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Bambus an Eiche: Übernehmen bitte! Efeu an Ulme! Einig zum Ende

Man erinnert sich an eine der feinen Anspielungen, die Brüderle in eine Ansprache versenkte. In Anspielung auf Röslers heimisches Vietnam ließ er den säuselnden Bambus zwar gelten, setzte aber unentwegt auf die Kraft der deutschen Eiche. Die stellte er - kernig kräftig auftretend - gleich selber dar, um keine Irrtümer zuzulassen.

Rösler jetzt nach Leihzulage an Stimmen und politischem Gewicht ging inzwischen zum Gegenangriff über. Biegsam kam er künftigen Stürmen zuvor. Und bot dem Brüderle den Vorsitz an, wenn er das wirklich wollte. Im klaren Bewußtsein,dass keiner sich trauen würde, die Verantwortung für die sicher zu erwartende Vier-Prozent-Niederlage im Bund zu übernehmen. Vor allem Brüderle selbst, der im Sprücheklopfen groß,im Handeln aber außerordentlich selten wahrnehmbar ist. Kalkül zunächst geklappt. Keiner traute sich. Also blieb Rösler Chef und übrig.

Was hat sich die Schlotterclique in der Parteispitze statt dessen ausgedacht in ihrer Angst? Man schließt sich eng zusammen. Einig bis zum Ende. Romantisch gesprochen: wie Efeu und Ulme. Die sind für die innigsten Umschlingungen zuständig. Lyrisch garantiert. Und sehr rührend für den Augenblick. Bis einem das Biologische an der Sache einfällt. Efeu saugt seine Kraft aus dem Baum, den es umklammert. Je enger, desto durstiger. Desto tödlicher. Und so tritt aus der Umschlungenheit im Leben die im Untergang hervor. Gemeinsam - im Vergehen.

Brutal gesagt: Allen Parteien fehlt heute verführerisches Personal. Das Herumkauen auf Steinbrück verrät verbreitete Unlust,aber bringt keine neue Erkenntnis. Die SPD stünde mit Nahles oder Gabriel an der Spitze kein bisschen besser da.

Wenn Steinbrück mal aus Versehen einen praktikablen Vorschlag äußert, wird der von niemand aufgenommen. So hätte seine Idee, die Höhe der Dispo-Zinsen zu begrenzen,einiges für sich. Und brächte,strikt durchgeführt, eine wirkliche Erleichterung für viele. Warum redet aber der Erfinder der Idee so wenig davon wie seine Entourage? Aus Personenkult. Es darf in der angeblich politischen Diskussion nur noch um die Einzelperson an der Spitze gehen. Niemals um die "Inhalte",nach denen eine Nahles verzehrend schreit, in den Sekunden, die ihr am Bildschirm bleiben.Nur- nach denen fragt in Wirklichkeit keiner. Sie werden schon gar nicht auf den Ladentisch gelegt vor dem großen Kaufakt Wahl im September.

Deshalb wird es weder der SPD noch den Liberalen viel nützen, wenn sie jetzt zu Verschmelzungen greifen. Sie merken zwar, dass Personenkult pur verdrießt. Nur kommen sie nicht los von ihm. Sie umpflanzen die Verehrten. Zur Tarnung? Zur Kontrolle? Unkenntlich machen, das läuft gerade noch. Aber nichts Neues tritt an die Stelle des Zugedeckten.

Grenzgänger in Katalonien 1939 - 1945, Teil 2

Die Grenze zwischen dem französischen Rousillion und dem spanischen Katalonien ist eine künstliche. Gezogen infolge irgendeines Erbfolgekriegs im 17. Jahrhundert. Zwischen dem Ende des spanischen Bürgerkriegs 1939 und dem Ende des zweiten Weltkriegs 1945 kreuzten sich an dieser Grenze die Schicksale zehntausender Menschen.

Der zweite Teil der folgende historisch-fiktive Reportage handelt von diesen Grenzgängern, die die Grenze in die eine oder die andere Richtung überschritten. Sie handelt von ihrer Not, ihren Hoffnungen, ihren Siegen und Niederlagen und ihrem Willen, den Kampf gegen den Faschismus weiterzuführen. Der erste Teil erschien hier am 16. Januar.

Grenzgänger # 2

Februar 1939, Argeles-sur-mer (Frankreich):


Ein eisiger Wind wirbelt den Sand am Strand von Argeles auf. Ursprünglich für 30.000 Menschen geplant, sind hier 100.000 spanische Republikaner auf 50 Hektar Strand zusammengepfercht. Wie feine Nadeln brennt der Sand auf ihren Gesichtern.

