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Zur Lehre vom Ressentiment

Horkheimer (links) mit Theodor W. Adorno (vorne rechts) und Jürgen Habermas (hinten rechts) in Heidelberg, 1964
Foto: Jeremy J. Shapiro / CC-BY-SA-3.0
"Zur Lehre vom Ressentiment. - Ein feiner Trick: das System zu kritisieren soll denen vorbehalten bleiben, die an ihm interessiert sind. Die anderen, die Gelegenheit haben, es von unten kennenzulernen, werden entwaffnet durch die verächtliche Bemerkung, daß sie verärgert, rachsüchtig, neidisch sind. Sie haben "Ressentiment".

Demgegenüber sollte niemals vergessen werden, daß man ein Zuchthaus in keinem Fall und unter gar keinen Umständen kennenlernen kann, wenn man nicht wirklich und ohne Verkleidung als Verbrecher fünf Jahre dort eingesperrt war mit der Gewißheit, daß die goldene Freiheit, nach der man sich in diesen fünf Jahren sehnt, in einem nachträglichen Hungerleben besteht. Es wirkt wie ein stillschweigendes Abkommen der Glücklichen, daß man über diese Gesellschaft, die weitgehend ein Zuchthaus ist, nur diejenigen als Zeugen gelten lassen will, die es nicht verspüren."

Max Horkheimer - Dämmerung. Notizen in Deutschland. (unter d. Pseud.: Heinrich Regius). Oprecht und Helbling, Zürich 1934

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