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nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick

ARGENTINIEN
In Argentinien kämpfen Beschäftigte eines Getränkekonzerns ohne Unterstützung der Nahrungsmittelgewerkschaft gegen ihre Ent­lassung. Sie haben die Unterstützung anderer gesellschaftlicher und gewerkschaftlicher Gruppen, denen sie als Vorbild dienen.

„Ministerin und Polizei sind verantwortlich“: Der Jurist Roberto Cipriano über das Verschwinden des Aktivisten Santiago Maldonado in Argentinien

BOLIVIEN
Lernen gegen den Machismo: In Bolivien können Mädchen aus armen ländlichen Familien oft keine weiterführende Schule besuchen. Selbst der Schulweg ist häufig gefährlich, Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist weit verbreitet. Mit Gesetzesinitiativen versucht der Staat, der Gewalt entgegenzuwirken.

In Bolivien hat die von der Regierung eingesetzte Kommission zur Aufarbeitung der Diktatur ihre Arbeit aufgenommen. Bei einer Zusammenkunft zwischen den fünf Mitgliedern und der Militärführung des Landes sicherten diese ihre Kooperationsbereitschaft zu.

ECUADOR
Das Programm „Médico del Barrio“ (Gemeindearzt) soll das Gesundheitssystem in Ecuador revolutionieren und es zudem durch Präventionsstrategien entlasten. Dies betonte Präsident Lenín Moreno bei der Auftaktveranstaltung in Santa Elena, der Haupstadt der gleichnamigen Küstenprovinz im Westen des Landes.

KOLUMBIEN
Messe der Versöhnung geplant: Kolumbien bereitet sich auf den Besuch des Papstes vor. Die Regierung und die Guerilla ELN haben zum ersten Mal eine Waffenruhe [taz] vereinbart. Teile des Klerus sind jedoch gegen eine Aussöhnung [jW].

Der Neubeginn fiel feierlich aus. Mit einem großen Konzert auf der Plaza Bolívar, dem zentralen Platz in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá, hat die ehemalige Rebellengruppe FARC die Gründung ihrer neuen Partei FARC (Alternative Revolutionäre Kraft des Volkes) gefeiert.

Beim Gründungskongress der neuen Partei „Alternative Revolutionäre Kraft des Volkes“ (Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común) stimmten die Delegierten der Guerilla FARC-EP, der Milizen und der klandestinen Kommunistischen Partei (PC3) für die Beibehaltung des Namens FARC als revolutionäre Komponente ihrer Historie sowie der Zielsetzung, klar sozialistische und revolutionäre Elemente zu vertreten. Man wolle die Partei des einfachen Bürgers sein, des kolumbianischen Arbeiters, der Ausgeschlossen, Marginalisierten oder Misshandelten. Für sie soll die neue Partei die neue Kraft zur Entfaltung von Protest und Potenzial sein.

KUBA
Rund ein Jahr nachdem Hurrikan „Matthew“ über Kuba hinwegfegte, bewegt sich derzeit ein neues Sturmtief auf die Karibikinsel zu. Bei „Irma“ handelt es sich um den stärksten Atlantik-Hurrikan in der Geschichte der Aufzeichnungen.

Ausgerechnet eine staatliche Institution, die Universität Havanna, betreibt den ersten Inkubator zur Entwicklung innovativer Geschäftsideen in Kuba. Das von der Berliner Humboldt-Universität unterstützte Projekt ist ambitioniert: Es soll Kubas Innovations-Hub werden, also die zentrale Schnittstelle für Innovation, Forschung und Unternehmen. Jährlich sollen mehrere Firmen erfolgreich an den Markt gebracht werden.

MEXIKO
Feilschen um Billigproduktion: Nordamerikanischer Handelspakt NAFTA wird neu verhandelt. US-Präsident Trump will Produktion zurück ins Land holen -“ zu Lasten Mexikos

VENEZUELA
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Mittwoch zwei Vertreter des venezolanischen Oppositionsbündnisses Tisch der Demokratischen Einheit (MUD) empfangen. Parlamentspräsident Julio Borges und sein Vize Freddy Guevara besuchen derzeit Frankreich, Spanien, Deutschland und Großbritannien als geladene Gäste der Regierungen.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Einfach Übel und redblog, Ausgabe vom 08. September 2017

Staatlich betreute Morde und fünf Jahre NSU-“Aufklärung”

