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Götz Aly: Selbstverdummung erfolgreich zu Ende geführt

In einem kleinen Meinungsartikel der "Frankfurter Rundschau" beweist Götz Aly, wie erfolgreich er den Prozess der Selbstverblödung zu Ende geführt hat. Selbstverblödung - weil Götz Aly seine schriftstellerische Karriere einmal scharfsinnig zusammen mit Karlheinz Roth begonnen hat. Und vor allem, weil er in seinen Untersuchungen zur Geschichte des Nazifaschismus damals gerade die Fähigkeit bewies, propagandistische Hüllwörter zu analysieren und zu zerlegen. So hatte "Endlösung" aus Nazi-Mündern zwar die einheitliche Begriffs-Seite - "Raus mit den Juden" - nicht aber in allen Fällen die Bedeutung: "sofort nach Auschwitz", hinter dem selben Wort konnten sich zahlreiche vorläufige und endgültige Handlungsanweisungen verbergen. Der damalige Götz Aly hat sie alle gewissenhaft und nachvollziehbar entschlüsselt.


Ganz im Gegensatz dazu nimmt er inzwischen eine journalistische Luftgeburt wie Kurbjuweits "Wutbürger" aus dem SPIEGEL für bare Münze. Er stellt sich, als glaube er wirklich, dass die Tabakfeinde in Bayern, die Sarrazinfans im ganzen Bundesgebiet, die Gesamtschulstürmer in Hamburg alle genau das gleiche wollten wie diejenigen, die derzeit unter übelsten Bedingungen gegen einen überflüssigen und schädlichen Bahnhofsbau in Stuttgart vorgehen.


Dass diese Haltung ausgesprochen eine "des gehobenen Mittelstandes" ist, phantasiert Aly sich begründungslos vor - beziehungsweise faselt es Kurbjuweit nach. Was haben die Leute, die sich in Stuttgart an Bäume ketten, wirklich gemein mit den Frischluft-Sniefern in Bayern?


Aly weiß es: Die Wut. Damit überzieht er alle, die gegen irgend etwas vorgehen, mit der weißen Salbe der Vereinheitlichung. Das Gefühl in uns wird von dem Gegenstand, der es auslöst, unbarmherzig wegseziert. Gefühl selbst ist schädlich. Eines ruhigen Wissenschaftlers unwürdig. Der beobachtet nur. Und zieht Schlüsse.


Deshalb auch sein Einleitungssatz: "Vor 70, 80 Jahren ließen bestimmte deutsche Politiker gern der Volkswut freien Lauf. Diese zerstörte die erste deutsche Republik und nicht nur die." Der ehemals analytische Erforscher der Befehlsstränge des Dritten Reichs verwendet inzwischen die Erinnerung daran genau wie die Feinde der Studenten 68, als er noch selber mitrannte.


In dem schmalen Rotbuch aus frühen Tagen schildert er seinen damaligen Rauswurf aus einer Stelle im Öffentlichen Dienst. Zugleich - wie der Titel schon sagt - sieht er sich als treuen Beamten, der für das empfangene Geld auch immerhin seinen Beitrag zur Erziehung / Zurichtung von Jugendlichen erbringt. Wie wir alle. Nur dass aus diesem Büchlein schon zart die Zuneigung zu den Verwaltenden spricht, die - auch wenn sie fehlgreifen - doch "das Gemeinwohl" im Sinn haben.


Angelika Ebbinghaus irrt wahrscheinlich, wenn sie des heutigen Aly Verkrümmungen auf die harte Zucht zurückführt, die diesem in einer K-Gruppe zuteil geworden sei. Ich tippe eher auf eine lang zurückgedrängte Staatsverehrung, die jetzt auf Alys ältere Tage voll zum Durchbruch kommt.


Dafür spricht genau das Gewürge in der FR, das man offenbar in diesen Kreisen als vollgültige Argumentation akzeptiert. Nachdem er tüchtig über die "Wutbürger" hergezogen ist, kriegt er heraus, was denen allen fehlt: Der Sinn fürs "Gemeinwohl". Wo die "Wutbürger" massiert auftreten, denen niemals nachgeben! Dann wird aufgezählt, was plebiszitär niemals durchgesetzt werden könnte.Weder "Rente mit 67" noch "Gehaltserhöhung für Beamte" - noch "irgendeine Straße" - noch"Kindergartenneubau".


Dass es einem so unverhofft das Hirn verhagelt! Und jede Erinnerung oben niedermäht! Die Studenten in Frankreich 68 waren doch gewiss so wütend wie nur irgend jemand. Nur - als der Protest sich ausbreitete, hatten sie zwar immer noch nicht de Gaulle gestürzt. Und nicht mehr Demokratie errungen. Was sie aber immerhin erreicht hatten und haben: Es wurden blitzartig neue Unis errichtet, im Rattenlauftempo. Zwar alle im Betonschnellverfahren - aber doch immerhin. Das gleiche gilt für Kindergärten. Nur Götz Aly kennt keine Demos für Unis oder Schulen. Dass er Rente mit 67 und Gehaltserhöhungen für Beamte an erster Stelle des Durchzusetzenden nennt, zeigt offen, was für ihn wirklich das Gemeinwohl ausmacht.


Nach dem Bisherigen ist klar, in wessen Nüstern Alys Rauchopfer aufsteigt. Er schwenkt das Weihrauchfass und endet seine Ausführungen wörtlich:
"Unsere Politiker nehmen uns Hunderte von Entscheidungen ab, die zu treffen wir ohne sie niemals in der Lage wären. Sie arbeiten Tag für Tag an den Kompromissen, in denen unsere unterschiedlichen Interessen halbwegs aufgehen. Sie verhindern blanke Selbstsucht, sie schaffen den Rahmen für zivilisiertes Leben. Die repräsentative Demokratie mit ihrem vielgliedrigen Staatsaufbau, ihrem Verwaltungsrecht, ihren Gerichten, gewählten Körperschaften und Repräsentanten ist viel besser als ihr Ruf. Angesichts des heimischen Wutbürgers ist es an der Zeit, unseren -“ im Übrigen nicht besonders gut bezahlten -“ Politikern schlicht und einfach zu danken."


