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10 Jahre zuviel - Proteste gegen Guantánamo

Der heutige 11. Januar 2012 ist der 10. Jahrestag der Eröffnung von Guantánamo. In den USA ruft ein breites Bündnis verschiedener Friedens- und Menschenrechtsgruppen zu einer Demonstration in Washington, DC und zu Solidaritätsaktionen auf:

Center for Constitutional Rights, Code Pink, No More Guantánamos, Pax Christi Physicians for Human Rights, Torture Abolition and Survivors Network, Voices for Creative Non-Violence, War Criminals Watch, War Resisters League, Witness Against Torture, Amnesty  International USA und World Can’t Wait protestieren gegen Folter, Freiheitsberaubung und andere Menschenrechtsverletzungen, die durch die US-Regierung im Namen der "nationalen Sicherheit" begangen wurden und fordern:

• die Schließung von Guantánamo und die Beendigung der Praxis unbegrenzter Inhaftierung und militärischen Kommissionen;
• Ende von Folter und der Straflosigkeit für Folterer;
• Ende der illegalen Haft in Bagram und allen anderen US-Einrichtungen;
• Ende der Islamophobie und Diskriminierung;
• Faire Verfahren für die Häftlinge oder deren Freilassung in Länder, in denen ihre Rechte respektiert werden.

In Washington ist als zentrale Aktion eine Menschenkette von 2.771 Menschen in orangen Overalls geplant. Damit soll die Zahl derjenigen Menschen symbolisiert werden, die noch immer ohne Anklage oder faires Gerichtsverfahren in Guantánamo und Bagram festgehalten werden.

Anmesty International bietet die Möglichkeit einer Petitionsunterzeichnung.

Aufruf zur LLL-Demo 2012

Lenin, Liebknecht Luxemburg Demo 2009
Auch dieses Jahr findet in Gedenken an die am 15. Januar 1919 von der Reaktion ermordeten Revolutionäre Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Berlin die größe europäische Manifestation für eine befreite Gesellschaft statt. Dazu verweisen wir auf den Aufruf der antifaschistischen Linken Berlin [ALB], SDAJ Berlin und der Revolutionären Antifaschistischen Aktion Berlin [ARAB]:

Am 15. Januar 1919 wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, Gründer_innen und Vorsitzende der KPD, durch reaktionäre Freikorpssoldaten und mit Zustimmung der regierenden SPD, ermordet und anschließend in den Berliner Landwehrkanal geworfen. Zum Zeitpunkt von Luxemburgs und Liebknechts Ermordung war die Novemberrevolution in ihre letzte Phase eingetreten, die Arbeiterschaft war gespalten. Die Mehrheits-SPD versöhnte sich mit dem Kapital und übernahm Regierungsverantwortung. Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht lehnten dies entschieden ab. Für sie lag die einzige Perspektive in einer sozialistischen Revolution. Dass diese Sicht damals nicht nur Utopie gewesen war, zeigen die unerbittlichen Kämpfe der Arbeiter_innen und Soldaten in der Novemberrevolution sowie die ein Jahr vorher erfolgreiche Oktoberrevolution der Bolschewiki in Russland.

Wenn wir im Jahre 2012 an die Ermordung von Luxemburg und Liebknecht erinnern und auf die Straße gehen, dann nicht nur um zwei großen Revolutionär_innen zu gedenken. Wir wollen uns auch ihr Denken, welches die Revolution nicht nur als Utopie in eine unbestimmte Zukunft legte, sondern als Möglichkeit der politischen Praxis begreift, vergegenwärtigen und so für unsere heutigen Kämpfe lernen.

Luxemburgs und Liebknechts Ideen sind heute noch aktuell und relevant. Zum einen befindet sich die kapitalistische Wirtschaft in einer anhaltenden Krise, die in den Ländern des Imperialismus zu einem Aufbrechen der TINA-Formel (There is no alternative – es gibt keine Alternative) geführt hat. Zum anderen werden in Ländern der Peripherie die Fragen nach einer neuen Gesellschaftsordnung revolutionär gestellt.

Die kapitalistische Klassengesellschaft
Im Kapitalismus – egal in welcher Ausprägung – stehen sich aufgrund des staatlich garantierten und geschützten Besitzes an Privateigentum zwei Klassen gegenüber: eine ausbeutende Klasse der Kapitalisten und eine ausgebeutete Klasse. Dabei ist das Verhältnis zwischen Kapitalisten und ausgebeuteter Klasse nicht nur charakterisiert durch den Unterschied zwischen Arm und Reich, sondern vor allem durch die antagonistische Stellung, die den beiden Klassen im Produktionsprozess zukommt. Im Kapitalismus ist Ausbeutung kein individuelles Verhältnis, begründet sich keineswegs durch moralisches Fehlverhalten Einzelne_r, sondern ist schlicht systemimmanent.

Der zentrale Aspekt von Ausbeutung liegt nämlich in der Aneignung des Mehrwertes. Diejenigen, die über keine eigenen Produktionsmittel verfügen, sind gezwungen ihre Arbeitskraft zu verkaufen, um so ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Was sie verdienen, reicht im Allgemeinen zum Überleben – bei manchen mit mehr Schnickschnack, bei anderen nicht einmal für eine warme Mahlzeit. Was die, die die Arbeitskraft kaufen dadurch verdienen, ist soviel, dass sie es wieder investieren können. Und sie müssen genau das tun, da sie sonst Gefahr laufen, von ihren Konkurrenten ausgestochen zu werden und weniger als zuvor zu besitzen. Der durch den Gebrauch der Arbeitskraft entstandene Mehrwert fällt also ausschließlich einer Seite zu. Und genau hier liegt das grundlegende Verhältnis von Ausbeutung im Kapitalismus. Denn obwohl der gesellschaftliche Reichtum von der Arbeiterklasse produziert wird, fällt der produzierte Reichtum den Kapitalisten zu. Rosa Luxemburg charakterisierte dies im Jahre 1912 wie folgt: „Das Grundgesetz der kapitalistischen Produktion ist nicht nur Profit in blankem Gold, sondern stets wachsender Profit. Zu diesem Zwecke verwendet der Kapitalist die Frucht seiner Ausbeutung nicht ausschließlich und nicht einmal in erster Linie zum persönlichen Luxus, sondern im fortschreitendem Maße zur Steigerung der Ausbeutung selbst. Der größte Teil des erzielten Profits wird wieder zum Kapital geschlagen, zur Erweiterung der Produktion verwendet.“

Dabei wird ein in der Menschheitsgeschichte bisher unbekannter materieller Reichtum erwirtschaftet, der aber aufgrund der Eigentumsverteilung und -verhältnisse nur dem kleinsten Teil der Menschen zugute kommt. Die Frage nach der Verteilung dieses gesellschaftlichen Reichtums wird in Klassenkämpfen ausgetragen. In diesen Auseinandersetzungen waren in manchen Zeiten die Kräfte der Ausgebeuteten stärker und konnten so dem Kapital Zugeständnisse abgewinnen. Zurzeit allerdings betreibt das Kapital einen verschärften Klassenkampf von oben, bei dem rigider Sozialabbau und imperialistische Kriege der massiven Anhäufung von neuem Kapital dienen. Aktuell ist der Kapitalismus von einer verstärkten Konzentration auf die Finanzmärkte gekennzeichnet. Dabei wird mit dem erwirtschafteten Kapital auf den Finanzmärkten um hohe Renditen spekuliert oder es wird auf kurzfristige Renditen in anderen Bereiche, wie in der Industrie, bei Immobilien, Rohstoffen aber auch um Lebensmittel, gewettet.

Subjekt der Klassenauseinandersetzungen
Mit der aktuellen kapitalistischen Krise stellt sich auch die Frage nach Klassenkämpfen und den darin handelnden Subjekten als Träger von linker Politik. In den westlichen Metropolen existiert zurzeit kein kollektiv handelndes und (klassen-)bewusstes Proletariat. Dies liegt darin begründet, dass sich auch die subalterne Klasse nicht abseits, sondern in der bestehenden Widersprüchlichkeit entwickelt: Individualisierung, Prekarisierung und zunehmender Konkurrenzkampf prägen die Situation am Arbeitsplatz, in den Universitäten und Schulen sowie zahlreichen anderen Bereichen des sozialen Lebens.

