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Stuttgart: Erwerbslose starten Kampagne gegen Sanktionspraxis der Jobcenter

Flyer zur Kampagne
Im zweiten Buch des Sozialgesetzbuches, landläufig bekannt als Hartz IV, ist geregelt, dass gegen Bezieher/innen von Arbeitslosengeld II Sanktionen verhängt werden können. Stufenweise kann der Bezug bis auf 0 Euro herunter gekürzt werden - bei Betroffenen unter 25 Jahren sogar direkt mit der ersten Sanktion!

Im letzten Jahr wurden im Bundesgebiet rund 1 Mio. Sanktionen ausgesprochen, davon etwa 70 % wegen einfacher Meldeversäumnisse -“ nach Meinung des Stuttgarter Erwerbslosenausschusses von ver.di ein unerträglicher Zustand.

Der Erwerblosenausschuss ruft deshalb für 2013 zu einer Kampagne für die Abschaffung der Sanktionsparagraphen auf.

In der Auftaktveranstaltung berichteten betroffene Erwerbslose von ihren vielfältigen Schwierigkeiten, mit ihrem Leben am Existenzminimum zurechtzukommen. Schon jetzt - auch mit dem minimal erhöhten Regelsatz in 2013 -“ besteht permanente finanzielle Not. Da löst jedes Schreiben des Jobcenters, das immer mit einer Sanktionsdrohung versehen ist, Stress und Ängste aus. Eine Teilnehmerin erklärte, dass sie sich wegen der dauernden Probleme und wegen der als herabwürdigend empfundenen Behandlung traumatisiert fühle.

Die Teilnehmer der Auftaktveranstaltung waren sich einig, dass man die schlimme Situation nicht weiter widerstandslos hinnehmen kann und dass es gilt, zu gemeinsamen Aktionen zu kommen.

Vielfältige Ideen zielen darauf ab, das Thema Sanktionen noch stärker in die Öffentlichkeit zu bringen.

Die Planung sieht für 2013 u.a. vor, vor den Stuttgarter Jobcentern zu informieren und Unterschriften gegen die Sanktionspraxis zu sammeln. Außerdem sollen die in Stuttgart erteilten Sanktionsbescheide gesammelt, dokumentiert und ausgewertet werden.

Im März ist im Gewerkschaftshaus eine von einem Mitglied des Stuttgarter Erwerbslosenausschusses konzipierte und umgesetzte Plakatausstellung zum Thema SGB II und Grundsicherung für Arbeitslose vorgesehen.

Es wird erwartet, dass sich die politische Auseinandersetzung um Hartz IV im Laufe des Jahres weiter zuspitzt. Da darf die Meinung der Betroffenen nicht ungehört bleiben.

Quelle: Ver.di Erwerbslosenausschuss Stuttgart

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Kontakt

Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit erklärt sich solidarisch mit dem Berliner Antifaschisten Tim

Solikampagne mit Tim
Presseerklärung des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit vom 25. Januar 2013:

Das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit erklärt sich solidarisch mit dem Berliner Antifaschisten Tim H.

Er wurde am 16. Januar 2013 vom Amtsgericht Dresden zu 22 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, bei den Protesten gegen Europas größten Naziaufmarsch in Dresden im Februar 2011 dazu aufgerufen zu haben, Polizeiketten zu durchbrechen.

Mit dieser Polizeimaßnahme sollten tausende AntifaschistInnen davon abhalten werden, Europas größten Naziaufmarsch zu blockieren.

Die Polizei hatte damals die Dresdener Innenstadt faktisch zu einer demokratiefreien Zone machen wollen. Durch weiträumige Absperrungen sollte jeglicher Protest in Hör- und Sichtweite verhindert werden.

Amtsrichter Hans-Joachim Hlava verstieg sich in seiner Urteilsbegründung nicht nur zu der Aussage: „Irgendwann hat die Bevölkerung in Dresden es mal satt“. Mit der Aussage „Was andere getan haben, müssen Sie sich mit anrechnen lassen“ verdeutlichte er zugleich den abschreckenden Charakter des Urteils im Vorfeld der Antinazi Proteste am 13. Februar 2011.

Zudem werden einmal mehr antifaschistische und demokratische Proteste gleichgesetzt mit den verbrecherischen Naziaufmärschen, an denen sich in der Vergangenheit auch die Täter des NSU beteiligten.

Die Verurteilung basiert ohne Nachweis seiner Schuld allein auf einer vermeintlich ähnlichen Statur des Angeklagten mit einer Person in einem verpixelten Polizeivideo.

Obwohl alle anderen bisherigen Verfahren gegen Teilnehmer von Sitzblockaden gegen den Aufmarsch von NPD und „Kameradschaften“ im Februar 2011 eingestellt wurden, will sich die Staatsanwaltschaft mit dem Skandalurteil nicht zufriedengeben und legte inzwischen Berufung ein: „Das Strafmaß wird dem Unrechtsgehalt der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten nicht gerecht“, begründet die Behörde ihre Forderung von zwei Jahren und sechs Monaten Haft in ihrer Berufung.

Maßnahmen wie die in Dresden sind leider keine Ausnahmen sondern entwickeln sich immer mehr zur polizeilichen Standardtaktik. Dies lässt sich in Baden Württemberg anhand der Polizeikessel feststellen, die bei Antinazi Protesten 2009 in Ulm, 2011 in Heilbronn, 2012 in Stuttgart und Göppingen durchgeführt wurden.

Unser Bündnis ist deshalb solidarisch mit Tim und allen anderen betroffenen AntifaschistInnen die Repressionen ausgesetzt sind, weil sie die Neonaziaufmärsche verhindert haben.

Zero Dark Thirty: Ein Film, der Folter rechtfertigt.

Flugblatt von "World can't wait"
Der am 31. Januar anlaufende US Streifen "Zero Dark Thirty" sorgt auch in den USA für kontroverse Diskussionen. Aktuell gehen die AktivistInnen von "The World can't wait" mit einem Flugblatt an die Öffentlichkeit. Hier eine sinngemäße Übersetzung:

Zero Dark Thirty: Was ist falsch an einem Film, der Folter rechtfertigt?

Zero Dark Thirty stellt die Weltsicht der CIA dar: ein 11 Jahre andauernder, illegitimer, ungerechter, unmoralischer "Krieg gegen den Terror" auf Muslime als Rache für 9/11.

Was am 9/11/01 in New York City geschah war ein Horror. Die Kräfte, die das World Trade Center angegriffen sind völlig reaktionär.

ABER - was von den USA im Namen von 9/11 getan wurde - ob mit Begriffen wie "Sicherheit", "Gerechtigkeit" oder einfach aus Rache gerechtfertigt - entpuppte sich als weit schlimmerer Horror, als ein Krieg um das Empire:

• Mehr als eine Million Menschen wurden getötet und Millionen zu Flüchtlingen in den amerikanischen Krieg gegen den Irak gemacht (ein Land, das nicht einmal mit 9/11 in Verbindung gebracht werden konnte). Zehntausende sind in Afghanistan , Pakistan, Jemen, Somalia und anderen Ländern getötet worden.

• Dronen werden zur Tötung mutmaßlicher Extremisten und Tausenden von Unschuldigen, darunter auch von Kindern, durch das US-Militär eingesetzt. Dieses beizeichnet sogar Kinder im Alter von 6 Jahren als "Feinde" um deren Tötung zu rechtfertigen.

• Ein weltweites Netzwerk von durch die CIA betriebenen Folterstätten einschließlich Guantanamo wurde aufgebaut. Ein System unbefristeter Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren, ermöglicht lediglich durch Gesetze und Verordnungen, wurde von Bush und Obama installiert. Was sie als "erweiterte Verhörmethoden" bezeichnen ist weltweit als Folter bekannt.

• Abbau der Grundrechte in den USA, was dem Staat unbegrenzte Handlungsfreiheit in der Bespitzelung der persönlichen Kommunikation und des Lebens der Menschen ermöglicht, um Menschen ohne Gerichtsverfahren lediglich auf eine Anklage oder den bloßen Verdacht hin, dass sie vielleicht etwas Schlechtes zu tun bis hin zu gezielten Tötung von Menschen ohne Gerichtsverfahren wurden in Geheimtreffen durch den Präsidenten veranlasst.

Wir sollen weiter brutalisiert und abgestumpft werden durch die Verherrlichung und Rechtfertigung von Folter wie in diesem Film. Unter Folter erzwungene Erkenntnisse waren unnütz für die Verfolgung Bin Ladens. Auch die Regierung hat dies gewußt. Doch dieser Film behauptet das Gegenteil.