Hosiannah, Mappus, der Du Millionen verbraten hast, ohne jemand im Landtag zu fragen! Hallelujah, Schröder, der Du Verarmung und Herabstufung sehr vieler mit diktatorischen Methoden durchgeprügelt hast! Heil, Götz Aly, der Du endlich verkündet hast, was "zivilisiertes Leben" bedeutet. Nichts anderes als Freude am Zwiebeln anderer, wenn man sein Schäfchen selbst im Trockenen hat.

Silvesterdemonstration in Stuttgart

Freitag, 31.12. findet um 19 Uhr in der Lautenschlagerstrasse gegenüber des Hauptbahnhofs in Stuttgart eine Sylversterdemonstration statt. In dem Aufruf dazu heißt es:

Das Jahr 2010 war in verschiedenen Bereichen von starken Protestbewegungen geprägt: in Dresden wurde einer der größten Nazi-Aufmärsche Europas durch eine antifaschistische Mobilisierung verhindert, gegen das Milliardenprojekt Stuttgart21 gingen Zehntausende auf die Straße, und die Blockadeaktionen gegen den Castortransport im Wendland waren so stark wie selten zuvor. Dazu kam eine Vielzahl an kleineren Protestaktuionen gegen Imperialistische Kriege, gegen Rassismus und Sozialabbau. All diese Aktivitäten müssen natürlich witerentwickelt werden, da die kapitalistischen Verhältnisse für immer mehr Menschen Armut und miserable Arbeits- und Lebensbedingungen mit sich bringen, weitere Kriege aus Kapitalinteressen geführt, die Natur für Profite zerstört und unsere Rechte immer mehr zugunsten eines aufgerüsteten Staates eingeschränkt werden.

Ob staatliche Repression durch Polizeieinsätze, Gesetzesverschärfungen oder Hetze in den bürgerlichen Medien - unser Ziel bleibt die Abschaffung des Kapitalismus und der Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung!

Her mit dem schönen Leben!

Für ein revolutionäres 2011!

Solidarität und Klassenkampf gegen Repression und Kapitalismus!


Aktuellen Umfragen zufolge befürworten in der BRD immer mehr Menschen eine Alternative zum kapitalistischen System. Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Interessen einzelner Profiteure dieses Systems immer deutlicher den Interessen der Mehrheit der Bevölkerung zuwider laufen -“ und rigoros gegen sie durchgesetzt werden.

Die geplanten Sparmaßnahmen der Bundesregierung und die Erhöhung des Renteneintrittsalters wurden trotz breiter Proteste verabschiedet. Milliardenprojekte wie Stuttgart 21 oder Atommülltransporte durchs Wendland müssen von massiven Polizeieinsätzen begleitet werden um gegen massenhafte Proteste durchgeführt werden zu können. Obwohl die Mehrheit der hier lebenden Menschen gegen die Beteiligung Deutschlands an der Besatzung Afghanistans ist, ist die Bundeswehr eine der Hauptstützen des dortigen Kriegseinsatzes.

Die bürgerlichen Parteien verlieren durch diese Politik an Zuspruch und Vertrauen und neben der immer wieder zutage tretenden wirtschaftlichen Krisenhaftigkeit des Kapitalismus zeichnet sich immer stärker auch eine politische Krise ab. Die Krise dieses Systems ist jedoch nicht unsere Krise und es gibt keinen Grund zu ihrer Abschwächung beizutragen. Vielmehr ist es unser Ziel sie zu verstärken und für die Abschaffung des Kapitalismus und den Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung einzutreten.

Widerstand organisieren!

Die aktuell breit vorhandene Unzufriedenheit mit den wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen bringt sicher noch nicht in einem ebenso großen Ausmaß antikapitalistisches Engagement mit sich. Sie ist jedoch ein Symptom für die Schwierigkeiten innerhalb des Kapitalismus den Klassenfrieden für längere Zeit auch nur in einem kleinen Teil der Welt aufrecht zu erhalten und die stetig vorhandenen Widersprüche zu überdecken oder entscheidend abzumildern. Immer mehr Menschen bekommen direkt zu spüren, dass es im Kapitalismus kaum wirklich sichere Arbeitsplätze und politische Mitbestimmung, kein Grundrecht auf freie Bildung oder soziale Absicherung gibt. Was davon hier noch vorhanden ist, ist stetig umkämpft, wird nur einem kleiner werdenden Teil der Klasse der Lohnabhängigen zugestanden und letztlich Stück für Stück abgebaut.

