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„Pazifistische Kampagne wird mittels Geheimdiplomatie zerbrochen“

Die seit mehreren Monaten vorgetragene Kritik an der Kampagne „Schulfrei für die Bundeswehr –“ Lernen für den Frieden“ wegen Fortsetzung der völlig aussichtslosen Verhandlungen über „Friedensbildung“ mit einem Kultusminister, der die Privilegierung der Bundeswehr an Schulen vertraglich fortsetzt, ist seit August in ein neues Stadium getreten. Gut begründete kritische Sachfragen zu den Verhandlungen werden weiterhin nicht beantwortet, aber eine empörende Verkehrung von Ursache und Wirkung wird dafür als Begründung angeführt.

Nachdem Christoph Marischka mit seiner IMI-Veröffentlichung unter dem Titel “»Friedensbildung« als Feigenblatt für Jugendoffiziere an Schulen“ am 18. August den Kern der Kritik sachlich zusam­men gefasst hatte, gab es eine Erwiderung von Hagen Battran mit teilweise unverschämten Angriffen. Weder Marischkas Frage nach einer Zitiermöglichkeit für seine IMI-Interessentenliste noch meine Aufforderung, die Battran-Erwiderung seinerseits öffentlich zugänglich zu machen, sind beantwortet worden,

Battran hat meine Veröffentlichungen mit Dokumenten am 31. Juli auf trueten.de und meine diesbezügliche Fortsetzung am 6. August in der Neue Rheinische Zeitung und am 14. August bei stattweb.de für die Geheim­diplomatie verantwortlich gemacht.

Da müssen sich klar denkende SchülerInnen, um deren Friedensbildung es ja gehen soll, unmittelbar an gewisse internationale Debatten erinnert fühlen.

Christoph Marischka hat den Kern der Geheimdiplomatie so formuliert: „Die Hoffnung auf finan­zielle Zuwendungen ist mit einer grundsätzlichen Kritik an der außenpolitischen Ausrichtung der regierenden Parteien schwer zu vereinbaren –“ wohl aber mit der Funktion eines Feigenblattes für die fortgesetzte Zusammenarbeit zwischen Kultusministerium und Bundeswehr.“

Meine am 19. August angekündigte Konsequenz wird hier mit der beigefügten Dokumentation umgesetzt.

Und zu guter Letzt noch etwas Ermutigendes aus einer mir nahe liegenden Hochschule. Der AStA des Karlsruher Instituts für Technologie KIT hat am 29. August folgende Stellungnahme veröffent­licht „Kriege in und um Europa: Zivilklausel am KIT einführen!“

Eine wunderbare Botschaft zum Antikriegstag und ein klares Signal an das KIT-Präsidium.

Warum Parlamentsentmachtung erst jetzt?

Merkel hat beschlossen, das Parlament zwar abstimmen zu lassen. Aber alles nur symbolisch. Entscheiden tut die treue Truppe schon am Sonntag vorher. Damit niemand auf die Idee kommt, es käme auf die Stimmen der Volksvertreter irgendwie an.

Warum das? Der großen Koalition kann Merkel ja sicher sein. Insofern hätte sie sich ohne weiteres dem Parlament stellen können. Und ihrer normalen Gesichtskälte hätte die Abstimmung nicht weh getan.

Der vorgeschobene Grund mit dem Gesetz hält kaum stand. Irgendwann hat ein kühler Gesetzgeber es so gefügt,das Waffenexporte nicht zustimmungspflichtig sein sollen, nur Soldaten-Verschickungen. Genau genommen: Hinrichtungen ohne Widerstandsrecht.

Natürlich könnte bei einem offenen Tabubruch, wie es der Waffenexport in Krisenregionen darstellt, ohne weiteres über die Gesetzeslage weggeschritten werden. Dann kann es sich nur um eine Vorbeugemaßnahme handeln. Für künftige Fälle,wenn die Mehrheiten nicht mehr so deutlich ausfallen.Und trotzdem schnell gehandelt werden soll.

Ein weiterer Grund dürfte aber im Grenzgebiet selbst liegen.Genannt werden einfach "die Kurden". Das scheinen grenzgutmütige Gesellen zu sein, die ihre Waffen nur einsetzen, wenn es gegen die gottlosen ISI-Truppen geht. Dass es außer den Peschmerga-Truppen auch solche der PKK gibt, muß streng verschwiegen werden. Sonst käme noch heraus, dass gerade diese Militärs damals den Jesiden einen Fluchtkorridor geschaffen haben, während die vielgerühmte Peschmerga sich vorsichtig zurückzog.

Ulla Jelpke hatte zuerst davon berichtet, inzwischen ist es Allgemeingut geworden. Außer bei der Bundesregierung. Diese hofft, ihre Verfolgung der PKK-Genossen in Deutschland beibehalten zu können, während sie im fernen Osten eine Truppe unterstützt,die zufällig gerade die Ziele verfolgt, die die Bundesregierung eben auch - angeblich - anstrebt.

