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Münchner Sicherheitskonferenz: Generalangriff der Kriegstreiber

Fronttransparent Siko Protestdemo 2014
Foto: Hanno Polomsky

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Die Münchner Sicherheitskonferenz war auch in diesem Jahr reich an unappetitlichen Höhepunkten: Da wäre unter anderem die Einladung des Kriegsverbrechers Henry Kissinger zu nennen, um dessen Person bzw. um die nach ihm benannte “Henry Kissinger Professur für Internationale Beziehungen und Völkerrecht- in jüngster Zeit heftige Konflikte und Proteste ausgebrochen sind. Die Stiftungsprofessur soll an der Universität Bonn eingerichtet und mit jährlich 250.000 Euro fast ausschließlich vom Verteidigungsministerium finanziert werden (weitere 50.000 sollen vom Außenministerium kommen). Indem er Henry Kissinger als Ehrengast einlud, hofierte der Konferenzleiter (und Tübinger Honorarprofessor) Wolfgang Ischinger nicht nur einen Kriegsverbrecher, sondern er erwies sich in dem Konflikt um die Stiftungsprofessur in Bonn -“ einmal mehr -“ als ausgewiesener Hardliner (siehe IMI-Standpunkt 2014/002).

Ferner nutzten die westlichen Würdenträger aus Politik, Medien und Wirtschaft die Gelegenheit, um dem „Star der Münchner Sicherheitskonferenz“ (ntv, 02.02.2014), dem ehemaligen Box-Weltmeister Witali Klitschko, demonstrativ den Rücken im Kampf gegen die gewählte ukrainische Regierung zu stärken. Allerdings ist Klitschkos Partei „Udar“ („Schlag“) nur ein Teil des die Proteste anführenden Dreierbündnisses. Zu ihm gehört auch noch „Batkiwschtschina“ („Vaterland“), die Teile der Oligarchie repräsentiert und von der inhaftierten und hochgradig korrupten Julia Timoschenko angeführt wird. Noch übler ist die dritte Partei, die neo-faschistische Swoboda („Freiheit“) mit Oleg Tjagnibok an der Spitze, die mit ihren Schlägertrupps unter anderem dafür sorgte, dass linke Studenten und Gewerkschafter regelrecht vom zentralen Protestplatz, dem Maidan in Kiew, weggeprügelt wurden. Weshalb sich der ehemalige Box-Weltmeister im Westen derartiger Beliebtheit erfreut, ist nicht weiter verwunderlich. Faktisch wurde seine Partei von der Konrad-Adenauer-Stiftung ins Leben gerufen und seither von der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament massiv unterstützt: „Klitschko ist unser Mann. Der hat eine klare europäische Agenda“, wird ein hochrangiger EVP-Abgeordneter zitiert (Spiegel 50/2013).

Im Mittelpunkt der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz stand jedoch der Versuch, der deutschen Bevölkerung den Sinn eines Elitenkonsenses einzuhämmern, der sich schon seit einiger Zeit herausgebildet hat. Angeführt von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Frank-Walter Steinmeier wird gefordert, Deutschland müsse seine -“ angebliche -“ „Kultur militärischer Zurückhaltung“ ad acta legen und eine offensivere (militärische) Außenpolitik betreiben (siehe IMI-Standpunkt 2014/005). Ganz wesentlich waren und sind in dieser Debatte auch der Konferenzleiter Wolfgang Ischinger sowie Bundespräsident Joachim Gauck. Insofern konnte einem schon Übles schwanen, als klar wurde, dass Gauck, der schon mehrfach durch militärfreundliche und chauvinistische Aussagen unangenehm auffiel, die Eröffnungsrede auf der Sicherheitskonferenz halten sollte (siehe IMI-Standpunkt 2014/002).

Vorbereitende Arbeiten

Schon in Gaucks Rede zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober 2013 wurde der programmatische Boden bereitet: „Ich mag mir nicht vorstellen, dass Deutschland sich groß macht, um andere zu bevormunden. Aber ich mag mir genauso wenig vorstellen, dass Deutschland sich klein macht, um Risiken und Solidarität zu umgehen.“ Wie zumindest in den deutschen Eliten dieser Satz verstanden wurde, untermauerte Wolfgang Ischinger, indem er Gaucks Satz in seiner Dezember-Kolumne auf der Homepage der Sicherheitskonferenz erst vollständig zitierte und gleich im Anschluss folgendermaßen auslegte: „War das eine Absage an die überstrapazierte sogenannte Kultur der militärischen Zurückhaltung?“ (Ischinger, Wolfgang: Deutsche Außenpolitik in der “Großen Koalition-: Nichts Neues?, Monthly Mind Dezember 2013)

Die Frage war natürlich rein rhetorischer Natur und wo Ischinger selbst hier steht, ließ er dadurch durchblicken, dass er einen FAZ-Artikel von Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe prominent auf der Internetseite der Sicherheitskonferenz platzieren ließ, in dem es hieß: „In einer Zeit, in der die Vereinigten Staaten ihr Engagement für Europa reduzieren und viele Staaten der EU finanziell am Ende sind, ist es die Aufgabe des Starken, mit Beispiel zu führen und Europas Handlungsfähigkeit zu sichern. Deutschland muss führen, damit Europa nicht schwächer wird.“ Unmittelbar vor Konferenzbeginn beschwerte sich der Tübinger Honorarprofessor dann auch noch ganz direkt über die aus seiner Sicht unzureichende deutsche Bereitschaft, eine aktive (militärische) Weltmachtpolitik zu betreiben.1

Natürlich bricht diese Debatte jetzt nicht aus heiterem Himmel über uns herein, vielmehr wurde sie von langer Hand vorbereitet. Wesentlich hierfür war das Papier „Neue Macht -“ Neue Verantwortung“, das im September 2013 von der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ und dem „German Marshall Fund“ veröffentlicht wurde. Die Kernforderung des von 50 führenden Mitgliedern des außen- und sicherheitspolitischen Establishments erarbeiteten Pamphlets lautet, Deutschland müsse aufgrund seiner wirtschaftlichen Größe auch mehr (militärische) Verantwortung in der Welt übernehmen: „Deutschland war noch nie so wohlhabend, so sicher und so frei wie heute. Es hat -“ keineswegs nur durch eigenes Zutun -“ mehr Macht und Einfluss als jedes demokratische Deutschland vor ihm. Damit wächst ihm auch neue Verantwortung zu.“ Etwas verklausuliert floss dieses Konstrukt dann auch in den neuen Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD mit ein, der noch von Thomas de Maizière und Frank-Walter Steinmeier erarbeitet worden war (siehe hierzu ausführlich IMI-Analyse 2013/036).

Auf dieser Basis wurde dann in den letzten Wochen eine Kanonade nach der anderen abgefeuert, die alle darauf abzielten, die „Kultur militärischer Zurückhaltung“ zugunsten einer „Kultur kriegerischer Verantwortung“ abzuschießen. An vorderster Front agiert dabei die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, der mit der “Attraktivitätsoffensive- für eine familienfreundlichere Bundeswehr ein „spektakulärer Start“ geglückt war (Der Spiegel, 20.01.2014). Mit der Initiative soll gewährleistet werden, dass die Bundeswehr auch künftig trotz aktueller Rekrutierungsprobleme an ausreichend neue Soldaten gelangt (IMI-Standpunkt 2014/005). Dies erscheint umso dringender, weil von der Leyen kurz darauf recht unmissverständlich klar machte, dass sie beabsichtigt, die Bundeswehr künftig häufiger zur Durchsetzung deutscher Interessen ins Ausland zu schicken: „Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat sich für mehr Bundeswehr-Einsätze in Krisenregionen ausgesprochen. Deutschland müsse im Rahmen der Bündnisse mehr internationale Verantwortung übernehmen -“ -šschon allein aus humanitären Gründen-˜, sagte die Ministerin.“ (t-online news, 26.01.2014)

Kurz darauf zog auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach. Unmittelbar vor Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz meldete er sich im Handelsblatt (30.01.2014) folgendermaßen zu Wort: „Es wird zurecht von uns erwartet, dass wir uns einmischen. [...] So richtig eine Politik militärischer Zurückhaltung ist, so darf sie nicht missverstanden werden als ein Prinzip des Heraushaltens.“ Deutschland sei „zu groß, um die Weltpolitik nur zu kommentieren“, so Steinmeier weiter.

