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nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick

BRASILIEN
Um die Sicherheit während der Fussball-WM zu gewährleisten, schöpft Brasiliens Regierung alle Mittel aus. Die Massnahmen reichen von umstrittenen Gesetzen bis zum Einsatz der Armee.

CHILE
Etwa 100 Angehörige von während der Pinochet-Diktatur Verschwundenen sind am vergangenen Samstag erneut zur Deutschensiedlung Colonia Dignidad gezogen, um die andauernde Straflosigkeit zu beklagen. Drei Wochen nach der Entdeckung von Leichenteilen auf dem Gelände einer Dependance der Colonia Dignidad weihten sie an einer kürzlich fertiggestellten Brücke über den Perquilauquén Fluß einen Gedenkstein ein.

Die Hafenarbeiter Chiles sind verärgert über die abgetretene Regierung von Präsident Sebastián Piñera. Diese hatte versäumt, einen Gesetzentwurf zu ihren Gunsten in den Kongress einzubringen. Das sogenannte Ley corta folgte einem zwischen Regierung und Hafenarbeitern geschlossenen schriftlichen Abkommen, mit dem die Anfang Januar begonnenen Proteste beendet werden sollten. Die Arbeiter verlangten Nachzahlungen von versprochenen Essenszuschüssen für den Zeitraum 2005 bis 2013.

EL SALVADOR
Der Regierungskandidat und Exguerillakommandeur Salvador Sánchez Cerén ist der gewählte Präsident El Salvadors. Eine Woche nach der Stichwahl erklärte das Wahlamt Sánchez Cerén am Sonntag abend (Ortszeit) offiziell zum Wahlsieger.

KOLUMBIEN
Wenn in Kolumbien der neu gewählte Kongress zusammentritt, dann gelten knapp ein Drittel der Delegierten als sogenannte Parapolitiker. Parapolitiker sind in Kolumbien eine Spezies, die direkte oder indirekte Verbindungen zu paramilitärischen Gruppen pflegen. Nach Recherchen des kolumbianischen Internetportals VerdadAbierta.com ermittelt der Oberste Gerichtshof bereits gegen 26 der neu gewählten Volksvertreter wegen Verbindungen zu Paramilitärs.

Rund 4.000 Delegierte aus dem ganzen Land haben seit Freitag am “Gipfeltreffen- von Organisationen der Kleinbauern, Indigenen und Afro-Kolumbianer sowie sozialer Bewegungen teilgenommen. Der “Gipfel- sollte eine erste Mobilisierung zu den nächsten Aktionen der Bäuerinnen und Bauern, Indigenen und Stadtbewohner sein. Für Anfang Mai wird im ganzen Land zu Streiks in verschiedenen Sektoren, zu Blockaden von Straßen, Minen und Bohrungen aufgerufen. Diese Streiks könnten sich bis zum Zeitraum der Präsidentschaftswahlen am 25. Mai erstrecken.

Die Linke Kolumbiens hat sich für die Präsidentschaftswahlen am 25. Mai dieses Jahres auf eine einheitliche Kandidatur verständigt. Die Vorsitzende des Polo Democrático Alternativo (PDA), Clara López Obregón, und die Vorsitzende der Unión Patriótica (UP), Aida Avella, unterzeichneten vergangene Woche eine entsprechende Vereinbarung. Im Falle des Einzuges der PDA-Kandidatin in das Präsidentenamt würde die Vorsitzende der UP die Vizepräsidentschaft antreten.
Die beiden Frauen sind Veteraninnen der kolumbianischen Linken und Überlebende des “politischen Genozids-, dem die Linke des Landes, namentlich die UP, in den 1980er und 1990er Jahren ausgesetzt war.

KUBA
Die Aufnahme der Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen zwischen der EU und Kuba ist in greifbare Nähe gerückt. Am Wochenende hat der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez in Paris mit seinem französischen Kollegen Laurent Fabius unter anderem Gespräche über deren Inhalte und einen möglichen Zeitplan des Dialogs geführt. Fabius hatte den Vertreter der sozialistischen Karibikinsel am Freitag abend empfangen. Es war die erste Begegnung Rodríguez-™ mit einem europäischen Außenminister seit die EU am 10. Februar Kuba offiziell die Vereinbarung eines Partnerschaftsabkommens angeboten hatte.

Die kubanische Regierung hat erste Fakten im Prozess der geplanten Währungsvereinheitlichung geschaffen. Mit einem Gesetz über die Anpassung der Preise werden künftig Anlagen und Einkaufspreise von kubanischen Staatsunternehmen in den nationalen Peso übertragen und neu bemessen.