Demnach geht es bei der Entmächtigung des deutschen Parlaments einmal um Verlust der lästigen Kontrollen von Restgruppen, solange das geräuschlos möglich ist. Zum andern um direkte Auschaltung der Volksvertreter, wenn die Regierung alleine viel besser weiß als alle anderen,wohin sie ihre Waffen schickt. Und wohin nicht.

Was wird der nächste Schritt sein? Vermutlich die Nachsendung fachkundiger Betreuer der vorher gesendeten Waffen. Damit die Kurden sich auch auskennen mit den komplizierten Systemen. Wer wird sich da noch widersetzen können, nachdem er doch dem Hauptpunkt - Waffenexport - schon zugestimmt hat.

Adieu, Parlamentsarmee! Wir gleichen uns den Präsidialsystemen anderer Eu-Länder an. Und vor allem dem ultimativsten Lenker aller - Obama. Der hat schon mal zugeschlagen.

Veranstaltung zur politischen Situation in der Ukraine

Erlebnisbericht einer Delegation linker ukrainischer und russischer AktivistInnen

Die Ukraine nach dem Regime-Change im Februar: Eine Clique von Oligarchen wurde durch eine andere mit besten Verbindungen zur BRD abgelöst. Die neue Regierung lässt Großstädte in der Ostukraine bombardieren. Erklärte Faschisten machen Jagd auf Linke und zündeten am 2. Mai das Gewerkschaftshaus in Odessa an. 42 Menschen verbrannten dabei oder wurden auf offener Straße erschlagen. Und die imperialistischen Länder - maßgeblich die BRD? Sie gießen Öl ins Feuer und tragen ihre Rivalitäten auf dem Rücken der Bevölkerung aus.

Auf der Veranstaltung werden GewerkschafterInnen, FriedensaktivistInnen und Mitglieder verschiedener linker Organisationen aus dem Osten und Westen der Ukraine, sowie Russlands von ihren Erfahrungen berichten. Sie sind sich dabei einig, dass aktuell die größte Gefahr von den, sich weiter im Aufwind befindlichen, faschistischen Organisationen ausgeht. Die Veranstaltung soll der Kriegshetze und dem Verschweigen der rechten Gefahr in den bürgerlichen Medien authentische Aufklärung von unten entgegensetzen.

Dienstag, 26. August 2014 | 19 Uhr | Linkes Zentrum Lilo Herrmann

Die Veranstaltung ist Teil einer Delegationsreise, die von der Roten Hilfe e.V. organisiert wird. In Stuttgart wird die Veranstaltung von der OG Stuttgart der Roten Hilfe und der Revolutionären Aktion Stuttgart getragen.


Linkes Zentrum Lilo Herrmann
Böblinger Str. 105 | 70199 Stuttgart
www.linkeszentrumstuttgart.org

Haltestelle Erwin-Schöttle-Platz: U1 | U14 | Bus42 an der Bahnlinie zwischen Erwin-Schöttle-Platz und Bihlplatz

Freitag: Wie die Linke zerfiel...

Friedenstaube als Zeichen vieler Friedensdemonstrationen
Freitags Unterüberschrift: Pazifismus kann tödlich sein. Warum man als Linker für Kriegseinsätze sein muss.

Ganz so schlimm ist dann der Artikel von Michael Jäger zwar nicht. Auch enthält er sich allen Blödsinns, den ein Alt-Außenminister zugunsten der deutschen Militärindustrie ausstreut. Jägers Argument ist kurzgesagt das Altbekannte: Auch wenn du dich jeder Waffenlieferung - eigentlich Soldatenbeteiligung - enthältst, bleibst du schuldig. Denn was du auch tust, das Morden geht weiter. Argumentiert wird ganz mit Recht von der Tatsache her, dass alles mit allem zusammenhängt. Der Kausalität nach. Nach der eben nicht die gute Absicht zählt, sondern der bloße Handlungsertrag. Und der sieht im Augenblick sicher so aus, dass es immer welche gibt, die Krieg führen wollen. Also muss man dagegenhalten. Also statt bloßer Enthaltung gleich Waffen liefern. Am besten gleich Soldaten dazu.

Wo liegt trotz allem das Falsche in dieser ja überaus bekannten Herleitung des Waffenzwangs? Wohl gerade in der Beziehung auf bloße Kausalität. Wenn diese nämlich die einzige Warte ist, auf die zu achten wäre, dann freilich hätte Jäger recht. Allerdings müsste gerade er dann zugeben, dass die Pazifisten keinen eigenen Willen hätten. Keinen Wunsch, den ewigen Kreislauf der Dinge, wie sie eben sind, zu durchbrechen. In Wirklichkeit ist aber dieser Wille das erste: den Kriegslauf zu verhindern. Auch wenn er im Augenblick zu überwiegen scheint. Es gilt aber genau das: die Erscheinung des für unmöglich Gehaltenen. Der Anblick desjenigen, der sich dem bösen Weltlauf widersetzt. Ganz gleich, was daraus folgen mag.