Verantwortlich gemacht für besagte und viel gescholtene “Kultur militärischer Zurückhaltung- wird allenthalben Ex-Außenminister Guido Westerwelle, der teils äußerst heftig attackiert wurde. Aus diesem Grund ging dieser mit einem Interview in der Welt (10.11.2013) mit seinen Kritikern folgendermaßen ins Gericht: „Ich bin in meinem politischen Leben oft dafür kritisiert worden, dass ich mich mehrmals gegen eine deutsche Beteiligung an militärischen Interventionen gestellt habe. Aber wie ist denn heute die Lage im Irak? Oder in Libyen? Ich kann nicht sehen, warum eine politische Reifung des wiedervereinigten Deutschlands mit mehr militärischen Interventionen einhergehen muss. Politische und diplomatische Lösungen haben für mich Vorrang. Wir sollten bei der Kultur der militärischen Zurückhaltung bleiben. Deutsche Außenpolitik ist Friedenspolitik. Die Pickelhaube steht uns nicht.“

Ganz sicher handelt es sich um eine grobe Vereinfachung der Realität -“ weder war Westerwelle selbst noch Deutschland als Ganzes während der letzten Jahre ein “Pazifistischer Abstinenzler-. Diplomatisch spielte Deutschland etwa in den Verhandlungen um das iranische Atomprogramm und auf anderen Feldern eine führende Rolle. Und militärisch war man unter anderem als drittgrößter Truppensteller in Afghanistan ganz vorne mit dabei. Selbst die Kriege -“ etwa in Libyen oder im Irak -“, an denen sich vermeintlich nicht beteiligt wurde, wurden verdeckt in der ein oder anderen Form unterstützt, die katastrophalen Resultate sind bekannt. Vor diesem Hintergrund beschwert sich auch ein Kommentar in der FAZ (01.02.2014): “Alle machen mit, bis zum Bundespräsidenten. Was soll das? Deutschland war im Kosovo-Krieg dabei, hat seit mehr als einem Jahrzehnt viele tausend Soldaten am Hindukusch. Die Bundeswehr hat dort Tanklaster bombardieren lassen mit zahlreichen zivilen Opfern, hat viele eigene Soldaten verloren. Deutsche Truppen haben eine Wahl im Kongo gesichert und kämpfen vor der Küste Ostafrikas gegen Piraterie. Jetzt zu behaupten, wir müssten endlich unsere Zurückhaltung aufgeben und uns mehr einmischen, ist Unsinn.-

Es geht also demzufolge vor allem darum, auf diese Politik noch einmal ordentlich etwas draufzusatteln. Die aktuellen Bemühungen in diese Richtung leiden aber unter einem eklatanten Schönheitsfehler: Einer aktuellen Umfrage zufolge haben sie es bislang nicht geschafft, die Bevölkerung vom Sinn häufigerer Militäreinsätze zu überzeugen: „Die meisten Deutschen sind gegen eine Ausweitung der Auslandseinsätze der Bundeswehr. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sagten 45 Prozent der Befragten, Deutschland tue hier bereits zu viel. 30 Prozent halten das derzeitige Engagement für genau richtig.“ (ntv, 31.01.2014) Angesichts dieses Problems war schon einige Tage vor Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz klar, dass Bundespräsident Gauck es als seine Aufgabe erachtete, in seiner Eröffnungsrede die Bevölkerung vom Sinn des ganzen Unterfangens zu überzeugen: „Joachim Gauck will, so legen es Planungen aus dem Präsidialamt nahe, in seiner Eröffnungsrede in München an die Deutschen appellieren, sich ihres Platzes in der Welt bewusst zu werden. Das liegt genau auf der Linie Steinmeiers und von der Leyens.“ (Der Spiegel, 27.01.2014)

Gauck: Verantwortung predigen -“ Imperialismus ausschenken

Mit einem schier unerträglichen Pathos bemühte sich der Bundespräsident in seiner Rede auf der Sicherheitskonferenz penetrant darum, das „gute“ heutige vom „schlechten“ nationalsozialistischen Deutschland abzusetzen: „Eines gleich vorweg: Dies ist ein gutes Deutschland, das beste, das wir kennen. Das auszusprechen, ist keine Schönfärberei.“ Und weil Deutschland ganz grundsätzlich geläutert sei, könne nun auch mit einem lange dominierenden, heute aber überholten Pazifismus gebrochen werden, so die Kernbotschaft, die augenscheinlich auch genau so verstanden wurde: „[Gauck] erkannte an, dass militärische Beiträge von Deutschland wegen seiner historischen Schuld aus der Zeit des Nationalsozialismus lange nicht verlangt worden seien. Doch nun dürfe Pazifismus kein Deckmantel für Bequemlichkeit werden. Er bestritt, dass Deutschland wegen seiner Geschichte dauerhaft ein -šRecht auf Wegsehen-™ erworben habe. Dies führe zu -šso etwas wie Selbstprivilegierung-™“. (FAZ, 31.01.2014)

Darüber hinaus lieferte Gauck in seiner Rede zwei konkrete Begründungen, weshalb Deutschland künftig häufiger zur Waffe greifen müsse:

Einmal postuliert er unter Rückgriff auf das “Konzept der Schutzverantwortung- eine moralische Pflicht, im Falle von schweren Menschenrechtsverletzungen militärisch einzugreifen: „Das Prinzip der staatlichen Souveränität und der Grundsatz der Nichteinmischung dürfen gewalttätige Regime nicht unantastbar machen.“ Die vielfältigen Bedenken gegenüber diesem Konzept, insbesondere dass damit versucht wird, die völkerrechtlich bislang extrem engen Grenzen für die Anwendung militärischer Gewalt aufzuweichen, wodurch es Großmächten erleichtert würde, ihre Interessen gewaltsam durchzusetzen, streifte Gauck nur am Rande (siehe zur Kritik an der Schutzverantwortung ausführlich IMI-Analyse 2011/32). Solche Bedenken seien zwar berechtigt, aber hierfür gebe es eine einfache Lösung: „[E]s gilt, den potentiellen Missbrauch des Schutzkonzepts zu expansionistischen oder gar imperialen Zwecken auszuschließen.“ Und gleich im nächsten Satz präzisiert der Bundespräsident, welches Land aus seiner Sicht geradezu dazu prädestiniert ist, einen solchen Missbrauch zu vereiteln -“ ja, man ahnt es bereits: das geläuterte Deutschland: „Ich begrüße deshalb, dass sich die Bundesregierung an der Fortentwicklung des Konzepts beteiligt und dabei besonders auf Prävention, auf internationale Zusammenarbeit sowie auf die Entwicklung von Frühwarnsystemen gegen Massenverbrechen setzt.“