Es gibt hier nichts außer Stacheldraht und ein paar Wachttürmen mit Maschinengewehren. Ungeschützt, unter freiem Himmel sind sie den Naturgewalten ausgesetzt. Die sanitären Umstände sind katastrophal, erst im April werden Latrinen eingerichtet, bis dahin verrichten die Menschen ihre Notdurft im Meer, kaum in der Lage, ihre Blöße zu bedecken.

Um sich vor dem Wind und dem Sand zu schützen, graben die Menschen Löcher und Kuhlen in den Sand, versuchen sich mit aus Treibholz und Schilf gefertigten Unterständen vor dem Wind zu schützen: "Wir sind zu einem Volk vom Höhlenmenschen geworden," sollte Max Aub später über diese Zustände schreiben.

In einem dieser windzerzausten Unterstände, an einem der tausenden von Lagerfeuern, die mehr Qualm als Wärme produzieren, finden die ersten Treffen von Genossen verschiedener Organisationen statt, um den spanischen Widerstand in Frankreich zu organisieren.

September 2012, Saint Marsal (Frankreich):

Saint Marsal ist ein 70-Seelendorf, die Ortsmitte besteht aus der Auberge St. Marsal, einem Restaurant mit von Bäumen beschatteter Terasse, einer Episcerie, in der man vom Ziegenkäse bis zum Waschmittel alle Güter des täglichen Bedarfs kaufen kann, einem Postamt und der Mairie, im Dienstzimmer des Bürgermeisters hängt der ausgestopfte Kopf eines Wildschweins an der Wand.


St. Marsal
Foto: © Gisela Vomhof

Mai 1943, Saint Marsal:

Auf dem Dorfplatz von Saint Marsal treffen sich Ferran und sein Freund Veli. Noch vor Sonnenaufgang machen sie sich schwer bepackt auf den Weg nach Pinatell, einem Versteck am Hang des Canigou. Sie versorgen einmal wöchentlich die Kämpfer des Maquis von Valmanya mit Lebensmitteln. Unter den Kämpfern sind viele Spanier, die Guerilleros Espagnoles: Bürgerkriegsteilnehmer, die jetzt, getarnt als Wald- oder Minenarbeiter, den französischen Maquis im Kampf gegen die Nazi-Besatzung unterstützen. Als Teil des Fluchthelferrings Sainte-Jeanne, dessen Kopf der Grundschullehrer von Valmanya, Rene Holt, ist, schleusen sie auch von den Nazis Verfolgte über die Grenze. Das Gelb der Felder und das Weiß der Narzissen auf den Wiesen kündigen den Frühling an.

Rückblende:
Der Weg von Ferran nach St.-Marsal war lang und steinig. Ferran wird 1915 in Villalonga de Ter im spanischen Teil Kataloniens, keine 20 Kilometer von der französischen Grenze entfernt, geboren. Als er 10 Jahre alt ist, wird sein Vater während einer Schmuggeltour am Col d' Ares von der Polizei erschossen.

Ab 1930 arbeitet Ferran in einer Keksfabrik. Im August 1936, nach Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs, schließt er sich einer Gruppe der POUM an, geht nach Barcelona und tritt in die Kolonne Durruti ein. Im Oktober 1936 wird er in Farlete verwundet und geht zur Genesung zurück nach Villalonga de Ter. Danach wird er Ausbilder in der Garnison von Lleida.

Nach der verlorenen Schlacht am Ebro zieht sich Ferrans Ausbildungseinheit nach Mauresa zurück. Er flieht schließlich nach Villalonga de Ter und von dort weiter nach Le Perthus, wo er die Grenze nach Frankreich überquert. Dort wird sein Bruder erschossen, als er sich weigert, seine Waffe abzugeben.

Ferran wird am Strand von Argeles-sur-mer interniert, wo er nach 50 Tagen frei kommt. Er findet Unterschlupf auf dem Hof eines Freundes in Maureillas. Von dort gibt es eine Straße , auf der man in wenigen Stunden Fußweg Saint Marsal erreicht - die heutige D 10.

Sommer 1943, Valmanya:

Unter den Stiefeltritten der SS springt krachend die Tür auf. Rene Horte hat sie kommen sehen, er ist schon am Waldrand und klettert den Abhang hinauf. Statt seiner verhaftet die SS seine Frau, in derselben Nacht werden noch Mitglieder der Familie Bartoli verhaftet.

In der Folge entwickelt sich der Fluchthelferring Sainte Jeannne unter der Führung von Rene Horte zu einer schlagkräftigen Gruppe des Maquis, die die deutschen Besatzer immer wieder in blutige Hinterhalte lockt.

