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Sehr erwünschte Initiative “Anstifter„ in Stuttgart: Ein Offener Brief

Plakat zur Anstifter Konferenz am 8.11.2014 in Stuttgart
Ich möchte auf die Nachricht von Herrn Grohman zur anstehenden (bürgerschaftlichen) Konferenz am 8.11.2014 unter dem Titel –ºNSU im Staat–¹ direkt und öffentlich antworten, da es sich um sehr grundsätzliche Fragen handelt, die sich an vielen Orten, in vielen Initiativen stellen:

  • Was müssen wir der nicht-gewollten Aufklärung der NSU-Mord- und Terrorserie entgegensetzen, insbesondere mit Blick auf die Rolle der jetzigen Landesregierung in Baden-Württemberg, der ganz offensichtlich die –ºStaatsraison–¹ wichtiger ist als die Aufklärung?

  • Welche politische Konsequenzen auf dem Hintergrund welcher Fakten wollen und müssen wir gemeinsam stark machen?

Als ich vom Journalistenkollegen Thomas Moser von Ihrem Vorhaben erfahren hatte, war ich sehr froh über Ihre Initiative, da unsere Bemühungen, die politische Aufklärung voranzutreiben, bislang auf eine überraschend einige Große Koalition des Schweigens aller im Landtag vertretenen Parteien gestoßen sind.

Dieses parteiübergreifende Schweigekartell ist beschämend und selbstbelastend zugleich: Wissen doch alle Interessierten, dass Baden-Württemberg für den NSU eine Hochburg darstellte und der 2007 erfolgte Mordanschlag in Heilbronn auf Polizisten sicherlich der rätselhafteste Terroranschlag darstellt, der dem NSU zugeschrieben wird.

Da ich seit Jahren zum diesem Komplex arbeite, und sehr intensiv die Ereignisse in Baden-Württemberg verfolgt habe, bot ich Ihnen mehrere Texte und meine Mithilfe an, sowohl zur nicht-gewollten Aufklärung des Mordanschlages in Heilbronn 2007, zum schier unmöglichen Selbstmord des Zeugen Florian Heilig 2013, aber auch zu dem Abschlussbericht der vom Innenministerium eingerichteten –ºArbeitsgruppe Umfeld–¹, der vor Auslassungen und Falschmeldungen nur so stotzt.

Sicherlich kennen Sie auch meine Schlussfolgerungen:

  • Der geballte Unwille, den Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn 2007, aufzuklären, ist nicht mit Pannen zu erklären, sondern mit dem Unwillen, die möglichen Täter zu fassen.

  • Wer die Fakten zu diesem Fall kennt, kann selbst bei Achtung geringsten kriminalistischer Standards nur zu folgendem Schluss kommen: Als direkte, unmittelbare Tatbeteiligte scheiden die der Tat verdächtigten NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt aus.

  • An dem Mordanschlag waren zwingend mehr Personen beteiligt, als bislang eingeräumt wird –“ womit auch das Konstrukt von einer neonazistischen Terrorgruppe aus exakt drei Mitgliedern ins sich zusammenbricht.

  • Die Rolle von V-Leuten, die in Baden-Württemberg operiert und Kontakt zum NSU-Netzwerk hatten, wird absichtlich und wider besseren Wissens bagatellisiert. Dazu gehört auch das Wissen der V-Frau Petra Senghaas mit Deckname –ºKrokus–¹. Ein Wissen, das man erst gänzlich unterschlagen hatte, um es später für gänzlich unglaubwürdig zu erklären.

  • Die Behörden in Baden-Württemberg hatten lange vor 2011 von der Existenz des NSU Kenntnis und leugnen dies bis heute (siehe VS-Mitarbeiter Günter Stengel, der bereits 2003 von der Existenz eines NSU Kenntnis erhielt und für seine Beharrlichkeit, dieses öffentlich zu machen, massiven Repressionen ausgesetzt ist)

  • Der Tod des Zeugen Florian Heilig am 16. September 2013, acht Stunden vor seiner Vernehmung, die Fakten, die auch die Familie dazu zur Verfügung gestellt hat, machen einen Selbstmord aus –ºLiebeskummer–¹ unwahrscheinlich, den Verdacht eines –ºFremdeinwirkens–¹ evident. Die Weigerung, auch die Möglichkeit eines Mordes in die Ermittlungen einzubeziehen, widerspricht allen Ermittlungsgrundsätzen.

Ich möchte die Aufführung zentralen, völlig offener Punkte hier beenden.

