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Aufruf der VVN-BdA zum 8. Mai 2016: Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg

8. Mai: Tag der Befreiung
Am 8. Mai 1945 wurde die Menschheit vom Faschismus befreit. Mehr als 60 Millionen Menschen haben im 2. Weltkrieg ihr Leben verloren, Europa lag in Trümmern. Aus dieser Erfahrung heraus wurden die Vereinten Nationen gegründet um: „Die Menschheit von der Geisel des Krieges zu befreien.“ Doch davon sind wir immer noch weit entfernt!

Heute sind 60 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg und Armut. Auch wir tragen Verantwortung dafür, was vor „unserer Haustür“ passiert.

• Verantwortlich für Flucht und Vertreibung sind Kriege und Hunger, aber auch politische, wirtschaftliche und militärische Interessen deutscher Unternehmen.
• Von den US- Kommandozentralen AFRICOM und EUCOM in Stuttgart werden weltweit Kriegseinsätze koordiniert.

Gemeinsam mit „Kultur des Friedens“, Gewerkschaften, Kirchen und vielen unterschiedlichen Vereinen und Initiativen setzen wir uns dafür ein, Kriege und andere Fluchtursachen zu überwinden.

Wir fordern:

• Nicht Flüchtlinge, sondern Fluchtursachen bekämpfen!
• Kriege überwinden
• Für ein Menschenrecht auf Frieden
• US-AFRICOM und EUCOM schließen
• US-Drohnenkriege stoppen
• Keinen Nährboden für Rassisten und Faschisten zulassen!
• Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!

Sonntag, 8. Mai 2016: Kundgebung und Konzert vor dem US-AFRICOM
In: Stuttgart Möhringen, Plieninger Strasse
Um: 15 Uhr

Mit:
Konstantin Wecker
Malalai Joya aus Afghanistan
Ilse Kestin, Landessprecherin der VVN-BdA
einem ehem. Drohnenpiloten aus den USA
ehem. Bundeswehrsoldaten
Flüchtlingen und Aktivisten der Friedensbewegung

Proteste gegen AfD-Bundesparteitag: Gericht bestätigt Verbot / Bündnis bereitet sich auf große Proteste vor

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat am Freitag Nachmittag einen Eilantrag des "Aktionsbündnis gegen den AfD-Bundesparteitag" abgelehnt, der den Auflagenbescheid der Stadt Leinfelden-Echterdingen zu den angekündigten Protesten angefochten hat. Die Kundgebung gegen den AfD-Bundesparteitag wurde ursprünglich auf dem Messepiazza, direkt vor dem Veranstaltungsort der AfD, angemeldet. Die Behörden verwiesen das Aktionsbündnis jedoch auf das abseits gelegene und deutlich kleinere Fernbusterminal.

Das Aktionsbündnis ist von dieser Entscheidung zwar enttäuscht, jedoch nicht überrascht: "Die Tatsache, dass uns der Versammlungsbescheid erst gestern zuging, obwohl wir diese Veranstaltung bereits vor über vier Wochen angemeldet haben, ist ein durchschaubarer Schachzug der Behörden. Erfahrungsgemäß folgen solche Eilanträge eher der Argumentation der Behörden. Bei einem ordentlichen gerichtlichen Verfahren hätte dieser Bescheid vermutlich keinen Bestand." erklärt Dominik Schmeiser vom Aktionsbündnis.

"Das von der Polizei in den letzten Tagen herbeigeredete aggressive Szenario dürfte bei der Entscheidung des Gerichts sein Übriges getan haben. Dass mit diesem eskalativen Auftreten die Polizei zudem viele Menschen bewusst davon abhalten will, sich dem notwendigen Protest anzuschließen, halten wir ebenso für untragbar." ergänzt Mario Kleinschmidt für das Aktionsbündnis.

Das Aktionsbündnis wird gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nun keinen Widerspruch beim VGH einreichen. "Wir konzentrieren unsere Energie nun darauf, morgen an der Messe einen vielfältigen und großen Protest auf die Beine zu stellen. Wir lassen uns dabei nicht von der AfD und nicht von den Behörden spalten oder zurückdrängen.", ergänzt Kleinschmidt.



Quelle: Pressemitteilung

Proteste gegen AfD-Bundesparteitag: Aktionsbündnis prüft juristische Schritte

Nach dem angekündigten Verbot der Großkundgebung auf dem Messepiazza an der Stuttgarter Messe ist mittlerweile der Versammlungsbescheid der Stadt Leinfelden-Echterdingen eingegangen. Ordnungsamt und Polizeiführung halten darin weiterhin an der Verlegung der Hauptkundgebung auf den weitaus kleineren Fernbusterminal fest.

„Wir haben den Bescheid erhalten und zur juristischen Prüfung unserem Anwalt übergeben.“ erklärt Dominik Schmeiser für das Aktionsbündnis gegen den AfD-Bundesparteitag. Ausdrücklich kritisiert er in diesem Zusammenhang nochmals die späte Zustellung. „Unsere Versammlungen an der Messe haben wir bereits vor vier Wochen angemeldet und umgehend auf einen Bescheid gedrängt. Bis Anfang dieser Woche gab es vom Ordnungsamt keine Reaktion. Diese Hinhalte-Taktik erschwert unsere Arbeit ganz bewusst.“

Der Zuspruch für die Proteste gegen das rechtspopulistische Treffen an der Messe ist derweil ungebrochen. „Wir erwarten weiterhin über 1000 Menschen, die bereits um 7 Uhr morgens mit uns an der Stuttgarter Messe gegen die AfD protestieren.“ so Schmeiser. „Der vielfältige Protest gegen die geistigen Brandstifter ist notwendig und breite gesellschaftliche Aufgabe.“


Quelle: Pressemitteilung

Heraus zum revolutionären 1. Mai 2016!

Im Frühjahr 2016 sehen wir uns mit finsteren Zeiten konfrontiert: Die imperialistischen Staaten -“ die BRD in der ersten Reihe -“ und ihre Zusammenschlüsse wie z.B. NATO und EU sowie die kapitalistischen „Global Players“ entfachen weltweit Konflikte und heizen diese weiter an, sei es durch Waffenlieferungen, finanzielle und logistische Unterstützung oder direkte militärische Intervention -“ so wie beispielsweise in Syrien, der Türkei oder an den EU-Außengrenzen. Eine niedergemetzelte Bevölkerung, zerstörte Städte und Infrastruktur, große Landstriche unter der Kontrolle von Terrorbanden, bittere Armut und Generationen ohne Zukunft sind nur einige der unmittelbaren und offensichtlichsten Folgen der kriegerischen Auseinandersetzungen. Viele der Menschen ohne Perspektive in den betroffenen Gebieten sehen keine andere Möglichkeit, als sich auf den Weg nach Europa zu machen und ihre Heimat zu verlassen, in eine Welt in der es ihnen vermeintlich besser gehen soll und in der sie sich eine Perspektive erhoffen. Auch auf dem Weg in die Festung Europa müssen jedes Jahr durch Hunger und Kälte, Schlepper und Mafia und nicht zuletzt durch die unmenschliche Praxis der Grenzschutzbehörden Tausende ihr Leben lassen.

