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"Demo für Alle" - Polizei geht massiv gegen Gegendemonstranten vor

Marsch der ewig Gestrigen
Über 1000 Menschen bei der Auftaktkundgebung des Bündnisses gegen die "Demo für Alle", ein super Konzert von Mal Élevé und die lautesten und entschlossensten Proteste der letzten zwei Jahre standen gestern weniger Teilnehmern auf Seiten der rechts gerichteten "Demo für Alle" gegenüber.

Die entfesselte Polizeigewalt, unglaubliche Aggresivität und Brutalität machte einmal mehr deutlich: Ohne Schlagstöcke, Pferdestaffel, Pfefferspray und rohe Gewalt sowie die Schützenhilfe unzähliger Polizisten bekommen die Rechten in Stuttgart keinen Fuß auf die Straße.

Vom Ausmaß der uniformieren Gewalt zeugt die gestern erschienene Pressemitteilung der Demosanitäter, die von mindestens 107 Verletzten in ihrem Umfeld und von der Behinderung ihrer Arbeit durch die Polizei berichtet:

"Am heutigen Sonntag sicherte die Sanitätsgruppe Süd-West die Gegenproteste gegen die als homophob geltende Demo für Alle ab. Dabei kam es mehrfach zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Gegendemonstranten, sowie einigen Nazis.

Lena Schmidt, Pressesprecherin der Sanitätsgruppe Süd-West fasst die Vorkommnisse zusammen: "Nachdem es bereits zwischen Schloss- und Schillerplatz zu ersten Auseinandersetzungen gekommen war, bei denen es die ersten Verletzten gab, ging die Polizei am Wilhelmsplatz unverhältnismäßig und oft ohne ersichtlichen Grund gegen die Gegendemonstranten vor. Angesichts der Fülle der Patienten in diesem kurzen Zeitraum unter Behinderungen durch die Polizei war eine effiziente Patientenversorgung nur schwer zu realisieren. Der öffentliche Rettungsdienst musste zur Bewältigunge der Situation zusätzliche Kräfte des Ehrenamtes hinzuziehen. Ich möchte an dieser Stelle einige Punkte monieren, die unseren Einsatz zusätzlich erschwerten, mich zunächst aber bei den vielen freiwilligen Helfern bedanken, die uns in dieser Situation tatkräftig zur Seite standen. Angeforderte Rettungsmittel wurden von der Polizei nicht bis zu den Patienten durch gelassen. Offensichtlich verletzte Personen, die zum öffentlichen Rettungsdienst wollten, wurden von der Polizei weiter mit Pfefferspray massiv angegangen. Auch Sanitätskräfte gezielt gestoßen und mit Pfefferspray bedroht. Gegen Ende wurde der Verkehr auf der Straße durch die Polizei wieder frei gegeben, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt noch Patienten und behandelndes Personal auf der Straße aufhielten. Zusammenfassend müssen wir mit Erschrecken feststellen, dass die Polizei auf die medizinische Versorgung von Verletzten am Wilhelmsplatz kaum Rücksicht genommen hat."

Insgesamt wurden im Umfeld der Einsatzkräfte der Sanitätsgruppe Süd-West mindestens 107 Patienten behandelt, von denen mindestens 17 zur Weiterbehandlung einen Krankenhaus zugeführt werden mussten. Neben Pfefferspray überwogen u.a. chirurgische Verletzungen durch direkte Gewalteinwirkung. Es gab mehrmals den Verdacht auf leichte Schädel-Hirn-Traumata, sowie mehrere allergische Reaktionen und einen Krampfanfall nach Pfeffersprayeinwirkung.

Die Sanitätsgruppe Süd-West bedankt sich beim öffentlichen Rettungsdienst und Katastrophenschutz für die tolle Zusammenarbeit angesichts widriger Umstände."

Bereits seit knapp zwei Jahren finden immer wieder rechte und homophobe Märsche unter dem Label "Demo für Alle" mit teilweise mehreren tausend Teilnehmenden in der Stuttgarter Innenstadt statt.

Im Sommer 2015 hat sich das Bündnis gegen die "Demo für Alle" konstituiert um gemeinsam und spektrenübergreifend gegen die rechten Hetzer in unserer Stadt aktiv zu werden.

