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"Der Krieg wird nicht mehr erklärt, sondern fortgesetzt" (Ingeborg Bachmann)

Über fünzig Jahre, seit ich das Gedicht zum ersten Mal las. Damals Schreckensvision, heute Verlaufsprotokoll. Das Härteste ist mir erst jetzt aufgefallen. Die Überschrift! "Alle Tage".

Der Unterschied zwischen Krieg und Frieden ist eingezogen worden wie ein nicht mehr gültiger Geldschein. Es gibt nur noch Krieg.

Man muss das gesehen haben im Fernsehen, wie über den Überfall auf Libyen gesprochen wurde im Bundestag. Nur mal gesprochen, noch nicht beschlossen.
Zwei Reihen Grüne, ungefähr eben so viel von der SPD. Hingesunken, gesäßschwer, schläfrig wie nach einem langen Hochamt. Und mehr oder weniger gleichgültig Beifall gejodelt. Was ist schon dabei? Seit Schröder-Fischer gilt doch "Alle Tage".

Zum Einstieg bereit Dreiviertel des Bundestags. Die Koalition, erholt vom sehr kurzen Anfall Einsicht, zusammen mit den angeblichen Gegnern. Nicht mal aus Kriegsbegeisterung. Noch weniger - hoffentlich - beschnapst von der neuen Idee der "Pflicht zu Helfen". Einfach aus Herdengefühl. Mitschlurfen, Mitschlappen, Mitschwimmen mit der NATO. Nur nicht allein bleiben mit seinem Rest von Vernunft. Mit der blakenden Funzel.

Und das genau in dem Augenblick, da Rasmussen sich und der NATO offen zugibt, dass Gaddafi mit Flugzeugen allein nicht niedergemacht werden kann. Dass dafür in dem verwaschenen Text des Sicherheitsrats kein Wort der Erlaubnis sich findet, kümmert ihn  nicht. Er will auch nicht sagen, dass deshalb das Unternehmen leider eingestellt werden muss. Die Fortsetzung seiner Rede ist noch vor Ostern zu erwarten. Flieger allein reichen nicht.Dann brauchen wir eben doch Infanterie. Aber beileibe keine Besatzungstruppen. Nur einfach Einsatzkräfte. Die sind doch vom Sicherheitsrat nicht verboten worden. Oder?

Genau in diesem Augenblick einsteigen?

Clausewitz wäre nicht dafür gewesen. Aber der schaute auch noch auf Sieges-Chancen, nicht auf Beistandspflichten am Ehrenbegräbnis. Hauptsache: Zusammen im Untergang.

Was ich gerne wüsste: stehen wirklich alle GRÜNEN im Siegesrausch jetzt hinter  den Oberen, die sie gerade verkaufen?

Ist denkbar, dass Leute, die die Bahnhofsbeseitigung blockierten und allerlei Haftstrafen riskierten,dem Verkauf durch die eigene Obrigkeit zustimmen? Hat auch nur einer sich vorgestellt, wie es ihm zumute sein wird, wenn die Wüste leergefegt sein wird -und eine zusammengeprügelte Horde siegfeiert über ein entleertes Land?

Die Stunde der LINKEN müsste jetzt gekommen sein. Nachstoßen! Sozialisten, die es in der SPD vereinzelt noch geben soll, Friedenshüter, die bei den GRÜNEN vor nicht langer Zeit gesehen wurden, bei jedem einzelnen scharf nachfragen, ob er das Müdkopfnicken der Kriegstreiber oben mitmacht? Wenn nein- wo bleiben dann die Entschließungen der Ortsverbände? Wo die persönlichen Schreiben an die eigenen Abgeordneten? Wo schließlich die wütenden Austrittserklärungen?

"Alle Tage". Muss es wirklich auch an diesem sein? Einige liegen im Sand. Andere glorios auf Lastwagen und verballern ihre Munition. Wenigstens die unschädlich beseitigt. Wieso, wieso soll das unsere Sache sein? Muss es wirklich auch heute sein. An diesem schönen Tag im April.

Was mir heute wichtig erscheint #267

Straflos: Am 3. und 4. Mai jährt sich zum 5. Mal die Repression von San Salvador Atenco. Mit diesem Angriff versuchte der mexikanische Staat die wachsende Organisation in der Zivilgeselschaft zu brechen sowie sich für den erfolgreichen Widerstand gegen den Bau eines neuen Flughafens, zu rächen. Aktionstag in Solidarität mit der Frauen aus Atenco und gegen die Straflosigkeit

Produktionsbedingungen: "Seit dem Jahr 2000 legt die Europäische Kommission alle zwei Jahre einen Bericht vor, der die Entwicklung des sozialen Dialogs, der Gewerkschaften, der Tarifpolitik und des Arbeitsrechts in der EU untersucht. Die Ausgabe 2010 wurde am 3. März 2011 in Brüssel präsentiert. Ein Schwerpunkt liegt auf betrieblichen Vereinbarungen zu den Folgen der Finanzmarktkrise und dem Umgang mit Restrukturierungen. Ein weiteres Thema des Berichts: im Jahr 2008 waren nur noch 31% aller Arbeitnehmer in Europa Mitglied einer Gewerkschaft, dennoch gelten Tarifverträge immer noch für zwei Drittel aller Arbeitsplätze." Zur Kurzdarstellung des Berichtes und der komplette Bericht im Wortlaut (in englischer Sprache) Via www.ebr-news.de

Katastrophenprofiteure: "Deutsche Unternehmen rechnen aufgrund der Umweltkatastrophe in Japan mit verbesserten Expansionschancen. Noch vor kurzem sahen Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft die japanische Konkurrenz als "Bedrohung"; jetzt verweisen Unternehmensberater auf die Möglichkeit, von der Krise in Japan zu "profitieren". (...)" Mehr dazu bei german-foreign-policy

Abschiebungen: "Viele Pendler/innen und Passant/innen bleiben am Morgen des 8. April verwundert am hannoverschen Leineufer stehen. Sie trauen Ihren Augen nicht: Eine der drei Nanas, eine besondere Attraktion der niedersächsischen Landeshauptstadt, ist verschwunden. Aber warum? Und wo wurde sie hingebracht? Sie ist nicht die einzige, die in einer Nacht- und Nebelaktion aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen wurde. Ebenso widerfährt es immer wieder Menschen, die aus Deutschland abgeschoben werden. Unter ihnen auch immer mehr Angehörige der Romaminderheiten, die aus dem Kosovo vor Pogromen während des Bürgerkriegs nach Deutschland geflohen waren. (...)" Mehr beim Flüchtlingsrat Bremen.

Nachfolgeorganisation: Für den Bundesnachrichtendienst haben nach dem Krieg zahlreiche ehemalige Nazis gearbeitet -“ unter anderem der Peiniger von Anne Frank, Karl Josef Silberbauer. Das hat Peter-Ferdinand Koch für sein neues  Buch: "Enttarnt. Doppelagenten: Namen, Fakten, Beweise" recherchiert. Mehr bei FOCUS, via Dokumentationsarchiv.

Proteste: In Tokio haben am Sonntag rund 5000 Menschen gegen die Nutzung von Atomkraftwerken protestiert, während sich die Experten am schwer beschädigten Kraftwerk in Fukushima auf einen langen Weg zur Überwindung der Katastrophe einstellten. Mehr bei Reuters. Das kann noch ein paar Millionen Jahre dauern, siehe dazu ein Verweis auf einen Beitrag bei fefe zu einem Tagesspiegel Bericht zu einem - schon älteren internen Fukushima Dokument: "In Reaktor 1 haben sich so dicke Salzkrusten gebildet, dass das Kühlwasser nicht mehr in den Reaktorkern vordringt. Dort ist also kein Wasser mehr. Und ihre Messungen sind auf der anderen Seite der Salzkruste und damit weitgehend wertlos. Und auch bei Reaktor 2 sieht es düster aus. Dort sind die Dichtungen der Kühlwasser-Umwälzpumpen kaputt, und es dring Wasser in das äußere Containment. Das ist aus Stahlbeton, aber durch das Erdbeben undicht. Schlimmer noch: weil die Dichtungen das Wasser rauslassen, kommt im Reaktorkern das Kühlwasser höchstens auch nur bis zur Höhe der kaputten Dichtungen. Den Teil darüber kriegen sie nicht gekühlt."

Kriegszeiten: Die Operation Odyssey Dawn markiert den Beginn einer militärischen Intervention in Libyen. Es ist eine neue kriegerische Mission, mit der die westlichen Mächte ihre ökonomischen und geopolitische Interessen sichern, die sie durch Instabilität, lokale Spannungen, Diktatoren und andere ambitionierte Führer, gefährdet sehen. Mehr im Blog der "International Workers Association / Asociación Internacional de los Trabajadores (IWA-AIT)" (via syndikalismus.tk)

Reboot: "Zum fünften Mal treffen sich am kommenden Mittwoch die Fleischavatare der Bewohner digitaler Welten in Berlin zur re:publica. Was als Blogger-Konferenz begann, ist mittlerweile ein Diskussionsforum für eine Vielzahl netzpolitischer Themen, die im Unterschied zu den gängigen Klagemauereien eher optimistisch ausgerichtet ist. Entsprechend wird beim kleinen Jubiläum zum Auftakt der Re:Publica die Digitale Gesellschaft gestartet, eine Kampagnenplattform zur Verteidigung digitaler Bürgerrechte. (...)" Meldungen zur re:publica z.B. bei heise online, bei Opalkatze, und Netzpolitik.

Geguttenbergt: Das Rote Blog klaut kopiert uralte (aber trotzdem gute) Witze bei der Familie Ahlers. Genau, das sind die mit der Bielefeldverschwörung. Aber die ist von denen auch nur von Achim Held kopiert. Und darüber gibt es sogar was bei WikiPedia.

