Skip to content

Gedenken in Dessau: Oury Jalloh Demonstration 2019

Foto: © heba / Umbruch Bildarchiv Berlin
Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh an Händen und Füßen gefesselt im Dessauer Polizeigewahrsam. 14 Jahre lang haben Polizei-, Justiz- und Politik die Aufklärung der Ermordung von Oury Jalloh im Polizeigewahrsam sowie die Aufklärung von zwei weiteren Todesfällen im Dessauer Polizeirevier verweigert. Die „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“, die Black Communities und viele solidarische Menschen sorgen dafür, das der Feuertod von Oury Jalloh auch nach 14 Jahren nicht vergessen wird. Auch in diesem Jahr beteiligten sich mehr als 1.000 Menschen mit viel Power an der jährlichen Gedenkdemonstration für Oury Jalloh in Dessau.

Beim Berliner Umbruch Bildarchiv ist auf der neu gestalteten Webseite jetzt eine Fotoreportage zur Demonstration am 7. Januar in Dessau erschienen.

Erklärungen von Alassa M. und Rechtsanwalt Roland Meister zur Hetze der "BILD"-Zeitung

Faksimile der BILD "Zeitung" vom 4. Januar 2019
Wir hatten Montag kurz über den Fall von Alassa M. berichtet. Nun meldet er sich persönlich ebenso wie sein Anwalt zu den Verleumdungen der „BILD“ zu Wort:

Montag, 07.01.2019, 16:15 Uhr

Ich bin sehr wütend und empört, dass etliche Medien anstelle einer sachlichen und wahrheitsgemäßen Berichterstattung nichts als Unwahrheiten und offene Lügen verbreiten, dass BILD, Parteien wie die AfD und soziale Netzwerke mich angreifen. Sie treiben ihr rassistisches und undemokratisches Spiel damit.

Es ist wirklich eine neue Stufe der Angriffe. Und wenn sie mich angreifen, greifen sie alle Flüchtlinge an. Der AfD-Abgeordnete Thomas Seitz aus Freiburg fordert sogar die Wiedereinführung der Todesstrafe für Flüchtlinge wie mich -“ und das nur, weil wir unsere Rechte wahrnehmen.

Sie können nicht glauben, dass ein Flüchtling, den sie als Mensch zweiter Klasse und als einen Illegalen ansehen, für seine berechtigten demokratischen Rechte eintritt. Sie wollen uns wie Freiwild behandeln. Ich bin in einer Nacht- und Nebel-Aktion in der LEA Ellwangen an Händen und Füßen mit Kabelbindern wie Vieh nach Frankfurt abtransportiert worden. Ich durfte nicht mal meinen Rechtsanwalt verständigen.

Offensichtlich gilt ihnen ein Asylbewerber als völlig rechtlos. Ich verstehe nun, wenn Leute sagen: „Bild lügt!“ Sie nehmen meine Person, um den Abbau der Rechte der Flüchtlinge weiter voranzutreiben und mich und andere Flüchtlinge, ja die ganze Flüchtlingsbewegung zu kriminalisieren. Obwohl ich sehr schockiert war über das, was die BILD-Zeitung über mich verbreitet, musste ich dennoch über die ganze Lügen und Unwahrheiten auch „lachen“.

Nicht einmal die sechs (!) Bild-Journalisten (die nicht mal mit vollem Namen unterschrieben haben!) sind in der Lage, unsere Situation als Flüchtlinge in Deutschland mit den vorhandenen verbrieften demokratischen Rechten und Freiheiten zu akzeptieren und zu begreifen. Die Rechte von Flüchtlingen sind allgemein bekannt und müssten doch auch der BILD-Zeitung und den verantwortlichen Politikern und ihren Parteien bekannt sein. Sie spielen sich selbst zu Richtern auf als wären sie das BAMF selbst, die über meinen Asylfolgeantrag zu entscheiden hat - und nicht die BILD-“Zeitung.

Insofern muss man auch die Frage nach dieser Art Pressefreiheit stellen. Man kann doch nicht einfach alles behaupten! Was für eine Pressefreiheit ist das eigentlich? Ich wundere mich, was diese Leute wohl ihren und anderen Kindern über die Lage und Situation der Flüchtlinge sagen. Wissen sie überhaupt etwas über mich und andere Flüchtlinge. Informieren sie sich über die Fluchtursachen in Kamerun und anderswo?? Warum haben sie das Recht, solche Desinformationen zu verbreiten!?

Wenn sie sich nur mal auf der Homepage der BAMF unter dem Stichwort "ANKOMMEN" informieren würden, könnten sie sehen, welche Rechte und Pflichten wir Flüchtlinge haben.

Dort erhalten sie genaue Antworten über die Leistungen für Flüchtlinge sowie ihren Aufenthaltsstatus. Dann könnten sie sehen, was ich und andere Flüchtlinge an Leistungen erhalten. Bisher habe ich keinen einzigen Cent erhalten! Ist das die „Stütze“, die die BILD-Journalisten meinen?

Offensichtlich sollen Flüchtlinge nach BILD-Meinung wie Haustiere behandelt werden, so dass die Herren beliebig mit ihnen umgehen können. Ist der Flüchtling kein Mensch mehr, wie es die Menschenrechte festsetzen? Hat ein Flüchtling keine Würde mehr? Im deutschen Grundgesetz steht doch, dass die Würde des Menschen unantastbar ist! Nach der Meinung der BILD-Zeitung und der AfD sollen alle Flüchtlinge als “Terroristen- angesehen werden, vor denen man sich schützen müsse.

