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Stuttgarter Plattform "Weg mit den §129 - Gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen" gegründet

In Stuttgart hat sich die Plattform "Weg mit den §129 - Gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen" gegründet. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt den Internationalen Angriffen auf revolutionäre und fortschrittliche Strukturen eine internationalistische Aktionseinheit entgegenzusetzen die praktische Solidarität schaffen, die Verfolgung von Revolutionären verurteilen und den revolutionären Kampf verteidigen soll. Ein erster Ausdruck dessen soll auch die Mobilisierung zur Delegation zum §129b-Prozess in Stuttgart Stammheim am 06. Juli 2010 sein. In einem dazu erschienenen Aufruf heißt es:

Weg mit den §129 -“ Gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen

Der §129b-Prozess in Stuttgart Stammheim nähert sich im Juli diesen Jahres seinem Ende. Seit dem 17.März 2008 findet in der Aussenstelle des Oberlandesgerichts Stuttgart auf dem Gelände der JVA Stammheim der erste §129b Prozess gegen die vermeintlichen DHKP-C Mitglieder Devrim Güler und Ahmet D. Yüksel statt.

Dieser Prozess ist gleichzeitig auch der erste nach §129b, der sich gegen eine linke, revolutionäre Organisation richtet. Dass für diesen Prozess der Komplex Stammheim ausgesucht wurde, ist kein Zufall.

In dem Geschichtsträchtigen Gerichtssaal des Hochsicherheitsknastes Stuttgart Stammheim saßen bereits die Revolutionäre der Roten Armee Fraktion (RAF) auf der Anklagebank und wurden durch die Exekutive des deutschen Imperialismus, der bürgerlichen Justiz, nach §129a verurteilt.

Damals, am 21.März 1975, wurde der §129a mit dem Prozess gegen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan Carl Raspe zum ersten Mal angewendet und vorexerciert was danach zum Kriminalisierungsinstrumnet gegen breite Teile der radikalen Linken wurde.

Heute soll mit dem §129b Prozess gegen Devrim Güler und Ahmet D. Yüksel, nun das beispielhaft angewendet werden was danach der weiteren Kriminalisierung von migrantischen revolutionären Organisationen und antiimperialistischen/ internationalistischen Gruppen Tür und Tor öffnen soll.

Die §129, und insbesondere der §129b, sind damit der wohl deutlichste und weitreichendste Ausdruck einer zunehmenden Kriminalisierung von revolutionärem Widerstand auf internationaler Ebene. So können revolutionäre, linke oder fortschrittliche Menschen, die den Kampf in anderen Ländern unterstützen, zukünftig dafür kriminalisiert werden.

Ausserdem erlauben die §129 der BRD, mit den EU-Antiterrorgesetzen und dem dazugehörigen Aussenwirtschaftsgesetz, die opositionellen fortschrittlichen Kräfte auf internationaler Ebene zu bekämpfen.

Die Auswirkungen des §129b und die zunehmende Kriminalisierung von MigrantInnen zeigen sich jetzt schon in aller Härte:

Mit dem §129b wurden auf Bundesebene bereits 6 Personen mittels DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei -“ Front) Vorwurf festgenommen und befinden sich seit ihren Festnahmen (teilweise über drei Jahre) in Isolationshaft.

Im Mai diesen Jahres wurde eine Person festgenommen, dem die Mitgliedschaft in der LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam) vorgeworfen wird.

Darüber hinaus ist noch immer ein Verfahren nach §129b gegen 10 Personen anhängig, denen vorgeworfen wird innerhalb der TKP/ML (Kommunistische Partei der Türkei/ Marxisten Leninisten) eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben.

Auch die Verfolgung gegen die kurdische Linke, die seit Jahren von der Verfolgung mit §129 in der BRD betroffen sind, hat sich in den letzten Monaten erneut verstärkt. So wurde auf europäischer Ebene die Studios des kurdischen Nachrichtensenders ROJ TV gestürmt, 30 Personen festgenommen. Darunter 8 kurdische Politiker.

Jetzt aktuell vor drei Wochen fanden im Umkreis Stuttgarts Hausdurchsuchungen statt und mehrere kurdische Jugendliche wurden festgenommen. Diese Entwicklungen machen uns die Notwendigkeit einer internationalistisch ausgerichteten Aktionseinheit gegen diese Angriffe des Staates auf unsere Strukturen und GenossInnen mehr als deutlich.

Aus diesem Grund hat sich die Stuttgarter Plattform „Weg mit den §129 -“ Gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen“ gegründet, um die Solidarität mit den Gefangenen und Verfolgten praktisch werden zu lassen, die Verfolgungen der Revolutionäre zu verurteilen und den revolutionären Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung über alle Grenzen hinweg zu verteidigen.

Einen erster Audruck dessen sehen wir in der Beteiligung an der Prozessdelegation am 06. Juli nach Stuttgart Stammheim. An diesem Tag wird die Verteidigung ihre Pläydoyers halten und einer der Gefangenen, Ahmet D. Yüksel eine Erklärung zum Prozess verlesen.

Kommt am Dienstag den 06. Juli 2010 um 9 Uhr zum OLG Stuttgart, Aspergerstr 49, 70439 Stammheim.

Der Internationalen Verfolgung die Internationale Solidarität entgegensetzen!

Weg mit den §129!

Stuttgarter Plattform „Weg mit den §129 -“ Gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen“: AGIF, ATIF, ATIF-YDG, Libertäres Bündnis Ludwigsburg, Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen

Kontakt e-mail für Fragen und Interesse an der Plattform:

gegen129@gmx.de

Alle Informationen zu den §129b-Prozessen und zur Delegation am Dienstag den 06.Juli 2010 unter:


www.no129.info

Gegen Niedriglöhne und Hartz IV!