PARAGUAY
In Paraguay ist am vergangenen Mittwoch der Bauernführer Eusebio Torres von bislang unbekannten Tätern ermordet worden. Der Anschlag traf den 64jährigen im Hof seines Hauses im südöstlichen Departamento Alto Paraná. Nur einen Tag zuvor hatte Torres an einer "öffentlichen Beschwerde" vor dem Gebäude des Nationalen Instituts für die Entwicklung von Grund und Boden (INDERT) teilgenommen, um auf den illegalen Anbau von Soja und Mais durch Großgrundbesitzer in der Siedlung Santa Lucía, Distrikt Itakyry, hinzuweisen.

VENEZUELA
Einheiten der venezolanischen Nationalgarde haben seit Montag an fünf Punkten des Bezirks Chacao im Osten der Hauptstadt Caracas Stellung bezogen. Sie sollen dort gemeinsam mit der örtlichen Lokalpolizei für Ordnung sorgen, nachdem das als Hochburg der Opposition geltende Viertel zuvor wochenlang Schauplatz gewaltsamer Proteste von Regierungsgegnern gewesen war.

Interview mit dem Schriftsteller Humberto Mata über die Strategien der Opposition im aktuellen Protest: Schleichender Putsch in Venezuela.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Einfach Übel und redblog, Ausgabe vom 21. März 2014

Blockupy 2013. Der Frankfurter Polizeikessel am 1.Juni 2013

Bericht der Demonstrationsbeobachtung vom 30.Mai bis 1.Juni 2013

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts des Komitees für Grundrechte und Demokratie hätte nicht besser gewählt werden können:
Fast zeitgleich erklärte das Frankfurter Verwaltungsgericht, die Einkesselung der Blockupy-Demonstranten sei „wohl gerechtfertigt“ gewesen. Das ist noch kein echtes Urteil, sondern nur das Ergebnis einer vorläufigen Prüfung zur Erfolgsaussicht der Klage. Aber man sieht, wohin die Reise geht.

Zur Erinnerung: Am 1.Juni 2013 unterdrückte die Polizei eine Demonstration der Blockupy-Bewegung in Frankfurt, indem sie nach einem vorgefassten Plan ca. 1000 Teilnehmer der Demo einkesselte und so die Demonstration sprengte: „Anweisung von oben: Eskalieren!“ (Originalton Polizei).
Die Demoroute entlang der Europäischen Zentralbank war vorher gegen die Versammlungsbehörde vor Gericht erstritten worden. Durch das Eingreifen der Polizei „muss der Eindruck einer Recht brechenden und Selbstjustiz schaffenden Exekutive entstehen.“ (S.11)

Auf der Grundlage der Berichte des Demobeobachter-Teams des Komitees für Grundrechte und Demokratie befasst sich die Broschüre detailliert mit Vorgeschichte, Demo-Ablauf, den zentralen Merkmalen des Vorgehens der Ordnungskräfte und der Resonanz in den Medien.

Neben diesen aufschlussreichen Schilderungen des konkreten Ereignisses sind die Ausführungen der Autoren zu grundsätzlichen Aspekten der Versammlungsfreiheit für alle interessant, denen die Versammlungsfreiheit am Herzen liegt.

So wird der Gesetzesvorbehalt beim § 8 Versammlungsfreiheit kritisiert:
„Nach dem ersten Absatz von § 1 Versammlungsgesetz wuseln nur noch Verbote und noch einmal Verbote. Als eine Art Versammlungsverbotsgesetz ist das Versammlungsrecht durchgehend nicht grundrechtskonform.“ (S.79).

„Darum müsste das Versammlungsgesetz in seiner 1953er Grundform längst dem Brokdorf-Beschluss konform demokratisch angehoben werden.“ (S.86)
Die Autoren verhehlen aber auch nicht die Schwierigkeiten bei dem Versuch, ein fortschrittliches Versammlungsgesetz zu entwerfen: „Dabei wird allerdings meist deutlich, wie breit die Fallstricke ausgelegt sind und wie schwierig es ist, eine grundlegend andere Herangehensweise zu finden.“ (S.69)

„Würde ein Artikel 8 - „Jede Person hat das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen mit anderen zu versammeln und Versammlungen zu veranstalten“ - diese Recht nicht vielleicht besser schützen können als jedes Versammlungsgesetz, das nur wieder neue Grenzen zu ziehen versucht?“ (S.69/70)