Was außerhalb der kapitalistischen Zentren schon immer zur Lebensrealität der meisten Menschen gehörte, die schonungslose kapitalistische Ausbeutung, die Unterordnung aller gesellschaftlichen Bereiche unter Profitinteressen einiger Weniger und die Unterdrückung von Protest und Widerstand, erhalten auch hier immer weiter Einzug. Die Gründe dafür, dass so auch im „ruhigen Hinterland des Kapitals“ immer weniger auf sozialen Frieden und mehr auf die Erfüllung der Bedürfnisse des Kapitals gesetzt wird, sind vielfältig: die im Kapitalismus grundsätzlich vorhandene Schwierigkeit und gleichzeitig Notwendigkeit, die Profite immer weiter zu steigern ist hierbei ebenso von Bedeutung wie die generelle weltweite Konkurrenz verschiedener Unternehmen und auch Staaten, die jeweils durch geringere Lohnkosten, niedrigere Steuern etc. besser dastehen müssen als die anderen. Auch der Wegfall der Systemkonkurrenz durch das Scheitern der sog. realsozialistischen Staaten und die dadurch weniger notwendig gewordene Maske eines sozialen Kapitalismus dürfte von Bedeutung sein. Zentral ist jedoch, dass die Klasse der Lohnabhängigen, sprich diejenigen die nicht andere für sich arbeiten lassen, sondern gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen und praktisch keinerlei Mitbestimmung über ihre Arbeitsbedingungen, über politische Entscheidungsprozesse etc. haben, nur verlieren können wenn sie sich nicht gemeinsam und entschlossen zur Wehr setzen. Zugeständnisse ans Kapital, ob bei Löhnen bei den Rechten am Arbeitsplatz oder der Verlängerung der Lebensarbeitszeiten, bringen lediglich die KollegInnen in anderen Betrieben oder Ländern in die Situation, unter noch schlechteren, d.h. profitableren Bedingungen leben und arbeiten zu sollen. Lassen sie sich darauf ein -“ glücklicherweise ist das in zahlreichen Ländern weit seltener der Fall als hier -“ geht die Spirale der Verarmung auf einer Ebene tiefer weiter. Die massive Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse in den letzten Jahren, die Intensivierung der Arbeitsanforderungen, aber auch die steigenden Abgabenforderungen an die Klasse der Lohnabhängigen zur Senkung der Ausgaben der Kapitalistenklasse und die Kürzungen in sozialen, kulturellen und weiteren gesellschaftlichen Bereichen, sind Kennzeichen dieser Entwicklung.

Dass wir nur verlieren können, wenn wir nicht kämpfen, bedeutet auch, dass wir nur etwas gewinnen können, wenn wir entschlossen für unsere Interessen, d.h. die Interessen aller Lohnabhängigen, eintreten. Wir haben dabei längst nicht nur ein Ende der Einschnitte zu gewinnen und auch einzelne Verbesserungen sind längst nicht alles was wir erreichen können. In unserer Bereitschaft zur Konfrontation mit dem Kapital und seinem Staat, in unserem bewusstem gemeinsamen Handeln, ob bei Streiks oder anderen Protestaktionen liegt der erste Schritt hin zur Überwindung der Herrschaft der Kapitalistenklasse und dem Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung. Im Zusammenspiel mit dem Aufbau kontinuierlich arbeitender Strukturen des Klassenkampfes und des politischen Widerstandes, ist unser konkretes Handeln heute der nächste notwendige Schritt den alle gehen sollten, die den Kapitalismus nicht für das unüberwindbare Ende der Geschichte halten.

Feuer und Flamme der Repression!


Wie Eingangs bereits erwähnt, geht die Verschärfung des Klassenkampfes von oben einher mit einer staatlichen Aufrüstung und dem Vorgehen gegen die für uns wichtigen, und für Staat und Kapital zumindest potentiell gefährlichen Protest- und Widerstandsaktivitäten.

Es gab in den letzten Monaten allein in Süddeutschland zahlreiche Fälle polizeilichen Vorgehens gegen Demonstrationen und Proteste, sowie der Kriminalisierung linker AktivistInnen. Ein vergleichsweise stark öffentlich thematisierter Höhepunkt war der Polizeieinsatz gegen Stuttgart21-GegnerInnen am 30. September in Stuttgart. Mehrere hundert Menschen wurden durch Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke verletzt. Nur wenige Wochen später griffen teilweise die gleichen Einheiten des BFE (Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten) in Heilbronn eine Demonstration an, die sich gegen das Vorgehen des türkischen und des deutschen Staates gegen die kurdische Befreiungsbewegung richtete. Auch dort wurden mehrere Menschen verletzt, die Demonstration aufgelöst und Dutzende Menschen stundenlang festgesetzt.

Die beiden Beispiele reihen sich in eine Vielzahl von Versuchen ein, politische Aktivitäten durch Auflagen, Polizeiangriffe, Festnahmen und Anzeigen zu verhindern oder einzuschränken und AktivistInnen einzuschüchtern.

Her mit dem schönen Leben!


Wir können an vielen Protesten der letzten Monate und Jahre gegen die kapitalistische Krisenpolitik, an den Streiks, Kundgebungen und Demonstrationen anknüpfen. Von zentraler Bedeutung ist es aber, sich nicht auf reine Protestaktionen zu beschränken, sondern innerhalb dieser Kämpfe Alternativen zu diskutieren, langfristig handlungsfähige Strukturen aufzubauen und in den Gewerkschaften und anderen Organisationen Bedingungen zu schaffen, die zu einer Überwindung des Kapitalismus beitragen und nicht zu seiner Festigung.

Eine Veränderung der Verhältnisse muss letztlich auf vielen Ebenen vonstatten gehen, unterschiedliche Ansätze, Bereiche und Ansprüche sind dabei zu respektieren und vor allem die Gemeinsamkeiten der fortschrittlichen Kräfte herauszustellen. Eine revolutionäre Theorie, Praxis und Organisierung ist darin aber von zentraler Bedeutung. Ein revolutionärer Aufbauprozess, der entschlossene und kontinuierliche Kampf gegen das kapitalistische System und gegen diejenigen die es verteidigen, gegen die Sozialabbauer, Lohnkürzer und Kriegstreiber, ist unabdingbar für eine wirkliche Perspektive. Der Widerstand gegen die Angriffe von Staat und Kapital, Sozialproteste und Kampagnen dürfen schließlich nicht das Ende sein, sondern nur ein Anfang.

