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Gegen die Kriminalisierung linker Medien!

Am 14. August 2017 verbot der Bundesinnenminister die Internetplattform linksunten.indymedia.org. Zuvor hatte der Verfassungsschutz die Internetseite zum „Sprachrohr für die gewaltorientierte linksextremistische Szene“ erklärt, um hierfür eine Begründung zu liefern. Das letztlich am 25. August vollzogene Verbot ist ein Akt der Zensur und ein Angriff auf die Medienfreiheit. Das kann und darf so nicht hingenommen werden.

Die Verbotsverfügung - ein politischer Angriff

In der Pressemitteilung vom 25. August erklärte der Bundesinnenminister „Wir gehen konsequent gegen linksextremistische Hetze im Internet vor“ und bezog sich dabei auf die Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg. Zu keinem Zeitpunkt wurde jedoch die Löschung einzelner Inhalte auf der Plattform versucht, sondern das komplette Portal kriminalisiert. linksunten.indymedia.org fungierte als Veröffentlichungsplattform für unterschiedlichste Aufrufe, Dokumentationen und Debatten der gesamten Linken. Das Verbot ist also ein gezielter Schlag gegen die gesamte Linke, der nicht zuletzt in das nach rechts offene Wahlkampfkalkül eines Ministers passt, der bereits für zahlreiche überwachungsstaatliche Verschärfungen und eine Aufrüstung des Repressionsapparates verantwortlich zeichnet.

Der Verfassungsschutz - vom Bock zum Gärtner

Besonders brisant im Kontext des Verbotes der Medienplattform Indymedia linksunten ist die Beteiligung des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Nicht zuletzt im Rahmen der Ermittlungen gegen die Naziterroristen des NSU wurde offensichtlich, dass es sich, vorsichtig ausgedrückt, um eine intransparent arbeitende Behörde handelt, die de facto keiner demokratischen Kontrolle unterliegt. Als Legitimationsbasis für ein Verbot von linksunten.indymedia lieferte das BfV eine Collage von Versatzstücken von auf der Seite veröffentlichten Texten. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund fragwürdig, dass die Behörde ein hohes Eigeninteresse an der Abschaltung der Webseite besaß. So wurden auf linksunten.indymedia zahlreiche kritische Recherchen über die Verstrickungen des Verfassungsschutzes in die rechte Szene oder über deren geheimdienstliche Praxis gegen die Linke veröffentlicht.

Die Betreibervereinigung - ein juristisches Konstrukt

Das Verbot von Medien fällt eigentlich nicht in die Zuständigkeit des Innenministers. Deshalb wurde kurzerhand ein Verein konstruiert, der hinter linksunten.indymedia stecke und so verboten werden konnte. Eine Medienplattform wurde über das Vereinsgesetz kriminalisiert. Dieses Vorgehen ist nicht nur juristisch unzulässig, es ist auch ein Türöffner zur künftigen willkürlichen Kriminalisierung unbequemer Medien. Hinter jeder Internetseite u.a. kann ein Verein konstruiert werden, über dessen Verbot nichts anderes als Medienzensur betrieben wird.

Solidarität - mit Indymedia linksunten!

Die Kriminalisierung von Indymedia linksunten ist zunächst ein Angriff gegen die gesamte Linke. Sie ist darüber hinaus ein Versuchsmodell, wie gegen unbequemen unabhängigen Journalismus vorgegangen werden kann. Es liegt an uns, Öffentlichkeit und politischen Druck zu erzeugen und diesen Angriff gemeinsam zu beantworten.

Wir fordern die sofortige Aufhebung der Verbotsverfügung gegen linksunten.indymedia.org!


Eine gemeinsame Erklärung von:


