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Lotta #53 erschienen

Die antifaschistische Fachzeitschrift LOTTA ist mit ihrer dreiundfünfzigsten Ausgabe erschienen. Schwerpunktthema ist dieses Mal:

Extrem rechte Frei-Räume - Bedeutung, Praxis und Auswirkungen extrem rechter Raumnahme

Außerdem in dieser Ausgabe:

  • NRW beschließt Gesetz zur Absicherung des Verfassungsschutzes
  • Bundestagswahl: Zum Abschneiden extrem rechter Parteien
  • Deutschland macht die Grenzen in Südosteuropa für Roma dicht

U.v.m.

Das Editorial und Inhaltsverzeichnis ist im Blog der Redaktion nachzulesen.

Die LOTTA ist zum Einzelpreis von 3 Euro oder im Abo zu beziehen:

LOTTA
Am Förderturm 27
46049 Oberhausen

Zur Webseite.

Oder im Infoladen deines Vertrauens: http://infoladenstuttgart.blogsport.eu/

AntifaschistInnen erklären Solidarität mit Alex Maier

Vergangene Woche ging bei einer Göppinger Zeitung ein Drohbrief ein, in dem die Ermordung von Alex Maier, des Vorsitzenden des Vereins "Kreis Göppingen Nazifrei" angekündigt wird. Diese Drohungen unterstreichen die Notwendigkeit, sich am kommenden Samstag den 12. Oktober aktiv an den Protesten gegen den erneuten Naziaufmarsch in Göppingen zu beteiligen. Aktuelle Informationen dazu finden sich hier.

Gegen die Morddrohungen erklärten sich heute das Bündnis Nazis stoppen und der Esslinger Kreisverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) solidarisch:

"Kein Fußbreit den Faschisten -“ Jetzt erst Recht!
Bündnis Nazis Stoppen solidarisiert sich mit Alex Maier

Am Dienstag den 01.Oktober erreichte die Presse ein Drohbrief, welcher die Ermordung von Alex Maier ankündigt. Mit Sätzen wie "Maier muss ausgeschaltet werden bevor sein Gutmenschentum der Deutschen Sache noch mehr Schaden anrichtet," wurde versucht, den Vorsitzenden des Vereins "Kreis Göppingen Nazifrei" einzuschüchtern und zu bedrohen.

Dazu erklärt Tim Schmidt, ein Sprecher des Bündnisses NAZIS STOPPEN:

Wir, das Bündnis NAZIS STOPPEN , solidarisieren uns mit Alex Maier und unterstützen sein Bestreben, sich nicht wegen eines solchen Schreibens zurück zu ziehen und den Nazis die Straße zu überlassen.
Am 12. Oktober werden wir den Nazis in Göppingen unsere Solidarität, unseren Zusammenhalt und unsere Entschlossenheit entgegensetzen-“ sie sollen keinen Schritt laufen!
Wir werden die Stadt mit Leben füllen, lautstark demonstrieren und die Nazis blockieren. Solange die Gegner eines solidarischen und gleichberechtigten Zusammenlebens ihre Hetze auf die Straße tragen und Morddrohungen aussprechen, werden wir nicht aufhören eines deutlich zu machen:
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
Kein Fußbreit den Faschisten!"


(Bündnis Nazis stoppen!)


"Lieber Alex, der Esslinger Kreisverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der AntifaschististInnen (VVN-BdA) hat mit Empörung von den faschistischen Morddrohungen gegen Dich gehört.

Wir nehmen das sehr ernst und erklären uns solidarisch mit Dir. Wir finden es genau richtig, sich von diesen Drohungen nicht einschüchtern zu lassen, sondern klar zu sagen: Jetzt erst recht!

Bereits in der Vergangenheit wurden gegen den Göppinger Stadtrat Christian Stähle (Linke) Mordversuche unternommen, wurden AntifaschistisInnen am hellichten Tag von Rechten in der Stadt körperlich angegriffen.

Nicht erst im Vorfeld des geplanten Neonaziaufmarsches vom 12.10.2013 gilt es unserer Ansicht nach, über alle sonstigen Unterschiede hinweg, Flagge zu zeigen. Dazu muss mit vielfältigen, konsequenten Aktionen alles daran gesetzt werden, dass faschistische Aktivitäten in Göppingen nicht mehr möglich sind. Wir werden uns den Nazis entgegenstellen und ihnen damit zeigen, dass jetzt Schluss ist mit ihren Provokationen. (...)"