Unser heutiges Handeln muss Ausgangspunkt sein für eine Umwälzung der bestehenden Verhältnisse und für den Aufbau einer Gesellschaftsordnung, die Solidarität und Selbstbestimmung an die Stelle von Profitstreben und Konkurrenzkampf stellt.

Die Demonstration am 31.12. soll auch deutlich machen, dass diese Versuche nicht von Erfolg gekrönt sein werden, sondern wir offensiv und selbstbewusst ins neue Jahr starten werden. Ihre Angriffe sind auch weiterhin allenfalls ein Anlass um unsere Seite besser aufzubauen und zurück zu schlagen.

Für Solidarität und Klassenkampf!

Gegen Repression und Kapitalismus!


UnterstützerInnen:

- Antifaschistische Jugend Ludwigsburg/Mannheim
- Interventionistische Linke Karlsruhe
- Kurdische Jugend Stuttgart
- Marxistische Aktion Tübingen
- Revolutionäre Aktion Stuttgart
- Revolutionäre Linke Heilbronn

Versammlungsfreiheit vor Gericht - Skandalöses Urteil vom Amtsgericht Karlsruhe

Eine Pressemitteilung des Aktionskreis Internationalismus (AKI Karlsruhe) vom 14.12.2010:

Versammlungsfreiheit vor Gericht - Skandalöses Urteil vom Amtsgericht Karlsruhe
150 Tagessätze für die Aufforderung an die Polizeikräfte ein rechtswidriges enges Poli­zeispalier um eine Demonstration aufzulösen und die Abfilmerei der Versammlungsteil­nehmerInnen zu unterlassen.
Ein Teilnehmer der 1.Mai-Demonstration 2010 in Karlsruhe wurde am 14. Dezember 2010 vom Amtsgericht Karls­ruhe zu 150 Tagessätzen wegen angeblicher Nötigung verurteilt. Wegen des weiteren Vorwurfs der Beleidigung wurde er freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Strafmaß von 180 Tagessätzen gefordert.

Am 1. Mai 2010 hatten in Karlsruhe im Anschluss an die traditionelle DGB Demonstration über 700 Menschen unter dem Motto: „Kämpfen in der Krise -“ Kapitalismus überwinden“ gegen die Ursachen und Folgen der kapitalistische Krise mit ihren weltweiten Auswirkungen auf die Le­bensbedingungen der Menschen demonstriert. Zur Erinnerung: Im Zuge der kapitalistischen Kri­se hatte sich u.a. die Zahl der Hungernden weltweit um 100 Millionen (!) nach UN-Angaben er­höht.

Leider konnte die Demonstration nicht zu Ende gebracht, sondern musste frühzeitig abgebro­chen werden: Mit einem engen Spalier von Polizeikräften und dem ununterbrochenen Abfilmen des Demonstrationszuges verunmöglichte die Einsatzleitung der Polizei die freie Ausübung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Schon im Vorfeld wurde die Demonstration mit einer Unzahl von Auflagen überschüttet, obwohl es noch nicht einmal Anzeichen für einen möglicher­weise unfriedlichen Verlauf gab, die ansonsten zur Begründung von Auflagen üblicherweise vorgebracht werden. Die Demonstration war und blieb auch friedlich wie allen Presseberichten zu entnehmen war.

Das Urteil des Amtsgericht stellt das Ergebnis der Beweisaufnahme auf den Kopf! Obwohl die Zeugenaussagen aller 6 hochrangigen Polizeizeugen sogar übereinstimmend laute­ten, dass der Angeklagte nicht zu einer Blockade aufgerufen habe, sondern als Moderator ledig­lich die Einstellung des Abfilmens aller Demoteilnehmer, und die Aufhebung des engen Poli­zeispaliers gefordert habe, und obwohl die Beweisaufnahme ergeben hat, dass die Teilnehmen­den der Demo bereits ohne Durchsagen vom Lautsprecherwagen angehalten haben, um die Aufhebung des engen Polizeispaliers zu fordern, wurde der Angeklagte von Amtsrichter Schwierblat zu 150 Tagessätzen verurteilt. Dabei ignorierte der Amtsrichter sogar die ständige Rechtssprechung des Bundesverfassungsgericht zu Blockaden und zur Nötigung, wie sie in dem Brokdorf-Be­schluss und im Mutlangen-Urteil zum Ausdruck kommt. Der Richter hat sich noch nicht einmal nur im Ansatz mit dieser Rechtssprechung auseinandergesetzt.

Angesichts des eindeutigen Ergebnisses der Beweisaufnahme hätte der Angeklagte in jedem Falle freigesprochen werden müssen.

Ein skandalöses Urteil, das alle einschüchtern soll, die ihr elementares Recht auf Versamm­lungsfreiheit wahrnehmen, und die es zukünftig wahrnehmen wollen. Wenn diese Rechtsspre­chung Schule machen sollte, wird es zukünftig kaum mehr möglich sein, eine Versammlung ohne an­schließenden Strafbefehl in beträchtlicher Höhe durchzuführen. Auch im Strafverfahren gegen den Anmel­der der Bildungsstreik-Demonstration in
Stuttgart, den verdi-Sekretär Marc Kappler, geht es um ähnliche Vorwürfe.

Wie sehr die Staatsanwaltschaft und die Polizeieinsatzkräfte auf eine Verurteilung und damit Ein­schränkung des Versammlungsrechtes aus sind, zeigte sich auch darin, dass die Anklage sogar vom Oberstaatsanwalt Zimmermann persönlich vertreten wurde - in einem Ver­fahren in dem üblicherweise ein Referendar/in als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft ein­gesetzt wird, und dass 6 (!) hochrangige Zeugen der Polizeieinsatzleitung und des Staatsschut­zes aufge­boten wurden.

Der Angeklagte hat bereits angekündigt, dass er Rechtsmittel einlegen wird.