Organisationen: ...resist! Saarbrücken | 17grad - Medien für den Rest (Hamburg/München) | AGIF - Föderation der Arbeitsmigrant/innen in Deutschland | Anatolische Föderation e.V | Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS) | Antikapitalistische Linke München al[m] | Auf der Suche - Anarchistische Gruppe Nürnberg | Autonome Antifa Freiburg | Bunte Hilfe Marburg | Deutsche Kommunistische Partei (DKP) | Die Linke KV Stuttgart | ea freiburg | Ermittlungsausschuss Berlin | Ermittlungsausschuss Hamburg | Ermittlungsausschuss Wendland | FDJ-Gruppe Nürnberg | Freiheitskomitee für Musa Asoglu | Infoladen Salzburg | Infoladengruppe Tübingen | Initiative Bayerischer Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger e.V. | Initiative Klassenkampf (Stuttgart) | Initiative | Kurdistan Solidarität Stuttgart | Internationale Sozialistische Organisation (ISO) | Interventionistische Linke | IPAI (International Platform Against Isolation) | Kalenderredaktionskollektiv Kalinka-M.org | Kurdistan Solidaritäts-Komitee Kiel | LabourNet Germany | linksjugend [-šsolid] | marxistische linke e.V. | Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen (Berlin & Hamburg) | Netzwerk München, Betriebe und Projekte in Selbstverwaltung e.V. | North East Antifa (NEA) | Offenes Antifa Treffen Mannheim | Öku-Büro | organsierte autonomie | rechtshilfe salzburg | Redaktion ak - analyse & kritik | Redaktion des Gefangenen Info | Redaktion Graswurzelrevolution | Revolutionäre Aktion Stuttgart (RAS) | Roja (Revolutionär organisierte Jugendaktion) | Rojava Solidarity Tübingen | Rote Hilfe e.V. | Solidaritätskomitee für Grup Yorum | SoZ-Redaktion | Stuttgart gegen Rechts | Tayad Komitee | Trotz Alledem | verdi bezirkserwerslosenausschuß nürnberg | Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Kreisvereinigung Esslingen;

Einzelpersonen: Karin Petzsch | Lydia Trüten (IG Metall-Vertrauensfrau) | Susanne Dorer | Thomas Trüten (IG Metall Vertrauensmann, Blogger, linksunten Autor) | Tobias Pflüger (Stellvertretender Vorsitzender DIE LINKE und Vorstand Informationsstelle Militarisierung) | Uli Gellermann (Herausgeber der RATIONALGALERIE)

Kontakt über bundesvorstand@rote-hilfe.de


Spendenkonto

Für die Klagen gegen das Verbot und die Unterstützung der Betroffenen

  • Empfänger: Rote Hilfe OG Stuttgart
  • IBAN: DE66 4306 0967 4007 2383 13
  • BIC: GENODEM1GLS
  • Stichwort: linksunten

Feindanalysen

Herbert Marcuse in Newton, Massachusetts, 1955
Copyright: Marcuse family, represented by Harold Marcuse

"Die Volksbewegungen können manipuliert werden, weil die aufgehetzten Massen eine sofortige Kompensation erhalten. Dabei werden die bereits erwähnten materiellen Kompensationen durch ebenso wichtige Kompensationen für die (das latente >Unbehagen an der Zivilisation < tragenden) frustrierten Impulse und Instinkte ergänzt und unterstützt. Diese Impulse und Instinkte werden in einer Form befriedigt, die ihre Frustration im Rahmen stärkerer Kontrollmechanismen fortschreibt. Ihre aggressiven Tendenzen werden gegen die Kranken und Schwachen, gegen die Fremden und die Außenseiter, gegen Intellektuelle und kompromißlose Kritiker, gegen Luxus und augenfälligen Müßiggang gerichtet. Das Streben nach Gerechtigkeit, Freiheit und Glück wird pervertiert und zum Rachefeldzug gegen alle, die das Leben genießen, die nicht schuften müssen, die in der Lage sind, ihrem Wissen und Willen Ausdruck zu verleihen. Die Gleichheit der Menschen soll durch Nivellierung und nicht durch die Anhebung des Niveaus erreicht werden. Die von den Nazis veranstalteten Festspiele imitieren die Pracht des heroischen Zeitalters der europäischen Gesellschaft oder den Glanz und die Annehmlichkeiten der vorrevolutionären französischen Aristokratie, die in kleinen Dosen an den Mann auf der Straße weitergereicht wird, damit er seine Pflichten gegenüber dem totalitären Staat umso williger erfülle."