(VVN-BdA KV Esslingen)

Baskische Impressionen 2013 Teil 1

Foto: Gisela Vomhof
Die Ikurrina ist die baskische Flagge, Symbol des Widerstands gegen die französische und spanische Regierung.

Sie zeigt auf einem roten Untergrund ein weißes Kreuz, das auf einem grünen Andreaskreuz liegt.

Unter Franco war sie schlicht verboten.

Dass auch das Tragen dieser Farben selber schon gefährlich sein konnte, zeigt folgende Begebenheit: „Wie weit der nationalspanische Verfolgungswahn reichte, erzählte das 2011 verstorbene Mitglied der Akademie Euskaltzaindia (Akademie für baskische Sprache und Literatur), Jose Antonio Arana Martixa, der Nachwelt. Seine Mutter hatte ihm einen grünen Anzug und eine grünrotweiße Krawatte geschneidert, um ihm den Rauswurf aus dem katholischen Seminar in Gasteiz zu versüßen. Jose Antonio musste die Lehranstalt verlassen, weil er heimlich Dantes „Göttliche Komödie“ und Werke von Miguel de Unanmuno gelesen hatte. Der Franquismus hatte diese Autoren auf den Index gesetzt. Neu eingekleidet machte sich der Ex-Seminarist auf den Weg von dem Ort Muxika in seine Geburtsstadt Gernika, als er einer Streife der Guardia Civil in die Hände fiel. Die Zivilgardisten nahmen ihn fest und brachten ihn in die Kaserne, wo sie ihn verprügelten. Dann ließen sie ihn frei mit der Auflage, zukünftig nie mehr diese Farben in der Öffentlichkeit zu tragen.“ (Ingo Niebel: Schreiben für das Baskenland, S.31)

Heute ist die Ikurrina legal -“ so scheint es jedenfalls. Dass man auch heute noch große Probleme mit dieser Fahne bekommen kann, zeigt das Beispiel zweier Bürgermeister aus der baskischen Provinz Navarra: Sie bekamen Morddrohungen, weil sie bei Stadtfesten die Ikurrina hissten und nicht die spanische Flagge. In der letzten Morddrohung wurde ein Ultimatum gestellt:

Falls sie nicht ausschließlich die spanische Flagge bis zum 26.8.2013 hissten, werden sie „exekutiert“!

Absender dieser Morddrohungen war eine faschistische Organisation. Sie kann sich aber prominenter politischer Rückendeckung gewiss sein: die rechtskonservative Regionalregierung von Navarra erhebt dieselbe Forderung -“ ohne Morddrohung, versteht sich.

Die Bürgermeister riefen daraufhin die Bewohner auf, auch an ihren Privathäusern die Ikurrina zu zeigen.

Aber mit der Ikurrina werden auch Geschäfte gemacht: Relativ harmlose, wie der Verkauf von Tassen, Badetüchern, Sonnenschirmen, Regenjacken etc. mit der aufgedruckten Ikurrina. Bei grenzwertiger Vermarktung, wie der eines Fußabstreifers mit Ikurrina-Symbol, reichte schon die Ankündigung einer Demonstration vor dem entsprechenden Baumarkt, um den Artikel aus dem Sortiment zu kicken.

Etwas hartnäckiger war das Immobilienmaklerbüro Defoly. Das Büro startete, in völliger Verkennung des ohnehin schlechten Images der Immobilienbranche im Baskenland, eine sexistische Werbekampagne mit einem Bikinimädchen, das zu allem Überfluss auch noch eine herzförmige Ikurrina vor ihr Dekollete hält.

Am 21.8.2013 blockierten an die 60 Demonstranten das Maklerbüro, das daraufhin den Betrieb einstellte und die Rollläden herunterließ.

Zwei Tage später wurde die Werbekampagne eingestellt.

Erntedank 2013: Deutschland ist keine Insel! Oder doch?

Karte der seit 1993 auf der Flucht nach Europa zu Tode gekommenen Menschen.