Aus Anlass des Abschlusses eines Tarifvertrages zur Leiharbeit dokumentieren wir ein aktuelles Flugblatt der "Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken":
Gewerkschaftslinke verurteilen Tarifvertrag zu Leiharbeit - Niedriglöhne werden zementiert
Am 30. April hat die DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit mit dem Arbeitgeberverband iGZ einen neuen Tarifvertrag unterzeichnet. Er ist ein Schlag ins Gesicht der LeiharbeiterInnen.

Mit diesem Tarifvertrag wird das seit 2004 gültige gesetzliche „Equal Pay“ ohne Not unterlaufen. Dieses Gesetz (1.1.2004) sieht vor, dass LeiharbeiterInnen für die gleiche Arbeit ebenso entlohnt werden müssen, wie die KollegInnen der Stammbelegschaften. Es sei denn, eine Gewerkschaft verhandelt einen Tarifvertrag, der eine schlechtere Entlohnung vorsieht. So gab es von Seiten der Christlichen Gewerkschaften wie auch von der DGB Tarifgemeinschaft Zeitarbeit entsprechende Tarifverträge. Diese waren nun ausgelaufen.

Die Tariffähigkeit der Christlichen Tarifgemeinschaft steht nach wie vor in Zweifel. Hätte der DGB keinen neuen Vertrag abgeschlossen, hätte eine realistische Aussicht auf „Equal Pay“ für die Branche bestanden. Diese Tür ist nun für Jahre zugeschlagen worden. So sollen die Entgelte der untersten Entgeltgruppe in Westdeutschland ab dem 1. Juli 2010 auf 7,60 Euro und in weiteren Stufen bis auf 8,19 Euro ab dem 1. November 2012 steigen. In Ostdeutschland erhöht sich das Entgelt der untersten Entgeltgruppe ab 1. Juli 2010 auf gerademal 6,65 Euro und in weiteren Stufen -“ auf dann 7,50 Euro ab 1. November 2012.

Dieser Tarifvertrag zementiert die Niedriglöhne in der Leiharbeit.

Die Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken verurteilt diesen Abschluss auf-™s Schärfste. Er hat nichts mit Interessensvertretung der LeiharbeiterInnen zu tun, sondern lieferte diese ans Messer der Leihfirmen. Und dies in Zeiten, wo damit zu rechnen ist, dass Leiharbeit eine weitere Ausdehnung erfährt. Dies wird insgesamt den Druck auf das Lohnniveau verstärken.

In der Abschlusserklärung der 11. Konferenz der Gewerkschaftslinken (Oktober 2009) heißt es:

„Hartz IV mit seinen Zumutbarkeitsklauseln und Sanktionsmöglichkeiten hat mit entscheidend dazu beigetragen, dass der Niedriglohnbereich und die prekären ungesicherten Beschäftigungsverhältnisse massiv angestiegen sind. Dem kann nur mit der Durchsetzung eines für alle Branchen gültigen gesetzlichen Mindestlohns von zunächst 10 € in der Stunde, und zwar lohnsteuerfrei begegnet werden.
Die ungesicherten Beschäftigungsverhältnisse -“ Leiharbeit, Befristungen, Minijobs usw. sind in den letzten Jahren kräftig gestiegen. Sie spalten Belegschaften und machen erkämpfte Errungenschaften (Tariflöhne, Kündigungsschutz usw.) zunichte. Wie krass aber die Auswirkungen der Krise auf diese Beschäftigtengruppe sind, spüren wir sehr heftig seit dem Beginn der Krise. Sie waren die Ersten, die auf die Straße gesetzt wurden -“ oft sogar direkt in Hartz IV fielen, weil die Beschäftigungszeiten für ALG I nicht reichten oder die Einkommen so niedrig sind, dass ALG II höher ist als ALG I. Diese Beschäftigungsverhältnisse müssen abgeschafft werden. Auch zum Schutze der regulären Beschäftigungsverhältnisse.“
Weitere Infos im Labournet

Israel kapert gewaltsam Gaza-Freedom-Flotilla in internationalen Gewässern, mehrere Tote

In der vergangenen Nacht hat die israelische Marine die Boote der Freedom-Flotilla der internationalen Free-Gaza-Bewegung eingekesselt und aufgebracht. Es wird von mindestens zwei Toten, teilweise von 16 Toten und bis zu 50 Verletzten berichtet (Stand: 8.30 Uhr). Die Schiffe befanden sich nach Angaben von „Free Gaza“- Sprecherin Audrey Bomse ganz klar in internationalen Gewässern.

Laut Aljazeera wurde im israelischen Militärradio behauptet, die Soldaten hätten geschossen, „nachdem sie an Bord mit scharfen Gegenständen konfrontiert worden seien“. Die Free-Gaza-Bewegung berichtet, dass das Militär unmittelbar beim Stürmen des türkischen Schiffes das Feuer eröffnete.

Aus Deutschland sind bei der Freedom-Flotilla der internationalen Free-Gaza-Bewegung dabei: Matthias Jochheim (stellvertretender Vorsitzender der IPPNW und KoPI-Vertreter), Norman Paech (emeritierter Hochschullehrer und IPPNW-Beiratsmitglied), Nader el Sakka (Palästinensische Gemeinde Deutschland e.V.) und zwei Abgeordnete des Deutschen Bundestages, Inge Höger (Verteidigungsausschuss) und Annette Groth (Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe).

Protestieren Sie! Im Anhang und unten Anschriften, an die Sie sich mit Ihrem Protest wenden können.