Das Bündnis besteht aktuell aus dem Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart & Region, den Jusos Stuttgart, der Grünen Jugend Stuttgart, der ver.di Jugend Stuttgart, ZK Stuttgart, der IGM-Jugend Stuttgart, der Antifaschistischen Aktion (Aufbau) Stuttgart, den PIRATEN Stuttgart, der Giordano-Bruno-Stiftung, der PARTEI, der VVN-BdA Stuttgart, der Partei die LINKE, der NAJU, der Initiative Frauenkampftag Stuttgart sowie engagierten Einzelpersonen.

Kontakt

Bukowski. Übertreibungen.

Charles Bukowski
Zeichnung von Commonurbock23
Lizenz: GFDL via Wikimedia Commons

„Nach meinem Tod macht man mich viel mutiger und begabter, als ich es gewesen bin. Es wird übertrieben. Sogar den Göttern kommt das große Kotzen. Die menschliche Rasse übertreibt alles. Ihre Helden, ihre Feinde, ihre Bedeutung.“

Charles Bukowski

Stuttgart: Keine Bühne für rechte Hetze! Gemeinsam den Rechtsruck stoppen!

Bild: Aktionsbündnis gegen die "Demo für Alle"
Das Aktionsbündnis gegen die „Demo für Alle“ ruft zu Protesten gegen die rechte „Demo für Alle“ am 28. Februar 2016 in Stuttgart auf

Das Aktionsbündnis gegen die „Demo für Alle“ veranstaltet am 28. Februar 2016 ab 12:30 Uhr eine Kundgebung gegen die homophobe und rechte „Demo für Alle“. Neben Redebeiträgen zu den Hintergründen des reaktionären Zusammenschlusses und dem europaweiten Rechtsruck, wird es einen Beitrag des Darmstädter Vereins vielbunt e.V. geben.
Musikalische Unterstützung erhalten die Protestierenden von Mal Élevé, dem Sänger der Band Irie Révoltés, der während der Auftakt- und Abschlusskundgebung für musikalische Begleitung sorgt.

„Was in anderen Städten als Pegida auftritt, stellt in Stuttgart die selbsternannte „Demo für Alle“ dar. Antifeministische, homophobe und rückwärtsgewandte Gruppierungen üben dabei den Schulterschluss mit offen faschistischen Strukturen wie beispielsweise der NPD, den Berserker Pforzheim sowie der Identitären Bewegung und vereinen sich auf Stuttgarts Straßen.“ fasst Mario Kleinschmidt für das Aktionsbündnis zusammen.

Der reaktionäre Zusammenschluss agiert wenige Wochen vor der Landtagswahl nicht beliebig, sondern zielt darauf ab, dem Wahlkampf von AfD und CDU weiteren Aufwind zu verschaffen und den europaweiten Rechtsruck voranzutreiben.

„Durch das Erstarken der rechten Kräfte ist das solidarische und selbstbestimmte Zusammenleben in Gefahr. Wer den Einzug der AfD in den Landtag verhindern will, muss am 28. Februar 2016 mit uns gegen die rechte „Demo für Alle“ auf die Straße gehen!“ ergänzt Kleinschmidt.

Um diesem (r)echten Problem entgegenzutreten, veranstaltet das Aktionsbündnis ab 12:30 Uhr eine Kundgebung mit musikalischer Begleitung auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

Mitglieder im Aktionsbündnis gegen die "Demo für Alle" sind:
Antifaschistischen Aktion (Aufbau) Stuttgart
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region
die PARTEI Stuttgart
DIE LINKE Stuttgart
engagierten Einzelpersonen
Giordano-Bruno-Stiftung
Grüne Jugend Baden-Württemberg
Grüne Jugend Stuttgart
IGM-Jugend Stuttgart
Initiative Frauenkampftag Stuttgart
JungeNGG SüdWest
Jusos Stuttgart
Naturschutzjugend Baden-Württemberg
ver.di Jugend Stuttgart
VVN-BdA Stuttgart
PIRATEN Partei Stuttgart
Zusammen Kämpfen Stuttgart

Quelle: Pressemitteilung 26.02.2016

nachschLAg: Ein unvollständiger Wochenrückblick

LATEINAMERIKA
Rechtsruck in Lateinamerika: Von Buenos Aires über Caracas und La Paz nach Brasília -“ das ist die Route, die sich die lateinamerikanische Rechte für das Rollback, den Generalangriff auf die fortschrittlichen Kräfte des Kontinents, erhofft.