Was mir heute wichtig erscheint #266

Massenmilitanz: "(...) das gefällige Gerede der Herrschenden, man habe die Dinge „im Griff“, ist nichts als Gerede. Der einzig stabile Faktor der gegenwärtigen Weltverhältnisse ist ihre grundlegende Instabilität. Natürlich ist hier zunächst der GAU von Fukushima zu nennen: Nach Tschernobyl geschieht zum zweiten Mal, worauf der weltweite Widerstand gegen Atomtechnologie, Atomstaat und Atomkapital immer schon verwiesen hat, was in Wahrheit auch alle anderen wussten, doch billigend, d.h. massenmörderisch und lebensvernichtend in Kauf nahmen. Die Reaktion der Verantwortlichen auf die vorhersehbare Katastrophe ist nicht nur nicht souverän - sie ist erbärmlich. Man hält sich an der Macht, weil man schon an der Macht ist und das auch künftig bleiben will. (...)" Eine Erklärung der Interventionistischen Linken (IL) zur Kampagne Castor Schottern und den Grundlagen künftiger interventionistischer Praxis: "An alle, die mit uns geschottert haben..."

Prozessbericht: Die Betriebszeitung "Alternative", die von einigen IG Metall-Betriebsräten und Vertrauensleuten bei Daimler-Untertürkheim herausgegeben wird, berichtet in ihrer jüngsten Ausgabe Nr. 93 von den Behr-Prozessen.

Erfolg: Die 36 antifaschistischen und kommunistischen Gefangenen der PCE(r), GRAPO und der SRI, haben ihren Hungerstreik beendet. Sie waren letzte Woche in einen Hungerstreik getreten, um gegen die ständigen Angriffe auf sie und Arenas und um gegen die schlechten Haftbedingungen zu protestieren. Bericht bei political-prisoners.net

Interview: Mit Noam Chomsky: Wisconsin und der Nahe u. Mittlere Osten.

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick über die Entwicklung in Lateinamerika.

Fassung: Nicht nur den S21-Gegnern dürfte der Name Dietrich Wagner ein Begriff sein. Seit dem Einsatz eines Wasserwerfers am 30. September 2010 ist der Rentner nahezu erblindet. Die Interviewer von gulli.com wollten wissen, ob es je zu einer Aussöhnung mit den Verantwortlichen kam und was aus ihm geworden ist.

Lookism: Vom Umgang mit Schönheit, ästhetischem Urteil und dem Kater danach. Artikel in der arranca! Ausgabe 43

Desinteresse: "Das Verfahren gegen den zurückgetretenen deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wegen der Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit wird möglicherweise eingestellt. Das berichtet Spiegel Online am heutigen Samstag unter Berufung auf Münchner Strafverteidiger. Demnach sei die Justiz in Bayern bereits auf der Suche nach Präzedenzfällen, bei denen Verfahren wegen Urheberrechtsverletzung ebenfalls wegen mangelnden öffentlichen Interesses eingestellt worden seien. (...)" Mehr bei WikiNews

Weichenstellung: Die Kampagne "Finger weg vom Streikrecht! Gewerkschaftsfreiheit statt Arbeitsfront!" ist eine Initiative verschiedener FAU-Gewerkschaften zur Verteidigung und Ausweitung der Koalitionsfreiheit und des Streikrechts in Deutschland. Hintergrund ist ein Gesetzesvorstoß von DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund) und BDA (Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände), die die vom Bundesarbeitsgericht zugelassene Tarifpluralität auf Kosten von Streikrecht und Koalitionsfreiheit rückgängig machen wollen. Interview mit Dörte Stein auf Radio Dreyeckland (via fau.org)

Schattenbericht: Das Ende des Rassismus ist noch weit weg. Pressemitteilung zum Schattenbericht. (via der braune Mob).

Katastrophenabwehr:
"Am 26. Oktober 2010 gab die Europäische Kommission die Mitteilung „Auf dem Weg zu einer verstärkten europäischen Katastrophenabwehr: die Rolle von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe“ heraus, die als ein „erster Baustein in den umfassenden Bemühungen um eine verstärkte EU-Katastrophenabwehr“ präsentiert wurde. Bereits 2007 wurde eine Entscheidung des Rates über ein Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz verabschiedet. Laut Kommission seien andere Maßnahmen „sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU“ längst angelaufen. Im Kern geht es in der aktuellen Mitteilung um Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedsstaaten und der Kommission, die als „Mehrwert“ gegenüber nationalen Instrumenten bezeichnet werden und sich in verschiedenen Einsätzen 2010 bewährt hätten. (...)" Beitrag von Matthias Monroy im IMI-Standpunkt 2011/020 - AUSDRUCK (April 2011)

Klassenkampf: "Der 1.Mai steht seit über 100 Jahren für den Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung und staatliche Unterdrückung. Überall auf der Welt demonstrieren Menschen für ihre Bedürfnisse auf die Strasse und stellen die gesellschaftliche Ordnung in Frage, oft werden sie dabei von Polizei und Militär angegriffen, verprügelt und sogar ermordet. Das antifaschistische und antimilitaristische Aktionsbündnis 3a, in dem sich verschiedene revolutionäre Gruppen zusammengeschlossen haben, mobilisiert bundesweit unter der Parole „Klasse gegen Klasse“ mit einem eigenen Aufruf und Plakaten zu revolutionären 1.Mai-Demos, klassenkämpferischen Blöcken auf Gewerkschaftsdemos und Aktionen gegen Naziaufmärsche in Berlin, Hamburg, Nürnberg, Duisburg, Stuttgart und Heilbronn. (...)" Weiter bei linksunten.

Ersatzintellektueller: Eine zweiteiliges Porträt zu Jürgen Habermas bei Duckhome von Richard Albrecht. (Teil 1 / Teil 2). Siehe auch: "Merkels von Demoskopie geleiteter Opportunismus", Beitrag von Jürgen Habermas in der Süddeutschen vom 07.04.2011.

Neueröffnung: Das populäre kubanische Internetportal hat eine Version in deutscher Sprache gestartet. Enthalten sind bislang durchwachsene deutsche Übersetzungen der Reflexionen von Fidel Castro sowie mehrere Artikel, die sich vor allem mit der aktuellen imperialistischen Aggression gegen Libyen sowie aktuellen Entwicklungen in Kuba befassen. (via redglobe)

Auf in den Krieg! Blindes Huhn beim Ausspucken des einzigen gefundenen Korns

Hatten wir nicht leichtfertig genug Westerwelle und Merkel eine einzige verbliebene Einsicht zugetraut: die nämlich, dass nach zwei Befreiungskriegen ein dritter sich nicht empfehle. Angesichts der Opfer! Angesichts der vom Befreien übrig gebliebenen Verletzten und Toten auf beiden Seiten der Siegerstraße.

Jetzt - wo die Wahlen vorbei und ohnedies verloren sind - die Umkehr. Und das mit der Behauptung, es gehe bei allem ja nur ums Humanitäre. Bekanntlich ist alles, was die Befreiungskrieger in Libyen derzeit treiben, nach UNO-Definition auschließlich "humanitär". Auch Angriffsflüge auf Panzerkolonnen weit weg von jeder zu schützenden Bevölkerung.

Früher hatten die Parteien noch Programme. In denen stand halbwegs überprüfbar, was in den nächsten Jahren zu erwarten war. Dazwischen dann die Saisonvorhaben. Sollten für ein Halbjahr durchhalten. Inzwischen: Sekundenblubber. Hauptsache, es wirkt bis übermorgen. Logische Folgerung: Es kommt nicht mehr auf das an, was die Leute oben sagen. Was sie abstimmen. Worauf sie schwören. Die WERTE! Hauptsache, sie halten sich oben. Und müssen furchtbar lachen, wenn andere Staatsmänner um Waffenstillstand bitten. Wie jetzt Gaddafi. Keiner weiß, was im Brief an Obama steht, aber dass es "wirr" ist, steht fest. Wir dagegen: Immer erzrational. Mit Windenergie umgetrieben.

Westerwelles und Merkels Erkenntnisse reichen inzwischen gerade noch für drei Wochen.  Die tugendhaften SPDler und die bekenntnisfrohen FDPler stehen bereit und bilden mit den bekehrten Freiheitskämpfern die Einheitsfront. Alles wie immer!

Helfen wird der letzte Schwenk der FDP bei den Leuten leider nicht.

Egal, ob man der zusammengelaufenen Truppe in Bengazi die Befreiungsglut glaubt oder nicht, Westerwelle wird einfach als Flattermaxe wahrgenommen und abgestempelt. Merkel auch. Vermutlich denken alle deutschen Chauvis nur deshalb milder über sie, weil sie Frauen in Kriegsdingen ohnedies nix zutrauen.

Bleibt zu hoffen, dass wenigstens die LINKEN  in der Kriegsfrage widerspenstig bleiben. Und nicht geil auf Steinmeiers Schulterklopfen  oder Roths Zuschmunzeln auch noch nachgeben.

Insgesamt: Wer noch einen Beweis gebraucht hat, dass Demokratie im gegenwärtigen parlamentarischen System nie dazu führt, dass die Mehrheit der Menschen das durchsetzen kann, was sie will, jetzt hat er es schwarz auf weiß. Es müssen andere Formen der Willensbildung und vor allem der Kontrolle gefunden werden

Was mir heute wichtig erscheint #265

Mindestlohn: Die Löhne von Millionen Menschen sind in den letzten Jahren gesunken, nicht zuletzt durch zunehmende Leiharbeit. Mehr als sieben Millionen Menschen arbeiten zu Löhnen unter zehn Euro. Und es werden mehr. Gegen asoziales Lohndumping durch das Kapital muss dringend eine gesetzliche Schranke nach unten eingezogen werden. Zur Kampagne "Für einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro brutto, lohnsteuerfrei!" (Via Binsenbrenner)

Verlierer: Der Dokumentarfilm “Hunger- erzählt, wie Menschen, Gruppen und Organisationen darum ringen, eine der schlimmsten sozialen, politischen und ökonomischen Tragödien unserer Tage zu bewältigen: den Hunger in der Welt. Mehr bei Schweineherbst.