Kann ein Mensch wie ich, der seine Heimat wegen politischer Verfolgung verlassen musste, der sein Kind auf der Flucht im Mittelmeer verloren hat und von seiner Frau getrennt leben muss, denn kein Asyl in Deutschland bekommen? Haben sich die Journalisten bis hinauf zum Ministerpräsidenten Kretschmann und seinem Innenminister Strobl einmal in die Lage eines traumatisierten Flüchtlings versetzt, der nachts kaum schlafen kann, weil so viele furchtbaren Erlebnisse ihn verfolgen und seine Zukunft in Deutschland so unsicher ist? Es ist sehr leicht zu urteilen und solche Artikel zu schreiben, wenn man auf der anderen Seite steht und kein Flüchtling ist.

Im Mai letzten Jahres machte BILD schon mal ein Interview mit dem togolesischen Flüchtling YOUSSEF über seine geplante Abschiebung durch die Polizei in der LEA Ellwangen. Wir waren damals schon sehr überrascht, wie BILD das Interview so kürzte, dass ein ganz anderer Inhalt erzielt wurde. Ich habe das Interview auf meiner youtube-Seite (https://youtu.Be/Ca2v1s6mZ2U) festgehalten.

Später konnten wir in allen Zeitungen lesen, dass 150 bis 200 afrikanische Flüchtlinge Widerstand gegen die Polizei geleistet hätten. Dabei waren es viel weniger, die ihr Recht auf einen friedlichen (!) demokratischen Protest wahrgenommen hatten. Als Flüchtlinge sind wir völlig auf uns allein gestellt. Wir haben keine andere Hilfe als durch uns selbst. Allein viele Freundinnen und Freunde aus Ellwangen, der Pater und dann auf Dauer der Freundeskreis Alassa und seine Unterstützer halfen mir und uns in dieser schweren Zeit.

Wir sind voller Traumata und innerlich und teilweise auch äußerlich verwundet, wir haben manchmal fast die Hoffnung verloren. Wir brauchen doch Hilfe, um mit all dem fertig zu werden! Wir hatten uns dann gemeinsam auch mit Hilfe der örtlichen und überörtlichen Flüchtlingsinitiativen entschieden, am 9. Mai 2018 eine Kundgebung und Demonstration durchzuführen und die Bevölkerung über die tatsächlichen Ereignisse zu informieren über die Ereignisse in der LEA unter dem Motto: We are refugees and no criminals! Aber wer liest schon das, was ein schwarzer Flüchtling schreibt, von dem sie meinen, er würde den Staat ausnehmen?

Und jetzt sollen selbst unsere Unterstützer vom Freundeskreis und den verschiedenen Flüchtlingsinitiativen im ganzen Land von der BILD als „Linksaktivisten“ diskriminiert werden.

Ich möchte sagen, dass ich nicht illegal hier bin, wie BILD verbreitet. Nach sechs Monaten Abschiebung nach Italien war ich berechtigt, wieder nach Deutschland einzureisen, was ich dann völlig legal tat. Ich meldete mich ordnungsgemäß mit meinem Rechtsanwalt umgehend bei dem BAMF-Büro in der LEA Ellwangen an. Mein Asylfolgeantrag wurde akzeptiert und veranlasst, dass ich in die LEA Karlsruhe überwiesen wurde. Es kam keine Polizei, um mich zu verhaften wegen irgendwelcher illegalen Sachen. Warum lügt BILD? Sie müssten das doch alles wissen! Wer hat ein Interesse an so einer Hetze und so einer Kriminalisierung von mir, meiner Familie und allen Flüchtlingen und meinen Freunden?

Es ist doch offensichtlich so, dass die BILD im engsten Kontakt mit Herrn Seehofer, Strobl, Kretschmann bis hin zu Frau Merkel steht. Warum wurde bisher meine Klage gegen das Land Baden-Württemberg wegen meiner Abschiebung nicht beantwortet? Warum darf ich nicht arbeiten? Ich möchte niemandem auf der Tasche liegen. Dabei sollen doch alle Menschen vor dem Gesetz gleich behandelt werden! Die Angriffe auf meine Person sind offensichtlich nicht isoliert zu betrachten.

Es ist zu sagen, dass die Situation in Italien für die Flüchtlinge vor allem jetzt unter der Salvini- und Di-Maio-Regierung völlig unmenschlich ist. Niemand kümmert sich um sie. Kürzlich ist einer im Park erfroren. Während den sechs Monaten meines Italienaufenthalts lebte ich wie ein Bettler, während meine Frau weit entfernt in Bologna in einem Camp für geschädigte und traumatisierte Frauen untergebracht war.

Als Ex-Sozialarbeiter und -Übersetzer hatte ich in der LEA erfahren, dass man nach sechs Monaten eben zurückkehren kann. Und das habe ich getan - nichts anderes und einen Asylfolgeantrag gestellt, der angenommen wurde. Das sind die Tatsachen!

Ich appelliere an alle Menschen und Parteien, an die Medien, die ihre Zeit dafür einsetzen, um die öffentliche Meinung gegen die Flüchtlinge zu manipulieren, dass sie nicht die Flüchtlinge verantwortlich machen sollen für die ganze Situation der Flüchtlinge auf der Welt, sondern dass die Regierungen und die gesellschaftlichen Verhältnisse dafür verantwortlich sind. Sie sollen nicht die Flüchtlinge bekämpfen, sondern die Fluchtursachen!

