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Heinz Hummler: Redebeitrag für die VVN-BdA zum Jahrestag der Pogromnacht im Jahr 1938

Heinz Hummler am Gedenkstein
Foto: Roland Hägele
Heinz Hummler (geb. 1932), der Sohn des von den Nazis hingerichteten Widerstandskämpfers Anton Hummler (1908-1944), hielt am 9. November 2016 am Platz ehemaligen Synagoge in Stuttgart-Bad Cannstatt die Gedenkrede für die Opfer und Ereignisse in der Nacht des 9./10.11.1938, der Reichspogromnacht, die sich gegen die in Deutschland lebende jüdische Bevölkerung richtete.

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der heutigen Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Reichspogromnacht 1938.
Gedenken hat zur Voraussetzung das Erinnern, um daraus dann auch schlussfolgern zu können.
Mit unserer heutigen Veranstaltung erinnern wir an Verbrechen, wie es sie in der Geschichte der Menschheit vorher nie gegeben hatte.
Wir wollen und müssen daran erinnern, dass in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts hier in Deutschland, im Herzen von Europa, eine Entwicklung begann, die zur größten humanitären Katastrophe seit Menschengedenken wurde.
Man hätte es wissen können und müssen, welche Gefahr dem friedlichen Zusammenleben aller Menschen drohte.
Als am 26. April 1937 deutsche Stukas die baskische Stadt Guernica zerstörten und viele ihrer Bewohner umbrachten, als am 1. Oktober 1938 deutsche Truppen in die Tschechoslowakei einmarschierten und als am 9. November 1938 in ganz Deutschland die Synagogen brannten und viele unserer Landsleute gaffend dabei standen, hätte man erkennen müssen was uns da bevorstand.
Es war kein Zufall, dass an diesem Tag die Feuerwehr nicht löschte, sondern nur das kontrollierte Niederbrennen der jüdischen Glaubenshäuser absicherte, hier in Cannstatt legte sie das Feuer sogar selbst, während eine grölende Menschenmenge Beifall klatschte und anschließend jüdische Geschäfte plünderte.
Es war der in der Nazi-Propaganda vorgegebene und akkurat geplante so genannte Volkszorn.

Die Geschehnisse der Reichspogromnacht am 9. November 1938 werden heute in den Medien meist nur nebenbei kurz erwähnt oder ganz verschwiegen. Darüber was die damaligen Vorgänge für Schlussfolgerungen notwendig machen, soll möglichst keine Diskussion stattfinden.
Eine wichtige Voraussetzung jedoch, um Schandtaten der Vergangenheit zu vermeiden, ist die Kenntnis der Geschichte.
Als die Überlebenden des KZ-Buchenwald sich nach ihrer Befreiung 1945 zusammen fanden schworen sie ihren 51 000 toten Kameraden:
„Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht.
Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.
Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.
Das sind wir unseren gemordeten Kameraden und ihren Angehörigen schuldig.“

Heute ist ein Tag an dem wir nicht nur gedenken wollen, denn das wollen wir ganz sicher, sondern auch Bilanz ziehen sollten.

Damals brannten die Synagogen und heute brennen Flüchtlingsheime - und die Gaffer klatschen Beifall. Regierungspolitiker machen sich Gedanken darüber, das Gaffen bei Autounfällen unter Strafe zu stellen. Den Claqueuren bei rassistischen und fremdenfeindlichen Aktionen aber billigen sie Meinungsfreiheit zu.
Der Rassismus von damals feiert heute seine Renaissance in der Verfolgung von Migranten und Asylsuchenden.

Das Verschweigen und Verdrängen war schon kurz nach dem Ende des Völkermordens 1945 die hauptsächlichste Methode des Umgangs mit der Geschichte.

Ein eklatantes Beispiel dafür ist, was die Studie des Bundesjustizministeriums vor 2 Monaten ans Licht gebracht hat, was die Verfolgten des Nazi-Regimes und der Nazi-Justiz jedoch schon seit 1946 wussten und das eigentlich alle hätten wissen können.
Tausende Nazi-Richter, -Staatsanwälte und -“Beamte waren, teilweise ohne Unterbrechung, in der BRD weiter tätig. Sie machten Gesetzte, verhinderten die Verfolgung von NS-Verbrechen, schanzten alten Kameraden Pöstchen zu, versteckten sich politisch in den bürgerlichen Parteien und betätigten sich intensiv mit der politischen Verfolgung ihrer früheren Opfer..
Emil Carlebach, Buchenwaldhäftling, Jude, Mitbegründer der VVN/BdA und einer der ersten Mitherausgeber der Frankfurter Rundschau schieb in seinem Buch „Hitler war kein Betriebsunfall“ dazu: „Die Bundesrepublik wurde aufgebaut mit Leuten, die in jedem zivilisierten Lande wegen ihrer Untaten im NS-Regime vor Gericht und ins Gefängnis gekommen wären“.
Zur Verdeutlichung der Nachkriegssituation in der BRD habe ich ein Beispiel. Unsere Tochter Birgit sollte Mitte der 60er Jahre im Gymnasium, wie alle Schülerinnen ihrer Klasse, über das Leben ihrer Großeltern erzählen. Sie schilderte daraufhin, dass ihr Opa im Widerstand gegen das NS-Regime war und dafür von den Nazis hingerichtet wurde. Anderntags sagte ihr eine Mitschülerin, ihr Vater habe gesagt, wer damals hingerichtet worden sei müsse ein Verbrecher gewesen sein. Der Vater war Landgerichtsrat in Stuttgart.
Dies war der Geist, welcher schon damals wieder im Establishment der BRD herrschte.
Leider ist dies heute noch nicht besser. In München entscheidet der bayrische Verfassungsschutz, also der Verein welcher beim Hochpäppeln und Vertuschen der NSU-Mörderbande helles Entsetzen ausgelöst hat, nach Vorlage eines Fragebogens über die Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern an der Hochschule. Davon zeugt der Fall des Doktoranden Kerem Schemberger, Mitglied der VVN. Auf diesem Fragebogen findet man einträchtig neben den Fragen nach Terroristen, Neonazis und Scientologen auch die Frage nach der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes.
Was das mit dem Schutz einer Verfassung zu tun hat, in der eindeutig die „Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus“ festgeschrieben steht, haben die Nazi-Beschützer aus Politik und Geheimdiensten noch nie beantwortet.
Soviel zur Aufarbeitung der Geschichte in der Bundesrepublik.