Herbert Marcuse. Feindanalysen

Nacht der langen Messer

Ernst Bloch auf dem XV. Schriftstellerkongress in Berlin, 1956
Quelle
Lizenz: Namensnennung: Bundesarchiv, Bild 183-35545-0009 / CC-BY-SA 3.0
Foto: Krueger
"Nicht so fern von hier sind die mannigfachen Träume, die heimzuzahlen belieben. Sie sind besonders wohlschmeckend, die Rache ist süß, als bloß vorgestellte aber auch schäbig. Die meisten Menschen sind zu feig zum Bösen, zu schwach zum Guten; das Böse, das sie nicht oder noch nicht tun können, genießen sie im Rachetraum voraus. Besonders das Kleinbürgertum liebt seit alters die Faust im Sack; es passt zu ihr, dass sie den Falschen schlägt, da sie vorzüglich in der Richtung des geringsten Widerstandes herausfährt. Aus der Nacht der langen Messer ist Hitler gestiegen, aus dem Traum dieser Nacht wurde er von den Herren gerufen, als er ihnen nützlich wurde. Der nazistische Rachetraum ist auch subjektiv verdrückt, nicht aufsässig; ist dumpfe Wut, nicht revolutionäre. Was gar den sogenannten eisernen Besen angeht, den Hass gegen das sittenlose Leben der Krummnasen und der Oberen, so verriet damit mittelständische Tugend, wie immer in solchen Fällen, nur ihren eigensten Traum. Wie sie, mit ihrer Rache nicht die Ausbeutung hasst, sondern nur dieses, nicht selbst ein Ausbeuter zu sein, so hasst die Tugend nicht das Lotterbett der Reichen, sondern nur dieses, dass es ihr persönlich, ganz speziell, nicht geworden ist."

Ernst Bloch, Quelle

My Body, my Choice vs. Marsch für das Leben

Foto: Oliver Feldhaus / Umbruch BildarchivAm 16. September 2017 zogen etwa 5000 christlich-fundamentalistische "Lebensschützer*innen" mit einem sogenannten "Marsch für das Leben" durch Berlin Mitte. Aufgrund zahlreicher Gegendemonstrierenden entlang des Marschwegs musste die Fundidemonstration jedoch drastisch verkürzt werden. Immer wieder gelang es Gegendemonstrant*innen, trotz eines massiven Polizeiaufgebotes, den Aufzug zu blockieren oder die Kundgebung kurzfristig zu stören.

Fotos von Oliver Feldhaus beim Umbruch Bildarchiv, Berlin

Weitere Informationen:

23.09.17: GEGEN DIE AFD! Auf die Straße gegen Rechts!

Im Herbst 2017 wird ein neuer Bundestag gewählt. Zu befürchten ist: Im neuen Parlament wird mit der selbsternannten "Alternative für Deutschland" das erste Mal eine explizit rechtspopulistische Kraft vertreten sein. Den Sprung über die 5-Prozent-Hürde verdankt die Partei ihrer Rolle als Sprachrohr des gesellschaftlichen Rechtsrucks der vergangenen Jahre.

Statt echte Lösungen für berechtigte Ängste und Sorgen der Menschen anzubieten, kanalisieren AfD und Co. diese in Wut gegen Menschen, die selbst nur Verlierer*innen der gesellschaftlichen Verhältnisse sind: Geflüchtete, wirtschaftlich Schwache, ohnehin Unterdrückte und Minderheiten. So wird ein gesellschaftliches Klima geschaffen, in dem rechte Denkweisen wieder Konjunktur haben.

Die offen rassistische Hetze der AfD ist dabei nur die reaktionäre Spitze eines Eisbergs, der bis in weite Teile der Gesellschaft hineinreicht und auch vor Parteigrenzen keinen Halt macht. Ob Asylgesetzverschärfung oder "Nafri"-Debatte: Immer wieder wird das, was von Rechtsaußen eingefordert wird, letztlich realpolitisch umgesetzt.

Am 23. September 2017, einen Tag vor der Wahl, werden wir auf Stuttgarts Straßen zeigen, dass wir den gesellschaftlichen Rechtsruck nicht unwidersprochen hinnehmen. Spaltung und rechte Hetze sind keine Lösung für soziale Probleme - im Gegenteil. Nur gemeinsam können wir ein solidarisches Miteinander gestalten und so den plumpen Phrasen von Rechts etwas entgegen setzen.

Deswegen: Raus auf die Straße! Kommt zur Demo!
Gegen Spaltung und rechte Hetze - Für ein solidarisches Miteinander!

Auftaktkundgebung: 13:00h am Stauffenbergplatz zwischen altem Schloss & Karlsplatz

Quelle: Stuttgart gegen Rechts

Die Grauzone in der Subkultur - Wie rechts ist unpolitisch?

