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Heute vor 210 Jahren: Geburt von Michail Bakunin

Michail Bakunin auf einer Fotografie von Nadar,
Michail Bakunin auf einer Fotografie von Nadar,
Am heutigen 30. Mai 1814 wird der russische anarchistische Aktivist und Philosoph Michail Bakunin geboren. In den 1840er Jahren lernt er in Paris Marx und Proudhon kennen, die ihn schon früh beeinflussen. Später wurde er aus Frankreich ausgewiesen, weil er sich der russischen Besetzung Polens widersetzte. 1849 verhafteten ihn die Behörden in Dresden wegen seiner Teilnahme am tschechischen Aufstand von 1848. Sie deportierten ihn zurück nach Russland, wo die Behörden ihn einkerkerten und 1857 nach Sibirien verbannten. Während seiner Gefangenschaft verlor er aufgrund von Skorbut alle seine Zähne. Schließlich konnte er jedoch fliehen und gelangte nach England.

1868 trat er der Internationalen Arbeiterassoziation bei und führte die schnell wachsende anarchistische Fraktion an. Er plädierte für Föderationen von selbstverwalteten Betrieben und Kommunen, die den Staat ersetzen sollten. Damit stand er im Gegensatz zu Marx, der dafür plädierte, dass der Staat zur Verwirklichung des Sozialismus beitragen sollte. Dennoch stimmte er mit Marx' Klassenanalyse überein. Dennoch wurde Bakunin 1872 aus der Internationale ausgeschlossen.

Bakunin starb 1876 in Bern, Schweiz. Er beeinflusste anarchistische Bewegungen in der ganzen Welt, insbesondere aber in Italien und Spanien. Er beeinflusste auch die IWW, Noam Chomsky, Peter Kropotkin, Herbert Marcuse und Emma Goldman.

Die schönsten Attentate des letzten Jahrhunderts Nr. 7: Operation Anthropoid - Attentat auf Heydrich

Das Foto zeigt Heydrichs Wagen Mercedes-Benz W 142 nach dem Attentat vom 27. Mai 1942
Heydrichs Wagen Mercedes-Benz W 142 nach dem Attentat vom 27. Mai 1942
Reinhard Heydrich war ein deutscher SS-Obergruppenführer und General der Polizei, Leiter des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) ab 29. September 1941 als stellvertretender Reichsprotektor in Böhmen und Mähren für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich, von Hermann Göring mit der „Endlösung der Judenfrage“ beauftragt, war einer der Hauptorganisatoren, leitete am 20. Januar 1942 in Berlin die Wannseekonferenz, wo die Vernichtung der im deutschen Machtbereich lebenden Juden besprochen und koordiniert wurde.

Am Mittwoch, den 27. Mai 1942, gegen 10.35 Uhr, wurde der Wagen Heydrichs in einer Haarnadelkurve des Prager Vororts Liben von zwei bewaffneten Männern attackiert. Wenige Tage später verstarb Heydrich im Krankenhaus an den Verletzungen, die er sich bei dem Attentat zuzog. Mit diesem erfolgreichen Anschlag auf einen der maßgeblichen Vorbereiter des Holocaust und Schlüsselfigur des Staatsterrors im Dritten Reich war sowohl Mythos als auch Bann der Unverwundbarkeit der NS-Führungsriege gebrochen. Dieser Umstand muss für den Widerstand gegen die Nazityrannei von großer Bedeutung gewesen sein. Mehrere Attentate auf Hitler schlugen fehl und Heydrich unterließ während seiner Prager Zeit nichts, um den tschechoslowakischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus mit aller Härte zu bekämpfen.

Quellen zur Vertiefung:

Besten Dank an H. für den Hinweis und die Links!


Schorndorf: Der Aufstieg der Rechten – eine Veranstaltung mit Sebastian Friedrich

Das Sharepic zeigt Bernd Höcke bei einer Kundgebung mit erhobenem rechten Arm. Die Geste kann als Hitlergruß verstanden werden.Seit den Enthüllungen der Correctiv-Recherche wird quer durch die Parteienlandschaft über einen Umgang mit der AfD debattiert, gerade auch im Hinblick auf die anstehenden Europa- und Kommunalwahlen.

Denn die „Alternative für Deutschland“ hat sich fest etabliert, sitzt in fast allen Länderparlamenten, im Bundestag und hat gute Chancen, in den anstehenden Wahlen erhebliche Erfolge einzufahren.

