114 Jahre Nâzım Hikmet
sonnige Tage /
werden wir erleben... /
die Boote werden wir ins Blaue steuern, Kinder, /
werden wir ins strahlende Blaue /
steuern.
Nâzım Hikmet, * 15. Januar 1902 in Thessaloniki; - 3. Juni 1963 in Moskau
Wie aktuell der Bezug des heute leider allzuoft auf seine Kinder- und Jugendliteratur reduzierten Erich Kästner zur Gegenwart ist, hatte ich ja schon hier vermerkt: "Wie die Faust aufs Auge von Pegida & Co." Heute sein Gedicht "Warnung vor Selbstschüssen".
Warnung vor Selbstschüssen
Diesen Rat will ich dir geben:
Wenn du zur Pistole greiftst
und den Kopf hinhältst und kneifst,
kannst du was von mir erleben.
Weißt wohl wieder mal geläufig,
was die Professoren lehren?
Daß die Guten selten wären
und die Schweinehunde häufig?
Ist die Walze wieder dran,
daß es Arme gibt und Reiche?
Mensch, ich böte deiner Leiche
noch im Sarge Prügel an!
Laß doch deine Neuigkeiten!
Laß doch diesen alten Mist!
Daß die Welt zum Schießen ist,
Wird kein Konfirmand bestreiten.
Man ist da. Und man bleibt hier!
Möchtest wohl mit Püppchen spielen?
Hast Du wirklich Lust zum Zielen,
ziele bitte nicht nach Dir!
War dein Plan nicht: irgendwie
alle Menschen gut zu machen?
Morgen wirst du drüber lachen.
Aber, bessern kann man sie.
Ja die Bösen und Beschränkten
sind die Meisten und die Stärkern.
Aber spiel nicht den Gekränkten.
Bleib am Leben, sie zu ärgern!
Erich Kästner, aus "Wir haben der Welt in die Schnauze geguckt" S. 174/175, oder antiquarisch, z.B. beim Zentralarchiv antiquarischer Bücher
Die Zeitlosigkeit der Gedichte des heute leider meist als Kinderbuchautoren wahrgenommenen Erich Kästner ist unglaublich. Wir hatten darauf ja schon in "Das Führerproblem, genetisch betrachtet" und anderen Texten Kästners hingewiesen. Heute nun ein weiteres aktuelle Gedicht:
Der Zweck und die Mittel
(oder Religion als Politik und Politik als Religion)
Der Zweck, sagt ihr, heiligt die Mittel?
Das Dogma heiligt den Büttel?
Den Galgen? Den Kerkerkittel?
O schwarzumflortes Kapitel!
Fest steht trotz Schrecken und Schreck:
Die Mittel entheiligen den Zweck!
Erich Kästner, aus "Wir haben der Welt in die Schnauze geguckt"
Via Horizontverschmelzung
Staatsräson: Polizisten prügeln auf Neonazigegner ein, um der NPD den Weg zum Bundesparteitag in der dortigen Stadthalle zu ebnen. Beitrag von Gitta Düpertal. Siehe auch "bewaffneter Staats-Schutz für rechten Terror" und das inzwischen berüchtigte Video, das die Mannheimer Polizei "thematisieren" will. Als Blaupause für zukünftige Einsätze? Wozu, derartige Einsätze gegen AntifaschistInnen sind doch seit Jahren Standard.
Fatal: Schlimmer geht es kaum noch. "Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert ein Limit für den Zuzug von Flüchtlingen. Sie entstammten Kulturen, in denen Hass und Intoleranz fester Bestandteil seien.(...)" (ZeitOnline)
Manifest: "Verfolgte, Flüchtlinge, entrechtete Menschen -“ aber Europa baut eine Schallmauer um sich herum. Warum wir eine mutige, visionäre Politik brauchen." Beitrag von Philipp Ruch, Gründer des „Zentrums für politische Schönheit“.
Umstritten: "Die Stadt Stuttgart lehnt eine Gedenktafel am Bürgerhospital ab, wo zwischen 1943 und 1945 vermutlich bis zu 52 behinderte Kinder ermordet worden sind. Sie erhielten eine Überdosis eines Betäubungsmittels." Beitrag von Thomas Faltin bei der Stuttgarter Zeitung.
Wiederholungstäter: "Bundesgesundheitsminister Seehofer will Leistungen für Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge kürzen." Tagesschau.