Als der wirkliche heilige Franziskus sich dem Heerlager der Muslime in Ägypten näherte, um diesen Frieden zu predigen, wurde er elend verprügelt. Und der Krieg lief auf beiden Seiten weiter wie bisher auch.

Trotzdem. Im Anblick des blutenden, verkrümmten Leibs des Heiligen gewann die Idee ihre Leuchtkraft. Nicht ob der Krieg jetzt zu Ende ging, war entscheidend - sondern der Anblick der Möglichkeit, dass er überhaupt enden sollte. Diese Möglichkeit darf niemals sterben. Um ihretwillen muss es möglich bleiben, der Anflut von Verzweiflung und Angst zu widerstehen. Die wahren Bilder von allem Blutdurst dürfen das noch wahrere Bild einer künftigen Überwindung des Elends nicht verdecken.

Und deshalb: Was Merkel, Steinmeier und Gabriel noch aushecken mögen zugunsten ihrer verbesserten Stellung in der Welt - es muss möglich sein, diesen Gewaltphantasien sich zu widersetzen. Bis zum letzten Augenblick.

Fischer: Das deutsche Strafrecht löst jedes Problem

Joschka Fischer
Foto: Andrzej Barabasz

Lizenz: GFDL

Alle grübeln. Dem Schein nach über die Verhinderung von Völkermord. Oder sonst viel Bösem. In Wirklichkeit: Wie können wir trotz des Verbots von Waffenhilfe in Krisengebieten doch wieder Waffen liefern. Zum Bekenntnis des deutschen Vorkämpfertums und der notleidenden Waffenindustrie.

Alle zögern noch. Da kommt unser Ex-Außenminister Fischer und löst das Problem spielend. Er beruft sich nicht auf das seinerzeit so beliebte "right to subsist". Nein, diesesmal muss das deutsche Strafrecht herhalten.

Dort steht doch eindeutig, dass jeder verpflichtet ist, sich schweren Verbrechen in aller Welt entgegenzustellen. Mit den Mitteln, die er eben zur Verfügung hat. Und was gäbe es wohl Schlimmeres, als den Völkermord des "islamischen Staates" gegen wen auch immer. Im Augenblick gegen die Jeziden.

Einen Fehler hat Fischers Rechtfertigung allerdings. Warum gilt die gesetzliche Verpflichtung erst jetzt? Es braucht nur die eigenste Erinnerung eines jeden, um sich an Verbrechen aller Art zu erinnern, seit 1945, aber auch und gerade seit den achtziger und neunziger Jahren. Und doch haben Schröder und sein Vize Fischer damals sich nicht am Irakkrieg beteiligt. Obwohl der Führer des Irak sich an ziemlich ähnlichen Verbrechen beteiligte, wie sie heute dem "Islamischen Staat" vorgeworfen werden.

Weil damals noch mit Recht Fischer und Schröder sich an einen wirklichen Fortschritt in der Interpretation der Rechte jedes Einzelnen erinneten. Und sie gegen die Rechte der Staaten untereinander abgrenzten. Nur so lassen sich überhaupt Verantwortlichkeiten bestimmter Personen kennzeichnen. Im umgekehrten Fall - der jetzigen Interpretation eines Fischer - wäre wirklich jeder aufgerufen, sich mit allem, was er hat, für nahe und ferne Rechte einzusetzen. Und am besten gegen die Vertreter der eigenen Regierung, die sich nicht in jedem Fall sofort ins Zeug legten, um fernes Unrecht zu bekämpfen. Wohlwollend könnte man meinen, Fischer sei wieder in seine Frühzeit zurückgefallen. Und deklamiere heimlich immer noch "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.". Anders haben die Mitglieder der RAF es auch nicht gesehen.

In Wirklichkeit setzt der allgewandte Fischer aber zu erdnäheren Argumenten zurück: Der Beitrag endet nämlich: Die Bedenken in der deutschen Politik gegen Waffenlieferungen versteht der erste grüne Außenminister (1998–“2005): „Sicher ist die Frage berechtigt, wo gelieferte Waffen einmal landen können. Aber solche Fragen sind in einem Augenblick zweitrangig, in dem vor aller Augen ein Völkermord droht. Das ist dann der politische Ausnahmezustand, der manche Regeln außer Kraft setzt. Realpolitisch wird Kurdistan der letzte verbleibende Stabilitätsfaktor im Irak sein.“–‹ So ein Auszug des Beitrags von Fischer in der heute erschienen Welt am Sonntag.

Denkt man diesen Satz des Realpolitikers zu Ende, dann heißt er im Klartext: Kämpft ruhig mal, ihr Kurden. Wenn das erledigt ist, gucken wir dann, wie wir euch die Waffen wieder abnehmen. Oder ihnen mit eigenen besseren entgegentreten.

So gesehen, ist der heutige Berufsredner Fischer vielleicht doch einfach auf die Bedingungen der deutschen Waffenindustrie eingegangen?

