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Lebenshilfe: Beim Lügen nie mehr rot werden

Wer öffentlich auftritt, hat oft noch Schwierigkeiten beim Umgang mit der Unwahrheit. Viele befürchten mit Recht die Folgen einer guten Erziehung. Rot zu werden nämlich, wenn`s ans Lügen geht.

Dagegen gibt es mehrere Mittel. Eines - genug Schminke auflegen. Da diese aber bei Regierungsmitgliedern im Bedarfsfall  schon einen Zentimeter dick sein sollte, könnte das auf die Dauer der Gesundheit schaden. Elisabeth I. soll durch zuviel Bleiweiß in ihrer Gesichtsauflage ihr Leben merklich verkürzt haben.

Bei genügend Einfluss auf unsere staatstragenden Sender lässt sich wohl auch ein Kurzausfall der Farbe vorsehen, so dass im sittigen Schwarz-Weiß Verfärbungen nicht auffallen. Am ergiebigsten freilich ein Immunitätstraining gegen Zweifel jeder Art. Unbeirrt vorlesen, was die Dienste Dir aufgeschrieben haben.

Einem solchen hat sich Frau v.Leyen offenbar schon vor ihrem Dienstantritt  unterzogen. Inzwischen verliert sie ihr vornehmes Blass auch bei den schweinischsten Lügen nicht. (de Maizière stand ihr nicht nach. Er verkündete mit unveränderter Alabasterstirn, dass die Terroristen jetzt wirklich kämen. Seinen Amtsvorgänger Schäuble hatten sie ja regelmäßig beim Rendez-Vous versetzt. Es soll sich noch einmal um Rächer der Sauerlandgruppe handeln. Wir verzichten weisungsgemäß auf Panik.)

Unvergleichlich ungerührt erwies sich vor allem v.d. Leyen bei der Proklamation, dass Rente mit 67 überhaupt nicht mehr schmerzlich sei, weil alle Alten von der Industrie gierig angeheuert werden. Grund: Die Lieblingserfindung der gesamten Regierung: Der demographische Wandel. Es muss nicht lang gebohrt werden, um den Wahrheitsgehalt der Behauptung zu ergründen. Dass die Regelung faktisch auf Rentenkürzung hinausläuft, liegt auf der Hand. Wenn Merkels  Einfachrechnung stimmen würde - Zahl der Arbeitenden im Verhältnis zur Zahl der Rentnerinnen und Rentner - hätte die Rentenzahlung nach 1945 sofort eingestellt werden müssen. Wer von der Volksseuche Erinnerungs-Ausfall noch nicht erfasst wurde, erinnert sich, wieviel Arbeitende damals durch Krieg und Gefangenschaft zusätzlich fehlten, wieviel Alte aber überlebten. Da grundsätzlich der Produktivitätszuwachs pro Arbeiter verdrängt  wird, klingt die Zahlungsnot immer überzeugend.

Viel interessanter ein anderer Aspekt. Die gleiche Regierung,  die hier Arbeit bis zum Verrecken fordert, verlangt ohne Unterlass permanente Leistungssteigerung. "Deutsche Wertarbeit!" "Wir - die ersten in der Welt".

Da steckt das eigentliche Problem. Und zwar nicht erst für den oft bedauerten Dachdecker, sondern auch für Berufe mit weniger körperlicher Abnützung. Nach dem Krieg gab es Schulen, in denen ohne weiteres Siebzigjährige zum Unterricht herangezogen wurden. Wir hatten so einen in Karlsruhe als Direktor. Er verpasste manchmal  im Dienstzimmer die Unterrichtsstunden. Aber wenn wir ihn dann unterwürfig aufgefunden und zur Lehre eingeladen hatten, konnte er seinen Homer auswendig. Wir hatten keine Lernausfälle. Nur: Neues konnte er nicht mehr bieten. Und hatte in dieser Richtung auch keinerlei Ehrgeiz.