Nicht zuletzt durch die langjährige Zurückhaltung der Gewerkschaften kam es zu einem Rückgang der Reallöhne, im Zuge dessen auch immer mehr Arbeitsplätze vernichtet und Sozialleistungen gekürzt wurden. Bei der Suche nach den billigsten Produktionskosten setzt das Kapital international auf Abwanderung in Billiglohnländer sowie national auf die Spaltung zwischen Kernbelegschaften und Leiharbeiter_innen. Angst vor dem sozialen Abstieg wurde durch Hartz IV, Sozialabbau, Arbeitszeiterhöhung und Ausweitung der sogenannten Leiharbeit zur Erfahrung eines erheblichen Teils der Gesellschaft. Unsicherheit verbindet sich mit einer diffusen Angst und Gefühlen von regelmäßig widerfahrenen Ungerechtigkeiten bei gleichzeitiger Legitimitätskrise der etablierten Parteipolitik. Der Linken – egal ob Parteien oder Gewerkschaften – gelang es dabei hierzulande nicht, diese Erfahrungen mit einer sozial gerechten Perspektive zu verbinden.

Dabei ist es vor allem auch der Linken selbst zuzuschreiben, dass sie sich zunehmend marginalisierte. Die gewerkschaftliche Anbiederung an das Kapital durch sozialpartnerschaftliche Erfüllungspolitik verkennt genauso wie die sozialdemokratische Idee von Reformen und schrittweisen Veränderungen, Verbesserungen im Kapitalismus zu erreichen, die realen Lebensumstände des Großteils der Menschen. Denn mit den Veränderungen der ökonomischen und politischen Gegebenheiten ist eben nicht die Frage nach der Überwindung der aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse – des real-existierenden Kapitalismus – überflüssig geworden.

In dieser Situation besteht aber immer auch die Gefahr, dass die Ängste und das diffuse Unbehagen der Menschen durch rechte und faschistische Kräfte vereinnahmt werden. Nationalistische Antworten auf die Krise des Kapitalismus entspringen dabei der kapitalistischen Vergesellschaftung selbst, deren Basis die freie Konkurrenz der staatsbürgerlichen Individuen ist. Nationalismus und Faschismus bieten sich dabei als die „besseren“, weil „nationaleren“ Antworten an. Sie zielen aber auf den Ausschluss und letztendlich auf die Beseitigung von allem, was nicht in das vorgegebene Raster – egal ob es sich um ein ethnisches, religiöses, nationales, kulturelles oder auch politisches handelt – passt. Die Entwicklung in Ungarn und Tschechien, wo Roma durch Pogrome um ihr Leben fürchten müssen, steht neben den massenhaften Morden des Norwegers Breivik.

Auch wenn ein Teil der Ausgebeuteten sich durch noch mehr „Marktwirtschaft“ eine Verbesserung ihrer Situation erhofft, ändert dies nichts an der Struktur des Kapitalismus und seiner ausbeuterischen Dynamik. Doch es gibt auch erfreuliche Entwicklungen, die eine Veränderung des Bewusstseins andeuten und Möglichkeiten für die revolutionäre Linke eröffnen. In verschiedenen Ländern formieren sich Widerstandsbewegungen, etwa in Griechenland, wo seit Jahren regelmäßig Tausende auf die Straße gehen, um gegen die von der EU verordnete Sparpolitik zu demonstrieren. Auch in der BRD begehren zunehmen Menschen auf und demonstrieren, wenn sie sich in ihrem Lebenszusammenhang betroffen fühlen – wie etwa die Proteste gegen Stuttgart 21 oder gegen die Atomkraft zeigen. Ebenso kommt es im gewerkschaftlichen Bereich vermehrt zu Streiks, wie die Arbeitskämpfe der Lokführer_innen oder der Beschäftigten der Berliner Charité zeigen. Mit einfachsten Mitteln wird versucht, dem eigenen Anliegen Gehör zu verschaffen, wie etwa die „Occupy-Bewegung“ mit ihren Platzbesetzungen veranschaulicht. Und auch die immer wieder brennenden Autos in deutschen Großstädten sagen viel über die stille Wut derer, die sich nicht in einem solchen Auto wiederfinden können.

Die EU als imperialistisches Projekt
Im Hinblick auf den deutschen Imperialismus ist dabei aktuell die Entwicklung der Europäischen Union hervorzuheben. Diese ist keineswegs ein europäisches „Friedensprojekt“, sondern ein imperialistisches Zweckbündnis zur innereuropäischen und globalen Durchsetzung der Interessen der stärksten EU-Staaten, allen voran die BRD und Frankreich. Im Gefolge der sogenannten Schuldenkrise realisiert dabei das deutsche Kapital lang gehegte Träume von einem deutsch dominierten europäischen Wirtschaftsraum.

Nachdem sich die Staaten der EU-Peripherie, vor allem Portugal, Irland, Spanien und Griechenland, aufgrund der ökonomischen Asymmetrien innerhalb der Union zu schuldenbasierten Ökonomien entwickelt hatten, die im wesentlichen als Absatzmärkte und Kreditabnehmer für die stärkeren imperialistischen Länder dienten, werden ihnen nun als Bedingung für sogenannte „Hilfspakete“ rigide Kürzungsmaßnahmen diktiert. Abgesehen davon, dass die „Hilfskredite“ niemandem helfen als den Banken, Konzernen und sonstigen Investoren, so bedeuten die von der Troika – Europäische Zentralbank, EU-Kommission und IWF – erzwungenen „Sparpakete“ eine massive Verschlechterung der Lebenssituation der Menschen in den Peripheriestaaten: Lohnkürzungen, Entlassungen, Streichung von Sozialleistungen, Erhöhung von Abgaben und umfassende Privatisierungen sind der Hauptinhalt dieser Politik, die eine weitere Deindustrialisierung und Verarmung hervorrufen wird. Mit der ökonomischen Ausbeutung und der fortgesetzten Zerstörung der wirtschaftlichen Grundlagen dieser Volkswirtschaften, geht ein in der jüngeren Geschichte Europas beispielloser Verlust von nationalstaatlicher Souveränität und weiterem Demokratieabbau einher. Längst wird in Berlin und Brüssel entschieden, was in Athen umgesetzt werden soll. Eine der Konsequenzen dieser Entpolitisierung der Politik ist die Installierung scheinbar „neutraler“ Technokratien wie in Griechenland und Italien, wo sogenannte Experten die optimale Umsetzung des Diktates der Kernstaaten garantieren sollen.

Flankiert wird die Unterordnung ganzer Volkswirtschaften unter die Interessen des westeuropäischen Großkapitals durch die von Mainstreammedien und bürgerlichen Politikern betriebene Hetze gegen angeblich „faule Südländer“, die über „ihre Verhältnisse gelebt“ hätten und sich nun mit deutschen Steuergeldern über Wasser zuhalten suchten. Dieser Diskurs ist gleichermaßen rassistisch-nationalistisch wie stumpf. Denn einer der Hauptgründe der hohen Verschuldung in den Peripheriestaaten liegt gerade im Exportfetischismus des deutschen Kapitals: „Deutschland hat seine Wettbewerbsfähigkeit in der Euro-Zone aus dem einzigen Grund erreicht, dass es in der Lage war, seine Arbeiter_innen härter auszubeuten. Die Einführung von Billiglöhnen und die massenhafte Durchsetzung von Leiharbeit, bei gleichzeitiger Verhinderung eines Mindestlohns, tragen erheblich dazu bei. So hat es dauerhafte Leistungsbilanzüberschüsse gegenüber der Peripherie erzielt. Diese wurden zu ausländischen Direktinvestitionen und Bankkrediten für die Euro-Zone“, schreibt der linke Londoner Think-Tank „Research on Money and Finance“ und fasst zusammen: „Gewinne für das deutsche Kapital, Verluste für deutsche Arbeiter_innen und die Peripherie“. Allem chauvinistischen Geraune von den das Geld der fleißigen Deutschen verprassenden „Pleite-Griechen“ zum Trotz zeigt sich, dass die deutsche und die griechische Arbeiterklasse gemeinsame Feinde hat: Banken, Großkonzerne und ihre politischen Interessenvertreter.