Diejenigen, die hier ankommen werden von den Behörden, oft unter miserabelsten Bedingungen, in Lager gepfercht. Die etablierten Parteien scheinen sich von Tag zu Tag mit „Asylpaketen“, Leistungseinschränkungen und Gesetzesverschärfungen darin überbieten zu wollen, wer die Lebensbedingungen für die ohnehin schon am Rande der Gesellschaft stehenden Geflüchteten noch schneller und drastischer vermindern kann.

Doch damit nicht genug: Auf der einen Seite von Politikern und Behörden in Existenznöte getrieben, müssen Geflüchtete oft um ihr reines Überleben fürchten. Kaum ein Tag vergeht, an dem wir nicht von Brandanschlägen, Prügelattacken oder sogar von Sprengstoffanschlägen hören oder lesen müssen. Der rechte Mob tobt sich aus und muss dabei seitens der Repressionsbehörden kaum mit Konsequenzen rechnen. Der aktuell zu beobachtende Rechtsruck wirkt dabei bis weit in die sogenannte „Mitte der Gesellschaft“. Wenn Erwerbslose gegen Geflüchtete ausgespielt werden, Ultrakonservative sich plötzlich Frauenrechte auf die Fahnen schreiben und ein von Abstiegsängsten geplagtes Kleinbürgertum der reaktionären Mobilmachung folgt, sind das auch Folgen der Krise. Der Krise, deren Folgen über die letzten Jahre erfolgreich an die europäische Peripherie „ausgelagert“ werden konnte, wird auch hier für einen Großteil der Bevölkerung immer spürbarer. Mit vermeintlich einfachen Antworten auf komplexe Fragestellungen machen rechte Rattenfänger momentan beachtliche Geländegewinne.

Statt mit den Schultern zu zucken oder zu resignieren,haben wir dem eine Menge entgegen zusetzen: Seit über 100 Jahren wird der 1. Mai von Millionen Menschen weltweit als Kampf- und Feiertag der ArbeiterInnenklasse begangen. Ob in Havanna, Delhi, Kairo oder Madrid -“ rund um den Globus gehen die Menschen an diesem Tag auf die Straße -“ um zu kämpfen und zu feiern. So auch in Stuttgart: seit über 10 Jahren gibt es auch hier wieder eine Tradition fernab von Würstchenbuden und Bollerwagen: Den Revolutionären 1. Mai. Im Anschluss an die Demonstration des DGBs, auf der klassenkämpferische Akzente gesetzt werden sollen, wird es wieder eine Revolutionäre 1.Mai-Demo geben.

An diesem Tag werden wir die vielen Abwehrkämpfe, die wir täglich gegen rechte Hetzer und Brandstifter, Militarisierung und imperialistische Kriege, Repression und Polizeigewalt, den Klassenkampf von oben und die vielen anderen Zumutungen des kapitalistischen Alltags führen müssen, zusammenbringen. Aus dem großen und alltäglichen „gegen“ wird ein „für“:

Gemeinsam und lautstark werden wir für eine solidarische und befreite Gesellschaft, frei von kapitalistischen Zwängen, für unsere revolutionäre Perspektive demonstrieren. Der 1. Mai ist unser Tag, den wir uns nicht nehmen lassen und an dem wir unsere Inhalte offensiv auf die Straße tragen und vermitteln werden. Im Anschluss an die Revolutionäre 1. Mai-Demo findet im und vor dem Linken Zentrum Lilo Herrmann ein Fest mit leckerem Essen und kühlen Getränken, weiteren Informationen sowie einem Kulturprogramm statt.

Heraus zum Revolutionären 1. Mai 2016! 11:30 Uhr | Stuttgart | Schillerplatz


Quelle

Heidelberger Lehrer gegen Verfassungsschutz: Klage gegen den Inlandsgeheimdienst scheitert vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe

Die Klage des Heidelberger Realschullehrers Michael Csaszkóczy gegen den 'Verfassungsschutz' wurde vom Verwaltungsgericht in allen Punkten zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Csaszkóczy war in den Jahren 2003-2007 wegen seines antifaschistischen Engagements zu Unrecht mit Berufsverbot belegt worden. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatte in seinem letztinstanzlichen Urteil sehr deutlich klargestellt, dass die vom Verfassungsschutz gesammelten 'Erkenntnisse' über Csaszkóczy in einem Rechtsstaat eigentlich keine Erwähnung finden dürften. Auch das Kultusministerium Baden Württemberg stellte Csaszkóczy 2007 ein, weil auch nach gründlicher Überprüfung keine Zweifel an seiner Verfassungstreue bestünden.

Das Urteil ist insofern erstaunlich, weil in der mündlichen Verhandlung selbst die Vertreter des Geheimdienstes einräumen mussten, dass Csaszkóczy -“ entgegen ihrer früheren Behauptungen -“ keinesfalls Gewaltbereitschaft zu unterstellen sei. Auch mussten sie klarstellen, dass die Mitglieder der Gruppen, in denen Csaszkóczy aktiv ist, keineswegs alle Verfassungsfeinde sind. Es sei für die Beobachtung auch unerheblich, ob Csaszkóczy selbst als Verfassungsfeind bezeichnet werden könne.

Offensichtlich reicht dem Gericht die bloße Versicherung des Geheimdienstes aus, dass Csaszkóczy sich in 'linksextremen' Kreisen bewege, um seine weitere geheimdienstliche Überwachung zu rechtfertigen.
Unter diese 'gerechtfertigte' Überwachung fallen für das Verwaltungsgericht explizit auch die Bespitzelung von Ostermärschen und gewerkschaftlichen Veranstaltungen.

Ausdrücklich nicht diskutieren wollte das Gericht die unterschiedlichen Maßstäbe, die der 'Verfassungsschutz' bei der Beobachtung rechter und ausländerfeindlicher Bewegungen anlegt. So stellt der Geheimdienst Gruppen wie Hogesa, Pegida und AfD trotz nachgewiesener Kontakte ins Nazimilieu immer noch regelmäßig Persilscheine aus. Ebenfalls nicht thematisiert werden sollten die Auswirkungen, die die mittlerweile jahrzehntelange nachrichtendienstliche Überwachung für das Leben des Betroffenen hat.