Posse: Er pochte auf die Verfassung, kritisierte Gesetze - und wurde 38 Jahre lang vom Verfassungsschutz bespitzelt. Nun stoppten Kölner Verwaltungsrichter die Observation des Bürgerrechtlers Rolf Gössner. In der schriftlichen Begründung des Urteils wird der Einsatz als Posse entlarvt. Mehr bei SPON.

Verdienstvoll: General Petraeus soll CIA-Direktor werden. Petraeus ist der "Kriegsheld", der über die verkackten Operationen im Irak und in Afghanistan präsidiert. (via fefe)

Identitätsfeststellung: "Auf so manchen Polizeirevieren wird man die Organisationsabläufe künftig deutlich straffen müssen -“ sofern die dort tätigen Beamten das Bundesverfassungsgericht ernst nehmen. Aus Karlsruhe kommt nämlich eine deutliche Ansage zu Festnahmen, die schon von vornherein nur vorübergehend angelegt sind. Im nun entschiedenen Fall waren Grundstücksbesetzer, die sich ausweisen konnten und eigentlich nur fotografiert werden sollten, mehr als fünf bzw. acht Stunden eingesperrt worden. So etwas hält das Bundesverfassungsgericht für unverhältnismäßig und somit rechtswidrig. (...)" Udo Vetter zum Spruch und Pressemeldung des Bundesverfassungsgerichts mit Links zu den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichtes zur polizeilichen Ingewahrsamnahme eines Beschuldigten zwecks Feststellung seiner Identität und Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen.
 
Umbau: "Der Schock sitzt tief bei den Beschäftigten der Frankfurter Rundschau. Am Freitag hatte der Mehrheitseigner M. DuMont Schauberg seine Pläne zur radikalen Umstrukturierung des traditionsreichen Blatts bekanntgegeben. Demnach wird die überregionale Berichterstattung künftig von der ebenfalls zum Verlag gehörenden Berliner Zeitung übernommen. (...)" Bericht der "jungen Welt" zur "Umstrukturierung" bei der FR. Siehe auch den gestrigen Kommentar von Fritz Güde.

Vage: Gegen einen Neonazi aus dem südbadischen Weil am Rhein, bei dem insgesamt 22 Kilogramm Chemikalien, Zündschnüre, elektronische Bauteile zum Bombenbau sowie Fachbücher gefunden wurden, wird kein Hauptverfahren eröffnet. Mehr zu dem Skandal beim "Neuen Deutschland" und beim Netz gegen Nazis.

Asylrelevant: "Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat den Antrag des US-Amerikaners André Shepherd auf Asyl in Deutschland abgelehnt. Der Fall Shepherd wurde im November 2008 bekannt, nachdem Shepherd mit Unterstützung von Kriegsdienstverweigerungsnetzwerken an die Öffentlichkeit ging und seine Geschichte erzählte. Der damals 31-Jährige war als Hubschraubermechaniker für die Reparatur und Wartung von Apache Kampfhubschraubern der US-Armee zuständig, wobei er von September 2004 bis Februar 2005 auch im Irak eingesetzt wurde. (...)" telepolis, siehe auch die Stellungnahme Shepherds bei  Connection e.V.

Verweigert: Letzte Woche lehnte das Tribunal Supremo, das oberste spanische Gericht, mit knapper Mehrheit von 9:7 der Richter die Zulassung von Sortu ab. Die Partei kann nun noch das Verfassungsgericht Tribunal Constitutional anrufen, es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass dieses Gericht noch vor den Kommunalwahlen eine Entscheidung fällt. Beitrag von Uschi Grandel bei den Freunden des Baskenlandes zu den Hintergründen.

Abgewiegelt: Tepco behauptet, es laufe kein hochradioaktives Wasser mehr ins Meer. Dabei wurde nur der kleine Riss gestopft, man darf aber von weiteren Kernschmelzen und unkontrollierten Kettenreaktionen ausgehen. Beitrag von Ralf Streck auf telepolis

Ganzheitlich: ""Ein im Auftrag der Partei Bündnis 90/Die Grünen operierender Think-Tank befasst sich mit Flüchtlingsabwehr. Die Berliner Denkfabrik namens Institut für Migrations- und Sicherheitsstudien (IMSS) geht davon aus, dass die USA und die EU vor ähnlichen "Herausforderungen" stünden - beim Versuch, "irreguläre" Migration "aufzuhalten". Die Leiterin des IMSS will "Migrationspolitik" als "Interessenpolitik" verstanden wissen; um das Ziel zu erreichen, "Migration aus armen Ländern zu reduzieren", sollen den Herkunftsstaaten der Flüchtlinge ökonomische "Zugeständnisse" gemacht werden. Flankiert wird diese Form der Migrationsforschung durch sogenannte sicherheitspolitische Studien, die die Entsendung deutscher Polizisten im Rahmen von Militärinterventionen zum Inhalt haben. Zu den Kunden des IMSS zählen Bundespolizei, Bundeskriminalamt, Landeskriminalämter und Bundeswehr; die Institutsleiterin fungiert als Referentin der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, des offiziellen militärpolitischen Think-Tanks der Bundesregierung." Mehr bei german-foreign-policy.com.

Rechte Kleptomanie?

In diesem Sammelband finden sich neben profunden Analysen zu den vermeintlichen Übernahmeversuchen von Inhalten, Ausdrucksformen und Strategien seitens der extremen Rechten sehr ergiebige Ansätze für offensive linke Politik.
Die Übernahme von vermeintlich linken Themen, Codes und Strategien durch extreme Rechte ist kein neues Phänomen, dennoch scheint die Problematik in letzter Zeit innerhalb der Linken nicht nur durch sogenannte Autonome Nationalisten an Bedeutung gewonnen zu haben. Eine der umfassendsten und tiefgreifendsten Publikationen der letzten Jahre zu diesem Thema ist der im Herbst 2010 beim Unrast Verlag erschienene Sammelband Rechte Diskurspiraterien. Es handelt sich um den Reader eines im November 2009 stattgefundenen Colloquiums des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS). Doch nicht nur die Aktualisierung der dort gehaltenen Referate und die Ergänzung durch weitere Beiträge machen den Sammelband zu mehr als einer schlichten Tagungsdokumentation. Im Zentrum stehen Adaptionen, Umdeutungen und Deutungskämpfe von rechts. Dort werden Symbole linker Bewegungen genutzt und mit eigenen Aussagen verknüpft. Diese Operationen finden laut den Herausgeber_innen Regina Wamper, Helmut Kellershohn und Martin Dietzsch insbesondere auf drei Ebenen statt: Auf der inhaltlichen geht es um Deutungskämpfe in Themenfeldern, die traditionell links besetzt sind, auf der kulturell-ästhetischen um die Adaptionen von Codes und Symbolen und drittens um die Übernahme strategischer Optionen. Dieses weite Feld wird im Sammelband in 15 Beiträgen umfang- und kenntnisreich behandelt.

Kontext

Zunächst wird eine aktuell-politische Kontextualisierung vorgenommen. Neben der Strategiediskussion innerhalb der „faschistischen Weltanschauungspartei“ NPD (S. 39), bei dem der Kampf um die Parteispitze Anfang 2009 laut Martin Dietzsch vor allem eine Auseinandersetzung um taktische Optionen war, geht Helmut Kellershohn auf das Netzwerk des Jungkonservatismus im Umfeld der extrem rechten Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) und dem Institut für Staatspolitik (IfS) ein. Hier zeigen sich ebenso unterschiedliche Positionen: Während das IfS-Umfeld auf den Aufbau einer Gegenelite setzt, ist die JF an dem Aufbau einer rechten Sammlungsbewegung interessiert. Sowohl bei NPD als auch JF und IfS sind die Differenzen im Wesentlichen strategischer Natur. Die gemeinsame ideologische Klammer ist der völkische Nationalismus. Christina Kaindl untersucht desweiteren die Zustimmung von extrem rechten Positionen und Parteien im Lichte von Krisenzeiten. Ihr Befund: Die extreme Rechte konnte aus der Krise keinen Profit schlagen, was daran liegt, dass die Lücke der Repräsentation für herrschende Parteien geschlossen wurde. Die Bevölkerung misstraue zwar den Banken mehr, baue aber zugleich mehrheitlich auf die Regierung. Eine mögliche Stärkung der Rechten stehe auch im Zusammenhang mit der Arbeit der politischen Linken. Diese müsse sich bemühen, „Freiheit, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung jenseits der autoritären und nationalen Momente des Fordismus in einem neuen Projekt globaler Solidarität aufzuheben.“ (S. 52)

Mit den historischen Vorbildern befassen sich die folgenden drei Beiträge. Sabine Kebir zeigt die Kontinuität des Gramscismus von rechts am Beispiel von Napoleon III., Mussolini und Goebbels auf. Sie appelliert, für die Linke nützliche Begriffe, die von rechts vereinnahmt und übernommen wurden, nicht einfach aufzugeben, denn der „Kampf um Hegemonie ist auch Kampf um Begriffe“ (S. 76). Volker Weiss zeigt in seinem Beitrag, wie der Sozialismusbegriff nach dem Ersten Weltkrieg von Moeller van den Bruck und Spengler adaptiert wurde. „Sie okkupierten Begriffe des Gegners und brachten sie, versehen mit einer wesentlich anderen Bedeutung, wieder in den politischen Diskurs ein.“ (S. 95) Anhand der französischen Nouvelle Droite zeigt Volkmar Woelk, dass „verstärkt auf die nationalbolschewistischen Ideen aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zurückgegriffen wird“ (S. 113). In Deutschland würden sich extreme Rechte jedoch eher in der Tradition der NSDAP verorten, eine ideologische Trendwende hin zu nationalrevolutionären Ideen sei momentan auch aufgrund einer dünnen intellektuellen Personaldecke nicht zu erwarten.