Wir bleiben dabei: Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr kündigen

Anlässlich der heute unterzeichneten neuen Kooperationsvereinbarung zwischen Kultusminister Andreas Stoch und Oberst Michael Kuhnvom Landeskommando Baden-Württemberg betont Roland Blach, Sprecher der Kampagne „Schulfrei für die Bundeswehr –“ Lernen für den Frieden“ und Landesgeschäftsführer der DFG-VK Baden-Württemberg: „Wir bleiben dabei: Die Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr ist ersatzlos zu kündigen. Die Privilegien, die der Bundeswehr auch mit der neuen Vereinbarung zugestanden werden, müssen beendet werden. Der „rote Teppich“ für die Bundeswehr muss eingerollt werden.“
Hagen Battran, für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Mitglied im Kampagnenrat, ergänzt: „Grundlegende Änderungen gegenüber der bisherigen Vereinbarung hat es nicht gegeben. Trotzdem hat unsere wiederholt vorgetragene Kritik u.a. dazu geführt, dass nicht mehr die Schule, sondern die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Anwärter bzw. Referendare selbst- und eigenverantwortlich über die Inanspruchnahme der Angebote der Jugendoffiziere zur politischen Bildung entscheiden.“

Ganz im Sinne des Verfassungsgebots aus Art. 12 Landesverfassung, die Erziehung der Jugend „zur Brüderlichkeit aller Menschen und zur Friedensliebe“ zu garantieren, verstärkt die Kampagne ihre Bemühungen, Friedensbildung inhaltlich, personell und institutionell in den Schulen, Hochschulen und Lehrerbildungseinrichtungen des Landes sowie in den Bildungsplänen nachhaltig zu verankern. Aus Sicht der Kampagne ist es dazu unerlässlich, die eigenständige Leitperspektive „Friedensbildung“ in die laufende Bildungsplanreform aufzunehmen.

„Wir treten im kommenden Schuljahr dafür ein, dass sich Schulen auch in Baden-Württemberg nach dem Vorbild von Schulen anderer Bundesländer durch entsprechende Beschlüsse für militärfrei erklären“macht Blach klar.

Quelle: Pressemitteilung 14. August. Dort ist auch ein kritischer Kommentar sowie einige bisher nicht veröffentlichte Dokumente von Dr. Dietrich Schulze verlinkt.

Karlsruhe: Hiroshima-Tag 2014, „Mayors for Peace“, family Thiel

Download des Readers: Bild anklicken
Das Karlsruher Friedensbündnis kann mit seiner Aktion zum 69. Jahrestag des als kriegsnot­wendig getarnten US-Massenmords in Japan sehr zufrieden sein. Zum Auftakt wurde bei einer Mahn­wache ein informativer Flyer an die Passanten verteilt. Und dann die Kundgebung mit interessanten Reden zur Aufklärung und Erinnerung, aber auch über die Gegenwart mit erneuter Weltkriegsgefahr im Globalen und der Atom-Täterschaft am Karlsruher Institut für Technologie KIT im Regionalen.

Der eindeutige Höhepunkt war die Verlesung des Grußworts von Oberbürger­meister Dr. Frank Mentrup, der auch die Schirmherrschaft übernommen hatte. Seit Mai 2014 ist die Metropole des Rechts und der Technologie auf Initiative des OB dem welt­weiten Friedensnetz­werk „Mayors for Peace“ beigetreten. Der Autor hatte das Vergnügen dieses bedeutende Gruß­wort vorzulesen und ließ es sich nicht nehmen, auf die beharrliche Vorarbeit von Ulli und Sonnhild Thiel hinzuweisen. Diese beiden bekannten PazifistInnen hatten die „Mayors for Peace“-Forde­rung jahrelang an die Adresse des Mentrup-Vorgängers beharrlich vorgetragen und wurden ständig abgewiesen.

Im geschichtsträchtigen Jahr 2014 wurde dieses Anliegen nun Wirklichkeit. Alle Ereignisse am 6. August in Karlsruhe, der Bildbericht in den Badischen Neuesten Nachrichten und weitere in der WebDoku der Initiative gegen Militärforschung an Universitäten veröffentlichte Dokumente sind vom Autor in einem Reader zusammen gefasst worden.

NATO 2014 - Ein Kriegsbündnis vor seinem Gipfeltreffen

Aus der aktuellen Ausgabe des Magazins der Informationsstelle Militarisisierung (IMI) - dem AUSDRUCK:

Der NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat die neue Linie der NATO am 14. Juni 2014 gegenüber der spanischen Zeitung „El Pais“ auf den Punkt gebracht: Es sei „deutlich, dass Russland uns als seinen Feind ansieht.– Diese Feindwahrnehmung untermauert die NATO derzeit auf allen Ebenen. Der Ukraine-Konflikt ist dazu willkommener Anlass. Es werden verstärkt Manöver an den Grenzen zu Russland abgehalten. Gleichzeitig ruft der NATO-Generalsekretär dazu auf, die Militärausgaben zu erhöhen. Die NATO befindet sich auf Aufrüstungs- und Kriegskurs. Rasmussen meinte, die NATO-Minister seien sich einig, „dass es mehr Patrouillen auf See und in der Luft geben müsse sowie mehr Manöver und Ausbildung–. Und all dies „von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer und zum Mittelmeer–. Die schnelle Eingreiftruppe „Nato Response Force“ (NRF) solle „rascher einsetzbar sein“, die Aufklärung müsse „verbessert werden und Militärmaterial sowie Versorgungsgüter“ müssten „für den Fall des Falles bereitgehalten werden“. Dazu gehöre „auch das Vorbereiten möglicher Stützpunkte.– So heißt es in einem Bericht über das Brüsseler Vorbereitungstreffen der NATO-Militärminister in Vorbereitung auf den NATO-Gipfel im September.