Mit freundlichen Grüßen
Hilu Barth, pax christi
Sabine Farrouh, IPPNW
Gisela Siebourg, Deutsch-Palästinensische Gesellschaft
George Rashmawi, Palästinensische Gemeinde Deutschland
Khaled Hamad, Deutsch-Palästinensische Medizinische Gesellschaft
Bernd Klagge, VIS

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Botschaft des Staates Israel

Auguste-Viktoria-Str. 74-76, 14193 Berlin
Telefon (030) 89045500
Fax (030) 89045309
Email botschaft@israel.de
Web http://www.israel.de

Botschafter Yoram Ben-Zeev
Email ambsec@berlin.mfa.gov.il

Israelische Regierung

siehe auch www.pmo.gov.il/PMOEng/Government/Offices/

Prime Minister Benjamin Netanyahu
Phone 00 972 (2) 6705555
Fax 00 972 (2) 5664838
Email PM_ENG2@pmo.gov.il
via Internet http://www.pmo.gov.il/PMOEng/PM/Write+to+PM/

Deputy Prime Minister and Minister of Foreign Affairs
Phone 00 972 (2) 5303519
Fax 00 972 (2) 5303704
Email feedback@mfa.gov.il
Email sar@mfa.gov.il
via Internet http://www.mfa.gov.il/MFA/feedback.htm

Minister of Defense Ehud Barak
Phone 00 972 (03-6976663
Fax 00 972 (03-6976218
Email pniot@mod.gov.il
Web http://www.mod.gov.il/

Minister of Interior Eli Yishai
Phone 00 972 (2) 6701412/4
Fax 00 972 (2) 6701585
Email pniot@moin.gov.il
Email sar@moin.gov.il
Web http://www.moin.gov.il/

Minister of Justice Yaakov Ne'eman
Phone 00 972 (2) 6466533/5
Fax 00 972 (2) 6287757
Email YaelK@justice.gov.il
Email mancal@justice.gov.il
Web http://www.justice.gov.il/mojHeb/

Deutsche Botschaft in Israel

Botschafter Dr. Dr. h.c. Harald Kindermann
Email info@tel-aviv.diplo.de
via Internet www.tel-aviv.diplo.de/Vertretung/telaviv/de/Kontakt.jsp
Fax 00 972 (3) 6969217

Deutsche Regierung und Bundestag

Bundeskanzlerin
Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin
Angela Merkel, Email angela.merkel@bundestag.de, Fax (030) 227-76533
via Internet www.bundeskanzlerin.de/Webs/BK/De/Service/Kontakt/kontakt.html

Bundesaußenminister
Auswärtiges Amt, 11013 Berlin
Guido Westerwelle, Email guido.westerwelle@bundestag.de, Fax (030) 227-76562

Fraktionsvorsitzender CDU/CSU
Volker Kauder, Email volker.kauder@bundestag.de, Fax (030) 227-76601
Fax (030) 227-56115 (Fraktion)

Fraktionsvorsitzender SPD
Dr. Frank-Walter Steinmeier, Email frank-walter.steinmeier@bundestag.de, Fax (030) 227-56591
Fax (030) 227-56800 (Fraktion)

Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen
Renate Künast, Email renate.kuenast@bundestag.de, Fax (030) 227-76913
Jürgen Trittin, Email juergen.trittin@bundestag.de, Fax (030) 227-76203
Fax (030) 227-56552 (Fraktion)

Fraktionsvorsitzende FDP
Birgit Homburger, Email birgit.homburger@bundestag.de, Fax (030) 227-76782
Fax (030) 227-56778 (Fraktion)

Fraktionsvorsitzender Die Linke.
Gregor Gysi, Email gregor.gysi@bundestag.de, Fax (030) 227-76700
Fax (030) 227-76248 (Fraktion)

Quelle: Der Aufruf:
"Die Blockade beenden! Ein Schiff mit medizinischen Hilfsgütern für Gaza." via
www.freegaza.de & www.kopi-endederbesatzung.de

Siehe auch:
"Israel greift den Free Gaza-Konvoi an"

Wenn wir etwas opfern müssen, ist es Zeit und Herz, sie zu stürzen

Am Mittwoch, 7. Mai 2010 folgten mehrere hunderttausend Menschen einem Aufruf zahlreicher griechischer Gewerkschaften zu einem landesweiten Generalstreik und protestieren gegen die Sparpläne der Regierung. Es waren die größten Demonstrationen in Griechenland seit dem Ende der Militärdiktatur 1974. Während der Abschlusskundgebung vor dem Parlamentsgebäude in Athen kam es zu schweren Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften als Demonstrant/innen versuchten, das Parlament zu stürmen.

Unbekannte setzten eine Filiale der Marfin-Bank mit Molotowcocktails in Brand. In den Flammen starben Paraskeui Zoulia, (35), Epameinondas Tsakalis (36) und Aggeliki Papathanasopoulou (32).

Dieses schockierende Ereignis ist Anlass der folgende Erklärung des griechischen Netzwerk für die politischen und sozialen Rechte (Diktyo), übersetzt und veröffentlicht durch die Interventionistische Linke (iL):

Wenn wir etwas opfern müssen, ist es Zeit und Herz, sie zu stürzen

Ein wirklicher Generalstreik, die größte Demonstration Arbeitender der letzten Jahrzehnte

Schließlich haben der kleine Georg Papandreou und seine Regierung das Land nicht in Ordnung gebracht. Der Streik des 5. Mai und die Demonstrationen in Dutzenden von Städten Griechenlands, die Zusammenstöße mit der Polizei und die Besetzungen öffentlicher Gebäude zeigten, dass große Teile der Arbeitenden, der Arbeitslosen und der Jugend nicht gewillt sind, ihr Leben dem Kapital zu opfern, sich den Anordnungen der EU und des IWF zu beugen. Am 5. Mai hat sich manifestiert, daß wir die Krise zu ihrer Krise machen können, dass es, wenn sie Darlehen wollen, um die Banken zu finanzieren, viele, ja sehr viele Menschen in dieser Gesellschaft gibt, die rufen: „Haben wir uns das zusammen in die Taschen gestopft?“ Die massenhaften Zusammenstöße einfachen Volks mit den Repressionsorganen zeigen: Die Chancen stehen gut; zurecht fürchtet der kleine Georg einen Dezember[1] der Arbeitenden, zurecht verfolgen wir dieses Ziel.