Der Vorsitzende Richter Morlock kündigte schon in der mündlichen Verhandlung an, die Berufung zuzulassen. Zur Begründung führte er an, es handele sich um grundsätzliche Fragen, die besser von einer höheren Instanz grundsätzlich geklärt werden sollten. Offensichtlich war es für Morlock ein zu heißes Eisen, die Praxis des 'Verfassungsschutzes' auch nur ansatzweise in Frage zu stellen.

Wir betrachten dieses Urteil als reines Gefälligkeitsurteil für den mittlerweile schwer diskreditierten Geheimdienst.

Dokumentiert: Schlusswort vor Gericht

Vor einem guten Jahr war anlässlich des 25 Jahre zurückliegenden Untergangs der DDR viel von der Staatssicherheit die Rede. Zurecht wurde darauf hingewiesen, wie eine permanente geheimdienstliche Überwachung missliebiger Personen nicht nur das politische Klima vergiften und eine offene Diskussion verhindern kann, sondern auch das Leben von Menschen zerstört.

Was macht es mit einem Menschen, wenn er jahrzehntelang überwacht wird, wenn -“ wie aus den Bruchstücken meiner Akten ersichtlich -“ Spitzel auf ihn angesetzt werden und seine e-mails abgefangen werden. Ich möchte diesen persönlichen Aspekt hier nicht vertiefen -“ in diesem ganzen Verfahren scheint er auch überhaupt keine Rolle zu spielen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es hier um sehr viel mehr geht, als um die Frage eines unrechtmäßigen Verwaltungsaktes.

Ich habe in Heidelberg schon eine ganze Reihe von Spitzelanwerbungen durch den Verfassungsschutz mitbekommen. Besonders häufig waren dabei die Versuche, Jugendliche unter Druck zu setzen, damit sie sich für den Geheimdienst als Schnüffler betätigen. Was macht es mit Menschen und was macht es mit unserer Demokratie, wenn wir das Treiben eines solchen Geheimdienstes dulden?

Der Vergleich mit der Stasi -“ so wird immer eingewendet -“ sei nicht statthaft. Unser Verfassungsschutz sei schließlich ein Geheimdienst, der nur die Feinde der Demokratie verfolgt. Sind wir uns da tatsächlich so sicher?

25 Jahre lang hat dieser Geheimdienst alles Negative gesammelt, was er über mich in Erfahrung bringen konnte. Er ist dabei auch nicht vor Falschinformationen und Diffamierungen zurückgeschreckt. Dabei war nicht eine sogenannte Erkenntnis, die vor Gericht oder beim Ministerium auch nur Zweifel an meiner Verfassungstreue begründen konnte.

Über die vielfältigen Verstrickungen dieses Geheimdienstes mit der terroristischen Naziszene ist in den vergangenen Jahren permanent berichtet worden. Täglich flimmern zur besten Sendezeit neue Skandale im Zusammenhang mit dem NSU über die Bildschirme.

Wir alle wissen, dass es dabei nicht nur um eine fragwürdige Bespitzelungspraxis geht, sondern um Mord und Terror. Dennoch -“ und das ist eigentlich unfassbar - genießt dieser Geheimdienst weiter den Ruf einer moralischen Instanz und einer ernstzunehmenden Quelle.

Bis heute stellt der sogenannte 'Verfassungsschutz' den ausländerfeindlichen Bewegungen von AfD bis Pegida Unbedenklichkeitszeugnisse aus. Besonders absurd war diese staatliche Protektion, als es um die Zusammenrottung rechter Schläger ging, die sich schon den Namen 'Hooligans gegen Salafisten' gab. Bei der Gründung beteiligt war der V-Mann des Verfassungsschutzes Roland Sokol, ein Mitglied des gewalttätigen Nazi-Netzwerks der Hammerskins.

Der baden-württembergische Verfassungsschutz betont zur selben Zeit, dass Hogesa völlig unbedenklich sei. Die Existenz der Hammerskins in Baden-Württemberg leugnet der Geheimdienst gleich komplett. Mir aber wirft der Geheimdienst vor, dass die AIHD die Strukturen der Hammerskins im Südwesten öffentlich gemacht habe. Das ist rational kaum mehr zu erklären, sehr wohl aber mit einer unappetitlichen Kumpanei von Geheimdienst und Naziszene.

Die hauptsächliche Begründung, warum ich den größten Teil der Akten nicht sehen darf, ist der Schutz der Identität der eingesetzten Spitzel.

Wörtlich lautet diese Begründung: „Allein das öffentliche Anprangern der Quelleneigenschaft würde für die betroffenen Quellen bedeuten, dass sie in ihrem persönlichen Umfeld und ihrer Existenz derart starken Belastungen ausgesetzt wären, dass sie in ihrer bisherigen Lebensführung massiv beeinträchtigt wären.“ Für jemanden, der seit über 20 Jahren von Spitzeln ausspioniert wurde, mutet die rührende Sorge um die Spitzel selbst gelinde gesagt befremdlich an. Wie im NSU-Komplex auch geht beim Verfassungsschutz Quellenschutz vor Opferschutz.

Gibt es überhaupt Maßstäbe, an die sich der Geheimdienst halten muss? Wenn weder das höchstinstanzliche Urteil des VGH noch die dezidierte Haltung des Ministeriums, das nach eingehender jahrelanger Prüfung erklärt hat, dass keine Zweifel an meiner Verfassungstreue bestehen, für den Verfassungsschutz relevant sind, in wessen Auftrag agiert er dann eigentlich? Oder kann er in diesem Staat völlig unkontrolliert seine eigene Agenda
verfolgen.

Die gesetzlich festgeschriebene Definition der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist jedenfalls ganz sicher nicht der Maßstab, nach dem der Verfassungschutz seine Bespitzelungspraxis ausrichtet.

Meine Beobachtung beginnt 1992, als der Verfassungsschutz besorgt registrierte, dass ich mich schützend vor das von Pogromen bedrohte Flüchtlingsheim in Mannheim-Schönau gestellt habe. Seitdem habe ich in meinem Leben bestimmt viele Fehler gemacht. Aber wirklich überhaupt nichts, was der Verfassungsschutz in den Jahrzehnten meiner Bespitzelung zusammengetragen hat, würde mir Grund geben, es zu bereuen.