Als zweite Begründung für eine ambitioniertere militärisch gestützte Politik führt Gauck an, Deutschland trage als einer der ökonomisch mächtigsten Staaten in der Welt eine Verantwortung für die Stabilität des globalen Systems, von dem es ja schließlich mit am meisten profitiere: „Deutschland ist überdurchschnittlich globalisiert und profitiert deshalb überdurchschnittlich von einer offenen Weltordnung -“ einer Weltordnung, die Deutschland erlaubt, Interessen mit grundlegenden Werten zu verbinden. [...] Die Beschwörung des Altbekannten wird künftig nicht ausreichen! Die Kernfrage lautet doch: Hat Deutschland die neuen Gefahren und die Veränderungen im Gefüge der internationalen Ordnung schon angemessen wahrgenommen? Reagiert es seinem Gewicht entsprechend? [...] Ich meine: Die Bundesrepublik sollte sich als guter Partner früher, entschiedener und substantieller einbringen. [...] Manchmal kann auch der Einsatz von Soldaten erforderlich sein. [...] Auch wer nicht handelt, übernimmt Verantwortung. Es ist trügerisch sich vorzustellen, Deutschland sei geschützt vor den Verwerfungen unserer Zeit -“ wie eine Insel. Denn Deutschland ist so tief verwoben mit der Welt wie wenige andere Staaten. Somit profitiert Deutschland besonders von der offenen Ordnung der Welt. Und es ist anfällig für Störungen im System. Eben deshalb können die Folgen des Unterlassens ebenso gravierend wie die Folgen des Eingreifens sein -“ manchmal sogar gravierender.“

Zweifellos ist es richtig, dass Deutschland von diesem System profitiert -“ und damit an der Ausbeutung und Unterprivilegierung von Milliarden Menschen aktiv beteiligt ist. Und zweifellos ist dieses System „störanfällig“ -“ es mit militärischen Mitteln notdürftig zu stabilisieren, stellt dabei aber einzig den Versuch dar, die herrschenden Ungerechtigkeiten aufrechtzuerhalten. Gauck redet damit einer imperialistischen und expansionistischen Gewaltpolitik das Wort, von der er sich vermeintlich in derselben Rede so vehement distanziert. Und wie man mit „Störern“ des für Deutschland so hochprofitablen Systems umzugehen gedenkt, dafür reicht ein Blick in das Papier „Neue Macht -“ Neue Verantwortung“, mit dem der von Gauck nun der Öffentlichkeit präsentierte Elitenkonsens erstmals prominent zum Ausdruck gebracht wurde: „Da aber, wo Störer die internationale Ordnung in Frage stellen; wo sie internationale Grundnormen (etwa das Völkermordverbot oder das Verbot der Anwendung von Massenvernichtungswaffen) verletzen; wo sie Herrschaftsansprüche über Ge­mein­schaftsräume oder die kritische Infrastruktur der Globalisierung geltend machen oder gar diese angreifen; wo mit anderen Worten Kompromissangebote oder Streitschlichtung vergeblich sind: Da muss Deutschland bereit und imstan­de sein, zum Schutz dieser Güter, Normen und Gemeinschaftsinteressen im Rahmen völkerrechtsgemäßer kollektiver Maßnahmen auch militärische Gewalt anzuwenden oder zumindest glaubwürdig damit drohen zu können.“

Es steht zu hoffen, dass wenigstens die bislang skeptische Bevölkerung dem Bundespräsidenten und seinem Geschwätz nicht auf den Leim geht. Denn der ehemalige Pfarrer predigt zwar Moral und Verantwortung -“ ausgeschenkt werden aber Imperialismus und Krieg.

Mehr Krieg? Begeisterung!

Laut Informationen der Welt (31.01.2014) soll sich Gauck für seine Rede auf der Sicherheitskonferenz eng mit Steinmeier und von der Leyen beraten haben. Insofern überrascht es nicht weiter, dass beide in ihren Reden am Folgetag in exakt dasselbe Horn stießen. Ursula von der Leyen stimmte denselben Zweiklang aus moralischer und sicherheitspolitischer Verantwortungsrhetorik an wie der Bundespräsident.2 Und Frank-Walter Steinmeier zog folgendermaßen nach: „Deutschland muss bereit sein, sich außen- und sicherheitspolitisch früher, entschiedener und substanzieller einzubringen. [...] Der Einsatz von Militär ist ein äußerstes Mittel. Bei seinem Einsatz bleibt Zurückhaltung geboten. Allerdings darf eine Kultur der Zurückhaltung für Deutschland nicht zu einer Kultur des Heraushaltens werden. Deutschland ist zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren.“ (Rede von Frank-Walter Steinmeier, Münchner Sicherheitskonferenz, 01.02.2014)

Gebetsmühlenhaft wird dabei beteuert, Deutschland werde was den Einsatz militärischer Gewalt anbelange auch weiter große „Zurückhaltung“ an den Tag legen, es gehe vielmehr primär darum, künftig stärker außenpolitisch-diplomatisch aktiv zu werden. Solche Versicherungen sind jedoch kaum glaubhaft, denn hierfür wäre der ganze Zinnober nicht erforderlich gewesen, wie etwa der Militärexperte Thomas Wiegold betont: „[M]ehr außenpolitisches Engagement steht -“ und stand schon immer -“ weitgehend im Belieben der jeweiligen Bundesregierung; für zu viel Diplomatie in einer Krise hat sich noch kein Minister rechtfertigen müssen. [...] Führung bedeutet nicht nur, gute Diskussionen in München zu haben. Es heißt auch, die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung zu stellen, sagte US-Außenminister John Kerry auf dem Münchner Podium. Im Klartext: Mehr politische Anstrengungen gerne, aber, liebe Deutschen, seid auch dazu bereit, Soldaten zu schicken, falls es nötig ist.“ (Augengeradeaus, 01.02.2014)

Wie zu befürchten war, wurde Gaucks Rede in Politik und Medien begeistert aufgenommen. Unmittelbar im Anschluss sprach Ischinger -“ offensichtlich angetan, dass genau das geliefert worden war, was er auch bestellt hatte -“ von einer „sehr wichtige Rede- (Welt, 31.01.2014). Auch die US-Seite war voll des Lobs, war sie sich doch der möglichen Tragweite des Auftritts bewusst: „Kennern der europäischen Szene war deshalb die historische Bedeutung der Gauckschen Akzentverschiebung nicht entgangen. Kaum hatte der Präsident geendet, twitterte etwa der ehemalige US-Botschafter bei der Nato, Ivo Daalder schon: -šDas ist tatsächlich das erste Mal, dass ein führender deutscher Politiker argumentiert, Deutschland müsse die Konsequenzen aus seiner Macht ziehen -“ in Europa und darüber hinaus.-™“ (ebd.)

Regelrecht gruselig ist es, wie ekstatisch nahezu sämtliche Kommentare Gaucks Rede als machtpolitischen Befreiungsschlag eines -šerwachsenen-˜ Deutschlands feierten. Exemplarisch hierfür jubelte ein Kommentar im Spiegel: „Die Begeisterung ist groß auf der Sicherheitskonferenz in München. Fast euphorisch wurden die Reden der deutschen Politiker aufgenommen, die eine engagiertere Außenpolitik ankündigten oder anmahnten. Endlich wird Deutschland erwachsen, so die hoffnungsvolle Reaktion, endlich ist Berlin bereit, die Verantwortung zu übernehmen, die seinem Gewicht in der Welt entspricht.“ (Spiegel Online, 02.02.2014)

Anmerkungen

Obwohl inzwischen immer mehr Beweise ans Licht kommen, dass die Angriffe -“ anders als vom Westen behauptet -“ wohl nicht von Regierungstruppen verübt wurden (siehe IMI-Aktuell 2014/025), beklagt sich Ischinger in der Welt, dass die EU-Staaten nicht bereit gewesen seien, die USA bei einem Einmarsch in Syrien nach den Giftgasangriffen im Sommer 2013 zu unterstützen: “Weniger Solidarität mit den USA von europäischer Seite als nach dem Chemiewaffeneinsatz Assads im vergangenen Sommer ist ja kaum vorstellbar. Die Bundesregierung hat mit der Kultur der militärischen Zurückhaltung die Entscheidung begründet, sich von vornherein ganz herauszuhalten. Die Franzosen wollten zwar, aber die Briten konnten nach der Entscheidung im Unterhaus nicht. Präsident Obama war in einer schwierigen Lage: Sollte er alleine eingreifen ohne Europa an seiner Seite? Ich finde es schwierig, ihm deshalb einen Vorwurf zu machen.“

