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Gesamtgesellschaftliches Irrenhaus

Theodor W. Adorno
Foto: Jeremy J. Shapiro
Lizenz: CC BY-SA 3.0
“Die Praxis der Psychoanalyse, die, ihrer Ideologie nach, noch die Neurosen zu heilen beansprucht, gewöhnt bereits im Einverständnis mit der allherrschenden Praxis und ihrer Tradition den Menschen die Liebe und das Glück zugunsten von Arbeitsfähigkeit und healthy sex life ab. Glück wird zur Infantilität und die kathartische Methode zu einem Bösen, Feindlichen, Unmenschlichen." "Das Ziel der -ºgut integrierten Persönlichkeit-¹ ist verwerflich, weil es dem Individuum jene Balance der Kräfte zumutet, die in der bestehenden Gesellschaft nicht besteht und auch gar nicht bestehen sollte, weil jene Kräfte nicht gleichen Rechtes sind. Man lehrt den einzelnen die objektiven Konflikte vergessen, die in jedem notwendig sich wiederholen, anstatt ihm zu helfen, sie auszutragen." (...)

"Die gesellschaftlich irrationale Konsequenz wird auch individuell irrational. Insofern wären in der Tat die Neurosen der Form nach aus der Struktur einer Gesellschaft abzuleiten, in der sie nicht abzuschaffen sind. Noch die gelungene Kur trägt das Stigma des Beschädigten, der vergeblichen und sich pathisch übertreibenden Anpassung. Der Triumph des Ichs ist einer der Verblendung durchs Partikulare. Das ist der Grund, der objektiven Unwahrheit aller Psychotherapie, welche die Therapeutiker zum Schwindel animiert. Indem der Geheilte dem irren Ganzen sich anähnelt, wird er erst recht krank, ohne dass doch der, dem die Heilung misslingt, darum gesünder wäre.-

Theodor W. Adorno - Zum Verhältnis von Soziologie und Psychologie

Berlin: Sleep-in für Obdachlosenunterkunft

Oliver Feldhaus / Umbruch Bildarchiv Berlin
Seit fast einem Jahr kämpfen jetzt die Männer der Wohnungslosenunterkunft in der Berlichingenstraße 12 in Moabit um ihre Zukunft. Dem Betreiber des Hauses war Anfang des Jahres gekündigt worden. Aber da es für die wohnungslosen Männer keine Chance auf dem Wohnungsmarkt gibt, besetzten sie das Haus, indem sie einfach nicht auszogen. Zu ihrer Unterstützung organisierte das "Bündnis gegen Zwangsräumungen" am 1. Dezember 2016 ein Sleep-in in der Kantstraße 30 vor dem Firmensitz des Eigentümers. Bisher hat der Eigentümer jeden Kontakt abgewiesen, Heizung, Wasser, Strom und Müllentsorgung abgestellt. Durch vielfältige Unterstützung wurde die Versorgung aber immer wieder in Eigenregie angestellt.

Mit der Aktion wollte das "Bündnis Zwangsräumung verhindern" die Situation des Lebens auf der Straße für jede und jeden erfahrbar machen. Darum riefen sie die Passanten dazu auf, es sich einmal in dem Zelt bei diesem Wetter "bequem" zu machen und dabei darüber nachzudenken, ob Profite an Häusern über die Würde des Menschen gestellt werden darf.

Ein Fotobericht von Oliver Feldhaus / Umbruch Bildarchiv Berlin

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