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Was mir heute wichtig erscheint #398

Staatsräson: Polizisten prügeln auf Neonazigegner ein, um der NPD den Weg zum Bundesparteitag in der dortigen Stadthalle zu ebnen. Beitrag von Gitta Düpertal. Siehe auch "bewaffneter Staats-Schutz für rechten Terror" und das inzwischen berüchtigte Video, das die Mannheimer Polizei "thematisieren" will. Als Blaupause für zukünftige Einsätze? Wozu, derartige Einsätze gegen AntifaschistInnen sind doch seit Jahren Standard.

Fatal: Schlimmer geht es kaum noch. "Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert ein Limit für den Zuzug von Flüchtlingen. Sie entstammten Kulturen, in denen Hass und Intoleranz fester Bestandteil seien.(...)" (ZeitOnline)

Manifest: "Verfolgte, Flüchtlinge, entrechtete Menschen -“ aber Europa baut eine Schallmauer um sich herum. Warum wir eine mutige, visionäre Politik brauchen." Beitrag von Philipp Ruch, Gründer des „Zentrums für politische Schönheit“.

Umstritten: "Die Stadt Stuttgart lehnt eine Gedenktafel am Bürgerhospital ab, wo zwischen 1943 und 1945 vermutlich bis zu 52 behinderte Kinder ermordet worden sind. Sie erhielten eine Überdosis eines Betäubungsmittels." Beitrag von Thomas Faltin bei der Stuttgarter Zeitung.

Wiederholungstäter: "Bundesgesundheitsminister Seehofer will Leistungen für Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge kürzen." Tagesschau.

Folklore: "(...) Die IGM macht viele Kampagnen wie die gegen Leiharbeit und Werkverträge. Was schadet also auch noch eine zur Arbeitszeit, wenn eh keiner hingeht, weil er sie schlicht nicht ernst nimmt? Dass keiner hingeht, sprich: keine Massenmobilisierung gemacht wird, liegt an den Inhalten dieser Kampagnen. Drinnen ist was anderes, als auf dem Etikett steht. Bei der Arbeitszeitkampagne geht es genausowenig darum, dem Kapital durch verkürzte Arbeitszeit den Profit zu stutzen, wie mit der Leiharbeits- oder Werkvertragskampagne für ein Verbot dieser Verbrechen zu kämpfen. Diese Pseudokampagnen greifen den berechtigten Unmut über unhaltbare Zustände auf. Die Antwort aber heißt jedesmal: Wir müssen den "Missbrauch" bekämpfen. Dass es Leiharbeit, Werkverträge und Arbeitsverdichtung per se sind, die die Menschen kaputtmachen, das wird überspielt.(...)" Gerhard Kupfer im Gespräch mit Andreas Schuchardt "Beschwichtigungspolitik hat eine fatale Tradition"

Burgfrieden: Erste Proteste gegen Einschränkung von Demonstrationsfreiheit und anderen Grundrechten in Frankreich. Beitrag von Peter Nowak auf telepolis.

Unfreiheit: "(...) Knapp ein Jahr nach dem Kinostart kommt die Oscar-prämierte Snowden-Doku "Citizenfour" nun ins Free-TV. Am Montagabend (23 Uhr) zeigt die ARD den Film, der vor allem die Tage unmittelbar vor und nach Beginn der Snowden-Enthüllungen beleucht.(...)" Mehr dazu und eine Kritik zum Film bei heise

Konsequent: "Einige Menschen reagierten überrascht, als die TAZ große Bundeswehranzeigen brachte. Ich hab dieses Blatt schon lange als Hauptakteur grüner Kriegspolitik gesehen, insofern war es konsequent. Jetzt auch passend zu lesen die Stellungnahme der Redaktion auf die Kritik an der Bundeswehr-Kriegswerbung: "Nach unseren Kriterien, auf die sich die Mitarbeitenden der taz in vielen Diskussionen im Hause und mit den LeserInnen und GenossInnen geeinigt haben, sind das Bundesministerium für Verteidigung und die Bundeswehr nicht grundsätzlich als militaristisch in diesem Sinne bewertet." Vielleicht ist es dann einfacher, die TAZ als grundsätzlich Militarismus-kompatibel zu bewerten. Wer die noch bezahlt, ist selber schuld." (amazonas box)

Unsportlich: Über antikapitalistische Politik in Hamburg, das Klassenprojekt Olympia und die Notwendigkeit eines revolutionären Bruchs. Ein Gespräch mit der Revolutionären Linken Hamburg. „Olympia wäre eine Niederlage für die lohnabhängige Bevölkerung“

Legendenbildung: Der Tagesspiegel interviewt den Ex-Bürgermeister von Reykjavik. "Komiker Jón Gnarr zeigte als Bürgermeister von Reykjavik: Politik können alle, auch Anarchisten. Man muss nur manchmal zugeben können: Ich habe keine Ahnung."