Der von den Nazis geplante und angefangene II. Weltkrieg, mit mehr als 55 Millionen Toten, die systematische Liquidierung von über 6 Millionen Menschen in den Gasöfen der Vernichtungslager, die gezielte Ausrottung von Hunderttausenden Andersdenkenden, Andersgläubigen oder nicht in ihr Herrenrassen-Weltbild passenden, wurden zum größten Verbrechen in der Geschichte der Menschheit.
Deshalb war Hitlerdeutschland nicht ein Unrechtsstaat wie jeder x-beliebige andere. Er ist mit nichts anderem vergleichbar!
Seine Protagonisten waren, sind und bleiben Verbrecher, wie lange her dies auch schon sein mag.

Die Verfolgung von Menschen wegen ihrer Rasse oder ihrer Überzeugung -“ führte zur UN-Menschenrechtskonvention, in welcher die Rechte von Flüchtlingen festgelegt sind.
Darum gibt es in unserem Grundgesetz auch einen Artikel 16 in welchem steht: Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
Genauer gesagt, es gab diesen Text, denn leider muss man feststellen, dass diese Formulierung im Grundgesetz zuerst 1993, also gleich nach der so genannten Wende, und nochmals 2015 in wesentlichen Punkten geändert, eingeschränkt und demontiert wurde. Aus einem kurzen Satz wurde ein ganzer Absatz in welchem das Asylrecht regelrecht durchlöchert wird.
Doch damit nicht genug. Unionspolitiker wie Seehofer, Maiziere und Strobel verlangen jetzt auch noch eine weitere Verschärfung des Asyl-Paragraphen, gerade so als ob die Strafe für ein ganz besonderes Vergehen endlich erhöht werden müsste.
Während dessen sind sie und ihre Freunde in der EU eben damit beschäftigt, nachdem in Berlin einige km Mauer weg sind, an den Grenzen von Europa einige tausend Kilometer meterhohe Grenzzäune zu errichten und mit Kriegsschiffen Jagd auf Menschen zu machen.
Die Fluchtursachen aber sind in den Sonntagsreden dieser selbstgerechten Leute ein Tabu, genauso wie in den Nachrichten von Presse Funk und Fernsehen.
Ertrinkende Kinder lösen allenfalls moralische Appelle, nie jedoch Maßnahmen gegen die Ursachen aus.
Unsere Solidarität gehört nach allen Erfahrungen aus unserer Geschichte den Menschen die vor den von der westlichen Wertegemeinschaft angefangenen Kriegen fliehen müssen.
Die EU macht das Gegenteil -“ sie zahlt einem Despoten viel Geld dafür, dass dieser Ihr die Flüchtlinge vom Halse hält. Da spielt es keine Rolle wieviel Bomben dieser auf Kurden wirft, auch nicht wieviel Oppositionelle er verhaften lässt, so wie einstmals die Gestapo die Gegner des deutschen Faschismus.
Unterstützung aus der BRD erhielt dieser Sultan auch noch dadurch, dass hierzulande die Organisation der oppositionellen Kurden zur Terrororganisation erklärt wurde, was einem Freibrief für den Terror gegen sein eigenes Volk gleichkommt.

Es gibt hierzulande in der Bundespolitik keine Diskussion warum einst der Asyl-Artikel ins Grundgesetz kam, so wie es keine Diskussion gibt, dass Neofaschistische Umtriebe nicht Meinungsäußerung sondern Verbrechensverherrlichung sind.

Wir sollen vergessen, dass der 2. Weltkrieg von Nazideutschland angezettelt wurde, und wir sollen vergessen warum welche Kriege danach und wofür geführt wurden und wem sie genutzt haben. Mit dem Ausblenden von Tatsachen und dem Darstellen von Halbwahrheiten wird Geschichte verdreht.