Es gab Menschen die in der Folge von 9/11 erklärt hatten, dies geschieht "nicht in unserem Namen", darunter einige, die Angehörige im World Trade Center verloren hatten. Das drückt unsere Gefühl aus. Beendet diese Kriege jetzt und stoppt die Folter.

Quelle: Eigene Übersetzung

Repressionswelle in der Türkei: Musiker frei - weitere linke Oppositonelle in Untersuchungshaft

Im Rahmen einer groß angelegten Polizeiaktion gegen linke Oppositionelle in der Türkei wurden am vergangenen Freitag mindestens 85 Journalisten, Anwälte und Musiker festgenommen, unter ihnen alle in der Türkei anwesenden Musiker der linken Grup Yorum. Die türkische Band Grup Yorum ist über die Türkei hinaus für ihre Musik bekannt. Vergangenen April fand in Istanbul ein Konzert vor einem Publikum von 350.000 Menschen statt. Kürzlich stellte Grup Yorum ihren ersten Kinofilm "Typ-F" vor. Der Film behandelt die Isolationshaftmaßnahmen in den Hochsicherheitsgefängnissen, die in der Türkei als Typ-F-Gefängnisse bekannt sind.

Inzwischen wurden fünf der MusikerInnen zwar freigelassen, 28 weitere Festgenommene, darunter Anwälte wurden allerdings in Untersuchungshaft genommen. Sie werden laut junge Welt der Unterstützung der antiimperialistischen Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front DHKP-C beschuldigt. Ermittlungen hätten ergeben, daß auch Journalisten die DHKP-C unterstützten. Laut indymedia "wurden zahlreiche NGO´s gleich mitgestürmt: Die sozialistische wöchentliche Zeitung Yürüyüs, der Angehörigenverein der Gefangenen TAYAD, das Idil Kulturzentrum, die Jugendorganisation “Genclik Federasyonu”, die Anwaltskanzleien “Halkin Hukuk Bürosu" und "Cagdas Hukukcular Dernegi”."

Wir schließen uns dem Schockwellenreiter an und zeigen das Video vom Jubiläumskonzert zum 25jährigen Bestehen der Gruppe vom 12. Juni 2010 im Istambuler Inönü Stadyum:

Konferenz: Erneuerung durch Streik

Tagung / Konferenz
01.03.2013 - 19:00 Uhr bis
03.03.2013 - 13:00 Uhr

Gewerkschaftshaus Stuttgart
Mit Nuria Montoya (Generalsekretärin der CC.OO in Barcelona), Sean Vernell (Mitglied im Vorstand der UCU, Großbritannien),  Günter Busch (stellv. Landesbezirksleiter ver.di Baden-Württemberg).
Moderation: Florian Wilde (Mitherausgeber „Politische Streiks im Europa der Krise“, Rosa-Luxemburg-Stiftung) und vielen anderen.

Erfahrungen mit einer aktivierenden und demokratischen Streikkultur

Sinkende Mitgliedszahlen der Gewerkschaften verdecken, dass sich in den letzten 10 Jahren an der Streikfront einiges getan hat. 

Neue Streikbewegungen mit selbstbewussten Streikaktiven sind entstanden. Beim Streik in der Gebäudereinigung wurden die Reinigungskräfte erstmals sichtbar. Es gab beeindruckende Streiks im Einzelhandel und bei den Erzieherinnen und Erzieher, länger anhaltende firmenbezogene Streiks wie bei Gate Gourmet, der Vacuumschmelze Hanau oder der Charité in Berlin. In einigen Bereichen sind die Streiks weiblicher geworden und oft haben Migrantinnen und Migranten darin eine wichtige Rolle.

Häufig stehen neue Themen auf der Tagesordnung. Die Beschäftigten der Metallindustrie haben für die Regulierung der Leiharbeit und die Übernahme der Auszubildenden gekämpft. Immer wieder streiken Kolleginnen und Kollegen gegen Betriebsschließungen und für Sozialtarifverträge.

Gleichzeitig haben sich auch Formen und Methoden geändert. In vielen Bereichen ist eine neue, demokratischere Streikkultur entstanden.

Bisher wird viel zu wenig über das eigentliche Druck- und Machtmittel des gewerkschaftlichen Kampfes, den Streik, diskutiert. Es ist höchste Zeit, die gewerkschaftlichen Erfahrungen der letzten Jahre zusammenzutragen und auszutauschen. Wir wollen voneinander lernen und gemeinsam diskutieren, welche Elemente positiver Entwicklungen verallgemeinerbar und zukunftsfähig sind.

Der ver.di-Bezirk Stuttgart organisiert deshalb zusammen mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung vom 1. März bis 3. März 2013 eine bundesweite Konferenz im Gewerkschaftshaus Stuttgart mit dem Titel „Erneuerung durch Streik - Erfahrungen mit einer aktivierenden und demokratischen Streikkultur“.

Abendveranstaltung am Freitag, 1. März 2013:

19:00 – 21:30 Uhr: Internationales Podium Politische Streiks im Europa der Krise: Neue Dimensionen der Proteste gegen die Kürzungspolitik
Mit Nuria Montoya (Generalsekretärin der CC.OO in Barcelona), Sean Vernell (Mitglied im Vorstand der UCU, Großbritannien), Günter Busc h (stellv. Landesbezirksleiter ver.di Baden-Württemberg), Moderation: Florian Wilde (Mitherausgeber „Politische Streiks im Europa der Krise“, Rosa-Luxemburg-Stiftung)

Programm:

Samstag, 2. März

10:30 Uhr Anreise und Anmeldung

11:00 Uhr: Begrüßung
Cuno Hägele (Geschäftsführer ver.di Stuttgart), Fanny Zeise (Rosa-Luxemburg-Stiftung), Grußwort: Uwe Meinhardt (1. Bevollmächtigter IG Metall Stuttgart)

11:30 Uhr: Referat und Plenumsdiskussion
Demokratisierung von Streiks – Revitalisierung der Gewerkschaftsarbeit
Bernd Riexinger (ehem. Geschäftsführer ver.di Stuttgart und Vorsitzender DIE LINKE)

13:00 – 14:00 Uhr: Mittagspause

14:00 – 17:00 Uhr: Arbeitsgruppen-Phase (mit Pause)

  • AG 1: Tägliche Streikversammlungen, Streikdelegiertentreffen, AktivistInnenkomites: Wie funktionieren demokratische Streikformen?
    Robert Weißenbrunner (1. Bevollmächtigter IG Metall Hanau-Fulda): Beteiligungsorientierung im Streik bei der Vacuumschmelze Hanau, Sybille Stamm (ehem.
    Landesbezirksleiterin ver.di Baden-Württemberg): Politisierung durch Beteiligung in Tarifrunden und Streiks, Adrian Durtschi (UNIA , Teamleiter Organizing private Pflege): Elemente direkter Demokratie in Streiks im Pflegebereich in der Schweiz. Moderation: Mario Wolf (IG Metall Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt)
  • AG 2: Mehr als ein Job – Der Beruf als Impuls und Erschwernis in Streiks
    Astrid Buchheim (stellv. Betriebsratsvorsitzende CeBeef Behindertenhilfe FFM) und Norbert Göbelsmann (Betriebsratsvorsitzender CeBeef Behindertenhilfe FFM): Einbeziehung von Assistenznehmerinnen und Assistenznehmer in Streiks, Luigi Wolf (FSU Jena): Umgang mit dem Pflegeethos in Streiks in Krankenhäusern, Josef Held (Universität Tübingen): Identifikation mit dem Beruf im sozialen Dienstleistungsbereich, Moderation: Monika Neuner (FSU Jena)
  • AG 3: Wie gewinnen wir? Streikstrategien entwickeln, Konflikte zuspitzen, die eigene Macht nutzen
    Ursula Schorlepp (ver.di Stuttgart): Freie Fahrt trotz Streik im öffentlichen Personennahverkehr Stuttgart, Dana Lützkendorf (ver.di Betriebsgruppenvorstand): Neue Strategien im Streik bei der Charité Berlin, Moderation: Pauline Bader (FU Berlin)
  • AG 4: Solidarität, öffentlicher Druck, Zusammenarbeit mit Bündnispartnern – Streiks mit Hilfe von außen gewinnen
    Franz Uphoff und Lars Diekmann (IG BAU ): Öffentlicher Druck auf die Arbeitgeber im Streik der Gebäudereinigungskräfte, Katharina Wesenik (ver.di Niedersachsen) sowie Katja Nelke (Vertrauensfrau Netto Göttingen) und Bärbel Thamhayn, (Betriebsrat des Jahres 2012 Edeka Bad Gandersheim): Einsatz von Patenschaften in Konflikten im Einzelhandel, Moderation: Katja Hill (Landesjugendsekretärin ver.di Niedersachsen)