Der kriminelle Tod dreier Unschuldiger

Mitten in dieser phantastischen Erhebung der Arbeitenden starben drei unschuldige Menschen nach der Brandstiftung in der Marfin-Bank in der Stadiou-Straße. Hier ist kein Platz für halbe Worte oder für Rechtfertigungen. Der tragische Tod der drei Bankangestellten ist der kriminellen Gleichgültigkeit menschlicher Existenz gegenüber in der Szene derer, die den Brand gelegt haben, geschuldet. Zu Recht klagen Betriebsräte von Bankangestellten die Scheußlichkeiten von Vjenopoulos[2] an, der die Angestellten verpflichtet hatte, in der Bank zu bleiben, kritisieren sie das Fehlen eines Notausgangs, jeglicher Brandschutzvorrichtungen usw.

Wir müssen dagegen als Bewegung insgesamt, aber auch als jedes ihrer Bestandteile, unsere Zerknirschung zum Ausdruck bringen und Selbstkritik üben, weil es uns nicht gelungen ist, den Fetischismus der Gewalt zu begrenzen, der zu dieser Katastrophe geführt hat. Unsere Gegner verfügen über den Zynismus und die Heuchelei, über „Kollateralschäden“ zu reden; die moralischen Werte der Bewegung dagegen erlauben uns derartiges nicht. Wir bringen keine Opfer für den Kapitalismus; wir brauchen keine Menschenopfer, um ihn zu stürzen.

Staatliche Gewalt und Gegengewalt der Bewegung


Es ist mittlerweile offensichtlich, dass, je mehr die unsozialen Maßnahmen eskalieren, je mehr sich die ökonomische und soziale Krise vertieft, je mehr sich die Wut, die Hoffnungslosigkeit und die Ausweglosigkeit steigern, desto mehr die Repression der ständige Begleiter der neoliberalen Verwaltung der Krise sein wird. EU und IWF verlangen nicht nur „öffentlich-rechtliche Stabilität“, sondern auch sozialen Frieden. Deswegen wird − zwar nicht direkt parallel, aber doch auf jeden Fall symmetrisch − der ökonomische Terror der Kürzungen, der Entlassungen und der Arbeitslosigkeit gefolgt werden vom Terror der Sondereinheiten, des Tränen- und Giftgases[3], der Festnahmen und Verhaftungen.

Im Durcheinander freut sich der Wolf ...

Die Regierung, wenn sie auch die Maßnahmen verabschiedet hat, aufgrund der Empörung der Massen in der Enge (und vor allem in Angst vor dem, was folgen kann, wenn sie umgesetzt werden) und gleichzeitig rechenschaftspflichtig gegenüber „ihren Darlehensgebern“, schlachtet den Tod der drei Angestellten aus, um den Kampfgeist der Arbeitenden zu schwächen und die Verschärfung der Repression zu rechtfertigen. Seien wir sicher: In der jetzt folgenden Zeit werden Robocops und Gerichte Streiks der Arbeitenden frontal und ohne Vorwand angreifen. Das Vorspiel dazu sehen wir schon heute mit der Diktatur, die sie in Exarcheia[4] oktroyieren (massenhafte Festnahmen, tagtägliches Verprügeln, Überfall auf Treffpunkte und besetzte Häuser -“ der schikanöse Überfall der Einheit DELTA[5] auf den Migrantentreffpunkt und das Soziale Zentrum in der Tsamandou-Straße ist ein Beispiel dafür), und dem Versuch der Kriminalisierung des gesamten anarcho-antiautoritären Spektrum mittels Zuweisung der kollektiven Verantwortung für die Brandstiftung der Marfin-Bank.

Auch hier ist kein Platz für halbe Worte oder für Rechtfertigungen. Wenn wir erlauben, dass ein „Sonderzustand“ in Exarcheia geschaffen und dass die anarchistische Szene in einen „Ausnahmezustand“ versetzt wird, ist sicher, dass der Weg geöffnet wird für die Unterdrückung der breiteren Bewegung und auf jeden Fall für die Desorientierung und die Beugung des Kampfgeists großer Teile der Arbeitenden. Die politische Verantwortung derjenigen Teile der anarchistischen Szene, die nicht politisch der Fetischisierung der Gewalt entgegentreten, kann unter keinen Umständen die Rechtfertigung für die staatliche Repression liefern.

Für einen Dezember der Arbeitenden

Wir erleben die größte Einschränkung von Rechten und Errungenschaften seit dem Ende des Bürgerkriegs[6]. Wir haben die volksfeindlichste, schmierigste und demagogischste Regierung der Nachjuntazeit[7]. Unser Überleben und unsere Würde sind bedroht, aber auch unsere Substanz selbst als Arbeitende.

Die Bedingungen sind günstig! Jeder Kampf, der jetzt geführt wird, braucht unser aller Unterstützung. Seien wir überall! Wenn wir etwas opfern müssen, ist es Zeit und Herz, sie zu stürzen. Mit Streiks, mit Besetzungen, mit Schließung von Straßen, mit Stadtteilkomitees gegen das Gesetzespaket, mit Netzwerken sozialer Solidarität, Blockierung von Hausversteigerungen und Wiederaneignungen von Grundnahrungsmitteln aus Supermärkten, mit allem, was wir brauchen, um aufrecht zu bleiben und zu beginnen zu siegen.