Da Sie von diesen Recherchen wussten, von den ausgezeichneten Beiträgen von Thomas Moser, die er für –ºKontext: Wochenzeitung–¹ schrieb, als auch von den zahlreichen Beiträgen von Prof. Hajo Funke, der sowohl die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses fordert, als auch seine massiven Zweifel am behaupteten Selbstmord von Florian Heilig öffentlich machte, bin ich über das völlige Schweigen zu diesen Themenkomplexen in Ihrer Kongress-Ankündigung mehr als enttäuscht.

Ohne diese Komplexe im Detail vorzustellen und auszuleuchten, muss jede Frage nach politischen Konsequenzen eine halt- und substanzlose Andeutung bleiben.

Keine Frage: Sie müssen meine Schlussfolgerungen nicht teilen, das erwarte ich auch nicht von meinem Publikum. Aber diese Komplexe vorzustellen, die für Baden-Württemberg von zentraler Bedeutung sind, und ein Forum dafür zu schaffen, die verschiedenen Schlussfolgerungen streitbar zu machen, wäre einer –ºbürgerschaftlichen Konferenz–¹ mehr als würdig und angemessen gewesen.

All das wäre eine Anstiftung zum Nachdenken, zum Abwägen verschiedener politischer Schlussfolgerungen gewesen –“ auch in dem Wissen, dass die Fragen nach der gewollten Nicht-Aufklärung, nach der Beihilfe staatlicher Behörden beim Zustandekommen des NSU, beim Gewähren-Lassen eine –ºrote Linie–¹ überschreiten. Eine –ºrote Linie–¹, die wir alle mit uns herumtragen –“ und mit einer Portion Mut und Risiko überschreiten müssen. Das ist eine kleine Herausforderung, aber –“ mittlerweilen –“ keine unüberwindbare.

Wir bräuchten nur den vorsichtigen, die –ºEmpfindlichkeiten–¹ aller Parteien berücksichtigenden Andeutungen des Thüringer Abschlussberichts folgen ... und nicht dahinter zurückfallen:

»Die im Anschluss an die sog. Garagendurchsuchung und das Untertauchen von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe durchgeführte Fahndung nach den Untergetauchten ist in einem so erschreckenden Ausmaß von Desinformation, fehlerhafter Organisation, Abweichungen von üblichem Vorgehen und Versäumnissen bei der Verfolgung erfolgversprechender Hinweise und Spuren durchsetzt, dass es dem Ausschuss nicht mehr vertretbar erscheint, hier nur von „unglücklichen Umständen“, „Pannen“ oder „Fehlern“, wie sie natürlicherweise auch bei besten Vorsätzen nie ausgeschlossen werden können, zu sprechen. Im günstigsten Fall steht hinter dem festgestellten umfassenden Versagen vieler Akteure schlichtes Desinteresse am Auffinden der drei Gesuchten (...). Die Häufung falscher oder nicht getroffener Entscheidungen und die Nichtbeachtung einfacher Standards lassen aber auch den Verdacht gezielter Sabotage und des bewussten Hintertreibens eines Auffindens der Flüchtigen zu.« (S. 1582)

»Mit der Zurückhaltung wichtiger Informationen, die die Ermittlung des Aufenthalts der Flüchtigen hätten voranbringen können und deren Verbindungen zur Vorbereitung und Durchführung von Banküberfällen nahegelegt hätten, hat das TLfV zumindest mittelbar die Flüchtigen geschützt ...« (S.1584)

Diese Schlussfolgerungen in einem NSU-Untersuchungsausschuss für Baden-Württemberg nachzugehen, ihnen in (parteipolitisch) unabhängigen Initiativen zu folgen, wäre ein längst überfälliger Schritt.

Wolf Wetzel

Der NSU-VS-Komplex. Wo beginnt der Nationalsozialistische Untergrund –“ wo hört der Staat auf? Unrast Verlag 2013, 2. Auflage

Deutschland: PKK-Verbot aufheben!

Es gibt inzwischen nicht zu wenig Aufhebens in unserem Land. Eher zuviel. Während die ganze Nation sich im Wohlsein zufrieden gibt, wühlt doch die gemeinsame Sorge. Wie können wir uns raushalten aus den qualvollen Wildnissen dieser Welt? Und damit wir uns auch richtig wohlfühlen in unserer einstweiligen Sicherheit, muss immer der eine oder andere Warnrufer auftreten. Hierzu eignet sich vor allem der eiskalte de Maizière. Die Unruhen in gewissen norddeutschen Hafenstädten zwischen Kurden und IS-Anhängern werden sofort zu allgemeinen Gefahr aufgeplustert. Huch, wenn es uns auch einmal so ginge wie den Türken oder sonstigen Bewohnern gefährlicher Länder! Wir wären ja unseres Lebens nicht mehr sicher. Also sofort schärfere Gesetze her. Uns darf so etwas nicht passieren. Niemals!