Da beteiligt sich beispielsweise der Bundespräsident an den Gedenkfeiern in Babij Jar bei Kiew, wo am 29. und 30. September 1941 innerhalb von 36 Stunden eine Einsatzgruppe der deutschen Wehrmacht mit Maschinenpistolen 33.771 jüdische Kinder, Frauen und Männern erschoss. Er erwähnt dort mit keinem Wort, dass sich die Bundeswehr in der Tradition dieser Truppe sieht, kein Wort davon, dass an dem Morden auch ukrainische Helfer beteiligt waren, kein Wort davon, dass Teile der jetzigen ukrainischen Regierung die Tradition der Kollaborateure von damals weiterführen und diese verherrlichen.
So sieht Gaugk-™sche Geschichtsaufarbeitung aus.
Derweilen gewähren Regierung und Justiz den neuen Nazis Meinungs- und Demonstrationsfreiheit. Die sächsische Polizei wünscht den äußersten Rechten sogar viel Erfolg beim Demonstrieren gegen Flüchtlinge und die Medien verbreiten Statistiken in denen die Realität auf den Kopf gestellt wird.
In der BRD starben seit 1990 mindestens 178 Menschen durch rechte Gewalttaten. In der Zählweise der Regierung und ihrer Geheimdienste wird dort ein Mord durch den NSU gleich bewertet wie zum Beispiel eine behauptete Beleidigung eines Polizisten durch einen linken Demonstranten. Mit dieser Methode des Zählens betreiben die Innen- und Justizminister die Gleichsetzung von Links und Rechts.

Zum impertinenten Umgang mit dem Grundgesetz gehört neben der Verstümmelung des Asylparagraphen auch der Artikel 26, welcher jede Vorbereitung eines Angriffskrieges unter Strafe stellt. Es ist bezeichnend, dass es bis heute, 57 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik, keinen Paragraphen im Strafgesetzbuch gibt der das regelt.
Den Artikel 139 GG zur Befreiung des deutschen Volkes von Nationalsozialismus und Militarismus erklärte ein ehemaliger Bundespräsident in einer privaten Meinungsäußerung für obsolet und alle benehmen sich so als ob es diesen Artikel gar nicht mehr gäbe.
Wer darin keinen Vorsatz erkennt, hat aus unserer Geschichte nichts gelernt.
Und wir haben wieder ein neues, eigentlich ein altes, Feindbild:
Den Russen! Es wird alles ausgeblendet was nicht in die aggressive Strategie von EU und Nato passt. Und Kapitalinteressen gehen immer vor.
Derweil wird ein Kriegseinsatz um den anderen im Bundestag beschlossen. So gut wie keiner davon mit einem UN-Mandat.

Kriege brechen nicht aus. Kriege werden gemacht. Vorsätzlich!
Wer Terror wirklich bekämpfen will muss zuerst die Ursachen beseitigen

Ich habe am Anfang meiner Rede davon gesprochen, dass dem Gedenken das Erinnern folgen, und man danach zu Konsequenzen kommen müsse.
Wir sind heute hier um daran zu erinnern:
Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen
Kriege verhindern kein Unrecht, sondern sind die Ursache von Flucht Folter, Terror und Mord
Intoleranz und Rassismus dürfen in dieser Welt keinen Platz mehr haben -“ auch nicht von einem neu gewählten Präsidenten in den USA
Das Verschweigen der Wahrheit ist oft auch eine Form der Lüge.

Manche Leute sagen, wir wären so wenige und man müsse doch nicht immer alles wiederholen.
Bert Brecht schrieb dazu:
Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen,
damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde!
Lasst uns die Warnungen erneuern,
und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind!

Es waren auch damals wenige, die sich dem braunen Terror widersetzten.
Doch die hatten Recht!

Wir wollen den heutigen Gedenktag zum Anlass nehmen, gegen Gleichgültigkeit, Vergessen-wollen und wohlwollende Duldung alter und neuer Nazis einzutreten.
Und darum verpflichtet dieser Gedenktag nicht nur zum Gedenken, sondern auch zum Handeln, damit Rassismus, Antisemitismus, Intoleranz und Kriegsgeschrei wieder aus unserem Land verschwinden.

Solidarität mit türkischen MenschenrechtsaktivistInnen: Prozessbeobachter entsandt

Am Dienstag, den 8. November 2016, wird in Istanbul das Verfahren gegen Prof. Dr. Sebnem Korur Fincanci (Präsidentin des Menschenrechtsvereins - IHD) sowie die Journalisten Erol Önderoglu und Ahmet Nesin eröffnet. Connection e.V. entsendet dazu gemeinsam mit der War Resisters-˜ International (WRI) einen Prozessbeobachter.

Die drei Angeklagten waren am 20. Juni 2016 unter dem Vorwurf verhaftet worden, "Propaganda für eine terroristische Organisation" betrieben zu haben, weil sie symbolisch für je einen Tag die Chefredaktion der bedrängten pro-kurdischen Zeitung Özgür Gündem übernommen hatten. Internationale Proteste hatten dazu beigetragen, dass sie kurze Zeit später wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. Die Özgür Gündem wurde im August 2016 auf Anordnung der Staatsanwaltschaft geschlossen.