„[D]iese Krisen und Konflikte appellieren an unser humanitäres Gewissen, nicht diejenigen im Stich zu lassen, die am meisten leiden. Daher ist Abwarten keine Option. Wenn wir über die Mittel und Fähigkeiten verfügen, dann haben wir auch eine Verantwortung, uns zu engagieren. Verstehen Sie mich nicht falsch: Dies bedeutet nicht, dass wir dazu tendieren sollten, unser ganzes militärisches Spektrum einzusetzen -“ auf keinen Fall. Und dies bedeutet genauso wenig, dass wir kurzfristige Erfolge erwarten dürfen. Aber es bedeutet, dass wir die Verpflichtung und die Verantwortung haben, unseren Beitrag zu einer schrittweisen Lösung der aktuellen Krisen und Konflikte zu erbringen. Gleichgültigkeit ist für ein Land wie Deutschland keine Option, weder aus sicherheitspolitischer noch aus humanitärer Sicht. Als eine bedeutende Volkswirtschaft und als ein Land von erheblicher Größe haben wir ein starkes Interesse an internationalem Frieden und Stabilität.“ (Rede von Ursula von der Leyen, Münchner Sicherheitskonferenz, 31.01.2014)



Quelle: Jürgen Wagner, Informationsstelle Militarisierung - IMI-Analyse 2014/004 (update, 04.02.2014)

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Wohltäterin des Tages: Catherine Ashton

Catherine Ashton
Quelle: Wikipedia
Lizenz: Public Domain
Es dauerte kaum einen Tag, da brach die tränenselige Rührung weg - und es zeigte sich das brutale Greifmaul der Militaristen. Scheinbar immer noch friedlich wurde Frau Ashton vorgeschickt mit ungefähr der Summe von Dollars, wie Russland sie auch schon angeboten hatte. Und wollte verhandeln. Zunächst und möglicherweise noch mit dem Präsidenten ehrenhalber. Wohl mit der Maßgabe, er möge zurücktreten, sobald er für einen Nachfolger gesorgt hätte. Ein Nachfolger, der natürlich und endlich dem Herzenswunsch aller Ukrainer nachgekommen und einem Anschluss an die EG nicht länger abgeneigt sei.

Es versteht sich, dass das Angebot der lieben Frau Ashton ein typisches Trumpf - As darstellt. Und mehr oder weniger barsch zurückgewiesen werden wird. Mehr oder weniger? Immerhin lässt sich am Ausmaß der Empörung ablesen, wieweit es aus dem Herzen kommt. Und wieweit die Gier beim "Feind" schon überwiegt.

Andere - noch gefährlichere - Möglichkeit wäre natürlich, sich gleich beim großen Boxmeister und den anderen Oppositionellen zu melden - und denen das Geld direkt verteilen. Nach Maßgabe der Wünsche der Geberländer, versteht sich.

Das Dumme bei dieser Möglichkeit besteht nur darin, dass auf keinen Fall die ganze Bevölkerung der Unterwerfung unter die EG zustimmen wird. Ein nicht unbeträchtlicher Teil wird nach aller Wahrscheinlichkeit sich eher nach einer Unterstützung Putins sehnen. Und von dort die nötigen Millionen einfordern. Wird das dann anders ausgehen können, als mit einer Zerschlagung der Gesamt-Ukraine? Und damit einer ziemlich unangenehmen Art von Bürgerkrieg.

Das heißt mit anderen Worten: Ashtons Wohltat wird sich in Kürze in eine gute Mütze von Pech verwandeln. Und den Bürgerkrieg anfeuern.

Dass der immer so sanft wirkende Steinmeier im heutigen Morgenmagazin auf einmal aufdrehte und gehörig Zunder verlangte, gehört genau in dieselbe Richtung. Dass wir schließlich Sanktionen brauchen, um unsere Wünsche - siehe oben - durchzusetzen, versteht sich inzwischen von selbst. Und dass Gabriel die Waffenlieferungen an Saudi-Arabien begrüßt, passt in das gleiche Schema. Schließlich kann man mit Kanonenbooten doch keine eigenen Untertanen unterdrücken.

Allerdings andere angreifen - das schon.

Und so zeigt sich. Die neue Koalition ist einfach die alte. Nur eine mit mehr Power. Und wird uns zu ziemlich traurigen Konsequenzen führen. Wenn sich die Scharen der Gegenmeinenden nicht endlich bemerkbar machen. Und das mit ganz anderen Mitteln als bisher.

München: Kampftruppe um Gauck macht sich bereit

Tatsächlich schaffte es die Sicherheitskonferenz von München einmal mehr, die andächtige Zuschauermenge zu verblüffen. Schon dadurch, dass als erster Bundespräsident sich Gauck vordrängte. Um eine Rede zu halten, in vermutlicher Absprache mit Leyen und Steinmeier, in der ganz offen aufgerufen wurde zum aktiven Eingriff in alle Lebensgebiete. Dieses Mal konkret in den ehemaligen französischen Kolonien. Ziemlich offen wurde die Politik der Zurückhaltung verworfen. Das einzig Gute, was die FDP in ihrer Außenpolitik bisher hinbekommen hat. All die Lobredner der neuen Richtung mit ihrer triumphalen Niederprügelung der Politik von Westerwelle leiden natürlich unter stärksten Anfällen von Amnesie.

Sonst wüssten sie, was es bedeuten würde, dass auch deutsche Soldaten in dem zerfallenden Staat sich umtun würden. Natürlich ohne Erfolg.

Die Gauck-Kohorte muss natürlich die Bedenken abwehren, die aus der ehemaligen Geschichte unseres Vaterlandes sich ergeben. Sehr altes Gegenargument: Die anderen Länder haben sich die Hände schmutzig gemacht im Eingreifen. Wir blieben die Zuschauer. Dass dieses unentschlossene Zuschauertum immerhin noch einen letzten Vorbehalt gegen bloßes "Hau-Ein-Schlag-Zu" enthielten. Wie unausdrücklich auch immer.

Dass von der Leyen nun auf einmal den Einsatz in Afrika preist, widerspricht zwar offensichtlich aller KITA-Seligkeit ihrer sonstigen Vorträge. Aber dient dem allgemeinen Militärwohl. Und ist deshalb gerechtfertigt.

Nebenschauplatz des ganzen Vorgangs war die Versöhnungsparodie mit dem US-Außenminister. Wenn man nur tiefe Freundschaft miteinander empfindet, dann dürfen kleine Schweinereien nicht stören. Und so schwebten Merkel und ihr US-Kollege im Zwiegespräch dahin. Das zeigt vor allem eines: Neuer Anschluß an die USA. Treu vereint in Krieg und Frieden.

Warum dieser plötzliche Wechsel in den Umgangsformen? Vermutlich, weil es ohne dauerhaftes Feindbild nicht geht. Dann jedenfalls nicht, wenn es in den herrschenden Mächten einer Koalition zu mehr oder weniger großen Widersprüchen kommt. Wenn das so ist, dann bleibt nur der militaristische Ausblick. Nach dem dann alle inneren Widersprüche vergehen werden.

Es wird nötig sein, nicht nur die heute Nachmittag stattfindende Demonstration nach Kräften zu unterstützen. Sondern vor allem auch danach, die Argumente zu entfalten, die jetzt schon zum Widerspruch aufrufen. Und das neue Kartell des Militarismus zu zerfasern, wo es nur geht.

Aufruf aus Stuttgart gegen die "Sicherheitskonferenz"

Wir dokumentieren den Aufruf "Gemeinsam nach München - Kriegstreiberkonferenz stören":

Zum 50. Mal findet im Jahr 2014 die NATO-Sicherheitskonferenz (Siko) in München statt. Vom 31. Januar bis zum 2. Februar kommen Regierungschefs, Militärstrategen, sowie hochrangige Wirtschafts- und Rüstungsvertreter im Hotel Bayrischer Hof zusammen, um über sogenannte sicherheitspolitische Themen zu diskutieren.