Die Veröffentlichung meines Fotos ohne meine Zustimmung ist eine ungeheuerliche Verletzung meiner Persönlichkeitsrechte. Habe ich keine Rechte mehr? Will man die faschistischen Kräfte auf mich hetzen, wie in Chemnitz? Gegen diese Verletzung meiner Rechte protestiere ich entschieden und werde juristisch vorgehen. Wäre ich ein Krimineller, dann hätten sie mich doch längst verhaften können und ins Gefängnis gebracht, oder? Es ist so wie es in einem Spruch in meinem Dorf heißt: Der Totentischler hat allein das Interesse an der Steigerung der Todesrate (“the coffin seller only wants to increase the mortality rate-).

ALASSA MFOUAPON, Kamerun, z.Zt. LEA Karlsruhe

  1. Januar 2019


Persönliche Stellungnahme von Anwalt Roland Meister zur Berichterstattung der Bild-Zeitung vom 4. Januar:


Als Rechtsanwalt von Alassa M. protestiere ich gegen meine Diskreditierung und Verleumdung in diesem Artikel. Er behauptet, ich würde „Geschäftemacherei betreiben, die das Schicksal der Flüchtlinge ausnutzt -“ finanziell und politisch!“ Das ist infamer Rufmord.

  1. Ich praktiziere seit 1980 als Rechtsanwalt in einer der im Asyl- und Ausländerrecht angesehenen Kanzleien Deutschlands. Ich vertrete Alassa M. wie viele andere Migrantinnen und Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende, weil diese in Deutschland auch von kompetenten Anwälten in Deutschland vertreten werden müssen, wenn sie ihre sowieso sehr beschnittenen Rechte wahrnehmen wollen.


Das erfolgt unter großem Engagement aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kanzlei, denn komplexe Fälle wie die von Alassa M. rechnen sich unter finanziellen Gesichtspunkten nicht, wenn man sie gründlich bearbeitet. Alle Gelder für die Verfahren von Alassa wurden durch die Menschen der Flüchtlingssolidarität aufgebracht. Keinen Cent davon hat bislang der Staat bezahlt. Es zeugt von Unkenntnis oder Böswilligkeit, wenn generell behauptet wird, dass der Staat Flüchtlingen „einen Anwalt bezahlt ..., wenn er selbst kein Geld hat“.

Ich streite mit meinem Mandanten strikt um seine Rechte und Freiheiten, die ihm in Deutschland zustehen; mit „politischer Agitation“ - wie die BILD behauptet - hat das nicht das Geringste zu tun.

  1. BILD behauptet, mein Mandant sei illegal nach Deutschland gereist und hätte sich strafbar gemacht, weil eine "Einreisesperre bestanden" hätte. Dabei ergibt sich aus dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14.März 2018, dass das am 21. Dezember 2018 nicht mehr der Fall war. Das darin ausgesprochene Einreise- und Aufenthaltsverbot beruhte auf § 11 Abs. 1 AufenthG. Dessen Wirkung war auf sechs Monate befristet. Diese Frist ist inzwischen abgelaufen.

  2. Mein Mandant konnte rechtmäßig in Übereinstimmung u. a. mit der Genfer Flüchtlingskonvention nach seinem sechsmonatigen Aufenthalt in Italien wieder nach Deutschland einreisen, um in Deutschland einen neuen Asylantrag zu stellen. Ein Kernstück der Genfer Flüchtlingskonvention ist das sogenannte Non-Refoulement-Gebot des Art. 33 Absatz 1 Genfer Flüchtlingskonvention. (Verbot der Ausweisung und Zurückweisung). Es untersagt den Vertragsstaaten, zu denen Deutschland gehört, ausdrücklich, einen Flüchtling in einen Staat aus- oder zurückzuweisen, in dem „sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde.“


Als in einem ähnlich gelagerten Fall die deutsche Regierung einen Flüchtling, der aus Italien kommend, einen erneuten Asylantrag stellte, sofort wieder ohne weitere Prüfung abschieben wollte, kam der Europäische Gerichtshof (EUGH) zum Ergebnis, dass dies rechtswidrig und willkürlich ist und eine neue Prüfung des Asylantrages erforderlich ist. (Urteil des EUGH vom 25.01.2018 -“ Aktenzeichen C-360/16)

Die Ausreise aus Italien und die Einreise nach Deutschland entspricht auch dem Dublin-III-Abkommen. Denn in Italien existiert faktisch kein Asylrecht mehr und es bestehen systemimmanente Mängel im Asylverfahren. Anerkannte internationale Organisationen wie der Danish Refugee Council (DRC) oder die Schweizer Flüchtlingshilfe (SFH) stellen in einem aktuellen Monitoring-Bericht fest, dass die Bedingungen für Flüchtlinge in Italien untragbar sind, insbesondere auch nach den jüngsten Verschärfungen durch das Salvini-Gesetz, das Anfang Dezember 2018 im italienischen Parlament verabschiedet wurde. Dies gilt insbesondere für traumatisierte Flüchtlinge wie Alassa M. Er wurde in Libyen massiv gefoltert und sein zweijähriges Kind ist im Mittelmeer ertrunken.

