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Prozess um Anti-Nazi-Symbole am BGH Karlsruhe

Das Landgericht Stuttgart verurteilte Jürgen Kamm von Nix-Gut am 29.9.2006 zu einer Geldstrafe von 3.600 Euro wegen der Verwendung und des massenhaften Vertriebs Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Es handelt sich dabei z.B. um T-Shirts ähnlich diesem hier, nur mit einem verbotenen Symbol statt Text:


Gegen das Urteil hatte Jürgen Kamm Revision eingelegt. Der ak prozessbeobachtung (sKAd) berichtet am heutigen 08.03.2007 auf IndyMedia zur heutigen Revisionsverhandlung:

Im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe um die Verwendung von durchstrichenen Hakenkreuzen und anderen antifaschistischen Symbolen forderten der Rechtsanwalt und die Bundesanwaltschaft die Aufhebung des Urteils des Landesgerichts Stuttgart und den Freispruch des Angeklagten. Das Urteil wird erst am kommenden Donnerstag, 15.03. vom 3. Senat des BGH verkündet. Über 80 BesucherInnen und PressevertreterInnen verfolgten den Prozess heute. AntifaschistInnen verteilten Flugblätter an die Anwesenden im Gerichtssaal, in denen die Kriminalisierung von antifaschistischer Arbeit thematisiert wurde.
Im vergangenen Jahr entschied das Landesgericht Stuttgart auf Empfehlung des Oberlandesgerichts Stuttgart, dass antifaschistische Symbole wie das durchgestrichene Hakenkreuz oder das Umweltmännchen unabhängig davon strafbar seien, ob sich dessen Träger vom Nationalsozialismus distanzieren oder nicht. Der Vorsitzende des Senats interpretierte das Stuttgarter Urteil auch aus der Angst heraus, dass die „braune Flut“ durchbrechen könnte, wenn die Tür für AntifaschistInnen um einen Spalt geöffnet würde.

Zu Beginn des Prozesses wies der Vorsitzende zur allgemeinen Erheiterung auch darauf hin, dass es sich bei einem BGH-Prozess nicht um eine TV-Gerichtsshow handele und keine demonstrationsähnlichen Akte im Gerichtssaal geduldet würden.

Dann begann der Rechtsanwalt des Angeklagten Jürgen Kamm (Inhaber von Nix-Gut Records) seine Ausführungen. Er warnte vor der Tabuisierung des Hakenkreuzes und warb für eine Bewertung der jeweiligen Sachlage nach der objektiven Darstellung, also ob eine Distanzierung zum Nationalsozialismus auf den ersten Blick erkennbar sei. Er argumentierte dabei auch gegen das vom Landgericht Stuttgart aufgebrachte Beispiel des unbedarften fernöstlichen Touristen. Die Gefahr sei doch viel größer, dass die internationale Presse darüber berichten würde, dass NS-Gegner heute in Deutschland wegen eines durchgestrichenen Hakenkreuzes verurteilt würden, als dass ein Tourist die international übliche Durchstreichsymbolik nicht erkenne.