Krieg nach Außen – Repression nach Innen
Mit der Niederlage des Realsozialismus und dem damit einhergehenden Sieg der kapitalistische Reaktion gelangte die militärische Durchsetzung von kapitalistischen Interessen wieder auf die Tagesordnung der BRD. Krieg ist und bleibt deutsche Staatsräson, ob als direkt selbst durchgeführtes mörderisches Handwerk oder in Gestalt eines Exportes von Kriegsmaterial, etwa nach Saudi-Arabien oder in die Türkei, wo deutsche Waffen zur Niederschlagung der kurdischen Bewegung eingesetzt werden. „Rot-Grüns“ Feldzug gegen die Bundesrepublik Jugoslawien 1999 war der Anfang einer ganzen Reihe von imperialistischen Waffengängen. Die Bundeswehr wurde seit den 1990er-Jahren zu einer „Armee im weltweiten Einsatz“ – zur Durchsetzung deutscher Interessen – umgebaut. Die Bundeswehr geht neben Afghanistan noch in zahlreichen weiteren Ländern außerhalb der BRD ihrem tödlichen Handwerk nach, etwa bei der „Piratenjagd“ vor der Küste Somalias. In der deutschen Öffentlichkeit wurde diese Entwicklung von öffentlichen Gelöbnissen, Bundeswehrbesuchen in Schulen und Messen sowie anderen militaristischen PR-Aktionen propagandistisch begleitet. Mit dem sogenannten „Krieg gegen den Terrorismus“ wurde an der Seite der USA Afghanistan besetzt. Das Hauptinteresse bestand dabei nicht, wie vollmundig beteuert wurde, in einer Verbesserung der Situation von Frauen oder einer tatsächlichen Durchsetzung von „Menschenrechten“, sondern vielmehr in der Durchsetzung der geopolitischen Interessen an den milliardenschweren Bodenschätzen sowie im ungehinderten Landweg zum Indischen Ozean. Der Einmarsch der NATO in Afghanistan hat unzählige Opfer gefordert. Die Lebenslage der Bevölkerung in Afghanistan hat sich weder verbessert, noch ist das Leben sicherer geworden. Die Bundeswehr ist an der vordersten Front mit dabei, wenn es darum geht, Menschen zu töten. Die 145 ermordeten Zivilisten, die Bundeswehr-Oberst Klein zu verantworten hat – und deren Tötung von einem deutschen Gericht per Freispruch nachträglich legitimiert worden ist –, ist nur ein Extrem unter vielen in dem unter anderem von deutscher Seite hergestellten „Alltag des Krieges“.

Dem Krieg nach Außen entspricht eine weitere Militarisierung im Inneren. Die zugehörige Politik kann dabei auf die schon beschriebenen Ängste und Unsicherheiten zurückgreifen, um sie durch repressive Überwachungsmethoden zu „beruhigen“. Dabei werden die Verfügungsmöglichkeiten für sogenannte Sicherheitsdienste immer weiter ausgebaut, während auf der anderen Seite die Rechte und Freiheiten des Einzelnen immer weiter eingeschränkt werden. So ist die Affäre um den aufgeflogenen Bundes-Trojaner nur die Spitze eines Eisbergs von Bespitzelungsmechanismen, die sowohl Online-, Telefon- sowie die Überwachung von öffentlichen Plätzen umfasst. Auch dies steht unter dem Banner der angeblichen Bekämpfung des „internationalen Terrorismus“. Aktuell wird im Zuge der öffentlichen Auseinandersetzung um neonazistische Gewalt die stärkere Vernetzung und Zusammenlegung von Polizei und Geheimdiensten diskutiert, eine Idee, die stark an Strukturen des deutschen Faschismus erinnert.

Die Herrschenden reagieren in der aktuellen Krise des Kapitalismus auf den aufkeimenden Widerstand nach bekanntem Schema. Auf der eine Seite werden faschistische Organisationen gehätschelt, aufgebaut und mit Waffen ausgestattet. Auf der anderen Seite wird eine Linke unter Generalverdacht gestellt und mit Repression überzogen. Dabei wird selbst die Option Faschismus – verstanden als durchaus flexibles Vergesellschaftungsmodell zur Kittung von sozialen und politischen Widersprüchen – von den Herrschenden in Erwägung gezogen. Sollte es auch nur ansatzweise stimmen, was bis heute bekannt ist, so waren beim Aufbau und bei der Unterstützung der faschistischen Mörderbande aus Jena bzw. Zwickau, die über Jahre hinweg aus Rassismus und einem faschistischen Weltbild heraus Menschen ermordete, Verfassungsschutzämter und Innenministerien von verschieden Bundesländern, wenn nicht noch weitere, wesentlich höhere Kreise der sogenannten „Sicherheitsdienste“ federführend beteiligt.

Linke Politik wird im Gegenzug kriminalisiert. Ein aktuelles Beispiel liefert die komplette Überwachung der antifaschistischen Proteste gegen den jährlichen Nazi-Aufmarsch in Dresden. Tausende Mobilfunkdaten wurden gesammelt, gespeichert und ausgewertet. Hausdurchsuchungen fanden im gesamten Bundesgebiet statt. Und der Vorwurf der Gründung einer „kriminellen Vereinigung“ nach §129 wurde erhoben. Damit soll der erfolgreiche antifaschistische Protest kriminalisiert und delegitimiert werden. Ideologisch wird diese Absurdität mit Begrifflichkeiten der „Extremismustheorie“ verkleidet und gerechtfertigt. Mittel ist die konstruierte Gleichsetzung von Faschisten und ihrem menschenverachtenden und an kapitalistischer Konkurrenz orientierten Weltbild mit der linken Idee von Gleichheit und Freiheit aller Menschen. Damit soll eine bürgerliche „Mitte“ festgelegt werden, die sich von den „extremen Rändern“ abgrenzt. Schlussendlich dient diese von Verfassungsschutz und konservativer Rechter etablierte Theorie zur Legitimation und Herrschaftssicherung der bürgerlichen Gesellschaft. Doch was ist auch anderes von einem Staat zu erwarten, der schon nach 1945 die Kontinuität der braunen Eliten hergestellt hat? Gehlen, Freisinger, Kiesinger sind nur die prominentesten Namen der erfolgreichen Re-Nazifizierung der BRD nach 1945 und zeigen die Ausrichtung der staatlichen Repression. Antikommunismus war und ist deutsche Staatsideologie.

Der Widerstand ist international
Seit Beginn 2011 hat sich aber eine neue internationale Entwicklung ergeben. Millionen von Menschen in der arabischen Welt haben sich versammelt, um gegen die herrschenden Eliten zu demonstrieren und die einheimischen Despoten zu Fall zu bringen. Dabei waren es die Bewegungen in Tunesien und Ägypten, denen es gelang, Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit aus dem Interpretationsmuster der neoliberalen Ideologie zu lösen und in ihre konkrete Lebenssituation zu übertragen. Dadurch konnten sie ihre Probleme als soziale Frage begreifen, die nicht mit beschaulichen Reformen und Zugeständnissen, sondern nur durch die revolutionäre Tat zu lösen ist. Dies ist gleichbedeutend mit dem Versuch der Überwindung der inneren Unterdrückung und imperialistischen Abhängigkeit von den USA und den EU-Staaten. Die angebrochene Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen und äußerst ambivalent. Sie birgt immer auch die Gefahr, von reaktionären Kräften religiöser oder bürgerlicher Ausrichtung in eine neue Form der Unterdrückung überführt zu werden. Die Bewegungen, die mit dem Namen „Arabischer Frühling“ bezeichnet werden, waren keine Internet-Revolutionen, sondern Revolten gegen den despotischen Alltagsbetrieb und sie wiesen teilweise auch eine antikapitalistische Perspektive auf. Auch in anderen Ländern wurde dieser Widerstand aufgegriffen und in die Praxis überführt. In Israel und Palästina gelangte im Sommer 2011 die seit Jahrzehnten zurückgedrängte soziale Frage durch Massenproteste gegen Korruption und fehlenden bezahlbaren Wohnraum wieder an die Öffentlichkeit. In Spanien begehrte die prekarisierte Jugend auf und nahm sich öffentliche Räume, um sich die Politik wieder anzueignen. In den USA hat sich eine Bewegung etabliert, die sich gegen die Macht des Finanzkapitals stellt und ebenso öffentliche Plätze okkupiert. Und auch in der BRD beginnen langsam und recht zögerlich Proteste gegen die Macht des Finanzkapitals.