Trotzdem werden einige Kernelemente eines fortschrittlichen Versammlungsgesetzes formuliert:„- Demonstrierende entscheiden selbst über den Ort ihrer Versammlung und die Ausdrucksformen. Vom Grundrecht generell oder aktuell ausgenommene Plätze kann es nicht geben. - In Versammlungen hat „der Staat“, repräsentiert durch die Polizei, nichts zu suchen -“ weder uniformiert, noch undercover und auch nicht mit Videogeräten.(...) - Die Demonstrierenden entscheiden selbst über Länge und Größe von Transparenten und auch über das Tempo ihrer Bewegung. - Die Bewegungsfreiheit wie auch die Meinungsfreiheit sind zu achten, wozu auch die Möglichkeit gehört, gesehen und gehört zu werden. Dies verbietet jede einschließende Begleitung, wie die wandernden Kessel genannt werden.“ (S.70).

Dem Fazit der Autoren ist nichts hinzu zu fügen: „Versammlungen können ein Stachel sein im herrschaftlich definierten und kontrollierten Alltag, sie können aufstacheln und politische Veränderungen einleiten. Dafür gilt es weiterhin zu streiten -“ auf der Straße und vor Gericht. Auf dass endlich den rechtswidrigen Eingriffen der Polizei Einhalt geboten werde!“ (S. 123)

Die Broschüre kann für sieben Euro bezogen werden unter der Adresse:
Komitee für Grundrechte und Demokratie
Aquinostr. 7-11 50670 Köln
Telefon 0221 972 69 30 Fax 0221 972 69 31
info@grundrechtekomitee.de
www.grundrechtekomitee.de

Befremdliche Blackouts: Interview mit Wolf Wetzel aus “antifa„ - Zeitung - Magazin der VVN-BdA

Im Zusammenhang mit der Fahndung nach den Mitgliedern des NSU reiht sich Panne an Panne. Wie erklärst Du Dir das?

Der Begriff Panne soll ja suggerieren, dass sich dreizehn Jahre lang ein neonazistischer Untergrund sicher sein konnte -“ ohne staatliches Zutun, ohne Vorsatz, ohne Anweisung, ohne Deckung der parlamentarischen und politischen Kontrollgremien. Wenn dies so gewesen sein soll, stellt sich doch die Frage, warum haben sich dann diese Pannenserien nur sektorial, im Bereich des Neonazismus abgespielt und nicht auch im Bereich -ºAntifaschismus-¹? Warum haben zur selben Zeit alle Behörden, alle Hierarchien perfekt harmoniert, als es z.B. um die Durchsetzung der Neonaziaufmärsche in Dresden 2010-2013, um die Kriminalisierung von AntifaschistInnen ging? Dort arbeiteten alle Behörden, auf allen Ebenen pannenfrei zusammen! Ein paar Flure weiter herrschten Behördenwirrwarr und ein einzigartiges Behördenversagen?

Schauen wir uns den angeblichen Blackout aller deutscher Behörden genauer an: 1998 wurde bei den späteren NSU-Mitgliedern eine konspirative Adress- und Telefonliste in einer Garage in Jena gefunden: Ein Who is Who der Neonaziszene, auf die der NSU zurückgreifen konnte. Dieses Beweismittel, das in etwa der Sicherstellung eines Personalausweises am Tatort entspricht, wurde von Spezialisten auf dem Gebiet -ºRechtsextremismus-¹ für unbedeutend erachtet und in die Asservatenkammer gelegt. Wer hier also von einer Panne redet, deckt keine Unachtsamkeit, sondern die Beseitigung eines wichtigen Beweismittels. Damit wurde nicht nur eine Verfolgung der abgetauchten Mitglieder des Thüringer Heimatschutzes/THS verhindert. Man wollte mit dem Verschwindenlassen dieses Beweismittels einen noch viel schwerwiegenderen Umstand verdecken: Auf der -ºGaragenliste-¹ befanden sich auch vier namentlich bekannte V-Männer! Das heißt ganz konkret: Am Zustandekommen eines neonazistischen Untergrundes waren auch mehrere V-Männer verschiedener Behörden beteiligt.

Immer wieder wird im Zusammenhang mit dem NSU vom -ºtiefen Staat-¹ gesprochen. Ist der Begriff richtig?