Wertvoll: "Auf der Seite machtwaszaehlt.de haben „Die Populistinnen -“ Agentur für Zivilgesellschaft“ des Berliner Künstlerkollektivs Peng! e.V. eine Gegenoffensive zur aktuell laufenden Bundeswehrwerbekampagne (siehe IMI-Aktuell 2015/623) gestartet. Vor dem gleichen Camouflagehintergrund, den die Düsseldorfer Werbeagentur Castenow für die Bundeswehr (BW) erstellte, spricht das Kollektiv die unliebsamen Zahlen der BW an; u.a. dass sich 26% der BW als rechts einstufen, jede zweite Frau bei der BW sexuell belästigt wird oder die bisherigen 3500 Suizidfälle in den Ränken der BW. Die Quellen stammen dabei meistens von der Homepage der Bundeswehr selbst oder dem Bundeswehr-Journal. Die Schlussfolgerung ist klar formuliert: „Wenn du deinen Mitmenschen helfen und die Gesellschaft wirklich voranbringen möchtest, ergreife einen sinnvollen Beruf“, so zum Beispiel Ärzt_in, Krankenpfleger_in, Erzieher_in, Lehrer-in , einen Beruf in der Flüchtlingshilfe oder bei der Feuerwehr." Via IMI Online

Pierre Bourdieu - Die feinen Unterschiede

Dokumentation des Hessischen Rundfunks aus dem Jahr 1981 über den französischen Soziologen Pierre Bourdieu (1930-2002).

Neben seinen zahlreichen soziologischen Forschungen ist er als politisch engagierter Intellektueller, der sich gegen die herrschende Elite und den Neoliberalismus wandte, bekannt geworden. Die Aufgabe der neuen sozialen Bewegungen umschrieb er mit dem Begriff der „ökonomischen Alphabetisierung“. In seinen letzten Lebensjahren stand Bourdieu der "globalisierungskritischen" Bewegung nahe. Er war Mitbegründer der heute weltweit agierenden Organisation Attac, stand aber - wie auch in seinen Forschungen - mitten im Leben, wie unter anderem seine Solidarisierung mit streikenden Bahnarbeitern auf einer Betriebsversammlung im Gare de Lyon am 13. Dezember 1995 aber auch seine Unterstützung der Arbeitslosenbewegung in Frankreich 1998 oder der Bewohner in den französichen Banlieus zeigte.



Buchbesprechung: Wolf Wetzel - Der Rechtsstaat im Untergrund

Mit diesem scheinbaren Paradoxon setzt sich Wolf Wetzel auseinander: Seine Analyse führt ihn über die Anfänge der Totalüberwachung unter dem BKA-Chef Herold in den 1970er Jahren -“ den er mit dem prophetischen Satz zitiert: „Aber meine Hoffnung gilt dem Computer als einem gesamtgesellschaftlichen Diagnoseinstrument“ (S.21) -“ über die Erfüllung dieser Hoffnung durch NSA, BND etc. in unseren Tagen.
Wetzel konstatiert: „Die globale Erfassung der „Datenschatten“ ( die in aller Regel mehr verraten, als die realen Personen über sich selbst wissen) erfolgt in einem Schattensystem , das sich einer institutionellen Kontrolle entzogen hat. All das passiert nicht gegen die im Parlament vertretenen Parteien, sondern mit ihrem Einverständnis." (S.44)

Am Beispiel des Oktoberfestattentats von 1980 und dessen Verbindung mit der NATO-weiten „stay-behind“ - Organisation beschreibt er eine „lange, weitgehend ungestörte Kontinuität“ (S. 57) des staatseigenen Untergrunds und die beängstigenden Parallelen zum NSU-VS Komplex: „die Einzeltätertheorie (...), die völlige Entpolitisierung des Anschlags (...), die Vernichtung bzw. Nichtberücksichtigung von Beweisen (...), die bis heute anhaltende Weigerung, Ermittlungen aufzunehmen (...)“ (S.68).