Ebenso finden in anderen Ländern anhaltende Proteste statt. Die Studierenden und Schüler_innen in Chile gehen seit über einem Jahr auf die Straße und fordern Bildung jenseits der neoliberalen Verwertung. Sie sind damit Bezugspunkt für viele Bildungsproteste in Lateinamerika, etwa in Kolumbien, aber auch im Rest der Welt. Und seit Jahren demonstrieren auch griechische Arbeiter_innen und Angestellte gegen die Politik des Sparens und der Sozialkürzungen. Sie treibt eine Politik auf die Straße, die sie nicht zu verantworten haben, deren Lasten sie aber tragen müssen.

Gemeinsame Kämpfe, gemeinsames Gedenken
Daher ist es umso wichtiger, dass eine revolutionäre Linke sich aktiv in die anhaltenden Klassenauseinandersetzungen hineinbegibt. Dem Klassenkampf von oben kann nur mit einem Klassenkampf von unten begegnet werden. Dabei ist es notwendig, dass gerade in neuen Bewegungen auf eine Radikalisierung hingewirkt wird, die die Verbindung zwischen der aktuellen ungelösten sozialen Situation und dem Kapitalismus aufzeigt. Die aufgeworfene Demokratiefrage muss dabei mit der Frage nach sozialer Teilhabe, bis hin zur Demokratisierung des Produktionsprozesses, verbunden werden. Dadurch kann es gelingen, das Privateigentum in Frage zu stellen. So kann auch die gesellschaftliche Totalität des Kapitalismus mit den darin enthaltenden Widersprüchen als solche benannt und bekämpft werden. Die Antwort der Linken darf daher nicht im Rückzug in die immer schlaue kritische Kritik bestehen, sondern vielmehr im Vorstoß in eine aktive Auseinandersetzung innerhalb der Bewegungen und Klassenkämpfe. Dabei kann die Perspektive nur in der revolutionären Überwindung des Kapitalismus und in einer sozialistischen Gesellschaft liegen.

Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht waren Kämpfende im Klassenkampf, ihre Ideen und Vorstellungen zeigen uns die Möglichkeiten auf, die sich in den täglichen Auseinandersetzungen – ob im Kampf gegen Militarismus und Krieg, den gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen in den Betrieben oder dem gemeinsamen antifaschistischen Kampf – ergeben. Ihre Vorstellungen stellen ein Feld des Lernens und der Weiterentwicklung der revolutionären Theorie und damit auch ihrer Praxis dar. Doch nur in organisierter Form ist es einer Linken, die die Überwindung des Kapitalismus als ihre Aufgabe ansieht, möglich, handlungs- und aktionsfähig zu sein und dabei auch einen gelebten Internationalismus zu praktizieren. Daher ist es in den aktuellen Auseinandersetzungen wichtiger denn je, die Klassenkämpfe voranzubringen, sich zu organisieren und dies vor allem auch international.

Im Gedenken an Luxemburg und Liebknecht wollen wir am 15. Januar 2012 gemeinsam auf die Straße gehen. Dabei stehen für uns heute wie zu Zeiten der beiden Revolutionär_innen der gemeinsame Kampf aller revolutionären Linken für eine Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung im Mittelpunkt. Es ist auch heute noch gültig, was vor fast hundert Jahren bereits aktuell war: Nur in der sozialistischen Revolution kann die alltägliche kapitalistische Ausbeutung überwunden werden. Dabei ist es notwendig, die gesammelten Erfahrungen aus den Klassenkämpfen aufzuheben und in eine revolutionäre Aktion zu überführen.

Solidaritätsaufruf: Mehr als ein Dutzend griechische Gewerkschafter sind von Gefängnis bedroht!

Am Donnerstag 24.11.2011 verhaftete die griechische Polizei Nikos Photopoulos, den Vorsitzenden der Elektrizitätswerk-Beschäftigten GENOP/DIE zusammen mit über einem Dutzend seiner Gewerkschaftskollegen. Sie werden am Dienstag 10.1. vor Gericht gestellt, und die Vorwürfe gegen sie könnten ihnen Gefängnisstrafen von bis zu 5 Jahren einbringen.

Sie protestierten gegen einen Teil der griechischen Sparmaßnahmen – die Abschaltung des Stroms für Stromkunden, die nicht in der Lage waren, eine neue Vermögenssteuer zu zahlen, die ohne Bezug zu Einkommen oder Vermögen erhoben wird und zu allen Stromrechnungen dazugerechnet wird. Diese neue Steuer ist nur die letzte Sparmaßnahme der griechischen Regierung. Die Abschaffung des nationalen Mindestlohns und die Senkung von Steuern, die die Arbeitgeber zahlen, sind als nächstes dran.

Mit dem folgenden Link kann man eine Nachricht an den griechischen Premierminister schicken, um die Kampagne der griechischen Dachgewerkschaft GSEE zu unterstützen. GSEE ruft dazu auf, die Anklage fallen zu lassen.

Bitte hier klicken, um das Formular zum Versand der Solidaritätsnachricht auszufüllen und zu versenden. Wir haben diesen Aufruf auf Englisch bekommen und können nicht den ganzen LINK auf deutsch abbilden. Die Nachricht, die versendet wird, wenn man den Link nutzt, heißt:

"Am Dienstag 10.1. werden der Gewerkschafter Nikos Photopoulos, Vorsitzender der Elektrizitätswerk-Beschäftigten GENOP/DIE, zusammen mit über einem Dutzend seiner Gewerkschaftskollegen, vor Gericht gestellt, weil sie gegen die Sparpolitik Ihrer Regierung protestiert haben, und insbesondere gegen das Verfahren, die neue Vermögenssteuer durch Beträge auf den Stromrechnungen durchzusetzen. Wie die griechische Arbeitnehmerschaft ingesamt waren Nikos und seine KollegInnen nicht verantwortlich für die Krise, die zu dieser Situation geführt hat, aber ebenso wird von ihm und seinen Kollegen verlangt, dass sie dafür bezahlen sollen - in ihrem Fall mit ihrer Freiheit.


Ich unterstütze den Aufruf der Dachgewerkschaft GSEE an Sie, die Anklagen gegen GewerkschafterInnen fallenzulassen, die das Recht der BürgerInnen auf ungehinderten Zugang zu einem lebenswichtigen öffentlichen Gut verteidigen, das doppelt unentbehrlich ist in diesen schweren Zeiten äußerster Härten. Deshalb rufe ich Sie auf, die Verfolgung unserer KollegInnen zu beenden."


Wer die Nachricht versenden will, bitte den Link anklicken, auf der folgenden Seite Namen, e-Mail-Adresse, die eigene Gewerkschaft, und das eigene Land (Germany) eingeben und den Button "SEND MESSAGE" anklicken. Die Nachricht geht dann an den Premierminister, an die Elektriker-Gewerkschaft GENOP und die Dachgewerkschaft GSEE.

Via Metallertreff Stuttgart

Der lange Schatten von Stuttgart 21 oder: Wieviel Presse- und Meinungsfreiheit darf es sein?

Eine Podiumsdiskussion mit dem Titel “Der lange Schatten von Stuttgart 21 oder Wieviel Presse- und Meinungsfreiheit darf es sein?” findet am Mittwoch, 11. Januar 2012, um 19 Uhr im Gewerkschaftshaus Stuttgart, großer Saal statt. (Willi-Bleicher-Straße 20, Stuttgart, S-Bahn ‚Stadtmitte‘, U-Bahn ‚Keplerstraße‘).

