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Geisslers Ornamente - geflochten um die Gitterstäbe des Knasts

Geissler hat geboten und gegeben, was innerhalb des betonierten Systems des Rechts und der Verträge möglich war. Sein eines Argument für Stuttgart 21: Die Bahn hat schon viel gezahlt und ein Baurecht. "Vertrag ist Vertrag"

Sein anderes: Zumutbarkeit. Gegenüber der Bahn, versteht sich. Nachdem das Grundsätzliche geregelt war, gab es reichlich Schokolädle für die S21-Gegner. Sie waren aufgeschlossen, konnten zuhören und waren echte Bürger- als Mitdenker eines unveränderten Projekts.

Auflage an die Bahn: Zwei Gleise mehr. Auflage an die Stadt: Immobilien in eine Stiftung. Angebot an die Naturschützer: Bäume nur dann absägen, wenn schon todgenagt und erdgeneigt. (Allerdings Vorsicht vor Baumärzten, die die Stadtplanung zur Tod-Erklärung einsetzt). Ein schon der Benennung nach urkomischer Stress-Test der Bahn. Man erinnert sich freudig an den Banken-Stress-Test in ganz Europa. Fiel vor acht Wochen in Irland besonders toll aus. Was wurde da gemessen?

Geissler ist der geringste Vorwurf zu machen. Außer dem einen, sich als Darsteller im Zirkus des Unmöglichen verkauft zu haben. Innerhalb unanfechtbarer bürgerlicher Regeln und Gesetze ist mehr als Ornament unmöglich.

Bismarck hat seinerzeit das Muster geliefert. Nachdem er zwei Kriege gewonnen hatte, den Norddeutschen Bund gegründet und alles aus der Diskussion genommen, was den Bund gründen sollte, bat er 1867 nach dem Krieg gegen Österreich die Liberalen und das Zentrum im preußischen Parlament um "Indemnität". Das heißt um Vergebung seiner verfassungswidrigen Durchsetzung der Steuer- und Militärgesetze ohne Bewilligung durch die Mehrheit. Geändert wurde nichts. Die Liberalen schmunzelten geschmeichelt. Eine Abart des Rechtsstaats war gegründet. Leicht zu handhaben. Der zu erwartende Widerstand gegenüber weiteren Maßnahmen wurde durch das Sozialistengesetz vorbeugend bekämpft.

Die Analogie zur Auswerfung Uneinsichtiger und Widerspenstiger zeichnet sich schon ab. Der Kommentator des Senders PHOENIX meinte am Ende in aller Unschuld, Fundamentalisten gäbe es ja immer - und die seien nicht einzufangen. Vom "Fundamentalisten" zum "Terroristen" ein kurzer Denkweg. Für die Polizei leicht zu beschreiten. Aber nicht nur für sie. Ministerpräsident Mappus wird die quälende Schmunzelgrimasse schneller wieder los als erwartet.Dann haben die restlichen Unzufriedenen, die noch demonstrieren, nicht mehr viel zu lachen.

Immerhin ein Verdienst hat Geissler. Er hat allen, die an grundsätzliche Änderungen denken, eines gezeigt: Veränderungen, die die Grundfesten der Rechtsordnung nicht angreifen, bleiben immer nur ornamental.

Die wirklich brutalen Umstürzungen versprochenen Rechts bleiben bei uns immer den Herrschenden und Oberen vorbehalten.Wenn die Verträge gebrochen werden, die das Atomrecht begründeten,soll das gar nicht wahrgenommen werden. Auf keinen Fall dürfen sie als Grundsatzproblem gesehen werden. Vor diesem Problem werden sich vor allem die GRÜNEN vorfinden. Bis jetzt nahmen sie mit einem verschämten "besser
als nix"
zufrieden am Katzentisch Platz. Der wird ihnen gewaltsam entzogen werden, wenn sie nicht endlich aufstehen und jenes "mehr" verlangen, das einst Oliver Twist im Waisenhaus forderte.

Kurz vom dem Verhungern trat er mit der leeren Schüssel an den Herrentisch- und wurde als hoffnungsloser Widerling erkannt und ausgeschafft.