Mehr Manöver –“ mehr Kriegsübungen

Die Regierungen der östlichen NATO-Staaten, allen voran die der baltischen Staaten, fordern eine langfristige Stationierung von NATO-Truppen an den Grenzen zu Russland. Die deutsche Ministerin Ursula von der Leyen ist da nicht abgeneigt. Sie forderte schon im März: „Jetzt ist für die Bündnispartner an den Außengrenzen wichtig, dass die Nato Präsenz zeigt.– Kurze Zeit später wurde die Stationierung von sechs Eurofightern der Bundeswehr zugesagt. Ab September werden sie aus Lagerlechfeld kommend in den baltischen Staaten „Patrouille fliegen–. Der viermonatige Einsatz sei eine „Antwort der Nato auf die Krise in der Ukraine und die Verstärkung der russischen Truppen in der Grenzregion.– Da nach Angaben der NATO derzeit keine „permanente Stationierung von Nato-Kräften in Osteuropa beabsichtigt ist–, soll es „längere und größere Manöver und regelmäßig multinationale Trainingsmaßnahmen mit rotierender Beteiligung im Osten geben. Außerdem soll die Aufklärung durch Flugzeuge und Schiffe verbessert werden.–

Mitte Mai 2014 berichtete darüber hinaus der Spiegel über ein internes NATO-Papier, in dem Russland mehr oder minder offen als Gegner beschrieben wird: “–˜Russlands Fähigkeit und Absicht, ohne große Vorwarnung bedeutsame Militäraktionen zu unternehmen, stellt eine weitreichende Bedrohung für den Erhalt von Sicherheit und Stabilität in der Euro-Atlantischen Zone dar–˜, heißt es demnach in einem Entwurf des Nato-Verteidigungsplanungs-Ausschusses. –šRussland ist fähig, kurzfristig und an beliebigem Ort eine militärische Bedrohung von lokaler oder regionaler Größe aufzubauen–˜, so der vorläufige Bericht weiter.“

Die USA haben Anfang Juni 2014 bereits eine „European Reassurance Initiative“ im Gesamtumfang von bis zu 1. Mrd. Dollar ins Leben gerufen, um „Alliierte und Partner der NATO“ zu unterstützen. Zu den hiervon finanzierten Maßnahmen sollen gehören: Verstärktes Training und größere Präsenz vor allem in Osteuropa; Entsendung von „US-Planern“ nach Osteuropa; Ausbau vorwärtsstationierten Materials in Osteuropa zur Verkürzung von Reaktionszeiten; höhere Beteiligung der US Navy im NATO-Rahmen; und der Ausbau der Kapazitäten von „Partnern“, damit sie besser im Einklang mit der NATO operieren können.

Wie das konkret aussehen kann, hat die NATO Anfang Juli 2014 mit ihrem Manöver „Brise 2014–³ im Schwarzen Meer gezeigt. An dem Seemanöver waren Kriegsschiffe aus der Türkei, den USA, Großbritannien, Italien, Griechenland, Bulgarien und Rumänien beteiligt. Die NATO gibt offen zu, dass das lange geplante Manöver „im Lichte der aktuellen Ereignisse umso bedeutsamer geworden– sei. Dem Neuen Deutschland wurde auf Nachfrage darüber hinaus bestätigt, dass sich auch die Bundeswehr an dem NATO-Manöver „Rapid Trident“ beteiligen wird, das vom 11. bis zum 28. September 2014 im Westen der Ukraine stattfinden soll. Teilnehmen werden nach Auskunft 16 Länder mit zusammen 1300 Soldaten. Doch es bleibt nicht bei NATO-Manövern.