Die Staatsanwaltschaft schloss sich den Worten des Rechtsanwalts weitgehend an, warnte aber vor der Gefahr, dass naturgetreue Nachbauten von Flugzeugen aus der NS-Zeit oder ähnliches beispielsweise in Spielzeugabteilungen auftauchen würden. Ein Missbrauch durch Neonazis sei bei den allermeisten Symbolen, die das Landgericht Stuttgart beanstandete nicht vorstellbar. Auch die im Urteil des Landgerichts Stuttgart heraufbeschworene Gefahr von Neonazis, die in Stiefeln, braunen Hemden und Armbinde mit durchgestrichenem Hakenkreuz wurde von den Anwälten und dem Senat als doch eher unwahrscheinlich angesehen.
Danach ging es um einige konkrete Symbole, die das Landgericht Stuttgart beanstandete. Dabei ging es um ein T-Shirt von „Schleimkeim“, auf dem ein Stiefel ein Hakenkreuz zertritt und -splittert. Einhellig wurde der Auffassung des Landgerichtes nicht gefolgt, wonach der Stiefel das Hakenkreuz verdecken würde nicht gefolgt und festgestellt, dass die Symbolik eindeutige Gegnerschaft zum Nationalsozialismus zeigt. Dies wurde auch bei einem Aufnäher der Band „Kein 4. Reich“ attestiert. Ebenso wurde beim Umweltmännchen eindeutig erkannt, dass das Hakenkreuz in den Mülleimer geworfen wird und nicht, wie es vom Stuttgarter Gericht phantasiert wurde, aus diesem herausgeholt oder das Männchen mit dem deutschen Gruß vor dem Hakenkreuz salutieren würde. Bei einem Aufkleber des Nationalen Widerstands, der ebenfalls diese Symbol nutzte, sei eine anderweitige Deutung nur durch den Text („Ihr stimmt uns heiter ... der nationale Widerstand marschiert geschlossen weiter“) möglich, der sich von der Symbolik gerade distanziert. Einzig bei einem Cover von „Schleimkeim“ auf dem ein Foto von einer Rede Adolf Hitlers mit einer Hakenkreuzfahne im Hintergrund abgebildet ist, erkannten Rechtsanwalt und Bundesanwaltschaft trotz des Plattentitels „Drecksau“ und eines darauf befindlichen Liedes „Faschosau“ eine Gefahr der fehlender Eindeutigkeit. Dies wurde vom Angeklagten aber schon beim Verfahren am Landgericht eingeräumt und die betreffende Platte schon seit 2005 aus dem Nix Gut-Sortiment genommen.

Daraufhin wurden die Anträge gestellt. Der Rechtsbeistand des Angeklagten betonte die Ähnlichkeiten des durchgestrichenen Hakenkreuzes mit internationalen Verbotszeichen wie Handy- oder Rauchverbot. Zertretene, zerbröselnde oder anderweitig gekennzeichnete Hakenkreuze wiesen eine noch eindeutigere Gegnerschaft zum Nationalsozialismus auf. Beim Schleimkeim-Cover seien sein Mandant und er schon beim Landgericht vorsichtig gewesen. Dies war aber nur eines von mehr als hundert Symbolen für das sein Mandant verurteilt wurde. Zudem sei „Schleimkeim“ als antifaschistische Band bekannt und kann bei mehreren tausend Artikeln im Sortiment von Jürgen Kamm auch untergehen. Er wiederholte nochmal, dass es bei der Deutung der Symbolik auf objektive Kriterien ankomme und führte dazu zwei Kriterien an.

1. In der Symbolik muss für jeden Betrachter objektiv die Gegnerschaft bzw. das „Nein“ zum Nationalsozialismus erkennbar sein.
2. Die Symbolik sollte keine Verwendung im nationalsozialistischen Sinne möglich machen, dies hänge eng mit den ersten Kriterien zusammen.
Er forderte die Revision des Urteils des Landgerichts Stuttgart und den Freispruch seines Mandanten. Die Kosten solle der Staat tragen und sein Mandant solle eine Entschädigung für die Durchsuchung seines Versandes und weitere Unannehmlichkeiten erhalten.

Die Bundesanwaltschaft schloss sich dem wiederrum weitgehend an. Ein Missbrauch sei bei der überwiegenden Anzahl der beanstandeten Symbole nicht vorstellbar und der Angeklagte ist als klarer Gegner des Nationalsozialismus erkennbar. Beim Schleimkeim-Cover könne der Tatbestand der Missbrauchsfähigkeit zwar erfüllt sein, es sei aber kein Vorsatz erkennbar und von einem Irrtum auszugehen. Auch er forderte die Aufhebung des Urteils und Freispruch des Angeklagten.

Nach kurzer Beratung kündigte der Senat das Urteil für die kommende Woche an.

Fazit:

- Der Prozess war eine deutliche Niederlage für die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Ihre Kriminalisierungsversuche antifaschistischer Arbeit wurden vor dem obersten Gericht teilweise lächerlich gemacht.
- Die breite Ablehnung des Verbots antifaschistischer Symbole vor dem Gericht und das große Presseinteresse zeigten, dass die damit verbundene Repressionspolitik bei breiten Schichten der Bevölkerung auf Ablehnung stoßen.
- Bleibt zu hoffen, dass das große Interesse an dem Prozess auch darin mündet, dass mehr Menschen ihrer Meinung auch mit einem spürbaren Protest Ausdruck verleihen.