17:00 – 19:30 Uhr: Abendpodium mit Plenumsdiskussion
Erneuerung durch Streik
Carsten Beck er (Betriebsgruppenvorsitzender Charité Berlin): Nach dem Streik ist vor dem Streik. Gewerkschaftliche Erneuerung im Betrieb, Jonas Berhe (Projektleiter Organizing IG Metall): Streiks in neuen Branchen – Die Windenergie, Heiner Dribbusch (WSI Düsseldorf): Offensive in der Defensive? Arbeitskämpfe und gewerkschaftliche Erneuerung, Christina Frank (ver.di Stuttgart): Spaltungen entgegnen - Prekäre Bereiche organisieren, Catharina Schmalstieg (FSU Jena): Partizipation in Streiks; Forschungsbericht, Moderation: Jana Seppelt (ver.di Stuttgart)

Abends: Gemütliches Beisammensein und Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch

Sonntag, 3. März

9:00 – 12:00 Uhr: Arbeitsgruppen-Phase (mit Pause)

  • AG 5: Kämpfe gegen Betriebsschließungen: Wenn‘s plötzlich um Alles geht
    Hans -Jürgen Hinzer (Streikbeauftragter NGG): Auseinandersetzungen bei Coca-Cola Kaiserslautern, Asbach Rüdesheim und Kerry Rodgau, Richard Detje
    (WISSENtransfer): Analysen zu Kämpfen gegen Betriebsschließungen, Luis Sergio (IG Metall Berlin): Streikerfahrungen bei BSH und CNH (ehem. O&K) Berlin,
    Moderation: Mario Candeias (Rosa-Luxemburg-Stiftung)
  • AG 6: Streiks auf der politischen Ebene gewinnen – Streikforderungen politisieren
    Monika Reuschenbach (Personalrätin Stadtverwaltung Oberhausen): Kampagne zur gesellschaftlichen Aufwertung des Erziehungsdienstes, u.a., Moderation:
    Lisa Hofmann (Gewerkschaftsaktive DGB Hessen)
  • AG 7: Leiharbeit, Befristung, Teilzeit. Kämpfe unter prekären Bedingungen
    Peter Renneberg (Arbeitskampfberater, Mitglied von ORKA): Protestformen unter prekären Bedingungen, Stefan Wittmann (Fachbereichsleiter Finanzdienstleistungen ver.di Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen) und Manuela Plath (Sprecherin Tarifkommission, S-Direkt Halle): Streik im Call Center Halle, NGGGewerkschaftsaktive (Legoland Günzburg): Warnstreiks befristet Beschäftigter, Gudrun Willmer (Betriebsrätin H&M Sindelfingen, angefragt): Streik im
    Einzelhandel
  • AG 8: Rechte und wie wir sie uns nehmen. Streikrecht und politischer Streik als Kräfteverhältnis
    Peter Berg (Justiziar ver.di NRW): Entwicklungslinien und aktuelle Auseinandersetzungen um das Streikrecht, Peter Bigalke (Vorsitzender der Mitarbeitervertretung evangelisches Krankenhaus Bethel Bückeburg): Konflikte um das Streikrecht in kirchlich-diakonischen Einrichtungen, Hartwig Schröder (stellv. Leiter der Bundesrechtstelle der GEW): Strategie der GEW in Auseinandersetzungen um das Beamtenstreikrecht, Moderation: Damiano Valgolio (Rechtsanwalt Berlin)

12:00 Uhr: Referat
Strategic Unionism - Die Bedeutung von Streiks für gewerkschaftliche Erneuerung in Deutschland
Klaus Dörre (Friedrich-Schiller-Universität Jena, Herausgeber des Buches „Strategic Unionism. Aus der Krise zur Erneuerung?“)

12:30 Uhr: Referat
Wie Weiter? Schlussfolgerungen aus den Streikerfahrungen für die gewerkschaftliche Praxis
Cuno Hägele (Geschäftsführer ver.di Stuttgart)

ca. 13:00 Uhr: Ende der Konferenz

Kontakt

Fanny Zeise

Telefon: (030) 44310-413
Email: zeise@rosalux.de

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Besonderheiten

Anmeldung an: Isabel Ullrich, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin, Fax: 030-44310-184, ullrich@rosalux.de
Die Veranstaltung ist kostenlos. Reise- und Übernachtungskosten sowie Verpflegung werden nicht übernommen. Wir bemühen uns, bei Bedarf Kinderbetreuung zu gewährleisten.

Bitte im Anmeldeformular unten bei Anmerkungen folgende Informationen eintragen:
- Funktion/ aktiv bei:
- Ich möchte an folgenden Arbeitsgruppen teilnehmen:
- Samstag: AG 1, AG 2, AG 3, AG 4
- Sonntag: AG 5, AG 6, AG 7, AG 8
- Ich möchte Programme bestellen und an KollegInnen weitergeben (Bitte Anzahl und Postadressse angeben)
- Kinderbetreuung erwünscht (Bitte Anzahl und Alter der Kinder angeben)

Anmeldung

Anmeldeformular

http://www.rosalux.de/event/46538/erneuerung-durch-streik.html

Via Scharf-Links

Protest gegen Beschäftigtendatenschutzgesetz verstärken!

1984 war vorgestern...
Die Regierungskoalition hat am 10. Januar 2013 Änderungsvorschläge zu dem „Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes“ vom 15. Dezember 2010 vorgelegt.

Am Mittwoch soll der so erweiterte Entwurf im Innenausschuß des Bundestags beraten werden. Der Bundesrat muß dem Gesetz nicht zustimmen. Beschäftigte sollen danach künftig am Arbeitsplatz legal, ohne Anlass, offen und auf Vorrat mit Videokameras überwacht werden können. Als ob das nicht schon genug wäre sind laut Prof. Dr. Peter Wedde eine "Fülle weiterer Regelungen, durch die die Erhebungs-, Verarbeitungs- und Nutzungsbefugnisse von Arbeitgebern auf Kosten der Beschäftigten massiv ausgeweitet werden" möglich. So sollen in der Bewerbungsphase "das Recht eingeräumt [werden], nach Vermögensverhältnissen und laufenden Ermittlungsverfahren zu fragen, wenn dies wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt oder wenn diese Anforderung angemessen ist. Bisher war nach der Rechtsprechung nur die Frage nach Vorstrafen zulässig, nicht aber die nach Ermittlungsverfahren, bei denen noch völlig offen ist, ob eine Straftat begangen wurde. Dies ist eine Aushöhlung der gesetzlichen Unschuldsvermutung." Gerade in Zeiten der intensiven Nutzung von Social Media wie Facebook, Blogs, Twitter etc. wird es die Personalabteilungen ganz besonders freuen, endlich nach Lust und Laune via Google & Co. Informationen über BewerberInenn zu erhalten. Und das auch noch ganz legal: "Durch § 32 Abs. 6 Satz 2 wird Arbeitgebern pauschal das Recht eingeräumt, öffentlich zugängliche Daten über Beschäftigte zu erheben. Damit wird dem umfassenden Einsatz von Internet-Suchmaschinen Tür und Tor geöffnet. Die bisher nach § 33 Abs. 1 BDSG für derartige Datenerhebungen bestehende Informationspflicht der Arbeitgeber entfällt."

Fallen da noch die Frage nach einer Schwangerschaft oder einer Behinderung ins Gewicht? Diese sollen zukünftig ganz nebenbei gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 des Entwurfs zulässig sein. Ebenso möglich: Bluttests, sowie "nach § 32a Abs. 2 des Entwurfs für Eignungstests wie insbesondere psychologische Auswahlprüfungen. Nach der Streichung des entsprechenden Satzes 3 aus dem Entwurf vom 15. Dezember 2010 müssten diese nunmehr nicht mehr nach wissenschaftlich anerkannten Methoden durchgeführt werden. Jeder Arbeitgeber kann damit seinen „kleinen Bewerber-Psychotest“ selbst entwickeln und anwenden."