Der Begriff vom -ºtiefen Staat-¹ geht auf Ereignisse in der Türkei zurück. Gemeint ist damit eine Parallelstruktur im Staat selbst, die in den 80er Jahren staatsterroristische Aktionen ermöglichte und ganz aktuell einen Machtkampf zwischen der alten, abgewählten (kemalistischen) Klasse und der neuen politischen Klasse um die Partei AKP herum, austrägt.

Diesen massiven Konflikt innerhalb der politischen Klasse gibt es hier in Deutschland nicht. Das nicht minder Erschreckende am NSU-VS-Komplex ist vielmehr, dass bei aller parteipolitischen Rivalität die Entscheidungen, den staatlichen Tatanteil am neonazistischen Untergrund zu verdecken, von CSU/CDU, über SPD bis hin zu den Grünen getragen werden.

Beim Mord in Kassel war ein Verfassungsschutzbeamter zur Tatzeit in dem Internetcafé. Was gibt es für Erklärungen?

Lassen wir einmal die abstruse offizielle Erklärung, der V-Mann-Führer Andreas Temme wäre zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen, für kurze Zeit gelten. Warum klären dann nicht alle Behörden den unglücklichen Zufall lückenlos auf? Warum raten ihm seine Vorgesetzten mit Blick auf seine Zeugenvernehmung, "so nah wie möglich an der Wahrheit" zu bleiben? Warum werden die Akten nicht lückenlos, also vollständig als Beweismittel in den Prozess in München eingeführt?

Die Tatsache, dass ein mit neonazistischem Gedankengut verbundener V-Mann-Führer einen Neonazi in Kassel -ºführte-¹ ist keine Panne, sondern eine Unerträglichkeit. Dass seine Vorgesetzten Andreas Temme für anstehende Zeugenvernehmungen präparieren, also zu Falschaussagen ermutigen, lässt erahnen, dass es um mehr als um einen V-Mann-Führer geht.

Ich kenne die -ºWahrheit-¹ nicht, ich weiß nicht, was Andreas Temme tatsächlich zur Tatzeit gemacht hatte. Aber es reicht, wenn wir aktenkundig wissen, dass der V-Mann-Führer und seine Vorgesetzten selbst Straftaten im Amt begehen, damit die -ºWahrheit-¹ nicht herauskommt.

In Stuttgart ist ein Aussteiger aus der rechten Szene nur wenige Stunden vor der Aussage vor der Ermittlungsgruppe Umfeld in seinem Auto verbrannt. Die Polizei sprach nach kurzer Zeit von Selbstmord. Florian H. hatte davor bereits von einer zweiten Terrorgruppe mit dem Namen -ºNSS-¹ berichtet. Warum zweifelst Du die offizielle Version an?

Ich zweifele die offizielle Version nicht an, ich halte sie für vorsätzlich, geradezu bodenlos falsch. Die Polizei wusste bereits einen Tag nach dem Tod von Florian H., dass es sich um einen Suizid handelte, acht Stunden vor seiner geplanten Zeugenvernehmung, in der er seine Mitte 2011 gemachten Aussagen bestätigen und ergänzen wollte: Es gebe eine weitere neonazistische Terrorgruppe namens NSS in Baden-Württemberg, die Verbindungen zum NSU hatte. Und: Am Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn 2007 waren Neonazis beteiligt.

Nach Angaben der Ermittler habe sich Florian H. aus -ºLiebeskummer-¹ qualvoll, um 9 Uhr früh, in seinem Auto, selbst verbrannt. Dieses Motiv wollen sie aus dem -ºfamiliären Umfeld-¹ erfahren haben. Wenn man zum -ºfamiliären Umfeld-¹ die Eltern, die Tochter und die damalige Freundin von Florian H. zählen darf, dann kann man eines ganz sicher feststellen: Das angebliche Motiv ist erstunken und erlogen.

Das Motiv für einen Selbstmord ist also eine reine Erfindung der Ermittlungsbehörden. Die Motive für einen Mord sind hingegen evident: Die Wiederholung dieser gemachten Aussagen haben nicht nur Neonazis als Bedrohung verstanden. Die Wiederholung dieser Aussagen hätte vor allem die Behörden in Baden-Württemberg bloßgestellt, die bis zum heutigen Tage behaupten, sie hätten von der Beteiligung von Neonazis am Mordanschlag in Heilbronn, von der Existenz des NSU und seine engen Verbindungen nach Baden-Württemberg bis zum -ºAuffliegen-¹ des NSU 2011 nichts gewusst.

Die Landtagsparteien in Baden-Württemberg weigern sich, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzurichten. Woher kommt dieses Verhalten?