Quelle: Migreurope

Mit freundlicher Genehmigung von Nicolas Lambert
"Oh Großer Gott, wir loben dich...". Überall reife Frucht und Gottes Segen, wo man hinschaut. Aufgetürmte Kürbis-Pyramiden - und Gaucks Inniglächeln drüber. Für jeden etwas! Na ja, nach Vermögen. Aber trotzdem - den Mitbürgern - Aug in Auge - trunken - versunken. Deutschland ist keine Insel. Oder doch?

Während wir alle uns so wohl fühlen unter Merkel und Gauck ergab es sich, dass mehrere Hundert Flüchtlinge ertrunken vor Lampedusa auftauchten. Bei genauem Hinsehen kam heraus, dass wirklich ganz Europa sich umgibt mit Sperrzäunen. Damit kein einziger der Kriegsflüchtlinge sich drüber schleichen kann. Bleibt eben nur der Weg über das Mittelmeer. Mit den bekannten Todesfolgen. Immer wieder. Immer neu. Und das erst jetzt, seit Gaddafi und andere sich nicht mehr aufbäumen zum Schutz von Europa. Damit wir die Elenden nicht mehr sehen müssen.

Beides ist Europa. Europa der Seligen. Europa der Verdammten. Gibt es einen Weg über Zäune und Meere hinweg, um diese Opfer zu vermeiden? Um Erntedank für alle feiern zu können?

Was mir heute wichtig erscheint #327

Kontrollverlust: “Die Lage in Fukushima sei unter Kontrolle, der Austritt von Strahlung aus der AKW-Ruine vollständig unterbunden. Das versprach der japanische Premierminister Abe bei der 125. Vollversammlung des IOC. Aber rund 400 Tonnen Grundwasser dringen pro Tag in das Reaktorgebäude ein und kontaminiertes Wasser entweicht ins Meer. Was halten Sie als Spitzenwissenschaftler der Nuklearforschung von dieser Situation?- Interview mit dem Atomwissenschaftler (Assistant Professor am Kyoto University Research Reactor Institute, KURRI) und Anti-Atom-Aktivist, Hiroaki Koide auf kamada.de.

Beschwichtigung: Nach der Flüchtlingskatastrophe vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa ist eine Debatte über den Umgang der EU mit Einwanderern entbrannt. Die Stoßrichtung ist eindeutig: Es geht um Beschwichtigung, aber nicht um die Verantwortung der Festung Europa. "Kalkulierte Empörung", Beitrag bei der Tageszeitung "junge Welt".

Generalangriff: Noch bevor die Koalitionsverhandlungen begonnen haben, stellte die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ihr Reformprogramm für die künftige Regierung vor.

Morddrohung: "Am Dienstag ist bei einer Göppinger Lokalzeitung ein Drohbrief eingegangen, in dem die Ermordung des Vorsitzenden des Vereins Kreis Göppingen nazifrei, Alex Maier, bis zu einem für den 12.-‰Oktober geplanten Aufmarsch von Neonazis in der Stadt angekündigt wird." Beitrag der Stuttgarter Zeitung. Informationen zu den Protesten am 12.10. gibt es hier.

Aufgeflogen: "Ein weiterer führender Neonazi aus Thüringen ist als ehemaliger V-Mann enttarnt worden. Er soll das Konzept für den NSU geliefert haben, auch Kontakte zu Uwe Mundlos sind nicht ausgeschlossen." Mehr bei der BZ.

Alternative: "Wer schon mal mit Fotoeditoren gearbeitet hat, der trifft auf immer die gleichen Bedienschritte und Featuresets. Bei den besseren Lösungen arbeitet man mit Ebenen, Reglern für Kontrast und Helligkeit, sowie vielen weiteren Reglern, Masken können gemalt werden, Farbräder stehen zur Verfügung, Gradationskurven passen das Bildspektrum an -“ Standards halt." Dieter Petereit stellt LightZone vor, eine OpenSource Alternative zu LightRoom & Co.

Vielfalt: "Wer Roma fotografiert, bewegt sich in einem Minenfeld aus Klischees und Ressentiments. Der Getty-Fotograf Sean Gallup versucht es trotzdem - und will in seinen Reportagen aus Rumänien nicht "die Roma" zeigen, sondern Vielfalt." Bilder bei der Süddeutschen.

