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"Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen" (Heinrich Heine) - Gegen die Zerstörung der Kultur

Zum heutigen Tag der Befreiung erklärt die VVN:

"Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen" (Heinrich Heine) - Gegen die Zerstörung der Kultur

Die Errichtung der faschistischen Herrschaft vor 75 Jahren war nicht allein mit Straßenterror, Verhaftungen und der Beseitigung demokratischer Rechte verbunden.

Es ging den Nazis gleichermaßen um eine ideologische Gleichschaltung.
Viele demokratische Schriftsteller und Künstler flohen vor dem faschistischen Terror ins Exil. Mit dem "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" schufen die Nazis Anfang April 1933 eine formaljuristische Legitimation, um antifaschistische und jüdische Wissenschaftler und Lehrkräfte aus Universitäten und Schulen zu vertreiben.
Auch deren Gedanken und die von ihnen vertretenen Ideen sollten aus der gesellschaftlichen Öffentlichkeit eliminiert werden. Dazu inszenierten faschistische Studenten des NSDStB am 10. Mai 1933 in den Universitätsstädten des Deutschen Reiches Bücherverbrennungen. In aller Öffentlichkeit, unter Beteiligung der Professoren und der Studentenschaft wurden Werke marxistischer und jüdischer Wissenschaftler, demokratischer und pazifistischer Schriftsteller und Künstler als "undeutsche Literatur" vernichtet. In den folgenden Wochen fanden ähnliche Veranstaltungen in anderen Orten des Reichs statt.
Vernichtet wurden die Werke von Ernst Barlach, Walter Benjamin, Bertolt Brecht, Franz Kafka, Erich Kästner, Carl von Ossietzky, Erich Maria Remarque, Anna Seghers, Stefan Zweig und Carl Zuckmayer, um nur einige wenige zu nennen. Auf den Listen der "undeutschen Literatur" standen die Werke der besten deutschen Dichter und Wissenschaftler.
Der "Kampf um die Köpfe" wurde von dem faschistischen Terrorregime mit aller Vehemenz fortgesetzt. Es folgten Berufsverbote, Vertreibungen, Ausbürgerungen und andere Terrormaßnahmen. Grausam bestätigte sich, was Heinrich Heine knapp 100 Jahre zuvor in einem Gedicht formulierte:
"Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen".
Wir gedenken dieses Datums, da es - wie kein zweites - faschistischen Ungeist und die Zerstörung der demokratischen Kultur belegt.
Wer sich an dieses Datum erinnert, sollte sich den humanistischen Gehalt der Werke der "verbrannten Dichter" und Wissenschaftler aneignen. Viele von ihnen haben in deutlichen Worten die sozialen Probleme der damaligen Zeit angeprangert und zugleich vor der faschistischen Bedrohung gewarnt. Bewahren wir dieses demokratische und humanistische kulturelle Erbe für heute und morgen.
Aber dieses Datum ist nicht nur historisch zu verstehen. Die Strategie der NPD heute zielt ebenfalls auf den "Kampf um die Köpfe". In der Konsequenz werden linke Künstler angegriffen, ihre Auftritte behindert, wie in Halberstadt oder in Wernigerode.
Auch dagegen richtet sich unser politisches Gedenken zur Bücherverbrennung.


Dr. Ulrich Schneider
Bundessprecher

Berlin, 08.05.08

Antidemokraten auf dem Vormarsch

In Istanbul werden demonstrierende Arbeiter von Panzern und bewaffneter Polizei angegriffen, in Hamburg kommt es am 1. Mai zu Zusammenstößen zwischen gewalttätigen "autonomen Nationalisten", denen die Polizei den Weg freiprügelt, und Antifaschisten. Daß der Weg für fortschrittliche Kräfte freigeprügelt wird, erscheint in der Türkei wie auch hier in Deutschland unvorstellbar.

Kiel, morgen: Antifa-Demo durch Gaarden

Im gesamten Kieler Stadtgebiet kommt es seit etwa einer Woche nahezu jede Nacht zu Übergriffen von Rechten auf Linke und linke Einrichtungen. Schier unglaublich erscheint einem die von der Staatsanwaltschaft verhängte Nachrichtensperre, so daß die Geschehnisse nicht an die Öffentlichkeit dringen können.