ARGENTINIEN
Wie im Wahlkampf bereits angekündigt, geht die Regierung des neuen argentinischen Präsidenten Mauricio Macri verstärkt gegen Demonstrierende vor. Besonders im Visier sind die als Protestform weit verbreiteten Straßensperren. Die Sicherheitsministerin, Patricia Bullrich, hat nach der ersten Sitzung des „Rates für die Innere Sicherheit“ in San Carlos de Bariloche verkündet: „Wir wollen die Kultur der Straßenblockaden verändern, wir werden das Chaos auf den Straßen künftig nicht mehr erlauben“.

BOLIVIEN
Jetzt ist es amtlich: Der bolivianische Präsident Evo Morales und sein Stellvertreter Álvaro García Linera werden 2019 nicht zu einer weiteren Amtszeit antreten können. Wie das oberste Wahlgericht am späten Dienstag abend (Ortszeit) erklärte, siegte in der Volksabstimmung am Sonntag das "Nein" mit 51,3 Prozent der Stimmen.

BRASILIEN
Nach Fitch und Standard & Poor-™s hat nun auch Moody-™s die Kreditwürdigkeit Brasiliens auf Ramsch-Niveau gesenkt. Schuld ist der finanzielle Niedergang des Landes. Aber auch die Präsidentin sorgt für Unsicherheit.

KOLUMBIEN
In der Kanalisation des Gefängnisses „La Modelo“ in der Hauptstadt Kolumbiens sind Reste von Leichen gefunden worden. Nach Aussagen eines demobilisierten Paramilitärs wurden dort zwischen 1999 und 2001 über 100 Menschen verschwinden gelassen. Viele seien gefoltert, dann ermordet und zuletzt in Stücke zerkleinert in die Kanalisation versenkt und zu Tierfutter verarbeitet worden.

KUBA
Zum 25. Geburtstag der Solidaritätsorganisation Cuba Sí hatte das Kubanische Institut für Völkerfreundschaft (ICAP) am 19. Februar in ihr "Casa de Amistad" (Haus der Freundschaft) geladen.

Die US-Geheimdienstmitarbeiterin Ana Belén Montes sitzt seit 2002 in Isolationshaft. Sie hatte Informationen an Kuba weitergegeben. Eine internationale Bewegung fordert nun menschenwürdige Bedingungen -“ und ihre Freilassung

"Cuban Five" setzen sich weiter für Inhaftierte in USA ein. Ein Gespräch mit Ramón Labañino

Hunderte Besucher aller Altersgruppen verfolgten auf der Buchmesse in Havanna gespannt die Vorstellung der Raúl-Castro-Biographie des russischen Publizisten Nikolai S. Leonow. In russischer und spanischer Sprache erschienen, ist "Un hombre en Revolución" die weltweit erste Biographie über Rául.

Am 23. Februar ist Ramón Castro Ruz im Alter von 91 Jahren gestorben.

PERU
In Peru ist vergangene Woche erneut eine Erdölpipeline gebrochen. Hunderttausende Liter von Rohöl verunreinigen Felder und Flüsse im nördlichen Amazonasgebiet. Es war die dritte Havarie innerhalb von drei Wochen.

VENEZUELA
In Venezuelas Hauptstadt haben Basisaktivisten sich Lieferwagen des größten Lebensmittelkonzerns des Landes, Polar, bemächtigt. An der Aktion am vergangenen Donnerstag beteiligten sich auch zahlreiche Anwohner.

Ein Gemeinschaftsprojekt von Einfach Übel und redblog, Ausgabe vom 26. Februar 2016

Warum sterben - rund um den NSU - so viele (potenzielle) Zeugen in Baden-Württemberg?

Dass in Baden-Württemberg ganz junge Menschen auf ganz merkwürdige Weise ums Leben kommen, kann reiner Zufall sein. Dass diese Menschen alle potentielle und tatsächliche Zeugen im NSU-VS-Komplex waren bzw. gewesen wären, ist alles, nur kein Zufall.

Nun gibt es ein fünftes Opfer, Sascha Winter, 31 Jahre aus Kraichtal.