10.05.2010
Netzwerk für die Politischen und Sozialen Rechte (Ortsgruppe Athen)

[1] Anspielung auf den Dezember 2008, die massenhafte Jugendrevolte in Griechenland
[2] Eigentümer der Marfin-Bank
[3] Es handelt sich dabei um ein Gas, das deR Betroffenen vorübergehend die Luft nimmt
[4] Viertel in der Innenstadt Athens, in dem viele Linke und Anarchisten, aber auch Junkies, Künstler, Obdachlose usw. zuhause sind bzw. sich aufhalten („Kreuzberg Athens“)
[5] motorisierte Sondereinheit der Polizei, die nach dem Dezember 2008 eingerichtet wurde, als besonders rabiat und brutal bekannt
[6] 1949
[7] 1974: Ende der Militärjunta in Griechenland

Zitat des Tages

„Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“
(Bert Brecht)

Sie leben!

Buchcover
Gestern hatte ich Post von Unrast bekommen und gleich "Nachtschicht" eingelegt, um mir die ersten Beiträge im vom ak wantok herausgegebenen neuen Buch "Perspektiven autonomer Politik" reinzuziehen: Das Interview mit Wolf Wetzel beispielsweise zur Frage autonomer Theoriearbeit, deren Zusammenhang zur Praxis und zu den Möglichkeiten und Notwendigkeiten autonomer Perspektiven. Zu Wort kommen aber auch jüngere ProtagonistInnen, die darüber diskutieren, was für sie die autonome Subkultur ausmacht oder Leute vom Versand "Fire and Flames", von "Disorder" und "Red Stuff", die zum autonomen Lifestyle und wie und ob die die Bedienung dieser Bedürfnisse mit Kapitalismuskritik verträgt befragt werden.

Angesichts der sonst trotz Ellenlänge großteils wenig vorwärtsweisenden Texte in anderen Publikationen ist das Buch längst überfällig gewesen, zumal es seit den 1990er Jahren (nach "Drei zu Eins", "Feuer und Flamme 2", "Glut und Asche", den Autonomiekongressreadern, den es auch als Reprint gibt und den l.u.p.u.s. Büchern "Geschichte, Rassismus und das Boot. Wessen Kampf gegen welche Verhältnisse" und "Lichterketten und andere Irrlichter - Texte gegen finstere Zeiten") kaum derart umfangreiches Material gab. Das Buch freut mich - besonders auch deshalb, weil es ja die durchaus verbreitete Meinung gibt, dass es keine Autonomen mehr gebe bzw. sie - außer in Griechenland usw. - keine Rolle mehr spielen. Und weil es angesichts der Themenvielfalt zeigt, dass noch einiges in der Bewegung steckt, wenn es entsprechend reflektiert wird. In dem Sinne bin ich auf den Rest der Beiträge sehr gespannt.

Der ak wantok hat in diesem Buch an die 50 Beiträge vereint, die sich mit der Geschichte, vor allem aber mit der Gegenwart und Zukunft der autonomen Bewegung auseinandersetzen. Der Textsammlung liegt die Überzeugung zugrunde, dass die autonome Bewegung nicht nur ein bedeutendes Kapitel in der neueren Geschichte linksradikalen Widerstands in Europa darstellt, sondern dass sie einen Rahmen geschaffen hat, der auch zukünftig das Schaffen und Verteidigen gegenkultureller Räume ebenso ermöglichen und stärken kann wie den Kampf gegen Herrschaft, Unterdrückung und Ausbeutung. Aus der Einleitung: "Autonome Diskussionen finden auf Treffen statt, auf Veranstaltungen und Demos, in Szeneblättern und Internet-Foren. Sie sind breit gefächert, vielfältig und komplex, und das ist gut so. Manchmal jedoch scheinen den Diskussionen gemeinsame Referenzpunkte zu helfen, die Debatten zusammenfassen, zueinander in Beziehung setzen und in historische Zusammenhänge rücken. Dies kann zu mehr Klarheit führen, noch einmal neue Perspektiven ermöglichen und Grundlagen für weitere lebendige Diskussionen schaffen." (Verlagsankündigung)


ISBN: 978-3-89771-500-4
Ausstattung: br., 406 Seiten
Preis: 18.00 Euro

Niemand ist vergessen! In Gedenken an Dieter Eich

Im Rahmen der Gedenkaktivitäten anlässlich des 10. Todestages von Dieter Eich, die am 23. Mai 2010 ab 14 Uhr in Berlin-Buch ihren Höhepunkt in einer Gedenkdemonstration finden werden, wurden auf Indymedia einige Texte rund um den Nazimord und den politischen Kontext des Mordes veröffentlicht:

1. Teil der Artikelserie: "Der Mord an Dieter Eich"
2. Teil der Artikelserie: Rechte Gewalt und ein “unpolitischer Messerstoß-?
3. Teil der Artikelserie: „Asozial“ - Über die staatliche Legitimierung zu Morden
4. Teil der Artikelserie: Abwertung und Gewalt gegen „Asoziale“
5. Teil der Artikelserie: Zwangspsychiatrie - Kontinuitäten und Brüche
6. Teil der Artikelserie: Arbeit, Arbeit, nichts als Arbeit...
7. Teil der Artikelserie: Kein Platz für Schmarotzer

Interview von Radio Corax: Nazimorde & soziale Ausgrenzung

Kürzlich erschien ein Mobilisierungsvideo zu der Demo:



via racethebreeze / Lahnix

"Offene Mail" an die Verantwortlichen für das Demokratieabbauprojekt "Stuttgart 21"

Morgen findet ab 18:00 Uhr vor dem Nordausgang des Stuttgarter Hauptbahnhofs die inzwischen 27. Montagsdemo gegen das Projekt "Stuttgart 21" statt. Die Teilnehmerzahlen sind langsam am Wachsen. Mittlerweile kommen fast regelmäßig mehr als 4000 Menschen.