Auch im Rems-Murr-Kreis hat sich die AfD mit ihrer rechten Sozialdemagogie mittlerweile fest etabliert – mehreren Abspaltungen zum Trotz.
Gerade diese Abspaltungen als Resultat innerer Linienkämpfe festigen Schritt für Schritt die führende Rolle des faschistischen „Flügels“ innerhalb der Gesamtpartei.

Aber wie ist der Aufstieg dieser Partei zu erklären und welche gesellschaftlichen Ursachen liegen dem Erfolg zugrunde?

Der Vortrag von Sebastian Friedrich liefert eine kompakte Darstellung der Strömungen und Strategien der AfD. Er zeigt in welcher Weise die soziale Frage von rechts beantwortet wird und ordnet den Aufstieg der Rechten in gesellschaftliche Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte ein.

Die Veranstaltung wird in Kooperation des Schorndorfer Bündnis gegen Rassismus und Rechtsextremismus, dem Bündnis Zusammen gegen Rechts Rems-Murr und dem Club Manufaktur organisiert. Im Anschluss an den Vortrag wird es die Möglichkeit geben Fragen zu stellen und gemeinsam zu diskutieren.

Sebastian Friedrich ist Journalist und Autor aus Hamburg. Er arbeitet als Fernsehautor, macht Radiofeatures und schreibt Artikel und Bücher. Seit mehr als 15 Jahren beobachtet er das rechte Projekt und arbeitet regelmäßig für die Wochenzeitung Der Freitag und das ARD-Magazin Panorama. Seine Analysen veröffentlichte er in mehreren Büchern, etwa in «Die AfD – Analysen, Hintergründe, Kontroversen», das in mehreren Auflagen erschienen ist, zuletzt 2019.

Quelle: Club Manufaktur / Zusammen gegen Rechts Rems-Murr

Freiburg: Adbusting-Aktion gegen die AfD

Das Foto zeigt die Interpretation eines Wahlplakates der AfD auf dem Mittelstreifen einer Straße mit einer Ampel als Motiv sowie dem Text: "Wir Hetzen - die Ampel schiebt ab - Zwei Seiten einer Medaille, darunter in der linken Ecke unten der Text "Konsequent gegen Rechts, auf der rechten Ecke gegenüber: "AfD abwählen!!""
Quelle: Gemeinsam Kämpfen - Kommunistische Gruppe Freiburg
Anlässlich der am 9. Juni 2024 stattfindenden Europa-, Gemeinderats- und Ortschaftsratswahlen wurden gestern von der Gruppe „Gemeinsam Kämpfen“ im gesamten Stadtgebiet in Freiburg Plakate in Leuchtreklamekästen aufgehängt. Die Plakate ähneln stark den aktuellen AfD-Wahlplakaten. Doch auf den zweiten Blick ist erkennbar, dass statt der aktuell überall präsenten Wahlwerbung Plakate aufgehängt wurden, die mit dem Slogan „Die AfD hetzt, die Ampel schiebt ab – Zwei Seiten derselben Medaille“ nicht nur auf die rechten Inhalte der AfD, sondern auch auf die der Regierungsparteien aufmerksam machen soll.

Bereits in den letzten Jahren wurden zu den Wahlen ähnliche Plakate gegen die AfD aufgehängt. In diesem Jahr richtet sich die Aktion jedoch nicht nur gegen die AfD, sondern nimmt auch die Ampelpartien in den Blick.
Und das, obwohl sich diese Parteien im aktuellen Wahlkampf gegen Rechts positionieren und z.B. die Partei „Die Grüne“ mit dem Slogan „Mach Nazis ein Kreuz durch die Rechnung“ zur Wahl aufruft.

Nils Bornstedt, Pressesprecher von Gemeinsam Kämpfen, erklärt die Aktion wie folgt: „ Die Forderungen der AfD unterscheiden sich häufig nur in Härte und Wortwahl von der Politik der Ampel. Das sogenannte "Rückführungverbesserungsabkommen" ist hierfür das naheliegendste Beispiel: Wenige Tage, nachdem die Deportationsfantasien von AfD und Co. an die Öffentlichkeit gerieten, verabschiedete die Bundesregierung ein Gesetz, das einen massiven Eingriff in die ohnehin schon eingeschränkten Grundrechte von Geflüchteten darstellt. Im Gegensatz zur AfD braucht die Bundesregierung kein Geheimtreffen, um die massenhafte Entrechtung von Menschen zu diskutieren und rassistische Politik konkret umzusetzen“.