Der Verfassungsschutz hat, als er in diesem Verfahren aufgefordert wurde, meine kompletten Akten vorzulegen, schlicht erklärt, das Heraussuchen dieser Akten sei eine unzumutbare Arbeitsbelastung. Der Geheimdienst offenbart damit nicht nur seine Missachtung des Grundrechts auf Informationsfreiheit, sondern mehr noch seine Missachtung des Gerichts. Wenn Sie heute ein Urteil fällen sollten, das den Verfassungsschutz verpflichtet, meine Daten zu vernichten -“ wird es dann auch eine unzumutbare Arbeitsbelastung sein, sie zu finden? An dieser Stelle sollte man sich vielleicht daran erinnern, dass die Verfassungsschutzbehörden innerhalb weniger Wochen LKWLadungen voller Akten gezielt vernichtet haben, die den NSU-Komplex betrafen.

Wenn Sie heute bestätigen, dass diese Art der Bespitzelung rechtens ist, dann ist eines klar: Es gibt in diesem Staat keinerlei Rechtssicherheit gegenüber dem Inlandsgeheimdienst.

Wenn der Verfassungsschutz seine eigene Agenda verfolgt -“ die nicht die der Verfassung ist -“ gilt kein Grundrecht auf Informationsfreiheit mehr, keine Menschenwürde und keine Meinungsfreiheit. Umgekehrt haben Sie heute die Gelegenheit, ein klares Signal zu senden, dass der 'Verfassungsschutz' -“ solange dieser Fremdkörper innerhalb der Demokratie überhaupt noch existiert -“ nicht abseits jeder Rechtsstaatlichkeit agieren kann.



Quelle: Pressemitteilung 21. April 2016

Gegen den Landesparteitag der AfD in Waiblingen! Wir widersetzen uns!

Die AfD will am 23. April ihren Landesparteitag in Waiblingen abhalten. Zeigen wir ihnen, dass sie nicht willkommen sind!

Morgens: Proteste & Aktionen am BüZe
Mittags: Demonstration durch die Innenstadt


Hier der gemeinsame Aufruf:

Das politische Klima der BRD entwickelt sich nach rechts. Neben rechten Mobilmachungen, wie der „Demo für Alle“ oder PEGIDA stieg im Zuge dessen die sogenannte „Alternative für Deutschland“ (AfD) zum parlamentarischen Arm dieses rechten Sammelbeckens auf. Hierbei bildet die AfD eine der zentralen Säulen dieser Bewegungen und scheut auch nicht vor dem Kontakt mit neofaschistischen Personen und Gruppen zurück.

Die politische Nähe belegte auch die Empfehlung der NPD mit der Erststimme die AfD zu wählen.

Neben dieser Nähe zum „rechten Rand“ vertritt die AfD auch eine zutiefst antisoziale Politik, welche sie versucht mit vermeintlicher Bürgernähe zu kaschieren.

Im Programm(-entwurf) der AfD findet sich neben der Forderung nach Zwangsarbeit für Hartz IV-Bezieher, der Wunsch die Arbeitslosenversicherung zu privatisieren und Gedanken darüber den Mindestlohn abzuschaffen.

Zusätzlich versucht sich die AfD an einem unternehmerfreundlichen Steuermodell, welches eine massive Bevorteilung der besitzenden Schichten vorsieht. Die Rechnung für die fehlenden Steuereinnahmen würden letztlich jene tragen, die auf staatliche Zuwendungen angewiesen sind (wie z.B. Alleinerziehende, Arbeitslose, GeringverdienerInnen, RentnerInnen).

Diese Abwälzung der Krisenlasten und Umverteilung auf die unteren Einkommensschichten ist das Programm der AfD! Mit rassistischen & nationalistischen Thesen wird versucht gesellschaftliche Probleme auf dem Rücken von sozial Schwächeren auszutragen!

Dass die AfD dabei auch nicht vor individuellen Vorlieben der Menschen halt macht zeigt sich an den konstanten Versuchen der AfD heterosexuelle Beziehungen als die einzige, wirkliche Beziehungsform darzustellen.

Neben dieser Homophobie konstituiert sich in der AfD auch ein sexistischer Kern, welcher Frauenrechte beschneiden und ihnen eine bestimmte Rolle zuteilen will. Beispielsweise forderte Beatrix von Storch ein Verbot von Abtreibungen 1 und Frauke Petry drei Kinder von jeder Frau 2.

Dabei fördert die Partei ein erzreaktionäres Frauenbild, welches sie versucht mit dem Verweis auf gesetzliche Gleichstellung und der Abgabe von Führungspositionen an Frauen zu kaschieren.

Doch es gibt auch andere Ansätze:
Neben zahlreichen Flüchtlingsinitiativen formieren sich auch zahlreiche Bündnisse gegen Rechts und propagieren ein solidarisches, pluralistisches Gesellschaftsbild. Von Kundgebungen, über Blockaden bis hin zu Flashmobs wird dem Rechtsruck bundesweit contra gegeben.

Die Dynamik solcher Aktionen zeigte sich auch am 25. Februar, als über 600 Menschen in Backnang gegen die AfD auf die Straße gingen. Gemeinsam und solidarisch wollen wir am 23. April mit verschiedenen Aktionsformen an diesen Erfolg anknüpfen.

Wir lassen uns nicht spalten, wenn es darum geht dem gesellschaftlichen Rechtsruck entgegen zu treten! Lasst uns der AfD gemeinsam einen spürbaren Protest entgegen bringen!

Gemeinsam, vielfältig, bunt -“ für eine solidarische Gesellschaft!

UnterstützerInnen:
Aktion Jugendzentrum Backnang e.V.
Aktionsbündnis gegen den AfD-Bundesparteitag
Alternative Liste Waiblingen
Antifaschistische Aktion [Aufbau] Stuttgart
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart und Region
Antifaschistische Jugend Rems-Murr
Antikapitalistische Linke [Aufbau] Rems-Murr
Amnesty International Gruppe Waiblingen
DGB Fellbach
DGB Kreisvorstand Waiblingen
DGB Schorndorf
Die Linke Rems-Murr
Deutsche Kommunistische Partei Rems-Murr
Fremde unter uns e.V. - AK Asyl Waiblingen
IG Metall Jugend Waiblingen
IG Metall Waiblingen
Initiative Rems-Murr Nazifrei!
Parteifreies Bündnis Kernen (ptb)
Piratenpartei Rems-Murr
VVN-BdA Baden-Württemberg
VVN-BdA Kreisvereinigung Rems-Murr
Zusammen Kämpfen [Stuttgart]