Argumente gegen die Tieferlegung

Stuttgart 21 - oder: Wem gehört die Stadt
Kurz vor der Verkündung von Heiner Geißlers Schlichterspruch erschien im Kölner PapyRossa-Verlag das Buch "Stuttgart 21 - oder: Wem gehört die Stadt". Der Sammelband, herausgegebenen von Volker Lösch, Gangolf Stocker, Sabine Leidig und Winfried Wolf, widmet sich dem milliardenschweren Immobilienprojekt mit tiefergelegtem Bahnhof, hinterfragt es kritisch und zeigt Alternativen auf.

Im Vorwort erklärt der Schauspieler Walter Sittler, worum es bei dem Protest geht: Es soll „der Wille und die Interessen der Bevölkerung, des Souveräns, die von unseren gewählten Vertretern eigentlich geschützt werden sollten, wieder ins Recht gesetzt werden.“ Das Buch wolle den Protest aus verschiedenen Blickrichtungen beleuchten und soll unter anderem auch helfen, ihn besser zu verstehen.

„Lügenpack, Lügenpack“ schallt es durch die Stuttgarter Straßen, wenn die S21-Gegner demonstrieren. Winfried Wolf, ein ausgewiesener Bahnexperte, der in den neunziger Jahren verkehrspolitischer Sprecher der PDS-Bundestagsfraktion war, und bei „Bürgerbahn statt Börsenwahn“ und „Bahn für alle“ aktiv ist, beschäftigt sich in seinem Beitrag mit sieben Lügen der Projektbefürworter. Detailliert erklärt er, warum Stuttgart 21 weniger leistungsfähiger ist als der optimierte Kopfbahnhof, sich die Neubaustrecke Stuttgart - Ulm nicht rechnen und das Projekt eben kein „grünes“, ökologisch sinnvolles, Projekt ist.

Dass sich an dem Projekt eben nicht nur die gern von den Medien präsentierten wohlsituierten Bürger beteiligen, zeigt das Interview des junge Welt-Journalisten Daniel Behruzi mit drei Aktivisten der Jugendoffensive gegen Stuttgart 21. Diese organisierte auch den Schulstreik gegen das Projekt am 30. September, der in einem brutalen Polizeieinsatz endete. Mehrere hunderte Menschen wurden verletzt. Polizei und Landespolitikern versuchten gleich, den Protestierern den schwarzen Peter zuzuschieben. Damit scheiterten sie jedoch auch dank der offensichtlichen Beweise, die über die Bildschirme der Republik flimmerten. Auf die Frage, welche Wirkung die Erlebnisse auf sie und ihre Mitschüler gehabt hätten, antwortet Florian, dass er denke, solche Erfahrungen würden Menschen extrem politisieren. An diesem Tag habe sich gezeigt, dass es die Aufgabe der Polizei sei, gefällte politische Entscheidungen auch gegen den Willen und das Interesse der Bevölkerung durchzuboxen.

Egon Hopfenzitz weiss, was der Stuttgarter Kopfbahnhof leisten kann. Der Bundesbahn-Oberrat a.D. leitete 14 Jahre den Hauptbahnhof der Landeshauptstadt und beschreibt an Hand von Zahlen, dass der Kopfbahnhof nicht nur leistungsfähiger ist, sondern auch im Zukunft noch ausbaubar. Mit einem tiefergelegten Durchgangsbahnhof sei eine Erweitung nicht machbar.

In den neunziger Jahren war Stuttgart 21 keine einzigartige Idee. Überall wollte die Bahn 21er-Projekte durchsetzen, so zum Beispiel in München oder Frankfurt am Main. Auch in der Bankenmetropole gab es die Idee, den Bahnhof unter die Erde zu legen und 90 Grad zu drehen. Wie hier die Bürgerinitiative Frankfurt 22 die Tieferlegung verhinderte, berichtet der Autor und Regisseur Klaus Gietinger.

Am Ende des Buches setzt sich Winfried Wolf mit der Bahnprivatisierung auseinander, die 1993 mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen verabschiedet worden war. Durch einen Trick sei es der Bahn gelungen, dass nicht mehr bahnbetriebsnotwendiges Gelände im Eigentum der Bahn bleiben konnte. Diese konnte die privatisierte Bahn verkaufen und so mit den Milliarden ihre Bilanzen aufhübschen.