Stattdessen fordert Gemeinsam Kämpfen ein konsequentes Vorgehen gegen die aufkommende rechte Welle Dafür sei es wichtig, auf die Straße zu gehen und etwas gegen die Wahlerfolge der AfD zu unternehmen. Um diese Welle zu stoppen, reiche es jedoch nicht aus, alle paar Jahre nicht die AfD zu wählen – es müsse eine echte Perspektive jenseits von Unterdrückung, Ausbeutung und Rassismus erkämpft werden.

Mehr Infos zur Aktion.
Quelle: Pressemitteilung

Revolutionäre 1. Mai-Demonstration 2024

Das Foto zeigt ein Fronttransparent mit dem Text: "Es lebe der evolutionäre 1. Mai! - Konzerne enteignen - Kriegstreiber entwaffnen - Kapitalismus zerschlagen" Dahinter ein Hochtransparen mit dem Text "Krieg dem Krieg - Sozialismus oder Barbarei" dazwischen lauffen teils vermummte Personen mit roten Fahnen
Foto: © heba / Umbruch Bildarchiv
Rund 15.000 Menschen beteiligten sich an der revolutionären 1. Mai-Demonstration durch Berlin-Neukölln, die zum ersten Mal seit Jahren ohne größere Zwischenfälle bis zum Ende durchgeführt werden konnte.

Zu den Fotos beim Umbruch Bildarchiv.

Die diesjährige 1. Mai-Demonstration wirkte wie eine Anti-Kriegs-Demonstration. In fast allen Blöcken, die vom Südstern aus durch Berlin-Neukölln führte, wurde speziell Freiheit für Palästina und ein Ende des Krieges in Nahost gefordert. Ausdruck der Solidarität angesichts zehntausender ziviler Opfer, hunderttausender Menschen, die derzeit ohne ausreichende Nahrung und Versorgung in Gaza vom Hungertod bedroht sind und einer – trotz weltweiter Warnungen – drohenden militärischen Intervention der israelischen Armee in Rafah.

Unübersehbar war jedoch auch die einseitige Ausrichtung der diesjährigen Demonstration: Mietenkämpfe, Klimapolitik, Rechtsruck, Abbau des Sozialstaats oder soziale Spaltung  kamen so gut wie nicht vor. Viele linke, autonome und linksradikale Gruppen, Mieter*initiativen und Stadtteilgruppen, die bei früheren 1. Mai-Demos das Bild bestimmten, haben sich aus der Demonstration herausgehalten – Ausdruck der derzeitigen Spaltung innerhalb der Linken angesichts einer zumindest undeutlichen Abgrenzung vieler bisheriger Pro-Palästina-Demos zu den Gewalttaten und Politik der Hamas.
Banner wie: „Weder Hamas noch Netanjahu – Freiheit für Palästina und Israel!“, die z.B. auf der Pro-Palästina-Demonstration am 4. November 2023 gezeigt wurden, waren dieses Mal nicht zu sehen.

Weitere Ereignisse zu diesem Thema
Weitere Fotos im alten Bildarchiv (1980 - 2018)Links

70 Jahre Schlacht um Điện Biên Phủ: Niederlage Frankreichs

Gestern vor 70 Jahren endete die Schlacht um Điện Biên Phủ. Sie "gilt als die entscheidende Schlacht des Französischen Indochinakrieges zwischen den Streitkräften Frankreichs einschließlich der Fremdenlegion und den Truppen der vietnamesischen Unabhängigkeitsbewegung Việt Minh. Der Kampf um die französische Festung im Kreis Điện Biện nahe der damaligen Kreisstadt Điện Biên Phủ begann am 13. März 1954 und endete am 8. Mai mit der Niederlage der Franzosen, die das Ende des französischen Kolonialreiches in Indochina besiegelte (ehemals Französisch-Indochina, heute Vietnam, Laos und Kambodscha). Den Việt Minh gelang es vor allem durch menschliche Arbeitskraft, die notwendige Logistik für eine Artillerieüberlegenheit gegenüber den aus der Luft versorgten Franzosen herzustellen. Dadurch konnten sie die Franzosen, die mit einer solchen Leistung ihrer Gegner nicht gerechnet hatten, größtenteils von der Luftversorgung abschneiden und nach wenigen Monaten die Befestigungen um Điện Biên Phủ einnehmen. Ein großer Teil der in Gefangenschaft geratenen Soldaten starb in Gewahrsam der Việt Minh." Wikipedia