Folklore: "(...) Die IGM macht viele Kampagnen wie die gegen Leiharbeit und Werkverträge. Was schadet also auch noch eine zur Arbeitszeit, wenn eh keiner hingeht, weil er sie schlicht nicht ernst nimmt? Dass keiner hingeht, sprich: keine Massenmobilisierung gemacht wird, liegt an den Inhalten dieser Kampagnen. Drinnen ist was anderes, als auf dem Etikett steht. Bei der Arbeitszeitkampagne geht es genausowenig darum, dem Kapital durch verkürzte Arbeitszeit den Profit zu stutzen, wie mit der Leiharbeits- oder Werkvertragskampagne für ein Verbot dieser Verbrechen zu kämpfen. Diese Pseudokampagnen greifen den berechtigten Unmut über unhaltbare Zustände auf. Die Antwort aber heißt jedesmal: Wir müssen den "Missbrauch" bekämpfen. Dass es Leiharbeit, Werkverträge und Arbeitsverdichtung per se sind, die die Menschen kaputtmachen, das wird überspielt.(...)" Gerhard Kupfer im Gespräch mit Andreas Schuchardt "Beschwichtigungspolitik hat eine fatale Tradition"
Burgfrieden: Erste Proteste gegen Einschränkung von Demonstrationsfreiheit und anderen Grundrechten in Frankreich. Beitrag von Peter Nowak auf telepolis.
Unfreiheit: "(...) Knapp ein Jahr nach dem Kinostart kommt die Oscar-prämierte Snowden-Doku "Citizenfour" nun ins Free-TV. Am Montagabend (23 Uhr) zeigt die ARD den Film, der vor allem die Tage unmittelbar vor und nach Beginn der Snowden-Enthüllungen beleucht.(...)" Mehr dazu und eine Kritik zum Film bei heise
Konsequent: "Einige Menschen reagierten überrascht, als die TAZ große Bundeswehranzeigen brachte. Ich hab dieses Blatt schon lange als Hauptakteur grüner Kriegspolitik gesehen, insofern war es konsequent. Jetzt auch passend zu lesen die Stellungnahme der Redaktion auf die Kritik an der Bundeswehr-Kriegswerbung: "Nach unseren Kriterien, auf die sich die Mitarbeitenden der taz in vielen Diskussionen im Hause und mit den LeserInnen und GenossInnen geeinigt haben, sind das Bundesministerium für Verteidigung und die Bundeswehr nicht grundsätzlich als militaristisch in diesem Sinne bewertet." Vielleicht ist es dann einfacher, die TAZ als grundsätzlich Militarismus-kompatibel zu bewerten. Wer die noch bezahlt, ist selber schuld." (amazonas box)
Unsportlich: Über antikapitalistische Politik in Hamburg, das Klassenprojekt Olympia und die Notwendigkeit eines revolutionären Bruchs. Ein Gespräch mit der Revolutionären Linken Hamburg. „Olympia wäre eine Niederlage für die lohnabhängige Bevölkerung“
Legendenbildung: Der Tagesspiegel interviewt den Ex-Bürgermeister von Reykjavik. "Komiker Jón Gnarr zeigte als Bürgermeister von Reykjavik: Politik können alle, auch Anarchisten. Man muss nur manchmal zugeben können: Ich habe keine Ahnung."
Wertvoll: "Auf der Seite machtwaszaehlt.de haben „Die Populistinnen -“ Agentur für Zivilgesellschaft“ des Berliner Künstlerkollektivs Peng! e.V. eine Gegenoffensive zur aktuell laufenden Bundeswehrwerbekampagne (siehe IMI-Aktuell 2015/623) gestartet. Vor dem gleichen Camouflagehintergrund, den die Düsseldorfer Werbeagentur Castenow für die Bundeswehr (BW) erstellte, spricht das Kollektiv die unliebsamen Zahlen der BW an; u.a. dass sich 26% der BW als rechts einstufen, jede zweite Frau bei der BW sexuell belästigt wird oder die bisherigen 3500 Suizidfälle in den Ränken der BW. Die Quellen stammen dabei meistens von der Homepage der Bundeswehr selbst oder dem Bundeswehr-Journal. Die Schlussfolgerung ist klar formuliert: „Wenn du deinen Mitmenschen helfen und die Gesellschaft wirklich voranbringen möchtest, ergreife einen sinnvollen Beruf“, so zum Beispiel Ärzt_in, Krankenpfleger_in, Erzieher_in, Lehrer-in , einen Beruf in der Flüchtlingshilfe oder bei der Feuerwehr." Via IMI Online
Dokumentation des Hessischen Rundfunks aus dem Jahr 1981 über den französischen Soziologen Pierre Bourdieu (1930-2002).
Neben seinen zahlreichen soziologischen Forschungen ist er als politisch engagierter Intellektueller, der sich gegen die herrschende Elite und den Neoliberalismus wandte, bekannt geworden. Die Aufgabe der neuen sozialen Bewegungen umschrieb er mit dem Begriff der „ökonomischen Alphabetisierung“. In seinen letzten Lebensjahren stand Bourdieu der "globalisierungskritischen" Bewegung nahe. Er war Mitbegründer der heute weltweit agierenden Organisation Attac, stand aber - wie auch in seinen Forschungen - mitten im Leben, wie unter anderem seine Solidarisierung mit streikenden Bahnarbeitern auf einer Betriebsversammlung im Gare de Lyon am 13. Dezember 1995 aber auch seine Unterstützung der Arbeitslosenbewegung in Frankreich 1998 oder der Bewohner in den französichen Banlieus zeigte.