Rudi Friedrich, der für Connection e.V. und die War Resisters-˜ International als Beobachter zum Prozess fahren wird, erklärte heute kurz vor seiner Abreise: "Nach dem versuchten Putsch im Juni 2016 sehen wir nun, wie die türkische Regierung die Situation benutzt, um eine Alleinherrschaft durchzusetzen. Die Regierung verhängte den Ausnahmezustand und verabschiedet seitdem am Parlament vorbei Erlasse mit Gesetzeskraft. Bürgerrechte werden ausgehebelt, die Opposition verfolgt und ausgeschaltet."

Connection e.V. unterstützt seit mehr als zwei Jahrzehnten Kriegsdienstverweigerer in der Türkei. Auch an dieser Stelle weigert sich das Land, Beschlüsse des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte umzusetzen und die Kriegsdienstverweigerung anzuerkennen. Hunderte Kriegsdienstverweigerer leben deshalb unter der ständigen Bedrohung der Rekrutierung und Strafverfolgung. Zudem gibt es Hunderttausende Militärdienstentzieher, denen praktisch die Bürgerrechte verwehrt werden.

"Gerade angesichts der aktuellen Situation in der Türkei", so Rudi Friedrich heute, "müssen wir unsere Solidarität mit denen zeigen, die sich unter schwierigsten Bedingungen und großen Risiken für die Menschenrechte und Demokratie einsetzen."

Quelle: PM Connection e.V.

Amnesty International fordert Begnadigung von Leonard Peltier

Seit über 40 Jahren sitzt einer der bekanntesten politische Häftlinge der USA - Leonard Peltier - nun im Gefängnis. Er war Mitglied des American Indian Movement (AIM), einer Organisation, die sich für die Rechte der Ureinwohner einsetzte.

Verurteilt wegen der angeblichen Tötung von zwei FBI-Agenten auf der Pine Ridge Indian Reservation im Juni 1975 wird seit Jahrzehnten von einer weltweiten Solidaritätsbewegung der rassistisch geführte Prozess gegen Leonard Peltier kritisiert. Auch der ehemalige US-Generalstaatsanwalt Ramsey Clark ist der Ansicht, dass Peltier kein faires Verfahren hatte. Bis heute weiss niemand, wer 1975 die FBI Agenten Ronald A. Williams und Jack R. Coler auf dem Gelände der Jumping Bull Ranch erschossen hat. Die anderen mitangeklagten American Indian Movement (AIM) Aktivisten wurden freigesprochen, weil sie in Notwehr handelten. Es musste ein Schuldiger gefunden werden und mit manipulierten Beweisen traf es Leonard Peltier, der zusammen mit Mumia Abu-Jamal einer der bekanntesten politischen Gefangenen der USA ist. Bis heute streitet er die Tat ab.

Für viele Menschen ist Peltier ein Kriegsgefangener und er ist das Gesicht im Kampf der Indianer für Gerechtigkeit in den Vereinigten Staaten.

Die juristischen Mittel sind für Peltier inzwischen praktisch ausgeschöpft, auch wenn Organisationen wie Amnesty International die Rechtmäßigkeit des Verfahrens und das Urteil anzweifeln. Inzwischen ist Leonard Peltiers Gesundheit stark angegriffen, es wird befürchtet, dass er im Gefängnis sterben könnte.

Aus diesem Grund hat Amnesty International eine Kampagne gestartet, mit der U.S. Präsident Obama aufgefordert wird, von seinem Gnadenrecht aus humanitären Gründen Gebrauch zu machen, Gerechtigkeit walten zu lassen und Peltier freizulassen.



Allen, die sich für Leonards Fall interessieren sei das Buch "In The Spirit of Crazy Horse" von Peter Matthiesen empfohlen.

Weitere Informationen gibt es im Web:

http://www.leonardpeltier.de/

http://www.whoisleonardpeltier.info

http://www.aim-west.org

Restorative Justice after Genocide - Protestmarsch von Herero und Nama in Berlin

Fotos Oliver Feldhaus / Umbruch-Bildarchiv
Am 16. Oktober 2016 fand in Berlin ein Protest- und Solidaritätsmarsch von Herero- und Namadelegierten zum Berliner Schloss/Humboldt-Forum statt. Das für ca. 600 Millionen Euro rekonstruierte Berliner Schloss war die Residenz Kaiser Wilhelms II, der zu den Hauptverantwortlichen für die Vernichtungstrategie gegen die Herero und Nama zählt.