Das Bild zeigt das Cover des Buches
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Zur ergänzenden Lektüre empfehlen wir den Artikel "Die größte Schlacht. Vom Kriegsschauplatz zum Gedenkort und Touristenmagnet. Dien Bien Phu vor 70 Jahren und heute" von Hellmut Kapfenberger. Er war zwischen 1970 und 1973 für den Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienst (ADN), der Nachrichtenagentur der DDR, und für Neues Deutschland Korrespondent in Hanoi. Er ist Autor des Buchs »Vietnam 1972. Ein Land unter Bomben. Mit Notizbuch und Kamera im Norden unterwegs«, das im vergangenen Jahr im Verlag Wiljo Heinen erschien.

"In der Sozialistischen Republik Vietnam wird schon seit Anfang März in vielfältiger Weise des Sieges in der Schlacht von Dien Bien Phu am 7. Mai 1954 gedacht. Nicht nur am Schauplatz jenes dramatischen Geschehens nahe der Grenze zu Laos, sondern auch an vielen anderen Orten des gebirgigen vietnamesischen Nordwestens, die seinerzeit als Hinterland eine wichtige Rolle beim Sieg über ein kampfstarkes französisches Expeditionskorps spielten, wie überhaupt im ganzen Land lebt die Erinnerung daran, dass vor 70 Jahren die 1945 errungene, von Frankreich sofort in Frage gestellte Unabhängigkeit der einstigen indochinesischen Kolonie unter großen Opfern bewahrt werden konnte.

Nach 55 Tagen und Nächten schwerer, für beide Seiten verlustreicher Kämpfe mit Artilleriekanonaden, Bombenangriffen und erbitterten Gefechten am Boden, schwiegen an jenem Tag Anfang Mai auf der Hochebene der Gebirgsprovinz Lai Chau die Waffen. Der extrem dünn besiedelte Landstrich etwa 200 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Hanoi mit dem kleinen Ort Dien Bien Phu als Zentrum war von Granaten und Bomben umgepflügt, mit Leichen bedeckt, von Kriegsschrott aus Stahl und Beton übersät. Ruhe lag nun über dem Ort wochenlangen Gemetzels. An drei Seiten von schroffen, dicht bewachsenen Bergen gerahmt, nur zur nördlichsten laotischen Provinz Phongsali hin halbwegs problemlos zugänglich, war das Terrain zum Schauplatz der entscheidenden und schwersten Schlacht zwischen dem französischen Expeditionskorps und der vietnamesischen Volksarmee geworden. Ihr Ausgang markierte das Ende des französischen Rückeroberungsfeldzugs.

70 Jahre später ist Dien Bien Phu ein Touristenmagnet. Heute kommen jährlich Hunderttausende einheimische und ausländische Besucher, im vorigen Jahr waren es schon fast eine Million, auch hochbetagte vietnamesische und französische Kriegsveteranen. Die stetig wachsende Stadt Dien Bien Phu ist zum Hauptort der seit 2003 bestehenden wirtschaftlich prosperierenden Provinz Dien Bien geworden. Deren nunmehr rund 630.000 Einwohner setzen sich zu mehr als 80 Prozent aus Thai, Hmong (Meo), Dao und 16 weiteren ethnischen Minderheiten zusammen und siedeln auf einer Fläche von rund 8.500 Quadratkilometern.
Frankreichs Festung

Frankreichs Präsident Charles de Gaulle hatte Ende 1946 mit logistischer Unterstützung Großbritanniens ein von den USA ausgerüstetes Expeditionskorps formiert und in Marsch gesetzt. Die Militäroperation erfolgte in der Absicht, die 1945 verlorene, im Gefolge der siegreichen Augustrevolution zur Demokratischen Republik Vietnam (DRV) gewordene indochinesische Kolonialdomäne zurückzuerobern. Allmählich tief in das Land vorgestoßen, geriet die auch aus afrikanischen Kolonialtruppen und etlichen deutschen Fremdenlegionären bestehende Streitmacht nach einigen Jahren in eine äußerst prekäre Lage. Den jungen, von der Bevölkerung tatkräftig unterstützten und stetig erstarkenden Streitkräften der DRV gelang es im Laufe der Zeit trotz deutlicher materieller Unterlegenheit mehr und mehr, den Eindringlingen Kämpfe aufzuzwingen und Niederlagen zu bereiten. Immer größere Teile des Landes von den Küstenebenen bis in die Tiefen des nördlichen Hochgebirges an der Grenze zu China und nahe der Grenze zu Laos konnten sie freikämpfen. Auch große Gebiete des angrenzenden laotischen Nordens gingen für die Aggressoren verloren. Das am Ende fast gänzlich von den USA finanzierte Vorhaben einer neokolonialen Rückeroberung drohte zu scheitern. In dieser für Frankreich bedrohlichen Lage rückte Dien Bien Phu ins Zentrum, gelegen in einer Region allerdings, die für die Eindringlinge auf dem Landweg nur noch von Laos aus erreichbar war.