Tatsächlich ist der staatliche Untergrund aber gar nicht so untergründig. Der Autor weist die These vom „eigenmächtigen“ Vorgehen des Inlandgeheimdienstes (BfV) zurück: „Die Belege, dass in jenen Bundesländern, in denen die Terror- und Mordserie des NSU verübt wurde, die jeweiligen Innenministerien das letzte Wort hatten, unabhängig davon, ob sie von der CSU oder SPD geführt wurden, sind zahlreich und fast lückenlos. Der Schlüssel für die fortgesetzte Untätigkeit, der Schlüssel für den Umstand, dass der NSU über zehn Jahre morden konnte, liegt also nicht im Dunklen, sondern in den jeweiligen Innenministerien.“ (S.129)
Und er stellt die Frage: „Aber wo wird eine solche verfassungswidrige Praxis entwickelt und ausgeführt und wie wird sie geschützt?“ (S.132)
Antwort: „Die Bundesregierung ist der politische Garant, im Bundeskanzleramt wird die operative Umsetzung vorgenommen, der Geheimdienst in Gestalt des BND ist das ausführende Organ.“ (S.138)

So richtig diese Schlussfolgerung ist, so unscharf ist die Analyse im Gesamten: Wie sieht diese Verfassung aus, gegen deren Inhalt da zu wieder gehandelt wird, von welchem Rechtsstaat ist die Rede, dessen Regeln außer Kraft gesetzt werden?

Der Staat ist ein Organ der Klassenherrschaft und der Schutz des Privateigentums an den Produktionsmitteln ist der Dreh- und Angelpunkt jeder Verfassung eines bürgerlichen Staats, alle bürgerlich-demokratischen Rechte und Freiheiten haben nur solange und in soweit Gültigkeit, wie deren Inanspruchnahme diesen Staatszweck nicht gefährden.

Davon redet Wolf Wetzel nicht, bei ihm scheint der Staat im wesentlichen um seiner selbst willen zu existieren.

Er nimmt sich dadurch nicht nur die Möglichkeit, die Rolle aufzuarbeiten, die der „staatseigene Untergrund“ bei dem Zusammenspiel der beiden Hauptmethoden bürgerlicher Herrschaft -“ Betrug und Gewalt - hat , sondern auch eine Antwort auf die Kardinalfrage des NSU-VS Komplexes zu finden: Gibt es einen Masterplan hinter diesem Komplex und wenn ja, wie sieht der aus?

Das ist schade, sind Wolf Wetzels Teilanalysen doch sehr stringend und von großer Sachkenntnis geprägt.

Richtig spannend ist, wenn er erzählt, wie er am eigenen Leib erfahren musste, dass der Staatschutz gar keine leibhaftigen V-Männer braucht, sondern sie im Bedarfsfall auch einfach erfindet.

Wolf Wetzel
Der Rechtsstaat im Untergrund: Big Brother, der NSU-Komplex und die notwendige Illoyalität (Neue Kleine Bibliothek)
Papyrossa Verlag
ISBN 978-3-89438-591-0
14,90 €

Über den Kehrwochenterrorismus

Foto: Anneli Salo
Lizenz CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
“(...) Blätter in Gärten, auf Gehwegen und in Rinnsteinen wurden damals weggeharkt respektive -gefegt, um dem Rasennachwuchs aufzuhelfen oder das Verstopfen von Gullys zu verhindern. Mancher harkte sicher auch aus Pingeligkeit, Sauberkeitsfimmel und Pedanterie, aber die Sache vollzog sich relativ leise, und die leichte körperliche Arbeit im Freien tat wohl. Dann kam die Geburtsstunde des Laubbläsers, genauer des Lautlaubbläsers, und seitdem ist die Welt eine andere, eine mit bösem, aggressivem Ton zugeschallte Dantesche Vorhölle (...)-

Wiglaf Droste Aus der Sesshaft: Über den Lautlaubbläser

Über Radfahrer

Erich Mühsam (Fotografie aus dem Jahr 1928, kurz vor seinem 50. Geburtstag)

Erich Mühsam über Radfahrer. Genauer: Über Deutsche im Ausland.