Herausragend: Võ Nguyên Giáp ist tot. Der militärische Führer der Viá"‡t-Minh-Truppen von Há"“ Chí Minh und der Volksarmee Nordvietnams verstarb gestern mit 102 Jahren. Er entwickelte als Logistiker und Militärtaktiker eine mehrstufige, außerordentlich erfolgreiche Guerillataktik, die die zahlenmäßig überlegenen vietnamesischen Truppen in der Schlacht von Điá"‡n Biên Phá"§ am 7. Mai 1954 über die modern ausgerüstete französische Armee, einschließlich ausgewählter Einheiten der Fremdenlegion, siegen ließ und Vietnam von der französischen Kolonialherrschaft befreite.

Plackerei: Der Text von der „Nützlichen Arbeit oder nutzlosen Plackerei“ von William Morris -“ einer der ersten englischen Sozialisten -“ er hielt ihn erstmals als Rede 1884 in London, ist ein hervorragender Beitrag zum Sinn und Unsinn von Arbeit und Freizeit im Kapitalismus wie im Sozialismus. (via syndikalismus). In dem Zusammenhang noch ein Hinweis auf einen Vortrag von Rolf Mühland am 21.10. in Aschaffenburg.

Geisteshaltung: Ulf zitiert in seinem Blog ausführlich den Begründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner. „Neulich bin ich in Basel in eine Buchhandlung gekommen, da fand ich das neueste Programm dessen, was gedruckt wird: ein Negerroman, wie überhaupt jetzt Neger allmählich in die Zivilisation von Europa hereinkommen! Es werden überall Negertänze aufgeführt, Negertänze gehüpft. Aber wir haben ja sogar schon diesen Negerroman. Er ist urlangweilig, greulich langweilig, aber die Leute verschlingen ihn. Ja, ich bin meinerseits davon überzeugt, wenn wir noch eine Anzahl Negerromane kriegen und geben diese Negerromane den schwangeren Frauen zu lesen, in der ersten Zeit der Schwangerschaft namentlich, wo sie heute ja gerade solche Gelüste manchmal entwickeln können - wir geben diese Negerromane den schwangeren Frauen zu lesen, da braucht gar nicht dafür gesorgt zu werden, dass Neger nach Europa kommen, damit Mulatten entstehen; da entsteht durch rein geistiges Lesen von Negerromanen eine ganze Anzahl von Kindern in Europa, die ganz grau sind, Mulattenhaare haben, die mulattenähnlich aussehen werden.“ (Rudolf Steiner, „Über Gesundheit und Krankheit“). Die nachfolgenden Kommentare sind lesenswert.

Stuttgart: Proteste gegen Einheitsbrei

Polizei gegen Versammlungsfreiheit

Foto anklicken für mehr Bilder
Am „Tag der deutschen Einheit“ fanden neben der zentralen Einheitsfeier in Stuttgart auch verschiedene Proteste statt: Das Bündnis „Kein Grund zum Feiern“ organisierte anlässlich der zentralen Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit in Stuttgart eine antinationale Demonstration, an der sich etwa 350 Menschen beteiligten. Bereits ab 10 Uhr gab es an der Universität in Stuttgart einen Infopoint mit zahlreichem Material zum Thema.

Die Demonstration begann um 15 Uhr mit zwei Redebeiträgen und führte mit lautstarken Parolen am Bahnhof vorbei. Gegenüber vom Landtag fand die erste Zwischenkundgebung statt. Danach ging es über die Olgastraße zum Wilhelmsplatz, auf dem die Demo mit der Endkundgebung endete. Die Polizei war, wie erwartet, mit großem Aufgebot vor Ort und lief zeitweise Spalier, lockerte dies aber nach Aufforderung der Demo auf. Auch Pferde vor der Demo hielten nach Aufforderung mehr Abstand.

Die Antikapitalistische Demo gegen die "Deutschlandfeier" unter dem Motto "Ihre Einheit heißt Krise, Krieg und Armut!" wurde von mehr als 400 Teilnehmern erfolgreich und kämpferisch mit mehreren, auch spontanen Zwischenkundgebungen bis zum Abschluss um 17 Uhr durchgeführt.

Dabei musste sich die Demo gegen teils massive Polizeirepression durchsetzen, mit der die Demonstration offenbar gestoppt werden sollte (siehe Foto). Der Entschlossenheit und Durchsetzungskraft der DemonstrantInnen ist es zu verdanken, dass die Polizei dabei nicht erfolgreich war.