Fußnoten:

AfD-Bundesprogrammparteitag: Behörden legen Gegenprotesten Steine in den Weg

Am 30.04. und 01.05.2016 plant die rechtspopulistische AfD ihren Bundesprogrammparteitag auf dem Messegelände am Stuttgarter Flughafen abzuhalten. Bereits kurz nach Bekanntwerden des Termins, formierte sich in Stuttgart das spektrenübergreifende „Aktionsbündnis gegen den AfD-Bundesparteitag“. Darin sind neben vielen anderen sowohl Jusos und Grüne Jugend als auch antifaschistische Initiativen und Attac aktiv. Auch der ver.di Bezirk Stuttgart und der Landesverband der DIDF Jugend unterstützen die geplanten Proteste. Gemeinsames Ziel aller am Bündnis beteiligten Akteure ist es, am 30. April spürbaren Protest an die Messe tragen, um zu verhindern, dass sich die AfD dort als legitime Partei inszenieren kann.

Dreh- und Angelpunkt der geplanten Proteste ist eine große Kundgebung auf dem Messepiazza sowie mehrere Mahnwachen rund um das Messegelände. Ergänzend ist am Nachmittag eine antirassistische Demonstration durch die Stuttgarter Innenstadt geplant. Obwohl die Versammlungen bereits vor Wochen angemeldet wurden, sind die Bestätigungen durch die Versammlungsbehörden bisher ausgeblieben.

„Während Stadt und Land offenbar kein Problem damit haben, der Rechtsaußen-Partei die Messehallen ohne Widerstand sofort zur Verfügung zu stellen, werden gleichzeitig den Gegenprotesten Steine in den Weg gelegt.“, kritisiert Dominik Schmeiser vom Aktionsbündnis. „Die Behörden mögen uns hinhalten, aufhalten werden sie uns nicht. Wir bestehen auf unserem demokratischen Recht und werden den Protest direkt an die Halle tragen, notfalls mit juristischer Unterstützung.“

Mario Kleinschmidt vom Aktionsbündnis ergänzt: „Die AfD ist maßgeblich mitverantwortlich für eine Stimmung, in der brennende Flüchtlingsunterkünfte wieder bejubelt werden. Wir werden nicht länger zusehen, wenn Menschen als Sündenböcke präsentiert, ausgegrenzt oder verfolgt werden.“


Quelle: Pressemitteilung

Das Spielzeuglied

Ein Antikriegslied von Erich Kästner und Edmund Nick, eine Metapher auf den heraufziehenden Krieg.

Erich Kästner 1961
Foto: von Basch
Lizenz: [CC BY-SA 3.0 nl]

Wer seinem Kind ein Spielzeug schenkt,
weiß vorher, was passiert:
Das Spielzeug ist, bevor man's denkt,
zerlegt und ruiniert.
Der Knabe haut und boxt und schlägt
begeistert darauf ein.
Und wenn's auch sehr viel Mühe macht:
Am Ende, am Ende,
am Ende kriegt er's klein.

Wenn das erledigt wurde, dann
beginnt der zweite Teil:
Der Knabe starrt das Spielzeug an
und wünscht sich's wieder heil!
Jedoch, - was man zerbrochen hat,
bleibt läng're Zeit entzwei.

Da hilft kein Wunsch und kein Gebet.
Es hilft auch kein Geschrei.
Die Kleinen brüllen wie am Spieß
und strampeln wie noch nie.
Das Beste wär: Wir legten sie
mal gründlich, mal gründlich,
mal gründlich übers Knie.

Es ist nur so: wir lieben sie.
Ihr Schmerz ist unser Schmerz.
Wir legen sie nicht übers Knie.
Wir drücken sie ans Herz.

Wir summen "Hoppe Reiter",
auf daß ihr Leid verweht.
Ach, wär'n wir doch gescheiter!
Das geht nicht, das geht nicht,
das geht nicht mehr so weiter,
wenn das so weitergeht!

Es steckt ein Kind in jedem Mann.
Ein Spielzeug ist sein Ziel.
Nur, was dabei zustande kommt,
das ist kein Kinderspiel.
Das Glück der Welt ist zart wie Glas
und gar nicht sehr gesund.
Doch wenn die Welt aus Eisen wär,
die Männer, die Männer,
sie richten sie zugrund!

Wenn das erledigt wurde, dann
beginnt der zweite Teil:
Die Mannswelt starrt das Spielzeug an
und wünscht sich's wieder heil!
Jedoch, - was man zerbrochen hat,
bleibt läng're Zeit entzwei.

Da hilft kein Wunsch und kein Gebet.
Es hilft auch kein Geschrei.
Und keiner will's gewesen sein,
nicht du, nicht der, nicht die!
Das Beste wär: Wir legten sie
mal gründlich, mal gründlich,
mal gründlich übers Knie.

Es ist nur so: wir lieben sie.
Ihr Schmerz ist unser Schmerz.
Wir legen sie nicht übers Knie.
Wir drücken sie ans Herz.

Sie werden nicht gescheiter,
solang ein Rest noch steht...
Diesmal war's ein Gefreiter...
Das geht nicht, das geht nicht,
das geht nicht mehr so weiter,
wenn das so weitergeht!

Text: Erich Kästner
Musik: Edmund Nick, 1929

Erich Kästner und Edmund Nick trafen sich 1929 und begannen sofort einer intensive künstlerische Zusammenarbeit, die bis 1933 dauern sollte, als der Druck der NS-Behörden auf beide zunahm. Nick wurde 1933 wurde er im Zuge der Gleichschaltung beim Sender Schlesische Funkstunde entlassen, deren musikalischer Leiter er war. Er übersiedelte nach Berlin, wo er bis 1935 als musikalischer Leiter des NS-kritischen Kabaretts Die Katakombe arbeitete und von 1936 bis 1940 musikalischer Leiter am Theater des Volkes war.

Nach dem Ende des Krieges trafen sich Kästner und Nick wieder in München und gründeten eine der bekanntesten Kabaretts der Nachkriegszeit, Die Schaubude. Dort setzten sie ihre alte Zusammenarbeit fort und schrieben viele neue kabarettische Werke bis zur Schließung der Schaubude 1948.