Und wenn man dann trotz alledem einen Job hat oder sozusagen seit längerem auf einem solchen als "Altlast" sitzt, dann blühen eineM trotzdem reichlich Ungemach, denn: "Durch § 32c Abs. 2 soll Arbeitgebern die Möglichkeit eingeräumt werden, für die Planung von Versetzungen Persönlichkeitsprofile der Beschäftigten zu erstellen. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass Arbeitgeber in diesen Fällen auch Informationen über „Sozialkompetenz“, „Teamfähigkeit“ oder „Zuverlässigkeit“ speichern können sollen. Dies öffnet einer Vorratsdatenspeicherung mit dem Hinweis auf allgemeine Maßnahmen zur Personalentwicklung Tür und Tor.

Durch § 32c Abs. 3 Nr. 2 des Entwurfs wird Arbeitgebern die Möglichkeit eingeräumt, ärztliche Untersuchungen durchführen zu können, wenn eine Versetzung geplant ist. Beschäftigte werden damit dem Risiko ausgesetzt, dass Arbeitgeber eine Beförderung vom Gesundheitszustand abhängig machen können.

Eine allgemeine „Lizenz zur Kontrolle“ enthält die Regelung in § 32d Abs. 3. Arbeitgeber sollen hiernach anlasslose Screenings von E-Mails und Internetzugriffen durchführen können, um zu prüfen, ob es Straftaten aus dem Bereich der Untreue, Vorteilsnahme oder Bestechlichkeit gegeben hat."

Die Horrorliste der Beschneidungen von sowieso zumeist eher rudimentären Beschätigtenrechten ist damit noch lange nicht am Ende.

Wie üblich wird der Entwurf samt Anträge als "Verbesserung" verkauft. So wird behauptet, diese enthalte »massive Verbesserungen für den Arbeitnehmer beim Datenschutz« - weil die verdeckte Überwachung, die zu Skandalen beispielsweise bei Lidl führten, im Gegenzug verboten werden soll. Klar, wer braucht das dann noch und muss wie nach "Spiegel" Berichten offenbar aktuell bei einem anderen Discounter einen Shitstorm befürchten?

Gegen diese Pläne laufen zwar viele Fachleute, DatenschutzaktivistInnen, GewerkschafterInnen Sturm. Dennoch: In der breiten Öffentlichkeit ist das Thema offensichtlich noch nicht angekommen.

Auf dem Blog "Beschäftigtendatenschutz – Aber richtig!" wurde jetzt ein Musterschreiben veröffentlicht, mit dem man die Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises bei abgeordnetenwatch.de zu ihrer Position befragen soll. Das ist zwar nicht besonders berauschend, da es zu diesem Thema jedoch keine Massenbewegung gibt ist dies wenigstens etwas. Und vielleicht ein Baustein breiterer Proteste, mit denen dieses Gesetz zu Fall gebracht werden kann und in Zusammenhang mit Protesten gegen die EU-Datenschutzreform die "Schlacht um den Schutz der Privatsphäre" geschlagen wird.

Damit dieses und weitere Repressionsgesetze dahin gelangen, wo sie hingehören: In den Schredder.

Das Schreiben an die Esslinger Abgeordneten Grübel (CDU) und Roth (SPD) sieht bei mir dann so aus:

Sehr geehrteR XXXXXX

ich beziehe mich auf Ausschussdrucksache 17(4)636 – Beschäftigtendatenschutzgesetz.

Ist es richtig:

1. Dass mit § 32 Abs. 1 Satz 2 Arbeitgebern das Recht eingeräumt würde, nach laufenden Ermittlungsverfahren zu fragen?

Nach Rechtsprechung ist z. Zt. nur die Frage nach Vorstrafen zulässig.

2. Dass mit § 32 Abs. 6 Satz 2 Arbeitgebern das Recht eingeräumt würde, öffentlich zugängliche Daten über Beschäftigte zu erheben; zugleich die bisher nach § 33 Abs. 1 BDSG für derartige Datenerhebungen bestehende Informationspflicht entfallen soll?

Warum sollen Arbeitnehmer im Verhältnis zu Arbeitgebern damit schlechter gestellt werden als andere Betroffene?

3. Dass durch § 32 Abs. 2 Satz 1 ausdrücklich die Frage nach einer Behinderung zulässig sein und nur die Frage nach einer Schwerbehinderung durch § 32 Abs. 3 ausgeschlossen sein soll?

Im Ergebnis würde eine Diskriminierung behinderter Menschen möglich werden; zudem fehlt es beim Begriff "Behinderung" im Unterschied zu der nach SGB IX festgestellten "Schwerbehinderung" an präzisen Maßstäben.

4. Dass durch § 32c Abs. 2 Arbeitgebern die Möglichkeit eingeräumt würde, für die Planung von Versetzungen Persönlichkeitsprofile der Beschäftigten zu erstellen?

Was wäre dies anders als Vorratsdatenspeicherung auf betrieblicher Ebene?

5. Dass durch § 32c Abs. 3 Nr. 2 Arbeitgebern die Möglichkeit eingeräumt würde, ärztliche Untersuchungen durchführen zu können, wenn eine Versetzung geplant ist?

Wäre dies nicht die Lizenz für Arbeitgeber, eine Beförderung vom Gesundheitszustand abhängig zu machen?

6. Dass durch § 32d Abs. 3 Arbeitgebern eine Lizenz zur Kontrolle erteilt würde, wenn künftig anlasslose Screenings von E-Mails und Internetzugriffen durchgeführt werden können, um zu prüfen, ob es Straftaten aus dem Bereich der Untreue, Vorteilsnahme oder Bestechlichkeit gegeben hat?

Damit würden Maßnahmen legalisiert, die in der Vergangenheit als Datenschutzskandale galten (z.B. bei der Bahn).



Siehe auch:

Brutale Hinrichtung kurdischer Aktivistinnen in Paris

Quelle: nadir.org
Vorletzte Nacht wurden drei Leichen von kurdischen Aktivistinnen im 10. Bezirk von Paris gefunden. Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Soylemez wurden durch gezielte Schüsse hingerichtet. Dazu dokumentieren wir Erklärungen des Bundesverbandes der Migrantinnen in Deutschland e.V.1,der DIDF 2 sowie Einschätzungen von Nûçe3 und Türkei aktuell 4 sowie ein Radio Dreyeckland Gespräch mit Bernard Schmid, freier Journalist und Jurist aus Paris5.

Für den morgigen Samstag ist in Paris eine Großdemonstration angekündigt, bei der LLL Demo in Berlin am Sonntag wird es einen kurdischen Block geben. Nach spontanen Protesten in Paris und anderen Städten kam es heute unter anderem in Berlin, Bremen, Hamburg, Erfurt und Stuttgart zu Solidaritätsdemonstrationen.

1  "Brutaler Mord an drei kurdischen Aktivistinnen ist ein Anschlag auf die Forderungen nach Frieden und Demokratie!

Wir fordern die sofortige und lückenlose Aufklärung!

Mord an drei politischen Vertreterinnen der kurdischen Befreiungsbewegung

Die Meldung über den Mord an drei kurdischen Aktivistinnen in Paris hat uns mit tiefer Bestürzung erreicht. Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Sönmez wurden am Abend des 09.Januar 2013 im Kurdischen Informationszentrum in Paris mit gezielten Kopf- und Nackenschüssen regelrecht hingerichtet wurden. Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Sönmez waren bekannte Vertreterinnen der kurdischen Befreiungsbewegung und als entschlossene Kämpferin für die Durchsetzung der Frauenrechte anerkannt. Sakine Cansiz zählte zu ihrer führenden Repräsentantin.

Der Wunsch von Millionen Menschen nach Frieden darf nicht gebrochen werden! Millionen von kurdischen und türkischen Menschen – und vor allem Frauen und Mütter – fordern seit Jahren das Ende des Blutvergießens, die Demokratiesierung des Landes, die Durchsetzung von Frauen- und Menschenrechten sowie die friedliche und politische Lösung der Kurdenfrage. Die aktuellen Friedensgespräche zwischen der Regierung und den Vertretern der kurdischen Befreiungsbewegung folgten im Zuge ihres jahrelangen Drängens und Widerstandes für Frieden und Dialog.

• Der grausame Mordanschlag dient nur jenen Kräften, die den Friedensprozess in der Türkei schädigen und blockieren wollen.
• Der Tod der drei kurdischen Aktivistinnen dient nur jenen, die anstelle von Dialog und Demokratie weiterhin auf Gewalt und Unterdrückung von Kurden, Frauen, ethnischen/religiösen Minderheiten und allen AkteurInnen der Demokratie- und Friedensbewegung setzen.

Wir Frauen im Bundesverband der Migrantinnen in Deutschland sprechen der Familie, den Angehörigen der drei kurdischen Aktivistinnen, wie auch allen Frauen und MitstreiterInnen, die sich für eine demokratische und friedliche Lösung der Kurdenfrage einsetzen, unser Mitgefühl, Trauer und Solidarität aus.