Ich selber bin vor zehn Jahren aus dem Schuldienst verabschiedet worden. Zur gegebenen Zeit. Seither hatte ich nie auffallende Krankheiten. Man hätte mich also als "Charaktermajor" - wie Kaiser Wilhelm I zu sagen pflegte - noch in irgendwelche Klassenzimmer stecken können. Und ich hätte mit abgelebten Witzen und  aufgeblähten Unterrichtsblättern aus vergangenen Jahrzehnten ohne weiteres noch den Platz gehalten. Das heißt, so getan, als ob es keinen Lehrermangel gäbe und alles in Ordnung wäre. In oberschulamtsbeaufsichtigter Ordnung.

Nur eines hätte sich eben unter keinen Umständen mehr erreichen lassen: Eine Leistungssteigerung. Etwas Neues. Ein frischer Tipp zur neuesten Literatur. Eine Stellungnahme zur geschichtlichen Forschung über das Außenministerium im "Dritten Reich". Da hätte ich passen müssen. Und damit Schavans heiligen Auftrag verraten: Wissenschaftlich immer an der Spitze zu marschieren.

Und deshalb wird es die nächsten Jahre nur zum Weiterschleppen reichen. Mit der zwangsrekrutierten Fußkrankenmannschaft. Mit viel Ächzen und Stöhnen. Aber ohne den geringsten  Vorstoß in die Super-Moderne. Und ohne ein einziges Mal rot zu werden.

Europaweiter Protest gegen den Bau eines Schienennetzes für Hochgeschwindigkeitszüge

Beim Protest gegen den Bau eines Schienennetzes für Hochgeschwindigkeitszüge (LGV) im Baskenland zeigen sich verblüffende Parallelen mit der Auseinandersetzung um Stuttgart 21. In einer Solidaritätserklärung aus dem Baskenland mit dem S21 Protest setzte sich Martine Bouchet, Sprecherin von CADE (Collectif des Associations de Defense de Environnement du Pays Basque), einem Zusammenschluß von 43 Organisationen und Vereinigungen, die gegen das LGV-Projekt im französischen Teil des Baskenlands kämpfen, kritisch mit ihren Erfahrungen mit der Schlichtung (Mediation) auseinander.

Von den Protesten dort wird in einem Video zur Mobilisierung gegen den Bau eines Hochgeschwindigkeitsnetzes im Baskenland berichtet. Es zeigt den Protest an der Strecke von Bordeaux nach Spanien. Die Aktion ist Teil der Kampagne eines Bündnisses gegen Hochgeschwindigkeitstrassen in Spanien, Frankreich und Italien, die im Januar eine gemeinsame Erklärung verabschiedet und unterzeichnet haben. Beispielsweise sollen für die Strecke von Bordeaux nach Toulouse 4 Milliarden Euro ausgegeben werden. Für eine Zeitersparnis von 20 Minuten sollen Generationen zahlen. Der Regionalrat der französichen Region Aquitaine verabschiedete kürzlich einen Beitrag von 300.000.000 €, den die Region für den Bau der TGV Strecke Tours - Bordeaux zahlt. Sie ist die erste der 57 Kommunen, die auf die entsprechenden Forderungen von Réseau Ferré de France, dem staatlichen Betreiber des französischen Schienennetzes eingegangen sind. Für diese Finanzierung wird gleichzeitig beispielsweise an der Bildung "gespart": Für die Hochschulen wurden nur 20 Millionen Euro Etat bewilligt.

Am Sonntag um 17.00 Uhr ist eine Veranstaltung der "Jugendoffensive gegen S21" mit einer Aktivistin der Kampagne im Susa-Tal in Norditalien in den Räumen der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg - Forum für politische Bildung und Kultur e.V.

Ort: Stuttgart, Ludwigstr. 73a, Nähe S-Bahn Schwabstraße.


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