Ausstattung der Ukraine –“ Aufrüstung der NATO

Die Ukraine wird von den NATO- und EU-Staaten mit „Militärtechnik– und Waffen ausgestattet. Dazu war vom damaligen Außenminister Andrej Deschtschiza im März eine Bedarfsliste vorgelegt worden. Doch es sollen vor allem die NATO-Mitgliedsstaaten aufrüsten. Zum kommenden NATO-Gipfel, der am 4. und 5. September 2014 in Newport in Wales stattfindet, kündigte der NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen an, dass bei diesem Treffen die Erhöhung der Militärausgaben in allen NATO-Staaten „ein wichtiger [Tagesordnungs-] Punkt– sein würde. Rasmussen wörtlich: „Ich erwarte, dass beim Gipfel Entscheidungen getroffen werden, dass es Selbstverpflichtungen beim Gipfel geben wird.–

Im bereits erwähnten und im Spiegel zitierten Papier des Nato-Verteidigungsplanungs-Ausschusses wird beklagt, das Bündnis hätte den falschen Schluss gezogen, “dass jene Fähigkeiten reduziert werden könnten, die dazu benötigt werden, in konventionellen, großangelegten, hochintensiven Konflikten in Europa zu kämpfen–. In einigen Fällen seien “ganze Fähigkeitsbereiche aufgegeben oder umfangreich reduziert worden–. Einer Rückkehr zum Rüstungswettlauf des Kalten Krieges scheinen auch deutsche Politiker nicht abgeneigt zu sein. So beklagt etwa Rainer Arnold, der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, ganz im Sinne der NATO: “Wir müssen darüber nachdenken, ob das unkontrollierte Absenken der Panzerflotte innerhalb der Nato richtig war.–

Interessant dabei: Die Mitgliedsstaaten sollen zwei Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts für Militär und Rüstung ausgeben –“ Deutschland liegt bei 1,3 Prozent. Polen, Lettland, Litauen und Rumänien hätten –“ so der NATO-Generalsekretär –“ bereits politische Entscheidungen getroffen, um das Ziel von zwei Prozent zu erreichen. „Alle Mitglieder müssen ihre Prämien zahlen. Und die Prämien sind gerade gestiegen.– Doch für was soll das neue Geld ausgegeben werden?

Ausbau der schnellen Eingreiftruppe der NATO-Armee

Unter anderem soll –“ das sagt der militärische Oberbefehlshaber der NATO, der US-General Philip Breedlove –“ „die Reaktionsfähigkeit und die Bereitschaft der Nato-Truppen– erhöht werden. „Es kann sein, dass wir von einer Reaktionsfähigkeit von Tagen anstatt von Wochen oder Monaten reden müssen–. Eine Stationierung im Osten der NATO wird angedacht, um –“ so wörtlich –“ „im Ernstfall schnell genug antworten können.– Weiter: “Wir müssen überlegen, ob wir Kräfte im Osten haben wollen–. Zentral ist aber der Ausbau der schnellen Eingreiftruppe der NATO (Nato Response Force) von derzeit rund 25.000 Mann, die als Stand-By-Truppe jahresweise rotierend aus verschiedenen Nato-Länder zusammengesetzt ist. Breedlove: „Wir brauchen eine Eingreiftruppe, die sehr reaktionsfähig ist. Vielleicht muss nicht die gesamte Eingreiftruppe darüber verfügen, aber einige Teile sollten eine sehr hohe Bereitschaft und Reaktionsfähigkeit haben.–

Offen: NATO-Beitritt der Ukraine und Georgiens

2008 hatte die NATO noch einen Beitritt Georgien und der Ukraine versprochen. Zumindest für die Ukraine ist das in weiterer Ferne. Hier wird nun mit dem EU-Assoziationsabkommen der Weg der Annäherung –“ nicht der Mitgliedschaft (!) –“ an die EU gegangen. Wobei dieses Abkommen ausdrücklich auch eine militärische Zusammenarbeit vorsieht. Mit dem „Membership Action Plan– werden neue Mitglieder auf den Beitritt zur NATO vorbereitet. Georgien ist da eifrig dabei. Und nun soll eine enge Kooperation Georgiens mit der NATO vereinbart werden. Es geht um ein ganzes Maßnahmenpaket. Der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Karl A. Lamers von der CDU berichtet von einer Verbesserung der „Interoperabilität der georgischen Streitkräfte mit der NATO–, einem Ausbau des NATO-Verbindungsbüros in Tiflis und einem gesonderten Gremium zwischen Georgien und der NATO. Auch soll Georgien mit neuen NATO-kompatiblen Waffen ausgerüstet werden.

Auch die Heranführung, möglicherweise sogar die Aufnahme weiterer Länder der Region wird augenscheinlich ernsthaft erwogen. So fasste der Spiegel Anfang April den Kerngehalt eines weiteren vertraulichen NATO-Dokuments folgendermaßen zusammen: „Die Nato öffnet sich noch stärker gen Osteuropa. Ein vertrauliches Papier sieht Armeeübungen mit Staaten wie Moldau oder Armenien vor. Am Ende könnte sogar der Beitritt zu dem Verteidigungsbündnis stehen –“ ein klares Signal an Moskau.“