Siehe unsere Berichte im Schwerpunktthema Hakenkreuzskandal:
Antifaschisten als Opfer: durchgestrichenes Hakenkreuz krimineller als das Original?
VVN-BdA Baden - Württemberg kritisiert "Hakenkreuz-Urteil": "Bekenntnis zum Grundgesetz strafbar?"
Hakenkreuzskandal: Landgericht Stuttgart verurteilt Antifaschisten

Siehe auch:

StattWeb: Karlsruhe: Freispruch fürs “Durchgestrichene Hakenkreuz-?

"Das Ziel ist Frauenrecht als Menschenrecht."

"Das Ziel ist Frauenrecht als Menschenrecht."
Clara Zetkin (1857 - 1933), Initiatorin des ersten Internationalen Frauentages 1910


Bildquelle: Bildercache.de

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8 Monate Haft für US-Verweigerer - Ungerechtes Urteil gegen Agustín Aguayo in Würzburg

Agustín Aguayo am 8. September 2006
Foto: © Rudi Friedrich, Connection e.V.
Connection e.V. und Military Counseling Network (MCN)

8 Monate Haft für US-Verweigerer
Ungerechtes Urteil gegen Agustín Aguayo in Würzburg

Der US-Kriegsdienstverweigerer Agustín Aguayo wurde gestern von einem US-Militärgericht in den Leighton-Barracks in Würzburg zu einer Haftstrafe von 8 Monaten verurteilt. Er war wegen Desertion und Verpassen der Verlegung der Einheit angeklagt worden. Zugleich verfügte das Gericht eine Degradierung und eine unehrenhafte Entlassung.

Agustín Aguayo hatte sich Anfang September 2006 geweigert, sich zwangsweise zum erneuten Einsatz in den Irak bringen zu lassen und sah sich genötigt, für einige Wochen die Armee unerlaubt zu verlassen. Er versucht seit fast drei Jahren vergeblich, als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden. Agustín Aguayo war als Sanitäter in der 1. Infanteriedivision in Schweinfurt stationiert und bereits ein Mal mit seiner Einheit in den Irak geschickt worden.

In der gestrigen Verhandlung hatte Agustín Aguayo noch einmal seine Gewissensentscheidung deutlich gemacht, die ihn dazu bewogen hatte, am 1. September 2006 der Verlegung in den Irak nicht nachzukommen und für einige Wochen aus der Armee zu fliehen. Er schloss mit dem Satz ab: „Hier stehe ich und kann nicht anders.“

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von 30 Monaten gefordert, um weitere SoldatInnen von ähnlichen Handlungen abzuschrecken. „Hier muss ein Zeichen gesetzt werden“, hatte der Staatsanwalt in der Verhandlung erläutert.

Verteidiger David Court machte deutlich, dass Agustín Aguayo „ein Mann des Gewissens“ und er „bereits 161 Tage als Gewissensgefangener inhaftiert ist“.

Das Urteil wurde vom Einzelrichter am frühen Abend des 6. März verkündet: 8 Monate Haft. Die bisherige Haftzeit von 161 Tagen wird angerechnet. Da Agustín Aguayo bereits seit dem 26. September 2006 inhaftiert ist, wird er bei guter Führung voraussichtlich in etwa 40 Tagen aus der Haft entlassen werden.

