Freitags Unterüberschrift: Pazifismus kann tödlich sein. Warum man als Linker für Kriegseinsätze sein muss.
Ganz so schlimm ist dann
der Artikel von Michael Jäger zwar nicht. Auch enthält er sich allen Blödsinns, den ein Alt-Außenminister zugunsten der deutschen Militärindustrie ausstreut. Jägers Argument ist kurzgesagt das Altbekannte: Auch wenn du dich jeder Waffenlieferung - eigentlich Soldatenbeteiligung - enthältst, bleibst du schuldig. Denn was du auch tust, das Morden geht weiter. Argumentiert wird ganz mit Recht von der Tatsache her, dass alles mit allem zusammenhängt. Der Kausalität nach. Nach der eben nicht die gute Absicht zählt, sondern der bloße Handlungsertrag. Und der sieht im Augenblick sicher so aus, dass es immer welche gibt, die Krieg führen wollen. Also muss man dagegenhalten. Also statt bloßer Enthaltung gleich Waffen liefern. Am besten gleich Soldaten dazu.
Wo liegt trotz allem das Falsche in dieser ja überaus bekannten Herleitung des Waffenzwangs? Wohl gerade in der Beziehung auf bloße Kausalität. Wenn diese nämlich die einzige Warte ist, auf die zu achten wäre, dann freilich hätte Jäger recht. Allerdings müsste gerade er dann zugeben, dass die Pazifisten keinen eigenen Willen hätten. Keinen Wunsch, den ewigen Kreislauf der Dinge, wie sie eben sind, zu durchbrechen. In Wirklichkeit ist aber dieser Wille das erste: den Kriegslauf zu verhindern. Auch wenn er im Augenblick zu überwiegen scheint. Es gilt aber genau das: die Erscheinung des für unmöglich Gehaltenen. Der Anblick desjenigen, der sich dem bösen Weltlauf widersetzt. Ganz gleich, was daraus folgen mag.
Als der wirkliche heilige Franziskus sich dem Heerlager der Muslime in Ägypten näherte, um diesen Frieden zu predigen, wurde er elend verprügelt. Und der Krieg lief auf beiden Seiten weiter wie bisher auch.
Trotzdem. Im Anblick des blutenden, verkrümmten Leibs des Heiligen gewann die Idee ihre Leuchtkraft. Nicht ob der Krieg jetzt zu Ende ging, war entscheidend - sondern der Anblick der Möglichkeit, dass er überhaupt enden sollte. Diese Möglichkeit darf niemals sterben. Um ihretwillen muss es möglich bleiben, der Anflut von Verzweiflung und Angst zu widerstehen. Die wahren Bilder von allem Blutdurst dürfen das noch wahrere Bild einer künftigen Überwindung des Elends nicht verdecken.
Und deshalb: Was Merkel, Steinmeier und Gabriel noch aushecken mögen zugunsten ihrer verbesserten Stellung in der Welt - es muss möglich sein, diesen Gewaltphantasien sich zu widersetzen. Bis zum letzten Augenblick.