Probleme: Afghanistan –“ das Debakel der NATO

Offiziell soll der NATO-Einsatz ISAF in Afghanistan 2014 –“ also in diesem Jahr –“ beendet werden. Die zwischendurch mal weit über 100.000 Soldaten sollen offiziell abgezogen werden. Nach 13 Jahren Krieg, so die NATO, sei alles besser in Afghanistan. Neben ungezählten afghanischen Zivilisten –“ darunter die Opfer von Kunduz –“ sind in Afghanistan 3500 Nato-Soldaten –“ darunter 54 Bundeswehrsoldaten –“ ums Leben gekommen. Zehntausende der Soldaten sind traumatisiert. 900 Milliarden Dollar hat der Afghanistan-Einsatz gekostet, der wohl kostspieligste „asymmetrische Krieg der Neuzeit–. Interessant: Selbst ein Bundesminister –“ der Entwicklungshilfeminister Gerd Müller –“ beklagt das krasse „Missverhältnis zwischen militärischen Ausgaben und Aufwendungen für einen zivilen Wiederaufbau–. Die Sicherheitslage in Afghanistan ist desolat. Dazu kommt, der Ausgang der Präsidentschaftswahlen ist unklar. Es gibt offen Streit, wer gewonnen hat. Die NATO und die Bundeswehr werden Soldaten in Afghanistan lassen –“ beendet ist das Debakel nicht.

Bundeswehr als führende NATO-Armee

Deutschland war (und ist) als drittgrößter Truppensteller maßgeblich am Afghanistankrieg beteiligt. Mehr noch: In diesem Krieg ist die Bundeswehr „erwachsen“ geworden, sie hat sich als kriegsführungsfähig und -willig erwiesen und somit für weitere Aufgaben empfohlen, wie Martin Zapfe von der „Eidgenössischen Hochschule Zürich“ konstatiert: „Seit dem Ende der territorialen Bedrohung der Bundesrepublik und der Bündnisgebiete richtete sich die Bundeswehr Schritt für Schritt auf Auslandseinsätze aus. In den 1990er-Jahren waren dies primär die Operationen auf dem Balkan, gipfelnd im Luftkrieg um den Kosovo, an dem Bundeswehrflugzeuge massgeblich beteiligt waren. Nach 2001 standen die Operationen in Afghanistan im Mittelpunkt. Die ISAF-Mission am Hindukusch stellt nicht nur den längsten Einsatz der Bundeswehr dar; sie sah auch die intensivsten Gefechte deutscher Streitkräfte seit dem Zweiten Weltkrieg. Kurz gefasst: In Afghanistan hat die Bundeswehr das Kämpfen gelernt.“

Die Bundeswehr spielt ganz generell innerhalb der NATO eine führende Rolle: US-General Philip Breedlove äußerte sich lobend über Deutschland. Die Bundeswehr habe sich „großartig– an den Nato-Operationen im Kosovo und in Afghanistan beteiligt. Breedlove: “Dafür gebührt Deutschland unser Dank.– Die Bundeswehr verfüge über ausgesprochen fähige Landtruppen: „Sie werden auch in Zukunft einen sehr wichtigen Teil der Nato-Bodentruppen bilden.– Ob deutsche Truppen künftig auch in Osteuropa zum Einsatz gelangen, ließ der General offen.

Aktivitäten gegen den NATO-Gipfel

In dieser Situation wollen sich die Staats- und Regierungschefs am 4./5. September bei Newport in Wales zum NATO-Aufrüstungs-Gipfel treffen. Dagegen wird es natürlich internationalen Protest und Widerstand geben, mit einem Gegengipfel, mit einer Großdemonstration, einem Camp und Aktionen zivilen Ungehorsams vom 31. August bis 5. September. In Deutschland findet zur gleichen Zeit der Antikriegstag bzw. der Weltfriedenstag statt. Der NATO-Aufrüstungs-Gipfel wird dort Thema sein.

Autor: Tobias Pflüger
Quelle: IMI-Online 7. August 2014
Der vollständige Artikel im AUSDRUCK-Layout als PDF: NATO 2014 –“ Ein Kriegsbündnis vor seinem Gipfeltreffen

69. Jahrestag - Hiroshima mahnt

Heute ist der 69. Jahrestag des Atombombenabwurfes auf Hiroshima.

Es waren nur wenige Wochen zwischen dem ersten Atomtest im US-Bundesstaat New Mexico und dem ersten Praxistest in Hiroshima. Am 16. Juli 1945 war die im Manhattan-Projekt entwickelte Atombombe auf dem Testgelände bei Alamogoro gezündet worden; ihre Sprengkraft betrug 21 Kilotonnen TNT. Die Explosion war erfolgreich, aber über die tödliche Wirkung konnte der Test nichts Definitives aussagen. 20 Tage später detonierte die 12,5-Kilotonnen-Bombe mit dem niedlichen Namen "Little boy" in Hiroshima, drei Tage später eine weitere Bombe namens "Fat Man" über Nagasaki. Die Wirkung der Bomben war kolossal: Zwischen 90.000 und 200.000 Menschen starben unmittelbar. Weitere 130.000 Menschen starben bis Jahresende. Bis 1950 war die Zahl der Spätopfer in beiden Städten auf insgesamt 230.000 gestiegen. Strahlenopfer sind auch heute noch in der dritten Generation zu beklagen.
(RedGlobe)