Gestern wurde via Parkschützer eine "offene Mail" an die Bundeskanzlerin Merkel, Verkehrsminister Ramsauer, den SPD-Parteivorsitzenden Gabriel, den baden - württembergischen Ministerpräsidenten Mappus, die PolitikerInnen aller Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat, im Landtag und im Bund sowie an den Bahnchef Dr. Grube veröffentlicht:
Stuttgart, den 15. Mai 2010

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrter Herr Verkehrsminister Ramsauer, sehr geehrter SPD-Parteivorsitzende Gabriel, sehr geehrter Herr Ministerpräsident Mappus, sehr geehrte Politiker aller Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat, im Landtag und im Bund, sehr geehrter Bahnchef Dr. Grube,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Inzwischen ist das Projekt Stuttgart 21 und der täglich wachsende Widerstand in Stuttgart deutschlandweit in den Fokus der Medien geraten. Größtenteils sind Medienecho und Einschätzung von Experten zu S 21 verheerend: in vielerlei Hinsicht. Tausende sich von den Projektbetreibern DB AG, Stadt, Land und Bund getäuscht fühlende Bürger jeglichen Alters, sozialer Schicht und unabhängig von parteipolitischer Orientierung organisieren sich zum Widerstand, unter anderem bei den Parkschützern (inzwischen knapp 14.000 registriert) - als Teil des Aktionsbündnisses gegen S 21. Ein deutschlandweit einmaliger kurioser Vorgang: das demographische und sozioökonomische Querschnittsprofil der Bevölkerung so präzise abbildend in seiner Vielfältigkeit. Ein mehr als deutlicher Hinweis, dass hier etwas gewaltig schief läuft. Diese Bürger und Wähler, in der Regel über das Projekt bestens informiert, empfinden sich berechtigterweise als Spielball für ein Abenteuer mit erheblichen Zerstörungen und Risiken für Stadt mitsamt völlig ungewissem Ausgang. Als Spielball für die Durchsetzung von Partikularinteressen, für die ihnen die Mehrheit der Wahlberechtigten keinerlei Mandat gab -“ unabhängig davon, welche Partei sie wählten und ob sie überhaupt wählten.

An die Projektbetreiber möchten wir ausrichten: der jahrelange Protest, die seit November 2009 stattfindenden wöchentlichen frühabendlichen Montagsdemonstrationen mit tausenden Teilnehmern, zusätzlich die Demonstration im Schlosspark am 24. April mit über 10.000 Teilnehmern sowie zahlreiche andere Protestveranstaltungen, die unzähligen Briefe, Appelle und ähnliches, die Sie unter anderem auch von uns erhielten und die inzwischen ganze Bibliotheken füllen können, wurden bisher auf unerträgliche Art ignoriert. Seit der Kommunalwahl im Juni 2009, bei der in Stuttgart die Grünen überraschend stärkste Fraktion wurden, befindet sich OB Schuster, der sein 2004 gegebenes Wahlversprechen zum Bürgerentscheid gebrochen hat, auf der Flucht im Exil zu Repräsentationszwecken auf Steuerkosten. Während im Rathaus, dem er als OB vorsteht, nicht nur in seiner CDU-Fraktion der Karren vor die Wand fährt und in Stuttgart der soziale Friede bedroht ist. Wenn ein öffentlicher OB-Termin in der Stadt nach vielen Monaten nicht zu umgehen ist, wie letzten Freitag (7. Mai) auf dem Marktplatz, wird er von bereits aktiven S 21 Gegnern ausgepfiffen, und wenn diese vor der Abschlussrede geschlossen den Platz verlassen, ist dieser bis auf ein paar spielende Kinder komplett leer. Die (bisher noch) nicht protestierende Bürgerschaft hat sich schon lange in weiten Teilen von dem OB abgewendet.

Die mit dem Projekt verbundenen Zerstörungen und Risiken sowie die Versenkung von Milliarden unserer Steuergelder, entnommen aus leeren Kassen, nehmen wir nicht hin: in einer Stadt, in der Turnhallen und Klassenräume wegen Einsturzgefahr gesperrt sind, Eltern in den Schulferien Klassenzimmer renovieren, in der auf Straßen und Trottoirs wadentiefe Schlaglöcher zu Verletzungen von Fußgängern und Radfahrern führen, in der gewaltige Herausforderungen mit knappsten Mitteln zu bewältigen sind und überall Kürzungen anstehen. Da sich bisher im Stuttgarter Gemeinderat sowie im Landtag CDU, SPD, FDP und Freie Wähler für das Projekt aussprechen, bleiben bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg im kommenden März dem Wähler nur wenige Optionen -“ und dass S 21 dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielt, nicht nur im Großraum Stuttgart, ist unbestritten. Die Aufklärung über das Projekt schreitet unaufhörlich voran, nicht zuletzt durch unseren Druck, und mobilisiert täglich mehr Bürger.