Der Protestmarsch bildete den Abschluss des ersten transnationalen Kongresses von OvaHerero und Nama zum Genozid in den Jahren 1904 bis 1908 in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Etwa 50 Nachfahren der Opfer des Genozids hatten sich vom 14.-16. Oktober in Berlin mit AktivistInnen afrikanischer, Schwarzer und kolonialismuskritischer Organisationen getroffen.
Neben Austausch und Vernetzung gab es auch mehrere Veranstaltungen. So fand z.B. anlässlich der Eröffnung einer Sonderausstellung „Deutscher Kolonialismus. Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“ vor dem Deutschen Historischen Museum Berlin eine gemeinsame Protestkundgebung statt. Die Kritik der Kongressteilnehmenden bezieht sich auf die anhaltende Ausgrenzung von Nachfahren Kolonisierter in Fragen der afrikanisch-deutschen Geschichte. Denn nicht nur ist das Ausstellungskonzept des DHM ohne maßgebliche Beteiligung von afrikanischen bzw. Schwarzen ExpertInnen erstellt worden. Das Museum hat es auch abgelehnt, die in Berlin anwesenden Herero- und Namarepräsentanten zu einem Grußwort einzuladen.

Vor allem aber richtet sich der Protest gegen die exklusiven deutsch-namibischen Regierungsverhandlungen. Diese Verhandlungen über die Aufarbeitung des Völkermords finden bereits seit 2014 unter Ausschluß der direkt betroffenen Herero und Nama statt. Diese fordern eine angemessene Entschädigung für das vom Deutschen Reich gestohlene und an deutsche Siedler vergebene Land. (siehe auch:

Zu den Fotos von Oliver Feldhaus / Umbruch-Bildarchiv

Pressemitteilung von Berlin Postkolonial)

Weitere Informationen:

FREE THEM ALL! Solidarität mit den kämpfenden Gefangenen in den USA!

In den USA sind derzeit knapp 2,3 Millionen Menschen eingesperrt, weitere ca. 4,2 Millionen unterliegen staatlicher Aufsicht und haben zum Großteil keine Bürgerrechte mehr. Auffällig dabei ist, dass ein überproportional großer Teil der Gefangenen People Of Color sind, darunter viele Afroamerikaner*innen, Hispanics und Indigene. Beinahe allen Gefangenen ist gemeinsam, dass sie über keine eigenen finanziellen Mittel verfügen, um sich vor der Justiz angemessen zu verteidigen, die ca. 97% von ihnen sogar komplett ohne Gerichtsverfahren ins Gefängnis gesteckt hat.

Ein treibender Faktor bei der Masseninhaftierung in dem sog. „Land Of The Free“ ist der ökonomische Anreiz zur beinahe kostenlosen Abschöpfung der Arbeitskraft dieser Gefangenen in der staatlich/privaten Gefängnisindustrie.

Die Masseninhaftierung in den USA ist in ihrem Ausmaß derzeit beispiellos und nichts anderes als Fortsetzung der seit Jahrhunderten praktizierten Sklaverei unter neuem Namen. Innerhalb und außerhalb der Gefängnisse steigt der Widerstand gegen diese Rechtslosigkeit und eine Gesellschaft, in der Menschen ohne materiellen Wohlstand versklavt werden. Seit dem 9. September, dem Jahrestag des Attica-“Aufstandes im Bundesstaat New York, sind zehntausende Gefangene in einem Streik. Sie fordern nicht anderes als die Abschaffung der Sklaverei.

In Berlin hat sich das Bündnis FREE THEM ALL aus Gruppen und Einzelpersonen gebildet, welches die Kämpfe der Gefangenen und ihrer Angehörigen unterstützen möchte. Zu diesem Zweck führt FREE THEM ALL kurz vor den Präsidentschaftswahlen am 29. Oktober eine Kundgebung vor der US Botschaft in Berlin durch.

Einer der Schwerpunkte wird dabei auf dem indigenen Gefangenen Leonard Peltier sowie der generellen Lebenssituation der Native Americans in den USA liegen. Weiter geht es um die Gefängnisindustrie und die gesundheitliche Versorgung von Langzeitgefangenen am Beispiel der Nichtversorgung von an Hepatitis-C Erkrankten im US Bundesstaat Pennsylvania, unter ihnen der Journalist Mumia Abu-Jamal. Das Berliner Bündnis will alle kämpfenden Gefangenen in den USA sichtbar unterstützen, die sich seit dem 9. September im Streik gegen die Sklaverei befinden.

Mumia Abu-Jamal ruft in einer Audio-Botschaft zur Teilnahme an dieser Kundgebung in Berlin auf: Mumia Abu-Jamals calls out to join protest in Berlin on October 29, 2016

Neben Mumia sind weitere Gefangene angefragt, sich mit Grußbotschaften an der Kundgebung zu beteiligen. Live Musik und weitere Beiträge über Frauen im Knast, Solidaritätsarbeit mit Gefangenen und aktuelle europäische Beispiele von Widerstand gegen die Gefängnisindustrie wird es ebenfalls geben.

Free Leonard Peltier -“ Free Them ALL!

Sa. 29. Oktober 2016 / 15:00 Uhr
US Botschaft Pariser Platz 2/Brandenburger Tor

10117 Berlin (S-Brandenburger Tor)

via Free Them All Berlin

Einer sitzt im Knast - Freiheit für Beni

-Aufruf zur Prozessbegleitung-

Seit den Protesten gegen die Veranstaltung der “Alternative für Deutschland- am 3. Oktober 2016 am Cannstatter Kursaal befindet sich ein Antifaschist in Untersuchungshaft (dazu die Rote Hilfe & Stuttgart gegen Rechts). Der Vorwurf lautet “versuchter Diebstahl-. Angeblich soll er versucht haben, einem Polizisten das Pfefferspray zu entwenden. Tatsächlich gab es an diesem Tag viele Provokationen durch die Einsatzkräfte. Dabei hat der noch junge Polizist dem nun in U-Haft Sitzenden ins Gesicht geschlagen. Auf der Anklagebank sitzt jedoch nicht der Polizist, sondern Beni. Wieder einmal versucht die Justiz auf diese Art Entgleisungen von Polizeikräften im Nachhinein zu rechtfertigen.