"(...) Der Radfahrer ist der widerwärtigste. Er schwingt die schwarz-weiß-roten Dessous der Mutter Germania mit jubelnder Grazienverlassenheit durch die Lande. Er heult sein "Deutschland, Deutschland über alles" durch jeden stillen poetischen Bergwald, von jedem Kirchturm und von jeder Felsspitze. Das Öldruckbild seines Landesvaters tröstet ihn über alle Qualen der Langweile, die er beim pflichtgemäßen Besuch der Kunstgalerien erdulden musste. Er fragt nicht: Ist die Tour schön? Sondern: Ist da eine gute Fahrstraße? Findet er die Tour trotzdem schön, so rechnet er das sich als Verdienst an: "Ha!" ruft er aus. "Das nenn ich noch -™ne Gegend!", und lacht dazu aus vollem und belegtem Halse. Und da er gerade beim Lachen ist, erzählt er Anekdoten aus den Fliegenden Blättern, gibt Mikosch-Witze zum Besten oder zitiert gar Roda Roda. Die Kunst dünkt ihn eine ziemlich nutzlose Beschäftigung für Müßiggänger -“ sofern er selbst nicht gerade eine Kunst betreibt.(...)" Erich Mühsam, aus "Deutsche im Ausland"

Ein (r)echtes Problem! Gemeinsam auf die Straße gegen die rechten „Demos für alle“!

Bereits zum achten Mal will am 11. Oktober 2015 ein Zusammenschluss aus religiösen FundamentalistInnen, RechtspopulistInnen und offenen FaschistInnen eine Demonstration in der Stuttgarter Innenstadt durchführen. Vermeintlicher Aufhänger dieser selbsternannten "Demo für Alle" ist der Streit um den Baden-Württembergischen Bildungsplan.



Im neuen Bildungsplan wollte die Landesregierung die Vielfalt menschlicher Lebensgemeinschaften abseits der klassischen Ehe thematisieren. Auch aufgrund der rechten Proteste, die in einem Treffen zwischen VetreterInnen evangelikaler Kreise mit Ministerpräsident Kretschmann gipfelten, hat das Kultusministerium die Umsetzung der Pläne verschoben. Die rechten Demos gibt es trotzdem weiterhin.

Grund dafür ist, dass die Allianz aus Rechten verschiedenster Spektren weit mehr vereint als der Wunsch, ein rückständiges Familienbild als gesellschaftliche Norm zu wahren. Ziel der Bewegung ist ein gesellschaftlicher Rollback, d.h. der Rückfall in überwundene gesellschaftliche Zustände wie bspw. die Propagierung der Ungleichwertigkeit der Geschlechter.

Mit rosa und blauen Luftballons als Erkennungsmerkmal propagieren die „Demo für Alle“-TeilnehmerInnen die traditionelle Ehe und Familie als Lösung gesellschaftlicher Probleme, die weit tiefer liegen. Soziale Ungerechtigkeit und die immer größer werdenden gesellschaftlichen Konflikte in Krisenzeiten sind Themen, die mitnichten durch homophobe Phrasen und rechte Denkmuster gelöst werden. Trotzdem haben solche einfachen Erklärungsmuster, vermischt mit dem Hass auf Minderheiten, Konjunktur: Ist es im Osten der Republik die rassistische Hetze von Pegida und Co gegen Geflüchtete, so darf man im Ländle unter wohlwollender Zustimmung eines Bischofs und mehrerer CDU-Bundestagsabgeordneter Homosexualität wieder als Krankheit bezeichnen.

Gerade deswegen ist die "Demo für Alle" nicht einfach nur Kritik am Bildungsplan. Sie ist ein (r)echtes Problem und eine Gefahr für gesellschaftliche Errungenschaften. Umso notwendiger ist es also, das rechte und homophobe Treiben in Stuttgart nicht einfach so hinzunehmen. Gemeinsam mit vielen anderen werden wir am 11. Oktober 2015 wieder auf die Straße gehen. Uns eint dabei die Notwendigkeit des Protests und des Widerstands gegen die rechten Biedermänner und klerikalen Brandstifter.

Denn der Blick in andere Länder zeigt: Dort wo geschwiegen wird, wenn Rechte und religiöse FundamentalistInnen mit homophoben Parolen ohne nennenswerten Widerstand durch die Straßen ziehen, dort gewinnt auch die parlamentarische Rechte an Aufwind und dort werden zuallererst Minderheiten diskriminiert und angegriffen.

Ein Grund mehr am 11. Oktober 2015 mit uns auf die Straße zu gehen. Ob kreativer Widerstand, ziviler Ungehorsam oder lautstarker Protest - uns reicht's! Kommt nach Stuttgart und lasst uns gemeinsam den Rechten den Tag vermiesen!

