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Erich Maria Remarques Schwester Elfriede Scholz: Von den Nazis hingerichtet am 16. Dezember 1943

Elfriede Remark kam - fünf Jahre nach ihrem Bruder, dem späteren weltbekannten Schriftsteller Erich Maria Remarque - als jüngstes von vier Kindern des Buchbinders Peter Franz Remark (1867-1954) und der Anna Maria Remark, geb. Stallknecht (1871-1917) zur Welt. Als Kind kränkelte sie häufig. Sie war infolge eines Mangels an roten Blutkörperchen und wegen schwacher Knochen zwei Jahre lang gelähmt.Trotzdem absolvierte sie eine Schneiderlehre. Eine 1923 geborene uneheliche Tochter starb nach wenigen Monaten an Herzschwäche.Über die damalige Modemetropole Leipzig 1926 und Berlin kam sie schließlich nach Dresden, wo sie sich 1929 als selbständige Damenschneidermeisterin niederließ. 1941 heiratete sie dort den bei der Kriegsmarine dienenden Musiker Heinz Scholz.<br />
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Wie ihr Bruder war sie eine überzeugte Ahntifaschistin. Eine Aussage gegenüber einer Kundin, dass der Krieg doch verloren sei, führte nach Denunzierung und Anzeige wegen „staatsfeindlicher Äußerungen“ durch den Hauptmann Hans-Jürgen Rietzel bei der Gestapo zu ihrer Verhaftung.
Stolperstein für Elfriede Scholz
Quelle: Von Paulae - Eigenes Werk, CC BY 3.0
Elfriede Remark kam - fünf Jahre nach ihrem Bruder, dem späteren weltbekannten Schriftsteller Erich Maria Remarque - als jüngstes von vier Kindern des Buchbinders Peter Franz Remark (1867-1954) und der Anna Maria Remark, geb. Stallknecht (1871-1917) zur Welt. Als Kind kränkelte sie häufig. Sie war infolge eines Mangels an roten Blutkörperchen und wegen schwacher Knochen zwei Jahre lang gelähmt.Trotzdem absolvierte sie eine Schneiderlehre. Eine 1923 geborene uneheliche Tochter starb nach wenigen Monaten an Herzschwäche.Über die damalige Modemetropole Leipzig 1926 und Berlin kam sie schließlich nach Dresden, wo sie sich 1929 als selbständige Damenschneidermeisterin niederließ. 1941 heiratete sie dort den bei der Kriegsmarine dienenden Musiker Heinz Scholz.

Wie ihr Bruder war sie eine überzeugte Antifaschistin. Eine Aussage gegenüber einer Kundin, dass der Krieg doch verloren sei, führte nach Denunzierung und Anzeige wegen „staatsfeindlicher Äußerungen“ durch den Hauptmann Hans-Jürgen Rietzel bei der Gestapo zu ihrer Verhaftung. (WikiPedia)

(...) Am 18. August 1943 steht die Gestapo vor ihrer Tür. Elfriede Scholz wird verhaftet, verhört, schließlich wegen "Wehrkraftzersetzung" angeklagt. Nach kurzer Polizeihaft kommt sie in das Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit. Dort wartet sie auf ihren Prozess. Am 26. Oktober wird ihr endlich eine mehrseitige Anklageschrift ausgehändigt, unterzeichnet von Reichsanwalt Albert Weyersberg. Sie wird beschuldigt, „fortgesetzt und öffentlich die Wehrkraft des deutschen Volkes zu zersetzen und den Feind begünstigt” zu haben. Als Beweismittel werden Zeuginnen zitiert, neben Ingeborg Rietzel nun auch die Hausbesitzerin Toni Wetzel. Ihr gegenüber habe die Angeschuldigte mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht an den deutschen Endsieg glaube. Der Reichsanwalt beantragt eine Hauptverhandlung vor dem Volksgerichtshof und die Zuordnung einer Pflichtverteidigung. Drei Tage danach steht Elfriede Scholz als Angeklagte vor der Richterbank.

"Ihr Bruder ist uns leider entwischt. Sie aber entwischen uns nicht!"