Deutungen, Symbole und Aktionsformen

Rechte Interventionen in Gegendiskurse werden anhand dreier exemplarischer Themenfelder dargestellt. Renate Bitzan analysiert „nationalen Feminismus“ und wie von einer Minderheit innerhalb der extremen Rechten das Feindbild Feminismus aufgegeben und völkisch umgedeutet wird. Sie schlägt vor, den Feminismus-Begriff allgemein auf Herrschaftskritik zu beziehen, da sich somit Anschlussfähigkeit nach rechts minimieren ließe. Richard Gebhardt grenzt völkischen von linkem Antikapitalismus ab. Während letzterer idealtypisch eine „gebrauchswert- und bedürfnisorientierte Produktionsweise“ unter „universeller gesellschaftlicher Kontrolle“ fordere (S. 146), formulierten extreme Rechte einen anderen Antikapitalismus, den Gebhardt in acht Schlussfolgerungen zu fassen versucht -“ und zur Diskussion stellt. Auch in Sachen „Friedenspolitik“ versucht die extreme Rechte linke Themenfelder zu besetzen. „Frieden“ werde laut Fabian Virchow völkisch-nationalistisch, anti-amerikanisch und antisemitisch gefasst. Es werde auf die nationalen Interessen, Großraum- und Reichsideen und Militarisierung der Gesellschaft abgezielt. Die Wirkmächtigkeit rechter „Friedens“-Diskurse ließe sich zum einen durch ihre Dekonstruktion und durch „eine kritische Prüfung und Präzisierung manch linker Beiträge“ beschränken (S. 163). Die drei Beiträge zeigen, dass bei den Adaptionen vor allem Begrifflichkeiten entwendet werden, die Inhalte sich aber aus den vorhanden Traditionen und Wissensvorräten der extremen Rechten speisen.

Ähnlich verhält es sich auf der ästhetischen Seite, wobei hier erschwerend hinzu kommt, dass Zeichen mehr noch als Begriffe ver- und entwendungsfähig sind. Das lässt sich unter anderem am Phänomen der Autonomen Nationalisten (AN) festmachen, mit denen sich Lenard Suermann in seinem Beitrag befasst. Die Suche nach zeitgemäßen Ausdrucksformen der NS-Bewegung begann nicht erst mit den AN. „Vielmehr scheint die Fähigkeit, sich den Umständen gemäß anzupassen, seit dem Entstehen der NS-Bewegung ein -šMotor-˜ gewesen zu sein.“ (S. 189) Christoph Schulze und Regina Wamper zeigen am Beispiel der Hardcore- und Straight Edge-Bewegung, dass es sich häufig nicht um schlichte Vereinnahmungen seitens der extremen Rechten handelt. Vielmehr sei Hardcore nie eine genuin linke Kultur gewesen, auch wenn sich etwa Konzertgäste mehrheitlich politisch links verorten. Dennoch sei der sich isoliert entwickelte „Nazi-Hardcore völlig separiert von der Hardcore-Szene, Misch-Szenen sind nicht existent“ (S. 222). Anhand der marginalen „Konservativ-subversiven Aktion“ um Götz Kubitschek stellt Helmut Kellershohn exemplarisch dar, wie versucht wird, linke Protestformen anzuwenden. Hier wird nicht nur durch direkte Bezüge die Überschneidung von faschistischen und konservativ-revolutionären Begründungszusammenhängen im Sinne Marinettis, Benns, Jüngers und Co. deutlich.

Gegenstrategien

Ein besonderer Vorzug des Sammelbands liegt darin, dass nicht auf der Ebene von Analyse und Kritik verharrt wird, sondern im besten Sinne kritischer Wissenschaft dem Aktivismus Handwerkszeug angeboten wird. Regina Wamper und Siegfried Jäger schlagen als wissenschaftliches Projekt ein Forschungsprogramm zur Untersuchung von Völkischem Nationalismus (VN) in Mainstream-Diskursen vor. Ihre ausführliche Skizze habe eine Untersuchung zum Ziel, die häufige Beschränkung auf extrem rechte Diskurse zu überwinden, denn „Kernideologeme des VN finden sich (...) auch verbreitet in der Gesamtgesellschaft“ (S. 257). Abschließend kritisiert Jens Zimmermann das „Extremismuskonstrukt“ aus forschungspraktischer und -“logischer Perspektive. Er zeigt anhand einer Schrift von Uwe Backes, dass die Begriffsgeschichte des politischen Extremismus „durch eine willkürliche Setzung dessen [geschieht], was als extrem zu gelten habe“ (S. 265). In einem zweiten Schritt schlägt Zimmermann anhand einer Studie zum Globalisierungsdiskurs in der extrem rechten Zeitung Deutsche Stimme methodische Instrumente und theoretische Überlegungen für eine kritische Rechtsextremismusforschung vor. Diese müsse reflexiv sein, indem sich die Forscher_innen als Teil der gesellschaftlichen Praxis verstehen.

Den beiden Beiträgen vorangestellt wird ein Beitrag von Britta Michelkes und Regina Wamper. In Bezug auf die ästhetische Ebene verweisen sie auf die ständigen Auseinandersetzungen um Zeichen und ihre Deutungen. Es mag zwar sinnvoll sein, leicht vereinnahmbare Elemente aufzugeben, jedoch gebe es „keinen absoluten -šSchutz-™ vor Adaptionen und Umdeutungen“ (S. 252). Bezüglich der Inhalte machen die Autorinnen konkrete Vorschläge, ohne dabei Masterpläne oder gar Handlungsanweisungen liefern zu wollen. Es müsse zum einem darum gehen, Anschlussstellen zu verhindern, indem etwa nicht einem personalisierten Verständnis gefolgt werde, sondern die strukturellen Gegebenheiten zum Beispiel im Kapitalismus im Vordergrund stünden. Außerdem sollte Ein-Punkt-Politik vermieden und die Verschränkung von Herrschaftsdiskursen anerkannt werden. Durch die Betonung der Differenz von Rhetorik der extrem Rechten und deren faschistischer Praxis sei es überdies möglich, rechte Deutungsangebote zu dekonstruieren. Schließlich müssten offensiv linke Inhalte geschärft und nicht Themenfelder wie die „soziale Frage“ aufgegeben werden, weil sie etwa die extreme Rechte aufgreift.

Rechte Piraten und Chancen

In diesem profunden und sehr durchdacht konzipierten Sammelband wimmelt es geradezu von Anregungen für Theorie und Praxis. Allenfalls verwirrend erscheint der Titel. Diskurspiraterie ist eine Begriffsprägung des 2006 verstorbenen DISS-Mitarbeiters Alfred Schobert, der den Begriff 2005 in einem Beitrag über den französischen „neurechten“ Alain de Benoist verwendete. Schobert sprach damals von Beutestücken, die in einem Diskursmix untergebracht würden. Der Begriff kann durchaus kritisiert werden, bezeichnet Piraterie doch die feindliche Übernahme eines Kommandos über ein Schiff, also von Eigentum. Bezogen auf das Thema ist das problematisch. Zum einen hat die Wegnahme von Eigentum und das gleichzeitige Nichtanerkennen dessen gewisse subversive oder emanzipatorische Potentiale. Zum anderen gibt es keine Diskurse, auf die die Linke die Urheberschaft hat, vielmehr handelt es sich um ständige Deutungskämpfe von vorhandenen -“ für alle mehr oder minder zugänglichen -“ Diskursen.

Offensichtlich bergen gegenwärtige inhaltliche und ästhetische Modifikationen der extremen Rechten Gefahren.
Ein möglicher diskursiver Effekt der Auseinandersetzungen um Autonome Nationalisten und vermeintliche inhaltliche Überschneidungen liegt zum Beispiel in der Stärkung von extremismustheoretischen Positionen, was sich aktuell in der Debatte um die Demokratieerklärung bei der Verteilung von Geldern für Anti-Rechts-Projekte äußert. Außerdem ist nicht die Anziehungskraft für Jugendliche zu verachten, wenn die extreme Rechte ihr faschistisches Produkt als revolutionäres, modernes verkaufen versucht und sich an jugendlichem Mainstream orientiert. Wie auch in vielen Beiträgen explizit oder implizit angesprochen wird, ist jedoch insbesondere darauf zu achten, nicht auf rechte Deutungsangebote reinzufallen und Ästhetiken, Themenfelder oder Konzepte der extremen Rechten zu überlassen. Gelingt dies, werden Inhalte geschärft, Themenfelder intensiviert, Ausdrucksformen reflektiert und umfassend Herrschaftsstrukturen kritisiert. So kann sich aus einem vermeintlich problematischen Phänomen eine Stärkung für linke Perspektiven und Positionen entwickeln.

Regina Wam­per / Hel­mut Kel­ler­s­hohn / Mar­tin Diet­zsch (Hg.) 2010: "Rechte Diskurspiraterien: Strategien der Aneignung linker Codes, Symbole und Aktionsformen".
Edi­tion DISS Bd. 28. Unrast Verlag, Münster.
ISBN: 978-“3-89771-“ 757-“2. 287 Seiten. 20.00 Euro.

Erstveröfffentlichung von Sebastian Friedrich bei kritisch-lesen.de.