Es diskutieren Renate Angstmann-Koch, Schwäbisches Tagblatt, dju-Landesvorstand, Joe Bauer, Kolumnist der Stuttgarter Nachrichten, Uli Röhm, Fernsehjournalist, Gründungsredakteur von WISO (ZDF), Vorstandsmitglied von ver.di im ZDF, Walter Sittler, Schauspieler, Stefanie Brum, Rechtsanwältin des Vereins Umkehrbar, Martin Heiming, Rechtsanwalt von zwei Nordflügel-Fotografen, Kristian Frank, Rechtsanwalt eines Kameramanns von CamS21, Satirische Einlage: Peter Grohmann, Anstifter, Kabarettist. Moderation: Hermann G. Abmayr, Filmemacher und freier Journalist.

Dreimal hat der Staat in der aktuellen Auseinandersetzung um Stuttgart 21 in die Presse- und Meinungsfreiheit eingegriffen:

– Bei der Besetzung des Nordflügels des Stuttgarter Bahnhofs hat die Polizei drei Pressefotografen mehrere Stunden lang in ihrer Arbeit gehindert. Gegen einen der Fotografen läuft noch ein Verfahren wegen Hausfriedenbruchs.

– Nach der Besetzung des Geländes, auf dem das „Grundwassermanagement“ für den Bau des Tiefbahnhofs untergebracht ist, hat die Polizei Bildmaterial, Festplatten, Kameras und Rechner von Kameraleuten beschlagnahmt. Den Bildreportern, die für CamS21 arbeiten, wird schwerer Landesfriedensbruch vorgeworfen.

– Vor der Volksabstimmung hat das Landgericht Stuttgart auf Antrag von Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt per einstweiliger Verfügung die Verbreitung eines Video-Clips verboten. Darin hatte der Schauspieler Walter Sittler einen Arbeitgeber-Clip zur Abstimmung kommentiert. In dem Verbot gegenüber dem Verein Umkehrbar, der den Spot im Internet verbreitet hat, sieht Sittler einen Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Die Veranstalter, weitere Informationen und Kontakt:

Gewerkschafter gegen Stuttgart 21

ver.di Bezirk Stuttgart

DJU in ver.di

Die Anstifter

via Hohenlohe-Ungefiltert

"Anders als die Polizei haben S21-Projektgegner Recht und Gesetz verteidigt" - Kommentar des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit

Journalisten, Fernsehreporter werden ausgeschlossen

Durch die "Allgemeinverfügung zur Anordnung eines Aufenthalts- und Betretungsverbots und zur Räumung des Zeltlagers für Teile der Mittleren Schloßgartenanlagen in Stuttgart" vom 22.12.2011 werden das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit für diesen Bereich, das Grundrecht auf Freizügigkeit und die Meinungs- und Pressefreiheit (Freiheit der Berichterstattung) vollständig außer Kraft gesetzt:

Bei den unter Punkt 1.4. aufgeführten "besonders berechtigten" Personen, die das Areal betreten dürfen, fehlen Journalisten, Fernsehreporter etc. vollständig.

In der Verfügung fehlt eine zeitliche Begrenzung. Das ist offensichtlich rechtswidrig!

Das Einschränken elementarer Grundrechte kann dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechend nicht zeitlich unbegrenzt stattfinden – es herrscht kein Ausnahmezustand!

Und das alles in einer Situation, in der das Baurecht der Bahn durchaus anzuzweifeln ist.

Das erkennt selbst das Innenministerium. SPD-Innenminister Gall: "Es kann nicht sein, dass die Polizei eine Baustelle schützt, die sich im Nachhinein als illegal erweist" (dpa 31.12.2011).

Der Stuttgarter Polizeipräsident Züfle stoppte daraufhin die Vorbereitungen für einen Polizeieinsatz im Schloßgarten. Das Amt für öffentliche Ordnung muß deshalb umgehend die "Allgemeine Verfügung" aufheben!

Bauarbeiten am Grundwassermanagement waren rechtswidrig

Spätestens nach dem Stopp der Bauarbeiten durch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim ist klar: Die Bauarbeiten am Grundwassermanagement waren rechtswidrig und nicht durch das Baurecht
der DB gedeckt.

Ebenso die Baumfällungen am 30.9./1.10.2010: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart, hat Strafbefehle gegen drei DB-Bedienstete erlassen, die offenbar ein Gutachten zurückgehalten hatten, das zum Stopp der Baumfällarbeiten durch das Verwaltungsgericht Stuttgart geführt hätte.

Folglich waren alle polizeilichen Maßnahmen zur Durchsetzung dieser Bauarbeiten rechtswidrig!

Projektgegner haben Recht und Gesetz verteidigt, nicht die Polizei

Bündnissprecher Thomas Trüten: „Im Recht waren und sind unserer Ansicht nach dagegen die Projektgegner, die sich mit Aktionen des zivilen Ungehorsams diesem ungesetzlichen Treiben entgegengestellt haben: Sie haben Recht und Gesetz verteidigt, nicht die Polizei!“

Alle Verfahren gegen S21-GegnerInnen einstellen

Die Staatsanwaltschaft ist eine weisungsgebundene Behörde und untersteht dem Justizminister. Wir fordern deshalb die Landesregierung und namentlich den Justizminister auf, die Staatsanwaltschaft Stuttgart
anzuweisen, alle Verfahren gegen S21- GegnerInnen einzustellen und eine Amnestie für die bereits Verurteilten zu erlassen!

Unterschriftenlisten zur Unterstützung dieser Forderung sind im DGB Haus Stuttgart erhältlich oder auf den Seiten des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit herunterladbar.

Pressemitteilung des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit vom 5.1.2012, via hohenlohe ungefiltert

Götterdämmerung für den S21-Widerstand? Die Ergebnisse der "Volksabstimmung"

Grafik: Fakt

Foto: Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg
Lizenz: Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) (CC BY-SA 2.0)
Logos der "Grünen"
Mit der verlorenen sogenannten "Volksabstimmung" ist das Ende der Illusionen in die baden-württembergischen "GRÜNEN" und deren Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann gekommen.

Viele prominente S21-GegnerInnen und heutige ProtestuntergangsbeschwörerInnen beginnen nun mit einer Absetzbewegung.

Nachdem sie alle Warnungen und Kritiken vor einer Beteiligung der Protestbewegung an der ursprünglich von der SPD ins Spiel gebrachten "Volksabstimmung" ignoriert hatten, erklären sie den Protest nun für gescheitert. Sie versuchen, die Proteste gegen Stuttgart 21 dorthin zu verlagern, wohin ihn die BefürworterInnen gerne hätten: in den Keller.

Dass dieses Instrument, von dem von vornherein klar war, dass es nicht zur Verhinderung von Stuttgart 21 taugt, trotzdem von vielen, vor allem prominenten "Bewegten", favorisiert wurde, hat Tradition in dieser Auseinandersetzung.

Nachdem an dem bundesweit als "schwarzer Donnerstag" bekannt gewordenen 30. September 2010 hunderte Menschen verletzt wurden, nahmen Hunderttausende an den darauf folgenden Protestdemonstrationen teil.

Dann kam Heiner Geißler und mit ihm die Illusion der Schlichtung - als ob es Kompromisse beim Milliardenprojekt geben könnte. Die anschließende Orientierung auf die Abwahl der als korrupt angesehenen Mappus-Regierung und die damit verbundene Hoffnung, mit der Wahl der "GRÜNEN", die erstmals einen Ministerpräsidenten stellten, Stuttgart 21 auf parlamentarischen Weg verhindern zu können, schlugen ebenfalls fehl.

Die GRÜNEN hatten die Einstellung von Stuttgart 21 allerdings nur auf dem Umweg über den Ausstieg aus dem Finanzierungsanteil des Landes im Programm: "Wir wollen eine 'Volksabstimmung' über die Beteiligung des Landes an 'Stuttgart 21' einleiten." (Wahlprogramm, S. 194)

Konsequent brechen nun Bündnispartner wie der BUND aus dem Aktionsbündnis weg, mit dem Verweis auf dessen durch die "Volksabstimmung" angeblich erreichte Demokratische Legitimation.