Michael Sharp vom Military Counseling Network (MCN), das Agustín Aguayo seit drei Jahren begleitet, sagte im Anschluss an das Urteil: “Agustín Aguayo hat nichts im Gefängnis zu suchen. Aber angesichts der drohenden Haftstrafe von bis zu 7 Jahren wegen Desertion und Verpassen der Verlegung der Einheit bin ich doch froh, dass er zu 8 Monaten verurteilt wurde. So kann er seine Familie bald wiedersehen.“

Rudi Friedrich von Connection e.V. erklärte nach dem Prozess: „Dies Urteil ist ungerecht. Seine Handlung, die hier bestraft wurde, war nur eine Konsequenz seiner Gewissensentscheidung. Agustín Aguayo hätte als Kriegsdienstverweigerer nie in den Krieg im Irak geschickt werden dürfen. Er hätte stattdessen aus der Armee entlassen werden müssen.“

Connection e.V. und das Military Counseling Network bitten weiter um Unterstützung für den US-Kriegsdienstverweigerer Agustín Aguayo:

• durch Spenden auf das Sonderkonto 7085704 von Connection e.V., Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 37020500 oder über die Webseite http://www.AguayoDefense.org.
• durch Teilnahme an der online-Postkartenaktion über http://www.Connection-eV.de/postanagustin/


gez. Michael Sharp, MCN (06223-47506)
Rudi Friedrich, Connection e.V. (069-82375534)

Weitere Informationen unter http://www.Connection-eV.de/usa/aguayo.html oder http://www.aguayodefense.org (Englisch)

Veranstaltungshinweis: Mo., 12. März, 19.30 Uhr in Berlin im Lokal Max und Moritz: Mitglieder der Familie Aguayo sprechen über den Fall Aguayo. Die Veranstaltung wird durchgeführt von American Voices Abroad (AVA) Military Project, Berliner Friedenskoordination, Achse des Friedens



Quelle: Pressemitteilung Connection eV vom 7. März 2007

Geschichte des Ungdomshuset 1897 bis 2007

Das Jugendhaus in Kopenhagen
Bildquelle: IndyMedia
Brennende Barrikaden, Polizeieinsätze Besetzung der Parteizentrale der sozialdemokratischen Partei Dänemarks und vieles mehr. Diese Bilder geistern seit Tagen durch die Medien, wenn es um die Proteste gegen die Räumung des "Ungdomshuset" (Jugendhaus) geht. Doch das "Ungsomshuset" ist weit mehr, als vielen bekannt ist. Mit dem Abriß soll wohl auch ein Schlußstrich unter einen nicht unbedeutenden Ort der internationalen Arbeiterbewegung gezogen werden.

Am 27. August 1910 führte die 2. Internationale hier die internationale Frauenkonferenz durch, die dort den internationalen Frauentag beschloss.

Bekannte Persönlichkeiten der Arbeiterbewegung wie Lenin, Clara Zetkin, Rosa Luxemburg traten dort auf.

Ein weiterer Beitrag von Radio - Z zur Räumung und den Hintergründen.

Zum IndyMedia Feature

Webseite
des Jugendhauses

Augustín Aguayo vor Gericht

Agustín Aguayo am 8. September 2006
Foto: © Rudi Friedrich, Connection e.V.
Am 6. und 7. März steht der Kriegsdienstverweigerer Augustín Aguayo in der US-Kaserne "Leighton Barracks" in Würzburg vor dem Kriegsgericht. Auf verschiedenen Veranstaltungen wollen Hilfsorganisationen und Aguayos Angehörige gegen den Prozeß protestieren und die Öffentlichkeit informieren. Das LabourNet erinnert an Aktionen zum Prozess gegen US-Verweigerer in Würzburg

Weitere Informationen: Connection e.V.

Airbus Übersicht

Das LabourNet bringt heute eine Übersicht über die aktuelle Lage bei Airbus:

Franzosen machen gegen Airbus Hamburg mobil

Die nationale Partnerschaft bei Airbus scheint endgültig zerbrochen: Die französische Gewerkschaft Force Ouvrière will die Verlagerung der A320-Produktion ins Werk Hamburg verhindern. Notfalls werde die Flugzeugfertigung blockiert. Artikel in “Spiegel-Online vom 05.03.2007”

Airbus,EADS,Streiks: kneifen Arbeiter und Gewerkschaften?