Beate Zschäpes Flucht und die Beseitigung ‚elektronischer’ Zeugen

Ab dem 30. März 2016 strahlt das ARD die Spielfilmtriologie „Mitten in Deutschland: NSU“ aus. Bei diesem Projekt werden drei Filme mit drei Perspektiven von drei Regisseuren gezeigt:

  • "Die Täter -“ Heute ist nicht alle Tage" (1. Teil)
  • "Die Opfer -“ Vergesst mich nicht" (2. Teil)
  • "Die Ermittler -“ Nur für den Dienstgebrauch" (3. Teil)

Bei der Premiere in Berlin waren neben den SchauspielerInnen auch der Berliner Polizeipräsident Klaus Kandt dabei. Er ließ die geladenen Gäste wissen: "Wir haben inzwischen sehr viel gelernt, verbessert und unsere Lehren gezogen ... " (Berliner Morgenpost vom 18.3.2016)

Ob er das wirklich ernst oder ziemlich zynisch meinte, wird ein Film, der ihn als Premieregast einlädt, wohl nicht zeigen (wollen).

Anspruch der drei Filme sei, so die Ankündigung, eine „Spurensuche“. Dass es im NSU-Kontext nicht an Spuren mangelt, sondern an der Weigerung, ihnen nachzugehen, zeichnet folgender Beitrag nach.

Wenn „heiße“ Spuren systematisch gelöscht werden

Wie die beiden NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos am 4. November 2011 zu Tode gekommen sein sollen, wissen wir. Zumindest gibt es dafür eine offizielle Selbstmordversion. Ziemlich rätselhaft ist hingegen, was Beate Zschäpe in dieser Zeit getan, was sie in den folgenden vier Tagen gemacht hatte, bevor sie sich im Beisein eines Rechtsanwaltes der Polizei stellte. Ganz offensichtlich muss sie vom Tod ihrer „Kameraden“ erfahren haben. Aber wer hat sie informiert? Mit wem hatte sie telefoniert, mit wem telefonischen Kontakt während der vier „Flucht“tage?

Man muss kein Kriminalist sein, um festzuhalten, dass das Handy, das Beate Zschäpe benutzt hatte, eine hervorragende „Quelle“ wäre, um diese Tage zu rekonstruieren. Eine elektronische Quelle, die ohne Verdrängung und spontanen Erinnerungslücken vieles enträtseln könnte - wenn man die Kommunikationsdaten sicherstellt und auswertet.

Angesichts der Dimension dieses Vorganges eine Selbstverständlichkeit, eine Routinearbeit polizeilicher Ermittlungen. Vor allem dann, wenn man „Spekulationen“ und „Verdächtigungen“ ausräumen will, die der Möglichkeit nachgehen, dass die NSU-Mitglieder in Zwickau unter geheimdienstlicher Beobachtung standen, was in aller letzter Konsequenz bedeuten würde, dass man sehr wohl eine „heiße Spur“ hatte, die man bis heute leugnet.

Dass dieser Verdacht nicht aus der Luft gegriffen ist, sondern handfesten Fakten geschuldet ist, war seit Langem bekannt. Denn in der ersten Phase der Aufregung kam einiges ans Tageslicht, was seitdem angestrengt unterbelichtet bleibt.

Der Berliner Kurier vom 29.5.2012 rekonstruierte die Ereignisse, kurz nach dem Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wie folgt: "Etwas mehr als Stunde, nachdem sie ihre Wohnung in der Frühlingsstraße 26 in die Luft jagte, versuchte jemand Zschäpe anzurufen. Das Pikante: Die anrufende Nummer ist im Sächsischen Staatsministerium des Inneren registriert. Wer aus der Behörde in Dresden wollte Zschäpe sprechen -“ und vor allem warum?"

Das sächsische Innenministerium reagierte auf diese Indiskretion sehr hektisch: Man habe nach dem Brand mit dem/r WohnungsinhaberIn Kontakt aufnehmen wollen, um sie über die Ereignisse in Kenntnis zu setzen. Es hätte sich also bei den Anrufen um ganz normale Ermittlungstätigkeiten von Polizeidienststellen gehandelt, die mit dem Brand betreut gewesen waren.

Mit dieser „Version“ machten sich Journalisten daran, die damals veröffentlichten Diensthandynummern anzurufen, um sich der Behörde zu vergewissern, die diese benutzt hatten. Das Ergebnis war mehr als verblüffend: Die Nummern hatten keinen Anschluss mehr -“ sie wurden „abgeschaltet“.

Damit war eine elektronische Spur gelöscht -“ was in einem solch schwerwiegenden Fall nur als Vertuschungstat gewertet werden kann. Denn durch die Löschung dieser Verbindung konnte nicht geklärt werden, ob es sich beim Nutzer dieser Handynummer um eine Behörde handelt oder um einen V-Mann. Dieser wird in aller Regel mit einem Handy ausgestattet, das ebenfalls auf das jeweilige Innenministerium zugelassen ist.

Ebenfalls will bis heute niemand erklären, wie eine Person X, ausgestattet mit einem Handy des Sächsischen Staatsministerium des Inneren in den Besitz der Handynummer von Beate Zschäpe kommen konnte? Beate Zschäpe benutzte einen Decknamen, die Wohnung war auf „Mathias D.“ angemeldet. Eine Behörde, die nicht mehr wollte, als den Wohnungseigentümer zu informieren, hätte niemals Beate Zschäpe anrufen können.

Diesen Vertuschungen ging auch der „Terrorexperte des ZDF“ Elmar Theveßen im November 2014 nach: „Am 4. November 2011 fliegt die Terrorzelle NSU auf: Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos begehen Selbstmord, Beate Zschäpe steckt die Wohnung des Trios an und flüchtet. Ihr Handy klingelt am Nachmittag sehr häufig, über 30 Mal allein zwischen 16.30 und 21 Uhr. Doch wer ruft Zschäpe immer wieder an?“

Auf diese Frage eine Antwort zu bekommen, ist keine große Aufgabe -“ für die ermittelnde Polizei. Diese muss sich nur an den Provider wenden, über den die Kommunikation abgewickelt wurde.

Auch das gehört zur Polizeiroutine und müsste in einem solchen Fall höchste Priorität haben. Schließlich geht es um die Frage: Wer hat ihr in den vier Tagen „Flucht“ geholfen? Wer gehört möglicherweise mit zum NSU-Netzwerk? All das sollte ein Kinderspiel sein, wenn man die Handynummer von Beate Zschäpe hat -“ sollte man meinen.