Die große Mehrheit der Bürger will eine Renovierung und Ertüchtigung des bestehenden Kopfbahnhofes sowie die Optimierung des Gleisvorfeldes und wird darin in der großen Mehrheit der Experteneinschätzungen bestärkt. Es ist in vielerlei Hinsicht erwiesen, dass das Projekt S 21 bahnlogistischer Unsinn ist, der Engpässe schafft, wo bisher keine da sind. Wir haben einen der pünktlichsten Bahnhöfe in Deutschland und einen der leistungsfähigsten Kopfbahnhöfe Europas -“ trotz jahrzehntelanger Vernachlässigung von Bausubstanz und Gleisvorfeld durch die DB AG bei gleichzeitigem kontinuierlichen Kassieren von Steuermitteln des Bundes zum Erhalt der denkmalgeschützten Bausubstanz. Unzumutbar ist der Frevel an der Stadt, an ihrer denkmalgeschützten Architektur, an ihren historischen Parkanlagen in den Schlossgärten (PFA 1.1) und im Rosensteinpark (PFA 1.5), für die Naherholung der von Feinstaub und sommerlicher Hitze geplagten Bewohner im Stuttgarter Kessel so wichtig. Unzumutbar ist der Frevel an ihrer Kultur und an ihrer, an unserer aller Geschichte, an ihrem und unserem Gedächtnis. Unzumutbar sind die Risiken für Mineralquellen, die geologischen Risiken durch 66 km Tunnelstrecken in der dicht besiedelten Stadt, viele Kilometer davon in quellfähigem Anhydrit. Unzumutbar ist die Lähmung der Stadtentwicklung, wenn so viele Kilometer über so viele Jahre untertunnelt werden und die DB AG per Vetorecht städtebauliche Maßnahmen über viele Jahre blockiert (wie bereits jetzt im Vorfeld unter anderem am Killesberg geschehen). Unzumutbar ist der Baubeginn, obwohl weite Bereiche (PFA 1.3, PFA 1.6) nicht planfestgestellt sind und viele sicherheitsrelevante Ausnahmegenehmigungen (bzw. Ausnahmegenehmigungen von der Ausnahmegenehmigung) nicht erteilt sind -“ mitsamt Finanzierung. Von den massiven Auswirkungen in der möglicherweise zwei Jahrzehnte langen Bauphase (z.B. durch Deckelung der jährlichen Mittelzuflüsse des Bundes inklusive Bauverzögerung), der Gefahr der Entstehung einer Bauruine im amputierten Herzen der Stadt und vom finanziellen Schaden und Risiko einmal ganz abgesehen -“ so bezeichnet es in diesen Tagen der FDP (!) Gemeinderats- und Kreisvorsitzende Jens Hagen in Villingen-Schwenningen so: „Stuttgart 21 ist unser kleines Griechenland in Baden-Württemberg.“ Wo er Recht hat, hat er Recht. Doch selbst wenn es nichts kosten würde, auch dann wäre dieses Projekt grober Unsinn und ein Frevel an der Stadt, oder wie es Prof. Gerhard Stadelmaier am 10.12.2009 in seinem Artikel in der FAZ („Krieg den Grasdackeln“) beschreibt:

„Eben diese Hallen der Bonatz-Herrlichkeit sollen, wie gestern der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn bekräftigt hat, jetzt geschleift, sollen zusammen mit dem gesamten Heimat-Kopfbahnhof amputiert werden! Nur damit es durchgehende, kopflose Gleise tief unter der Erde gebe und droben auf dem dann gleisfreien, geschändeten Gelände, kopflose, durchgehende Konsumbauten entstehen, die alle zusammen den durchgehenden Namen „Stuttgart 21“ tragen („Stuttgart 00“ wäre wohl angemessener), erdacht von durchgeknallten Politikern (ganz oben ein gerade noch amtierender und ein kommender Ministerpräsident) und von durchgeknallten Bahn-Profitmachern („Grasdackel“, wie man so etwas dortzulande nennt). Diese planen mit dem Geld, das sie nicht haben und nie haben werden (also mit „Schulden wie die Sautreiber“, wie man dortzulande so etwas nennt), einen völligen megalomanen Unfug ins Blaue hinein, machen dafür aber ein solide Gewachsenes, Schönes, Tolles, Heimatliches, Wunderbares kaputt - oder „hee“, wie man dortzulande sagt. Es klingt wie „weh“. Also: Krieg den Grasdackeln! Friede den Kopfbahnhöfen!“

An die politischen Projektbetreiber und an die DB AG gerichtet: Worauf warten Sie? Auf ein zweites Gorleben in der Innenstadt Stuttgarts im Herbst, wenn Seitenflügel fallen und die zentralsten Bereiche der historischen Schlossgärten zerhackt werden sollen, wenige Monate vor der Landtagswahl? Damit die von massiven Kürzungen betroffene Polizei sowie die um die Zukunft dieser Stadt zu Recht besorgten Bürger das ausbaden sollen, was auf politischer Ebene versäumt wurde? Es sind aufmerksame Bürger, die über viele Jahre mit bunten steuerfinanzierten Werbebroschüren des OBs, in denen nachweisbar mindestens jeder zweite Satz unwahr ist, sowie inhaltsleeren Versprechungen, bestens dokumentiert, getäuscht wurden. Warten Sie auf Bilder in der Tagesschau, in denen die 78-jährige Rentnerin und ehemalige Schulleiterin, die bis 2009 in ihrem ganzen Leben noch nie auf einer Demo war, von Sondereinheiten der Polizei angekettet vom Baum weggefräst wird? Oder Bilder des 39-jährigen Steuerberaters, der bei den Bundestagswahlen FDP gewählt hat, der gemeinsam mit dem Anhänger der Linken, der unpolitischen Esoterikanhängerin, dem CDU-nahen Prokuristen, dem frustrierten Ex-SPD-Mitglied beim Bosch, dem grünen Architekten, dem politisch uninteressierten Hip-Hop-Anhänger, dem gestressten Informatikstudenten, dem Attac-Aktivisten sowie dem Hals-Nasen-Ohren Arzt im Viertel gemeinsam an Stahlrohre gekettet um den Baum hängen oder sich in der Sitzblockade eng machen und: “Wehrt euch, leistet Widerstand...“ singen?