Bereits am frühen Donnerstagmorgen fand in Stuttgart eine Hausdurchsuchung statt; später ging sie mit Personenfeststellungen beim Linken Zentrum Lilo Herrmann gegen Leute vor von denen vermutet wurde, dass sie am Nachmittag gegen die offiziellen Feierlichkeiten demonstrieren wollten. Offenbar wurde ihnen die Festnahme angekündigt, falls es sich bei Ihnen um "linke Straftäter" handele. Jeder müsse beim Verlassen des umstellten Hauses nun seine Personalien vorzeigen. Sei man nach Überprüfung kein "linker Straftäter", komme man mit einer "Gefährderansprache" davon.

Diese Polizeiaktion blieb nicht folgenlos: "Ein kräftiges Zeichen der Solidarität wurde daraufhin von etwa 50 AktivistInnen der Bewegung gegen Stuttgart21 gesetzt. Nach einer Aktion in der Innenstadt gegen den Empfang von Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck, kamen sie mit Transparenten und Fahnen vor das Linke Zentrum, um gegen den Polizeieinsatz zu protestieren. Von dort ging es dann gemeinsam und ohne weitere Personenkontrollen zur Demonstration in der Innenstadt." (Quelle: linksunten)

Eine ver.di Sekretärin wurde den ganzen Tag in Unterbindungsgewahrsam genommen, weil laut Polizei angeblich davon auszugehen sei, „dass sie störende Handlungen plant“.

Die erst nach monatelangem Hin und Her weitab vom Feiergeschehen verordnete Demoroute führte letztlich dazu, dass die Masse der über 400.000 BesucherInnen der Einheitsfeierlichkeiten kaum etwas von dem Anliegen der DemonstrantInnen mitbekamen.

Während des ganzen Verlaufs war die antikapitalistische Demonstration umringt von Polizeikräften, die es Passanten fast unmöglich machte, mitgeführte Transparente zu erkennen und ihnen ein Bild von Gefährlichkeit der Demonstration vermittelte.

Die Dünnhäutigkeit gegenüber der in den Protesten zum Ausdruck kommenden Kritik zeigt, dass die Bundes- und Landesregierung gefallen lassen, die Ausrichter der Feierlichkeiten waren offenbar doch recht wenig Vertrauen in ihre eigene Veranstaltung haben. Zum Verfolgen ihrer imperialistischen Interessen in aller Welt setzen die deutschen Großkonzerne und ihre Regierung Chauvnismus und Rassismus ein. Standortlogik, Hetze gegen die angeblich "faulen Griechen", dem medialen Pushen reaktionärer Parteien wie der AfD und nicht zuletzt die Beteiligung an militärischen Auseinandersetzung wie in Afghanistan funktionieren nicht ohne.

Dagegen regt sich zunehmend Widerstand, dem mit Angriffen auf politische Rechte begegnet wird: Die Polizeiaktionen gegen die antikapitalistische Demonstration sind ein Angriff auf die allenthalben als "hohes Gut" gehandelte Versammlungsfreiheit. Ganz offensichtlich sollten unliebsame Proteste behindert und außer Sichtweite verbannt werden. Einmal mehr zeigt sich, wie weit es mit dem durch die grün-rote Landesregierung in Aussicht gestellten „bürgerfreundlichen“ Versammlungsgesetz her ist.

Eventuell ist der dort mit viel Aufwand gefeierte Kapitalismus doch nicht so das Gelbe vom Ei...

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick

BRASILIEN
Bei einer Kontrolle des brasilianischen Arbeitsministeriums auf einer Baustelle auf dem internationalen Flughafen São Paulo (GRU) haben Beamte insgesamt 111 Arbeiter in "sklavenähnlichen Zuständen" aufgefunden.

ECUADOR
Ecuadors Präsident Rafael Correa hat angekündigt, zur Verbesserung des Gesundheitssystems 1.000 kubanische Ärzte einzusetzen.

KOLUMBIEN
Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) hat gefordert, die Immunität des kolumbianischen Botschafters in Österreich, General Freddy Padilla de León, aufzuheben. Padilla war mutmaßlich an Straftaten in Kolumbien beteiligt.

Die Staatsanwaltschaft wird am kommenden 14. Oktober Santiago der Bruder von Ex-Präsident Uribe aufgrund möglicher Verbindungen zu Paramilitärs vernehmen.