Am 17. März 2016 wurde dazu im dritten parlamentarischen Untersuchungsausschuss/PUA in Berlin Kriminaloberkommissar Sascha Allendorf im BKA befragt. Er war mit der Auswertung der Mobiltelefon-Daten von Zschäpe beauftragt. Was er dazu sagte, findet sich in einer Erklärung des Bundestages:

„Nachdem vermutlich Zschäpe am Nachmittag des 4. November 2011 ihre gemeinsame Wohnung mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in Zwickau in Brand gesetzt hatte, war ihre Handynummer von der Polizei in Erfahrung gebracht worden. Zur Überprüfung der Telefongespräche, die sie über ihr Handy geführt hatte, wurden in den folgenden Wochen die jeweiligen Provider kontaktiert. Allendorf wies darauf hin, dass es damals keine gesetzliche Grundlage für eine Vorratsdatenspeicherung gab und die Verbindungsdaten von den Anbietern daher auf unterschiedliche Weise gespeichert worden waren. Von einigen Telefongesellschaften wurden der Polizei nur Nummern übermittelt, bei denen die letzten drei Stellen durch “x- ersetzt waren. Insgesamt handelte es sich um 42 Telefonnummern. Nach Allendorfs Aussage wäre der Aufwand zu groß gewesen, die Inhaber dieser Nummern zu ermitteln, da man im Extremfall fast 42.000 Nummern hätte überprüfen müssen. Allein für die Überprüfung der 412 Rufnummern, die der Polizei vollständig vorlagen, habe man sechs Monate benötigt. Binninger ließ das nicht gelten, zumal einige der unvollständigen Nummern als Behördenanschlüsse erkennbar gewesen seien. Die übrigen Nummern hätte das BKA zumindest darauf überprüfen lassen sollen, ob polizeibekannte Rechtsextremisten zu den Inhabern gehörten.“ (Quelle: Deutscher Bundestag vom 18.3.2016)

Man weiß nicht, über was man vor allem wütend sein soll: über die Dummheit oder Dreistigkeit dieser Aussage. Und man fragt sich, warum sich die Parlamentarier eine solche Antwort gefallen lassen. Sie erfüllt den Straftatbestand der Irreführung und der Strafvereitelung im Amt gleichermaßen.

So unterschiedlich die Speicherfristen der Provider auch sind, sie hätten allesamt ausgereicht, die gespeicherten Kommunikationsdaten unversehrt zu bekommen. Und zwar in Gestalt vollständiger Telefonnummern. Denn nur beim privaten Einzelverbindungsnachweis werden die letzten drei Stellen durch x ersetzt. Auf die vollständigen Telefonnummern muss der Provider zurückgreifen können -“ im Reklamationsfall.

Aber auch die angeblich langwierige Suche im Heuhaufen ist eine vorsätzliche Täuschung. Bereits 1998 wurde in Jena in der Garage von den wenig später abgetauchten NSU-Mitgliedern eine Telefonliste gefunden, mit über 50 Einträgen -“ ohne xxx. Das Who is who der Neonaziszene, das Netzwerk von Kameraden, das es laut Anklage der Generalbundesanwaltschaft nicht gibt. Für diesen Abgleich hätte man 10 Minuten gebraucht. Selbst auf dieser konspirativen Telefonliste befanden sich vier V-Leute, die für die Neonazis „Kameraden“ waren, denen sie voll vertrauten.

Außerdem wäre es ein Leichtes gewesen, die vollständigen Nummern der Behördenanschlüsse zu bekommen, um so überprüfbar festzustellen, welche „Behörde“ diese Handynummern genutzt hatte und warum diese kurz nach Bekanntwerden „abgeschaltet“ wurden! Dass all dies der Vorsitzende des dritten PUA, Clemens Binninger (CDU), ein ehemaliger Polizeibeamter, mit unglaublicher Sanftheit moniert, ist in jedem Fall dem Sachverhalt völlig unangemessen.

Man darf übrigens davon ausgehen, dass das BKA selbstverständlich um diese Möglichkeiten wusste und diese auch nutzte. Würden all diese Telefonnummern nur auf Neonazis verweisen, hätte man das Ergebnis stolz präsentiert. Mehr als naheliegend ist also, dass man bei den gespeicherten Telefonnummern auf Verbindungen gestoßen war, die man eben nicht problemlos offen legen konnte.

Exakt dieser Annahme ist auch der anfangs erwähnte „ZDF-Terrorexperte“ Elmar Theveßen gefolgt, als er dazu blitzgescheit ausführte: „Die deutschen Sicherheitsbehörden prüfen es später nicht ernsthaft nach, weil in den Anrufprotokollen die letzten drei Ziffern durch x ersetzt sind. Aber sie haben die Ziffern davor auch nicht mit den Mobilnummern der Personen aus dem Umfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) abgeglichen, unter ihnen eine große Zahl von V-Leuten der Behörden. Haben mehrere von ihnen an jenem 4. November 2011 verzweifelt versucht, Beate Zschäpe zu erreichen, weil sie mindestens Mitwisser waren, wenn nicht sogar mehr?“

Dass diese Kommunikationsdaten mehr verraten, als den Ermittlungsbehörden lieb ist, belegt ein weiteres Faktum.

Am 4. November 2011, kurz nachdem die Wohnung in Zwickau in Brand gesetzt wurde, erhielt Beate Zschäpe nicht nur von einer nicht mehr auffindbaren -ºPolizeidienststelle-¹ einen Anruf. Sie hatte auch telefonischen Kontakt mit André Eminger. Um 15.29 Uhr sprachen sie eine Minute und 27 Sekunden miteinander, dann tippte André Eminger eine SMS, eine Textnachricht an seine Frau Susan ...

André Eminger zählt zu den führenden Neonazikadern, eine Schlüsselfigur in der sächsischen Neonazi-Szene. Er ist Mitbegründer der -ºWeißen Bruderschaft Erzgebirge-¹. Seine Ehefrau Susan Eminger stand ihrem Mann an neonazistischer Tatkraft in nichts nach.

André Eminger war der Polizei und den Verfassungsschutzbehörden seit Langem bekannt. Aus einem Schreiben des sächsischen Verfassungsschutzes geht hervor, dass die Behörde im März 2003 ein -ºInformationsgespräch-¹ mit André Eminger geführt habe, was nur mühsam umschreibt, dass er als V-Mann angeworben werden sollte. Angeblich habe er abgelehnt, da er keinen Kontakt mehr zur neonazistischen Szene habe. Das wussten die Anwerber besser: Noch im November 2006 gingen Verfassungsschutzämter davon aus, dass er laut Spiegel-online vom 10.12.2012 eine "herausgehobene Position" innehabe.

Unstrittig ist, dass das Ehepaar Eminger den Untergrund des NSU mit ausgestattet hatte. U.a. besorgte André Eminger im Mai 2009 für Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe Bahncards, welche auf seinen und den Namen seiner Frau ausgestellt waren.