Via USP kommt die Bitte, sich mit den Kieler Genossen zu solidarisieren und am morgigen 3. Mai die dortige Demonstration im Stadtteil Gaarden zu besuchen.

Sa., 03. Mai / 12 Uhr / Alfons-Jonas-Platz

Mehr Infos

Solidaritätserklärung für Mumia Abu-Jamal von Leonard Peltier

Mumia Abu-Jamal wird heute 54 Jahre alt. Er sitzt seit 1981 im Gefängnis. Heute ist sein 26. Geburtstag in Gefangenschaft. Das Berliner Mumia-Bündnis zeigt Filme im Videokino Peliculoso in der KÖPI und gibt weitere Infos zum Thema (auch über Todesstrafe und privatisierte Gefängnisindustrie).

Solidarisch zeigt sich Leonard Peltier in einer Erklärung, die bei freace übersetzt veröffentlicht wurde:

(...)Trotz des Rückschlags für Mumia durch die Verweigerung eines neuen Verfahrens hoffe ich auf die neue Anhörung zur Festsetzung des Strafmaßes. Wie bei so vielen vor uns werden unsere kleinen Siege eines Tages in unserem endgültigem Triumph münden, und wir werden den Kampf bis zu diesem Tag weiterführen. Denn wir sind eins, und wir sind viele. Wir sind ewig, und wir sind zeitlos. Wir sind Crazy Horse, wir sind Geronimo, wir sind Mumia, wir sind Leonard Peltier, wir sind Malcolm X und wir sind Martin Luther King. Wir sind die Stimmen der Gerechtigkeit und des natürlichen Lebens. Wir sind das American Indian Movement, wir sind die Black Panthers, wir sind MOVE, wir sind der Vietcong, wir sind die Irish Republican Army und die Palestinian Liberation Organization.(...)

Strike Bike reloaded - Nordhäuser Fahrradwerker wollen wieder produzieren

Die Nordhäuser Fahradwerker, deren Kampf um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze vergangenes Jahr für Aufmerksamkeit sorgte, wollen die Produktion in eigener Regie wieder aufnehmen:

Internetaktion der Nordhäuser Fahrradwerker und deren Hintergrund -“ Aufruf zur Unterstützung des Produktionsstarts.

Nur mit der Betriebsbesetzung anlässlich der Schließung Ihrer Firma und der daraus resultierenden Strike Bike Produktion, wollten sich viele der ehemaligen Mitarbeiter des Nordhäuser Fahrradherstellers Bike Systems, im Kampf um ihre Arbeitsplätze und Ihrer Existenzen, nicht zufrieden geben.

Das Ziel war und ist es möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Eine Fahrradfirma mit wiederum ca. 130 Arbeitsplätzen in Selbstverwaltung zu schaffen konnte nur utopisch erscheinen, da nach Abzug des Insolvenzverwalters statt Maschinen und Anlagen nur noch Müllberge und Asche den Inhalt der Werkhallen bildeten.

Eine GmbH, vorerst bestehend aus 21 ehemaligen Fahrradwerkern, wurde gegründet. Durch massive Unterstützung des Vereins Bikes in Nordhausen e.V. und durch große Anstrengungen der Mitarbeiter konnten verschiedenen produktionsnötige Werkzeuge, Maschinen und Anlagen wiederbeschafft werden.

Die ehemalige Betriebsstätte wurde angemietet, Kontakte zu Lieferanten und Fahrradhändlern geknüpft. Händlerverbände sagten uns Unterstützung zu und halfen beim Erstellen von möglichen zukünftigen Fahrradmodellen.

Bis Jahresende ca. 20.000 Fahrräder zu produzieren und zu vertreiben konnte real dargestellt werden. Unser zukünftiges Betätigungsfeld sehen wir hauptsächlich in der Fertigung von Fahrrädern im Preisniveau der unteren Mittelklasse für den Fachhandel. Andere Kunden sind natürlich jederzeit auch herzlich willkommen.