Für ein Zwischenfazit zu fünf Jahren NSU-"Aufklärung" gibt es keine bessere Einleitung als das Plädoyer der Bundesanwaltschaft vor dem Oberlandesgericht (OLG) München. Bevor Bundesanwalt Herbert Diemer am 25. Juli die Beweiserhebung im dortigen Prozess würdigte, ging er auf die Vorwürfe gegen die Anklagebehörde und andere staatliche Stellen ein:

"Eine Beweisaufnahme, die das politische und mediale Interesse nicht immer befriedigen konnte, weil die Strafprozessordnung dem Grenzen setzte. Rechtsstaatliche Grenzen, die verlangen, das Wesentliche vom strafprozessual Unwesentlichen zu trennen. So ist es schlicht und einfach falsch, wenn kolportiert wird, der Prozess habe die Aufgabe nur teilweise erfüllt, denn mögliche Fehler staatlicher Behörden und Unterstützerkreise -“ welcher Art auch immer -“ seien nicht durchleuchtet worden", sagte Diemer laut Wortprotokoll der Nebenklage. "Mögliche Fehler staatlicher Behörden aufzuklären ist eine Aufgabe politischer Gremien. Anhaltspunkte für eine strafrechtliche Verstrickung von Angehörigen staatlicher Stellen sind nicht aufgetreten."

Mit besonderem Eifer ging er auf den Mord­anschlag in Heilbronn 2007 ein, bei dem eine Polizistin getötet und einer ihrer Kollegen schwer verletzt worden waren.

"Der Anschlag auf die beiden Polizeibeamten war ein Angriff auf unseren Staat, seine Vertreter und Symbole. Die Auswahl der Personen selbst geschah auch hier willkürlich. Alle anderen Spekulationen selbsternannter Experten, die so tun, als habe es die Beweisaufnahme nicht gegeben, sind wie Irrlichter, sind wie Fliegengesumme in den Ohren", teilte Diemer aus.

Mit den "selbsternannten Experten" und "Irrlichtern" sind Mitglieder parlamentarischer Untersuchungsausschüsse, Nebenklageanwälte und einige wenige Journalisten gemeint, die zumindest die Widersprüche in der offiziellen Version nicht ausgeräumt sehen. Beschämend ist nicht nur das weitgehende Schweigen mancher Medien zu dieser Diffamierung, sondern vor allem auch das laute Sekundieren anderer: So warf etwa Welt-Autorin Gisela Friedrichsen am 4. August einer Gruppe von Opferanwälten vor, "eine Bühne zur Diskriminierung des Rechtsstaats" zu suchen.

Um so bemerkenswerter ist ein Kommentar von Andreas Förster am 1. August in der Frankfurter Rundschau (FR): "Was hat die Bundesanwaltschaft nur geritten? (...) Sehen sich die Ankläger einem Korpsgeist bundesdeutscher Sicherheitsbehörden verpflichtet, die die eigenen Verfehlungen lieber vertuschen als sie ehrlich aufarbeiten? (...) Der Geheimdienst hatte nach dem Auffliegen des NSU im November 2011 in großem Stil Akten vernichtet, er hat Ermittlern -“ und Abgeordneten -“ Informationen gezielt vorenthalten, er hat sie vermutlich sogar belogen. Die Bundesanwaltschaft hätte daraufhin das Bundesamt in Köln durchsuchen können und wohl auch müssen. Aber das hat sie nicht getan, sondern klaglos die Vertuschungspraxis des Geheimdienstes hingenommen."

Weiter geht-™s:

Junge Welt vom 31.8.2017

Über Verführungen

Laßt Euch nicht verführen!
Es gibt keine Wiederkehr.
Der Tag steht in den Türen,
ihr könnt schon Nachtwind spüren:
Es kommt kein Morgen mehr.

Laßt Euch nicht betrügen!
Das Leben wenig ist.
Schlürft es in vollen Zügen!
Es wird Euch nicht genügen,
wenn Ihr es lassen müßt!

Laßt Euch nicht vertrösten!
Ihr habt nicht zu viel Zeit!
Laßt Moder den Erlösten!
Das Leben ist am größten:
Es steht nicht mehr bereit.

Laßt Euch nicht verführen
Zu Fron und Ausgezehr!
Was kann Euch Angst noch rühren?
Ihr sterbt mit allen Tieren
und es kommt nichts nachher.

Bert Brecht 1925

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick

ARGENTINIEN
Streit um Che Guevara-Denkmal in Argentinien: Liberale Stiftung will Monument aus Guevaras Geburtsstadt Rosario entfernen. Mit dabei ist die deutsche FDP-nahe „Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit“.