Abgerundet wird der faktenreiche Sammelband mit einer Chronologie des Projektes, der Ausschnitten aus Bundestagsreden vom September und Oktober 2010 und einer Linksammlung.
Das Buch ist verständlich geschrieben und stellt die Positionen der S21-Gegner und ihre Kritik an dem Megaprojekt dar und ist somit ein gelungenes Agitationsmittel.

Der für Dienstag erwartete Schlichterspruch wird keine Einigung bringen. Es kann keinen Kompromiss zwischen oben und unten geben. Der Kampf um den Erhalt des Kopfbahnhofes wird noch etwas andauern, das Buch liefert die Argumente ihn fortzusetzen und auszuweiten. Die Milliarden gehören nicht verbuddelt sondern investiert in eine soziale Infrastruktur, Bildung, Kultur, ...

Volker Lösch/Gangolf Stocker/Sabine Leidig/Winfried Wolf (Hg.): Stuttgart 21 -“ Oder: Wem gehört die Stadt, PapyRossa-Verlag, 200 Seiten, 10,00 Euro, ISBN 978-3-89438-450-0

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Wir bleiben auf der Strasse! Weg mit Stuttgart 21!

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Auch am kommenden Samstag findet eine Demontration gegen Stuttgart 21 statt. Zu der Demo ruft die AG Demonstration der Aktionskonferenz gegen S21 auf:

"Nur die massiven Demos haben zu den Gesprächen geführt. Aber diese Gespräche werden von der Gegenseite genutzt, um aus dem Druck herauszukommen und ihrerseits Druck aufzubauen. Sie wollen, dass Ruhe einkehrt, sie steigern die Hetze in den Medien, sie greifen die Parkbesetzung an.

In den Schlichtungsgesprächen haben die guten Argumente von unserer Seite überwogen. Aber der Gegenseite, den Baulöwen, den Banken und ihren Politikern geht es nicht um Vernunft oder ein gutes Verkehrssystem. Es geht um ihre Interessen, also Macht und Geld.

Dagegen müssen weiter unsere einzige Gegenmacht stellen: Widerstand auf der Straße, im Park, in der ganzen Stadt!

Demonstration am 27.11. 2010 um 14.00 auf der Schillerstr.

Auftaktkundgebung mit :
  • RednerInnen aus dem Widerstand!
  • der ParkbewohnerInnen
  • von Bezugsgruppen
  • für Volksabstimmung
Musik aus dem Widerstand

Demonstration 15.00 Uhr

Ende gegen 17.00 im Schlossgarten zum Advent Resist
V.i.S.d.P.: Matthias Fritz, Gehrenwaldstr. 58, 70327 Stutgart"

Stuttgart 21: Dritte Aktionskonferenz

Am Donnerstag 2.12.2010 18 Uhr findet die 3. Aktionskonferenz des Widerstands gegen Stuttgart 21 im DGB- Haus, Willy - Bleicher- Str. 20 Stuttgart -“ Mitte statt.

Themen:

• Bewertung der Schlichtungsgespräche
• Perspektive des Widerstands nach Ende der Schlichtung

Ablauf:


• kurze Referate zur Bewertung der Schlichtungsgespräche
• Diskussion in Kleingruppen
• Rückmeldungen ins Plenum
• Vorstellungen von Aktionsgruppen
• Austausch mit den Aktionsgruppen

Wer seine Aktionsgruppe auf der Aktionskonferenz vorstellen will sollte dies beim Vorbereitungsteam per Mail anmelden.

Stuttgart: Rock gegen S21 am 27.11.2010

Im LKA Longhorn findet am 27.11. die Benefizveranstaltung Rock gegen Stuttgart 21 statt. Rock gegen Stuttgart 21 ist ein „thematisches Rockkonzert“ mit Redebeiträgen in den Umbaupausen. „Rock gegen Stuttgart 21“ wird als Auftaktveranstaltung im L.K.A Stuttgart stattfinden, voraussichtlich am 27./28.11.2010 von 18 bis 6 Uhr. Weitere Clubs haben sich ebenfalls bereiterklärt, als Mitveranstalter bei dem Projekt mitzuwirken.