6. Juni 1944: Landung der Allierten in der Normandie

8. Juli 1944, Mine von Pinosa:


Schon eine Weile beobachten Rene Hortes Männer die bewaffnete Gruppe, die sich mit schleppenden Schritten auf die Ruinen der stillgelegten Mine von Pinosa zu bewegt: Einige bluten aus notdürftig verbundenen Wunden, sie sind abgerissen, hohlwangig, am Ende ihrer Kräfte.

Als sie aus ihrer Deckung treten und sich zu erkennen geben, folgt dem ersten Erschrecken große Erleichterung: Es sind unsere Leute, vom Maquis.

Mit Brot und einem Schluck Rotwein gestärkt, erzählen sie: Sie gehören zum maquis Henri Barbusse und sind beim Dorf Fillols auf der anderen Seite des Canigou von den Besatzern angegriffen worden. Sie mußten ihren Stützpunkt aufgeben und bis hierher flüchten, um ihre Verfolger abzuschütteln. Kommandiert werden sie von Julien Panchot, einem Kommunisten aus dem Roussillion, der im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft hat.

20. Juli 1944, Mine von Pinosa:

Ca. 200 Männer haben sich vor den Ruinen der Mine von Pinosa versammelt, bewaffnet mit Karabinern, englischen Sten-Maschinenpistolen, aber auch Jagdgewehren und Schrotflinten. Heute schließen sie sich zusammen: der maquis Henri Barbusse, die Gruppe von Rene Horte und einige Gruppen bisher unabhängig agierender guerilleros espagnoles.
Und ab heute stellen sie für die deutschen Besatzer eine ernste Bedrohung dar.

1. August 1944, Valmanya:
Das Tal ist erfüllt vom Dröhnen der Lastwagenmotoren der deutschen Wehrmacht. 500 Soldaten und an die 100 französische Milizsoldaten werden damit nach Valmanya gefahren. Dort angekommen hört man die Kommandos "Absitzen !", "Los, los Flammenwerfer in Position!".

Haus für Haus wird angezündet, nur rußgeschwärzte Ruinen bleiben zurück. Das Dorf wird vollständig niedergebrannt.

Der Zusammenschluß von Maquis und Guerilleros Espagnoles hat die Bevölkerung rechtzeitig vor dem Racheakt der Nazis gewarnt, 100 guerilleros decken die Flucht der Zivilisten in die Wälder. Nur vier Zivilisten schaffen es nicht und werden von den Nazis an Ort und Stelle erschoßen.

Auf dem Bergkamm haben Julien Panchot und seine Männer die Aufgabe, weitere Einheiten, die aus dem Vallespir anrücken, aufzuhalten. Das Rattern der Maschinenpistolen und die Schüsse aus ihren Karabinern hallen im Tal wieder. Julien wird getroffen, seine Kameraden müssen sich zurückziehen, er wird von den Nazis gefangen genommen und in den Ruinen von Pinosa gefoltert und grausam ermordet.


Valmanya
Foto: © Gisela Vomhof

September 2012, Valmanya:

In einer kleinen Grotte sind drei Gedenktafeln angebracht: Die erste für Julien Panchot, die Einheit Henri Barbusse und die Guerilleros Espagnoles, die zweite für die zivilen Opfer der Nazibarbarei in Valmanya, die dritte für die Deportierten. Vor den Gedenktafeln liegen vertrocknete Kränze mit von der Sonne ausgebleichten Schleifen: von der Veteranenorganisation der Resistance, dem Departement, der Gemeinde.


Gedenkstätte Valmanya
Foto: © Gisela Vomhof

3. August 1944, Saint Marsal

Erst heute erfahren Ferran und seine Freunde von den Geschehnissen in Valmanya.

Der Maquis muß sich neu formieren: Eine Gruppe unabhäniger Guerilleros wechselt ins Departement Aude, der Maquis Henri Barbusse sammelt sich in der Gemeinde Estoher und auch die Gruppe Rene Horte hat sich wieder zusammengefunden.

Der nationale Aufstand des Maquis ist in vollem Gange : Am 9. August wird als erste Gemeinde Nordkataloniens das Dorf Rabouillet befreit, am 20. August verlassen die Besatzer ganz Nordkatalonien.

Bei der Befreiung von Foix (Departement Ariege) spielt ein einzelner Maschinengewehrschütze eine entscheidende Rolle: Unberührt vom heftigen Feuer der Deutschen hält er seine Stellung und überzieht den Feind mit einem Kugelhagel. Ein Kampfgefährte erinnert sich: "Er feuerte wie ein Verrückter" und fügt als eine Art Erklärung hinzu, "aber klar, er war Spanier, ein Guerillero!"

