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Als sie kamen. Eine künstlerische Annäherung an die Morde an Sinti und Roma Kindern im Nationalsozialismus mit anschließendem Gespräch

Die Collage aus der künstlerischen Annäherung zeigt verschiedene Episoden der Darstellung, aufgenommen bei der Premiere im Dezember 2023 im Lern- und Gedenkort Hotel Silber
Collage der künstlerischen Annäherung: Hotel Silber
Die Veranstaltung erinnert an die Morde an Sinti-Kindern im Nationalsozialismus und thematisiert die Verstrickung von Politik, Wissenschaft, Medizin, Kirche, Erziehung und Jugendämtern in den Völkermord an Sinti und Roma. Sie legt den Fokus auf die Verantwortung der Institutionen und der in diesen arbeitenden Menschen.

Am 9. Mai 1944 wurden aus dem katholischen St. Josefs-Pflegeheim in Mulfingen 39 Sinti-Kinder und -Jugendliche aus Württemberg von der Polizei abgeholt und in einem Postbus zum Abstellgleis des Bahnhofs Künzelsau gebracht. Nach 50 Stunden Fahrt trafen die Kinder am 12. Mai 1944 im Konzentrationslager Auschwitz ein. Bis zum 2. August 1944 fielen 35 der Kinder dem nationalsozialistischen Völkermord an den Sinti und Roma zum Opfer – insgesamt wurden 500.000 Menschen ermordet.

Die künstlerische Annäherung, die in der Erlöserkirche in verschiedenen Räumen stattfindet, kreiert einen Sprach– und Klangraum, in dem verschiedene Menschen eine Stimme, einen Körper oder eine Musik durch die Ausführenden erhalten. Der Fokus liegt dabei auf der Verantwortlichkeit der Institutionen und der in ihnen arbeitenden Menschen; Menschen, die für die systematische Durchführung des Völkermordes in Politik, Gemeindeverwaltung, Wissenschaft, Erziehung, Medizin, Polizei, Kirche und Jugendämtern im nationalsozialistischen Deutschland von 1933-1945 verantwortlich waren.

Das Gespräch im Anschluss ist ein wichtiger Teil der Performance und ermöglicht einen öffentlichen Rahmen, um auch über gegenwärtige Entwicklungen in unserer Gesellschaft zu sprechen.

Manche Inhalte der Performance sind möglicherweise für Menschen, die oder deren Familien traumatischen Erlebnissen ausgesetzt waren, belastend, verletzend oder retraumatisierend.

Die Künstlerinnen bitten Sie, auf sich zu achten und selbstbestimmt zu entscheiden, ob Sie sich mit den Themen und Darstellungen auseinandersetzen möchten.

Künstler*innen:


• Yahi Nestor-Gahé – Künstl. Leitung; Tanz; Performance; Raum
• Dorothea Lanz – Künstl. Leitung; Performance; Textfassung, Raum
• Matthias-Schneider-Hollek – Elektr. Komposition, Musik
• Winfried Stürzl – Cello

Gespräch mit dem Publikum:


Daniel Strauß, Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma in BW,

Dr. Michael Blume, Beauftragter der Landesregierung BW gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben, Karl-Eugen Fischer, Pfarrer, ev. Kirchengemeinde Stuttgart-Nord, Christine Göttler-Kienzle, Gemeindereferentin kath. Kirchengemeinde St. Georg, Silke Stürmer, Pfarrerin, Beauftragte der ev. Landeskirche für die Zusammenarbeit mit Sinti und Roma

Mit freundlicher Unterstützung durch:

Staatsministerium Baden-Württemberg, Ev. Kirchengemeinde Stuttgart-Nord, Kath. Kirchengemeinde St. Georg, Freie Tanz und Theaterszene Stuttgart, Produktionszentrum Tanz + Performance e.V

Rahmenveranstaltung des Stuttgarter Wissenschaftsfestivals 2024

Eine Produktion im Rahmen des Projektes StolperKunst der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V. in Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg. Ort der Premiere im Dezember 2023 war der Lern- und Gedenkort Hotel Silber.


Höre, Israel

Als wir verfolgt wurden
war ich einer von euch
Wie kann ich das bleiben
wenn ihr Verfolger werdet?
Eure Sehnsucht war
wie die anderen Völker zu werden
die euch mordeten
Nun seid ihr geworden wie sie
Ihr habt überlebt
die zu euch grausam waren
lebt ihre Grausamkeit
in euch jetzt weiter?

Den Geschlagenen habt ihr befohlen:
»Zieht eure Schuhe aus«
Wie den Sündenbock habt ihr sie
in die Wüste getrieben
in die große Moschee des Todes
deren Sandalen Sand sind
doch sie nahmen die Sünde nicht an
die ihr ihnen auflegen wolltet
Der Eindruck der nackten Füße
im Wüstensand
überdauert die Spur
eurer Bomben und Panzer

Erich Fried, Juni 1967 "Anfechtungen"
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