Hallodri, Plusterbacke, Flederwisch und Schlottermaxe vor dem Sprung ins Jauchefass

Es reklamiert da einer Ehrfurcht für sein Denken. Und das seiner alten Kumpel. Die wurden vor Jahren mal gehandelt als "Neue Philosophen". Jetzt wären sie vergessen, wenn sie die Welt nicht voll machten mit Kriegsgeschrei.

Cohn-Bendit
Der eine, der alle niedermacht, voller Denkkraft, ohne je zu erröten, ist Daniel Cohn-Bendit. Und wer hat ihn geschändet? Der Redakteur der Frankfurter Rundschau in einem Feuilleton: "Wo mir doch Stephan Hebel im Feuilleton der Frankfurter Rundschau am Montag noch bescheinigt hat, dass ich nicht nachdenke. Zumindest dann nicht, wenn es um die Luftangriffe auf den libyschen Diktator Gaddafi geht, die ich ausdrücklich unterstütze."

Hebel hatte geschrieben „Die wichtigsten Köpfe der ehemaligen Linken opfern ihre Fähigkeit und ihre Pflicht zum kritischen Denken auf dem Altar eines falschen Friedens, besiegelt ausgerechnet durch einen Krieg.“

Plusterbacke Cohn-Bendit drauf: "Ich respektiere ja jeden, der andere Meinungen hat. Aber ich lasse mir nicht Unfähigkeit zum Denken bescheinigen. Da werden Glucksman, Lévy und Cohn-Bendit genannt, als würden die sowieso immer nur stören. Das ist unverschämt. So behandelt zu werden, ist von einer deutschen Arroganz, die ihresgleichen sucht. Das wollte ich nur mal loswerden."

Hebel hat wirklich einen Fehler gemacht. Bei keinem der drei Rufer in die Wüste handelt es sich um ehemalige "LINKE". Es handelt sich um runzlige Schlaffpuppen, die überall nach Gas suchen, um wieder Form zu gewinnen. Prallform.

Glucksmann
Der neue Philosoph Glucksmann hat in seinen  jüngsten Jahren ein subjektiv ehrliches Buch verfasst, heute fast vergessen: "Köchin und Menschenfresser". Das endete in einer Antinomie größten Ausmaßes. Die Diktatur eines Breschnew auf der einen Seite, die Gefangenen hinter den Gittern des GULAG auf der anderen. Ihre letzte verbliebene revolutionäre Tat: Tätowierung von Flüchen auf die Machthaber in die Stirnhaut. Weiter reichte es nicht. Ein dialektischer Rückblick auf die Auflösung dieser Situation im Lauf der Ereignisse ist Sache eines Glucksmann nie gewesen.

Aufsehen erregte dann 1977 "Les maîtres penseurs". Soll eine Anspielung enthalten auf "maîtres chanteurs" -Meistersinger. Was aber im französischen Argot nicht vom Selbersingen handelt, sondern vom Singen lassen im Knast = Erpressen. Im Blitztempo wird alles abgehandelt, von Fichte bis Nietzsche, was deutsche Philosophen je hervorgebracht haben. Bei allen handelt es sich einfach um den Willen zur Macht. Zum Rechthaben. Das kennt ein Glucksmann schließlich.

Heruntergesaut mehr nach Sprachwitzen als nach Erkenntnis. Ein Beispiel: "Eigentum ist nicht Diebstahl, wie Proudhon meinte. Nach Marx ist es Vergewaltigung der Arbeitskraft des Arbeiters" ("La propriété ce n'est pas le vol, mais le viol", S.236 der französischen Ausgabe). Schon wieder drei Seiten gewonnen, die man mit Varianten des Wortspiels füllen kann. Das Buch wurde vor allem von Leuten mit Genuss gelesen, die kein Deutsch konnten, aber vor der Zeit antideutsch empfanden. Heute redet keiner mehr davon.

Nach den gedanklichen Hervorbringungen ergab sich Glucksmann den Manifesten, Aufrufen und Reportagen aus den blutigsten Ecken der Erde. Immer wieder schnell daheim- vor dem Bildschirm.

Bernard-Lévy
Für Bernard Lévy genügt ein kurzer Auszug aus Wikipedia in der deutschen Fassung. Die französische ist gehässiger.

Die Zeitung "Die Welt" schrieb als Anerkennung on Lévy, er sehe „Öffentlichkeit als ein Schlachtfeld, auf dem nicht die Wahrheit oder auch nur das bessere Argument zählen, sondern gelungene Kampagnen und Manöver-. Deutliche Kritiken an seinen Philosophie-Schriften stammen unter anderem von dem Philosophen Cornelius Castoriadis, von dem Historiker Pierre Vidal-Naquet und dem Politologen Raymond Aron, die "BHL" für seine ungenaue Arbeit heftig kritisierten. Die Kontroverse erreichte 1979 ihren Höhepunkt in dem Vorwurf "Gedankenpolizei", den BHL an die Adresse der Ersteren richtete, welche unter Angabe der richtigen Quellen durchaus sachliche Kritik geübt hatten.

2010 veröffentlichte Lévy das Buch "Vom Krieg in der Philosophie", in dem er sich, auch unter Bezugnahme auf Jean-Baptiste Botul, sehr kritisch mit Immanuel Kant auseinandersetzt und ihn unter anderem als „wütenden Irren des Denkens“ einordnet. Dies verursachte größeren Spott in Rezensionen, Unterstützer äußerten sich zurückhaltend zu dem Buch, da (von Lévy unbemerkt) Botul und seine angeblichen Werke lediglich ein Fake eines französischen Satiremagazins darstellen. Anfang März 2011 reiste er nach Bengasi, um Kontakt zum libyschen Nationalen Übergangsrat aufzunehmen und wie er selbst äußerte: "einen Krieg mit dem Kriegsziel Gaddafi zu stürzen" zu fördern.Er begrüßte den Militäreinsatz Frankreichs in Libyen und kritisierte die deutsche Zurückhaltung, die zu einer schweren Krise im deutsch-französischen Verhältnis geführt habe (Wikipedia mit letzten Eintragungen, dt.Ausgabe).

In der WELT und im SPIEGEL - stärker noch in der print-Nummer dieser Woche - rühmt sich der große Demokrat Lévy vor allem der Überrumpelung der Öffentlichkeit. Der zuständige Außenminister Frankreichs erfuhr von allem erst, nachdem Schlottermaxe Sarkozy die angekarrten Libyer als Freiheitshelden und Regierung anerkannt hatte und mit ihnen triumphal vor die Tore der Elyséés getreten war. Lèvy dabei. Übertölpeln jeder Kritik: das Rezept des angeblichen Aufklärers Lévy. Bekanntlich haben Voltaire und Lessing noch etwas anders gedacht und gesetzt auf die schrittweise Erhellung des menschlichen Geistes. Durch allgemeine Diskussion über strittige Fragen nämlich. So etwas ist für den Generalschausteller seines empfindlichen Ich nichts mehr.

Begriffs-Schärfe zeigt der zeitgenössische Philosoph vor allem bei der Erkenntnis des Nationalsozialismus. SPIEGEL-print 28.3.2011 S.86: "Es gab das Prinzip,dass so etwas wie der Nationalsozialismus nie mehr geschehen dürfe. Merkel und Westerwelle haben diesen Pakt gebrochen,das ist ein schwerwiegender Vorgang, keine Kleinigkeit."

Im selben Interview, eine Seite weiter: "Ich glaube immer noch, dass die Muslimbruderschaft [in Ägypten] die letzte schwarze Perle der Nazi-Auster ist". Die Muslimbruderschaft wurde laut Wikipedia 1928 von Hasan al-Banna in Ägypten gegründet. Bisschen früh für Hitlereinfluss. Wer sind jetzt die neuen Nazis?

Drei Musketiere und ein Staatsmann
Das also sind die Musketiere, die eine Nation hereingelegt haben. Cohn-Bendit hat ganz Unrecht mit der Bezeichnung der Tätigkeit seiner Mitbrummfliegen als "Stören". Das lässt noch an nervige, aber unschädliche Mistfliegen am winterlichen Fenster denken. Die von Geltungssucht zerfressenen Lärmer stören nicht. Sie zerstören. Sie dienen den ganz anderen Interessen der Oberen als billiger Vorwand.

Und warum können sie das? Weil es bei allem Gerede über Massenbildung in Schulen jeder Art - und Hochschulen - nicht gelungen ist, das eine als Wichtigstes hinzustellen, was einem Diderot einmal als Höchstes galt: Selberdenken! Niemand vertrauen, und trüge er den höchsten Titel, der dich hinterrücks und überfallartig zu etwas bringen will, was Du nicht durchschaust und durchschauen kannst.

Es ist lange her. Aber es gab einmal eine Zeit, als Studenten, noch mit viel Herzklopfen, die Profs und Philosophs auf ihren Kathedern zu verhören begannen, woher sie ihr Wissen eigentlich hätten und  welche Interessen sie verträten. Ist lang vorbei und durch neue Unterwürfigkeit vor den schlimmsten Hohlschwätzern ersetzt worden. Solange denen die Luft nicht herausgelassen wurde, so lange sie sich noch beleidigt äußern dürfen, wenn ihnen Aufgeblasenheit und - wahrheitsgemäß - Denkunfähigkeit, nein: Denk-Feindschaft vorgeworfen wird, so lange kann es in unserem Vaterland nicht einmal anfangen besser zu werden.