Wir Frauen verurteilen zutiefst den Mordanschlag auf Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Sönmez und fordern die sofortige und lückenlose Aufklärung."

Bundesverband der Migrantinnen in Deutschland e.V.
www.migrantinnen.net

2 "Die brutalen Morde an drei Kurdinnen müssen aufgeklärt werden

Der Bundesvorstand Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF) veruteilt die Morde an drei kurdischen Politikerinnen, die am 9. Januar 2013 in Paris einem Anschlag zum Opfer fielen. Nach Ansicht der DIDF verfolgen die Mörder das Ziel, den Dialog- und Friedensprozess in der kurdischen Frage zu verhindern.In der Presseerklärung der DIDF heißt es: “Mit Bestürzung haben wir von den feigen Morden an den drei kurdischen Politikerinnen Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Söylemez im Kurdischen Informationsbüro in Paris erfahren. Wir verurteilen diese Morde aufs Schärfste.”
DIDF wies darauf hin, dass der Zeitpunkt des Attentats nicht zufällig gewählt worden sein kann. ”Vielmehr sehen wir darin den Versuch, die begonnenen Gespräche zwischen dem türkischen Staat und dem PKK-Führer Abdullah Öcalan und den damit eingeleiteten Prozess zu torpedieren.” Obwohl es offensichtlich sei, dass hinter den Morden die Kräfte steckten, die sich gegen Frieden und gegen die Anerkennung der Kurden als Nation stellten, würde versucht, die Tat als Ergenbis interner Machtkämpfe in der PKK darzustellen. Diese seien lediglich Ablenkungsmanöver. DIDF rief dazu auf, sich von diesen Versuchen nicht beirren zu lassen und am Friedensprozess festzuhalten.
DIDF sprach dem kurdischen Volk und insbesondere den kurdischen Frauen ihr herzliches Beileid aus und forderte die französische Regierung auf, die Morde aufzuklären. “Wir erwarten von ihr, dass sie die Ergebnisse ihrer Ermittlungen schnellstmöglich der Öffentlichkeit vorstellt. Wir sind fest davon überzeugt, dass diese Morde den Willen des kurdischen und des türkischen Volkes für Frieden nicht schwächen wird”, so DIDF. Diese Morde würden die Bestrebungen um eine friedliche, demokratische und gleichberechtigte Lösung der kurdischen Frage nicht aufhalten können."

http://didf.de/

3 "Drei kurdische Politikerinnen in Paris ermordet

In der Nacht zum Donnerstagwurden drei kurdische politische Aktivistinnen im Kurdischen Informationszentrum in Paris ermordet. Neben der Frankreich-Vertreterin des Kurdistan National Kongresses (KNK) Fidan Dogan und der Jugendaktivistin Leyla Söylemez wurde auch Sakine Cansiz, Gründungsmitglied der PKK (Arbeiterpartei Kurdistan) Opfer dieses blutigen Mordanschlags. Der oder die Täter töteten Cansiz und Fidan durch Kopfschüsse, Söylemez wurde sowohl am Kopf, als auch im Magenbereich von Kugeln getroffen. Bei dem Anschlag wurden vermutlich Schusswaffen mit Schalldämpfern benutzt.

Das Kurdische Informationszentrum liegt an einem sehr belebten Platz am Pariser Gare du Nord. In die Büroräume ist durch einen mit hoher Sicherheit versehenen Eingangsbereich des Gebäudes und einer weiteren Tür des Büros zu gelangen. Derzeit sprechen alle Indizien für einen geplanten politischen Mord.

In einer Stellungnahme der Föderation der Kurdischen Vereine in Frankreich FEYKA beim kurdischen Nachrichtensende Nuce TV heißt es: „Wir erwarten von den französischen Behörden eine Stellungnahme, wie es zu solch einen Mord kommen konnte, während hier alle kurdische AktivistInnen unun­terbrochen von der Polizei observiert werden.“

Die FEYKA hat zudem sämtliche Kurdinnen und Kurden aus Europa dazu aufgerufen, nach Paris zu kommen. Während die Untersuchungen der französischen Polizei, des Gouverneurs von Paris und der VertreterInnen des Innenministeriums im Büro des Kurdischen Informationszentrums noch andauern, haben sich tausende KurdInnen aus Paris bereits vor dem Bürogebäude versammelt. Der französische Innenminister kündigte an, dass er im Laufe des Tages am Tatort eine Erklärung abgeben wird.

In einer ersten gemeinsamen Erklärung der beiden Co-Vorsitzenden der Partei für Frieden und Demokratie (BDP), Selahattin Demirtas und Gültan Kisanak, heißt es: „Wir verurteilen den kaltblütigen Mord an den kurdischen politischen Aktivistinnen Sakine Cansiz, der KNK-Paris Vertreterin Fidan Dogan und Leyla Söylemez, der sich in den gestrigen Abendstunden in Paris ereignet hat. Wir fordern die französische Regierung dazu auf, den Vorfall ohne Raum für Zweifel aufzuklären. Zudem möchten wir wissen lassen, dass Morde im belebtesten Teil von Paris nicht verdeckt werden können.“

AKP-Regierung hat die Erklärung der Morde von Paris parat

Schon wenige Stunden nach Bekanntwerden der Ermordung stellte der stellvertretender Vorsitzende und Sprecher der türkischen Regierungspartei AKP, Hüseyin Celik, die Behauptung auf, dass es sich bei dem Fall wohl um eine innerparteiliche Abrechnung der PKK handele. Wie er auf diese Behauptung kam, bevor es von der französischen Polizei oder sonst einer offiziellen Stelle zu einer Stellungnahme kam, ließ er offen. Dennoch griffen zunächst die regierungsnahen Medien, später so gut wie alle Medienorgane der Türkei, diese Erklärung auf und bildeten darauf aufbauend ihre eigenen Verschwörungstheorien. So behauptet die türkische Tageszeitung Hürriyet, dass es angeblich bereits vor langer Zeit zwischen dem Mordopfer Sakine Cansiz und dem inhaftierten PKK Vorsitzenden Abdullah Öcalan zum Zerwürfnis gekommen sei. Geschichten wie diese wird man vermutlich in der kommenden Zeit in den türkischen Medien zu Hauf finden.

Es ist nicht das erste Mal, dass die türkischen Medien und die Vertreter der türkischen Regierung nach Massakern an der kurdischen Bevölkerung mit unseriösem Verhalten und Erklärungen glänzen. Beim Massaker von Roboski im Dezember 2011, bei dem 34 kurdische Zivilisten durch Luftangriffe des türkischen Militärs ermordet wurden, schwiegen die türkischen Me­dien beispielsweise kollektiv ganze 24 Stunden, bis die Regierung offiziell zu dem Ereignis Stellung bezog. Dieser erklärte dann, dass sich unter den Opfern Terroristen befunden hätten. Allzu lange konnte diese Lüge allerdings nicht aufrecht gehalten werden und die Regierung erklärte später, dass es sich um ein Versehen gehandelt habe.

Dass türkische Regierungsvertreter in diesem Fall so voreilig mit dem Finger auf andere zeigen, wirft bei uns jedenfalls Fragezeichen auf. Aufschluss darüber könnten die Aussagen des zweiten stellvertretenden AKP Vorsitzenden Besir Atalay geben, die er am 2. Januar im Interview mit der Tageszeitung Milliyet aufgrund der Gespräche des türkischen Staates mit dem inhaftierten PKK Vorsitzenden Abdullah Öcalan machte:

„Während wir einerseits diese Arbeiten [gemeint die Gespräche mit Öcalan] fortführen, versuchen wir andererseits, die Moral und Motivation unserer Sicherheitskräfte, die sich im Kampf mit den Terroristen befinden, aufrecht zu halten. […]

Wir verfolgen eine doppelte Strategie, in die wir alle Instrumente integrieren wollen. Ziel dieser Instrumente ist, dafür zu sorgen, dass sie die Waffen niederlegen. Die Gespräche auf Imrali sind ein Teil dieser Strategie. Auf der anderen Seite führen wir unsere Arbeiten national wie international weiter fort. Wir stehen in Kontakt zu Nordirak und auch unsere Arbeiten in den USA und Europa halten an. Das ist der internationale Fuß unserer Strategie.“

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bezog Ende Dezember gar noch unverblümter Stellung, indem er in Richtung der PKK folgende Worte von sich gab:

„Entweder entscheidet ihr euch, wie Menschen unter dieser Nation zu leben, oder ihr sucht euch ein anderes Land, in dem ihr leben könnt. Oder aber ihr versteckt euch weiterhin in euren Höhlen. Aber seid gewiss, dass wir euch auch in diesen Höhlen finden werden.“

„Nicht der erste Mord an kurdischen PolitikerInnen in Europa“

Eine erste Stellungnahme des Kurdischen Nationalkongresses in Brüssel (KNK) gab Zübeyir Aydar, Exekutivratsmitglied des KNK, gegenüber Civaka Azad telefonisch ab. Aydar sagte folgendes zum Mordfall:

„Wir befinden uns in einer Phase des Dialogs. Deshalb bewerten wir diesen Mord als ein schmutziges Spiel und Angriff von dunklen Kräften. Sie haben drei unserer Genossinnen ermordet, die aktiv am politischen Kampf und am Kampf um die Geschlechterbefreiung teilgenommen haben. Der Mord wurde in einem Zentrum verübt, aus welchem das kurdische Volk in der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Die Tatsache, dass drei Frauen zum Opfer des Mordanschlags wurden, ist eine weitere wichtige Eigenschaft. Wir erwarten vom französischen Staat und den VertreterInnen der EU, dass sie diesen Mordfall lückenlos aufklären. Es ist nicht das erste Mal, dass kurdische PolitikerInnen in Europa zum Opfer von Mordanschlägen wurden [gemeint sind die Morde an den kurdischen Politikern Abdul Rahman Ghassemlou 1989 in Wien und Mihemed Sadiq Åžerefkendî 1992 in Berlin].“

Demonstrationen in Amed (Diyarbakir) und Paris

Unmittelbar nachdem die Ermordung der drei Aktivistinnen bekannt wurde, versammelten sich tausende KurdInnen vor dem Tatort in Paris. Einem Aufruf der Föderation der Kurdischen Vereine in Frankreich FEYKA folgend, sind am Donnerstag Kurd­Innenund ihre UnterstüzerInnen aus ganz Europa auf dem Weg nach Frankreich um gegen die Morde zu protestieren. Auch die Co-Vorsitzenden der BDP, Selahattin DemirtaÅŸ und Gültan Kışanak, werden nach Paris reisen. Am Samstag wird in Paris vorraussichtlich eine Großdemonstration im Gedenken an die Ermordeten stattfinden.

In Amed ruft die BDP für Donnerstag Nachmittag zu einer öffentlichen Pressekonferenz auf. Anschließend ist eine Demonstration zum KoÅŸuyolu Park geplant. (CA/ANF, 10.1., ISKU)

Die Gespräche von Imrali

In den internationalen Medien, besonders aber in der Türkei, haben die Gespräche vom 3. Januar 2013 auf der Gefängnisinsel Imrali mit Abdullah Öcalan große Wellen geschlagen. Am 3. Januar waren der Co-Vorsitzende des DTK (Kongress für eine de­mokratische Gesellschaft) Ahmet Türk und die Abgeordnete der BDP (Partei für Frieden und Demokratie) Ayla Akat zu Gesprächen bei Abdullah Öcalan auf Imrali. Zudem wurde bekannt, dass seit November 2012 Delegationen des türkischen Staates ebenfalls mehrfach zu Gesprächen auf Imrali gewesen sind. Mehrheitlich wird in den Medien die optimistische Ansicht vertreten, dass die Gespräche zu einer Lösung der kurdischen Frage führen können.

Es gibt aber auch skeptische Stimmen. Diese kommen vor allem von kurdischer Seite, weil sie die ergebnislosen Gespräche von Oslo im Jahr 2010 im Hinterkopf haben. Mehrheitlich sind die kurdischen Organisationen und Persönlichkeiten der Meinung, dass die Gespräche wichtig sind und mit der richtigen Person, nämlich mit Abdullah Öcalan stattfinden müssen. Auch vertreten sie mehrheitlich die Meinung, dass die Gespräche einen Weg zur Lösung der kurdischen Frage ebnen können. Jedoch müssen dafür, wie der KCK-Vorsitzenden Murat Kara­yılan oder die BDP-Co-Vorsitzenden Gültan Kışanak gegenüber Firat News Agency (ANF) erklärten, zunächst erste praktische Schritte von Seiten der Regierung erfolgen. Als erster Schritt wird die Verbesserung der Haftbedingungen von Abdullah Öcalan verlangt, damit er seiner Rolle in einem Friedensprozess gerecht werden und mit entsprechenden Institutionen und Personen nach Bedarf kommunizieren kann.

Trotz der Gespräche mit Abdullah Öcalan können die Kurden also noch nicht einem Optimismus verfallen. Dies liegt auch daran, dass ihnen die Realität keinen großen Anlass dazu gibt. Das Massaker von Pîran (Lice) vom 31.12.2012, bei dem 10 Mitglieder der Guerilla getötet worden sind, die andauernden KCK-Festnahmen gegen die kurdischen Politiker und Politikerinnen und die Bewertungen der AKP nahen Medien fordern eine nüchterne Betrachtung. Deshalb hat auch die Co-Vorsitzende des DTK Aysel TuÄŸluk erklärt: „Die Regierung, die vom Frieden redet, hat in der Silvesternacht zehn PKK-Guerillas massakriert.“ Des Weiteren hat sie darauf hingewiesen, dass nach den „Gesprächen von Oslo das Massaker von Roboski stattgefunden und es massenhafte Massaker gegenüber der Guerilla gegeben hat. Deshalb ist weder ein Vertrauen noch eine Hoffnung des Volkes gegenüber der Regierung geblieben. Dieses Vertrauen kann man mit praktischen Schritten z. B. im Bereich des muttersprachlichen Unterrichts wiederherstellen.“ Ähnlich hat auch die BDP-Abgeordnete Sebahat Tuncel Stellung bezogen: „Die Kurden haben niemals einen Friedensprozess sabotiert, weil sie genau wissen, was der Krieg für Folgen hat. Es ist der Staat, der den Prozess mit Massakern wie in Pîran sabotiert.“ In seiner Fraktionssitzung erklärte zudem der Co-Vorsitzende der BDP Selahattin DemirtaÅŸ, dass die Gespräche auf Imrali wichtig sind, dass es sich aber auch bisher nur um Gespräche handelt. Von irgendwelchen Verhandlungen könne bisher nicht die Rede sein. Die Auflösung des Imrali-Systems bezeichnete DemirtaÅŸ als wichtigste Vorbedingung vor möglichen Verhandlungen. Denn nur dann seien auch die Bedingungen für Verhandlungen gegeben. Zudem stellte DemirtaÅŸ in seiner Rede folgendes klar: „Wenn aber die Militäroperationen und die KCK-Festnahmewellen anhalten sollten, braucht auch keiner irgendwelche Anstrengungen für einen vermeintlichen Frieden zu unternehmen. Denn unter solchen Bedingungen sind solche Bemühungen von vornherein zum Scheitern verurteilt.“

Die AKP nahen Medien bewerten die kurdische Frage nach wie vor als ein Terrorproblem. Daher ist ihre ganze Aufmerksamkeit auch auf die Entwaffnung der PKK gerichtet. Auch deshalb teilen viele Intellektuelle in der Türkei die Skepsis der kurdischen Seite. Die bekannten Schauspieler und Darsteller Altan Erkekli und Ahmet Mümtaz Taylan haben gegenüber ANF erklärt, dass ein Frieden möglich ist, sie aber aufgrund der Erfahrungen alles nüchtern analysieren müssen. Erkekli erinnert auch daran, dass „die AKP im Parlament bereits erklärt hat, man werde sich mit ‚denen‘ nicht an einen Tisch setzen. Im Grunde betrachte ich das ganze kritisch und denke, dass sich ihr Charakter nicht ändern wird“, so Erkekli.

Aber die kurdische Seite verfällt trotz ihrer eher nüchternen Haltung auch nicht in Pessimismus. Die Rahmenbedingungen für eine Lösung sind nicht ungünstig. Das ist auch an den Reaktionen der Öffentlichkeit zu den Gesprächen festzustellen. Das bedeutet aber auch nicht, dass automatisch alles reibungslos bis zu einer Lösung laufen wird. Gerry Adams meinte einst, dass Friedensphasen in der Regel schwieriger verlaufen. Sofern die ersten praktischen Schritte der Regierung folgen sollten, wird die nüchterne Haltung sich in einen Hoffnungsschimmer wandeln. So kann Schritt für Schritt das gegenseitige Vertrauen wiederhergestellt werden.