  1. Der Asylantrag von Alassa M. ist auch nicht aussichtslos, sondern begründet! Mein Mandant musste aus Kamerun fliehen. In Kamerun existieren keine demokratischen Rechte und Freiheiten, sondern Willkür, staatliche Repression und massive Korruption. Im Demokratieindex der Zeitschrift The Economist belegt Kamerun Platz 140 von 167 Ländern. Das Bistum Limburg schreibt am 29. November 2018 an die Bundesregierung: „Machen wir uns nichts vor, wir sind im Krieg. Jeden Tag gibt es Schusswechsel und täglich sterben mehr Menschen“, erzählt ein Priester aus Kamerun, der im Bistum Limburg zu Gast ist. Seine Aussage steht beispielhaft für die derzeitige Situation in Kamerun, heißt es einem Brief der Diözeseversammlung des Bistums Limburg an Bundeskanzlerin Angela Merkel.“ Im letzten Länderbericht von amnesty international 2017/2018 heißt es u. a.: „Soweit bekannt, sind die kamerunischen Behörden den Vorwürfen über Haft ohne Kontakt zur Außenwelt, Folter und andere Misshandlungen nicht nachgegangen und haben auch keine Maßnahmen zur Verhinderung derartiger Vorfälle oder zur strafrechtlichen Verfolgung und Bestrafung der Täter ergriffen. ... Menschenrechtsverteidiger, zivilgesellschaftlich engagierte Bürger, Journalisten, Gewerkschafter, Rechtsbeistände und Lehrer wurden 2017 weiterhin eingeschüchtert, schikaniert und bedroht....“

  2. Alassa und seine Familie mussten u. a. deshalb fliehen, weil er sich weigerte, sich von seiner christlichen Ehefrau scheiden zu lassen. Sie waren deshalb systematischer vom Staat ausgehender Willkür und Gewalt ausgesetzt.


Auf der Flucht war er ein Jahr in einem der mit faktischer Duldung der EU in Libyen bestehenden Folterzentren inhaftiert. Dort wurde er massiv misshandelt, auch weil er sich mit anderen Flüchtlingen nicht einfach willenlos der Repression und dem staatlichen Terror beugte. Genau solche Menschen sollen durch das Asylrecht und mit der nach dem Hitler-Faschismus erreichten internationalen Konventionen zum Schutz von Flüchtlingen und der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützt werden.

  1. Es trifft zu, dass ich Herrn Alassa M. in der Klage gegen die Landesregierung Baden-Württembergs vertrete. Dieser Polizeieinsatz war eindeutig rechts- und verfassungswidrig. Er war weder durch das Polizeirecht gedeckt, noch lag ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss vor. Aus Juristenkreisen wurden Alassa M. und unser Büro dafür gewürdigt, dass diese Klage erhoben wurde, da sehr verbreitet das Vorgehen der Landesregierung in Baden-Württemberg und ihrer Polizei als grob unverhältnismäßig, willkürlich und rassistisch motiviert angesehen wird. Dieser Kern des politischen Handelns von Herrn Alassa M. wird von der BILD-Zeitung geflissentlich verfälscht in irgendeine Klage gegen „sogar Polizisten“.

  2. Er wurde von der Polizei am 20. Juni 2018 bei seiner Abschiebung ohne jeden Grund brutal behandelt, zu Boden geworfen, misshandelnd gefesselt usw. Wenn die BILD-Zeitung es skandalisieren will, dass bei rechtswidrigen Taten „sogar Polizisten“ oder ihre Dienstherren verklagt werden, dann liegt es nur daran, dass es der Bild-Zeitung eben nicht um Recht und Gesetz, sondern selbst um „politische Agitation“ geht.

  3. Im Bild-Artikel darf Reiner Wendt, Chef der Polizeigewerkschaft und selbst durch langjährige unrechtmäßige Bezüge aus der Staatskasse berüchtigt, auch noch zu offenem Rechtsbruch aufrufen, wenn er fordert, dass Menschen wie Alassa M. „sofort hinter Gitter gehören.

  4. Ich werde gegen die Verletzung meiner Persönlichkeitsrechte und unsäglicher Angriffe auf die demokratische Flüchtlingssolidarität und Öffentlichkeit umgehend rechtliche Schritte gegen die Bild-Zeitung ergreifen.

  5. Als Rechtsanwalt bin ich ein Organ der Rechtspflege. Ich lasse mir nicht unterstellen, dass ich an illegalen Aktivitäten beteiligt wäre, wenn ich meinem Auftrag gemäß einen Beitrag dazu leiste, dass demokratische Rechter und Freiheiten erhalten bleiben.


Roland Meister

Gegen "BILD" Hetze: Freundeskreis Alassa mit Kampfansage und juristischen Maßnahmen gegen die Pogromstimmung gegen Alassa M.

"BILD" hetzt mal wieder. Das hat Tradition.
In ihrer heutigen Ausgabe verleumdet, bedroht und hetzt die BILD-Zeitung in ihrer Titelgeschichte gegen bundesweit bekannt gewordenen demokratischen Flüchtlingsaktivisten Alassa M. , seine Unterstützer und damit die gesamte demokratische Flüchtlingsbewegung.

Der Artikel verleumdet Alassa M. als Kriminellen, den Freundeskreis Alassa sowie die inzwischen 20.840 Unterstützer des Ellwangen-Appell als Linksaktivisten und seinen engagierten Rechtsanwalt als Geschäftemacher. Dies mit ehrabschneidenden und wahrheitswidrigen Behauptungen und irreführenden ultrareaktionären Kommentaren. Der Artikel verletzt die Persönlichkeitsrechte von Alassa M. und bedroht sein Leib und Leben, wenn sein Foto in Großaufnahme sowie seine Flüchtlingsunterkunft abgebildet sind. Dagegen wird der Freundeskreis auch juristisch vorgehen. Mehrere Lügen auf einmal werden verbreitet:

  1. Die Einreisesperre nach Deutschland nach der Abschiebung am 20. Juni 2018 ist am 20. Dezember 2018 nach 6 Monaten abgelaufen. Nach diesen 6 Monaten hat Alassa M. das Recht, einen Asylfolgeantrag zu stellen. Dieses demokratische Recht hat er wahrgenommen. Wird jetzt das Wahrnehmen von demokratischen Rechten zu Straftaten erklärt?