Der symbolische Produktionsstart erfolgt zum 1. Mai. Bis Ende Mai sollen dann 2.000 Fahrräder der Marke „Black Edition“ produziert und vertrieben werden. Anlehnend an das „Strike Bike“ haben wir ein Model mit wesendlich verbesserten Teilen und einem auffälligen Qutfit entworfen. Sollte ausreichend Interesse für dasselbe Modell nur in anderen Farben bestehen, werden wir darüber nachdenken den Kundenwünschen zu entsprechen.

Wir sind jedoch gezwungen diese 2.000 Fahrräder nochmals gegen Vorkasse über das Internet zu vertreiben. Vorkasse nur deshalb um Teile des Materials, wie von vielen unserer Materiallieferanten bei Lieferungen an Neukunden gefordert, vorfinanzieren zu können. Der Gewinn aus dieser Aktion soll außerdem dazu dienen eine Laufradfertigungsstrecke der ehemaligen Bike-Systems Nordhausen von einem Maschinenhändler aus Ungarn zurückzukaufen. Bis zum Rückkauf dieser für uns so wichtigen Anlagen müssen wir alle benötigten Laufräder kostenintensiv außerhalb produzieren lassen. Auch diese Arbeitsplätze wollen wir wieder in Nordhausen installieren.
Der Neustart der Produktion von Fahrrädern in Nordhausen ist für uns wie ein „Phönix aus dem Müll und der Asche“ unserer sozialen Existenzängste. Zum Neubeginn unserer beruflichen Tätigkeit benötigen wir dringen externe Hilfe.
2.000 Fahrradbestellungen unseres Internetmodells bis zum 15.05.2008 sind für uns äußerst wichtig um wie geplant vorerst 21 Arbeitsplätze in unserer strukturschwachen Region schaffen und erhalten zu können. Langfristig möchten wir möglichst vielen, von unseren ehemaligen Mitarbeitern, wieder eine berufliche Perspektive bieten können. Viel zu viele sind immer noch vom Sozialgau bedroht.

Das Frühjahr mit schönem Wetter stehen vor Tür -“ Zeit zur sportlichen Betätigung -“ Zeit zum Fahrrad fahren. Ihre Entscheidung für unser Internet-Aktionsfahrrad „Black Edition“ würde uns den Weg in eine sichere berufliche Zukunft und in eine soziale Sicherheit erleichtern.

Den sozialen Aspekt unserer Aktionen wollen wir jedoch nicht nur zu unseren Gunsten bemühen, sondern wir wollen auch selber sozial helfend tätig sein.
Die Mitarbeiter unseres kleinen Fahrradwerks planen in Zukunft vom Erlös jedes verkauften Fahrrades mindestens 0,50 € für einen sozialen Zweck, das könnten jährlich bis zu 20.000 € sein, zu spenden. Zu diesem Punkt wäre es auch schön bundesweit von Ihnen über bedürftige Projekte, möglichst für Kinder, informiert zu werden.

Die Nordhäuser Fahrradwerke bitten um Ihre solidarische Unterstützung, und besonders den Fachhandel bitten wir um Verständnis und um Unterstützung für diese, für unseren Produktionsstart so wichtige, Internetaktion.

Danke, Ihre 21 Nordhäuser Strike Biker Nordhausen den 16.04.2008

INFORMATION ZUR BLACK EDITION

Es handelt sich bei der Black Edition um ein 28“ Herren- und Damenfahrrad mit 3G-Rücktritt Nabenschaltung. Diese Fahrräder sind eine technische und qualitative Weiterentwickelung des vorangegangen Strike Bike Modells.
Der Preis für Endverbraucher beträgt inklusive Transport 299,- Euro.

Informationsmaterial und Bilder zu den beiden Fahrrädern erhalten Sie auf unserer Homepage www.strike-bike.de.
Anfragen und Bestellungen senden Sie bitte an unsere Postanschrift

Strike Bike GmbH
Freiherr- vom- Stein Straße 31
99734 Nordhausen

sowie an unsere E-Mail Adresse: StrikeBikeNDH@aol.com

"Investigate Thor Steinar - Die kritische Auseinandersetzung mit einer umstrittenen Marke"

Die bereits seit einiger Zeit angekündigte Broschüre "Investigate Thor Steinar - Die kritische Auseinandersetzung mit einer umstrittenen Marke" ist inzwischen erschienen. Weitere Informationen wie Kontakt- und Bestellmöglichkeit sowie die Möglichkeit zum Download sind bei Investigate Thor Steinar zu finden.