Beim Rückzug der Deutschen nach dem Fall von Marseille attackiert eine Gruppe des maquis bestehend aus 32 Spaniern und vier Franzosen eine 1300 Mann starke Wehrmachtseinheit. Straßen und Eisenbahnbrücken werden gesprengt, die Schlacht tobt einen Tag und eine Nacht, die Deutschen werden vernichtend geschlagen. Der deutsche Kommandeur begeht Selbstmord.

In Südfrankreich kämpften ca. 10.000 Spanier im Maquis, teils in gemischten, teils in eigenen Einheiten. Sie befreiten siebzehn Städte. Die Effektivität der Guerrilla-Aktionen bewog Eisenhower zu dem Kommentar, dass die Unterstützung durch die Resistance bei der allierten Landung 15 reguläre Divisionen aufgewogen habe.

Fortsetzung folgt.

FDP: Pusteblume im Wählerwind

Grafik: © redblog
Sie hatten alle selbstlos gepustet bei der niedersächsichen CDU. Und ganz am Ende das Opfer umsonst gebracht. So wie es aussieht, kann der hochverehrte Posteninhaber der CDU nun doch nicht weiteramtieren. Rot-Grün könnte ihn ablösen. Wenn es nicht wieder kleine geheime Späße geben wird, wie bei der Wahl von Albrecht, Papa der jetzigen Arbeitsministerin. Da gab es bis heute nicht aufgeklärte Stimmenkäufe - oder vornehm gesagt: Stimmenwechsel.

Viel interessanter als das Einzelergebnis in einem Land ist aber der Blick auf demokratisches Wählerverhalten allgemein. Gerade wer strategisch vorgeht - und seine Zweitstimme taktisch verschenkt, kann sich am Ende als betrogen vorfinden. Er kriegt auf diese Weise niemals das, was er will.

Verzeihlich die Hoffart der profitierenden FDP. Für einen Augenblick konnte Rösler den Bismarck machen und in der letzten Abendschau die Fragerin abfahren lassen. Er verrät erst am Montag, was er als Parteivorsitzender beschlossen hat. Geht niemand jetzt schon was an.

Auf lange Sicht ist der Triumph von heute die Mutter des Pechs von morgen. Vom Herbst. Noch einmal werden Merkel-Fans nicht die Backen aufblasen, um einem Rösler oder Brüderle zum Überleben zu verhelfen. Nach den gemachten Erfahrungen wird die CDU keine Notbeatmung mehr zulassen.

Wem heute abend auch wechselnd zugejubelt wurde - ein Problem bleibt! Woher die laut bekannte Zustimmung zu Personen und Parteien, die nachweislich nichts für die betroffenen Wählerinnen und Wähler "geliefert" haben?

Ein Beispiel: In Hessen gab es eine Volksabstimmung über den Fiskalplan. Eine Sonderanfertigung nach dem Muster des großartigen Sparplans für den Bund und die Länder. Riesige Zustimmung, nach obrigkeitlichem Zuspruch. Monate später sind in ganz Hessen Gemeinden am Schwitzen, die sich Schwimmbäder, Schulen und Wohnungsbauten schon abgespart haben, um unter den landeseigenen Schutzschirm zu geraten. Große Verzweiflung überall. Warum? Hätte man sich die Auswirkungen nicht vorher ausrechnen können? Aber die Angst abzuweichen war überall zu groß. Also war die Unterwerfung unter die Obrigkeit Voraussetzung der Einigkeit im Abstimmen. Zur Selbstbestrafung, wie sich jetzt herausstellt. Demnach sind Volksabstimmungen unter den gegebenen Umständen nirgends Beweise für Demokratie. Als kollektive Selbstbestimmung. Sollte es bei Landtags- und Bundestagswahlen anders sein?

Man stimmt, so lange es geht, der Regierung zu, von der man hoffen kann, dass es mit ihr so weiter geht wie bisher. Vermutlicher Grund für die Verehrung einer Person wie Merkel. Es ging doch so lange gut mit ihr - auf jeden Fall bei uns besser als in Griechenland und Spanien. Analyse der Bedingungen des vorläufigen Wohlstands entfällt vollkommen. Man denke nur an den Anstieg der Investitionen für privatisierten Wohnungsbau und steigende Mieten. Dass es im jetzt bankrotten Spanien genau so angefangen hat, darf niemand beunruhigen. Lehren aus dem Unglück des Nachbarn ziehen - verboten! Wir haben unsere Kindergärtnerin, die bisher aufgepasst hat, dass uns nichts passiert. Und das sicher weiter machen wird. Falls wir nicht unversehens vorher auf der Nase liegen. Dann kann vielleicht das Knie-Weh und der Schädelbrummer für einen Augenblick die Chance eines scheinbaren Politikwechsels eröffnen.

Eines Systemwechsels noch lange nicht.
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