Mit "NEIN" zum Ausstieg Baden-Württembergs aus der Finanzierung stimmten 28,3% der Wahlberechtigten im Land bzw. 35,7 % in Stuttgart. Ist DAS die "Mehrheit der Bevölkerung"?

Zumal wahlberechtigt nur "BürgerInnen", also Menschen mit deutschem Pass waren und ein Großteil der MigrantInnen davon ausgeschlossen war.

Genau mit diesem "Argument" gehen jetzt aber auch ehemals prominente S21-GegnerInnen hausieren und verbreiten Niederlagenstimmung nach allen Regeln der Kunst.

Sie fordern die Einstellung der Montagsdemos mit der Begründung, man würde damit "gegen die Mehrheit der Menschen" protestieren

Außer acht bleibt die bescheidene Frage, ob denn überhaupt noch demonstriert werden müsste, wenn die "Mehrheit der Menschen" sich den Zielen der Protestbewegung bereits angeschlossen hätte?

Im Kern schieben die VerfechterInnen des Projektes "Volksabstimmung" deren vorhersehbare Ergebnisse als Begründung für ihren eigenen Abschied aus der Protestbewegung vor.

Am einfachsten haben es die "GRÜNEN": Hatten sie bereits in der Vergangenheit ihre "Unschuld" verloren, weil sie durch ihre Zustimmung zu den NATO-Kriegen in Jugoslawien und Afghanistan, zum halbherzigen Atom"ausstieg" oder zu Hartz IV all dieses überhaupt erst möglich gemacht hatten, so enttäuschen sie auch jetzt nicht die Erwartungen.

Kretschmann fiel auf dem "GRÜNEN" Parteitag in der Woche vor der "Volksabstimmung" gleich zwei Bewegungen in den Rücken, indem er unterstrich, dass er bei gewonnener "Volksabstimmung" S21 auch von seiner Landespolizei geschützt durchsetzen wird, und indem er den Mitgliedern seiner Partei von der Unterstützung der Anti-Castor-Proteste abriet.

Sie dachten, sie wären an der Macht...

Die Hoffnung in die "Volksabstimmung" zu setzen, ist die Fortsetzung des Trugschlusses, es ginge in der Auseinandersetzung um Stuttgart 21 in erster Linie um die besseren Argumente und nicht um eine Machtauseinandersetzung.

Das verkannte, dass die hochmotivierte Gegenseite, bestehend aus dem real existierenden baden-württembergischen schwarzen Filz aus Seilschaften, um ihre Milliardenprofite besorgten Konzerne, alles aufbieten würde, um die Abstimmung propagandistisch für sich zu entscheiden.

So nahmen allein die Regionalversammlung 1 Million Euro und der Stuttgarter Oberbürgermeister Schuster zusätzliche 130.000 Euro an Steuergeldern für einen Brief an die "lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger" in die Hand, um in einer gewaltigen Desinformationskampagne gemeinsam mit den Unternehmerverbänden und der IHK die entsprechende Stimmung zu erzeugen.

Die Motive dafür brachte der langjährige Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, bereits am 28. September in der "Stuttgarter Zeitung" auf den Punkt:

"Wenn Stuttgart 21 gekippt wird, dann hat dies verheerende Auswirkungen auf unsere nationale und internationale Reputation als rechtssicherer und verlässlicher Wirtschafts- und Investitionsstandort."

... dabei waren sie nur in der Regierung

Hundts Angst vor Eingriffen in die kapitalistische Investitionsentscheidungsfreiheit unterstrich damit zugleich auch, was in Teilen der radikalen Linken nicht unumstritten ist - dass der Kampf gegen S21 im Kern ein antikapitalistischer ist und - unabhängig vom Bewusstsein der AkteurInnen im S21-Widerstand - den Herrschenden die Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel streitig gemacht werden.

Diese Erkenntnis wäre jedoch für die Verbreitung und Weiterentwicklung des Widerstandes, der bislang eher von besserverdienenden Menschen geprägt ist, von großer Bedeutung.

Diesen langen und schwierigen Weg zu beschreiten, ist für die bisher eher als Randerscheinung agierende Linke eine Herausforderung. Nicht umsonst fällt es bürgerlichen Führungsfiguren leicht, vor "radikalen Kräften" zu warnen.

S21 bleibt trotz der "Volksabstimmung" ein "verkorkstes" Projekt

Die "Volksabstimmung" muss als das verarbeitet werden, als was sie gedacht war und wie sie von der Befürworterseite vorangetrieben wurde: als perfides Spaltungsmanöver, in das die Protestbewegung hinein bugsiert wurde. Es gibt deshalb keinen Grund, sich dem Ergebnis unterzuordnen oder - noch schlimmer - es als Maßstab für das eigene Handeln zu nehmen. Diejenigen Vorschläge, die jetzt analog zur "kritischen Begleitung" des Projektes durch die Landesregierung den Protest weichspülen wollen, erweisen ihm einen Bärendienst.

Der Protest ist auf der Straße, bei Blockaden, Infoständen im Park und bei Wind und Wetter durch Aktionen, bei denen sich die Menschen einbringen konnten, stark geworden. In dem Maß, wie stattdessen auf den parlamentarischen Weg, auf Schlichtung statt Verschärfung gesetzt wurde, bröckelten dessen Teilnehmerzahlen.

Der Zivile Ungehorsam war noch nie ein Mehrheitsprogramm, weswegen gerade er jetzt durch die Freunde der "Volksabstimmung" für unangebracht erklärt wird.

Selbstbewusst und auf die eigenen Positionen vertrauend, werden Sympathien gewonnen und nicht anbiedernd

Optionen und Reserven für einen wirkungsvollen Kampf gegen Stuttgart 21 gibt es auch und gerade, wenn der Blick nicht durch scheindemokratische Ablenkungsmanöver verstellt wird. Die Verbindung der Auseinandersetzung um S21 mit anderen sozialen und politischen Kämpfen, die Ausrichtung auf die Menschen, die den öffentlichen Nahverkehr nutzen, auf die Menschen, die im Protest unterrepräsentiert sind wie Erwerbslose und MigrantInnen, die Öffnung gegenüber kapitalismuskritischen Kräften. Das Lernen von ähnlichen Bewegungen wie der NoTAV-Bewegung im italienischen Susa Tal, der Bewegung gegen den LGV im Baskenland oder von der Vielfalt der Bewegung im Wendland.

S21 ist ein kapitalistisches Projekt, das nach kurzfristiger Profitlogik gebaut werden soll und nicht entsprechend der Bedürfnisse dieser Menschen. In der Widersprüchlichkeit, die eigenen Bedürfnisse der Profitlogik unterzuordnen, bewegt sich weitgehend auch das Denken der Menschen.

Die jetzt von den 700 TeilnehmerInnen des großen Ratschlags vom 4. Dezember beschlossene Konzentration der Argumente auf die Kosten verdeckt jedoch nur unzureichend, dass genau dies der Propaganda der ProjektbetreiberInnen auf den Leim geht. Soll der eigene Standpunkt von Mehrheiten abhängig gemacht werden? Ist Stuttgart 21, und wenn es nur die Hälfte kosten würde, dann besser?

Wäre Stuttgart 21 das erste Projekt, das trotz der "aus dem Ruder gelaufenen Kosten" nicht weitergebaut wird, gerade weil es ein Projekt der Profitmaximierung ist?

Eine der Beteiligten wird sich über diese Argumentationslinie in jedem Fall freuen. Die Bahn AG hatte bereits vor der "Volksabstimmung" erklärt, dass im Falle einer Kostenüberschreitung eben "nachverhandelt" werden müsse.

Dies trifft vor allem auch die Stadt Stuttgart, die S21 mitfinanziert und die sich aktuell mit 850 Millionen Euro bis 2016 neu verschuldet. Statt in der Situation die Reißleine zu ziehen und die städtische Finanzierung von S21 mit 238,58 Mio. Euro zu kappen, sollen statt dessen dringend notwendige Schulsanierungen, Kitaausbau und Ganztagsbetreuung um "einige Jahre gestreckt" werden.