  2. Der erste Asylantrag wurde nicht abgelehnt, sondern gar nicht von Deutschland geprüft, weil es sich für nicht zuständig hält nach dem Dublin-III Abkommen. In Italien verschärft sich durch die sogenannten Salvini-Gesetze die bereits schlechte Lage der Flüchtlinge, die dort obdachlos und rechtlos sind.

  3. Bereits am am 30.12.18 verleumdet die BILD-Zeitung ehrabschneidend und wahrheitswidrig den solidarischen, friedlichen Widerstand der Flüchtlinge in der LEA Ellwangen am 30.4.18 gegen die Abschiebung eines togolesischen Flüchtlings als „Randale“. Es war tatsächlich ein völlig gewaltfreier Protest.

  4. Der nächtliche Einsatz von über 500 Polizisten in Kampfmontur und mit Hunden am 3. Mai 2018 war in Wirklichkeit ein brutaler Polizeiüberfall mit Eintreten von unverschlossenen Türen, mehreren verletzten und re-traumatisierten Flüchtlingen. Dieser war rechtswidrig. Deshalb klagt Alassa M. Gegen das Land Baden-Württemberg. Auch das ist sein demokratisches Recht.

  5. Die von Alassa M. mit organisierte Pressekonferenz, zu der auch die BILD-Zeitung eingeladen war, und Demonstration am 9.5.18 in Ellwangen unter dem Motto „Viel wurde über uns geredet -“ jetzt reden wir!“ wird als „Tumult“ diffamiert. Tatsächlich war es eine strikt sachbezogene, informative, aber auch durchaus selbstbewußte Aktivität, die bundesweite positive Resonanz bekam.


Der BILD-Artikel verbreitet eine regelrechte Pogromstimmung gegen die fortschrittliche Flüchtlingspolitik, die die Selbstorganisation der Flüchtlinge für ihre demokratischen Rechte und deren Unterstützung durch die demokratische Bewegung in Deutschland fördert. Das ist Teil der aktuell neu betriebenen Verschärfungen der Bundesregierung im Abschieberecht.

Der Freundeskreis wird rechtliche Schritte im Sinne einer Unterlassungsklage einleiten und steht für weitere Informationen gerne zur Verfügung.

Kontakt Freundeskreis: Adelheid Gruber, 0177 3898815

Kontakt Rechtsanwalt: Kanzlei Meister und Partner, 0209/ 3597670, Mobil: 0172-2107579, e-mail: RAeMeisterpp@t-online.de

Über beide kann auch direkter Kontakt zu Alassa M. hergestellt werden.

Quelle: Pressemitteilung 4. Januar 2019

Nicht gedacht soll ihrer werden



Theodor W. Adorno (vorne rechts) mit Max Horkheimer (links) und Jürgen Habermas (hinten rechts) in Heidelberg, 1964

Foto: Jeremy J. Shapiro / CC-BY-SA-3.0

Das Vorleben des Emigranten wird bekanntlich annulliert. Früher war es der Steckbrief, heute ist es die geistige Erfahrung, die für nicht transferierbar und schlechterdings artfremd erklärt wird. Was nicht verdinglicht ist, sich zählen und messen läßt, fällt aus. Nicht genug damit aber erstreckt sich die Verdinglichung selbst auf ihren eigenen Gegensatz, das nicht unmittelbar zu aktualisierende Leben; was immer bloß als Gedanke und Erinnerung fortlebt. Dafür haben sie eine eigene Rubrik erfunden. Sie heißt "Hintergrund" und erscheint als Appendix der Fragebogen, nach Geschlecht, Alter und Beruf. Das geschändete Leben wird auch noch auf dem Triumphauto der vereinigten Statistiker mitgeschleppt, und selbst das Vergangene ist nicht mehr sicher vor der Gegenwart, die es nochmals dem Vergessen weiht, indem sie es erinnert.

Theodor W. Adorno, Minima Moralia -“ Reflexionen aus dem beschädigten Leben hier als PDF - 513 kB

Mythen über Migration und Gesundheit entkräften

Die Ärzte der Welt haben einen neuen Bericht „Verwehrtes Recht auf Gesundheit erstellt. Krank und ohne medizinische Versorgung in Deutschland“. Er bietet einen seltenen Einblick in die Situation der Menschen, die hierzulande keinen oder nur einen eingeschränkten Zugang zum regulären Gesundheitssystem haben.



Der Bericht basiert auf einer Analyse der Daten von 1096 Patient*innen, die 2017 in einer der von Ärzte der Welt und seinen Kooperationspartnern betriebenen Anlaufstellen in Berlin, München und Hamburg behandelt und beraten wurden. Er wirft ein Schlaglicht auf die zahlreichen Barrieren, durch die eine angemessene medizinische Versorgung von Hundertausenden Menschen in Deutschland verhindert wird.



Via tacheles

Legitimer Protest für elementare demokratische Rechte erneut unter Strafe gestellt!

Urteil des Amtsgerichts Augsburg legitimiert massive Polizeigewalt gegen Geflüchtete mit "Generalprävention"-“ Solidarität und Protest wurden erneut kriminalisiert.