„Während in Frankreich die Gewerkschaften CGT, FO, CFDT, CFTC und CGC nach einem Treffen am Freitag in Toulouse gemeinsame Streiks bei EADS/Airbus SAS für Dienstag ankündigten, ist immer noch nicht klar, ob Arbeiter und Gewerkschaften in Der Republik den angekündigten Rausschmiss von 3.700 Arbeitenden bei Airbus sowie die Schliessung der Fabriken in Nordenham, Varel und Laupheim einfach hinnehmen...“ Artikel von Daniel Neun in der “Linkezeitung vom 05.03.2007”

"Wir brauchen einen langen Atem"

Die Airbus-Beschäftigten in Varel wollen den Verkauf des Werkes nicht kampflos hinnehmen. Ein Interview von Andreas Grünwald mit Jürgen Bruns, Betriebsratsvorsitzender des Airbus-Werkes in Varel und Mitglied im Europäischen Komitee der Airbus-Betriebsräte, in der “junge Welt” vom 03.03.2007

Solidaritätserklärungen mit dem Kampf der Airbus-Beschäftigten

Viele Solierklärungen finden sich auf bei den “Rote Fahne News”

Nein zu G8 - Gewerkschaften auf die globale Bühne! GewerkschafterInnen gegen Standortkonkurrenz und Lohndumping

Am 3. Februar hatte ich den Aufruf “Nein zu G8 - Gewerkschaften auf die globale Bühne!” in unserem Blog vorgestellt.

Die Sammlung der Erstunterschriften für den internationalen Gewerkschafteraufruf gegen G8 ist inzwischen abgeschlossen, nun sollen weltweit möglichst viele Unterschriften gesammelt werden. Siehe dazu die Aktionshomepage mit dem Aufruf in mehreren Sprachen und weiteren Informationen.

Natürlich bitten wir unsere Leser, diesen Aufruf zu unterschreiben und tatkräftig an seiner Verbreitung mitzuwirken!

Infoveranstaltung zu Rechts Rock in Stuttgart und Region

Infoveranstaltung zu Rechts Rock in Stuttgart und Region am 05.03.2007, 19.00 Uhr - Altes Feuerwehrhaus, Möhringer Strasse 56 in Stuttgart-Heslach (U1, U14, Bus 42 bis Schreiberstrasse)

Die Veranstaltung liefert einen Überblick über die RechtsRock-Szene in der Region: Wie funktionieren die Vertriebsstrukturen der Neonazis? Wo gibt es Labels, Tonstudios und aktive Bands? Wie werden Konzerte organisiert?

Der Begriff des RechtsRock bleibt nicht auf neonazistische Bands und deren Textinhalte beschränkt, sondern wird genauer gefasst: als ein Sammelbegriff für Rockmusik, die anti-emanzipatorische und reaktionäre Denkmuster offenbart, die darüber ihren offenen Flügel zu Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus hat. Hierbei bleibt der Schwerpunkt der Veranstaltung allerdings der „White Noise“ der neonazistischen Skinheadszene.

RechtsRock bietet eine umfassende Erlebniswelt und vielerlei Möglichkeiten, reaktionäres Denken und Antimoral in eine rebellische Identität zu verpacken. RechtsRock ist Teil der Popkultur und einer Spaßgesellschaft, in der zuweilen selbst der offene Rassismus und Antisemitismus von Bands wie „Landser“, „Race War“ und „Zillertaler Türkenjägern“ zum running gag auf Schulausflügen und Stammtischrunden geriert.

Der Referent Michael Weiss ist Mitarbeiter des apabiz (Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin), von Argumente e.V. und gehört zum Autorenkreis des Sammelbandes RechtsRock - Bestandsaufnahme und Gegenstrategien (Dornbusch/Raabe (Hg.), Hamburg/Münster 2002).

Eine Veranstaltung des Aktionsbündnis „Antifaschistische Kehrwochen- turn it down“ gegen Nazimusik und rechten Lifestyle.

Weitere Infos zur Kampagne:
www.antifa-kehrwochen.de.am

Kontakt:
Turn it down
c/o Infoladen
Benckendorffstr. 4
70199 Stuttgart
Mail:
gegen-rechte-subkultur@web.de

"Ins Visier kann jeder geraten, der es wagen sollte, das kapitalistische System in Frage zu stellen."