KUBA
René Rico López, Präsident der Kubanischen Tierzuchtvereinigung ACPA, über den Wandel in der Landwirtschaft, neue Anreize für Bauern und die US-Blockade

VENEZUELA
Nach der Ausweisung von drei US-Diplomaten aus Venezuela, werden nun auch drei venezolanische Diplomaten aus den USA ausgewiesen.

Chavistas sind empört über eine gefälschte Tonaufnahme, die beweisen soll, dass Hugo Chávez noch lebt.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Einfach Übel und redblog, Ausgabe vom 04. Oktober 2013.

kritisch-lesen.de Nr. 30: Umkämpfte Migration

Flüchtlingscamp in Stuttgart
August 2013Foto: facebook.com/RefugeeProtestStuttgart
Ob auf hoher See, durch die Errichtung von Knästen, die Modifizierung von Aufenthaltsgesetzen oder Racial Profiling im deutschen Grenzgebiet -“ in allen Fällen zeigt sich: Einwanderung unterliegt einem Kontrollregime mit einem immer weiter ausufernden Einzugsbereich. In der Mainstream-Migrationsforschung dominiert die Vorstellung von Migration als linearem Ortswechsel, an dessen Ende die „Wiedereinpflanzung“ in ein anderes staatliches Territorium steht. Über Folgen von Migration wird öffentlich meistens in Verbindung mit Themen wie Sozialhilfe, Kriminalität, Verfassungstreue, Sexismus und Bildung gesprochen -“ mit der für die Betroffenen dahinter stehenden Anweisung zur „Integration“. Aber warum wird der historische Normalzustand, die Existenz von Migrationsbewegungen, als derart kontrollbedürftig begriffen? Kritische Perspektiven skandalisieren nicht nur den Rassismus in Institutionen und Alltag, sondern zeigen auch auf, dass der Nationalstaat durch Migrationsbewegungen und Praktiken von Migrant_innen fortwährend herausgefordert wird. Denn die Ideologie des Nationalstaats besagt, dass sein Souverän durch ein sesshaftes Volk gebildet werden muss. Altbekanntes wird neu erinnert, wenn Grenzen, Ausbeutung und Rassismus unter der Perspektive des Widerstands betrachtet werden. Wir fragen deshalb in dieser Ausgabe, was es bedeutet, Migration nicht als an- und abstellbaren Wasserhahn zu begreifen, wie es staatstragende Perspektiven tun. Diese Kämpfe stehen auch im Fokus einer am 4. September erschienenen Erklärung des Netzwerks kritische Migrations- und Grenzregimeforschung (kritnet), die wir unterstützen. Darin heißt es: „Wir antworten dem alten, neuen Rassismus mit einem kosmopolitischen, den nationalen Albtraum hinter sich lassenden Verständnis von Gesellschaft, das die freie Mobilität aller und das Recht auf politische und soziale Teilhabe voraussetzt -“ unabhängig von Papieren und Status. Solidarisieren wir uns mit den Kämpfen der Migration.“ Bei der Betrachtung aus der Perspektive der Kämpfe geht es uns auch um zwei weitere Fragen: In welcher Gestalt treten diese Kämpfe gegenwärtig wo auf? Wie transformieren die Kämpfe von Migrant_innen Kapitalismus, Rassismus und Migrationspolitiken?

Was es heißt, Rassismus in Konjunkturen zu erfassen oder Migrationsgeschichte als Geschichte von sozialen Kämpfen zu untersuchen, zeigt die Arbeit "Die windige Internationale" von Manuela Bojadzijev, die Katharina Schoenes in ihrer Rezension „Perspektiven der Befreiung“ würdigt. Der selbstorganiserte Streik von Migrant_innen bei der Firma Pierburg vor vierzig Jahren ist Gegenstand eines Buches, das Sebastian Friedrich in seiner Rezension „Noise bei Pierburg" als materialreiche Dokumentation eines denkwürdigen historischen Beispiels für erfolgreiche soziale Kämpfe seitens Migrant_innen in Deutschland empfiehlt. Wie es gegenwärtig um die Kämpfe der Migration und die Artikulation von Rechten bestellt ist, zeigt der Band „Wer MACHT Demo_kratie?“, den Heinz-Jürgen Voß gelesen hat. Daran anschließend rezensiert Biplab Basu die Interview- und Essaysammlung „InderKinder“, die Perspektiven auf die indisch-deutsche Migrationsgeschichte versammelt. „Migration und Regulierung“ lautet der Titel eines von Magnus Treiber rezensierten Buches Buches von Ceren Türkmen, die sich kritisch mit der Verhandlung und Vereinnahmung von migrantischen Praktiken unter den Schlagworten Identität und Kultur in der deutschen Kulturindustrie auseinandergesetzt hat.