Santiago Maldonado bleibt verschwunden. Der 28-Jährige war bei einer Räumungsaktion in der argentinischen Provinz Chubut von Polizeikräften verschleppt worden. Mehrere Augenzeugen berichteten, wie Maldonado von Polizisten in ein Fahrzeug gesperrt und abtransportiert worden war.

BRASILIEN
Die brasilianische Arbeiterpartei PT (Partido dos Trabalhadores) hat in einer Stellungnahme das brasilianische Volk aufgerufen, sich der neoliberalen Politik der Regierung von De-facto-Präsident Michel Temer zu widersetzen und den „Ausverkauf“ des brasilianischen Staates nicht zu akzeptieren.

BOLIVIEN
Eine bolivianische Wirtschaftsdelegation unter Leitung des Vize-Energieministers Luis Alberto Echazu sowie des bolivianischen Botschafters in Berlin, Jorge Cardenas, besuchte kürzlich den Solarpark in Fischbach.

ECUADOR
In Ecuador sind weitere prominente Mitglieder der regierenden Linkspartei Alianza PAIS (AP) auf Distanz zu Präsident Lenín Moreno gegangen. Sein Berater Ricardo Patiño, die Leiterin des politischen Sekretariats Paola Pabón und der Berater für Fragen des Wohnungsbaus Virgilio Hernández erklärten am Freitag (Ortszeit) ihren Rücktritt von allen Ämtern.

GUATEMALA
In Guatemala will Präsident Jimmy Morales den Leiter der UN-Kommission gegen Straflosigkeit (CICIG) loswerden. Doch Iván Velásquez hat nur seine Arbeit gemacht und herausgefunden, dass im Wahlkampffonds von Morales Gelder aus dubiosen Kanälen gelandet sind.

KOLUMBIEN
Von der Guerilla zur Partei: In Bogotá gründen sich Kolumbiens FARC als legale Organisation neu. Doch der Friedensprozess ist weiter gefährdet

"Wir bleiben revolutionär". Aus der Eröffnungsrede von FARC-Comandante Timoleón Jiménez auf dem Kongress der bisherigen Guerillaorganisation in Bogotá

Die kolumbianische Organisation Misión Salud kämpft gegen Missstände und für bezahlbare Medikamente

KUBA
Am Samstag ist die erste Gruppe von Mitgliedern der ehemaligen Rebellenorganisation Farc aus Kolumbien nach Kuba geflogen, um dort Medizin zu studieren. Die zunächst ausgewählten 200 Hochschulaspiranten kommen aus den Übergangszonen der Farc oder vom Land und werden im September in Havanna ihre Ausbildung beginnen. Die kubanische Regierung hatte im März dieses Jahres Stipendien für insgesamt 500 Ex-Guerilleros und 500 Kleinbauern zugesagt.

URUGUAY
In Uruguay dürfen registrierte Konsumenten monatlich bis zu 40 Gramm Cannabis in Apotheken kaufen. Landesweit gibt es zwanzig Apotheken, die eine Zulassung für den Verkauf der Droge haben. Nun haben jedoch mehrere Finanzinstitute angekündigt, deren Konten zu sperren. Grund dafür sind internationale Vereinbarungen gegen Geldwäsche, die es den Banken untersagen, Konten zu führen, die mit Drogenhandel in Verbindung stehen.

VENEZUELA
Im Zuge des Konfliktes zwischen Venezuela und den USA haben weitere Akteure in Lateinamerika der linksgerichteten Regierung in Caracas den Rücken gestärkt. So positionierte sich der Lateinamerikanische Rat der Sozialwissenschaften (Clacso) in einem online verbreiteten Statement deutlich gegen die militärischen Drohungen und Sanktionen von US-Präsident Donald Trump gegen Venezuela. Das linksgerichtete Länderbündnis Alba kritisierte indes die jüngste Verschärfung der Sanktionen der USA gegen Venezuela.

In Venezuela hat eine Wahrheitskommission ihre Arbeit aufgenommen, um Ursachen und Konsequenzen der gewalttätigen Proteste der vergangenen Monate zu untersuchen.

Trump hat nun die fünfte Runde von Wirtschaftssanktionen gegen Venezuela verfügt, seit er im Amt ist. Obwohl vorherige Sanktionen sich als mehr Rauch als Feuer erwiesen haben, könnte diese Runde verheerend sein, wenn man das Weiße Haus beim Wort nimmt.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Einfach Übel und redblog, Ausgabe vom 01. September 2017

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