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Nacht der langen Messer

Ernst Bloch auf dem XV. Schriftstellerkongress in Berlin, 1956
Quelle
Lizenz: Namensnennung: Bundesarchiv, Bild 183-35545-0009 / CC-BY-SA 3.0
Foto: Krueger
"Nicht so fern von hier sind die mannigfachen Träume, die heimzuzahlen belieben. Sie sind besonders wohlschmeckend, die Rache ist süß, als bloß vorgestellte aber auch schäbig. Die meisten Menschen sind zu feig zum Bösen, zu schwach zum Guten; das Böse, das sie nicht oder noch nicht tun können, genießen sie im Rachetraum voraus. Besonders das Kleinbürgertum liebt seit alters die Faust im Sack; es passt zu ihr, dass sie den Falschen schlägt, da sie vorzüglich in der Richtung des geringsten Widerstandes herausfährt. Aus der Nacht der langen Messer ist Hitler gestiegen, aus dem Traum dieser Nacht wurde er von den Herren gerufen, als er ihnen nützlich wurde. Der nazistische Rachetraum ist auch subjektiv verdrückt, nicht aufsässig; ist dumpfe Wut, nicht revolutionäre. Was gar den sogenannten eisernen Besen angeht, den Hass gegen das sittenlose Leben der Krummnasen und der Oberen, so verriet damit mittelständische Tugend, wie immer in solchen Fällen, nur ihren eigensten Traum. Wie sie, mit ihrer Rache nicht die Ausbeutung hasst, sondern nur dieses, nicht selbst ein Ausbeuter zu sein, so hasst die Tugend nicht das Lotterbett der Reichen, sondern nur dieses, dass es ihr persönlich, ganz speziell, nicht geworden ist."

Ernst Bloch, Quelle

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