Fakt ist, dass die Strategie der Polizei an dem Tag eindeutig auf Eskalation angelegt war. Wie auch bereits bei früheren Protesten sowohl gegen die „AfD“ als auch gegen die selbsternannte „Demo für Alle“ wurde versucht, die Demonstrierenden gezielt zu provozieren und im Nachgang zu kriminalisieren. Der Kampf gegen rechte und reaktionäre Kräfte soll in Stuttgart offensichtlich mit allen juristischen und polizeilichen Mitteln unterbunden werden. Um andere AktivistInnen abzuschrecken, werden gezielt einzelne AntifaschistInnen abgestraft. In diesem Fall wird erneut auf einen gezielt, dem auf Grund einer noch laufenden Bewährungsstrafe Knast droht.

Dieser Strategie werden wir mit unserer Solidarität entschieden entgegen treten und lassen uns nicht einschüchtern. Solidarität ist unsere Waffe gegen ihre Repression -“ Wir gehen gemeinsam gegen Rechts auf die Straße und stehen gemeinsam vor Gericht, weil wir der Überzeugung sind, dass unser Protest notwendig und legitim ist.

Deshalb rufen wir dazu auf, Benis Prozess am 24. Oktober 2016 ab 10 Uhr gemeinsam zu begleiten. Wir treffen uns dazu um 9 Uhr vor dem Amtsgericht Stuttgart (Hauffstraße 5/Haltestelle Neckartor).

Getroffen hat es einen -“ gemeint sind wir alle!

Für eine solidarische Perspektive!

Quelle: Stuttgart gegen Rechts & Rote Hilfe OG Stuttgart

Wer Beni schreiben möchte, bekommt die Kontaktdaten über die Rote Hilfe (stuttgart[ät]rote-hilfe.de).

Foto Rückblick: Zum 35. Todestag von Klaus-Jürgen Rattay

Foto: Manfred Kraft / Umbruch Bildarchiv Berlin
Am 22. September 1981 starb Klaus-Jürgen Rattay anläßlich der Räumung von 8 besetzten Häusern in Berlin. Sein Tod veränderte die Bewegung. Bei einigen löste die Brutalität, mit der die Räumungen durchgezogen wurden, Angst und Ohnmachtsgefühle aus. Bei dem weitaus größeren Teil der Besetzer*innen überwogen jedoch Wut und Zorn -“ sie radikalisierten sich mit hoher Geschwindigkeit. Den Jahrestag von Klaus Jürgen Rattays Tod nehmen wir zum Anlaß für diesen Rückblick. Der Text ist ein Auszug aus dem Buch "Autonome in Bewegung" über die Besetzerbewegung der 80er Jahre, die Fotos entstanden am Tag der Räumung und anläßlich einer Gedenkdemonstration für Klaus-Jürgen Rattay im Jahr 1982.

Am 22. September 1981 läßt Heinrich Lummer (CDU), der damalige Innensenator von Berlin, 8 besetzte Häuser räumen. "Die Bewohner der räumungsbedrohten Häuser hatten sich darauf verständigt, lediglich passiven Widerstand gegen die Räumung zu leisten. Sie verbarrikadieren die Eingangstüren, holen viele Menschen ins Haus, Unterstützer wie auch prominente Paten, und harren der Dinge. In der Winterfeldtstraße, in der drei der Häuser stehen, werden aber in der Nacht auf den 22. September auch Barrikaden aus umgestürzten Autos, Bauwagen etc. errichtet, und viele sind dort, um die Häuser von außen militant zu verteidigen. Klaus-Jürgen Rattay gehört auch zu ihnen.

Am frühen Morgen des Räumungstages rückt die Polizei mit einem Großaufgebot an: mit Panzerwagen, Wasserwerfern und schwerem Räumgerät. Mittags will Lummer es sich nicht nehmen lassen, in einem der geräumten Häuser eine Pressekonferenz abzuhalten. Er präsentiert sich auf dem Balkon der Bülowstraße 89 als ein siegreicher Feldherr. Dadurch heizt er die Stimmung noch zusätzlich auf. Lautstarke Proteste begleiten seinen Auftritt. Die Polizei ist nervös und knüppelt die Straße frei. Einige hundert Menschen flüchten auf die verkehrsreiche Potsdamer Straße. Dort wird Klaus-Jürgen Rattay von einem BVG-Bus erfasst und mitgeschleift. Er stirbt auf der Straße. Den ganzen Tag über bleibt der Schöneberger Kiez unruhig und voller Menschen, die Todesstelle wird umlagert und mit Blumen bedeckt, und es gibt keinen Zweifel darüber, was am Abend passieren wird. Abends kommt es zur größten Spontandemo der Bewegung, rund 10.000 Menschen beteiligen sich an einem Schweigemarsch durch Schöneberg, der in heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei mündet, „Lummer: Mörder, Mörder“ hallt es nachts durch die verwüsteten Straßenschluchten. Gleichzeitig sind im ganzen Stadtgebiet Kleingruppen unterwegs, etwa 50 Anschläge auf Banken, Polizeiwachen, Wohnungsbauunternehmen etc. werden in dieser Nacht registriert. Auch in vielen anderen Städten der BRD gibt es Demonstrationen und Anschläge." (Ausschnitt aus dem Buch "Autonome in Bewegung" - PDF-Datei)

