Deutschland und anderen EU-Ländern nutzten nur wenig. Die Zustimmung zur Verfassungsänderung in Deutschland liegt zwar bei 63 Prozent. Allerdings relativiert sich dieses Ergebnis angesichts der Tatsache, dass knapp eine Million der 1,4 Mio. Wahlberechtigten in Deutschland dem Präsidialsystem nicht zugestimmt haben.

Trotzdem sollte niemand über die tiefen gesellschaftlichen Gräben hinwegsehen, die im Wahlkampf in der Türkei wie in Deutschland entstanden sind. Das Ergebnis sehen wir als einen Ansporn, um uns für die Stärkung des Zusammenlebens hier in Deutschland einzusetzen. Wir werden stärker denn je unsere Stimme für ein gleichberechtigtes Zusammenleben und gegen alle Spaltungsversuche hierzulande erheben. Wenn die demokratische Öffentlichkeit, Gewerkschaften, antirassistische Kräfte in Deutschland für eine Stärkung des gleichberechtigten Zusammenlebens eintreten, kann die Hetze und Einfluss Erdogans zurückgedrängt werden.

Ebenso brauchen die demokratischen Kräfte in der Türkei mehr denn unsere Unterstützung und Solidarität. Lassen wir sie bei ihrem Kampf gegen die Ein-Mann-Diktatur nicht allein. Setzen wir uns gemeinsam dafür ein, dass Erdogan und seine AKP keine politische und wirtschaftliche Unterstützung mehr von der Bundesregierung erhalten. Denn eine demokratische Türkei ist in unser aller Interesse! Deshalb sagen wir: Internationale Solidarität tut Not -“ jetzt erst recht!

DIDF Bundesvorstand

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