Der Protest muss den gesteckten Rahmen durchbrechen

Zwischen dem 6. und 10. Januar soll der Südflügel des denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes abgerissen werden, kurz darauf sollen die Bäume im Schlossgarten fallen.

Darauf reagierte der "große Ratschlag" der S21-GegnerInnen in Stuttgart am 4. Dezember damit, die Montagsdemos weiterhin durchzuführen, jedoch mit einem anderen Konzept und an anderer Stelle, direkt zwischen dem vom Abbruch bedrohten Südflügel und dem Schlossgarten.

Dort wird es 2012 unausweichlich "zur Sache" gehen: Für den 6. Januar sind die ersten Arbeiten angekündigt.

Kretschmann droht: "Man muss damit rechnen, dass es da zu Auseinandersetzungen kommt."


Denjenigen, die bereit sind, am konsequenten Widerstand festzuhalten, bekommen von der Landespolizei bereits die Instrumente gezeigt: Neben 9.000 PolizeibeamtInnen zur Durchsetzung des Baus wurde bereits angekündigt, ein Containerdorf zur Festsetzung der bei den vorhersehbaren Protesten Teilnehmenden auf dem Gelände des Cannstatter Wasens einzurichten.

Der Stuttgarter Polizeipräsident sagt dazu: "Wer das hohe Gut der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit friedlich wahrnimmt, darf auf den polizeilichen Schutz vertrauen."

Ministerpräsident Kretschmann verteidigte diese Pläne. "Dies sei besser, als wenn sie zur Aufnahme der Personalien draußen warten müssten und etwa eingekesselt werden müssten. Innenminister Reinhold Gall (SPD) sei verpflichtet, Vorsorge zu treffen."

So wird die Spaltung der Bewegung gegen S21 entlang der Gewaltfrage forciert. Obwohl es von dieser "Gewalt" - zumindest seitens der DemonstrantInnen - weit und breit nichts zu sehen gibt, ist die Gefahr, in diese Falle zu tappen, groß.

Erstveröffentlichung 20.12.2011 in "graswurzelrevolution" Nr. 365 / Januar 2012

Artikel bei der "graswurzelrevolution" zum gleichen Thema:
Schön, dass wir drüber geredet haben
355 januar 2011
Geißlers Schlichterspruch und die Folgen
355 januar 2011
Die gewaltfreie Revolte gegen "Stuttgart 21"
354 dezember 2010
"Stuttgart 21" - längst keine Frage der Argumente
353 november 2010
Stuttgart 21: Aufstand der Anständigen
352 oktober 2010

Sachsen dreht frei. On- und Offline-Überwachung: Weil sie es können

Sehr sehenswerter Vortrag von Anne Roth auf dem 28c3:

"Die Meldungen aus Sachsen in diesem Jahr wirkten für alle, die nicht dort wohnen, ein bisschen, als kämen sie von einem sehr weit entfernten Stern. In regelmäßigen Abständen werden Dinge bekannt, die jeweils einzeln früher zum Rücktritt von Ministern geführt hätten. Funkzellenabfrage, §129-Verfahren, die Durchsuchung eines Pfarrers, Aberkennung der Immunität eines Fraktionsvorsitzenden wegen Rädelführerschaft: umfassende Kriminalisierung von Protesten gegen Nazis, und zwar weit bis in die "Mitte der Gesellschaft". Offline-Überwachung und -Drangsalierung sind in Sachsen Alltag. Der Talk gibt einen Überblick über den Stand der Dinge und warnt davor, sich (außerhalb Sachsens) gemütlich schaudernd zurückzulehnen. Denn: Wenn Sachsen damit durchkommt, setzt das Maßstäbe für andere Bundesländer. (...)" Weiterlesen

Verbrechen beenden! Freiheit für das kurdische Volk!

Download der Erklärung: Bild anklicken
Erklärung der Förderation Demokratischer Arbeitervereine DIDF, Stuttgart zu den Luftangriffen der türkischen Armee:

"Die Luftangriffe der türkischen Armee auf kurdische Städte, Dörfer und Landschaften haben wieder Dutzende unschuldige Zivilisten in den Tod gerissen. Bei einem jüngsten Bombenangriff auf das Dorf Ortasu nahe der kurdischen Stadt Sirnak sind nach aktuellen Angaben mindestens 35 Menschen getötet worden. Die Leichen sind verbrannt und durch den massiven Bombenaufschlag größtenteils nicht mehr zu identifizieren.

Vermutlich handelte es sich um eine Gruppe von jungen Männern, die Zucker und Gas über die türkisch-nordirakische Grenze brachten und von der türkischen Armee für Kämpfer der Kurdischen Arbeiterpartei gehalten wurden. Die Getöteten trugen keine Waffen bei sich. Ihre Schuld: Sie waren Kurden.

Auf die Forderung des kurdischen Volkes nach Freiheit, Gleichberechtigung und Solidarität antwortet der türkische Staat mit willkürlichen Morden und Verbrechen.

Durch den jahrelangen Krieg in dieser Region leiden Hunderttausende Männer, Frauen, Jugendliche und Kinder u.a. an Armut, Hunger, Wohnungslosigkeit und alltäglicher Gewalt durch Militär, Polizei und Sicherheitskräfte. Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit haben viele Menschen keine andere Möglichkeit als sich an Schmuggelgeschäften von Gütern wie Nahrung oder Heizgas anzuschließen.

Die staatliche Ignoranz gegenüber der Not der Menschen macht sich auch in der aktuellen Situation der Erdbebenopfer in Van deutlich. Seit Monaten harren Menschen in miserablen Unterkünften bei Schnee und Kälte aus. Ihnen fehlt es an Nahrungsmitteln und Heizung, um den harten Winter überstehen zu können.

Das Blutvergießen in den kurdischen Regionen muss endlich beendet werden!

Trotz unzähliger Friedensangebote des kurdischen Volkes und seiner politischen Vertreter setzt die AKP-Regierung unter Präsident Tayyip Erdogan auf seinen Kriegskurs. Während Erdogan als NATO-Handlanger in Syrien, Libyen, Tunesien als vermeintlicher Demokratie-Botschafter agiert, kommandiert er das Militär zum Bombardement auf kurdische Regionen und Menschen.

Wir, die Föderation der Demokratischen Arbeitervereine, protestieren zutiefst das militärische Verbrechen und bekräftigen unsere Solidarität mit dem kurdischen Volk, das seit Jahrzehnten für Freiheit, Gleichberechtigung und Frieden kämpft.

Gleichzeitig rufen wir die demokratische Öffentlichkeit auf, die militärischen Handlungen der AKP-Regierungen zu protestieren sowie Protestbekundungen an die türkische Regierung zu richten. Die Beendigung des Blutvergießens kann nur gelingen, wenn wir uns solidarisch mit der Demokratie- und Friedensbewegung in der Türkei zeigen und Druck auf die staatliche Willkür und Militärhandlungen der AKP-Regierung stärken."

DIDF Stuttgart, Spreuergasse 45, 70372 Stuttgart, didf-bw@gmx.de

Silvesterdemo am 31.12.2011 in Stuttgart

Foto: Sebastian Ritter (Eigenes Werk) [GFDL, CC-BY-SA-3.0 oder CC-BY-2.5], durch Wikimedia Commons
Dieses Jahr gibt es zwei Aufrufe zu einer revolutionären Silversterdemo in Stuttgart. Wir zitieren mal:

"(...) Das Jahr 2011 war geprägt von vielfältigen und kämpferischen linken Mobilisierungen. Mit dem Widerstand gegen Nazis und Rassisten, gegen Kriegstreiber und -profiteure, sowie mit klassenkämpferischen Aktionen gegen die Krisenpolitik der Herrschenden und für die Überwindung des Kapitalismus, konnten Kämpfe weiterentwickelt und linke Bewegungen gestärkt werden.

