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Kirsten Heisig anti-muslimisch? Nein. Aber unterwegs zur universellen Schulüberwachung

Buchcover
Kirsten Heisig wandelt zwar im Denkgefolge Sarrazins, macht allerdings  keinerlei Aussagen zum Islam an sich. Dafür plädiert sie für ein umfassendes Überwachungssystem in "gefährdeten Bezirken" nach dem Vorbild der USA.

Kirsten Heisig war an die zwei Jahrzehnte Jugendrichterin in Berlin-Neukölln und berichtet in ihrem einzigen hinterlassenen Buch  von dort erlebten  Problemfällen. (Dass sie wenige Monate nach Fertigstellung des Werks freiwillig aus dem Leben ging, gab zu Spekulationen Anlass, zu denen wir uns jeder Stellungnahme enthalten).

Kirsten Heisig wird nach ihrem Tod von manchen Schnell-Lesern einfach als Bestätigerin von Sarrazin gewertet. Das ist entschieden falsch. Im Gegensatz zum Breitsensenschnitt des Vordenkers kennt Kirsten Heisig  auch deutsche jugendliche Straftäter in beachtlicher Zahl und findet keine erheblichen Unterschiede zu den Kollegen mit "Migranten-Hintergrund". Auch spricht sie kaum vom Islam an sich als möglichem Grund von Untaten, sondern unterscheidet sehr genau zwischen der türkischen und der "arabischen" Einfluss-Sphäre. ("arabisch" - wie dem Buch  zu entnehmen ist - als Sammelbegriff für libanesisch- kurdisch-palästinensisch verwendet). Hier spricht sie, immer noch nachvollziehbar, das System der Großfamilien an, in denen der einzelne Jugendliche nach einer Straftat Schutz findet, unter Umständen auch von Schule zu Schule, von Wohnort zu Wohnort weitergeschoben werden kann, um Unannehmlichkeiten zu entgehen. Dafür bringt sie  überprüfbare Beispiele an.

Auffällig allerdings der Blickwinkel, aus dem alle Schäden gesehen werden und daraufhin geheilt werden sollen. Es ist der der ausgepichten eingefleischten Fachjuristin, die alle Gesetze gewogen hat und ein jedes für gleichgewichtig nimmt, handelt es sich nun um Schwarzfahren oder um Angriffe mit dem Hockeyschläger.

Liebevoll werden gleich bei den Fallbeschreibungen am Anfang des Buches  die Schwarzfahrten aufgezählt, die sich den anderen Delikten der jugendlichen Täterinnen und Täter an die Seite stellten. Bei der Schilderung eines Dienstvormittags  bekommen die Nur-Schwarzfahrenden noch mal eine ganze Stunde Verhandlungszeit zugebilligt. Nirgends taucht der einfache und bescheiden sozialreformerische Gedanke auf, solche Jugendlichen aus den entsprechenden Kreisen mit einem Freifahrschein zu versehen. Das Parlament hat nun einmal die Ahndung des Schwarzfahrens beschlossen: Also muss das auch durchgesetzt werden.

Entsprechend verläuft der Gedankengang im ganzen Werk.  Der junge Delinquent - es kommen fast nur Berichte über Jungs vor - wird mit liebevoller Strenge als bloßes Objekt gesehen. Es kommt darauf an, ihn mit allen Mitteln so zu überwachen, dass er dann später zu Lehrstelle und einfacher pünktlicher  Dienstleistung fähig ist.

Dazu - und das ist Heisigs Vorschlag - müssen alle staatlichen Stellen zusammenarbeiten, um eine lückenlose Überwachung zu erreichen.