Drei Wochen nach dem Tod Rattays bildete sich eine "unabhängige Untersuchungskommission", der ein Bundesverfassungsrichter a. D. angehörte. Der Hergang des Vorfalles war heftig umstritten. "Die Versionen reichten vom Angriff Rattays auf den Bus und dem Selbstverschulden seines Todes (Polizei-Mitteilung) bis zur Darstellung von Zeugen, der Bus sei ohne Rücksicht in die Menschenmenge gefahren. (...) Die allmählich veröffentlichten weiteren Fotos und ein Super-8-Film konnten einige Aspekte des Vorfalles klären -“ vor allem den, dass der Bus vor dem Zusammenprall nicht angegriffen worden war -“, doch gibt es vom exakten Moment des Anstoßes keine Bild-Dokumente." (siehe Wikipedia)

Nachdem die Ermittlungen noch im Dezember desselben Jahres eingestellt worden waren, bemühten sich die Eltern des Neunzehnjährigen vergebens um Wiederaufnahme des Verfahrens. Im August 1982 wurde dies abgelehnt.

Eine Dokumentation des Ermittlungsausschusses aus dem Jahr 1982 beleuchtet die genaueren Todesumstände.

"Ich hab gleichzeitig Angst und ich hab gleichzeitig auch Mut zum kämpfen."
sagt Klaus-Jürgen Rattay noch am Tag vor der Räumung in einer Dokumentation des RBB.

Zahlreiche Links und eine Fotoseite beim Umbruch Bildarchiv Berlin

Marsch für das Leben

Foto: neuköllnbild / Umbruch Bildarchiv Berlin
Beim "Marsch für das Leben" zogen am 17. September 2016 mehrere tausend Teilnehmer*innen durch Berlin und stießen auf gleich zwei Gegendemos.

Alle Jahre wieder laden sehr fromme Christenmenschen zum sogenannten "Marsch für das Leben" nach Berlin. Da wird dann die Abtreibung gegeißelt, der Weg zum rechten Glauben propagiert, und der eine oder
andere Bischof schickt ein Stoßgebet gen Himmel. Frau von Storch von der AfD nimmt auch immer teil und zieht ein noch sauertöpferisches Gesicht als sonst, weil sich das unter frommen Christen so gebührt.

Fromme Christen tragen das Kreuz der Menschheit. Weil sie Märtyrer sind, lassen sie sich zu Beginn ihrer Demo ein weißes Holzkreuz aushändigen, damit das auch jeder sieht. Denn ein Martyrium, das man nicht sieht, ist ja irgendwie ein großer Haufen Bockmist.

Nun gibt es aber auch jene Leute, die den sehr frommen Christenmenschen seit Jahren bei ihrem Aufmarsch in die Suppe spucken und dieser geballten Frömmigkeit ihren Protest entgegensetzen. Das sind die
Feminist*innen und ihre Büttel. Seit Jahren blockieren sie die fromme Demo, rufen laut ihre Parolen und sehen wie immer sehr ungewaschen aus... vor allem innen, vor allem aus frommer Christensicht.

So war es denn auch dieses Jahr. Mehrere hundert Protestler versammelten sich zu einer Gegendemo am Anhalter Bahnhof und begleiteten lautstark den Marsch für das Leben, der auf der Reichstagswiese begann und endete.
Dieser wurde rigoros von der Polizei abgeschirmt, so dass es nur zu einer Straßenblockade kommen konnte. Der Gegenprotest fand daher vor allem jenseits der zahlreichen Hamburger Gitter am Antreteplatz und entlang der Demoroute statt.

Im Zuge der Abschlußkundgebung wurden dann noch ein paar Leute in Gewahrsam genommen, weil sie zu laut waren, mit Kondomen um sich warfen oder unbotmäßig ein weißes Holzkreuz mit sich herumtrugen.

Einige Fotos beim Umbruch Bildarchiv Berlin.