Seine Verlobte Melisa Marijanovic starb vor knapp einen Jahr, mit 20 Jahren. Laut Obduktionsbericht soll sich das so zugetragen haben: Melisa Marijanovic hatte einen kleinen Motorcross-Unfall, bei dem sie sich das Knie geprellt hatte. Sie ging zum Arzt, zwei Mal wurde eine Thrombosevorsorge gemacht. Am 28. März 2015 findet sie ihre Freund, Sascha Winter, mit Krämpfen in ihrer gemeinsamen Wohnung. Jede Hilfe kam zu spät.

Nun ist auch ihr Freund und Verlobter tot. Nach Polizeiangaben starb er am 8. Februar 2016. Woran er starb, wer ihn gefunden hat, dazu schweigt Polizei und Staatsanwaltschaft. Ein mehr als ungewöhnliches Verschweigen. Denn Sascha Winter soll laut Staatsanwaltschaft nichts im Dunklen gelassen haben, in Form einen elektronischen „Abschiedsbriefes“. Was zur Überprüfung der Echtheit notwendig, zwingend wäre, macht die Staatsanwaltschaft nicht: Sie benennt weder den Inhalt, noch die Adressaten, noch den Zeitpunkt der Versendungen.

Man darf und muss annehmen, dass die Staatsanwaltschaft gelernt hat:

Als Florian Heilig am 16. September 2013 in seinem Auto qualvoll verbrannte, wollte diese alles gewusst haben und vor allem eines: das Ganze als privates, gänzlich unpolitisches Ereignis ad acta legen. Man behauptete einen Suizid, bevor die Obduktion beendet war und hatte ein Motiv, das außer der Staatsanwaltschaft niemand kannte: Liebeskummer. Man wollte das verbrannte Auto sofort in die Schrottpresse geben -“ obwohl sich dort herausragende „Beweismittel“ (Laptop, Handy, Camcorder, Schlüsselbund, Waffen) befanden, die zu sichern eine Selbstverständlichkeit sein müsste, wenn man einen Geschehensverlauf auch nur annähernd glaubwürdig rekonstruieren will.

Ob Florian Heilig in der Nacht zum 16. September 2013 telefonischen Kontakt zu seiner damaligen Freundin Melisa Marijanovic, welche Kontakte er bis zu seinem Tod noch hatte, wollte man nicht untersuchen.
So gut wie alles, was danach passierte, ist durch massive Manipulationen von Ermittlungen gekennzeichnet. Weder die Eltern, noch die Schwester wurden befragt. Nicht einmal seine Freundin, geschweige denn Melissa Marijanovic, von der sich Florian Heilig fast getrennt hatte. Auch hatte die Staatsanwaltschaft versucht, zu verschweigen, dass Florian Heilig ein brisanter Zeuge war, der bereits vor dem Auffliegen des NSU Aussagen zu dem Anschlag auf Polizisten in Heilbronn 2007 gemacht hatte -“ Aussagen, die in Widerspruch zu dem bis heute aufrechterhaltenen Ermittlungsergebnis stehen: Demnach waren mehr Personen in den Mordanschlag verwickelt als die „Alleintäter“ Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Ob er seine Aussagen von Mitte 2011 hätte präzisieren können, weiß man nicht. Er starb acht Stunden vor seiner Vernehmung.

Der Abschlussbericht des parlamentarischen Untersuchungsausschuss/ PUA in Baden-Württemberg vom Januar 2016 hält dazu fest:
„Was den Fall Florian H. angehe, halte es der Ausschuss für ausgeschlossen, dass dieser eigenes Wissen über das Tatgeschehen in Heilbronn gehabt habe. Es seien auch keine Belege für ein Fremdverschulden oder eine Fremdeinwirkung bezüglich des Feuertodes gefunden worden. Die Ermittlungsarbeit des Polizeipräsidiums Stuttgart bewerte der Ausschuss als grob mangelhaft, so Drexler.“
Drexlers Partei, die SPD und Die Grünen hatten lange einen PUA für überflüssig erklärt. Beide Parteien haben dafür gesorgt, dass sie Recht behalten sollten.
Wie stumpf das schärfste Schwert des Parlaments blieb, fasst „Die Welt“ erstaunlich offen zusammen: „Herausgekommen ist (...) eine Abschlussbewertung, die überaus gnädig und diplomatisch ausfiel, statt die Geheimdienste und die Polizei zu rügen. Und unterm Strich empfiehlt der Ausschuss sogar, den Verfassungsschutz im Land zu stärken -“ genau jenen Dienst also, dessen Versäumnisse und intransparente Arbeit der Ausschuss eben erst aufgedeckt hatte.“ (welt.de vom 18.2.2016)

Warum sterben fünf (potentielle) Zeugen, wenn Florian Heilig ein Spinner war?