Dem Datenschutz für Jugendliche wird bedenkenlos freigegeben.Er hat vielleicht anderswo seine Berechtigung, aber nicht bei Leutchen zwischen 14 und 21 Jahren. Schutzinteressen darf es nicht geben, wenn - an erster Stelle - die Polizei, dann das Jugendamt,die Schulen, die Jugendvereine - zusammenarbeiten, um möglichst schon präventiv einschreiten zu können. So spielt der unerbittliche Kampf gegen die "Schulabstinenz" die allerwichtigste Rolle. "Schulabstinenz" - ein Neologismus für das bekannte Schulschwänzertum.  Strafen gegen säumige Eltern helfen da vielleicht weiter. Und wenn jemand einwendet, solche hätten oft nur Hartz IV, muss wieder der Gesetzgeber herhalten: der hat doch sicher gewusst, dass diese Strafen vor allem die "sozial Benachteiligten" treffen. Also ist gegen Bußgelder in  diesen Kreisen nichts einzuwenden.

In der Schule wieder ein besonders zu beachtender Punkt: Schimpfwörter gegenüber Lehrerinnen und Lehrer sofort anzeigen und ohne zeitlichen Verzug ahnden. (Früher hat man die hinterhergerufenen "Arschpauker" am besten überhört. Jedesmal schon deshalb zum Richter rennen - du lieber Himmel).

Die Schulen haben in den Sekundärtugenden zu trimmen. So früh wie möglich  ist mit der Berufsberatung zu beginnen, damit Schüler Jörgi  sich rechtzeitig darauf einstellt, was ihn als Azubi Jörgi erwartet.
Mit Recht wird der Lehrermangel beklagt. Worüber Kirsten Heisig aber kein Wort verliert, das ist  was man in den Schulen sonst noch treiben könnte, was selbst einen Straßen-Rowdy noch interessieren möchte.

In das Internat der Lietz -Schule, in dem ich zehn Jahre verbrachte, wurden in finanziell besseren Zeiten immer wieder von Jugendämtern Kinder geschickt, die zumindest nahe an Bestrafungen vorbeigerutscht waren. Tatsächlich erwiesen sie sich nicht gerade als universell lernbegeistert. Aber es  gab doch kaum einen, der Interesse für nichts gezeigt hätte. Wenn man nur fähig war, genügend Aufmerksamkeit auf ihn zu verwenden. Was wieder  mit der relativ großen Anzahl von Lehrerinnen und Lehrern zu tun hatte, bezogen auf  die Schülerzahl.

Ich erinnere mich an einen, den ich zum Jugendgericht als sein "Familienvater" begleitete. Er war beschuldigt, weil er nach dem Erntedank in eine Kirche eingestiegen war und dort sich an den Gaben auf dem Altar gütlich getan hatte. Die Richterin war sehr freundlich. Nur - wie fuhr sie auf, als der Delinquent in aller Unschuld erzählte: "Ja, und wie ich dann drin war, habe ich erst mal gemütlich  gevespert".
"Wie - gevespert nennen Sie das? Vom Tisch des Herrn...."
Und um ein Haar  wäre aus dem Mundraub Einbruch mit Raub in einem schweren Fall geworden plus Anatz zur Gotteslästerung. Und war doch nur unbedachte Wahrheitsliebe aus kirchenfernem Mund gewesen. Es ließ sich dann alles noch beibiegen - aber mir wurde bei der Gelegenheit klar, wie - bei berechtigtem oder unberechtigtem richterlichen Zorn - sich Pyramiden des Verwerflichen auftürmen lassen.