Und schon werden unbestimmte Gesetze beschlossen. Und der grundverwobene Rassismus wird angehoben. Braun im Gesicht? Herrscht da nicht schon der Bürgerkrieg vor? Und wer von den angeblichen Flüchtlingen ist nicht wirklich der eingeschleuste Feind. Der Böse an sich.

So wird unter dem Gesichtspunkt der Sorge die Urangst geweckt- und mit ihr genau die Strafgesetze, die wir so verabscheuen, wenn wir sie in Russland oder der Türkei entdecken.

Unter dem Schein öffentlicher Ruhe herrscht offenbar Ratlosigkeit. Was tun, wenn ein Nato-Partner - die Türkei - sich mit Bombenabwürfen genau gegen die einzigen wirklichen Verteidiger der Gebiete gegen die IS-Truppen wendet? An sich würde nach allem vornehmes Wegschauen sich anbieten. Kennzeichnend auch, dass nach den Morgennachrichten den ganzen Tag lang kein Wort bei ARD mehr über den Vorfall berichtet wurde. Keinerlei Einflussnahme der Regierung selbstverständlich. Nur - dass bei aller Vornehmheit des Wegschauens selbst die minimalsten Ziele der IS-Bekämpfung ganz offenbar in sich zusammenfallen. Wie will man die IS-Truppen wirkungsvoll bekämpfen, wenn auf der anderen Seite die Türkei diesen immer wieder zu Hilfe kommt.

Was bleibt in dieser Lage? Eine offene Provokation des Bündnispartners scheint den Angsthasen der Regierung zu gefährlich. Ein Rückzug der Beobachtung der Gebiete der Türkei durch unsere Patriots immer noch zu aufdringlich. Was aber spräche gegen eine Aufhebung des PKK-Verbots innerhalb der deutschen Grenzen? Tatsächlich haben sich die Kurden in unserer Gegend seit langem nicht mehr aufsässig gezeigt gegen unseren Staat. Und als Anerkennung ihres Kampfes für echte Gleichberechtigung sämtlicher Minderheiten ohne rassische Vorbehalte würde eine solche Aufhebung des Verbotes für alle anderen ein echtes Vorbild darstellen. Was 1992 für ein Verbot herhalten musste, wie berechtigt oder unberechtigt es damals schon war, muss heute unter veränderten Verhältnissen nicht mehr gelten.

Freiheit für die PKK - als aufforderndes Zeichen für alle. Vor allem für andere NATO-Länder. Und besonders für die Türkei selbst.

Stuttgart: "The Silent Revolution" Dokumentarfilm über Rojava / Westkurdistan

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Nach dem Ausbruch des syrischen Konflikts 2011 haben die KurdInnen in Westkurdistan, genannt Rojava einen dritten Weg eingeschlagen - unabhängig von der Assad-Regierung, dem Syrischen Nationalrat und der Freien Syrischen Armee. Die KurdInnen in Rojava begannen eine politische, soziale und kulturelle Erneuerung, die inzwischen zum Aufbau demokratischer Selbstverwaltungsstrukturen geführt hat.

Gerade jetzt, da sich die KurdInnen vor allem auch im Kampf gegen den IS (Islamischen Staat) hervorheben, ist es besonders interessant zu beleuchten, wie eine gelebte kurdische Unabhängigkeit aussehen kann. In Rojava begleitete das Filmteam mehrere Personen, die direkt oder indirekt am Aufbau eines selbstverwalteten Gebiets mitgearbeitet haben. Da geht es um Frauen, die als Milizionärinnen zur Waffe greifen, um LehrerInnen, die in Schulen die bislang verbotene kurdische Sprache lehren und um Menschen, die einen eigenen Fernsehsender aufbauen.

Regisseur: David Meseguer und Orio Graciá.
Sprache: Kurdisch mit deutschem Untertitel
Filmlänge: 54 Minuten
Eintritt: 5,00 €
Ort: Delphi Arthaus Kino | Tübinger Strasse 6

Veranstalter: Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart

Weitere Termine:

INFOVERANSTALTUNG mit Haluk Gerger & Tobias Pflüger
Sonntag, den 26.10.2014 | 14 Uhr | Raichberg Realschule Stuttgart

SOLIDARITÄTSDEMONSTRATION
Samstag, den 01.11.2014 | 16 Uhr | Lautenschlager Straße | HBF
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