Wenn man gutwillig ist, kann man den verschiedenen Parteien im baden-württembergischen Landtag unterstellen, dass sie verschiedene Nahdistanzen zu neonazistischen, nationalistischen und rassistischen Lebenseinstellungen haben. Warum die Forderung nach Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschuss auf ein fast geschlossenes Nein der Einheitspartei CDU-FDP-SPD-Grüne stößt, hat daher andere Gründe: Die Staatsraison, der sich alle verpflichtet fühlen.

Was für alle anderen Bundesländer gilt, trifft sicherlich auch auf Baden-Württemberg zu: Dass Neonazis dreizehn Jahre lang -ºunerkannt-¹ ihre Terror- und Mordserie durchführen konnten, ist schwer auszuhalten. Die Tatsache aber, dass dies von staatlicher Seite aus hätte verhindert werden können, dass am Zustandekommen des neonazistischen Untergrundes staatliche Behörden beteiligt waren, wäre eine Staatskrise, müsste eine Staatskrise auslösen. Genau das zu verhindern, es nicht so weit kommen zu lassen, ist ein parteiübergreifendes Interesse. Der Journalist Thomas Moser hat dafür einen durchaus richtigen Begriff gewählt: Systemkomplizenschaft.

In der Druckversion findet sich eine gekürzte Version: Befremdliche Blackouts, antifa März/April 2014

Der NSU-VS-Komplex. Wo beginnt der Nationalsozialistische Untergrund -“ wo hört der Staat auf?, Unrast Verlag 2013, 180 Seiten, 2.Auflage

Via VVN-BdA Kreisvereinigung Esslingen

Blogkino: The Monster / Le Monstre (1903)

In unserer Reihe Blogkino zeigen wir heute einen 1903 gedrehten Streifen von Georges Méliès. Le Monstre, einem der esten Filme überhaupt, der sich mit Untoten beschäftigte. Ein ägyptischer Prinz und ein Pharao versuchen während einer Vollmondnacht vor den Augen der Sphinx, eine verstorbene Frau wieder zum Leben zu erwecken. Dieses Unterfangen gelingt ihnen für eine kurze Zeit.

Themenabend: Rassismus und die Krise in Europa

In Zeiten der in Europa grassierenden Krise wird einmal mehr deutlich, dass Nationalismus, Rassismus und Ausgrenzung vom Kapitalismus nicht zu trennen sind. Vielfach thematisiert wurde das am Beispiel Griechenlands, wo die extre­me Rechte im Zuge der Krise klar im Aufwind ist. Europaweit dürfte das rechte Spektrum insgesamt aus der aktuellen Finanzkrise gestärkt hervorgehen. Und auch in Deutschland schickt sich mit der AfD eine rechte Wahlalternative an, sich in der Parteienlandschaft zu etablieren. Nicht zuletzt aktuelle Debatten um die sogenannte "Armutsmigration" zeigen allerdings, dass Nationalismus, Rassismus und Ausgrenzung nicht auf die extreme Rechte zu beschränken ist, sondern wesentlich in weiten Teilen der "Mitte" verankert sind. Im Vortrag geht es anhand einer Analyse des deutschen Krisendiskurses um den Zusammenhang von Kapitalismus, Nationalismus, Rassismus und Krise.

Dienstag, 8. April 2014 ab 19:00 im KOMMA, Maillestrasse 5-9 73728 Esslingen

Sebastian Friedrich (Berlin-Duisburg) ist Mitarbeiter des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS), aktiv bei der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) und Redakteur bei www.kritisch-lesen.de. Er ist Mit-Herausgeber des Sammelbandes "Nation -“ Ausgrenzung -“ Krise. Kritische Perspektiven auf Europa" (Edition Assemblage, Münster 2013)

Eine gemeinsame Veranstaltung der Rosa Luxemburg Stiftung, vom KOMMA Jugend und Kultur und der VVN-BdA Kreisvereinigung Esslingen

Verkrüppelte Erinnerung

Nun ist es heraus. Wie mit Paukenschlag hat es Frau Merkel klargestellt: Zwischen einem Bombardierung im Kosovo und einer Annektion der Krim gibt es keinerlei Zusammenhang. Kosovo erfolgte allein wegen des Völkermords und des Blutvergießens. Damit genug. Auch mit allen Reden des Amtsvorgängers Schröder, der - ausnahmsweise einmal - sich selbst und seine Regierung beschuldigte.