Die Wiederaufnahme des Dialogs ist wichtig. Er ist Voraussetzung für den Beginn von Verhandlungen. Dafür bedarf es auch einer objektiven internationalen Begleitung, um den Friedensprozess am Verhandlungstisch mit Erfolg führen zu können. Für eine Lösung eines Konfliktes müssen die Kontrahenten auf Augenhöhe zu Verhandlungen ermutigt werden. Wir als Civaka Azad rufen die internationalen demokratischen Institutionen und fortschrittlichen Organisationen auf, den Friedensprozess in der Türkei voranzutreiben, der auch Beispiel für die Lösung weiterer Konflikte in der Region sein kann. Die kurdische Seite ist bereit, das ihr Mögliche für einen gerechten Frieden und einen Demokratisierungsprozess zu geben. (CA, 9.1., ISKU)"

Quelle: Nûçe Nr. 602 – 11. Januar 2013 http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/nuce/NUCE602-0111.pdf

oder http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/nuce/index.htm

4 "Kurdische Politikerinnen in Paris ermordet

Am 9. Januar 2013 wurden in Paris in den Abendstunden drei kurdische Politikerinnen ermordet, die in verschiedenen kurdischen Organisationen aktiv waren. Zu den Opfern, die in den Räumen des Kurdischen Informationszentrums durch Kopfschüsse hingerichtet wurden, gehört Sakine Cansiz, die Mitbegründerin der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) war und nach Angaben aus PKK-Kreisen die Sektion in Deutschland leitete. Das zweite Opfer, Fidan Dogan war die Vertreterin des Nationalkongresses Kurdistan (KNK) in Paris. Leyla Sönmez, die ebenfalls ermordet wurde, hielt sich nach Angaben der Mitarbeiter des Zentrums zur Tatzeit eher zufällig am Tatort auf.

Die Pariser Polizei machte bisher keine Angaben über die Täter oder deren Motive. Es spricht jedoch einiges dafür, dass der Zeitpunkt der Morde nicht zufällig ausgewählt wurde. Nach Bekanntwerden von Gesprächen des türkischen Geheimdienstes mit dem PKK-Führer Öcalan wird in der Türkei seit Jahresbeginn eine heftige Debatte über die Lösung der kurdischen Frage auf dem Wege des Dialogs geführt.

Dabei entstand eine gesellschaftliche Stimmung, in der sich die Mehrheit der Bevölkerung für diesen Weg ausgesprochen hat. Man geht davon aus, dass mit den Morden dieser Prozess konterkariert werden soll. Diese Vermutung sprachen auch die beiden Ko-Vorsitzenden der Partei für Frieden und Demokratie (BDP), Gültan Kisanak und Selahattin Demirtas in einer ersten Erklärung aus. Auch Zübeyir Aydar, der Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der Union der Gemeinschaften Kurdistans  (KCK) ist, kommentierte die Morde als „Angriff gegen den neu eingeleiteten Dialogprozess“ und vermutete als Hintermänner „Angehörige des tiefen Staates in der Türkei“. Dagegen meinte der stellvertretende Vorsitzende der Regierungspartei AKP,  Hüseyin Celik die Täter in den Reihen der PKK ausgemacht zu haben. Man habe zwar keine Erkenntnisse, die Tat könne das Ergebnis von internen Konflikten sei. Aus früheren Erfahrungen wisse man, dass die PKK eigene Mitglieder auf eine ähnliche Weise aus dem Weg geräumt habe."

(Quelle: Türkei aktuell)

5  "Türkische Faschisten? Türkische Geheimdienstkreise? Spekulationen und Reaktionen nach dreifach Mord an kurdischen Aktivistinnen

Gespräch mit Bernard Schmid, freier Journalist und Jurist aus Paris zum dreifach Mord an kurdischen AktivistInnen am Mittwoch den 9. Januar in Paris. Wer könnnte verantworltlich für die Tat sein, bei der unter anderem eine PKK Mitbegründerin ermordet wurde? Wie reagiert die kurdische Community? In der türkisch, kurdischen Lebensader in Paris waren fast alle Restaurants etc. geschlossen. Für Samstag den 12. Januar wird europaweit zu einer Demonstration in Paris mobilisieret."

Zum Interview

Solidarität mit Metin Aydin!

Am Freitag, den 04. Januar 2013, begrüßten einige AktivistInnen die Gefangenen in der JVA Schwäbisch Hall mit Feuerwerk und Parolen. Insbesondere galt der Gruß Metin Aydin und Deniz K., der für kurze Zeit aus Nürnberg nach Schwäbisch Hall verlegt worden war.

Metin wurde Anfang November mit Hilfe des §129b, der die „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ unter Strafe stellt, aus der Schweiz in die BRD ausgeliefert. Ihm wird vorgeworfen Mitglied der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) zu sein und ihm soll in der BRD der Prozess gemacht werden.

Um auf seinen Fall aufmerksam zu machen und um sich mit ihm solidarisch zu zeigen fand am 04. Januar vor den Knast eine Solidaritätsaktion statt. Darüber hinaus kann ein Solidaritätsschreiben untersützt werden, das wir im folgenden dokumentieren:

Am 1. November wurde der kurdische Aktivist Metin Aydin in einem Ambulanzfahrzeug aus der Schweiz nach Deutschland ausgeliefert. Metin, der als anerkannter politischer Flüchtling in Frankreich lebte, wurde im Juli 2011 während einer Urlaubs-Reise in die Schweiz wegen eines Interpol-Auslieferungsgesuchs aus Deutschland festgenommen und befand sich seither in Isolationshaft in einem Auslieferungsgefängnis.
In der Schweiz ist die PKK keine illegale Organisation und es gibt dort auch kein Auslieferungsabkommen mit der Türkei. Um so brisanter stellt es sich dar, dass ein Tag nachdem der türkische Ministerpräsident zum Staatsbesuch in der BRD war, Metin von der Schweiz nach Deutschland ausgeliefert wurde.

Zum Zeitpunkt seiner Auslieferung befand sich Metin Aydin im 50. Tag im Hungerstreik und war in sehr schlechter körperlicher Verfassung, den er kurze Zeit später aus gesundheitlichen Gründen beendet hat. Bei seiner Auslieferung war er an Händen und Füssen an ein Bett gefesselt. Seine gesundheitliche Situation hat sich zwar gebessert, jedoch hat er nach wie vor massive körperliche Probleme. Seit dem 30. November befindet sich Metin in der JVA Schwäbisch Hall.

Hintergrund seiner Auslieferung ist, dass Metin Aydin mit Hilfe des Antiterrorparagraphen §129b vorgeworfen wird für die PKK („Partiya Karkeren Kurdistan“) und deren Jugendorganisation KCK („Komalen Ciwanen Kurdistan“) seit März 2008 politisch aktiv gewesen zu sein und als „Kadermitglied“ junge Kurden angeworben und ausgebildet zu haben. Die Anklageschrift gegen Metin Aydin, die Bestandteil des Auslieferungsverfahrens war, ist noch nicht fertig ausgearbeitet und es wird mit einem Prozess frühestens im Februar 2013 gerechnet. Neben der Verurteilung von ihm als „Terrorist“ droht ihm – nach Absitzen seiner Strafe – die Auslieferung in die Türkei, also Knast, Folter und politische Verfolgung.

Die Auslieferung Metin Aydins und der kommende Prozess gegen ihn reiht sich damit nahtlos ein in die Verfolgung migrantischer Organisationen mit Hilfe des §129b. Der Paragraph 129b stellt die „Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung“ unter Strafe und kann Haftstrafen von bis zu 10 Jahren nach sich ziehen. Bereits knapp 20 migrantische Linke sind mit diesem Paragraphen angeklagt und verurteilt worden. Auch den bisherigen Verurteilten droht jetzt die Abschiebung in die Türkei. Neben der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) trifft dies vor allem die PKK, die seit Oktober 2010 in der BRD nicht länger als kriminell, sondern als terroristisch eingestuft wird.

Mit dem Fall von Metin Aydin beweist die BRD einmal mehr, welche Rolle sie in der internationalen Aufstandsbekämpfung spielt. Deswegen heißt es für uns in mühevoller Kleinstarbeit Tag für Tag Solidarität zu organisieren, die Gefangenen in unsere Kämpfe mit einzubeziehen und diesen – als deutlichsten Ausdruck der sich verschärfenden Repression – unsere Solidarität zukommen zu lassen.

Zeigen wir Metin Aydin, dass er nicht alleine ist!
Machen wir auf seinen Fall aufmerksam!
Unterstützen wir ihn in seinem Kampf und zeigen ihm unsere Solidarität!