Was mir heute wichtig erscheint #264

Grenzwertig: Die Bundesregierung sieht "keine Gefahr für Deutschland" wegen der auch hierzulande messbaren aus Fukushima stammenden Radioaktivität. Warum auch? Grenzwerte sind dazu da, angehoben zu werden. "(...) Per Eilverordnung hat die EU für aus Japan importierte Lebensmittel außergewöhnlich hohe Grenzwerte ausgerufen. Zwar gibt es derzeit keinen Anlass zur Sorge über belastete Produkte - dies rechtfertigt jedoch weder die lückenhafte Informationspolitik der Bundesregierung noch die hohen Grenzwerte. (...)" Siehe den Beitrag bei Foodwatch. Inzwischen hat sich die hohe Strahlenbelastung sowohl im Meer- und im Grundwasser bestätigt, die Regierung weigert sich, weiter zu evakuieren. Die ArbeiterInnen in dem Atomwrack senden derweil dramatische Emails, während die Region wahrscheinlich auf Dauer unbewohnbar ist.

Blockieren: Das Bündnis "Heilbronn stellt sich quer" ruft dazu auf, den Naziaufmarsch am 1.Mai 2011 in Heilbronn durch Blockaden zu verhindern. Der Aufmarsch hat neben dem am selben Tag stattfindenden in Bremen zentrale Bedeutung für die Faschisten, die dazu Teilnehmer u.a. auch aus Tschechien, der Schweiz und Frankreich ankündigen. Nach den Aufmärschen in Ulm 2009 und Schweinfurt im letzten Jahr ist dies erneut eine Provokation für alle Demokraten und Antifaschisten. Bisher unterstützen über 130 Organisationen und Einzelpersonen den Aufruf von "Heilbronn stellt sich quer",  darunter der Liedermacher Konstantin Wecker, die stellv. Vorsitzende von DIE LINKE, Sahra Wagenknecht und  die Vizepräsidentin des Thüringer Landtags und Frauenpolitische Sprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Astrid Rothe - Beinlich. mehr dazu in einer aktuellen Pressemitteilung.

Bedrohung: Der US Supreme Court lehnte die Berufung des Todestrakt Häftlings Troy Davis aus dem Bundesstaat Georgia ab. Obwohl es keine haltbaren Beweise gibt, welche die Tat des für einen Polizisten Mord verurteilten Afroamerikaners belegen, öffnete das Gericht mit dieser Entscheidung die Tür zur Hinrichtungskammer. Innerhalb der nächsten zwei Wochen soll es einen weltweiten Aktionstag geben.

Abgesahnt: Wer zahlt eigentlich Stuttgart 21? Ein Video, das diese Frage beantwortet.

Wiederholungstäter: "Als Maß dafür, wie mächtig das US-Militär, wie dürftig hingegen das von den US-Medien publizierte Wissen ist, mag gelten, daß diese Nation Kriege gegen Völker und Länder führt, von denen sie keine Ahnung hat. Gleichwohl zetteln die USA diese Kriege an, beziehen dafür Prügel, werden verjagt und geloben jedesmal, es nie wieder zu tun. Aber natürlich werden die Truppen schon bald wieder in Marsch gesetzt, und das Ritual beginnt aufs neue, wieder und wieder. (...)" "Warum die USA Kriege führen oder: Demokratisch ist, was Großkonzernen die Kassen füllt" Ein Kommentar von Mumia Abu-Jamal. Bei Facebook gibt es den originalen Audiokommentar zum Anhören.

Großversuch: Nanomaterialien werden in Lebensmitteln bereits als Rieselhilfen beispielsweise in Salz oder Brühe oder zur Verkapselung von Wirkstoffen wie Konservierungsmitteln, Farbstoffen und Nährstoffen verwendet. Mögliche Risiken bei Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt sind laut BUND bisher kaum erforscht. In der Nacht zum Dienstag sind die Verhandlungen zur Neuordnung der Novel-Food-Verordnung zwischen Europäischem Parlament, EU-Ministerrat und Kommission nach rund drei Jahren endgültig gescheitert.

Intergalaktisch: Zum Glück lese ich regelmäßig "einfach übel". Sonst wäre mir der wichtige Hinweis auf die klingonische Version der "Internationalen" entgangen.

Zielrichtung: Zu den Perspektiven in Britannien: -˜this is only the beginning.-™ but of what? ein lesenswertes Flugblatt von The Commune (als pdf-Datei hier).

Restrisiko: "(...) Ähnlich wie nach Tschernobyl 1986 wird weltweit koordiniert und improvisiert, beim Lügen, Täuschen, Vertrösten und irreleiten -“ ob in Japan oder Deutschland, ob bei japanischen oder internationalen Atomaufsichtsbehörden. Der Grund ist kein besonders mieser, sondern ein struktureller: Wenn das Ausmaß dieser atomaren Katastrophe bekannt wird, gibt es nicht nur für die japanische Regierung und die japanische Atomindustrie kein Überleben mehr. (...)" Text von Wolf Wetzel zur Frage, "ob es hier gelingt, aus dem Kreislauf kritischer Ohnmacht und sinnlosen Appellen an die gegenwärtige Bundesregierung herauszukommen."

Genötigt: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich in einer aktuellen Entscheidung zum Versammlungsrecht damit beschäftigt, inwieweit Sitzblockaden eine strafbare Nötigung gem. § 240 StGB darstellen. Die Entscheidung kann hier nachgelesen werden. Einige Medien titelten, die Entscheidung stärke die Demonstrationsfreiheit. Der Bremer Staatsrechtler Andreas Fischer-Lescano meint, das ist „Ein Pyrrhussieg für die Versammlungsfreiheit“.

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick über die Entwicklung in Lateinamerika.

Radikalisierungsprozesse: "Seit 2005 schnürt die EU ein Paket von Maßnahmen zur Gleichsetzung und vorausschauenden Verfolgung von politischem Aktivismus und Terrorismus. Mit mehreren Initiativen will die Europäische Union Instrumente gegen "Radikalisierung" entwickeln. Zugrunde liegende Definitionen sind unscharf und werden synonym und wahllos verwendet. Zu den neuen Werkzeugen gesellen sich Datensammlungen und Forschungsprogramme, die unter anderem neue analytische Verfahren entwickeln wollen." Artikel von Matthias Monroy auf telepolis

Unzureichend: "Bahnchef Grube hat die Bauarbeiten für Stuttgart 21 vorübergehend ausgesetzt. Das reicht nicht. Wir fordern einen endgültigen Baustopp. Für die kommenden Wochen sind mehrere Aktionen geplant. Höhepunkt ist eine gewaltfreie Sitzblockade am 23. und 24. Mai 2011, zu der wir an die tausend Aktive aus dem ganzen Bundesgebiet erwarten." Beitrag der Kampagne Aus!Sitzen

Unbeliebt:
"(...) Die sich verschärfenden Bedingungen für die Umsetzung der Versammlungsfreiheit zeigen sich schon im Vorfeld von Demonstrationen. Tatsächlich beteiligt sich das der Polizei assoziierte Ordnungsamt, das die Rahmenbedingungen für angemeldete politische Versammlungen klären und beispielsweise die nötigen Verkehrsumleitungen koordinieren soll, an der Behinderung der politischen Meinungsäußerung. Anstatt einen ungestörten Verlauf sicherzustellen, werden Demonstrationen mit unsinnigen und unnötigen Auflagen überzogen (...)" Beitrag der AIHD zur "Polizei als politischer Akteur an Heidelberger Beispielen".

Wertkritisch:
"Aus dieser gesamtgesellschaftlichen Eigenbewegung des Kapitals, das einfach nach einer möglichst hohen Verwertungsrate strebt, resultieren die absurdesten Entwicklungen, denen wir uns konfrontiert sehen: Es ist schlichter Irrsinn, Güter massenhaft um den ganzen Erdball zu transportieren, weitere Kernkraftwerke in Erdbebengebieten zu errichten oder trotz zunehmenden Klimawandels immer mehr Autos zu fabrizieren. Und trotzdem werden all diese Entwicklungen auf globaler Ebene noch zunehmen, es werden mehr Ressourcen und Energie verbraten werden, weil aus Geld mehr Geld werden muss. Das System ist die Katastrophe. Die gesamte menschliche Zivilisation ist zu einem Abfallprodukt der Kapitalverwertung verkommen, und die um sich greifenden Krisentendenzen deuten schlicht darauf hin, dass die Menschheit sich nicht mehr rentiert." Guardian of the Blind zitiert den Artikel von Tomasz Konicz: Das System ist die Katastrophe.

Nachschub: Mehr kurze Hinweise gibt es hier: Glanzlichter 59 bei Opalkatze.

Der Höllensturz der GRÜNEN! Systemzwang oder Kult des Übermenschen?

Jutta Ditfurth zeichnet in genauester Aufzifferung die Entwicklung der Grünen vom Bosnienkrieg an nach. Sie eröffnet damit die Möglichkeit, nach den tieferen Gründen des Absturzes dieser Partei zu fragen.

Jutta Ditfurth hat einen großen Vorzug: Sie hat alles selbst miterlebt. Sie war schon bei den Bewegungen dabei, aus denen die Grünen erst erwuchsen. Umso tiefer sitzt verständlicherweise in ihr der Ingrimm, nachdem sie nach dreißig Jahren entdecken muss, was sich aus den Anfängen heraus entwickelt hat. Das Buch bedarf vielleicht eines Vorspanns für diejenigen, die all das als Geschichte erleben. Mitte und Ende der 1970er Jahre hatte meiner teilnehmenden Erinnerung nach große Mattigkeit die in Parteiansätzen zusammengetretenen Linken erfasst: KBW, KPD-Rote Fahne, Kommunistischer Bund und so weiter. Die Arbeiter der großen Fabriken trabten ungerührt ihren SPD-Bossen nach. Da war von den Ausnahmesituationen der Spontanen Streiks 1969 und 73 nicht viel zu machen. Dagegen häuften sich Auseinandersetzungen außerhalb der Fabrik in ganz Deutschland: Hausbesetzungen, Kampf gegen Ausbau der Atomindustrie, Startbahn West, um nur einiges zu nennen. Hinzu kam das Heraustreten der Arbeit aus den Hallen der Fabrik: Auslagerung, Lohnarbeit in der Form von Dienstleistung, Montageverleih begannen sich auszubreiten. In Zusammenfassung solcher Erfahrungen kam die mehr gefühlte als durchgearbeitete Erkenntnis auf, dass Klassenkampf sich zum großen Teil auch außerhalb der Fabrik abspielt. In der Auseinandersetzung um bezahlbares Wohnen, um Erholungsgebiete nach den Acht-Stunden, um Lebenschancen in einer mehr und mehr zugrunde gerichteten Welt.