Der Erlös kommt einem Augenverletzten des 30.09.2010 sowie dem Projekt der “Wasserträger-, einer Videoinstallation zum Thema “Grundwassermanagement-, zugute.



Bisher haben zugesagt:

David Hanselmann Band

Dr. Drunk-™n'Stoned

The Savants

The Jack

Mindead

Roadducks

Dead End Dreaming

My Little Rockstar Dream

Locke und die grüne Welle



Via

Stuttgart 21: Proteste am Scheideweg?

Gemeinsam kämpfen - Montagsdemo am 18.10.2010
Foto: Thomas Trueten
Die Schlichtungsgespräche zu Stuttgart 21 sind für die Befürworter der Rettungsanker in einer politischen Situation, in der sie immer mehr in die Defensive geraten sind. Die politische Krise in Stuttgart - für viele die „Hauptstadt des Widerstandes“ - ist auch für die Regierung in Berlin bedrohlich geworden.

Neben für die Gegner altbekannten Fakten brachten die bisherigen Gespräche nur unwesentlich neue Erkenntnisse. Vor allem aber wirkt sich die Schlichtung auf die Proteste aus. Von oben herunter, ohne wirklich demokratischen Entscheidungsprozess, wurden bis auf die Montagsdemonstrationen die weiteren - abwechselnd Freitags oder Samstags stattfindenden - Großdemonstrationen abgesagt. Zumindest bis zum Ende der Schlichtung und mit Ausnahme einer regionalen Großdemonstration am 20. November.

Für die S21 Befürworter geht es um einiges: Neben der Wiederherstellung des politischen Friedens mit allen Mitteln sind sie hoch motiviert, bis zu 18 Milliarden Euro sichere Aufträge in den nächsten 20 Jahren für die Immobilien- und Baubranche durchzusetzen. Auf Kosten bundesweit notwendiger Sanierungen und Erweiterung der Bahninfrastruktur. Die Befriedigung der Mobilitätsbedürfnisse der Masse der Bevölkerung ist jedoch auch hier nicht der Antrieb. Hinter dem Projekt Stuttgart 21 steht auch eine Verkehrsstrategie: Konzentration auf Hochgeschwindigkeitszüge zwischen den Metropolen und Flughäfen, Rückbau des Schienen- Nahverkehrs, Verlagerung des Güterverkehrs von der Schiene auf die Straße. Diesen Umbau betreiben die Auto- und Luftfahrtkonzerne -“ nicht nur in Stuttgart. Im Zentrum: Der Daimler Konzern. Ein Schelm, wer böses dabei denkt, dass seit Anfang der 90er Jahre drei ehemalige Manager des Konzerns, Dürr, Mehdorn und Grube als Bahnchefs den Umbau der Bahn betreiben. Politisch flankiert vom ehemaligen Siemens Angestellten und heutigen CDU Ministerpräsidenten Mappus.

Für die Durchsetzung dieser Strategie und den Profit wurde gelogen und betrogen, am 30. September auch geprügelt und bürgerlich - demokratische Rechte außer Kraft gesetzt. In dem Augenblick, in dem es nicht gelungen ist, durch die Ereignisse am „blutigen Donnerstag“ die Gegner zu kriminalisieren, sondern im Gegenteil immer mehr Menschen politisiert wurden, zauberte Ministerpräsident Mappus die Schlichtung aus dem Hut. Während sich ein größerer Teil des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 auf dieses Verfahren einließ, haben vor allem die AktivistInnen der Parkschützer die Schlichtung gleich zu Beginn verlassen. Ein wichtiger Grund war die Tatsache, dass während der Schlichtungsverhandlungen seitens der S21 Betreiber kein Baustopp verkündet wurde. Zudem hatte unter anderem Mappus erklärt, dass ihn die Ergebnisse der Schlichtung nicht interessieren.

