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Terror in Solingen: Bekämpfung der Ursachen notwendig

Das Logo zeigt die Region Kurdistan, dahinter die gelbe Sonne darunter KON-MED und die Jahreszahl 2019. Das Logo ist umrahmt von Ähren.
Logo KON-MED – Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e. V.
Als Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland (KON-MED) sind wir bestürzt über den islamistischen Terroranschlag von Solingen. Unser tiefes Mitgefühl und unsere Anteilnahme gelten den Angehörigen der Opfer und allen Betroffenen.

Der Anschlag zeigt einmal mehr, dass der sog. Islamische Staat und seine menschenverachtende Gesinnung keineswegs besiegt sind, sondern noch immer, auch hier in Deutschland, eine akute Gefahr darstellen. Diese Entwicklung stellt eine ernste Herausforderung für unsere Gesellschaft dar. Es gilt daher, die richtigen Schlüsse aus diesen schrecklichen Ereignissen zu ziehen.

Als Kurd:innen, deren Geschichte durch islamistische und rassistische Gewalt schwer geprägt und destabilisiert wurde, warnen wir bereits seit vielen Jahren vor dem Erstarken rechter Ideologien und islamistischer Strukturen auch in Deutschland. Es war die kurdische Bevölkerung im Norden Syriens und des Iraks, welche in den vergangenen Jahren am meisten unter dem Terror der Dschihadisten hat leiden müssen. Es waren kurdische Verbände, welche gemeinsam mit ihren regionalen Verbündeten und mit der Unterstützung der Internationalen Koalition den Vormarsch islamistischer Banden in Syrien und dem Irak gestoppt und das selbsternannte Kalifat unter enormen Anstrengungen und hohem Blutzoll zu Fall gebracht haben. Das NATO-Mitglied Türkei hingegen ließ die Dschihadisten des Islamischen Staates von Anfang an gewähren und wurde nachgewiesenermaßen zum wichtigsten Transitland für Kämpfer der Terrormiliz. Hochrangige IS-Funktionäre, unter ihnen auch der ehemalige IS-Führer Abu Bakr al-Baghdadi, wurden bei Einsätzen der Internationalen Koalition in den von der Türkei besetzten Regionen Syriens getötet. Der türkische Präsident Erdogan schreckt weiterhin nicht davor zurück, islamistische Milizionäre bei seinen Angriffen gegen die selbstverwalteten Regionen Nord- und Ostsyriens einzusetzen.

Auch seit der territorialen Zerschlagung des Kalifats im Frühjahr 2019 hat die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien mit ernstzunehmenden Schwierigkeiten zu kämpfen. So befinden sich rund 12.000 Militante und Kader des Islamischen Staates in den Gefängnissen der Selbstverwaltung in Haft. Zehntausende weitere Anhänger:innen der Terrormiliz, vor allem radikalisierte Frauen und Kinder, leben im Al-Hol-Camp unter Aufsicht der inneren Sicherheitskräfte Nord- und Ostsyriens. Unter den gefangenen Terroristen befinden sich auch zahlreiche ausländische Kämpfer, darunter auch Angereiste aus der Bundesrepublik Deutschland. Die Forderung der Selbstverwaltung nach einer Rückführung der ausländischen IS-Anhänger sowie der Ruf nach einem internationalen Tribunal zur Verurteilung der Kämpfer wurden nahezu vollständig ignoriert. Die Weltgemeinschaft hat die Menschen Nord- und Ostsyriens allein und ohne Unterstützung zurückgelassen. Dabei ist völlig klar, dass die radikalisierten und kampferprobten Kämpfer eine tickende Zeitbombe darstellen. In Anbetracht der immensen Leistungen der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien im Kampf gegen den Islamischen Staat wäre es höchste Zeit, sie offiziell anzuerkennen und bei einer Lösung des Problems zu unterstützen. Die Bundesrepublik Deutschland könnte hierbei eine Vorreiterrolle einnehmen.

Statt mit Debatten über Asylrechtsverschärfungen und Massenabschiebungen den Diskurs immer weiter nach rechts zu verschieben und Hass und Hetze gegen Migrant:innen zu schüren, wäre es sinnvoller zu fordern, dass sich die deutschen Sicherheitsbehörden endlich auf die konsequente Bekämpfung islamistischer Akteure wie den Islamischen Staat und andere konzentrieren. Während Unmengen an Steuergeldern und Personal aufgewandt werden, um kurdische Aktivistinnen und Aktivisten im Auftrag der türkischen Regierung zu überwachen und strafrechtlich zu verfolgen, können Graue Wölfe und islamistische Gruppierungen aller Couleur ungestört ihre Propaganda in Deutschland unter die Massen bringen.