Den Vorsitz hat Roland Freisler. Er ist nicht nur Präsident des Sondergerichts, sein Vorsitz ist gefürchtet. Er schreit, tobt und erniedrigt Angeklagte mit Spott und Hohn. Mit seiner Verhandlungsführung macht er den Gerichtssaal zur persönlichen Bühne. Sein Senat verhängt besonders oft Todesurteile. Hinter dem Richtertisch hängt eine blutrote Hakenkreuzfahne, davor steht eine Hitler-Büste. Der Gerichtsaal ist gut besetzt: Parteigänger in Uniform, Justizangestellte, ausgewähltes Publikum, Redakteure gleichgeschalteter Zeitungen. Als Freisler mit seinen Beisitzern in roten Roben den Saal betritt, erheben sich die Anwesenden nicht nur wie im Gericht üblich, sie recken den Arm zum Hitlergruß. Elfriede Scholz, die Angeklagte, ist die Einzige, die ihren Arm nicht hebt. Erst vor wenigen Minuten war sie aus dem Berliner Frauengefängnis hierhergebracht worden, ein Wachtmeister hatte ihr die Handfessel geöffnet. Jetzt sitzt sie in sich gekehrt auf ihrem Stuhl, am Rand ihre Pflichtverteidigerin. Freislers eröffnet die Sitzung. Mit schneidiger, durchdringender Stimme fragt er nach ihrem Geburtsnamen.

„Remark? … - in meiner Akte steht am Ende ein "k" - ist das richtig? … Ihr werter Herr Bruder schreibt sich doch mit "q", stellt Freisler in mürrischem Ton fest. „Dieser ehrlose Lump hat gegen die Helden des vergangenen Krieges gehetzt - und sie machen es ihm heute nach und hetzten gegen die Männer, die sich jetzt so heldenhaft unseren Feinden gegenüberstellen. Aber dafür werden sie büßen. Ihr Bruder ist uns leider entwischt. Sie entwischen uns nicht.”

Freisler ist ganz in seinem Element. Er brüllt, beleidigt, unterbricht … Elfriede Scholz lässt er kaum zu Wort kommen. Sie räumt ein, Kritik am Krieg geäußert zu haben: „… Da kann man kann sich ja vorstellen, was mit dem armen Menschen an der Font passiert, den vielen jungen Männern, die ihr Leben verlieren…“, fährt Freisler dazwischen: „Hören Sie auf! Ich verbiete. ihnen, Ihre defaitistische Propaganda hier weiterzubetreiben… Sie sind wirklich keinen Deut besser als ihr verkommenes Bruderherz.” Sie starrt zu Boden und schweigt.

Danach machen die beiden Zeuginnen ihre belastenden Aussagen, an einem Plädoyer der Pflichtverteidigung zeigt Freisler kein Interesse. Nach gerade mal einer Stunde verkündet er das Urteil - "Im Namen des deutschen Volkes":

„Frau Elfriede Scholz geb. Remark hat in monatelangen maßlos hetzenden defaitistischen Äußerungen gegenüber einer Soldatenfrau sich bis zu Erklärungen verstiegen, sie möchte dem Führer eine Kugel durch den Kopf jagen, unsere Soldaten seien Schlachtvieh, der Führer habe sie auf den Gewissen, sie wünsche den kämpfenden Soldaten, dass ihre Frauen durch Bombenterror umkommen, und den sieggläubigen Frauen, dass ihre Männer draußen fallen. Als ehrlose fanatische Zersetzungs-Propagandistin unserer Kriegsfeinde ist sie für immer ehrlos. Sie wird mit dem Tode bestraft.“

Die Verhandlung ist geschlossen. Elfriede Scholz wird von zwei Wachbeamten aus dem Saal geführt. Auf Freisler und seine Beisitzer wartet schon der nächste Prozess. Bis zum Ende des Krieges wird der Volksgerichtshof 5.200 Todesurteile fällen, mehr als 2.600 davon Freislers Senat. (...)

Weiterlesen im Beitrag von Helmut Ortner über Elfriede Scholz.
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