Ein weiterer - der zentrale Punkt daran ist, dass mit der Teilnahme an der Schlichtung der Gegenseite die Legitimierung gegeben wird, die sie nicht verdient hat - durch die öffentliche Debatte, um ihr Projekt durchzusetzen, auf die sich die Betreiber anschließend stützen werden. Das ist die große Falle. Eine Schlichtung kann gemacht werden, wenn zwischen den beiden Parteien ein Minimum von Vertrauen, ein Gleichgewicht und Gleichberechtigung besteht. In Wirklichkeit ist das Schlichtungsverfahren ein reiner Missbrauch von Demokratie, angefangen bei der Frage, wer die Vertreter beider Seiten eigentlich dazu legitimiert hat...

Auch angesichts der im Grunde unversöhnlichen Standpunkte - es gibt keinen halben Bahnhof -“ erscheint vielen klar, was am Ende der Schlichtung steht: Eine sogenannte „Volksabstimmung“.

Der Mythos von der demokratischen Volksabstimmung oder der Weg in die Sackgasse

Für eine Volksabstimmung in Baden-Württemberg müsste sich -“ rein juristisch gesehen -“ „innerhalb von 14 Tagen ein Sechstel aller Stimmberechtigten des Landes -“ das sind ca. 1,2 Millionen Menschen -“ innerhalb von nur zwei Wochen in nur in den Gemeindeämtern aufliegenden Listen [also unter den Augen der Gemeindebehörden] eintragen müssen [Art. 59 Abs. 2 in Verbindung mit Volksabstimmungsgesetz § 25,1 und § 28,1]. Nimmt man hinzu, dass nicht nur die Kosten des Zulassungsantrags, sondern auch diejenigen der Eintragungslisten und ihrer Versendung an die Gemeinden den Antragstellern zur Last fallen [Volksabstimmungsgesetz §39,1] -“ während die Parteien wie selbstverständlich stattliche Wahlkampfkostenerstattungen kassieren -“ ist klar, dass keine Bürgerinitiative je im Stande sein wird, derartige Hindernisse zu überwinden.“ (Aus: "Stuttgart 21" -“ Aufruf zu einem Volksbegehren "Stärkung der Volksrechte in Baden-Württemberg")

Selbst wenn am Ende der Schlichtung ein wie auch immer geartetes Verfahren steht, diese rechtlichen Hürden zu umgehen: Eine Volksabstimmung findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern unter medialer Hegemonie der S21 geneigten, bürgerlichen Medien und der durch sie verbreiteten Pro S21 Propaganda. Wenn es auch im Großraum Stuttgart so sein mag, dass die Mehrheit der Menschen auch aus der persönlichen Betroffenheit heraus gegen das Projekt ist -“ in ländlichen Gegenden kann das schon anders aussehen. Und so sehen sich viele S21 GegnerInnen der Gefahr ausgesetzt, auch mit der Forderung nach einer Volksabstimmung der Gegenseite genau die demokratische Legitimierung zu geben, die diese für sich getreu dem Motto: „Wir leben in einer repräsentativen Demokratie“ beansprucht. Und es will sich ja niemand sagen lassen, man sei kein Demokrat...

Was aber ist, wenn die „Volksabstimmung“ ergibt, dass das „Volk“ für S21 ist?

Der eigentliche Trick bei dem jetzigen Verfahren ist, dass in dem Augenblick, in dem die Massenproteste begannen, Wirkung zu zeigen, der Druck herausgenommen und die Initiative an Stellvertreter abgegeben wurde. Allerdings lässt sich auch hier die Uhr für beide Seiten nicht zurückdrehen. Für die herrschende Politik besteht die latente Gefahr, dass immer mehr Menschen nicht nur erkennen, dass Entscheidungen ohne sie, aber auf ihre Kosten gefällt werden. Sondern dass sie die „repräsentative Demokratie“ an sich in Frage stellen und ihre Sache selber in die Hand nehmen. Für die S21 GegnerInnen, vor allem die basisorientierten Kräfte besteht die Herausforderung, die eigenen Graswurzelprinzipien gegen starken Gegenwind seitens der S21 Betreiber, gegen die „Pragmatiker“ in den eigenen Reihen, die Medienhetze usw. nicht nur zu verteidigen, sondern höher zu entwickeln.