Infoveranstaltung mit Michael Weiß (apabiz)

Unpolitisches Label und doch tief verwurzelt in rechte Netzwerke: auch wenn Bands, die der Grauzone zuzuordnen sind selbst keine Nazis sind, bieten sie doch einen rechtsoffenen Raum, in dem sich rechte Parolen und antilinke Hetze breit machen kann. Auch regional ist das Thema mit Bands wie Lammkotze und Prolligans oder Veranstaltungsversuchen mit Stomper 98 aktuell.

"Die Veranstaltung wird den folgenden Fragen nachgehen: Wo beginnt die Grauzone, wo hört sie auf? Wieso erlebt sie heute eine solche Dynamik? Und was sind eigentliche “rechte Lebenswelten-? Welche rechten Ideologieelemente finden sich in vermeintlich unpolitischen Genres wie dem Deutschrock."

Beginn 16 Uhr | Eintritt frei

Konzerte
Beginn 18:30 Uhr | Eintritt 10€

Bands: Bull Brigade (Streetpunk, Turin), Empowerment (Stuttgart Assozial Hardcore), Bierdosen Freunde (Schrammel-Punk, Esslingen), Nametaker (0711 Hardcorde), Helmut Cool (Coolster Punk, Stuttgart)

Aftershow Party: DJ Bierschiss, DJ Mütze und DJANE Cindy

Außerdem: Vegan Food (Antifa Cooking Crew Esslingen), Infostände (Noise Massacre Shows, Infoladen Stuttgart u.v.m.)



Linkes Zentrum Lilo Herrmann, Böblingerstraße 105 | 70199 Stuttgart

Anfahrt mit Öffentlichen Verkehrsmitteln:

Haltestelle Erwin Schöttle Platz (U1 & U14 / Bus 42) direkt an der Bahnlinie Richtung Bihlplatz.

Vor 44 Jahren: Ermordung von Victor Jara

Am heutigen 16. September vor 44 Jahren wurde der chilenische Sänger, Musiker und Theaterregisseur Víctor Lidio Jara Martínez mit mindestens 44 Schüssen von Soldaten des am 11. September 1973 in Chile gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende putschenden Militärs ermordet.

Victor Jara wurde nach dem Putsch zusammen mit vielen Dozenten und Studenten ins Estadio Chile verbracht, wo er erst dort von einem Offizier erkannt und, wie auch viele seiner Leidensgenossen, gefoltert wurde.

Unter diesen Umständen entstand sein letztes Gedicht (eigentlich ohne Titel, meist aber nach der Anfangszeile Somos cinco mil, „Wir sind fünftausend“, genannt). Später brachen ihm seine Peiniger die Hände, damit er nicht mehr Gitarre spielen konnte. Als Reaktion auf die hämische Aufforderung der Soldaten, er solle doch singen, wenn er ein Sänger sei, erhob Víctor Jara noch einmal seine Stimme, um das Lied der Unidad Popular Venceremos -“ „Wir werden siegen“, anzustimmen. Daraufhin wurde er zusammengeschlagen und schließlich mit einem Maschinengewehr getötet.



Erst mehr als 30 Jahre später wurde Anklage gegen die verantwortlichen Militärs erhoben. Jaras sterbliche Reste wurden im Juni 2009 exhumiert. Nach dem rechtsmedizinischen Gutachten von Ende November wiesen sie zahlreiche Knochenbrüche und 44 Schusswunden auf. Im Dezember wurden Jaras Überreste auf den Zentralfriedhof von Santiago überführt. Tausende Chilenen defilierten am Sarg vorbei, darunter Präsidentin Michelle Bachelet.

Zur endgültigen Aufklärung des Todes von Víctor Jara hat im Dezember 2012 die chilenische Justiz die Festnahme von acht tatverdächtigen Ex-Militärs angeordnet. 42 Jahre nach Jaras Ermordung wurden zehn ehemalige chilenische Militärangehörige, darunter auch der ehemalige Lieutenant Barrientos, der heute in Florida lebt und nach Chile ausgeliefert werden könnte, des Mordes angeklagt.