Die Siko stellt für die NATO eines der wichtigsten Foren dar, um Interventionen im Ausland zu planen, ihre Kriege zu rechtfertigen und die Interessen der Mitgliedsstaaten abzustimmen. Die Koordination ihrer Kriegspolitik, um die Vorherrschaft imperialistischer Staaten aufrechtzuerhalten, sowie globale Rohstoffe und den ungehinderten Zugang zu Absatzmärkten zu sichern, stehen hierbei an erster Stelle.
Die NATO gilt als aggressivste und stärkste Militärallianz, welche sich gegründet hat, um einen Gegenpol zur Sowjetunion darzustellen. Doch mit dem Zerfall der Sowjetunion setzte sie sich andere Ziele und entwickelte sich von einem selbsterklärten Verteidigungsbündnis zu einer Interventionsarmee. Aktuell führt die NATO für die Interessen des Kapitals in fünf Ländern Krieg, was für den größten Teil der dortigen Bevölkerung Tod, Armut und Vertreibung bedeutet. Außerdem sind einzelne NATO-Staaten an zahlreichen weiteren Kriegen und Konflikten beteiligt.

Krieg beginnt hier -“ beenden wir ihn hier!

Auch von deutschem Boden aus wird Krieg geführt. Gerade in Stuttgart sind zwei der sechs US-Kommandozentralen -“ das EUCOM und das AFRICOM -“ stationiert. Das EUCOM umfasst ein Einsatzgebiet von 51 Staaten, und ist für ganz Europa, Russland und den Kaukasus zuständig. Eine Aufgabe des EUCOMS ist die Bereitstellung von kampfbereiten US Truppen für NATO-Operationen, wobei auch eigenständige Einsätze möglich sind. Im EUCOM ist darüber hinaus der Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) der NATO angesiedelt, welcher für die Planung und Durchführung aller NATO-Einsätze verantwortlich ist.
Wenige Kilometer davon entfernt befindet sich das AFRICOM, welches -“ Ägypten ausgenommen -“ für gesamt Afrika zuständig ist. Im Oktober 2008 hat das AFRICOM seine Arbeit aufgenommen und bereits drei Jahre später seinen ersten Angriff auf Libyen durchgeführt. Die USA geht Militärkooperationen mit afrikanischen Staaten ein, um einerseits von den Rohstoffvorkommen wie z.B. Öl zu profitieren und andererseits die mit ihr konkurrierenden Staaten zu schwächen. Darüber hinaus werden auf afrikanischen Flughäfen Militärbasen mit der neuesten Spionage-Technik errichtet. Im AFRICOM werden dann die Informationen ausgewertet, welche durch die Ausspähung gesammelt werden konnten und darauffolgend, laut des ARD -“ Magazins „Panorama“, die gezielte Tötung von Menschen aus Nord- und Westafrika mittels Drohnen angeordnet und koordiniert. Auch die Bundesregierung möchte laut Koalitionsvertrag ein eigenes Drohnennprogramm auf europäischer Basis mit voranbringen.
Außerdem wurde bekannt, dass es eine enge Zusammenarbeit zwischen dem AFRICOM und dem Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr besteht. So werden gemeinsam militärische Gruppen aus Westafrika wie beispielsweise in Mali ausgebildet. Das KSK ist in Calw stationiert und die Einheit umfasst über 1000 Soldaten, die für verdeckte Operationen im Ausland zuständig sind. Es geht darum Informationen zu sammeln, Infrastruktur des Gegners zu zerstören, sowie Personen festzunehmen und zu ermorden.

Töten auf Umwegen -“ die stille Unterstützung
Neben der direkten Kriegsführung, sei es durch die US-Kommandozentralen auf deutschem Boden oder durch die Beteiligung der Bundesregierung an Kriegseinsätzen, ist die BRD, hinter den USA und Russland, der weltweit drittgrößte Waffenexporteur. Allein in Baden-Württemberg haben sich viele hochrangige Rüstungsunternehmen niedergelassen. Heckler und Koch, welcher Waffen fertigt und diese in Kriegsgebiete verkauft, ist einer der bekanntesten Hersteller von Kleinwaffen und gehört zu den fünf größten Gewehr- und Pistolenherstellern weltweit. Auf der ganzen Welt sind Polizeien, Armeen und sonstige bewaffnete Gruppen mit Gewehren und Pistolen von Heckler und Koch ausgerüstet. Seinen Sitz hat der Rüstungskonzern in Oberndorf am Neckar (Landkreis Rottweil). Wegen des Verdachts auf Verstöße gegen das deutsche Kriegswaffenkontrollgesetz steht Heckler und Koch immer wieder öffentlich in der Kritik -“ in einem bisher einzigen Gerichtsverfahren wurde das Rüstungsunternehmen jedoch freigesprochen.

Einen weiteren Standort in Baden-Württemberg hat der französische Rüstungskonzern Thales, mit Niederlassungen in Stuttgart, Pforzheim und Korntal-Münchingen, welche 2014 in Ditzingen zusammengeschlossen werden. Thales ist als viertgrößtes europäisches Rüstungsunternehmen bekannt und belegt in der Rangliste der weltgrößten Waffenhersteller Platz Elf. Im Jahr 2012 verzeichnete der Konzern einen Umsatz von 14,2 Milliarden Euro, 2011 entfiel 52 % des Jahresumsatzes auf Waffengeschäfte. Thales entwickelt und fertigt sogenannte „Kommunikations- Aufklärungstechnik“, sowie Navigationssysteme für die Luft- und Raumfahrt -“ stets unter der Betonung nicht nur für militärische, sondern auch für zivile Zwecke zu arbeiten.

Fakt ist aber, dass Thales in Stuttgart und Umgebung jede Menge Elektronik für militärische Fahrzeuge herstellt und so den Einsatz von Militärfahrzeugen und Kampfjets ermöglicht.

Neben Heckler und Koch und Thales ist natürlich auch die Daimler AG zu nennen, mit Hauptsitz in Stuttgart. Der Weltkonzern entwickelte und fertigte bereits im Dritten Reich Militärfahrzeuge, Panzer, Schiffs- und Flugmotoren. Aber auch heute produziert Daimler für die Rüstungsindustrie, beispielsweise in Mannheim, dort werden Motoren für Militär-LKW´s hergestellt. Zudem ist die Daimler AG mit 22,46 % an dem EADS-Konzern beteiligt.

EADS (European Aeronautic Defence and Space Company) ist Europas zweitgrößter Rüstungskonzern und an der Entwicklung und Herstellung von Waffensystemen, wie Kampfflugzeugen, beteiligt.

Die Liste der Konzerne, welche direkt oder indirekt an der Kriegsvorbereitung beteiligt sind, ist lang. Die Produktionspalette vieler Unternehmen wirkt auf den ersten Blick unverdächtig. Doch sie entwickeln und produzieren für die Kriege der Herrschenden, essentielle Hilfsmittel.
Seien es Kühlsysteme vom Stuttgarter Mahle-Konzern, Geräte zur Ver- und Entschlüsselung der Firma Rohde & Schwarz, Sensoren für Panzer und Schiffe aus Überlingen, des Unternehmens Diehl oder verstärkte Fahrzeugpanzerung von ASC Germany aus Reutlingen. Sie alle und viele weitere Unternehmen ermöglichen die Kriege der Herrschenden erst überhaupt.

Gemeinsam gegen die Kriegstreiberkonferenz auf die Straße gehen!
Hier, direkt in unseren Städten, werden Kriege durch Entwicklung und Herstellung unterstützt. In München planen und stimmen sich die Rüstungsvertreter ab.