Wo an anderer Stelle die politische Kultur kollabiert, scheint Basisdemokratie hier in der Stadt eine Wiedergeburt zu erleben -“ ganz und gar nicht auf das politisch linke Spektrum der 68er begrenzt, da in der Tendenz auch sehr mittig: ein breites Bündnis, das Segmentierung durch soziale Schicht, Alter, politische Orientierung mühelos überwindet, das durch Kommunikation und Wertschätzung in einem auf Herz und Vernunft basierenden ziel- und sachorientierten Miteinander verbunden ist. Tausende Bürger, die jeder einzeln mehr Verantwortungs¬ bewusstsein, Rückgrat, Mut und Kenntnisstand an den Tag zu legen scheinen, als ein guter Teil der gewählten politischen Entscheidungsträger in der Summe? Bilder in der Tagesschau von um Stadt und freiheitlich demokratische Grundordnung berechtigterweise besorgte Bürger, die wegen Unfähigkeit, Raffgier, Verantwortungslosigkeit in Teilen von Politik und Wirtschaft gepaart mit Maulkorbzwang und Duckmäusertum in Teilen der unteren politischen Ebene nicht nur auf unerträgliche Weise getäuscht und im Rahmen eines Coups auf das Herz der Stadt, eines Coups auf unsere Steuergelder, aus leeren öffentlichen Haushalten geplündert, auf die Straße gehen, um unser aller Erbe zu schützen, notfalls auch mit ihrem Körper, und dabei auch noch „kriminalisiert“ werden? Wo, bitte, leben wir? Was ist dabei, aus dieser Stadt, aus diesem Staat zu werden?

Dieses „neue Herz Europas“ wird hier nicht gebraucht und nicht gewollt. Das Herz der Stadt, innig verbunden mit dem Herz seiner Bürger, ist gut und richtig, wie es ist. Ein Eingriff ohne Zustimmung ist ein Angriff, eine Körperverletzung und hat mit demokratischer Legitimation nichts zu schaffen. Dieses Projekt ist ein Untergrundprojekt, in dem im fünfzehnjährigen Schatten von Desinformation Nachtschattengewächse skurrilste Blüten treiben, die das Licht und die Wärme der Sonne scheuen. Doch aus dem Herzen Schwabens, diesem Land der Dichter und Denker, sei an das „Stadtkind“ Friedrich Schiller erinnert: „Sie sollen kommen uns ein Joch aufzuzwingen, das wir entschlossen sind, nicht zu ertragen.“

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrter SPD-Parteivorsitzende Gabriel, nicht zuletzt im Hinblick auf die Landtagswahl kommenden März in Baden-Württemberg bitten wir Sie, sich der Sache S 21 anzunehmen. Sie haben Expertenteams, die Sie hoffentlich gut und umfassend informieren können, da zumindest ein guter Teil der Fakten, Zerstörungen, Risiken sowie vielfältige Experteneinschätzungen jenseits von Prof. Martin und Prof. Heimerl bekannt sind -“ auch wenn viele zur Einsicht geforderten Dokumente bei der DB AG unter Verschluss gehalten werden. An alle Fraktionen und an die DB AG appellieren wir erneut: Setzen Sie sich zusammen und finden Sie einen Weg, um gemeinsam aus dieser nach unserer sicheren Einschätzung grotesken und unwürdigen Schmierenkomödie S 21 auszusteigen. Sie befinden sich in der ungewöhnlich komfortablen Lage, dass viele Experten in jahrelanger Arbeit in einem von unseren Spendengeldern finanzierten Aktionsbündnis Ihnen mit K 21 auch noch ein, im Detail sicherlich noch auszuarbeitendes, doch allgemein als Denkidee für gut und im Kern sinnvoll befundenes Alternativmodell, mit Anschluss an eine potentielle Neubaustrecke Wendlingen-Ulm, entworfen haben -“ kein Vergleich zu dem Wahnsinn mit halb-unterirdischem, störanfälligen, beengten und risikoreichen Wahnhof, den Sie in 15-jähriger Untergrundplanung uns Bürgern der Stadt Stuttgart mit S 21 vorsetzen und zumuten wollen.

Mit freundlichen Grüßen,

Mark Pollmann (Diplom-Geograph)
Markus Mauz (Rechtsanwalt)
Weitere Infos unter www.kopfbahnhof-21.de  www.leben-in-stuttgart.de  www.parkschuetzer.de  www.s-oe-s.de

Montag den 17. Mai 2010 um 19:30 Uhr ist im Rathaus großer Sitzungssaal eine Veranstaltung zum Thema "Stadtplanung und Denkart unserer Stadt". Da Stuttgart 21 vor allem ein Städtebauprojekt ist, will diese Fachveranstaltung mit den Referenten über Chancen und Risiken der geplanten Stadtentwicklung informieren und die Grundsatzfrage diskutieren: „In welcher Stadt wollen wir leben?“  Veranstalter ist das Bündnis K21 - ja zum Kopfbahnhof und die Fraktionsgemeinschaft SÖS / LiNKE

Filmtipp: "So jung kommen wir nicht mehr zusammen"

Vor einigen Tagen kam der Filmtipp bereits beim Kraftfuttermischwerk, inzwischen rückt die Aufführung des Filmes "So jung kommen wir nicht mehr zusammen" von Vera Vogt näher, deshalb hier nochmal der HInweis: Er wird am 8.Juni um 17.30 Uhr beim Filmfest Stuttgart / Ludwigsburg im Cinemaxx auf dem Bosch Areal, Kinosaal 3, gezeigt.



Siehe auch den SPON Beitrag "Du kannst es machen, wenn du willst"
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