Quelle: WikiPedia

Staatlich betreute Morde und fünf Jahre NSU-“Aufklärung”

Für ein Zwischenfazit zu fünf Jahren NSU-"Aufklärung" gibt es keine bessere Einleitung als das Plädoyer der Bundesanwaltschaft vor dem Oberlandesgericht (OLG) München. Bevor Bundesanwalt Herbert Diemer am 25. Juli die Beweiserhebung im dortigen Prozess würdigte, ging er auf die Vorwürfe gegen die Anklagebehörde und andere staatliche Stellen ein:

"Eine Beweisaufnahme, die das politische und mediale Interesse nicht immer befriedigen konnte, weil die Strafprozessordnung dem Grenzen setzte. Rechtsstaatliche Grenzen, die verlangen, das Wesentliche vom strafprozessual Unwesentlichen zu trennen. So ist es schlicht und einfach falsch, wenn kolportiert wird, der Prozess habe die Aufgabe nur teilweise erfüllt, denn mögliche Fehler staatlicher Behörden und Unterstützerkreise -“ welcher Art auch immer -“ seien nicht durchleuchtet worden", sagte Diemer laut Wortprotokoll der Nebenklage. "Mögliche Fehler staatlicher Behörden aufzuklären ist eine Aufgabe politischer Gremien. Anhaltspunkte für eine strafrechtliche Verstrickung von Angehörigen staatlicher Stellen sind nicht aufgetreten."

Mit besonderem Eifer ging er auf den Mord­anschlag in Heilbronn 2007 ein, bei dem eine Polizistin getötet und einer ihrer Kollegen schwer verletzt worden waren.

"Der Anschlag auf die beiden Polizeibeamten war ein Angriff auf unseren Staat, seine Vertreter und Symbole. Die Auswahl der Personen selbst geschah auch hier willkürlich. Alle anderen Spekulationen selbsternannter Experten, die so tun, als habe es die Beweisaufnahme nicht gegeben, sind wie Irrlichter, sind wie Fliegengesumme in den Ohren", teilte Diemer aus.

Mit den "selbsternannten Experten" und "Irrlichtern" sind Mitglieder parlamentarischer Untersuchungsausschüsse, Nebenklageanwälte und einige wenige Journalisten gemeint, die zumindest die Widersprüche in der offiziellen Version nicht ausgeräumt sehen. Beschämend ist nicht nur das weitgehende Schweigen mancher Medien zu dieser Diffamierung, sondern vor allem auch das laute Sekundieren anderer: So warf etwa Welt-Autorin Gisela Friedrichsen am 4. August einer Gruppe von Opferanwälten vor, "eine Bühne zur Diskriminierung des Rechtsstaats" zu suchen.

Um so bemerkenswerter ist ein Kommentar von Andreas Förster am 1. August in der Frankfurter Rundschau (FR): "Was hat die Bundesanwaltschaft nur geritten? (...) Sehen sich die Ankläger einem Korpsgeist bundesdeutscher Sicherheitsbehörden verpflichtet, die die eigenen Verfehlungen lieber vertuschen als sie ehrlich aufarbeiten? (...) Der Geheimdienst hatte nach dem Auffliegen des NSU im November 2011 in großem Stil Akten vernichtet, er hat Ermittlern -“ und Abgeordneten -“ Informationen gezielt vorenthalten, er hat sie vermutlich sogar belogen. Die Bundesanwaltschaft hätte daraufhin das Bundesamt in Köln durchsuchen können und wohl auch müssen. Aber das hat sie nicht getan, sondern klaglos die Vertuschungspraxis des Geheimdienstes hingenommen."

Weiter geht-™s:

Junge Welt vom 31.8.2017

Über Verführungen

Laßt Euch nicht verführen!
Es gibt keine Wiederkehr.
Der Tag steht in den Türen,
ihr könnt schon Nachtwind spüren:
Es kommt kein Morgen mehr.

Laßt Euch nicht betrügen!
Das Leben wenig ist.
Schlürft es in vollen Zügen!
Es wird Euch nicht genügen,
wenn Ihr es lassen müßt!

Laßt Euch nicht vertrösten!
Ihr habt nicht zu viel Zeit!
Laßt Moder den Erlösten!
Das Leben ist am größten:
Es steht nicht mehr bereit.

Laßt Euch nicht verführen
Zu Fron und Ausgezehr!
Was kann Euch Angst noch rühren?
Ihr sterbt mit allen Tieren
und es kommt nichts nachher.

Bert Brecht 1925

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