Wir sagen Nein zu den Kriegen der Herrschenden, der Rohstoffsicherung für die Reichen und der Ausbeutung der Armen.
So lange es die NATO-Sicherheitskonferenz geben wird, wird es auch unseren Gegenprotest geben.

Deshalb lasst uns auch 2014 unseren Protest auf die Straßen tragen und den Kriegstreibern zeigen, dass sie unerwünscht sind.

Krieg beginnt hier -“ beenden wir ihn auch hier!
Nato zerschlagen -“ Kapitalismus überwinden!
Hoch die internationale Solidarität!

Tickets für eine gemeinsame Busfahrt von Stuttgart nach München erhaltet ihr im Linken Zentrum Lilo Herrmann (Böblinger Straße 105, Stuttgart | U1, U 14 Erwin-Schöttle Platz).

Termine:

Freitag, 24.01.2014 | 19:00 Uhr, Linkes Zentrum Lilo Herrmann
Antimilitaritisches Café mit Rückblick der Proteste gegen die Siko

Donnerstag, 30.01.2014 | 19:00 Uhr, Linkes Zentrum Lilo Herrmann
OTKM-Filmvorführung: "... aber hat nicht gedient"
Der Fotograf hat junge Menschen in Israel, Armenien, der Türkei und in Deutschland fotografiert und sie zu ihrer oft folgenschweren Entscheidung interviewt, den Kriegdienst zu verweigern. Daraus entstand eine Audio-Slideshow, die Fotorafie und Ton zu einem "Film" verbindet.

Griechenland: Sparen - aber wo?

Die FR brachte in der Mittwochsausgabe zwei Artikel, in denen präzis über die Ausgaben für die griechische Flotte berichtet wurde. Angeblich soll von bisher unbekannter Seite viele Tausende von Euro bezahlt worden sein. Warum? Um neue Flotillen zu verhökern, oder mindestens die alten zu verbessern. Wie Krauss-Maffei sofort zu verkünden weiß, sind die Verträge zehn Jahre alt. Und sollen deshalb lang vor der Krise geschlossen worden sein. Deshalb völlig unverdächtig.

Ganz offenbar unterliegen solche privatwirtschaftlichen Verträge keineswegs den Regeln des Sparzwangs solcher Länder, die der Trias unterstellt sind. Und darin liegt der eigentliche Skandal. Die Summen von Bestechungsgeldern in unbekannter Höhe spielen dabei nur eine Nebenrolle. Das Empörende liegt doch darin, dass für relativ Überflüssiges Geld ausgegeben wird, während das Notwendige allerorten fehlt. So meldet eine der letzten Abendschauen der ARD, dass vor allem Ärzte in Scharen abziehen, nachdem die Regierung ihnen die Hälfte des Salärs entzogen hat. Vor allem auf den Inseln herrscht deshalb eine solche Unterversorgung, dass der Staat kaum eine Garantie für den Weitererhalt der Siedlungen übernehmen kann.

Gespart wird also in kleinsten Mengen, soweit es sich um die Notversorgung der Bevölkerung handelt. Protzig ausgegeben wird dort, wo es sich um die eigene Rüstung und die Einhaltung der Verträge handelt.

Griechenland hat derzeit das Präsidium im Europarat inne. Und bestimmte Organe spenden großes Lob. Griechenland bald wieder so frei wie Irland.

Vielleicht sollten die Aufsichtsmächte sich doch einmal daran machen, auch die rechtsgültigen Verträge aus einer grauen Vorzeit zu überprüfen. Und auch bei denen mal nach Sparmöglichkeiten zu schauen. Das würde am Prinzip des Zwangssparens zwar nichts ändern. Aber es sähe wenigstens von außen ehrlicher aus.

kritisch-lesen.de Nr. 31: Kunst in Ketten

Foto: Jörg Möller
Dass Kunst und Politik untrennbar zusammengehören, ist weder in bürgerlichen noch in linken Kreisen eine Selbstverständlichkeit. Seit dem Aufkommen des Bürgertums und der Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise, die die Kunst aus ihren religiösen und höfischen Abhängigkeiten befreiten, nennt man die Kunst „autonom“ und sagt ihr nach, sie dürfe „alles“. Allerdings unter der nicht unwichtigen Bedingung, dass sie dabei bitte schön in ihrer Sphäre bleiben und sich nicht allzu sehr in politische Angelegenheiten mischen soll. Das überschießende Potential, das die Kunst besitzt, liegt damit weiterhin in Ketten -“ statt Kirche oder Königen gehorcht sie heute Marktgesetzen. Die Mehrheit der Linken wiederholt diese Trennung in Kunst auf der einen und Politik auf der anderen Seite, wenn sie die Kunst zum netten Begleitprogramm nach der politischen Diskussionsveranstaltung degradiert und sie nicht als eigenständiges Medium der Erkenntnis und Erfahrung anerkennt. Was aber macht die Kunst zu einem politischen Medium? Mit welchen Mitteln operiert sie, um die Grenzen des Sagbaren zu sprengen? Wie wird sie nicht nur politisch, sondern auch politisch wirksam? Wir wollen in dieser Ausgabe einen Blick auf das Politische der Kunst in ihren verschiedenen Facetten werfen. Was will, kann, darf Kunst? Was und wen bewegt sie? Und nicht zuletzt interessiert uns die Frage, wo Widerständigkeit anfangen kann, wenn von Kunst die Rede ist.

In „Wa(h)re Fiktion“ lobt Stephanie Bremerich einleitend den neuen Band von Markus Metz und Georg Seeßlen, der zeigt, dass ein Abgesang auf die Medien- und Unterhaltungsindustrie nicht notwendigerweise kulturpessimistisch daherkommen muss. Interessanter als die Thesen findet die Rezensentin den „Scharfsinn und Weitblick“ der beiden Buchautoren. Wer glaubt, über den Kunstverkauf eine Revolution anzetteln zu können, verrät sowohl sein Unverständnis darüber, wie kapitalistische Warenproduktion funktioniert, als auch über die Eigenschaft von Kunst, deren Warencharakter Teil des Problems und nicht der Lösung ist. Dass es sich bei Friedrich von Borries' Roman „RLF“ letztlich um nichts anderes als eine besonders „kreativ“ dahergekommene Verkaufsstrategie handelt, darauf weist Johannes C. Reinhardt in seiner Rezension deutlich hin.

Anschließend widmen wir uns in unserem Schwerpunkt mit der Literatur einer spezifisch künstlerischen Ausdrucksform. Sharon Dodua Otoo kritisiert in ihrer Rezension „Die Kunst über Rassismus zu schreiben“ die deutsche Übersetzung des Klassikers „Playing in the Dark“ von Toni Morrison, der die Repräsentationen Schwarzer Personen in der Literatur und diese als einen Ort der Auseinandersetzung mit und der Reproduktion von Rassismus analysiert. Morrison kommt zu dem Schluss, dass literarische Produktionen nicht frei von rassistischen Zuschreibungen sind und dass sie sich oftmals Schwarzer Personen bedienen, um eine weiße Überlegenheit darstellen zu können. Jan-Paul Koopmann bespricht den Aufsatzband „Diskurs-Pogo“, in welchem der Autor Enno Stahl die Abwesenheit der ökonomischen Verhältnisse innerhalb der deutschen Gegenwartsliteratur bemängelt. Denn für Stahl gilt, dass Literatur die soziale Wirklichkeit abzubilden habe. Auch wer in seiner Lyrik Israel als Übel der Welt denunziert und sich als ehemaliger Waffen-SS´ler als Opfer der Geschichte wähnt, wie dies Günter Grass getan hat, hat von dieser sozialen Wirklichkeit wenig begriffen. Andrea Wierich bespricht in „Der Hobby-Richter und seine fröhlichen Henker“ einen Sammelband, der die Kritikwürdigkeit dieses kanonischen Autoren der deutschen Literatur in unterschiedlicher Qualität nachvollzieht. Mariana Schütts Rezension von Robert Cohens „Exil der frechen Frauen“ zeigt hingegen exemplarisch anhand von drei Autorinnenbiografien, wie es der Literatur gelingt, der Geschichte Erinnerungen abzutrotzen, die das wirkliche Leben auszulöschen vorhatte, und Erfahrungen zu konservieren.