In diesem und ähnlichen Verfahren geht es nicht allein um den angeklagten Versammlungsteil­nehmer. Hier sitzen alle auf der Anklagebank, die ihr elementares Recht auf Versammlungsfrei­heit als Ausdruck der kollektiven Meinungsfreiheit in Anspruch nehmen.

Das Urteil richtet sich gegen alle sozialen Bewegungen und gegen die Gewerkschaften.

Kennzeichnend dafür ist, dass selbst der DGB Baden-Württemberg in Stuttgart erhebliche Schwierigkeiten bei der Anmeldung seiner Versammlungen hat, und dass die Großdemonstration gegen Stuttgart 21, die am 11.12.2010 mit 50000 Menschen durchgeführt wurde, erst beim VGH Mann­heim in 2.Instanz durchgesetzt werden konnte.

Im Zuge der "Föderalismusreform" können die Bundesländer nunmehr eigene Landesversamm­lungsgesetze verfassen - wohlgemerkt können, müssen aber nicht. Dann gilt das Bundesver­sammlungsgesetz weiter. Die All-Parteien "law und order"- Fraktion nimmt dies zum Anlass, längst gewünschte Verschärfungen einzubauen, als wenn das Versammlungsgesetz nicht so­wieso schon versammlungsfeindlich genug wäre. Das bayrische Landesversammlungsgesetz, gegen das vor dem Bundesverfassungsgericht von einem breiten Bündnis erfolgreich ein Eilver­fahren betrieben wurde, ist zwar nun weitgehend entschärft worden. Das gilt jedoch nicht für an­dere Bundesländer, in denen die neuen Landesversammlungsgesetze bereits in Vorbereitung sind.

In Baden-Württemberg wird bereits seit 1 1/2 Jahren von den Versammlungsbehörden ver­sucht, die neuen „law und Order“- Regelungen des geplanten Landesversammlungsgesetzes vorwegzunehmen, so dass bei vielen Versammlungen erst mal mit AnwältInnen zum Gericht gezogen werden muss. Die Wahrnehmung der Versamm­lungsfreiheit kann aber nicht vom Geldbeutel, der Bereitschaft sich einem drohenden Strafbe­fehl bzw. einer Verurteilung auszu­setzen, oder von der Tatsache abhängen, ob ein Anwalt/in zur Unterstützung zur Ver­fügung steht und bezahlt werden kann.

Der Ursprungsgedanke des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit, nämlich Demonstrationen und Kundgebungen einen besonderen Schutz zu verleihen, wird in der aktuellen Praxis der Be­hörden auf den Kopf gestellt. Diese Tendenz darf so nicht weitergehen.

Trotz aller Versuche das Versammlungsrecht einzuschränken, verteidigen wir das Recht auf Versammlungsfreiheit am besten indem wir es wahrnehmen. Die nächste Demonstration kommt bestimmt. Nehmt Euch Euer Recht! Angeklagt sind wir alle -“ Wehren wir uns gemeinsam!

Kommt / Kommen Sie als kritische Öffentlichkeit zur Prozessbeobachtung zu den Prozessen!

Aktionskreis Internationalismus Karlsruhe (AKI Karlsruhe), Steinstr.23, 76133 Karlsruhe - Kontakt: Info@aki-karlsruhe.de

Spiegels Zwangsidylle: Der Augenlose und der Augenlöscher auf dem Sofa aneinandergeklebt

Fotoserie: Der "blutige Donnerstag" - Proteste gegen S21 und Polizeigewalt (Foto anklicken)
Zwangsgekoppelt hat Takis Würger im "SPIEGEL" dieser Woche auf den Seiten 49 bis 54 den polizeilich geblendeten Dietrich Wagner und seinen Augenlöscher Keilbach. Beide in Handschellen gelegt - uns vorgeführt.

Das Handlungsmotiv wird beiden als erstes geklaut. Es bleibt übrig: Pure Befindlichkeit. Keinerlei zu teilendes oder abzulehnendes Wollen. Strunkiges Restsubjekt mit Eigenheiten, uns zur Beobachtung auf den Labortisch gelegt. Hier der etwas spinnerige Alte, der versäumter Studentenzeit nachhechelt, dort der knorzige Staatsvertreter mit seinem Ordnungsfimmel.

Es ist das uralte Rezept des "SPIEGEL", seit Jahren zu beobachten. Die Zwangspaarung kastriert und macht Konflikte mit mäßiger Erregung nacherlebbar. Nachher gehts wieder an den Bürokram. Oder ans Fernsehen, wo das gleiche noch mal serviert wird.

Ich nehme ein zufällig erhaltenes Blatt aus dem "SPIEGEL" Nr. 24/1968. "Fritz wie Franz". Aus dem Höhepunkt der Studentenbewegung also. "SPIEGEL" von damals sieht SDS und Normalabsacker: Eine Gemengelage. Bedeutsam wird hervorgehoben, dass Studis, die zuhause wohnen, nicht so oft demonstrieren wie solche in Heimen. Dass da viele einfach Knatsch mit den Alten vermeiden wollten, wird gar nicht bedacht. Zwingende Außenumstände gibt es bei diesem Paarungswesen niemals. Alles entspringt dem jeweils Inneren jedes Einzelnen. Und das ist bei den meisten Studis grundehrlich und ähnlich. Also kein Grund zur Sorge, liebe Leserin, treuer Leser!

Genauso jetzt- über vierzig Jahre später. Der Alte, der zum Demonstrieren mitgekommen ist, wird - in den Augen des Autors - zum Mitschlapp-Simpel, weil er sich vor August 2010 keine Gedanken machte über S 21. War früher sogar mal Bahnhofsfan und wollte als Kind Lokomotivführer werden. Anders gesehen und gesagt: Er merkte erst, was los war, als er den Abriss mit Augen sah - und zog seine Folgerungen. Besser spät als nie!