Ohne auf diesen besonders blutigen Anfall von Amnesie einzugehen, muss gesagt werden: Die Kanzlerin erliegt hier mit dem ganzen "Westen" einer bedrohlichen Hirnverkrümmung. Indem sie den letzten Knall volkommen abkapselt von seiner Vorgeschichte. Wie ziemlich genaue Vordenker inzwischen nachgewiesen haben, war der Krieg gegen Jugoslawien vor, während und nach dem Kalten Krieg immer ein Anliegen der deutschen Bundesrepublik, westliche Hälfte. So waren sämtliche deutschen Außenpolitiker stets dahinter her, Auseinandersetzungen zwischen Teilen der Republik mit Geld, Propaganda und Prdothesen soweit aufzubauschen, bis es zu Abspaltungen reichte. Und schließlich der lästige Balg - Jugoslawien - beseitigt war.

Das aber nicht der einzige Fall solcher Krebsigkeit im Erinnern. Etwa dass wirklich ein Vorwärtsschreiten der NATO ins Gebiet der ehemaligen Staaten im Bereich der Sowjetmacht untersagt bleiben sollte. Wie man heute weiß, war das ein kleiner Fehltritt der Geschichte, der sofort wieder zu Fall gebracht wurde. Und entsprechend mehr.

Nur durch diese Hirnschlängelungen ist es möglich, dass in sämtlichen uns erreichbaren Sendern das Bild erscheint eines grauenhaften OGERS namens Putin, der ungestraft unser Gebiet annagt. Kein Wunder, dass selbst die Friedensbewegung in Deutschland, bisher noch halbwegs ungebeugt, sich so weit zurückhält, dass sie kaum mehr wahrgenommen wird.

Natürlich hat Putin mit gleicher staatsmännischer Kreide zurückgezahlt. Nur soll das nicht bedeuten, dass er allein im Unrecht sich befindet. Sondern: dass alle Großmächte ihre Wallungen zugunsten der Rechte der Völker sehr rationiert ausgeben. Und dass das wirkliche Interesse der friedliebenden Menschen sich auf das Wohl der Einzelnen zu richten hat. Nicht aber auf völkerrechtliche Festlegungen.

PS: Inzwischen hat sich die Pest des Vergessens schon so weit ausgebreitet, dass selbst die Schrecken des "Kalten Krieges" gern wieder in Kauf genommen werden. So traut sich ein Schelm namens Mirko Martin diesen angeblich so kalten Krieg ausdrücklich der gnädigen Wiederaufnahme zu empfehlen. Stärkste Sprachmagie! Wie sich etwas Ältere noch erinnern, wurde diese Kriegsform nicht deshalb so genannt, weil sie etwa ohn Blutvergießen stattfand, sondern weil sie den befürchteten HEISSEN KRIEG mit der Sowjetunion noch einmal vermied. Dass Millionen von Vietnam bis Afhanistan für diese Vermeidung fallen mussten, das lässt den letzten offenen kalten Krieger MIRKO MARTIN nur ganz kurz erschauern.

Was mir heute wichtig erscheint #351

Wohlwollend: Ein schwarzer Tag für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit: "Das Frankfurter Verwaltungsgericht stärkt die Position der Polizei: Die Einkesselung bei der Blockupy-Demonstration im vergangenen Jahr sei "wohl gerechtfertigt" gewesen, heißt es in einer Mitteilung. Die Rechts- und Prozesslage wird dadurch nicht übersichtlicher." Die Frankfurter Rundschau zum Urteil.

Lichtblick: Während in Frankfurt das Kessseltreiben legalisiert wird, stärkt in Koblenz das Verwaltungsgericht Koblenz das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Aufruf zu Blockaden rechtens. Friedensaktivist klagt erfolgreich gegen Verbot einer Flugblattverteilaktion.

Vermächtnis: Die Initiative Stolpersteine Steinfurt kämpft seit Jahren dafür, die Villa Heimann, das letzte Zeugnis jüdischen Lebens im Stadtteil Borghorst, zu erhalten. Als letzte Chance dafür hat die Initiative nun eine Online-Petition gestartet. Die Unterschriftenlisten sollen dem Bürgermeister und dem Rat der Stadt Steinfurt Anfang April 2014 übergeben werden.

Europakongress: Am 22.3. 2014 treten die faschistische Chrysi Avgi / “Golden Dawn- und der ukrainische “Rechte Sektor- beim Europakongreß der Jungen Nationaldemokraten in Leipzig auf, gemeinsam mit anderen Gruppen von Nazis aus ganz Europa. Mehr dazu in der Wurfbude.