„Der obige Befehl ergeht an Sie auf Anweisung und mit Zustimmung des Kriegsministers und des Generalstabschefs der amerikanischen Streitkräfte.“
(Befehl an den General Carl Spaatz, Oberkommandierender der amerikanischen strategischen Luftwaffe für den Abwurf der Atombombe auf Hiroshima)

„Ich habe nie bereut und mich nie geschämt, denn ich glaubte damals, dass ich meine patriotische Pflicht tat, als ich den Befehlen folgte, die man mir gab.“
(Oberst Paul W. Tibbets, der die Atombombe über Hiroshima ausklinkte)

Der Atompilz über Hiroshima fotografiert aus dem Heck der Enola Gay
Bildquelle: WikiPedia

Obwohl Japan zum damaligen Zeitpunkt militärisch bereits am Ende war, nahm die U.S. Militärführung unter der Führung von US-Präsident Truman zehntausende von Opfern in Kauf: 140.000 starben bis Ende 1945 an den Folgen des Abwurfs.

Der zweite Atombombenabwurf auf Nagasaki geschah drei Tage später, am 9. August 1945. Die Opfer steigerten sich dadurch auf über 250.000.

Opfer des Atombombenabwurfs in Hiroshima
Bildquelle: WikiPedia

Lesetipps zum Thema vom Lebenshaus Alb:
"Der Fluss war voll von toten Menschen und ich konnte die Wasseroberfläche überhaupt nicht mehr sehen"
"Ich fühlte, dass die Stadt Hiroshima auf einen Schlag verschwunden war"
Was den Menschen von Hiroshima und Nagasaki Grauenhaftes widerfahren ist
Nacht der 100.000 Kerzen zum Hiroshimatag - “Verhängnisvollste Erfindung der Menschheitsgeschichte–

Siehe auch:
"Erklärung der Weltkonferenz gegen Atomwaffen 2010", dokumentiert bei der "jungen Welt"
Democracy Now! Archive zu Hiroshima und Nagasaki
• Die Geschichte von Shin's Dreirad

1914: "In Flandern reitet der Tod"

Deutsche Soldaten im Gasangriff, Armentières im Frühjahr 1918
Foto: Hermann Rex
Quelle: WikiPedia
Schön war es und würdig, als die gekrönten Häupter und sonstigen Präsidenten des Jahres 2014 sich versammelten, um des Kriegs vor hundert Jahren zu gedenken. Es ist keinem in Abrede zu stellen, dass er sich wirklich schämte, wie vor hundert Jahren die Heere der betreffenden Länder gegenseitig übereinander herfielen, sich zu Boden schossen, in Erdlöcher verkrochen...

Mit einem Wort: den Druck, den man heutzutage nur noch diplomatisch zu äußern vermag, so offem militärisch losließen. Wie gerecht oder ungerecht auch immer, die öffentliche Gewalt war zu offensichtlich. Und nach kurzer Zeit - schon damals - anklagbar.

Am lautesten ließ der französische Präsident Hollande sich aus in der kühnen Wendung, dass Belgiens Neutralität damals furchtbar verletzt war - aber dass heute, bei den gegenwärtigen Konflikten, gar keine Neutralität mehr nötig, ja zulässig wäre. Wer griffe nicht offen zu Druckmaßnahmen aller Art, wenn er sieht, wo überall die Menschenrechte verletzt werden. Sogar Israels barbarische Maßnahmen wurden mit einem Halbsatz erwähnt.

Noch ein Ruck weiter - und die ganze Völkergemeinschaft, wie sie so dastand, wäre übereingekommen, dass zwar die offene Gewaltanwendung des Krieges nach Möglichkeit zu vermeiden wäre, nicht aber der noch viel schlimmere wirtschaftliche Druck. Wenn jetzt - zugleich mit der Wehmut über das vergangene Leiden - in jeder Sendung erbittert gefragt wird, nach welchen Torturen ein Putin sich geschlagen geben wird,dann sieht man eines: Militär bleibt Militär.

Was sich ändern soll, ist das eine: die wirtschaftliche Potenz des Stärkeren soll den Ausschlag geben. Dass damit - wie schon die Sperren des ersten Weltkrieges zeigten - am Ende mehr Menschen zum Tode gebracht werden als mit allen Raketen und Kanonen, muß eben in Kauf genommen werden. Wie immer, solange es Druck und Gegendruck gibt, steht nach wie vor das politische Niederkämpfen des Gegners in der Mitte der Überlegung. Zwischen 400 000 und 800 000 Opfer sollen allein die Sperren ab 1914 gefordert haben. Greise, die auf den Straßen niedersanken. Kindersterblichkeit ...usw. Das alles am besten wegzuschieben bei einem so schönen Ereignis.

Gut ist es, der Verbrechen der Großeltern zu gedenken und um Verzeihung zu bitten. Besser allerdings, der gegenwärtigen Kriege sich zu besinnen, die kein Haar besser sein werden als die schauerlichen Versuche der Vorgänger. Nur wirtschaftlicher. Und damit wirkungsvoller.

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