Ihm wird gegenübergestellt der Polizeihauptkommissar Keilbach. Auch er: Losgelöstes Individuum. Dürfen wir dem Bericht glauben, eilt er aus reinem Interesse in den Park, kaum dass er hört, dass da demonstriert wird. Kein Befehl hinter ihm! Im Park angekommen, staunt er kein bisschen über die erstmals seit vierzig Jahren aufgefahrenen Wasserwerfer. Diese werden mit kindlicher Neugier in ihrer Eigenart und Wurfgewalt beschrieben. Seine Haltung gegenüber den Demonstranten wird klar umrissen: Es gibt keine. "Sie hätten doch auch weggehen können" - zweimal in Variante. Alles ist im Prinzip gut gelaufen.

Entschuldigung wegen der Blendung nicht nötig. Schließlich braucht ein Bahnbau sein Bahnbaugelände. Und zwar ordnungsgemäß geleert.

An dieser Stelle zeigt sich freilich, dass die alte "SPIEGEL"-Methode der Gleichsetzung in härter gewordenen Zeiten einiger Zusätze bedarf. Sonst würde sie undurchführbar.

Das alte Beispiel -"Fritz wie Franz"- enthielt immerhin statistisch nachprüfbare Ergebnisse, irreführend sortiert. Aber nichts ausdrücklich dazuerfunden. Das neue Verfahren setzt offene Lügen voraus.

Zunächst die Wasserwerfer. Nicht einmal während der großen Demos um Stammheim und nach der Beseitigung der Hauptangeklagten wurden welche eingesetzt. Wer jetzt welche auffahren ließ, musste etwas ganz Bestimmtes wollen. Nämlich Niederwerfen des Widerstands.

"Aber diese Leute hatten auch alle die Möglichkeit, rechtzeitig wegzugehen" (angeblich Keilbach,S.53). Hier macht "SPIEGEL" den Polizeihauptkommissar dümmer, als er sein konnte.

So ein Mann hat in der Schulung oder der Fachliteratur sicher auch mal den Fall Läpple mit bekommen über Blockaden. Blockaden, hieß es damals in einem BGH-Urteil, sind Nötigung des Fahrers einer Straßenbahn. Er kann nicht weiterfahren, wie er wollte/sollte. Dass so ein Straßenbahnfahrer des öfteren durch einen Unfall vor ihm oder einen umgefallenen Baum zum Anhalten gezwungen wird, tat nichts zur Sache. Blockade war Nötigung im Sinne des Gesetzes. Das heißt Beeinflussung eines anderen durch Androhung eines empfindlichen Übels.

Nur dass die Gerichte auch schon seit langen Jahren anlässlich der breiten Blockaden gegen Helmut Schmidts Nachrüstung den Volkswillen in soweit anerkannt hatten, dass Blockaden nicht in jedem Fall strafbar sind, das soll der brave Polizeioberkommissar als einziger gerade vergessen haben? Demnach auch, dass es unter Umständen einen berechtigten Grund gab, auf dem Rasen zu bleiben.

Schließlich die Steine. Der Kommissar in Takis Würgers Ohren erwähnt kein einziges Mal die Steine, die einen ganzen Nachmittag lang - den 30.9. -nämlich geflogen sein sollen. Der Kommissar - als nachträglicher Schönfärber angestellt - erfand die in der Eile. Nachher mussten sie wieder eingezogen und durch die wirklich geworfenen Kastanien ersetzt werden. Wegen dieses Wurfs soll der Rentner jetzt angeklagt werden. Kastanie gegen Wasserwerfer - ein ritterliches Duell!

Was der Artikel verschweigt, taucht bei Durchsicht des Weggelassenen wieder auf. Da redet und handelt kein eigentümlicher Kauz alter Rechtsordnung. Da redet das Organ des - mitverstandenen - Regierungswillens selbst. So wie umgekehrt im Rentner Wagner nicht verjährte Jugendeselei wieder erwacht, sondern der gemeinsame - ihn mittragende - Willen einer ganzen Stadt- und Landesbewohnerschaft.

PS: Genau wie den Kampf im Schlosspark behandelt "SPIEGEL" den zwischen US-Staatsgewalt und Assange. Alles Konflikt zur Unterbrechung des Mittagschlafs. Nichts hat Gültigkeit. Alles ist Unterhaltung. Begleit uns weiter gut, "SPIEGEL", auf dem Nachen in den Abgrund der leeren Letztgleichgültigkeit. Schlaft weiter, Kameraden.

Stuttgart 21: Aktionswoche 19 (13.12.-19.12)

Morgen beginnt die 19. Aktionswoche gegen Stuttgart 21. Von der Demo am Samstag mit über 50.000 Teilnehmern gibt es Fotos von Daniel, von Alex und von mir. Warum die Polizei trotzdem nur auf 16.000 Menschen gekommen ist, beantwortet Robert weitgehend, auch mit einem netten Video. Übrigens hat auch die "taz" diese Zahlen völlig unkritisch übernommen. Redblog wirft die Frage nach der Phantomblockade auf, die der Polizei Kopfzerbrechen bereitete. Die aktiven Parkschützer haben ein paar Medienberichte zusammengestellt.

Neuer Flyer für Versammlungsfreiheit: Versammlungsfreiheit erkämpfen und verteidigen!