Jenseits der Frage, ob die fehlgeschlagene Anwerbung des Neonazis André Eminger eine Legende ist, kann man festhalten, dass ihre Überwachung direkt zu den Mitgliedern des NSU geführt hatte/hätte. Wie eng, wie vertrauensvoll der Kontakt zwischen den NSU-Mitgliedern und André Eminger war, beweist auch das Telefonat, das Beate Zschäpe kurz nach dem Tod von Mundlos und Böhnhardt geführt hatte.

Auf welche Weise also die Verfolgungsbehörden über André Eminger an den NSU angeschlossen waren, könnte zweifelsfrei die Auswertung des Handys ergeben, das bei seiner Festnahme am 24. November 2011 beschlagnahmt wurde. Das Handy wurde zur Auswertung ans BKA geschickt. Obwohl der interne Speicher gelöscht war, konnte das BKA die gelöschten Datensätze wiederherstellen. Das ist in der Regel kein Hexenwerk, denn die Löschung bezieht sich nur auf den Link (Pfad), nicht auf die gespeicherten Datensätze. Doch nun passierte das, was schon in vielen Fällen zuvor der Fall war: Die „Rekonstruktion“ weist auffällige Lücken auf, die man technisch am aller wenigsten erklären kann: "So tauchen etwa Telefonverbindungen erst ab dem Datum 8. November 2011 wieder auf; bei den SMS reicht die Lücke vom 6. November bis zum 14. November 2011." (Lücken in den Handydaten, FR vom 28.1.2013)

Die Lücke ist gut gewählt: Es handelt sich um den gesamten Zeitraum, in dem Beate Zschäpe auf der „Flucht“ war.

Um ganz sicher zu gehen, dass nichts gefunden wird, was nicht gefunden werden soll, wies das BKA die zuständige Bundespolizeidienststelle an, die Sicherungskopie zu löschen. Kein Versehen, sondern eine Anweisung, gegen Dienstvorschriften zu verstoßen: "Diese Anweisung habe der üblichen Vorgehensweisen widersprochen, wie der Bundespolizei-Direktor Heinz-Dieter Meier in seiner Vernehmung (...) sagte (...): -ºWenn Handys ausgewertet werden, sieht das Standardverfahren vor, dass die Daten archiviert werden-¹, sagte Meier laut Aussageprotokoll vom 23. Februar 2012." (s.o.). Für den Vorsatz der Verschleierung statt Aufklärung hat der Bundespolizei-Direktor eine professionelle Erklärung: "Er deutete an, dass das BKA mit seinem Vorgehen möglicherweise einen Informanten decken wollte, auf den E-™s Handydaten hinweisen könnten." (s.o.)

Was mit diesen vorsätzlich geschaffenen Lücken bezweckt werden soll, weiß der Bundespolizei-Direktor Meier auch: "Wenn das stimmen würde und das BKA jemand im Umfeld des Trio hätte, dann hätten wir ein Problem." (s.o.) -“ Ein sehr großes. Denn damit wäre ein weiteres Mal bewiesen, dass die Verfolgungsbehörden am Küchentisch des NSU saßen -“ bis zum letzten Tag.

Dass die Kommunikationsdaten von Beate Zschäpe-™s Handy nicht ausgewertet, dass die Verbindungsdaten von André Eminger im entscheidenden Zeitraum gelöscht wurden, berechtigt zu der Annahme, dass alles stimmt -“ nur nicht die offizielle Version.

Wolf Wetzel

Der NSU-VS-Komplex. Wo beginnt der Nationalsozialistische Untergrund - wo hört der Staat auf? Unrast Verlag 2015, 3. Auflage

Dieser Beitrag findet sich auch auf der Internetplattform „NachDenkSeiten“ vom 30.3.2016

Wer bei diesem Thema die Augen schließen möchte, der kann sich den Beitrag auch anhören.

Heidelberger Lehrer klagt gegen Verfassungsschutz: Verhandlungstermin am 20. 04. 2016 in Karlsruhe

Der Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy klagt gegen seine geheimdienstliche Überwachung durch den 'Verfassungsschutz'. In den Jahren 2004 - 2007 hatte das Kultusministerium Baden-Württemberg dem Lehrer Berufsverbot erteilt. Als Begründung wurde sein Engagement in antifaschistischen Gruppen - insbesondere in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) -“ angeführt. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim erklärte das Berufsverbot schließlich für unbegründet und grundrechtswidrig. Csaszkóczy wurde daraufhin vom Kultusministerium verbeamtet, weil „keine Zweifel an seiner Verfassungstreue“ bestehen.

Dennoch bestehen sowohl das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als auch der Verfassungsschutz Baden-Württemberg weiter auf der geheimdienstlichen Beobachtung des Lehrers. Wie sich aus dem Aktenvolumen entnehmen lässt, wurde die Bespitzelung mit seinen Erfolg vor Gericht sogar intensiviert. Dabei geraten nun auch Organisationen wie Gewerkschaften und Ostermarschkomitees ins Visier des Geheimdienstes.

Der übergroße Teil der Akten bleibt auch im jetzigen Verfahren für das Gericht gesperrt. Das Innenministerium Baden-Württemberg hat eine Sperrerklärung erlassen, weil bei Bekanntwerden der Inhalte „das Wohl des Landes Schaden erleiden“ würde. Einen Auszug aus der über 500 Seiten umfassenden geschwärzten Akte (es handelt sich dabei nur um die Akten des Landesamtes, ihre Vollständigkeit wird von Csaszkóczys Anwalt angezweifelt) unter folgendem Link:http://www.gegen-berufsverbote.de/lib-vs/dokumente/entschwaerzt.pdf

Die baden-württembergische Regierung stellt sich damit erneut rückhaltlos hinter den Inlandsgeheimdienst, der zugleich bis heute den fremdenfeindlichen Brandstiftern von Pegida und AfD Persilscheine für ihre Verfassungstreue ausstellt und die Aufklärung seiner Verstrickung in den NSU-Skandal beharrlich verweigert.

Wenn gleichzeitig antifaschistisches Engagement bis heute verfolgt und kriminalisiert wird, dann ist das ein verheerendes Signal an alle, die bereit sind, sich politisch zu engagieren.

Die öffentliche Verhandlung im Fall Michael Csaszkóczy vs. Innenministerium Baden-Württemberg findet am Mittwoch, 20. April 2016, 10 Uhr am Verwaltungsgericht Karlsruhe statt.

Weitere Informationen finden Sie unter
www.gegen-berufsverbote.de


Quelle: Pressemitteilung
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