Der Prozess gegen zwei Gambische Geflüchtete aus der EA Donauwörth vor dem Amtsgericht Augsburg war gestern an nebulöser Beweisführung und Generalkriminalisierung kaum zu überbieten. Das Gericht entschied, die Strafbefehle der zwei Gambischen Geflüchteten wegen angeblichem Landfriedensbruch in der EA Donauwörth in der Nacht zum 14.3.2018 zu bestätigen und hat sie zu achtzig und neunzig Tagessätzen à 10 Euro verurteilt. In ihrer Urteilsbegründung bezeichnete die Richterin Asylsuchende als "Gäste", die sich dementsprechend zu benehmen hätten. Ihr Urteil beschrieb sie als notwendige Generalprävention, ein Maßnahme also, das andere Geflüchtete davon abhalten soll, ihre Rechte zu fordern und die Solidarität zwischen den Geflüchteten grundsätzlich kriminalisiert. Die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsäußerung der Bewohner*innen des EA Donauwörth in der Nacht zum 14.3.2018 stigmatisierte sie in ihren Kommentaren und Zwischenfragen wiederholt als "Zusammenrottung".

Den Angeklagten konnte kein konkreter Tatbeitrag nachgewiesen werden. Der Richterin genügte die bloße Anwesenheit der beiden am Ort des Geschehens zur Verwirklichung eines Landfriedensbruchs. Selbst die Anwesenheit konnte durch die Zeuginnenaussagen nicht zweifelsfrei geklärt werden. Die deutlichen Widersprüche und Lücken in den Aussagen der Security-Mitarbeiterinnen, der Malteser und der Polizeibeamten wurden vom Gericht schlicht ignoriert. Stattdessen wurden sie wiederholt zu ihrem subjektiven Empfinden über eine mögliche Bedrohung durch die Bewohner gefragt. Im Besonderen wurde der Fragwürdigkeit der Methoden der Identifizierung, die laut den Anwälten tendenziös und nicht rechtmäßig waren, vom Gericht nicht weiter nachgegangen. Die Darlegungen der Anwälte dazu wurden von der Richterin als nicht ausschlaggebend zurückgewiesen.

Das Amtsgericht Augsburg führte das rassistisches Anvisieren von ausschließlich Gambischen Geflüchteten in der EA Donauwörth, sowie deren ungerechte und systematische Kriminalisierung durch Polizei und Staatsanwaltschaft konsequent weiter. Wiederholt drückten die vernommenen Security-Mitarbeiter*innen ihren Ärger über die Organisierung der Gambier in der EA Donauwörth aus, die Gleichbehandlung mit anderen Geflüchteten im Lager gefordert hatten. Damit wird klar, dass die eigentliche 'Bedrohung' die politische Arbeit der gambischen Community-Organisierung in der EA Donauwörth war.

Eine Auseinandersetzung mit der vorausgegangenen Polizeigewalt gegen die Geflüchteten in Donauwörth blieb aus. Vielmehr wurde deutlich, dass die anschließenden Festnahmen, die Untersuchungshaft, aber auch dieses Gerichtsverfahren allein der Einschüchterung der Geflüchteten und der Legitimierung des gewaltsamen Vorgehens seitens der Polizei diente.

Alle Zeug*innen bestätigten, entgegen der Anklage, dass die Geflüchteten nicht die Abschiebung eines gambischen Flüchtlings verhindern wollten. Es ging ihnen vielmehr darum, ihren Unmut über die unmenschlichen Bedingungen in der Erstaufnahmeeinrichtung in Donauwörth zum Ausdruck zu bringen; ferner wollten sie sogar freiwillig das Land verlassen.

Die ausführlichen Einlass- und Identitätskontrollen vor dem Gerichtssaal, so wie die anfängliche Verweigerung des Einlasses von Geflüchteten, deren Ausweise von der Ausländerbehörde rechtswidrig als "ungültig" gestempelt worden waren, hat den staatlichen Rassismus nochmal deutlich gemacht. Eine der wichtigen Forderungen der gambischen Community in Donauwörth vor der Polizeirazzia am 14.3. war, die tagtäglichen rassistischen Polizeikontrollen von Schwarzen Menschen abzuschaffen und die damit verbundenen Sprüche der Polizei, dass sie nicht im Land sein dürften. Am Amtsgericht Augsburg führte der kontrollierende Polizeibeamte diese Praxis bei der Einlasskontrolle fort: "Den kann man doch dann gleich abschieben!"

Donauwörth ist kein Einzellfall. Ein ähnliches Muster der Kriminalisierung war u.a. in Ellwangen und Donaueschingen zu beobachten. Auch in dortigen Prozessen bestätigten die Gerichte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft und versäumten es, sich kritisch mit den Einsätzen der Polizei auseinanderzusetzen.

Wir fordern sofortige Einstellung aller Verfahren gegen Geflüchtete aus Donauwörth und die Beendung der Polizeigewalt und der systemischen Kriminalisierung.

Quelle: Pressemitteilung 8. November 2018

Freiburg: Solidarität mit der italienischen Gemeinde Riace und dessen Bürgermeister Domenico Lucano

Kundgebung und Demonstration, Sa. 10. November 2018, 13 Uhr, Rathausplatz in Freiburg

Solidarität mit der italienischen Gemeinde Riace und dessen Bürgermeister Domenico Lucano.