Auch das Theater soll nicht ohne Aufmerksamkeit bleiben. Wer sich heutzutage bei Theaterbesuchen ungut an Kino- und Fernsehfilme erinnert fühlt und ratlos ob der Stückaussage bleibt, ist wohl an ein postdramatisches Stück oder in eine postdramatische Inszenierung geraten. In seiner Rezension der „Kritik des Theaters“ von Bernd Stegemann zeichnet Christian Baron nicht nur die Pseudoradikalität des postdramatischen Theaters nach, sondern kritisiert zugleich ein heutiges postmodernes Bewusstsein, das in seiner Konsequenz aufklärerische Ideale untergräbt und durch den Mangel an Deutlichkeit in die Affirmation des Bestehenden mündet.

Mit „This is not a Love Song...“ widmet sich Antje Meichsner einem neu aufgelegten Buch des Poptheoretikers und Musikjournalisten Martin Büsser, der Popmusik stets als „Ausdruck politischer und sozialer Bewegungen“ begriffen hat. Meichsner stellt heraus, dass Büsser der Popmusik nicht naiv emanzipatorisches Potenzial unterstellte beziehungsweise keinen Musikstil „als Zugpferd für mögliche linke Identifikationsbedürfnisse“ hochstilisierte. Die feministische Perspektive gerät der Autorin jedoch meist zu kurz. Luna Picciotto bespricht „Women Artists“, ein Sammelband, in dem unterschiedliche Künstlerinnen vorgestellt werden. Die Rezensentin befasst sich mit der Sichtbarkeit von Frauen im Kunstbetrieb und hinterfragt die politische Sinnhaftigkeit eines Sammelbandes, der explizit Künstlerinnen betrachtet, die abgesehen von der Kategorie Geschlecht nur wenige Gemeinsamkeiten aufweisen. In „Kämpfe um Kunst und Politik" bespricht Jens Kastner das Buch „Hegemonie im Kunstfeld“, in dem der Autor Oliver Marchart anhand der Kasseler Documenta-Ausstellungen mit soziologischen Mitteln zeigt, dass diese die Linie der allgemeinen Kulturproduktion beeinflussen und ständig mit politischen Kämpfen inner- und außerhalb des Kunstbetriebs in Verbindung stehen. Doch wurde vor allem bei der letzten Documenta deutlich, dass hier weniger irritiert denn politische Verhältnisse reproduziert wurden.

Die letzten drei Schwerpunktrezensionen setzen sich mit engagierter Kunst auseinander, also mit Kunst, deren Ziel die direkte politische Intervention ist. Für Franziska Matthis bietet die Textsammlung „Kunst -“ Krise -“ Subversion“ zahlreiche praktische Beispiele subversiver künstlerischer Aktionen. Eine konkrete politische Aussage dieser Aktionen lässt sich jedoch für die Rezensentin nicht immer klar ableiten, was die Frage nach der grundsätzlichen Wirkkraft direkter Kunstinterventionen aufwirft. Hiermit ist auf eine Kernproblematik verwiesen, wenn es um die Frage nach politischer Wirksamkeit von Kunst geht. Denn wie Kunst rezipiert wird und welche Fragen sie aufwirft, ist letztlich auch Kämpfen um Deutungshoheit unterworfen. Andrea Strübe fokussiert diesen Punkt in „Die Kunst der Wahrheit“. Der besprochene Ausstellungsband „Freedom of Speech“ mache deutlich, dass Kunst zwar das Potenzial habe, Wahrheiten auszusprechen, aufgrund ihrer ästhetischen Eigengesetzlichkeit aber nur indirekt und vermittelt auf politische Ereignisse einwirken könne. Einen ebenfalls kritischen Blick auf die Grenzen von künstlerisch-politischem Aktivismus wirft der weitere Ausstellungsband „nicht alles tun“ von Elisabeth Bettina Spörr und Jens Kastner, den Lennart Krauß besprochen hat. Der Rezensent verdeutlicht in „Ungehorsame Mikropolitiken“ die Gefahr, dass Praktiken zivilen Ungehorsams staatlicherseits vereinnahmt werden können.

In den weiteren Rezensionen haben wir wieder einige aktuelle Bücher für Euch. Patrick Schreiner hat „Bildungschancen und Verteilungsgerechtigkeit“ von Kai Eicker-Wolf, Gunter Quaißer und Ulrich Thöne gelesen und lobt mit „Zwischen Mangel und Markt: Bildungsmisere in Deutschland“ trotz einiger Schwächen deren Verdienst, Defizite der Bildungsforschung und die Maxime „Haushaltskonsolidierung über Bildung“ herausgearbeitet zu haben. Adi Quarti widmet sich in „Die anderen USA“ dem aktuellen Werk von David Graeber, „Direkte Aktion“, welches Einblicke in gegenwärtige politische Massenbewegungen liefert. Die Biografie eines politisch Bewegten hat sich Sebastian Kalicha mit „Nirgendwo daheim mit Bruno Vogel“ vorgenommen. Dieser Anarchist und Homosexuellen-rechtler wird in einem umfassenden Werk von Raimund Wolfert erstmals gewürdigt. Nicht ganz so gut kommt der vielbeachtete Roman „Eskimo Limon 9“ weg, den Michaela Hartl besprochen hat. Durch eine popkulturell fixierte Erzählweise werde die Aktualität des Antisemitismus zeitweilig verharmlost. Elke Michauk wirft einen Blick auf ein vernachlässigtes Feld linker Bewegungsforschung: Mit dem Buch „Soziale Kämpfe in Ex-Jugoslawien“ sei zwar ein blinder Fleck wichtiger Bewegungen aufgegriffen, doch leider nach eurozentristischem Muster bearbeitet. Christian Stache wirft in „Die Krise der Regulation“ einen kritischen Blick auf den Sammelband „Fit durch die Krise“, in dem der marxistische Ansatz der Regulationstheorie vor dem Hintergrund der aktuellen Krise reflektiert wird. Franziska Scholl bespricht mit „Der Versuch einer Rationalisierung“ das Buch „Deutsche, Linke und der Nahostkonflikt“ von Peter Ullrich, welches den Versuch unternimmt, zwischen den antiimperialistischen und antideutschen Positionen zum Thema zu vermitteln. „Im Trüben gefischt" hat Friedrich Burschel bei der Lektüre zu „Europas radikale Rechte" von Andreas Speit und Martin Langenbach, deren Reportagenstil zwar angenehm sei, an Tiefe jedoch zu wünschen übrig lasse. Die Reihe „Philosophie für Einsteiger“ hat sich an der bildlichen Vermittlung der Marxschen Thesen versucht. Torsten Bewernitz beschreibt in „Mal mal Marx“ das Dilemma dieses gut gemeinten Sachcomics.

Wir wünschen Euch ein tolles Jahr und viel Spaß beim kritisch-lesen!

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Esslingen: Flyer der gewerkschaftlichen Hochschulgruppe zu Bildungsgebühren

Download des Flyers (pdf) mit Klick auf die Grafik
Die neue Gewerkschaftliche Hochschulgruppe Esslingen hat vor kurzem einen Flyer veröffentlicht:

Bildungsgebühren schließen aus und zerstören Lebenspläne junger Menschen - Ziel kann nur die Abschaffung sein!