Radio zu den Freiraumtagen am 11. und 12. April

Am 11. und 12. April finden die europaweiten Aktionstage zum Thema Freiräume statt.

Dazu gibt es bei Open-Radio einen mehrsprachigen Stream. Dort können auch RadioSendungen, Nachrichten, Jingles oder Musik hochgeladen werden.

Beim Freien Radio wird ein englisch- bzw. deutschsprachiger Stream übertragen. Podcasts gibt es ebenfalls. Die Beiträge werden im Wiki gesammelt.

900.000 Terroristen in der Zentrale des Terrors?

Via LabourNet kam folgender interessante Hinweis:

Das Nest des internationalen Terrorismus?

Die demokratische amerikanische Vereinigung ACLU hat in einem Statement darauf hingewiesen, dass - glaubt mensch ausnahmsweise offiziellen Stellen - die USA das Zentrum des internationalen Terrorismus sind: Über 900.000 Menschen stehen dort wegen Terrorismusverdacht auf Überwachungslisten, haben beispielsweise Flugverbot. "Gäbe es eine Million Terroristen in diesem Land, müssten unsere Städte in Schutt und Asche liegen" sagte ein Sprecher der Organisation. Homeland Security - das ist auch ein Programm zur generellen Einschränkung von Freiheiten und zahlreiche AktivistInnen des Landes wurden schon bezichtigt. Aber es reichen auch schon dinge wie Namensgleichheit oder (konkret oft genug: arabische) Herkunft, um in die Liste "aufgenommen" zu werden. Der Beitrag "ACLU calls out US over 'absurd bloating' of terror watch list" von Nick Juliano vom 28. Februar 2008 beim Worldviewblog

Mumia Abu-Jamal: Internationale Proteste gegen Gerichtsentscheidung

Verschiedene Gruppen rufen heute und morgen zum Protest gegen die Entscheidung auf, Mumia-Abu-Jamal kein neues Verfahren zu gewähren. Hier einige Termine:

Deutschland:Das Berliner Bündnis Freiheit für Mumia Abu-Jamal trifft sich am Freitag, 28. März um 20:00 Uhr im Clash im Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin, (U6/7 Mehringdamm).

In Erlangen soll am heutigen Freitag um 18 Uhr eine Demonstration auf dem Schloßplatz beginnen.

Das Schweizer Solibündnis ruft zur Free Mumia Demo unter dem Motto "Brick by brick, Wall by Wall, We gonna free Mumia Abu-Jamal" am 5.4.08 14:30, Theaterplatz Luzern, auf.

Berlin -“ 28. März, 18 Uhr. Nähe US-Botschaft, (Unter den Linden/Neustädtische Kirchstr.)

Kontakt: E-Mail: kfsv@online.de Telefon: (0 30) 4 43 94 01

Hamburg -“ 29. März, 12 Uhr, gegenüber dem US-Generalkonsulat, (Alsterufer 27/28)

Kontakt: E-Mail: kfsv-hamburg@web.de Telefon: (0 40) 32 36 44

England:

London -“ Freitag, 28. März: 17 Uhr US-Botschaft, Grosvenor Square, W1, (Nächste U-Bahn: Bond Street).

Für mehr Informationen, kontaktiert das Partisan Defence Committee:
partisandefence@yahoo.co.uk, 020 7281 5504, Partisan Defence Committee, BCM Box 4986, London WC1N 3XX

Frankreich:

Paris -“ Samstag, 29. März, 14 Uhr, gegenüber dem US-Konsulat, Place de la Concorde.

CDDS Tel.: 01 42 08 01 49, E-Mail: cdds-France@hotmail.fr

USA:

Bay Area -“ Freitag, 28. März: 16:30-18:30, 14th und Broadway, Oakland, Nähe Federal Building

Mehr Infos: (510) 839-0852, pdcbayarea@sbcglobal.net

Chicago -“ Freitag, 28. März: 16:30, Kluczynski Federal Building, nordöstliche Ecke von Jackson und Dearborn. Mehr Infos: (312) 563-0442, chicagopdc@sbcglobal.net

Los Angeles -“ Freitag, 28. März: 17 Uhr, U.S. Federal Courthouse, 312 N. Spring St.