Am kommenden Samstag ( 10.11.18) wollen wir unsere Solidarität mit Riace und mit Mimmo Lucano zum Ausdruck bringen. Seit 20 Jahren ist Riace bei der Aufnahme von Geflüchteten ein Vorbild, das zeigt, wie Europa auch sein könnte. Der Hausarrest von Mimmo Lucano, sein Aufenthaltsverbot in Riace sowie die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, empören uns. Wir stehen hinter diesem „einzigartigen Projekt des Miteinanders“ (Newsletter der Stadt Dresden), das in Riace entstanden ist.

Deshalb fordern wir die italienische Regierung auf, dass Riace weiterhin die Fördermittel aus dem Projekt SPAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati -“ Schutzsystem für Aslybewerber) erhält, die das Innenministerium für das Jahr 2019 blockiert hat.

Darüber hinaus fordern wir, dass die bereits gewährten und der Gemeinde Riace zustehenden Fördermittel für die Jahre 2017 und 2018 schnellstens an diese ausbezahlt werden, damit Riace weiterhin, Geflüchtete aufnehmen kann.

Weitere Informationen

Bei der Kundgebung wird es einen Redebeitrag zur aktuellen politischen Lage in Italien sowie zu den Ereignissen der letzten Wochen in Riace geben. Stadträte der Fraktionsgemeinschaft Unabhängige Listen Freiburg und der JPG-Fraktion werden ebenfalls sprechen. Eine Vertreterin der Initiative Solidarity City Freiburg wird sich mit der Bedeutung einer solidarischen Stadt in der heutigen politischen Situation auseinandersetzen. Vor dem italienischen Konsulat steht ein weiterer Redebeitrag auf dem Programm und es wird eine Forderung an die italienische Regierung vorgelesen.

Riace ist nur die Spitze des Eisberges. Laut der Lega Nord sollen in der lombardischen Provinzhauptstadt Lodi Flüchtlingskinder nicht mehr am kostenlosen Schulessen teilnehmen dürfen. Das hat die Partnerstadt Konstanz und Fontainebleau aus Frankreich auf den Plan gerufen, die dagegen vehement protestiert haben und selbst die Städte-Partnerschaft in Frage stellen.

Ein Beitrag zur Migranten-Karawane in Mittelamerika wird es voraussichtlich ebenfalls geben.

Weitere Informationen, u.a. zum Manifest für eine solidarische Stadt Freiburg sind hier zu finden

Initiative Solidarity City Freiburg

Boris Palmer - populistische Stimmungsmache mit untauglichen Vorschlägen

Der Sprecherrat der Flüchtlingshilfen Kreis Tübingen hat heute die folgende Pressemitteilung herausgegeben:

"Wir kritisieren, dass der Tübinger OB Boris Palmer sexualisierte Gewalt immer nur dann öffentlich problematisiert, wenn es sich bei den Tätern um Geflüchtete handelt. Warum skandalisiert er solche Taten nicht in derselben Weise, wenn die Täter weiße Männer oder etwa Würdenträger der katholischen Kirche sind? Warum macht er auch in diesem Fall nur Vorschläge, was mit den an der Tat beteiligten geflüchteten Männern zu geschehen habe?

Die neuerliche Vergewaltigung einer Frau in Freiburg durch mehrere Männer, darunter auch Männer mit Fluchthintergrund, ist ein widerwärtiges Verbrechen, das durch nichts zu entschuldigen oder zu verharmlosen ist. Die an dieser Tat beteiligten Männer gehören allesamt angeklagt. Es sollte jedoch erneut nicht der Eindruck verbreitet werden, als seien solche Taten nur deswegen kritikwürdig, weil daran Geflüchtete beteiligt waren. Wir können es nicht fassen, dass Herr Palmer erneut in das gleiche rassistische Rohr bläst wie diejenigen, die jetzt in Freiburg sofort eine Demo gegen Geflüchtete organisieren. Wenn die Täter weiße Deutsche gewesen wären, gäbe es sicher keine Demo und keine Proteste von rechts. Chemnitz lässt grüßen!

Wir wenden uns hiermit auch gegen die Vorschläge, die Boris Palmer nach dieser Tat erneut in die Diskussion gebracht hat (vgl. Südwest Presse Südwestumschau 29.10.18). Er schlägt vor, dass Polizei und Kommunen die Befugnis erhalten sollen, „gewaltbereite Asylbewerber“ in staatliche Landeseinrichtungen einzuweisen. Dies sind untaugliche Vorschläge.

Wer eine Straftat begeht oder einer Straftat verdächtig ist, soll angeklagt und im Fall der Schuld verurteilt werden, ob Geflüchteter oder Nicht-Geflüchteter. Dafür ist aber nach wie vor die Justiz zuständig und nicht die Polizei oder der Oberbürgermeister. Außerdem ist nicht jeder Täter mit Fluchthintergrund noch ein „Asylbewerber“. Einen anerkannten Flüchtling, der einer Straftat verdächtigt wird, kann man nicht einfach irgendwo kasernieren. Und selbst bei Personen, die sich noch im Asylverfahren befinden, dürfte dies rechtlich nicht machbar sein. Insofern sind die Vorschläge von Herrn Palmer nicht realitätstauglich, sondern erneut bloße rechtspopulistische Stimmungsmache.