"Soll jetzt die Kritik am Kapitalismus unter Strafe gestellt werden?" hatte ich mich am 26. Februar gefragt. Dann müssten jede Menge Leute verknackt werden. Die Mehrheit der bürgerlichen Politiker ist wohl dieser Meinung. Die Art und Weise wie z.B. mit Claus Peymann in den Medien umgegangen wird, läßt tief blicken in den Zustand des hiesigen politischen Systems. Nun ist eine Woche herum und das Thema Nummer 1 füllt immer noch die Spalten der Zeitungen.

Zwar sagt man "nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern". Im Fall der über die Äußerungen von Christian Klar auf der Rosa-Luxemburg Konferenz aufgebrochenen Diskussion verweise ich trotzdem mal auf einen Artikel in der "junge Welt" von gestern.

Der Artikel von Dietmar Koschmieder setzt sich kritisch mit der Rolle der RAF, aber vor allem gründlich mit der Doppelmoral der bürgerlichen und der ‘linken’ Medien auseinander. Zu den Hintergründen in der Gedankenwelt der damals beteiligten gibt es ein Interview derselben Zeitung mit Till Meyer:

Wir entscheiden selbst
Warum die junge Welt wann was veröffentlicht -“ und die anderen nicht

Falls Sie noch mehr Argumente dafür brauchen, warum die junge Welt notwendig ist, dann schauen Sie einfach mal in andere Tageszeitungen. Wie dort mit ein paar einfachen Sätzen von Christian Klar und mit der Konferenz, auf der diese kundgetan wurden, umgegangen wird, belegt ein weiteres Mal den Niedergang des bürgerlich-demokratischen Systems. Inklusive seiner Medien.

Dort geht es in der Berichterstattung und Kommentierung in der Regel nicht um Christian Klars Taten in der Vergangenheit: Für diese wurde er hart bestraft und ist seit mehr als 24 Jahren weggeschlossen. In Wirklichkeit interessiert auch der angebliche Umstand, daß Klar seine Taten nicht bereue oder kein Mitgefühl für die Opfer aufbrächte, nicht allzusehr. Denn dann hätten sich die Journalisten und Politiker besser informiert. Nein, das Problem besteht darin, daß glaubhafte Reue in ihrem Sinne nur durch ein Abschwören von der revolutionären Zielstellung, durch ein Bekenntnis zum Kapitalismus erfolgen kann. Diese Haltung ist nur folgerichtig: Denn auch ihre Hauptkritik an Klars Vergangenheit war und ist ja schließlich das Ziel seines Kampfes: eine andere Welt. In vielen anderen Zusammenhängen der deutschen und internationalen Geschichte und Gegenwart akzeptieren sie blutige, terroristische Mittel durchaus. Klar und Genossinnen und Genossen haben aber drei Todsünden begangen: Sie waren gegen das System, sie kämpften bewaffnet für eine Alternative. Und sie bedrohten die Herrschenden und ihr politisches Personal physisch. Strategie, Taktik und Mittel der RAF sind auch von links zu kritisieren: Sie verkannten völlig das tatsächliche Kräfteverhältnis. Sie hätten wissen müssen, daß mit individuellem Terror Menschen getroffen werden, nicht aber das System, das schnell für Ersatz gesorgt hat. Und es war auch nicht allzu überraschend, daß ihr Kampf genau das Gegenteil dessen bewirkt hat, was beabsichtigt war: Die Herrschaftsverhältnisse wurden nicht in Frage gestellt, sondern die Herrschenden nutzten und nutzen die RAF als Vorwand, bürgerliche Demokratie weiter zu demontieren und damit ihre Macht zu stabilisieren.

Dafür brauchen sie aber gar keinen RAF-Terror. Es genügt, daß ein Gefangener sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ausübt. Ihm wird mittlerweile nicht nur dieses Grundrecht abgesprochen, für dessen Wahrnehmung soll er nun hart bestraft werden. Und auch diesmal geht es nicht allein um Christian Klar oder seine konsequent antikapitalistische Haltung. Das Signal ist eindeutig: Wer so denkt und spricht, der gehört hinter Gitter, in die Psychia­trie oder gleich aufgehängt. Genau so und in dieser Reihenfolge ist das in Briefen von Bild-Zeitungslesern an die junge Welt nachzulesen, die uns in dieser Woche erreichten. Und gemeint war damit nicht Christian Klar, sondern Arnold Schölzel, Chefredakteur der jungen Welt, und die Verantwortlichen der Rosa-Luxemburg-Konferenz.