Mehr Infos: (213) 380-8897, pdc-la@sbcglobal.net

New York -“ Freitag, 28. März: 17-19 Uhr, Federal Building, Broadway zwischen Worth und Duane Sts.

Mehr Infos: (212) 406-4252, partisandefense@earthlink.net

Australien:

Sydney -“ Samstag, 29. März: 12 Uhr mittags beim US-Konsulat, Ecke Martin
Place & Castlereagh Street

Mehr Infos: (02) 9281 2181 pdc.sydney@exemail.com.au

Kanada:

Toronto -“ Freitag, 28. März: 18 Uhr, 360 University Ave., gegenüber dem US-Konsulat zwischen Dundas (Bahnhof St. Patrick) und Queen (Bahnhof Osgoode). Mehr Infos: (416) 593-4138 pdctoronto@bellnet.ca

Vancouver -“ Freitag, 28. März: 12 Uhr mittags, UBC Student Union Building, South Plaza.

Mehr Infos: (604) 687-0353, trotskyist_vancouver@shawcable.com

Mexiko:

Ciudad de México -“ Freitag, 28. März: 17:00 Uhr, am Haupteingang der Philosophischen und Geisteswissenschaftlichen Fakultät CU, UNAM. Richtet Eure Korrespondenz an: Román Burgos, Apdo. Postal 302, Admón. Postal 13, CP 03501, México D.F., je_contacto@yahoo.com.mx

Via redblog und Partisan Defense Committee

Oury Jalloh: 1 Jahr Prozess ohne Klärung

Anlässlich des heutigen 1. Jahrestages des Prozessbeginns in Sachen des Todes von Oury Jalloh veröffentlichte die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh folgende Stellungnahme:

STELLUNGNAHME ANLÄSSLICH DES 1. JAHRESTAGES  SEIT PROZESSBEGINN IM TODESFALL OURY JALLOH

Seit dem 7. Januar 2005 haben wir immer wieder unsere Zweifel an den Umständen des Todes von Oury Jalloh zum Ausdruck gebracht. Wie kann eine an Händen und Füßen gefesselte Person auf einer feuerfesten Matratze in der Ausnüchterungszelle einer Polizeistation zu Tode verbrennen? Wie konnte die Person überhaupt an ein Feuerzeug gelangen? Warum hatte sie eine gebrochene Nase? Mit der Forderung nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung haben wir 27 Monate dafür gekämpft, dass der Fall vor Gericht kommt.

Bisher wurden auf diese Fragen nicht nur keine befriedigenden Antworten gefunden, sondern durch die systematische und kollektive Vertuschung des Verbrechens und durch die Verfolgung von Wahrheit und Gerechtigkeit fordernden Aktivisten wurden nur noch mehr Fragen aufgeworfen: Wo sind die verschwundenen Beweisstücke wie das Videoband, das Feuerzeug, erste Fotos nach dem Brand und die rechte Handschelle? Wer ist der Mann mit der Brille im Zellentrakt? Was hat es mit der nicht protokollierten Zellenkontrolle auf sich? Weshalb gibt es insbesondere über das Feuerzeug unterschiedliche Aussagen? Warum können Zeugen aus den Kreisen der Polizei derart ungeniert und seit Monaten Lügen vor Gericht auftischen ohne strafrechtlich verfolgt zu werden? Warum wurden die am Todestag von Oury Jalloh diensthabenden Beamten und Beamtinnen nicht alle unmittelbar nach dem Vorfall verhört, sondern teilweise erst während des Gerichtsverfahrens, d.h. erst nach über zwei Jahren?