Auf der Ebene europäischer Migrationspolitik wird stets die Drittstaatenregelung als einschneidende Veränderung benannt, die in Deutschland seit 1993 gilt. Zum anderen sorgen die findigen Praktiken von Migrant_innen auf dem Weg nach Europa für die Entstehung sich stetig verändernder Migrationsrouten, die auch durch Organisationen wie Frontex oder die Internationale Organization of Migration (IOM) beobachtet und analysiert werden. Das von Marika Pierdicca rezensierte Buch „Bilal“ zeigt exemplarisch auf, wie das Bewältigen einer Transitroute wie der vom Senegal nach Lampedusa aussehen kann. Jens Zimmermann bespricht analog dazu den Sammelband „Grenzregime“, anhand dessen er zentrale Thesen von der „Europäisierung der Migrationspolitik“ bis zur „Externalisierung von Grenzen“ erläutert. In welcher Weise sich die rassistische Ausgangslage für Migrant_innen in europäischen Ländern verändert, zeigt der Band „Nation -“ Ausgrenzung -“ Krise“, den Zülfukar Çetin für kritisch-lesen gelesen hat. Den Komplex Abschiebung mit der ihm eigenen Logistik, seinen Bedingungen, seinen verschiedenen Orten der Produktion von Leid ebenso wie des Widerstands beschreibt Miltiadis Oulios in seinem Buch „Blackbox Abschiebung" -“ Martina Benz macht uns seine „Theorie der Abschiebung" zugänglich, die von zahlreichen Porträts von „Leuten, die gerne geblieben wären" begleitet wird. „Im Land der Frühaufsteher“ ist der Titel eines Romans, dem es laut der Rezensentin Sharon Otoo gelingt, die schwierige Frage nach den unterschiedlichen Perspektiven von Geflüchteten und Nicht-Geflüchteten aufzugreifen und zu lösen. Um die Verschiebung der Perspektive geht es nach Bente Gießelmann auch in dem Buch Antiziganistische Zustände 2, dessen Autor_innen mit ihrer kritischen Intervention die gesellschaftliche Mitte auffordern, ihre eigenen antiziganistischen Stereotype zu hinterfragen.

Zu den Rezensionen

Erfahrungen von Krankheit von undokumentierten Lateinamerikaner_innen sind nach Susann Huschke durch mehr als das physische Leiden geprägt: Durch Illegalisierung entsteht auch ein „soziales Leiden", das gesundheitsschädlich ist. Flaminia Bartolini rezensiert Susann Huschkes Studie, in der deutlich wird, dass unter anderem eine gemeinsame Lobbyarbeit der Versorgungsanbietenden noch immer fehlt. Das Wohlergehen von anderen als Aufgabe von Migrantinnen hat hingegen Konjunktur: Im Bereich der durch „Wohlstandsgefälle“ entstandenen Care-Arbeit sorgen Frauen einerseits für „fremde“ Haushalte, andererseits auch für ihren transnationalen Haushalt. Wie das Leben ukrainischer Hausarbeiterinnen sich dadurch verändert und was das über den Komplex Geschlecht, Klasse und Migration aussagt, ist in „Transnationales Haushaltsmanagement“ von Irene Messinger zu erfahren, die das Buch „Hausfrau für zwei Länder sein" rezensiert.