Daß sie vom Abbau bürgerlich-demokratischer Rechte selbst betroffen sein könnten, das ahnen offensichtlich nur wenige Journalisten. In der Regel besteht für sie der Skandal im einfachen Umstand, daß Klar es wagt, an Diskussionen teilzunehmen und dabei eine nichtgenehme Meinung zu äußern. Und nicht in der Tatsache, daß sich dem Grundgesetz verpflichtete Politiker gleich zu Dutzenden grundgesetzwidrig äußern. Aber auch handeln: Ausgerechnet der Justizminister einer Landesregierung bricht ein Hafterleichterungsverfahren ab -“ explizit mit dem Hinweis auf politische Äußerungen des Gefangenen, die ebenso von jedem aufrechten Sozialdemokraten oder Christen hätten stammen können. Hier muß nichts mehr interpretiert werden, die Botschaft ist eindeutig: Ins Visier kann jeder geraden, der es wagen sollte, das kapitalistische System in Frage zu stellen.

Und die linke Presse? Taz und Neues Deutschland machen sich lustig darüber, daß die Medien die Grußbotschaft von Christian Klar als Neuentdeckung verkaufen, obwohl sie doch schon seit dem 15. Januar öffentlich zugänglich gewesen sei. Zugänglich war sie, öffentlich war sie de facto nicht. Zwar wurde der Text in der Printausgabe und im Internet, aber auch in einer Presseerklärung der jungen Welt durchaus zur Kenntnis genommen, veröffentlicht, also einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, aber hat ihn (außer der jungen Welt) aus unterschiedlichen Gründen niemand. Auch Neues Deutschland und die tageszeitung nicht. Das hängt mit einem erstaunlichen Phänomen zusammen: Je mehr Resonanz und Beachtung die Rosa-Luxemburg-Konferenz in den vergangenen Jahren gewann, desto weniger wurde über sie in den Medien berichtet. In diesem Jahr registrierten die Veranstalter erstmals über 2000 Besucher. Die taz berichtete im Gegensatz zu den Vorjahren überhaupt nicht mehr und das ND beließ es bei einer kurzen Randspalte, in der ausschließlich und nur auszugsweise über die Podiumsdiskussion berichtet wurde. Kein Wort über die Grußbotschaft von Christian Klar, aber auch kein Wort über die Beiträge aus Österreich, Brasilien, China, Kuba oder den USA.

Jetzt aber werden überall die Konferenz und die junge Welt genannt -“ wie noch nie in der Nach-"Wende"-Geschichte dieser Zeitung. Allerdings bedurfte es auch dazu harter Verhandlungen und Hinweise für Agenturen, Anstalten und Medien, die uns zunächst einfach als Quelle "vergessen" hatten. Und schon gibt es erste Kommentatoren, die behaupten, die junge Welt habe es nötig, einen wie Christian Klar das Wort zu geben, um aufzufallen. Wohl aus ähnlichen Motiven läßt die Zeitung wöchentlich auch Mumia Abu-Jamal aus seiner Todeszelle schreiben, nur deshalb informieren wir regelmäßig aus Kuba und Venezuela, nur deshalb sind wir gegen völkerrechtswidrige Kriege, von Jugoslawien bis zum Irak. Nur aus Marketinggründen stehen wir auf der Seite von kämpfenden Gewerkschaftern und Betroffenen vom Abbau sozialer Rechte. Selbst wenn es so wäre: Auffallen könnte man mit sowas auch nur deshalb, weil in den anderen Medien nichts oder nur wenig über diese Themen zu lesen ist. Jedenfalls werden Sie in dieser Zeitung und auf unseren Konferenzen auch künftig so manchen Text lesen oder hören, der nicht allen gefällt. Und auch in Zukunft entscheiden wir selbst, wer zu welchen Themen zu Wort kommt. Solange man uns läßt.

Quelle: junge Welt
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