Die Menschen machen immer mehr die Erfahrung, dass spontane und unkontrollierbare Aktionen nicht nur mehr Spaß machen sondern -“ gerade wenn sie verbunden sind mit anderen sozialen und politischen Kämpfen wie den Castor Protesten oder den Protesten gegen das „Sparpaket“ der Bundesregierung -“ eine viel stärkere Wirkung entfalten können.

Daran können und werden die Befriedungsversuche scheitern...


Voarbveröffentlichung aus: Graswurzelrevolution Nr. 354, die Printausgabe mit Schwerpunkt Atom / Castor / Stuttgart 21 erscheint in der kommenden Woche.

Siehe auch:
Aufstand der Schwaben. Teil 1 veröffentlicht in GWR 352
"Stuttgart 21" -“ längst keine Frage der Argumente mehr... veröffentlicht in GWR 353

Europaweiter Protest gegen den Bau eines Schienennetzes für Hochgeschwindigkeitszüge

Beim Protest gegen den Bau eines Schienennetzes für Hochgeschwindigkeitszüge (LGV) im Baskenland zeigen sich verblüffende Parallelen mit der Auseinandersetzung um Stuttgart 21. In einer Solidaritätserklärung aus dem Baskenland mit dem S21 Protest setzte sich Martine Bouchet, Sprecherin von CADE (Collectif des Associations de Defense de Environnement du Pays Basque), einem Zusammenschluß von 43 Organisationen und Vereinigungen, die gegen das LGV-Projekt im französischen Teil des Baskenlands kämpfen, kritisch mit ihren Erfahrungen mit der Schlichtung (Mediation) auseinander.

Von den Protesten dort wird in einem Video zur Mobilisierung gegen den Bau eines Hochgeschwindigkeitsnetzes im Baskenland berichtet. Es zeigt den Protest an der Strecke von Bordeaux nach Spanien. Die Aktion ist Teil der Kampagne eines Bündnisses gegen Hochgeschwindigkeitstrassen in Spanien, Frankreich und Italien, die im Januar eine gemeinsame Erklärung verabschiedet und unterzeichnet haben. Beispielsweise sollen für die Strecke von Bordeaux nach Toulouse 4 Milliarden Euro ausgegeben werden. Für eine Zeitersparnis von 20 Minuten sollen Generationen zahlen. Der Regionalrat der französichen Region Aquitaine verabschiedete kürzlich einen Beitrag von 300.000.000 €, den die Region für den Bau der TGV Strecke Tours - Bordeaux zahlt. Sie ist die erste der 57 Kommunen, die auf die entsprechenden Forderungen von Réseau Ferré de France, dem staatlichen Betreiber des französischen Schienennetzes eingegangen sind. Für diese Finanzierung wird gleichzeitig beispielsweise an der Bildung "gespart": Für die Hochschulen wurden nur 20 Millionen Euro Etat bewilligt.

Am Sonntag um 17.00 Uhr ist eine Veranstaltung der "Jugendoffensive gegen S21" mit einer Aktivistin der Kampagne im Susa-Tal in Norditalien in den Räumen der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg - Forum für politische Bildung und Kultur e.V.

Ort: Stuttgart, Ludwigstr. 73a, Nähe S-Bahn Schwabstraße.


20. November: Regionale Großdemonstration gegen Stuttgart 21

Am 30. September wurde durch die Landesregierung und die Polizei massiv in das Recht auf Versammlungsfreiheit in Stuttgart bei einer Protestdemonstration gegen "Stuttgart 21" eingegriffen. Die Folge: Ca. 400 Verletzte TeilnehmerInnen. Seither weigert sich die Landesregierung, die Vorgänge rückhaltlos aufzudecken. Aus diesem Grund findet eine Großdemonstration am 20. November in Stuttgart statt.

Aufrufer sind neben dem Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 auch das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit.

Wir rufen alle demokratisch gesinnten Menschen - unabhängig von ihrer Position zu Stuttgart 21- dazu auf, an der Demonstration teilzunehmen!

Mehr Information:
http://www.bei-abriss-aufstand.de/
http://www.jugendoffensive.blogsport.de/
http://www.parkschuetzer.org/
http://www.versammlungsrecht.info/

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