Es reicht! Schluss mit der rechten Hetze!

Für ein solidarisches Miteinander! Keine "Demo für Alle" in Stuttgart!

Kundgebung am 11. Oktober 2015 mit Reden und Musik ab 12 Uhr auf dem Schlossplatz. Danach Proteste und Widerstand gegen den rechten Aufmarsch.

UnterstützerInnen:
Adelante!
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS)
Antifaschistische Aktion Esslingen
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart
Antifaschistisches Bündnis Kreis Esslingen (ABKE)
Autonome Antifa [S]
CSD Freiburg
Die Humanisten Baden-Württemberg
Die Linke Kreisverband Stuttgart
Die PARTEI Stuttgart
DKP Baden-Württemberg
GAFFA (Band)
Giordano-Bruno-Stiftung Stuttgart/Mittlerer Neckar
Grüne Jugend Stuttgart
IGM Jugend Stuttgart
Initiative "Rems-Murr nazifrei!"
Jusos Stuttgart
Kulturschock Zelle
Offenes Antifaschistisches Bündnis (OAB) Kirchheim
Offenes Treffen geg. Faschismus & Rassismus Tübingen
Piratenpartei Stuttgart
Regenbogenreferat des AStA der Uni Freiburg
Revolutionäre Aktion Stuttgart
REVOLUTION Stuttgart
Rosa Oppossum
SJD - Die Falken Pforzheim
UNI von Unten (UvU)
Piratenpartei Stuttgart
Ver.di Bezirk Stuttgart
Ver.di Jugend Stuttgart
vielbunt e.V. - Queere Community Darmstadt
VVN-BdA Landesverband Baden-Württemberg
VVN-BdA Kreisverband Esslingen
VVN-BdA Kreisverband Stuttgart
Zusammen Kämpfen [Stuttgart]

Nur kurz zum 3. Oktober

Heute mal einen aufgeklärten absolutistischen Monarchisten zum Thema Nationalstolz:

"(...) Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen. (...)"

Arthur Schopenhauer, Parerga und Paralipomena Seite 381

Neuerscheinung: Umwälzungen

Endlich ist es fertig und kann vorbestellt werden: Umwälzungen. Ein Buch mit Beiträgen unseres Autors Fritz Güde, das von Sebastian Friedrich, Patrick Schreiner und mir redaktionell zusammengestellt und bearbeitet wurde und nun in Kürze bei der edition assemblage erscheint.

Umwälzungen

Dieses Buch versammelt eine Auswahl an Artikeln, die der Lehrer und Publizist Fritz Güde seit den frühen 1980er Jahren verfasst hat. Es dokumentiert damit mehrere Jahrzehnte linker publizistischer Tätigkeit zu vielfältigen Themen wie etwa Neonazismus und Marxismus, Heimat und Rapmusik, Expressionismus und Geschichte; zu Autoren wie Walter Benjamin und Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht und Gottfried Benn. -“ Mit einem Beitrag von Georg Fülberth zur Geschichte der politischen Linken in Deutschland.

"Es muss im Bewusstsein der Niederlagen der Kampf angetreten werden, im schärfsten Blick auf die Entstellungen, die bisherige Revolutionäre sich antaten, um ein Jahr oder fünf Jahre oder gar zehn weitermachen zu können. In der Gewissheit, dass unsere Züge nicht weniger entstellt, unsere Hände nicht weniger schmutzig sein werden als die jener, die uns vorangegangen. Aber mit dem kleinen Unterschied, dass wir aufeinander achten wollen, aufpassen, wann es mit uns so weit ist, dann die Narben und Wunden nicht verstecken und zudecken, sondern offen ins Licht halten. Licht der Diskussion, der Überlegung, unter Umständen sogar in der Konsequenz der Notwendigkeit des Rückzugs, ja des Aufhörens." (Fritz Güde)

Fritz Güde
Umwälzungen
Schriften zu Politik und Kultur
Broschur, 140×205 mm
220 Seiten, 20 Euro
ISBN 978-3-942885-97-3 | WG 973
Neuerscheinung Oktober 2015