Kriegsgefahr: Albrecht Müller schildert die Bedrohlichkeit der aktuellen Zuspitzung.

Billigeier: "Zur Freude vieler Verbraucher liefern sich einige Discounter zurzeit eine Preisschlacht bei Eiern. Aber wer profitiert von den Niedrigpreisen? Markt über die Hintergründe." (Via Konsumpf)

Hintertürchen: Vor einigen Tagen "wurden Berichte bekannt, dass diverse Samsung-Geräte angeblich über eine Hintertür verfügen, über die Angreifer Zugriff auf das Gerät und die Daten bekommen könnten. Das Problem liegt nach Aussage Paul Kocialkowskis (Mitentwickler des “freien Android- Replicant) in einem Treiber für Samsungs verwendeten Modem-Prozessor, der fest im ROM implementiert ist." Weiter: Backdoor in GALAXY Geräten: Samsung mit Statement. Siehe auch: Computerbase, Golem, heise

Märzrevolution: Am 13. März putschte Kapp gegen die Reichsregierung in Berlin. Am 15. März begann der eiligst ausgerufene Generalstreik. Bis zum 29. März traten allein im Ruhrgebiet mehr als 330.000 Arbeiter und Arbeiterinnen in den Streik. Eben diese ArbeiterInnen bildeten in den Städten spontan die sogenannten Arbeiterwehren. Außerdem organisierten sich 80. - 120.000 Menschen ebenso spontan in der „Roten Ruhr Armee“. Über die damaligen Vorgänge informiert eine Broschüre der FAU Duisburg: März 1920 - Die vergessene Revolution im Ruhrgebiet.

Attackiert: In der Nacht zu Freitag gab es erneut einen Angriff am Flüchtlingsheim Hellersdorf. Nach Polizeiangaben sollen kurz nach Mitternacht zwei Unbekannte zunächst Bierflaschen auf das Gebäude geworfen haben. Danach sollen mindestens sechs Männer versucht haben, in das Heim einzudringen. Ein Bewohner und ein Wachschutzmann konnten das verhindern, indem sie die Tür verriegelten. Mehr im Neuen Deutschland.

Geheuchel: "Aus geostrategischen und ökonomischen Interessen werden Unabhängigkeitsprozesse sowohl aus den USA, Europa, Russland und auch Deutschland bisweilen aktiv betrieben oder bekämpft. Die Nato und Europa haben im Kosovo einen Präzedenzfall geschaffen, warum Beobachter der Krim-Krise meinen, dass nun nur die "Früchte geerntet werden, die auch gesät wurden". Die Argumentationen und das Säbelrasseln dagegen, dass am Sonntag die Krim-Bewohner in einer Befragung über den Beitritt der Halbinsel zu Russland entscheiden sollen, zeigt nur, dass vor allem geostrategische und ökonomische Interessen der jeweiligen Macht im Vordergrund stehen. Das gilt auch für Russland, denn im Fall Kosovo hat Russland ähnlich argumentiert, wie es nun die USA, Europa und Deutschland im Fall der Krim tun. Die Rollen wurden nun nur vertauscht. Willkommen im Club.(...)" Ralf Streck auf telepolis: Heuchelei zu Krim-Unabhängigkeitsbestrebungen

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick

BRASILIEN
Brasiliens Bürger leiden vor WM und Olympia unter einem heftigen Preisschub. Nun starten Verbraucher einen kreativen Protest. Sie zahlen nicht mehr mit dem Real, sondern mit einer Parallelwährung zum Selbstausdrucken: dem “Surreal-.

CHILE
Die Sozialistin [laut nd, besser wäre sicherlich Sozialdemokratin (Anmerk. redblog)] Michelle Bachelet ist am Dienstag für eine zweite Amtszeit vereidigt worden. Die 62-jährige Bachelet war schon in den Jahren 2006 bis 2010 Präsidentin, Mitte Dezember gewann sie die Wahl erneut.

EL SALVADOR
In El Salvador hat das Oberste Wahlgericht (TSE) am Donnerstagmorgen Salvador Sánchez Cerén von der linken Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN) offiziell zum Sieger der Präsidentschaftswahl vom vergangenen Sonntag erklärt.

KOLUMBIEN
Am Dienstag abend stellte Hernando Calvo Ospina in der jW-Ladengalerie in Berlin seine gerade im Zambon-Verlag in deutscher Sprache erschienene Autobiographie "Sei still und atme tief" vor. Sie beschreibt seinen Überlebenskampf, nachdem er 1985 vom kolumbianischen und ecuadorianischen Militärgeheimdienst verschleppt und gefoltert wurde.