Die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien und die kurdische Bewegung sind heute nicht nur ein Bollwerk der Demokratie, sondern auch der einzige Garant für Stabilität und einen bleibenden Frieden in der Region. Wer sicherstellen möchte, dass menschenverachtende Organisationen wie der Islamische Staat nicht noch einmal erstarken können, muss diese Realitäten anerkennen, die Menschen Nord- und Ostsyriens in ihrem Kampf gegen den Terror unterstützen und auch hierzulande konsequent gegen die islamistischen Umtriebe vorgehen.

Emine Ruken Akca und Kerem Gök, Co-Vorsitzende KON-MED e.V.

Quelle: KON-MED e.V.

Erklärung von PRO ASYL zum Anschlag von Solingen

Das Foto zeigt eine Demo mit einer Frau, die eine Pro Asyl Tafel mit dem Text "Hand in Hand gegen Rassismus"  hoch hält.
Foto: Pro Asyl, Screenshot vom Tätigkeitsbericht 2024
Drei Tote und acht zum Teil sehr schwer verletzte Menschen – PRO ASYL trauert um die Opfer von Solingen. Dass ein „Festival der Vielfalt“, dies war das Motto des Solinger Stadtfestes, zum Ziel eines islamistischen Attentats wurde, erschüttert uns alle, die wir für eine demokratische und offene Gesellschaft einstehen. Islamistische Gewalt greift unsere Werte und unsere Freiheit an. Ein friedliches und zukunftsfähiges Zusammenleben ist nur miteinander möglich. Der Attentäter von Solingen wollte genau dies verhindern.

PRO ASYL erinnert daran: Flüchtlinge suchen oft genau vor der islamistischen Gewalt Schutz, der wir in Solingen begegnet sind. Und wir fordern: Gegen islamistische Terroristen muss mit allen Mitteln des Rechtsstaats vorgegangen werden.

Wer vor Terror, Gewalt und Verfolgung flieht, braucht Schutz. Zurzeit werden jedoch Stimmen laut, die ein Ende der Flüchtlingsaufnahme aus Afghanistan und Syrien fordern. Bundesdeutsche Grenzen sollen geschlossen und Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien forciert werden. Der „Jetzt reicht es“-Vorschlag des CDU- Parteichefs Friedrich Merz ist eindeutig verfassungswidrig und mit dem EU-Recht unvereinbar. Er verstößt zudem gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention, ist zutiefst unmenschlich und spaltet unsere Gesellschaft.

PRO ASYL warnt: Die politischen Verantwortlichen in der demokratischen Mitte dürfen nicht in einen Überbietungswettbewerb mit den Rechtsextremen und Völkischen eintreten. Es ist unerträglich, Schutzsuchende aus Afghanistan und Syrien unter einen Generalverdacht zu stellen. In Deutschland leben über 1,3 Millionen Geflüchtete aus diesen beiden Herkunftsländern. Ein Attentäter, der vermutlich im Auftrag des IS (Islamischer Staat) gemordet hat, kann und darf diese Menschen nicht diskreditieren. Vielmehr sollte die Politik jetzt die Strukturen in unserem Land stützen, die sich seit Jahren gegen Extremismus jeglicher Art einsetzen und endlich das Demokratiefördergesetz auf den Weg bringen.

Zu den Forderungen aus der Ampel- Koalition und der CDU/CSU, nach Afghanistan und Syrien abzuschieben, stellt PRO ASYL fest: Das Völkerrecht verbietet eindeutig jegliche Abschiebungen in diese Herkunftsstaaten. In beiden Ländern drohen Folter und unmenschliche Strafen. Das Folterverbot gilt absolut und für jeden (siehe auch: Gerade jetzt: Rechtsstaat stärken! Völkerrechtswidrige Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien sind damit unvereinbar | PRO ASYL).

Eine Welt, in der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte erodieren, ist das Ziel von Islamisten und Rechtsextremisten. Die Toten und Verletzten waren noch nicht geborgen, da setzten bereits die Instrumentalisierungsversuche der Rechtsextremisten und Völkischen ein. Wir müssen nun zusammenstehen und gemeinsam für unsere Freiheitsrechte eintreten.

Quelle: Pro Asyl Pressemitteilung 26.08.2024
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