Umwälzungen: Schriften zu Politik und Kultur

Was mir heute wichtig erscheint #397

Zerstritten: Es kriselt mal wieder in dem neu gegründeten Bündnis für den „Tag der deutschen Patrioten“. Der Zusammenhang bestehend aus GSD (Gemeinsam Stark Deutschland), HoGeSa (Hooligans gegen Salafisten), B.D.H. (Bündnis deutscher Hools) und den Berserker Deutschland zeichnet sich erneut durch interne Streitigkeiten aus. Mehrdarüber in einem lesenswerten Recherchebeitrag auf linksunten. Nachdem das Verwaltungsgericht Hamburg den Eilantrag (15 E 4931/15) gegen das Verbot der Versammlung "Tag der Patrioten" gestern abgelehnt und damit das Verbot des Demonstrationszuges bestätigt hatte ziehen "die rechtsradikalen Organisatoren jetzt mit einer Beschwerde vor das Oberverwaltungsgericht (OVG). Sie wollen das Verwaltungsgerichtsurteil anfechten und das Verbot aussetzen lassen. Sollte sich auch das Oberverwaltungsgericht der Verbotsargumentation der Polizei anschließen, wird der Anmelder voraussichtlich noch am Freitag vor das Bundesverfassungsgericht ziehen." Mehr zu den Gegenprotesten: Hamburg bekennt Farbe sowie Keine Stimme den Nazis - Hamburger Bündnis gegen Rechts

Rechtswidrig: In der Öffentlichkeit ist der Eindruck entstanden, dass das besetzte Haus Kartäuserwall 14 in der Kölner Südstadt marode und nicht mehr bewohnbar ist. Dieser Eindruck ist falsch. Vielmehr hat der Gutachter des Amtsgerichts bereits festgestellt, dass das Gebäude in einem guten Zustand ist. Dies und ein zweites Gutachten, das die ehemaligen Mieter in Auftrag gegeben haben, begründen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abrissgenehmigung. Zur Presseerklärung

Repressiv: Erneut ist der im US-Staat Pennsylvania einsitzende politische Gefangene Mumia Abu-Jamal der Willkür der Knastbehörden ausgesetzt. Vor wenigen Tagen, als Mumia zur Behandlung im Gefängnis-Krankenhaus war, wurden all seine persönlichen Gegenstände aus seiner Zelle entfernt und in Kisten verpackt. Ein solches Vorgehen ohne Anwesenheit des Gefangenen wiederspricht selbst den knastinternen Regeln. Weitere Informationen via bask-info

Novum: Zum ersten Mal findet in Deutschland ein Geschichtsort der anarchosyndikalistischen Bewegung als Kulturdenkmal offiziell Anerkennung - die Bakuninhütte auf der Hohen Maas. Mehr dazu bei insuedthueringen.de

Unmittelbar: Vor kurzem wurde in Berlin-Mitte in der Englischen Straße 20 ein geräumiges Gebäude besetzt, das früher der TU als Hörsaal diente und seit über 5 Jahren leer stand. Die BesetzerInnen im Haus wollen ein „soziales Zentrum für alle“ errichten, in dem zunächst Räumlichkeiten für Flüchtlinge eingerichtet werden sollen. Prompt haben die Leute von LowerClasMag ein live-Interview mit den AktivistInnen geführt. Nur wenig später wurde das Projekt geräumt: "Die Bullen räumen das Gebäude und führen die BesetzerInnen ab. Bereits den ganzen Vormittag kam es zu Drohungen seitens der Bullen. Den Höhepunkt erreichte diese, als einer der Bullen seine Waffe auf die BesetzerInnen auf dem Dach richtete und ihnen zurief: "ich flamm euch alle weg"."

Untergangsszenario: "Angesichts des Interesses der herrschenden Mächte, die Vergangenheit in Museen auszulagern und ihr geistiges Erbe zu entsorgen, ist jeder Versuch, in eine lebendige Beziehung zur Vergangenheit zu treten, ein revolutionärer Akt." Gespräch der Zeit mit dem Philosophen Giorgio Agamben: "Europa muss kollabieren"

Sprachlos: Eine Jobbik-nahe Journalistin hat die eskalierende Lage in Röszke genutzt, um sich die nötigen Aufnahmen von hautnahem Drama durch körperliches Eingreifen zu besorgen und gleichzeitig die Fliehenden ihre Meinung mit Gewalt spüren zu lassen. Nicht nur, dass die inzwischen Arbeitslose einem Flüchtling, der mit einem Kind auf dem Arm versuchte, der Polizei zu entkommen ein Bein stellte - was zu dessen Sturz führte. Sie trat auch nach einem Kind. (via vice)