Flyervorderseite - Download des Flyers
Das Stuttgarter "Bündnis für Versammlungsfreiheit" hatte anlässlich des Polizeieinsatzes am 30. September in Stuttgart kürzlich einen Flyer veröffentlicht. Dieser Tage ist nun ein neuer Flyer unter dem Titel "Versammlungsfreiheit erkämpfen und verteidigen!" erschienen. Er richtet sich gegen fortgesetzte Angriffe auf die Versammlungsfreiheit in der Region Stuttgart. Wir dokumentieren den Wortlaut:

Versammlungsfreiheit erkämpfen und verteidigen!
In den vergangenen Monaten kam es im Verlaufe vermehrter Proteste in Stuttgart zu einer regelrechten Repressions- und Kriminalisierungswelle gegen Demonstrantinnen und Demonstranten. Der massive Einsatz von Wasserwerfern und Tränengas am 30. September 2010 im Schlossgarten ist hierbei kein Einzelfall.
 
Beispiel 1 -“ Willkürliche Auflagen / Ablehnung von Anmeldern

Bereits bei der Anmeldung von Demonstrationen erlässt das Amt für öffentliche Ordnung Stuttgart oftmals beliebige und einengende Auflagen. Inzwischen ist es gängige Praxis, dass beispielsweise die maximale Transparentlänge, die Ausrichtung der Beschallungsanlage und die genaue Begrenzung des Platzes (z.B. im Dunkeln, nicht unter den Straßenlaternen) durch die städtische Behörde vorgegeben werden. Eine Besonderheit Stuttgarts ist das faktische Demoverbot auf der Königstraße. Ein Beschluss des Stuttgarter Gemeinderates stellt hier die Interessen des Einzelhandels über die Versammlungsfreiheit.

Ebenso wurden mehrere Anmelderinnen und Anmelder von Protestversammlungen gegen das Gelöbnis der Bundeswehr am 30. Juli als „ungeeignet“ abgelehnt, obwohl keiner der Betroffenen vorbestraft ist und erst recht nicht wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verurteilt wurde. Damit verweigerten die städtischen Behörden den Anmeldern von Kundgebungen ihr Grundrecht auf die aktive Ausübung der Versammlungsfreiheit. Wenn im geplanten Versammlungsgesetz Kriterien wie „Annahme“ oder „Eignung“ von Veranstaltungsleitern eingeführt werden sollten, so schafft dies einen Ermessens-Spielraum, um auf bürokratischem Wege missliebige Versammlungen unmöglich zu machen.

Deshalb fordert das Bündnis für Versammlungsfreiheit:

- Das demokratische Recht auf Versammlungsfreiheit darf nicht durch willkürliche Auflagen eingeschränkt werden
- Das geplante Versammlungsgesetz darf nicht durch die Ordnungsbehörden vorweggenommen werden

Beispiel 2 -“ Filmen von Demonstrationen / Personenkontrollen von Ordnern

Während Demonstrationen fertigt die Polizei immer häufiger Videoaufnahmen an, obwohl das Bundesverfassungsgericht erst kürzlich ein Urteil verfasste, in dem das Filmen von friedlichen Demonstrationen untersagt wird.

Ein weiterer Vorgriff auf das geplante Versammlungsgesetz ist die Registrierung und Überprüfung der Personalien von Ordnerinnen und Ordner. So mussten bei einer antifaschistischen Demonstration im November 2010 in Schorndorf alle Ordner ihre Personalausweise abgeben damit die „Verkehrserfahrung“ und „Eignung“ überprüft werden konnte. Dem Anmelder der auf die fehlende rechtliche Grundlage dieser Maßnahme hinwies, wurde angedroht, die Durchführung der Versammlung zu untersagen.
  
Das Bündnis für Versammlungsfreiheit stellt klar:

- Meinungsfreiheit, öffentlich wahrnehmbarer Protest und ziviler Ungehorsam sind in einer offenen Gesellschaft unabdingbar
- Polizeiliche Schikanen und Einschränkungen sind inakzeptabel 

Beispiel 3 -“ Kriminalisierung von Versammlungen

Immer häufiger werden VersammlungsleiterInnen von Demonstrationen, im Nachhinein mit Strafverfahren und hohen Prozesskosten überzogen. So wurde der Gewerkschaftssekretär, der eine Demonstration im Rahmen des Bildungsstreiks 2010 anmeldete, dafür angeklagt, dass der Demonstrationszug auf zwei Kreuzungen kurz gestoppt habe und eine Zwischenkundgebung wenige Meter vor dem eigentlich dafür vorgesehenen Ort stattgefunden habe. Dafür wurde von der Staatsanwaltschaft ein Strafbefehl über 600 Euro ausgestellt, obwohl die Polizei vor Ort nichts beanstandete. In einem anderen Fall wurde der Anmelder der Revolutionären 1.Mai-Demonstration verurteilt, da unterwegs beim Laufen Musik abgespielt wurde. Gegen die Anmelderin der Montagsdemo gegen Hartz IV liefen bereits mehrere Verfahren wegen ähnlicher „Vergehen“ und eine politische Stadtführung zog eine Strafe über 3200 Euro nach sich, da sie nach Ansicht der Richter anmeldepflichtig gewesen sei.

Das Bündnis für Versammlungsfreiheit warnt eindringlich:
- Das Anmelden und Durchführen von Demonstrationen darf keine Sache des Geldbeutels werden
- Kriminalisierung von Versammlungen gefährdet die freie Meinungsäußerung

Solidarität aufbauen, Versammlungsfreiheit verteidigen und ausweiten!

Der Ursprungsgedanke des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit und für die Versammlungsgesetzgebung, Demonstrationen und Kundgebungen einen besonderen Schutz zu verleihen, wird in der aktuellen Praxis der Behörden auf den Kopf gestellt. Diese Tendenz darf so nicht weitergehen. Zeigen wir dem Ordnungsamt, der Polizei und der Staatsanwaltschaft ihre Grenzen auf.  