Dass all das, was als neues Feld der Ausbeutung sich darbot und unter dem traditionellen Begriff der Natur zusammengefasst wurde, trug schon im Anfang zur Mythologisierung bei. Es gibt kein bewusstes, in sich gesammeltes Wesen namens Natur, das uns anschauen, ja ansprechen könnte. Was es freilich gibt, ist der zunächst unüberschaubare Zusammenhang der Einzeldinge, der Umstände, wie sie aufeinander einwirken. Das ließe sich karger, aber nicht gefühllos als Umgang mit den Ressourcen unserer Produktion und Reproduktion bezeichnen. Die gewählte Begrifflichkeit blieb auf jeden Fall hinter der marxistisch überlieferten an Präzision zurück. „Ökologisch, sozial, basisdemokratisch und gewaltfrei“ sollte nach der Formulierung des Gründungskongresses in Karlsruhe 1980 die neue Bewegung sein. Wie Jutta Ditfurth berichtet, wurde das, was in diesen vier Zielworten liegen sollte, nachher leidenschaftlich diskutiert. „Sozial ja, aber nicht sozialistisch“, hieß es bei einigen. „Gewaltfrei“ sollte bedeuten, man verzichte zur Durchsetzung seines Willens auf den Zugriff auf den leidensfähigen Körper des Mitmenschen, auch in Polizeigestalt -“ aber bei manchen auch, man lehne die Lösung eines jeden Problems zwischen Menschen durch die Staatsgewalt ab. Man sieht: Von Anfang an konnten sich Anarchisten mit halbmystischen Naturverehrern zusammentun. Aber nur verbal! Nur durch Herstellung immer größeren sprachlichen Scheins! Dies war der Ansatz aller Spaltungen und Abspaltungen.

Abfall vom Ursprung

Mit schärfster Genauigkeit listet Jutta Ditfurth die kleinen Einzelschritte auf, die in der grünen Bewegung von der Ablehnung der Atomtechnologie hin zum sogenannten Atomkompromiss in der Schröder-Regierung führten. Ein Kompromiss, der in Wirklichkeit vor der völligen Selbstauslieferung Merkel/Westerwelle das äußerste Zugeständnis an die vier größten Monopole der Energiewirtschaft Deutschlands darstellte. Das gleiche gilt für die beschleunigte Bewegung weg vom Pazifismus, welche schließlich hin zum Überfall auf Jugoslawien geführt hatte. Wenn auch in diesem Fall Fischers Ehrgeiz die Hauptrolle gespielt haben dürfte, lässt Jutta Ditfurth den kleineren Mithelfern und Mitschreiern nichts nach. Etwa dem markigen Kriegsgegner Volmer, der nach der Erhebung zum Staatssekretär seine Mit-Linken mit einem frisch entdeckten Pan-Serben besonders nervte, dessen Schrift von 1936 (?) angeblich durch alle politischen Umwälzungen hindurch -“ Bürgerkrieg, Tito-Zeit -“ die Unterdrückung aller Fremdvölker gefordert hätte und heute anerkannte Doktrin sei. Volmer und das Buch sind heute mit Recht vergessener als eine Scherbe der Gräber um Troja. Sie haben ihre Wirkung getan -“ die Völker Jugoslawiens gegeneinander gehetzt und auseinander getrieben. Die Wirkung blieb. Die Gründe bleiben vergessen.

In einem ganzen Kapitel („Krieg den Hütten“), wird dann der freudige Beitrag geschildert der Grünen zur gemeinsamen Lohnsenkungspolitik über Hartz IV der Schröder-Fischer-Regierung. Von den Nachfolgern in der Opposition keineswegs widerrufen. Aus den illusionären Anfängen entwickelte sich also etwas, das naturausbeuterisch, antisozial, atomselig auftrat und sich in der Verehrung der Staatsgewalt nicht genug tun konnte, wenn diese nicht gerade die eigenen Leute niederknüppelte.

Woher der Fall?

Es kann kein Zweifel sein, dass Jutta Ditfurth selbst einen Grund für die Gefügigkeit der angeblichen „Basisdemokraten“ gegenüber Fischer in der Tatsache sieht, dass viele jüngere Leute ohne langjährige sonstige Berufsausbildung ins Parlament gelangt waren -“ und sich preisgegeben sahen, wenn sie ihren Posten jetzt verlieren würden.

„Schröder verstand [beim Atomkompromiss, Anm. fg] seinen künftigen grünen Minister und sagte sinngemäß: Wenn er den Kernenergiegegnern deutlich mache, dass der Ausstieg komme, dann rücke die Frage nach dem definitiven Ende in den Hintergrund. Wer etwas werden wollte, verstand die Botschaft. Reihenweise kippten Positionen und Fristen. Die Realos gaben gern damit an: irgendein Restlinker revoltiert? -˜Wir schütten einfach Gold in seinen Rachen, das minimiert den Durchknallfaktor erheblich-™ prahlten sie (...).“ (S. 88)

Hier wird also die Vorstellung von Massenbestechlichkeit als sekundär wirksam angesetzt. Sicher nicht zu Unrecht. Nach dem gleichen Schema hatte Lenin die Arbeiter-Aristokraten entdeckt. Leute, die vom Gesamtkapital in bessere Situationen versetzt worden wären, daraufhin das Bestehende für erhaltenswerter gehalten hätten als alle Veränderungen und damit zum Bleiklotz am Bein der Organisation geworden wären. So einleuchtend und unbestreitbar das ist, kann es zur völligen Erklärung der Umkehr ursprünglich anders gesonnener Bewegungen nicht ausreichen. Einfach, weil es immer gerade unter den Bessergestellten welche gab, die -“ auch mittels verbesserter Kenntnisse -“ die herrschenden Zustände durchschauten und sich gegen sie wandten. Man denke nur an die führende Stellung der Drucker oder der Uhrmacher im neunzehnten Jahrhundert. Hinzugenommen werden muss als weiteres Motiv nach 1977 die zunehmende Ehrfurcht vor den gesetzlichen Regelungen. Keineswegs, weil sie als gerecht angesehen wurden. Einfach deshalb, weil sie bestanden, und weil die Hoffnung nach den nie geklärten Todesfällen in Stammheim geschwunden war, gegen die bewaffneten Durchsetzer des Bestehenden durchzukommen. Cohn-Bendit hat im vielleicht einzigen ehrlichen Bekenntnis seines Lebens zugegeben, dass er im Erlebnis der mörderischen Schlagkraft der französischen CRS vor Malville merkte, dass er auf diesem Weg zu viel riskiere. Der Weg von der Achtung der gesetzlichen Regelung zum Wunsch nach Setzung von eigenen Regeln aus der Regierungsposition darf nicht unterschätzt werden. Die neue gesetzliche Regelung über Partei und vor allem das Gesetzgebungsmonopol des Staates sollte dann als friedenschaffend gelten, wie jetzt gerade die Steinmeiers und ihre grünen Kollegen von damals betonen. Ihr Gesetz war friedenswahrend, das neue Merkels aber wirkt aufrührerisch. Und ist nach Ansicht dieser Theoretiker schon deshalb verwerflich.

Unvermeidlicher Personenkult?

Letzter und tiefster Grund des so tiefen Falls der Grünen ist wahrscheinlich der in uns allen anzutreffende Personenkult. Fischer, der Metzgersohn, ist nicht nur, wie Ditfurth an einer Stelle ausführt, die westliche Variante des Millionärs, der einmal Tellerputzer war. Sondern -“ viel eindringlicher -“ die des jugendlichen „Idealisten“, zu dem die Studienräte uns getrimmt hatten, zum reifen Mann, dem Realo, der jedes Verbrechen sorgfältig prüft, um es gewissenhaft erst dann zu begehen, wenn es sich nicht nur ihm allein, sondern auch der gleichgesinnten Gruppe als nützlich erweist. Nicht aber allen!

Problem dabei: Wir könnten ohne Personenfixierung wahrscheinlich gar nicht bis zum politischen Handeln kommen. Tatsächlich brauchen alle Gruppen, jedenfalls die mir bekannten, die Vormacher, die hochreißen und zugleich beweisen, dass sie, die die Vorschläge machen, zugleich Mut und Kraft haben, sie durchzusetzen. Man erinnere sich nur an die durchschlagende Wucht des Fotos von Dutschke auf dem Titelbild einer SPIEGEL-Ausgabe, wie er die Barrikaden überspringt. Insofern liegt in der Figur desjenigen, der einmal aufgerufen und hochgerissen hat, eine bleibende Gefahr. Man bleibt an ihr hängen und verzichtet im gegebenen Augenblick auf das Widerwort. Ist das einmal geschehen, der gute Augenblick verpasst, scheint es unmöglich doch noch abzuspringen.

Drei denkbare Gründe also, den Willen zum Anderen und zum Ändern unserer Welt erliegen lassen. Erstens Angst ums Fortkommen beim Ausstieg aus dem entgleisenden Zug. Zweitens Gesetzlichkeit, die die frontale Auseinandersetzung scheut und auf dem Weg der Gesetzesbeobachtung selbst zum Ziel kommen will. Und schließlich drittens der Personenkult, der es nicht schafft, auch der verehrten Person auf ihre Unehre, ihre unvermeidlichen Grenzen zu kommen.