Diese Fragen werden vom Landgericht Dessau schlichtweg ignoriert oder entsprechend der Anklage als irrelevant abgetan. Um zu verhindern, dass die Wahrheit ans Licht kommt, stellte die Staatsanwaltschaft, ohne hierfür Beweise vorzubringen, die zynische und absurde Behauptung auf, Oury Jalloh hätte das Feuer eigenständig entzündet und sich somit selbst verbrannt. Daher werden auch keine weiteren Untersuchungen über den wesentlich wahrscheinlicheren Tathergang angestellt: Dritte hatten Zugang zum Zellentrakt und zur Zelle Nummer 5 und haben Oury Jalloh verbrannt. An dieser Stelle wird meist der Einwand nach dem Motiv für solch einen Mord gebracht. Fragen wir zurück: Welches Motiv hätte Oury haben sollen, sich selbst anzuzünden? Rassismus kann, ebenso wie schwere Misshandlung von Festgenommenen durch Polizeibeamte und das Vertuschen solcher Gewaltanwendungen, tödliche Folgen haben. Eine Komplizenschaft zwischen bestimmten Teilen der Polizei und faschistischen Organisationsstrukturen kann ebenfalls ein Motiv der Polizei für den Mord sein.

Da die Staatsanwaltschaft von einem Selbstmord Oury Jallohs ausgeht, ist der Prozess auf die sechsminütige Zeitspanne zwischen dem vermeintlichen Ausbruch des Feuers und dem Hitzetod Oury Jallohs (der offiziellen Todesursache) begrenzt. Deshalb wird gegen die diensthabenden Beamten nur aufgrund von Fahrlässigkeit und unterlassener Hilfeleistung ermittelt. Was vor dem Ausbruch des Feuers passierte, ist nicht Gegenstand der Verhandlung, was wir scharf kritisieren.

Mit der Ladung des Polizisten Ennulat bricht der Prozess ausnahmsweise aus dem obengenannten „Sechs-Minuten-Rahmen“ aus. Ennulat ist vorgeladen, weil er sich in einem Privatgespräch unter Polizeistudenten zum Fall Oury Jalloh geäußert hat, und zwar in einer solchen Weise, dass das Innenministerium Mitstudenten ohne Ennulats Wissen aufforderte, Protokolle über seine Äußerungen anzufertigen.

Ennulat bestätigt vor Gericht, dass er eine feste Meinung zum dem Verfahren habe, und dass er gelernt habe, in alle Richtungen zu fragen. In dem Fall um den Tod von Oury Jalloh gebe es zu viele Ungereimtheiten, als dass die vor Gericht präsentierte Version als wahr angenommen werden könne. Beispielsweise hat Ennulat von einem Ermittler aus dem Kollegenkreis erfahren, dass es Oury Jalloh aufgrund der Art der Fesselung nicht möglich gewesen sein könne, sich selbst anzuzünden. Außerdem gebe es Gerüchte in Polizeikreisen, dass das Feuerzeug nachträglich an den Tatort gelegt wurde.

Wenn zu Beginn der Ereignisse am Todestag Oury Jallohs kein Feuerzeug in der Zelle gewesen sei, „muss wohl eine dritte Hand im Spiel gewesen sein. Das muss auch mal gesagt werden“, so Ennulat.

Er verweist erneut darauf, gelernt zu haben, auch Spekulationen und gewagten Thesen nachzugehen, um der Wahrheit näher zu kommen. Über den Fall Oury Jalloh werde sehr viel in Polizeikreisen gesprochen. Diese Aussage steht gänzlich im Gegensatz zu der der Dessauer Polizeizeugen, die zum Teil vehement abstreiten, darüber zu reden oder geredet zu haben. Ennulat spricht auch über den Korpsgeist und den sozialen Druck in der deutschen Polizei, der massiv einsetze, wenn jemand einen Kollegen belaste. Des Weiteren erfahren wir durch die Aussagen des ehemaligen Staatschützers, dass es neben dem Fall Bichtermann (er starb mit Schädelbasisbruch in der gleichen Zelle unter Aufsicht der gleichen Beamten) noch einen weiteren ungeklärten Todesfall aus den 90er Jahren gibt.

Am 41. Prozesstag wurde durch den Zeugen Ennulat der Vorhang ein Stück angehoben und ein kurzer Blick hinter die Kulissen geworfen. Der Prozess ist durch seine Festlegung auf den unwahrscheinlichsten Hergang eine Farce und die Täter werden ihrer Strafe entkommen.