Kirsten Heisig hat auch Studienfahrten in andere Großstädte unternommen und stellte dort befriedigt fest, dass vor allem die Polizei noch etwas mehr in Erfahrung bringt und schneller vorbeugt als bei uns
Sie hat sicher einen ungeheuren Arbeitseinsatz erbracht und mehr getan als viele andere im Jugendgericht Beschäftigte. Nur eins ist ihr nie in den Sinn gekommen: dass es in entsprechenden Brennpunkten der USA das alles schon gibt. Geben muss, wenn man einer Serie Glauben schenkt, die in VOX lange Zeit lief. "Public Boston". Da wird eine Schule ausführlich und liebevoll vorgeführt, stark auch aus der Sicht der Lehrer. Zum gewöhnlichen Unterricht kommt man dort freilich fast nie. Es gibt immer neue Disziplin- und Kriminalvorkommnisse. Der von Kirsten Heisig nicht einmal gewünschte Haus-Kriminalkommissar mit Waffe ist dort der wichtigste Mann. Lehrer werden wegen kleiner Misshelligkeiten ohne weiteres suspendiert oder gleich gefeuert. Das wichtigste am Unterricht muss - wenn man der Serie glauben darf - der morgendliche Namensappell sein. Bedeutungsvolle Fragen immer neu: Wer war dabei ? Wer hatte die Aufsicht? Was sagen die weiteren Behörden? An welcher  Stelle im alljährlichen Leistungsvergleich werden wir uns wiederfinden? Informationen über alle: Lehrer wie Schüler liegen beim ersten Computerclick vor. Verkehrsunfälle? Liebschaften? Cliquenzugehörigkeit? Besondere Vorkommnisse im Stadtviertel? Eltern? Deren Beruf und Vorleben? usw.

Dass Sarrazin mit seinen Statistiken und Schlussfolgerungen  ein Luftikus war, wird sich in spätestens einem Jahr herausstellen. Dann wird man ihn gnadenhalber einreihen unter all die Rassenforscher in den USA, die immer neu herausbekamen, dass ein kleiner schwarzer Junge aus den Slums kein Einstein werden konnte, was angeblich bisher von Scharen geglaubt worden sein soll.

Viel gefährlicher - trotz und wegen ihrer Verdienste als Fachfrau-muss dagegen Kirsten Heisig wirken. Weil sie wirkliche Leiden in Elendszentren benennt - und weil sie - ganz ohne Rassismus - die lückenlose Überwachung bestimmter Menschengruppen vorschlägt.

Weil sie damit eine ganze Sorte Menschen zum bloßen Objekt der Bearbeitung erklärt, im Interesse einer anderen Menschengruppe, die sich mit möglichst geringen Kosten zu ihrer Ausbeutung bereithält.
Weil sie damit - ohne es vielleicht gewollt zu haben - den aufgeklärten zupackenden Klassenkampf von oben unterstützt.

Kirsten Heisig: Das Ende der Geduld: Konsequent gegen jugendliche Gewalttäter

Erfolgreiche Castor-Südblockade in Berg/Pfalz

"In Berg in Rheinland-Pfalz sollte am Samstag den 6. November 2010 der 12. Atommüll-Transport die deutsch-französische Grenze passieren. Mehr als 2.000 AtomkraftgegnerInnen haben sich zu einer Kundgebung versammelt. Viele davon waren entschlossen, sich dem Castor in den Weg zu stellen, um damit ein deutliches Zeichen für den sofortigen Atomausstieg zu setzen.

Die Blockade war ein Erfolg für die GleisblockiererInnen. Der Castor-Transport kam nicht durch und musste über eine andere Route fahren. Es ist das erste Mal, dass so viele Menschen mit einer entschlossenen Auftaktblockade im Südwesten den Castor empfangen.
"

(Via cinerebelde, siehe auch den Bericht der Demobeobachter des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit sowie die Fotoreportage von Roland Hägele)

Bronenosets Potyomkin (Battleship Potemkin) (1925)

Aus aktuellem Anlass zeigen wir den Film "Panzerkreuzer Potemkin", aus dem Jahre 1925 von Sergej S. Eisenstein. Der Film über den Matrosenaufstand im zaristischen Russland, der zum Signal für die russische Revolution von 1905 wurde, ging vor allem mit der berühmten "Treppenszene von Odessa", in dem ein Kinderwagen in einer Schlüsselszene diese Treppe hinunterrollt, in die Filmgeschichte ein. Darsteller waren neben Schauspielern die Mannschaften der Roten Flotte und Einwohner Odessas.

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