Videoinstallation # Innere Sicherheit : Polizeigewalt

Innerhalb der Photoszene 2016 wurde unsere Ausstellung "# Innere Sicherheit : Polizeigewalt" im "Studio NOVO Artspace in Köln" im Festivalguide der Photokina bis zum 25. September international angekündigt. Nun hat der Galerist die Fotoausstellung und Videoinstallation sowie auch das Plakat zur Photoszene nach der Vernissage ohne Rücksprache und entgegen der Vereinbarung entfernt. Besucher hatten sich gemeldet und darüber beschwert, dass die Ausstellung nicht mehr vorhanden sei. Einen solchen "kreativen" Umgang mit Vereinbarungen sowie der ebenso kreative Umgang mit Öffnungszeiten sind wir nicht gewohnt, und wir werden uns für die Zukunft einen anderen und verlässlichen Partner suchen. Wir bitten alle um Entschuldigung dafür, dass diese Videoinstallation nur noch im Internet zur Verfügung steht. Als Entschädigung für Besucher, die umsonst kamen und die noch Interesse an unserem Thema haben, werden wir möglichst bald eine komplette Ausstellung im lokalen Umfeld anbieten.

https://www.r-mediabase.eu/index.php?view=category&catid=863&option=com_joomgallery&Itemid=519

https://www.r-mediabase.eu/index.php?option=com_content&view=article&id=224:videoinstallation-innere-sicherheit-polizeigewalt&catid=102&Itemid=567

R-mediabase präsentiert zur Internationalen Photoszene 2016 eine Auswahl von Fotografien und eine Videoinstallation zum Thema # lnnere Sicherheit : Polizeigewalt. Die Fotografien zur Installation stammen: Christian Martischius - Hans-Dieter Hey - Heino Pflaum - Hubert Perschke - Jan Große-Nobis - Jochen Vogler - Paul Lovis Wagner - Pay Numrich - Reiner Engels - Sara Sun Hee Martischius und Thomas Trüten. Konzept, Umsetzung und Schnitt: Martin Bauer, Tonabmischung: Hans-Dieter Hey, Full-HD, 12 Minuten, Hürth, 2016

35. Todestag von Klaus-Jürgen Rattay

Heute ist der 35. Todestag von Klaus-Jürgen Rattay. Aus dem Anlass der Verweis auf eine Doku des Ermittlungsausschusses aus dem Jahr 1982 und eine Dokumentation des RBB zu den damaligen Vorgängen.

"Bei einer Demonstration gegen die Räumung von acht besetzten Häusern („Lummerland ist abgebrannt"), geriet Klaus-Jürgen Rattay am 22. September 1981 auf die Fahrbahn, wurde von einem Bus der BVG erfasst und tödlich verletzt. Einige Hausbesetzer behaupteten nach dem Unfall, er sei von der Polizei auf die Fahrbahn gedrängt worden. Diese Aussagen wurden im anschließenden Gerichtsverfahren nicht bestätigt. Der Staatsschutz behauptete seinerseits, Rattay sei mit einem fotografierten Demonstranten identisch, der unmittelbar vor der Räumung in der Winterfeldtstraße Barrikaden mit Benzin angezündet habe. Augenzeugen und Betroffene fanden sich zu einem Schweigemarsch zusammen, hielten eine Mahnwache mit Kerzen ab und legten am nächsten Tag eine Gedenkstätte für ihn an. Auch im Ausland, insbesondere in Amsterdam, kam es in Verbindung mit den Berliner Vorfällen zu Ausschreitungen. Die Berliner Polizei räumte wenige Tage später erneut ein besetzes Haus in der Pohlstraße 59 im Bezirk Tiergarten.
Drei Wochen nach dem Tod Rattays bildete sich eine „unabhängige Untersuchungskommission", der unter anderen Bundesverfassungsrichter a. D. Martin Hirsch, Professorin Uta Ranke-Heinemann und Pfarrer Jörg Zink angehörten. Nachdem die Ermittlungen noch im Dezember desselben Jahres eingestellt worden waren, bemühten sich die Eltern des Neunzehnjährigen vergebens um Wiederaufnahme des Verfahrens, die im August 1982 abgelehnt wurde.

Ein Augenzeuge gab dem Tagesspiegel am Abend der Vorfälle eine ganz andere Darstellung: Rattay habe zu der Menge gehört, die von der Polizei in der Bülowstraße in Richtung Potsdamer Straße getrieben worden sei. Als der Bus kam, habe er auf der Kreuzung gestanden, zunächst mit dem Rücken zu dem Fahrzeug, dann mit dem Gesicht. Der Busfahrer sei voll auf ihn zugefahren und habe Rattay frontal erfaßt. Bis zu diesem Zeitpunkt sei der Bus nicht mit Steinen beworfen worden. Der Bus sei trotz des Anpralls weitergefahren, habe dann zwar kurz abgebremst, aber seine Fahrt fortgesetzt, bis er von Passanten gestoppt wurde. Erst dann sei er durch Steinwürfe beschädigt worden. Diese Version, daß Rattay ohne weiteres überfahren worden sei, veröffentlichte am Abend auch ein "Ermittlungsausschuß" unter Berufung auf 25 Zeugen." (Quelle: Youtube)


Siehe auch:
Unterschiedliche Angaben zu dem Todesfall auf der Potsdamer Straße
Häuser, Hass & Strassenkampf - Die Revolte der Westberliner Hausbesetzer
Sie stehen mit Ihren Füßen darauf


Häuser, Hass und Strassenkampf - Die Revolte der Westberliner Hausbesetzer from r_3ne on Vimeo.

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