In weiteren aktuellen Rezensionen außerhalb des Schwerpunkts diskutiert zunächst mit „Staatsverschuldung: Geliebter Feind“ Patrick Schreiner Ingo Stützles Buch „Austerität als politisches Projekt“, das unter anderem die dominante Rolle der neoliberalen Wirtschaftspolitik Deutschlands innerhalb der europäischen Währungsunion aufarbeitet. Christian Baron lobt in „Der elitäre Blick auf soziale Probleme“ die Neuerscheinung des Elitenforschers Michael Hartmann, die -“ den Zusammenhang von Armut und Reichtum voraussetzend -“ Einstellungen in der sogenannten Elite und ihre Hintergründe sowie Erklärungsansätze für fehlendes Klassenbewusstsein der Lohnabhängigen präsentiert. In „Die menschliche Seite der Dekonstruktion“ beglückwünscht Philipp Dorestal den Autor Benoît Peeters für eine gelungene Biografie über den Philosophen Jacques Derrida. Anders Sebastian Kalicha, der nach dem Lesen der Autobiografie des Jazz-Musikers Charles Mingus dessen Musik nicht mehr unbeschwert hören kann, wie er in „Jazz + Sex hoch zwei“ erklärt. Christian Stache erläutert in seiner Besprechung des Buches „Antispeziesismus“ von Matthias Rude aus materialistischer Sicht, warum erst mit einem konsequenten Antikapitalismus die Beendigung der Ausbeutung von Mensch und Tier gelingen kann. Zu welchem Denken etwas theoretisch so unhaltbares wie die Extremismustheorie führen kann, zeigt Friedrich Burschel in „Lenin heißt jetzt Jesus“. Darin polemisiert er gegen Sabine Rennefanz, die meint, aufgrund ihrer DDR-Sozialisation Verständnis für die rassistischen Morde des NSU aufbringen zu müssen. Eine neue Veröffentlichung zum Thema Intergeschlechtlichkeit lässt Inters* selber zu Wort kommen -“ „jenseits ihres Status als Betroffene“. Nach der Lektüre lobt Andreas Hechler viel und kritisiert Weniges in seiner Besprechung „Hermstories“. Martin Brandt fokussiert in seiner Rezension „Sprachpolitik als Klassenprivileg“ schließlich einige theoretische Schwachstellen der aktuellen sprachpolitischen Intervention Lann Hornscheidts und plädiert für einen entspannteren Umgang in der politischen Praxis.

Kein Grund zu Feiern: Protest am 3. Oktober in Stuttgart

Heute gibt es nicht nur Einheitsbrei in Stuttgart sondern auch gleich 2 Protestdemos:

Die antikapitalistische Demonstration gegen die Einheitsfeierlichkeiten beginnt um 14:00 Uhr an der Lautenschlagerstraße in der Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofes.



Die Demo des Antinationalen Bündnisses startet um 14 Uhr bei der Uni. (Keplerstr. / Geschwister-Scholl-Str) mit dem Motto: Kein Grund zum Feiern -“ Gegen Staat, Nation und Kapital. Loslaufen kann die Demo erst gegen 15:30 Uhr.

Heraus aus dem Trio!

Mögliche Koalitionsvarianten
Berechnung: Wikipedia
Wie ist es denn jetzt? Man ringt um Koalition, so gut es geht. Nur Koalition schafft freien Zugang zu allen Verlautbarungen. Wer das nicht schafft, ist für die nächsten vier Jahre vorbei. Warum eigentlich?

Laßt doch endlich die alten Rituale. Das erste wäre: Der CDU ihre Soli-Existenz zu lassen. Soll sie doch allein regieren, so gut und so lang es eben geht. Die übrigen Parteien halten sich zurück. Die LINKE hält sich zurück. Jedesmal, wenn im Parlament sich eine Meinung erhebt, der auch die LINKE eine Zustimmung zubilligt, stimmt sie zu. Ob die staatstragenden Parteien der SPD und der GRÜNEN nun zustimmen oder nicht. Das allein würde im Lauf der Zeit eine Gemeinsamkeit schaffen in der gemeinsamen Zustimmung oder Ablehnung der Fraktionen. Oder eben auch nicht. Es würde vor allem ganz anders als unter der Herrschaft der Fraktionsmehrheit oder -minderheit ein Gefühl der eigenen Selbstverantwortlichkeit der Abgeordneten ermöglichen. Das heißt - um es kurz zu sagen - wäre erst das mühsame Spiel der Koalitionen um die Regierungsbildung überwunden, begänne erst das Reich der Freiheit, soweit es in begrenzten Umständen ermöglicht sein könnte.

Also: Schluß mit allen Regierungsverantwortlichkeiten! Schluß auch mit Gysis Absage an Tolerierungsmaßnahmen - ja oder nein. Es geht um freie Wahl jedes einzelnen Abgeordneten - hin zu Befreiung vor dem Trio der Koalitionsabgeordneten.

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