Trotz aller Versuche das Versammlungsrecht einzuschränken, verteidigen wir das Recht auf Versammlungsfreiheit am besten indem wir es uns nehmen. Die nächste Demonstration kommt bestimmt. Nehmt euch euer Recht! Macht zu zweit die Versammlungsleitung, dokumentiert die Namen der Polizisten mit denen ihr gesprochen habt, verweigert willkürliche Polizeimaßnahmen und nutzt die Gerichtsprozesse, um euch für die Versammlungsfreiheit stark zu machen.
Weitere Informationen findet ihr unter
www.versammlungsrecht.info


Blockieren ist unser Recht!
Insbesondere bei den Protesten gegen Stuttgart 21 aber auch bei den Aktionen gegen den Castortransport oder das Gelöbnis kam es in den vergangenen Monaten zu Blockaden oder provisorischer Besetzung öffentlichen Raums. Immer wieder behaupten Politiker, Blockieren sei rechtlich unzulässig und kein legitimes Mittel einer Demonstration. In einem Grundsatzurteil aus dem Jahr 1995 stellt das Bundesverfassungsgericht fest, welche Blockaden dem Straftatbestand der „Nötigung“ entsprechen: Entscheidend hierbei ist, dass „[...] die Strafbarkeit einer derartigen Handlung von der Wahl bestimmter Nötigungsmittel abhängig gemacht [wird], nämlich Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel“ (Beschluss des Ersten Senats vom 10. Januar 1995).

Liegt das nicht vor, wird Blockieren durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit geschützt. Zum Beispiel weil man friedlich vor einer Einfahrt sitzt oder sich an einen Baum angekettet hat, der der Allgemeinheit gehört.

Dennoch gibt es in Baden-Württemberg eine sogenannte Wegtragegebühr. Menschen, die sich an einer Blockade beteiligen, begehen nach dieser Regelung eine Ordnungswidrigkeit und müssen 40 Euro Strafe bezahlen.


Das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit fordert:

- Abschaffung der Wegtragegebühr!
- Ziviler Ungehorsam ist keine Straftat! Einstellung aller Verfahren gegen Stuttgart 21 Gegner!

Die geplante Gesetzesverschärfung
Die schwarz-gelbe Landesregierung will ein neues Versammlungsgesetz, das das Bürgerrecht auf Versammlungsfreiheit erheblich einschränkt. Es schafft bürokratische Hürden, sieht die Registrierung, Überwachung und Erfassung der TeilnehmerInnen vor und gibt Polizei und Behörden die Möglichkeit für willkürliche Erschwernisse, Eingriffe in die Versammlung und die Rechte der Versammelten.

Das Bündnis für Versammlungsfreiheit

Im Oktober 2008 gründete sich unser Bündnis, um gegen die geplante Verschärfung des Versammlungsgesetzes aktiv zu werden. Es wird von über 120 Gruppen und zahlreichen Einzelpersonen unterstützt. Wir haben eine Großdemonstration am 6. Dezember 2008 mit über 6000 TeilnehmerInnen organisiert und Kontakte in andere Bundesländer geknüpft. Wir organisieren diverse Veranstaltungen und Vortragsreihen. Bei zahlreichen Aktivitäten, z.B. gegen Stuttgart 21, weisen wir auf die gegenwärtige Praxis des Versammlungsrechts und die geplante Verschärfung hin. Darüber hinaus stellt das Bündnis auch Demobeobachter auf.

Wir finanzieren uns ausschließlich über Spenden unserer Bündnispartner.

Spendenkonto:
Friedensnetz BW
Kontonummer: 6520706
BLZ: 60010070 (Postbank Stuttgart)
Stichwort: Versammlungsgesetz

Frankfurt: Stuttgart 21 - Das Projekt - der Widerstand - die Folgen

Ein Abend mit Hintergrundinfos, Videos und anderen Beiträgen am Mittwoch 15. Dezember um 20 Uhr im SIKS (Stadtteilinitiative Koblenzer Straße), Koblenzer Str. 9 (Ffm-Gallus)

Mit dem Infrastrukturprojekt "Stuttgart 21" versuchen die Deutsche Bahn und die baden-Württembergische Landesregierung gegen den Willen der Bevölkerung ein Prestigeprojekt ohne jeden verkehrspolitischen Nutzen durchzusetzen. Das gesamte Vorhaben würde in Verbindung mit einer kurzen Schnellbahnstrecke nach Ulm mindestens 9 Milliarden Euro verschlingen. Geld, das bundesweit fehlen würde, wo es wirklich gebraucht wird.

Stuttgart 21 ist nicht zuletzt ein Privatisierungsprojekt, mit dem 100 Hektar Grund und Boden in bester innerstädtischer Lage aus öffentlichem Eigentum (erst Bahn, dann Stadt Stuttgart) an Investoren und Spekulanten verkauft würden. Um diesen Coup zu ermöglichen, muss das Gleisfeld hinter dem Bahnhof frei gemacht werden. Dazu soll ein funktionierender oberirdischer Kopfbahnhof durch einen vorne und hinten nicht durchdachten unterirdischen Durchgangsbahnhof und 33 km Tunnelstrecken ersetzt werden. Statt bestehende Engpässe zu beseitigen, würden neue geschaffen.

Gegen dieses Projekt hat sich vor allem in den letzten Monaten massiver Widerstand formiert, eine bunte Kultur des Protests und des zivilen Ungehorsams entwickelte sich. Dass diese für viele von uns überraschende und teilweise auch inspirierende Entwicklung nicht von ungefähr kommt, sondern eine längere Vorgeschichte hat, zeigt unser Referent mit Hintergrundinfos, Bild- und Tonbeiträgen. Wir wollen an diesem Abend Zusammenhänge aufzeigen, die kreativen Seiten des Widerstands gegen Stuttgart 21 mit in den Vordergrund stellen und die Perspektiven diskutieren.

Veranstaltet von: IWW Frankfurt/M

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