Außer den Linken fühlen sich in Kolumbien nach der Parlamentswahl vom vergangenen Sonntag alle als Sieger. Staatschef Juan Manuel Santos jubelte, das Ergebnis sei "ein großer Tag" für die von seiner Sozialen Partei der Nationalen Einheit (PSUN bzw. Partido de la U) geführte Koalition. Aber auch die Gegner des Friedensprozesses um den früheren Präsidenten Uribe gehen aus den Wahlen gestärkt hervor.

KUBA
Die ehemalige kubanische Guerillakämpferin und Politikerin Melba Hernández ist tot. Die frühere Weggefährtin Fidel Castros starb am Sonntag abend im Alter von 92 Jahren an den Folgen einer Diabetes­erkrankung, wie die Zeitung Granma am Montag berichtete.

MEXIKO
Empörung über Justizskandal: Vergewaltigungsopfer sitzt nach Notwehr über drei Monate in Haft.

PUERTO RICO
Die US-Kolonie Puerto Rico hat einen ihrer großen Verfechter der Menschenrechte und des Kampfes um die Unabhängigkeit der Karibikinsel verloren. Am Mittwoch wurde Dr. Luis Nieves Falcón auf dem Friedhof seiner Geburtsstadt Bayamón beigesetzt.

VENEZUELA
In Venezuela gerät die Opposition nach einem Monat teilweiser gewalttätiger Proteste zunehmend in die Defensive. Nach einer neuen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts International Consulting Services (ICS) bewerten 80,9 Prozent der Venezolanerinnen und Venezolaner die Initiative von Präsident Nicolás Maduro vom 26. Februar, eine “Friedenskonferenz- einzuberufen als “exzellent-, “gut- oder “annähernd gut-.

Nach einem Abflauen der Proteste in Venezuela ist es am Mittwoch erneut zu einem massiven Gewaltausbruch seitens radikaler Oppositionsgruppen gekommen.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Einfach Übel und redblog, Ausgabe vom 14. März 2014

Alfred Hausser Preis ausgeschrieben: Spurensuche gegen Vergessen und Verschweigen

Zum vierten Male hat die von Überlebenden der faschistischen Verfolgung gegründete Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -“ Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten in Baden-Württemberg (VVN-BdA) ihren Alfred-Hausser-Preis ausgeschrieben.

Mit dem Preis wendet sich die VVN-BdA an alle, die örtlich, regional oder überregional nach Spuren von Widerstand und Verfolgung während der Zeit der faschistischen Dikatur zwischen 1933 und 1945 suchen und damit dazu beitragen, die Erinnerung wachzuhalten.

Angesprochen werden Schulklassen, Jugendgruppen, Geschichtswerkstätten und alle, die die zu diesem Themenbereich forschen oder an Projekten zur Vermittlung der Geschichte arbeiten. Der mit 500 Euro dotierte Preis soll Anerkennung für Geleistetes und Ansporn für weitere Beschäftigung mit dem Thema vermitteln.

Der Alfred-Hausser-Preis wurde erstmals 2006 nach dem Tod seines Namensgebers ausgeschrieben. Alfred Hausser war ein Stuttgarter Widerstandskämpfer der ersten Stunde, der schon vor der Errichtung der faschistischen Diktatur vor den verbrecherischen Plänen der Nazis gewarnt und Widerstand geleistet hatte. Er wurde 1934 verhaftet und erst 1945 durch die Alliierten befreit. Seit dieser Zeit wurde er nicht müde über die Erfahrungen aus Widerstand und Verfolgung aufzuklären, für Entschädigung der Opfer einzutreten und sich als Vorsitzender und Ehrenvorsitzender der VVN-BdA neuen und alten Nazis entgegen zu stemmen.

Der Preis wird im November 2014 verliehen.

Bewerbungen für den Preis oder Vorschläge für PreisträgerInnen können gerichtet werden an die

VVN-Bund der Antifaschisten

Böblinger Str. 195, 70199 Stuttgart, Fax 0711 603237

baden-wuerttemberg@vvn-bda.de

www.vvn-bda-bawue.de

Zur Ausschreibung ist dort auch ein Faltblatt erhältlich.

Quelle: Pressemitteilung der VVN-BdA, via VVN-BdA Kreisvereinigung Esslingen

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