Wir begrüßen es, dass auch Herr Palmer einen „Spurwechsel“ fordert für geflüchtete Menschen, die sich vorbildlich verhalten und eine feste Arbeitsstelle haben, aber deren Asylantrag abgelehnt wurde. Wir halten es jedoch für perfide, ein Bleiberecht für gut integrierte Geflüchtete nur dann gutheißen zu wollen, wenn gleichzeitig die „gewaltbereiten“ Flüchtlinge kaserniert werden. Diejenigen, die sich Mühe geben und alles für ihre Integration tun, sollten nicht für das bestraft werden, was sich andere zu Schulden kommen lassen. Wir fordern daher Herrn Palmer auf, dieses Junktim öffentlich zurückzunehmen.

Der Sprecherrat der Flüchtlingshilfen Kreis Tübingen

Wolfgang Bleicher, Werner Hörzer, Andreas Linder, Monika Petersen, Marc Schauecker"

Hamburg: We'll come united - Eine Parade für den alltäglichen Aufstand der Solidarität

Foto: © Umbruch Bildarchiv
Über 30.000 Menschen haben sich am 29. September 2018 an der We'll Come United Parade in Hamburg beteiligt. Nie zuvor gab es in Deutschland eine größere Demonstration für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte und schon gar nicht in dieser Zusammensetzung. Angeführt von Geflüchteten aus Afrika, aus Asien sowie von Roma, die alle gegen Abschiebungen und für ihr Bleiberecht kämpfen; gemeinsam mit Aktivist*innen, die sich in Organisationen der Seenotrettung oder in Initiativen der Solidarischen Städte engagieren; zusammen mit migrantischen Gruppen, die den Rassismus in den Behörden und in der Gesellschaft attackieren.

„Alle bleiben“, „Solidarity will win“ und „United against Racism“ lauteten entsprechend die zentralen Slogans auf den bunt leuchtenden Plakaten, mit denen bereits seit Februar diesen Jahres die Mobilisierung für die Hamburger Parade begonnen hatte. Hunderte von Veranstaltungen und Besuchen in Refugee-Camps, das Ausschwärmen („Swarming“) schon beteiligter Gruppen, um neue MitstreiterInnen zu gewinnen, die Konferenz der „großen Koalition des Antirassismus im Mai in Göttingen, dann im Juli das We'll Come United Sommercamp in Brandenburg: all diese Aktivitäten haben den Grundstein für das großartige „Signal von Hamburg“ gelegt. Die selbstorganisierten Initiativen kamen mit den Protestbewegungen der Seebrücken und „Wir sind mehr“-Demonstrationen sowie mit einer unglaublichen Mobilisierung der gesamten Hamburger Solidaritätsstrukturen „zum schönsten Tag des Jahres“ zusammen.

Mit über 40 Motivwägen wurden unterschiedliche Forderungen und Alltagskämpfe auf die Strasse getragen und sehr eindrucksvoll und selbstbewusst für die Gesellschaft der Vielen demonstriert. „´Migration ist die Mutter aller Gesellschaften, stand am Samstag auf dem Haupttransparent von We-™ll Come United. Prägnanter kann man Innenminister Horst Seehofers unsäglichem Ausspruch, Migration sei die ´Mutter aller Probleme, nicht kontern.“ (Taz am 1.10.18).

Die Parade hat nicht nur viel Spaß, sie hat vor allem auch Mut gemacht und motiviert für die weiteren Kämpfe in harten Zeiten. Denn überall - von den Außengrenzen bis zu den Innenstädten - erleben wir umkämpfte Räume, in denen wir nun vor der Herausforderung stehen, diese hoffnungsvolle gemeinsame Mobilisierung zu einem „alltäglichen Aufstand der Solidarität“ zu verdichten. - Hagen -

Fotos beim Umbruch Bildarchiv ansehen

Weitere Informationen:


20jähriges Jubiläum der Karawane: "Wir haben keine Wahl, aber eine Stimme!"

Die "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migrantinnen" wird im September 20 Jahre. Solidarische Grüße nach Wuppertal, wo die AktivistInnen am 8. September ein großes Fest feiern!

Im Spätsommer 1998 gehen Flüchtlinge, MigrantInnen und Menschenrechtsbewegte auf eine Tour quer durch die Republik. Im Vorfeld der Bundestagswahl wollen sie sich gegen rassistische Hetze gegen Flüchtlinge zur Wehr zu setzen und auf die miserablen Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern aufmerksam machen. Sie nennen die Tour „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen“. Sie führt durch 44 Städte in Deutschland in 35 Tagen.

Das Motto der Karawane: "Wir haben keine Wahl - aber eine Stimme". Und diese Stimme ist laut. In Rostock bei einer Wahlkundgebung der SPD; in Köln auf der Polizeiwache, wo zwei Freunde in Haft sind oder in Tambach-Dietharz, wo Geflüchtete gegen ihre Isolierung kämpfen und die Schließung des Heimes fordern. Die Flüchtlinge kommen aus Sri Lanka, Kurdistan, Kolumbien, Nigeria und vielen anderen Ländern. Einige sind organisiert bei "The Voice Refugee Forum", im "Bremer Menschenrechtsverein" oder bei kurdischen Vereinen in Köln im Kirchenasyl. Für andere ist es das erste Mal, dass sie sich mit anderen Geflüchteten, MigrantInnen und deutschen Gruppen zusammenschliessen, um sich gemeinsam zu wehren.

Die Tour dokumentiert der Film: "Das Boot ist voll und ganz gegen Rassismus", den ihr euch hier ansehen könnt. Hier die Einladung und das Programm zum Festival der Solidarität

Umbruch Bildarchiv Video: Das Boot ist voll und ganz gegen Rassismus" - Karawane Tour 1998



Weitere Informationen:

cronjob