Gibt es eine Chance, unterwegs nicht zu fallen und zu verfallen?

Wenn das so ist, verlieren Ditfurths mitgedachte Vorwürfe gegen den Weg der Grünen nicht ihr Gewicht. Cohn-Bendits gegenwärtiges Rotzen gegen seine lasch gewordenen Genossen, die den Krieg gegen den libyschen Staatschef scheuen, zeigen, wie verworfen und klebrig heute einer wirkt, der doch einmal unbestreitbar gewisse Verdienste hatte. Heißt aber das Ergebnis dann nicht mit Notwendigkeit: Jede geschichtliche auf Revolution ausgerichtete Bewegung verfällt nach gewisser Zeit zum schleimenden Reformismus? Meist, aber nicht zwingend dem fortschreitenden Alter der Akteure folgend. Auch die im Verborgenen arbeitenden und die aus den KZs befreiten SPDler hatten 1945 sicher anderes im Sinn als eine polierte Küchengarnitur namens Godesberger Programm!

Dem vorher Gesagten entsprechend müsste eine Organisation, die den revolutionären Willen in sich selbst aufrecht erhalten wollte, drei schwer zu Ende zu denkende Aufgaben anpacken:
1. Wie Jutta Ditfurth es für den Anfang der Bewegung richtig beschreibt, müsste das Besoldungsprinzip des Rätesystems brutal durchgesetzt werden. Bekommt jeder ohnedies nur einen Facharbeiterlohn, muss am Sessel nicht so kleben geblieben werden. Die drohende Arbeitslosigkeit für missliebige Ex-Politiker muss freilich weggedacht werden.
2. Es müssen Möglichkeiten gefunden werden, ehemals erkämpfte gesetzliche Möglichkeiten nicht aufzugeben, aber zugleich Formen zu entwickeln, in denen die Satzungen der bürgerlichen Gerichte nur die zweite oder dritte Rolle spielen. Der Vorschlag Inge Vietts der Herausbildung einer dem Staat unbekannten und unerkennbaren Organisation im Rahmen der Luxemburg-Veranstaltung der Jungen Welt wurde zu wenig beachtet, meiner Kenntnis nach gar nicht diskutiert. In der vorgetragenen Form halte ich ihn für unvollziehbar. Es müssen aber Formen verdeckter Arbeit überlegt werden können.
3. Das Schwerste: Die ehemals notwendigen Anführer müssen aus dem Herzen gerissen werden, ohne ihr Andenken zu vernichten. Und wären es Lenin oder Mao Zedong -“ sie werden aus einer Antriebskraft zu Hemmung und Ballast, wenn wir nicht über sie hinaus und ohne sie weiterlaufen können als sie es schafften. Jutta Ditfurth selbst hat wie wenige widerstanden. Sich dem Sog widersetzt. Also muss es möglich sein. Aber wie?

Jutta Ditfurth 2011: "Krieg, Atom, Armut. Was sie reden, was sie tun: Die Grünen"
2. Auflage. Rotbuch Verlag, Berlin.
ISBN: 978-3-86789-125-7. 288 Seiten. 14.95 Euro.

Zuerst veröffentlicht bei kritisch-lesen.de

kritisch-lesen.de gestartet

Heute startete nach monatelanger Vorbereitung das Projekt kritisch-lesen.de mit der Null-Ausgabe. kritisch-lesen ist eine Seite, auf der alle zwei Wochen Ausgaben mit Buchrezensionen zu verschiedenen Themenschwerpunkten erscheinen. Darüber hinaus werden in jeder Ausgabe auch aktuelle Besprechungen zu anderen Themen veröffentlicht. Laut Selbstverständnis geht es kritisch-lesen.de darum, linke Gegenöffentlichkeit zu stützen, aktuelle Diskussionen zu begleiten und im besten Fall anzuregen. Mehr Informationen zu den Motivationen und Zielen sowie einer Analyse zur Notwendigkeit von Gegenöffentlichkeit in Zeiten des Internets finden sich in dem Selbstverständnis.

kritsch lesen heißt handeln!

In dieser Analyse wird die Frage beantwortet, warum (noch) ein Projekt speziell für Rezensionen notwendig ist, wenn doch in unzähligen Publikationen Buchrezensionen erscheinen. kritisch-lesen.de geht es um „Gegenöffentlichkeit, unterschiedliche und erleichterte Zugänge, die Begleitung aktueller Diskussionen und direktes Handeln“. Speziell der letzte Aspekt macht Hoffnung auf ein interessantes, spannendes und wichtiges Projekt. Im Selbstverständnis heißt es:

"Wir wollen „kritisch“ sein, indem wir nicht übernehmen, was nicht vorher um- und umgedreht wurde. Wir wollen kritisch im Bewusstsein des Zeitverlaufs sein. In diesem Sinne wollen wir uns zwar auf die viele Annahmen von früheren Analysen beziehen, jedoch keine davon schlicht auf heute anwenden, ohne die Veränderungen zu beachten und mitzudenken. Die Vorstellung, im Schnellzug der Geschichte zu sitzen, die Zukunft gewiss in der Hand zu haben, führte und führt ins Elend. Wer meint, im Voraus zu wissen was sein wird, ergibt sich! „Kritisch“ erhält somit einen entscheidenden weiteren Sinn: Die Erfahrungen aus den Niederlagen der Vergangenheit sind zu bewahren, zu reflektieren -“ und weiterzugeben. Wir wollen nicht auf einem Gleis ohne Weichen eingreifen, sondern im Rundgang durch das Umfeld von herrschenden und linken Begriffen und Deutungen. Auf diese Weise wollen wir das Trümmerfeld der Gegenwart offenbaren als eines, in welchem die Produktionen und Überreste von Gewiss- und Sicherheiten zerstört werden müssen, um den Blick ins Freie zu schaffen. Somit wollen wir dem Begriff Kritik den Geschmack des Nörgelns, des grämlichen Sofahockertums nehmen, das sich mit nichts abfinden mag. Kritik in diesem Sinn verstehen wir als Breschenschlagen, als Aussicht schaffen, als Sich-Umblicken in einer Gegend, die altbekannt und doch völlig neu auftreten kann. Somit geht es uns nicht nur um kritisches lesen der reinen Theorie wegen. Wir wollen Handreichungen für die Praxis liefern, Werkzeuge für die Veränderung. Kritik ist deshalb nicht ohne Praxis machbar -“ wie Praxis nicht ohne Theorie denkbar ist."

Reichhaltiges Archiv

Wie der Einleitung von Ausgabe Null zu entnehmen ist, finden sich bereits zahlreiche Besprechungen aus dem stattweb-Archiv. Bei stattweb.de waren einige der Autor_innen von kritisch-lesen.de aktiv, bevor das Projekt im Juli letzten Jahres eingestellt wurde. In Ausgabe Null schöpfen die kritisch-lesen.de-Macher_innen aus dieser Fundkiste und präsentieren 15 hervorragende „alte“ Besprechungen. Es zeigt sich hier bereits das weite Feld, in dem kritisch-lesen.de agieren möchte. Neben einer Analyse zu den gesammelten Ausgaben der Weltbühne des Jahres 1932 finden sich Buchtipps wie "Autonome Nationalisten", „Bestrafen der Armen“ von Loïc Wacquant, „Tödliche Schüsse“ von Wolf Wetzel und vielen anderen. Aber auch Analysen von Büchern, die nicht explizit empfohlen werden, tauchen bei kritisch-lesen.de auf. Beispielsweise wird „Die Vier“ von Volker Zastrow zum Anlass genommen, um anhand der Stimmenverweigerung von vier SPD-Abgeordneten im hessischen Landtag angesichts einer damals geplanten Wahl Andrea Ypsilantis zur Ministerpräsidentin grundsätzliche Überlegungen zum Gewissen anzustellen. Laut Rezensent Sebastian Friedrich liegt „die große Erkenntnis aus der Lektüre von Zastrow“ darin, dass dieser „trotz aller Umständlichkeiten, vielleicht sogar gegen seine Absicht, das Heiligtum der Abgeordneten -“ das Gewissen -“ zerstörte“. Im Übrigen findet sich auch eine ältere Besprechung von Thomas Trueten bei den aufgelisteten Archiv-Besprechungen, bei der die Angriffe auf das Buch „Stuttgarter NS-Täter“ im Mittelpunkt stehen.

Vier neue Besprechungen

Außerdem wreden bereits in dieser Ausgabe vier aktuelle Bücher besprochen. Anlässlich der Wahlerfolge der Grünen am letzten Wochenende und einem voraussichtlich grünen Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg hat sich Fritz Güde das Buch „Krieg, Atom, Armut. Was sie reden, was sie tun. Die Grünen“ von Jutta Ditfurth vorgenommen, in dem die Geschichte der Partei von anfänglichem Idealismus bis heutigem Pragmatismus kritisch nachgezeichnet wird. Ein weiterer - bereits vorab bei trueten.de veröffentlichter - Artikel widmet sich dem Kriminalroman „Wo die Löwen weinen“ von Heinrich Steinfest, der die Brisanz um das Thema Stuttgart21 in eine fiktive Geschichte einbindet. Auch zwei Publikationen aus dem Unrast Verlag werden in der Ausgabe besprochen. Zum einen wird der Sammelband „Rechte Diskurspiraterien“ aus dem Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung wärmstens empfohlen. In diesem Sammelband werden die Vielschichtigkeit der Adaptionen linker Codes und Inhalte von der extremen Rechten untersucht und Gegenstrategien entworfen. Zum anderen wird Gabriel Kuhns Einführung zur Straight Edge-Bewegung besprochen

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