Solidarität ist eine Waffe! Nutzen wir sie!
Solidarität mit Metin Aydin!

Quelle: Solidaritätsaufruf. Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen - www.political-prisoners.net | www.no129.info | www.gefangenen.info

Dieser kann unterstützt werden per Mail an: stuttgart@political-prisoners.net oder an lb-hoch2@riseup.net

Was tun gegen Hartz IV Sanktionen?

"Ihr Arbeitslosengeld fällt komplett weg": Das bekommen nicht nur immer mehr Hartz IV EmpfängerInnen zu hören, sie sind zudem auch noch ständig am Medienpranger, allen voran in "BILD". Eine der wenigen Möglichkeiten, sich dagegen mit Erwerbstätigen zusammenzuschließen ist die gewerkschaftliche Organisierung. In Stuttgart lädt der ver.di Erwerbslosenausschuss ein zur Veranstaltung "Keine Sanktion des Existenzminimums“ am Mittwoch, 16. Januar 2013, um 18.30 Uhr, im Gewerkschaftshaus Stuttgart, Raum 116, Willi-Bleicher-Str. 20, 70174 Stuttgart. Dazu heißt es in einem Flugblatt des Ausschusses:

"Der ver.di Erwerbslosenausschuss wird 2013 eine Kampagne gegen Sanktionen/Repressionen gegenüber Erwerbslosen und prekär Beschäftigten durchführen.

Worum geht es ?
• Im SGB II (Hartz IV) ist mit dem § 31 geregelt, dass gegen Bezieher/innen von Arbeitslosengeld II Sanktionen verhängt werden können: Stufenweise kann der Bezug bis auf 0 Euro heruntergekürzt werden - bei Jugendlichen sogar direkt mit der ersten Sanktion!

• In 2012 wurden im Bundesdurchschnitt ca. 1 Million Sanktionen von den Jobcentern ausgesprochen, viele davon ohne Berechtigung oder aus nichtigem Anlass (70 % aufgrund von so genannten Meldeversäumnissen).

Was bedeuten Sanktionen?
• Sie bedeuten vor allem einen Angriff auf das Existenzminimum von Menschen im ALG II-Bezug.

• Das Existenzminimum selbst wurde aber bereits mit der Festlegung der Regelsätze bewusst, bedarfsunterdeckend heruntergerechnet. Die Leistungsberechtigten leben ein Leben in fortwährender finanzieller Not.

• Eben wegen dieser dauerhaften Geldknappheit löst jede Aufforderung zur Mitwirkung, Einladung etc., die vom Jobcenter immer mit Sanktionsandrohung versehen sind, beim Betroffenen Stress in Form von Existenzangst aus.

• Wird dann tatsächlich gekürzt, hat das für die Menschen oft katastrophale Folgen, die in den Bereich medizinischer Versorgung bis hin zu Verlust der Wohnung reichen können.

• Sanktionen erfüllen zudem die Funktion, einzuschüchtern und aus Angst vor Kürzungen jeden Job anzunehmen. Deutschland wurde so zum Niedriglohnland Nummer 1 in Europa!

Grundsätzlich gilt: ein von der Regierung selbst als Existenzminimum bezeichnetes Arbeitslosengeld II kann und darf nicht unterschritten werden!

Laut Bundesverfassungsgericht ist es "unverfügbar".

Was aber noch schwerwiegender ist: Sanktionen sind eine Form der Erniedrigung, die es ansonsten in keinem gesellschaftlichen Bereich gibt.

Das Ziel der Kampagne

• Wir wollen alle, die von ALG II betroffen sind, ermutigen, gemeinsam mit uns für die Abschaffung des Sanktionsparagraphen eine Aufklärungskampagne unter der Bevölkerung zu machen.

• Wir suchen Mitstreiter/innen (Einzelpersonen und Gruppen), die sich unserem Anliegen anschließen und unsere Kampagne unterstützen.

Wir laden Euch alle herzlich ein, mit uns bei diesem ersten Treffen Aktionen zu besprechen und zu planen.

ver.di Erwerbslosenausschuss Stuttgart"

Kontakt

Vor 97 Jahren: Militante Stahlarbeiterstreiks in Youngstown

Von William Gropper 1937 geschaffenes Mural (Wandgemälde) um Solidarität für die "Little Steel Strikes" zu entwickeln.
Am zweiten Tag des Stahlarbeiterstreiks in Youngstown, Ohio, am 7. Januar 1916 begannen blutige Kämpfe zwischen den Streikenden und den gegen sie eingesetzten Kräften der Nationalgarde und des Werksschutzes. Bei einer Protestdemonstration, in deren Verlauf die Streikenden gemeinsam mit ihren Famlienangehörigen vor die Werkstore zogen, richtete der Werkschutz Tränengasgranaten und Schusswaffen gegen die Menge. Dabei kamen 3 Arbeiter zu Tode, zwischen 25 und 100 Menschen wurden verletzt. Jahrzehnte später schrieben die Arbeiter in Youngstown mit dem Little Steel Streik erneut Geschichte. Der linke Journalist und Zeichner William Gropper verarbeitete die bei diesem Streik gemachten Erfahrungen in einem weltbekannten Wandgemälde, das er als Unterstützung für die Streikenden verstand.

Zu den Hintergründen schreibt Irmgard Steinisch in dem leider nur noch antiquarisch erhältlichen Buch "Arbeitszeitverkürzung und sozialer Wandel":

"(...) Kurz nach Weihnachten trat die ungelernte Arbeiterschaft, fast ausschließlich Immigranten, in der Abteilung Röhrenwerke der unabhängigen Republic Iron Steel & Co. in Youngstown, Ohio, in den Streik, um ihre Forderung nach einer 25%igen Lohnerhöhung durchzusetzen. Es gelang, den gesamten Betrieb stillzulegen, ca. 6000 Arbeiter des Hütten- und Walzwerkes befanden sich im Ausstand. Während der Streik sich hinzog und hastig herbeigeeilte Vertreter der AFL die Ausständigen zu organisieren versuchten, griff der Streik eine Woche später auf die im nahen East Youngstown gelegene Youngstown Sheet & Tube Co. über. Mit der gleichen Forderung nach 25%iger Lohnerhöhung und wiederum auf Initiative der Immigranten verließ am 5. Januar 1916 die Arbeiterschaft das Werk, das ca. 8000 Leute beschäftigte. Ausgelöst durch ein blutiges Handgemenge zwischen den Streikenden und der Werkspolizei am Werkseingang der Youngstown Sheet & Tube Co., kam es am zweiten Tag des Ausstandes zu einer gewalttätigen Revolte der Immigrantenarbeiter, die plündernd und brandstiftend durch die Straßen von East Youngstown zogen und in ihrem Protest gegen die politische wie wirtschaftliche Vorherrschaft der Youngstown Sheet & Tube Co. selbst vor der Zerstörung werkseigener Wohnungen nicht haltmachten. Erst mit dem Eintreffen von Bürgerwehr und Nationalgarde am nächsten Tag kehrten Ruhe und Ordnung wieder ein.

Der Verlauf der Streiks überzeugte den Leiter der USSC, Elbert H. Gary, von der Notwendigkeit raschen Handelns, denn noch waren die in Youngstown gelegenen Werke der zur USSC gehörenden Carnegie Co. nicht vom Ausstand erfasst. Entgegen seiner zu Beginn des Streiks gegenüber dem Präsidenten der unabhängigen Konzerne Republic Iron & Steel Co. und Youngstown Sheet & Tube Co. eingenommenen Haltung, daß die USSC keine Lohnzugeständnisse machen würde, da sie während der Wirtschaftskrise von 1913/14 von Lohnkürzungen abgesehen hätte, verkündigte Judge Gary am 7. Januar 1916 eine allgemeine Lohnerhöhung von 10% für die gesamte angelernte und ungelernte Arbeiterschaft, ca. 150000 Mann, wirksam ab dem 1. Februar 1916. Von den anderen Eisen- und Stahlkonzernen als gute Diplomatie zur Vermeidung weiterer Arbeiterunruhen begrüßt, schlossen sich diese der Entscheidung an. Auf der Basis einer 10%igen Lohnerhöhung, die mit der Wiedereröffnung der Werke am 11. Januar in Kraft trat, wurden auch die Streiks in der Republic Iron & Steel Co. und der Youngstown Sheet & Tube Co. beigelegt. (...)"


Wärend der Streik 1916 mit einem umstrittenen Kompromiss endete und vorerst zur Befriedung beitrug, endete der Streik 1937 mit einer verheerenden Niederlage für die Streikleitung der Stahlarbeiter.

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