Der Vorsitzende Richter Steinhoff hat seine Sicht der Dinge in den vorangegangenen Prozesstagen mehrmals deutlich gemacht. Laut Steinhoff ist der Fall durch „Murphys Gesetz“ bestimmt. In anderen Worten: Oury Jalloh ist nach Steinhoff deswegen gestorben, weil alles schiefgegangen ist, was hätte schief gehen können. Polizeizeugen, die sich um Kopf und Kragen lügen, erhalten von Steinhoff stets Hilfestellungen. Wenn der Druck auf einen Zeugen zu groß wird, unterbricht Steinhoff das Verfahren und läßt Polizeipfarrer, Polizeipsychologe oder Polizeipräsidentin zu Rate ziehen.

Bei so einem Scheinprozess können wir fatalerweise nicht vom Gericht erwarten, dass es Licht in das rassistische und kriminelle Verhalten der Polizei sowie in deren kollektive Verantwortung für den Tod Oury Jallohs bringt. Wie können wir den oder die Mörder finden, wenn die einzig gestellte Frage die ist, ob der Beamte Schubert schnell genug half oder nicht? Wie kann die Wahrheit gefunden werden, wenn keiner danach sucht? Während der Staatsanwalt aus unserer Sicht eigentlich beweisen sollte, dass es in diesem Fall keine dritte Hand gegeben hat, stützt er seine Argumentation lediglich auf die Annahme eines Selbstmords Oury Jallohs.

In dem Fall des schweren Angriffs von Faschisten auf eine Theatergruppe in Halberstadt haben die Versäumnisse, die inkompetenten Ermittlungen und die Vertuschungen sowohl die Opfer als auch deren Rechtsvertreter zu der Schlussfolgerung gebracht, dass der Prozess nichts anderem als der Erfüllungen rechtstaatlicher Bedingungen diene. „Unser Glaube in diesen Rechtsstaat ist gleich null“.

Verurteilt wird, wenn überhaupt, nur der Polizeibeamte Andreas Schubert. Der andere Angeklagte, Hans-Ulrich März (der an der gewaltsamen und illegalen Verhaftung von Oury Jalloh beteiligt war), wird aufgrund dessen, was ihn betreffend in der Anklageschrift steht, wohl freigesprochen, denn es wird nie bewiesen werden können, dass er das fiktive Feuerzeug übersehen hat.

Schubert wird bestenfalls eine verkürzte Haftstrafe erhalten. Wahrscheinlich wird er nicht mehr als eine einjährige Bewährungsstrafe bekommen, so dass er seinen Job bei der Polizei behalten kann. Ein Mann unter dessen Aufsicht zwei Menschen starben! Bereits im November 2002, also über drei Jahre vor dem Tod Oury Jallohs, starb Mario Bichtermann in der selben Zelle unter mysteriösen Umständen und mit Frakturen des Schädels unter seiner Dienstaufsicht.

Vom Beginn unseres Kampfes für Wahrheit und Gerechtigkeit an haben wir immer unser Ziel deutlich gemacht: Oury Jallohs abscheulichen Tod so lange als Mord anzuprangern wie das Gericht die vielen Widersprüche in dem Fall nicht ausreichend geklärt hat. Heute, 39 Monate seit dem Mord an Oury Jalloh, ein Jahr seit dem Prozessbeginn und 41 Prozesstage später, sind unsere Zweifel nur größer geworden, aber so auch unser Überzeugung.

Wir fordern ein transparentes, grundlegendes Gerichtsverfahren und eine Änderung der Anklageschrift auf Mord!
Wir fordern die Presse, das Gericht, die Polizei, den Staat und jeden anderen, der unsere Version in Frage stellt, auf: Zeige Oury Jallohs Familie, den Flüchtlingen, den Migranten, die in Deutschland leben und der
Öffentlichkeit dass das, was wir sagen entweder falsch oder verzerrt ist.

Break the Silence!

Wahrheit! Gerechtigkeit! Wiedergutmachung!

Initiative in Gedenken an Oury Jalloh / c/o ARI / Colbestrasse 19 / 10247 Berlin / Tel: +49 (0)170 8788124


Siehe auch: Übersicht über die Prozesstage.
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