Die grün-rote Landesregierung möchte das Landeshochschulgesetz ändern. Wir, die Gewerkschaftliche Hochschulgruppe an der Hochschule Esslingen, lehnen Teile des Entwurfes ab. Statt kleiner Einsparungen fordern wir Verbesserungen für die Studierenden und diejenigen die es werden wollen:

Barrieren zum Studium ab, nicht aufbauen!
Der Gesetzesentwurf fordert Gebühren für Eignungs-, Begabten und Deltaprüfungen. Pro Prüfung sollen 100 Euro bezahlt werden. Offensichtlich sollen hierdurch potentielle Studienbewerber*innen abgehalten werden. Wir finden, dass die Chance auf einen Studienplatz keine Sache des Geldbeutels sein darf.

Keine zusätzlichen Gebühren!
Geht es nach der Landesregierung, sollen Angebote die nicht Teil der Studien- und Prüfungsordnung sind, zukünftig von den Studierenden zusätzlich bezahlt werden. Ein Beispiel hierfür wäre der obligatorische Technische Zeichenkurs zu Beginn des Maschinenbaustudiums. Wir denken, dass ein Studium mehr als das in der SPO festgehaltene umfassen muss und lehnen zusätzliche Gebühren hierfür ab.

Weiterbildung nicht kommerzialisieren!
Für Bachelor- und Masterstudiengänge die eine vorherige Berufstätigkeit voraussetzen sollen Hochschulen zukünftig Gebühren erheben dürfen. Insbesondere für Studiengänge im sozialen Bereich wird hier das Tor für die erneute Einführung von Studiengebühren geöffnet.

Bildung für alle!
Durch viele „kleinere Beträge“ wird für viele Menschen ein Studium mehr und mehr unerschwinglich. Das dürfen wir nicht hinnehmen. Lasst uns aktiv werden für Bildung, die für alle unabhängig ihres Geldbeutels, offen steht!

Die Gewerkschaftliche Hochschulgruppe trifft sich jeden 2. und 4. Montag im Monat vor dem Cafe Einstein am Campus Stadtmitte. Mitmachen können bei uns alle Interessierten, die an der Hochschule politische und gesellschaftliche Themen diskutieren und einbringen möchten. Infos über uns und unsere Arbeit finden sich auch unter: ghsg-es.blogspot.de

Beamte schröpfen! Beamtenrecht beibehalten! Und richtig: CDU und GRÜNE haben sich gefunden.

Weil die paar Vergünstigungen immer noch zu viel kosten, muss gespart werden. Wer liegt da näher als das treue Beamtenvölkchen. Sie bekommen in Hessen im übernächsten Jahr gar nichts. Und dann bis auf weiteres ein Prozent.Was selbst in den tollen Inflationszeiten zu wenig sein wird, um auch nur den jetzigen Stand zu erreichen. Und warum gerade die Beamten schröpfen? Na klar - die dürfen ja nicht streiken.

Es geht hier gar nicht darum, ob die Beamten im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung zuviel oder zu wenig bekommen. Es geht um die Schamlosigkeit, das Beamtenrecht beizubehalten, die Beamten selber aber unter dem Vorbehalt dieses Rechts zu schröpfen.

Seit Jahren gibt es berechtigte Bestrebungen, das Beamtenrecht als Ganzes abzuschaffen. Und ein einheitliches Dienstrecht zu schaffen für alle, die dem Staate dienen. Angestellte, Arbeiter - wen auch immer.

Die Beamten in Deutschland und Österreich sind in Europa die einzigen, denen das Kampfmittel verwehrt wird, das die der Dienstbarkeit von Staaten unterworfenen haben: Streiken. Ja, im Fall eines Streiks der anderen müssen die Beamten sogar herhalten und die Dienste verrichten, die andere verweigern. Also Streikbrecher sein! Sich ausgliedern aus der Front aller Übrigen, die für ihre berechtigten Anliegen sich einsetzen.

Deshalb - wenn es zu wirklichen Reformen kommen soll: Weg mit dem Beamtenrecht. Her mit einem einheitlichen Recht aller öffentlich Angestellten.

Ich bin selbst pensionierter Beamter. Die längste Zeit meiner Staatsknechtschaft litt ich darunter, andere zum Streiken aufzurufen, selbst aber beiseite zu stehen. Als einzelner einen Streik zu begehen ist offenbar sinnlos. Wäre nicht jetzt die Gelegenheit, endlich aufzuhören mit der Einteilung aller Werktätigen in verschiedene Sortierungen?

Mit neuer Apo wars wohl nichts!

Schön hatte der neue FDP-Chef seine Antrittsrede vorgetragen. Und durchaus auch Richtiges gesagt.Was jeder ohne weiteres sich zu eigen machen könnte. Warum wird es trotzdem nichts werden mit der neuen APO?

Weil Lindner die Rechnung ohne den Wirt gemacht hatte. Nachdem er die entscheidungsfrohe FDP in den letzten fünfzig Jahren gerühmt hatte, ging es weiter im Aufgalopp. Dabei wurde Genschers Umfallen zu Kohl genau so gerühmt wie die vorige Entscheidung für Brandt. Außer dem berühmten "Mut zum..." blieb nichts für die inhaltliche Kontinuität übrig.

Hauptfehler war das hartnäckige Wegsehen von den Ursachen des Elends. Wie wir nicht nur von der FDP es gewohnt sind, wurde auch hier wieder der fleißige Mann gepriesen, der fürs Alter etwas spart und nicht gleich nach dem Staat ruft. Übersehen dabei nur eines: Wenn inzwischen dieser fleißige Sparer für sein Geld gerade noch ein Viertelprozent erhält, dann ist klar, dass alle verwandten Kategorien wie Tauschgewinn, Zinseszins und so weiter nicht mehr vorhanden sind. Die Grundkategorien des Kapitalismus selbst sind damit suspendiert. Nur durch die Magie der Zentralbank und ihrer aufmöblierten Senkung des Geldwerts läuft der Laden noch weiter. Was heißt das aber? Jeder der fleißigen Sparer weiß - oder müsste wissen - dass das Schicksal des Ersparten gar nicht mehr von ihm allein abhängt, sondern nur noch von den unberechenbaren Rechnungen dieser Bank. Und damit erübrigt sich auch Lindners Alleinstellungsmerkmal seiner Partei. Der neue Parteichef hatte gemeint, die Stimme der FDP muss es ja soweit kommen. Wenn das aber würde jedem zurufen: Sei Du selbst! In Wirklichkeit kann ein kollektives Verhängnis nur angegriffen werden durch kollektive Maßnahmen.

Wenn es soweit ist, dann ist klar: dieses gespenstische Dasein eines kapitalistischen Verlaufs muss selbst angegriffen werden. Ist das aber so,dann gibt es all die schönen Verheißungen ans individualistische Einzelwesen nicht mehr,das selbst zusehen muss, wie es mit der Lage klar kommt. Dann kann es auf jeden Fall nur den kollektiven Zusammenschluss geben, der dem menschengefügten Geschick sich solange und mit solchen Risiken entgegenstellt,bis das Verhängnis sich auflöst. Mindestens bis zu diesem Punkt hätte sich auch ein Lindner vorkämpfen müssen. Auch dann, wenn er noch keine Lösung zur Hand gehabt hätte.

Wir hatten ohnedies schon Mühe, die Herren in Maßanzügen auf den Straßen tollen zu sehen. Wie einst die wirkliche APO. War damals die Einsicht vielleicht geringer, so doch der Einsatz größer. Während jetzt die FDP nur noch sehr mühsam nach anderen Gleichgesinnten sucht, verbreiteten sich damals die Vorstellungen vom Umsturz alles falsch Bestehenden in Windeseile. Und während die FDP sich schon glücklich preisen würde, wenn sie die enge Pforte ins Parlament noch einmal beschreiten könnte, war die damalige APO - bei aller Unklarheit ihrer Begriffe - zu großen Teilen erst zufrieden, wenn sie den Nischengarten des Bundestags insgesamt hinter sich gelassen hätte.

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