Ausgerechnet: "In der DDR hat es in den vier Jahrzehnten ihres Bestehens Hunderte Fälle von fremdenfeindlichen Übergriffen gegeben. Dabei sind nach Forschungen des Historikers Harry Waibel mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen." Mehr dazu beim MDR

Unwesentlich: In Fukushima ist wohl kontaminiertes Wasser ins Meer geflossen. Die AKW-Betreiber waren offensichtlich nicht ausreichend auf den Durchzug eines Taifuns vorbereitet. Beitrag von Wolfgang Pomrehn bei telepolis

Gedenkarbeit: Am kommenden Wochenende findet in Leipzig ein durch die Initiative „Pogrom 91“ und die Kampagne „Rassismus tötet!“ organisierter „Gedenkkongress“ statt. Dabei soll sich in zahlreichen Vorträgen und Diskussionsrunden mit der bisherigen Gedenk- und Erinnerungspolitik nichtstaatlicher Gruppen an rechte Morde und Gewalttaten auseinandergesetzt werden, um daraus mögliche Schlüsse für das Andenken an die Betroffenen des NSU zu ziehen. Mehr Info

Merkel im Triumph - und am Ende

Angela Merkel
Bildquelle:
Armin Linnartz
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Merkel erzwingt die Zustimmung eines Bundestags zu einem Gesetz, dem niemand traut. Sie führt weiterhin herbei die einheitliche Zustimmung von europäischen Ländern, die nach eigenen Aussagen gerade noch dafür gestimmt hatten, Griechenland nichts weiter zu geben.

Dies alles zum letzten Mal. Warum?

Die Grundlage ihres bisherigen Handelns lag in der Übernahme eines Modells, das sie von Adenauer und Kohl übernommen hatte.Grundlage war die einheitliche und selbstbewusste interessenbezogene Nation.Darüber gestülpt wurde ein wenig sozialdemokratisches Getümmel. Das aber nie die nationalistischen Grundlagen der jeweiligen Nation erschüttern durfte.

Merkels Stärke seit der Wiedervereinigung war eine wirtschaftliche Macht und Wucht, die die anderen europäischen Länder zeitweise zum Mitmachen zwang. Da diese Länder aber ebenfalls auf ihren nationalen Interessen beharrten,musste es bis zum gegenwärtigen Moment kommen, in dem die Entwicklung zu kippen drohte. Was von allen Seiten als "Fass ohne Boden" bezeichnet wurde, war nichts als die geheime Erkenntnis, dass es nicht mehr so weiter gehen konnte.Die Gewissheit, dass es auf dem vorgesehenen Weg niemals zu einem eigenständigen Aufschwung Griechenlands kommen würde, war jedem Teilnehmer am Prozess nur allzu offenkundig.

Von da aus wäre Schäubles Weg der einzig richtige gewesen. Grexit mit großzügigem Abschiedsgeschenk-und Griechenland kann selbst zusehen, wo es bleibt. Nur hätte dieser Weg die so lange mit Erfolg betriebene Strategie Merkels zu offensichtlich zerstört. Was war diese Strategie gewesen? Nie ganz offen mit Deutschland drohen.Immer mit Europa. Mit der Einheit aller angeblich geeinten Nationen gegen den einen. Den Widerspenstigen. Das wird noch einmal gelungen sein. Das letzte Mal. Nachdem die griechischen Banken die Zahlungen auf ein Minimum reduzierten, war Tsipras in eine Notlage geraten, die ihm keine andere Wahl ließ - als das Sinnlose als notwendig anzunehmen.

Hinzukommt das Bestehen auf angeblich seit Ewigkeit bestehenden Regeln, die strikt einzuhalten wären. Insofern die gegenwärtige Regelung, dass - egal wie die Neuwahlen ausfallen - alle bisher getroffenen Diktaturvereinbarungen eingehalten werden müssen. Die Schuldenzahlungen müssen beibehalten werden. Auch wenn niemand daran glaubt,dass mit dieser Methode jemals Griechenland wieder auf eigenen Füßen stehen wird.

Wie lange wird die Merkeldiktatur sich noch halten können? Spätestens wenn zum Beispiel die Ukraine unter das gleiche Regime gestellt wird. Dann wird es unvermeidlich sein, dass verschiedene europäische Länder sich weigern werden, sich einem Sog auszuliefern, der notwendig zur Katastrophe führen wird. Dann Adieu, Frau Merkel.

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