Viele der Aktivitäten hatten jedoch mit einem ausufernden Problem zu kämpfen: Staatliche Repression in verschiedensten Formen. Die staatlichen Kriminalisierungsversuche gegen linken Widerstand nahmen gerade in unserer Region in den letzten Monaten immer umfassendere Ausmaße an. Die seit August andauernde Untersuchungshaft eines Stuttgarter Antifaschisten wegen antirassistischer Proteste stellt nur den Höhepunkt der Repression dar.

Die Angriffe und Provokationen von Staat und faschistischer Bewegung gegen die Bestrebungen für eine fortschrittlicher Gesellschaft können nicht unwidersprochen bleiben. Wo auch immer sie versuchen uns zu treffen, gilt es sich gemeinsam und solidarisch zu verteidigen und politisch zurückzuschlagen. Am Silvesterabend werden wir uns noch einmal in diesem Jahr die Straße nehmen und deutlich machen, dass wir uns weder einschüchtern, noch einmachen lassen. Auf die Straße gegen Klassenjustiz und für ein revolutionäres 2012! (...)"


Weiterlesen im Aufruf http://-‹silvesterdemo0711.-‹tk-‹ und im Interview zur Demo

"(...) Wir rufen alle auf, sich geschlossen, solidarisch und Spektren übergreifend an der diesjährigen Silvesterdemo in Stuttgart zu beteiligen. Mit diesem Aufruf zu einem libertären Block wollen wir uns nicht von anderen Gruppen und der Demo abgrenzen, sondern verstärkt in und aus unserem Spektrum heraus dazu mobilisieren, um so der Zersplitterung der Linken eine kraftvolle und kämpferische Demo gegenüber zu stellen. Faschisten, die herrschende Klasse und ihre Repressionsorgane müssen 2012 mit einem starken Bündnis aller fortschrittlichen und revolutionären Gruppen rechnen. (...)"

Weiterlesen im Aufruf "Hinein in den libertären Block!"

Offener Brief des Auschwitz-Komitees an die Regierenden

Offener Brief des Auschwitz-Komitees an die Regierenden

Wir, die letzten Zeugen des faschistischen Terrors, rufen auf: [...]

Aus der Erfahrung unseres Lebens sagen wir: Nie mehr schweigen, wegsehen, wie und wo auch immer Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit hervortreten! Erinnern heißt handeln!

(Esther Bejarano, Vorsitzende des Auschwitz-Komitees)

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

sehr geehrte Damen und Herren,

in großer Sorge wenden wir uns heute an Sie. Antisemitische, rassistische und neofaschist-ische Ideologie und Praxis finden Akzeptanz bis in die Mitte der Gesellschaft. Sie, die Regie­renden, tragen Mitverantwortung an den “deutschen Zuständen- heute, an der Ökonomisie­rung des Denkens, an der Entsolidarisierung der Gesellschaft, und, daraus folgend, an der sozialen Spaltung, die Ängste schürt. Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit haben heute wieder Konjunktur in Deutschland.

1. In Zeiten, in denen hierzulande mindestens zehn Menschen von einer rechten Terrorbande ermordet wurden, weil sie türkische und griechische Namen trugen und mindestens 13 Jahre lang der “nationalsozialistische Untergrund-/NSU unter den offensichtlich rechts zugedrück­ten Augen der Polizei, der Justiz und des Verfassungsschutzes wütete,

2. in Zeiten, da 182 Tote durch Gewalt von Nazis und Neonazis in den vergangenen 20 Jahren von den Regierenden scheinbar übersehen wurden, obwohl doch Ausstellungen wie „Opfer rechter Gewalt“ seit Jahren vielerorts gezeigt wurden, einschlägige Websites und Foren mit unendlicher Mühe von NGOs, Bürgerinitiativen und Opferverbänden ganz öffentlich zugänglich waren und sind,

3. in Zeiten, in denen selbst im Winter Menschen schon wieder nachts aus dem Schlaf gerissen und abgeschoben werden, Bürgerkriegsflüchtlinge, Roma, Familien mit Kindern, Alte und Kranke in elende Zustände gewaltsam verbracht werden, obwohl auch Überlebende des Holocaust, die im Exil Zuflucht fanden, immer wieder das Bleiberecht anmahnen,

4. in Zeiten, in denen ungeachtet zahlreicher Proteste, trotz Mahnungen von Überlebenden­organisationen, von den Zentralräten der Juden und der Muslime, von WissenschaftlerInnen die Fachministerin beratungsresistent bleibt. Fremdschämen müssen wir uns für die Ministerin Schröder, die mit ihrer so genannten “Extremismusklausel- Überlebendenorgani­sationen und seit Jahrzehnten ehrenamtlich arbeitende Initiativen gegen rechts mit dem Generalverdacht überzieht, nicht auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen. Bespitzelung und Verdächtigung statt Aufklärung und Anerkennung, Geld nur gegen Gesinnungs­schnüffelei -“ wie groß wird der Scherbenhaufen sein, den das Ministerium hinterlässt?,

5. in Zeiten, in denen schon wieder obrigkeitsstaatliches Denken Konjunktur hat, durch das Befolgen von Befehlen und Anordnungen selbst bei Frosttemperaturen mit Wasserwerfern auf Menschen geschossen wird, die in friedlichen Blockaden sich mutig auf die Straßen der Städte setzen, um marschierende Neonazis zu stoppen. Gegen die Tränengas in gesundheits­gefährdenden Mengen eingesetzt wird. Der Vertrauensverlust in demokra­tische Zustände ist kaum zu ermessen, wenn Demonstranten weggespritzt und anderweitig traktiert werden, Menschen bespitzelt, überwacht und ausgehorcht werden, Mobilfunkdaten missbraucht werden, Immunitäten von Abgeordneten aufgehoben werden,

6. in Zeiten, in denen selbst ein Shoa-Überlebender wie Ernst Grube, VVN-BdA-Vorsitzender in Bayern, vom Nachrichtendienst überwacht und als Zeitzeuge diskreditiert wird,

7. in Zeiten, in denen die NPD und neofaschistische Kameradschaften ganze Regionen zu “national-befreiten Zonen- erklären und die NPD immer noch nicht verboten ist

mischen wir uns ein und fordern Sie auf: Handeln Sie, jetzt!

Sieben Sofortmaßnahmen schlagen wir Ihnen vor:

1. Schluss mit der öffentlichen Subventionierung neofaschistischer Organisationen durch V-Leute, wir fordern gründliche und parlamentsöffentliche Aufklärung der Morde selbst sowie der Verfehlungen und Verstrickungen des Verfassungsschutzes und der Polizei in die Morde des „nationalsozialistischen Untergrunds“ und ähnlicher Geheimbünde

2. Schluss mit der Un-Kultur des Verdachts und der Gleichsetzung “Rot gleich Braun-, wir fordern gründliche und öffentliche Aufarbeitung aller Todesfälle durch rechte Gewalt in den vergangenen 20 Jahren

3. Schluss mit den Abschiebungen, Bleiberecht für alle, insbesondere für Rom und Sinti
4. Schluss mit den Verdächtigungen staatlich nicht kontrollierter Projekte und Initiativen gegen rechts!
5. Schluss mit der Gewalt gegen Menschen, die ihren eigenen Körper in friedlichen Sitzblockaden gegen Neonaziaufmärsche einsetzen, die großen Mut beweisen und unsere Hoffnung auf eine bessere Zukunft sind.
6. Schluss mit der Kriminalisierung und Überwachung
7. Schluss mit der Überwachung von Überlebenden des Holocaust, die Diskreditierung ihrer Zeitzeugenarbeit wie z.B. bei Ernst Grube in Bayern muss sofort beendet werden

Und Sie, Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel und die Bundesregierung fordern wir wiederum auf: Verbieten Sie endlich nach Artikel 139 Grundgesetz und entsprechend dem Potsdamer Abkommen die NPD und alle faschistischen Nachfolgeorganisationen, ihre Schriften, ihre Embleme, ihre Aktivitäten! Das sind wir den Millionen Opfern der faschistischen Verbrechen schuldig.

Bitte unterrichten Sie uns über Ihre Maßnahmen.

Mit freundlichen Grüßen

Esther Bejarano, Vorsitzende

Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland e.V.

Via Dresden-Nazifrei
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