Die Gegend mit einem Anfang der 1940er Jahre von den Japanern nach der Eroberung Indochinas angelegten kleinen Feldflugplatz war bis dahin vom Krieg unberührt geblieben. Gemäß strategischer Überlegungen auf beiden Seiten sollte dieses Terrain mit einer Ausdehnung von etwa 20 mal acht Kilometern – erst seit November 1953 mit der Landung von Fallschirmjägern in französischer Hand – nun zum Austragungsort einer möglichst entscheidenden militärischen Auseinandersetzung werden. Aus französischer Sicht gab es für den Plan, Vietnams Truppen einen vernichtenden Schlag zu versetzen, in den wenigen noch selbst kontrollierten Gebirgsgebieten keinen besser geeigneten Ort mehr. Zudem meinte man, so die Kontrolle zunächst über Vietnams Nordwesten und den laotischen Norden zurückgewinnen zu können, um darauf aufbauend allmählich wieder in die Offensive zu gelangen. Das Kommando des Expeditionskorps und hochrangige US-amerikanische Berater im noch okkupierten Hanoi entschieden, im Raum Dien Bien Phu mit demonstrativer Offenheit eine waffenstarrende Stützpunktfestung zu errichten und die Vorbereitung einer Offensive vorzutäuschen. Das Kalkül war, wie später aktenkundig wurde, Vietnams Armeeoberkommando unter General Vo Nguyen Giap zur Verlegung der Hauptkräfte der Volksarmee in dieses Gebiet zu verleiten. In der nur schwer zugänglichen, wilden, teils von undurchdringlicher Vegetation überwucherten Gebirgswelt, die kaum Manövriermöglichkeiten bot, wollte man sie mit konzentriertem Artilleriefeuer und massiven Luftschlägen zermalmen, davon überzeugt, an diesem Ort die weitaus besseren Karten zu besitzen.

Über eine Luftbrücke, wie sie Indochina noch nie erlebt hatte, wurden ab Dezember 1953 gewaltige Mengen Baumaterial und -gerät, schwere Waffen und Tausende Soldaten herangeschafft. Auf der Hochebene entstand der größte Stützpunktkomplex in Indochina mit zwei leistungsstarken Feldflugplätzen. Die französischen Militärs und amerikanische Berater schätzten ihn als uneinnehmbar ein. Ende März waren in den mit Bunkern gespickten, von Grabensystemen durchzogenen, mit Minenfeldern und kilometerlang mit Stacheldraht gesicherten drei inneren Sektoren und in den stark befestigten Außenforts auf umliegenden Bergen 17 Infanterie- und drei Artilleriebataillone, Pioniertruppen, Panzereinheiten, Kampf-, Transport- und Aufklärungsflugzeuge konzentriert. Das Expeditionskorps hatte rund 20.000 Mann seiner schlagkräftigsten Einheiten zusammengezogen. Sein Chef General Henri Navarre tönte: »Nur in Dien Bien Phu und nirgendwo sonst werden wir den Sieg erringen.« Bei einer Blitzvisite vor Ort zeigte sich der Oberkommandierende der US-Streitkräfte im pazifischen Raum, General John O’Daniel, hinsichtlich der Perspektiven der geplanten Schlacht »enthusiastisch«. US-Vizepräsident Richard Nixon und Außenminister John Foster Dulles kreuzten in Hanoi auf. Im Golf von Bac Bo (Tonkin) gingen auf der Höhe der Hafenstadt Haiphong zwei Flugzeugträger vor Anker. (...)"

Weiterlesen in "junge Welt" vom 07. Mai 2024

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Der Schwur von Buchenwald

Das Plakat zeigt das befreite Konzentrationslager Buchenwald mit jubelnden Gefangenen
Plakat der VVN-BdA zum 8. Mai 1945 - Tag der Befreiung vom Faschsimus
Seit die militärische Niederlage des deutschen Faschismus absehbar war, diskutierten die Häftlinge verschiedener Konzentrationslager und faschistischer Haftstätten, welche politischen und gesellschaftlichen Konsequenzen im antifaschistisch–demokratischen Neubeginn gezogen werden müssten. Die Fehler aus der Weimarer Zeit, die Spaltung der Antifaschisten sollten vermieden werden, eine Orientierung, die ihre Basis in der Gemeinsamkeit des Überlebenskampfes hatte, sollte als politische Richtschnur gelten, um ein faschistisches Terrorregime in Zukunft zu verhindern. Aus den Tagen der Befreiung sind solche politischen Botschaften, z.B. das Manifest von Mauthausen oder das Manifest der deutschen Volksfront (Hermann Brill) bekannt.

Eine besondere Bedeutung hat in dieser Reihe der „Schwur von Buchenwald“. Er entstand als Appell zum Totengedenken am 19. April 1945 in Buchenwald. Er formuliert so prägnant wie kein anderer Text das Gemeinsame.

„Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht! Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“


Diesen Schwur der Überlebenden nahmen auch jene auf, die in den verschiedenen Ländern für einen antifaschistischen Neuanfang kämpften. Er blieb Orientierungshilfe in den Folgejahren im Kalten Krieg, als Konfrontation statt antifaschistischer Erneuerung dominierte. Auch heutige Generationen von Antifaschisten übernahmen die Verantwortung aus diesem Schwur. Er ist keine parteipolitische Botschaft, sondern eine Richtschnur für antifaschistisches Handeln über politische, weltanschauliche und religiöse Grenzen hinweg.

Der Schwur von Buchenwald

Kameraden! Wir Buchenwalder Antifaschisten sind heute angetreten zu Ehren der in Buchenwald und seinen Außenkommandos von der Nazi-Bestie und ihren Helfershelfern ermordeten 51 000 Gefangenen!
51 000 erschossen, gehenkt, zertrampelt, erschlagen, erstickt, ersäuft, verhungert, vergiftet, abgespritzt.
51 000 Väter-Brüder-Söhne starben einen qualvollen Tod, weil sie Kämpfer gegen das faschistische Mordregime waren.
51 000 Mütter und Frauen und Hunderttausende Kinder klagen an!
Wir lebend Gebliebenen, wir Zeugen der nazistischen Bestialität, sahen in ohnmächtiger Wut unsere Kameraden fallen.
Wenn uns eins am Leben hielt, dann war es der Gedanke: Es kommt der Tag der Rache!
Heute sind wir frei!
Wir danken den verbündeten Armeen der Amerikaner, Engländer, Sowjets und allen Freiheitsarmeen, die uns und der gesamten Welt den Frieden und das Leben erkämpfen.
Wir gedenken an dieser Stelle des großen Freundes der Antifaschisten aller Länder, eines Organisatoren und Initiatoren des Kampfes um eine neue, demokratische, friedliche Welt, F. D. Roosevelt. Ehre seinem Andenken!
Wir Buchenwalder, Russen, Franzosen, Polen, Tschechen, Slowaken und Deutsche, Spanier, Italiener und Österreicher, Belgier und Holländer, Engländer, Luxemburger, Rumänen, Jugoslawen und Ungarn, kämpften gemeinsam gegen die SS, gegen die nazistischen Verbrecher, für unsere eigene Befreiung.
Uns beseelte eine Idee: Unsere Sache ist gerecht – Der Sieg muß unser sein!
Wir führten in vielen Sprachen den gleichen harten, erbarmungslosen, opferreichen Kampf, und dieser Kampf ist noch nicht zu Ende. Noch wehen Hitlerfahnen! Noch leben die Mörder unserer Kameraden! Noch laufen unsere sadistischen Peiniger frei herum!
Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Appellplatz, an dieser Stätte des faschistischen Grauens:
Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht!
Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.
Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig. Zum Zeichen Eurer Bereitschaft für diesen Kampf erhebt die Hand zum Schwur und sprecht mir nach:
,WIR SCHWÖREN! ,

Buchenwald/Weimar 19.April 1945
Quelle: Das Jahr 1945 / Der Schwur von Buchenwald
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