Niemand müsste sich vor diesen ZeugInnen fürchten, wenn sich die Behauptung der Staatsanwaltschaft durch die Beweislage stützen ließe.

Tatsache ist, dass es keine einzige Zeugenaussage zum Mordfall Heilbronn gibt, die eine direkte Täterschaft der beiden toten NSU-Mitglieder belegt. Es gibt keine einzige Spur am Tatort, die diese Behauptung stützen kann. Dass es hingegen andere/weitere Täter gab, belegen zahlreiche Zeugenaussagen, zahlreiche Indizien. Die Phantombilder, die mithilfe von Zeugen erstellt wurden, ähneln vielen, nur nicht den besagten NSU-Mitgliedern. Selbst die ermittelnden Polizisten sprachen von 4 -“ 6 Tätern. Um herausbekommen, ob die zahlreichen Zeugen sich getäuscht hatten oder sich gut erinnern konnten, hätte man mit den Phantombildern fahnden können. Das unterband die Staatsanwaltschaft, was einen befragten Kriminalisten zu der Antwort brachte, dass ihm das in den vom ihm bearbeiteten 200 Fällen noch nie passiert sei.

Wenn man alle Details dieser Ermittlungen zusammennimmt, dann kann man sehr sicher nachzeichnen, dass nicht die eingestandenen Pannen das Problem sind, sondern das Außerkraftsetzen gängiger Ermittlungsmethoden. Denen zufolge ist nicht der Tatverlauf der wahrscheinlichste, der von den wenigsten Indizien abgedeckt ist, sondern der, der aufgrund zahlreicher Indizien die größte Plausibilität hat.

Für das Außerkraftsetzen gängiger Ermittlungsmethoden gibt es durchaus ein Motiv:

Wenn es in Heilbronn mehrere/andere Täter gab, dann bricht einmal mehr die Zwei-Täter-Theorie, die Behauptung, der NSU -“ „ein Netzwerk von Kameraden“, so ihr Selbstverständnis -“ hätte aus exakt drei Mitgliedern bestanden, in sich zusammen. Damit wäre auch die Gesamtkonstruktion der Anklage in München in Gefahr.

Für diese fortdauernde „freiwillige Erkenntnisisolation“ gibt es mehr als prozessuale Gründe. Gehen wir mit allen Zeugenaussagen davon aus, dass es mehr als zwei Täter gab, dann würde man diese doch finden wollen, wenn sie nur einen Polizistenmord aufklären würden. Dies nicht zu tun, ist nur aus einem Grund plausibel: Man würde gegebenenfalls auf Täter stoßen, die über die darin involvierten staatlichen Behörden mehr preisgeben könnten, als allen zusammen lieb ist.

Dass im Fall Heilbronn geradezu lückenlos belegt ist, dass es um mehr als um einen NSU in Gestalt eines „Trios“ geht, wissen alle dort Beteiligten. Es geht um eine rassistische Vereinigung namens Ku-Klux-Klan/KKK, von der alle Behörden in Baden-Württemberg nichts gewusst haben wollen. Dazu gehört einiges, denn diese rassistische Vereinigung wurde von einem V-Mann des Landesamtes für Verfassungsschutz/LfV in Baden-Württemberg geführt: Achim Schmid. Es geht um Polizisten, die Kollegen zum KKK führten wie zu einem Kegelclub, um einen Zugführer, der nicht nur Vorsetzter der ermordeten Michèle Kiesewetter war, sondern auch Mitglied in besagter Rassenkrieg-Vereinigung.

Es ist zu befürchten, dass die vielen nicht verfolgten Spuren, die den Mordanschlag aufklären könnten, auch den Tod so vieler Zeugen erklären.

Nach dem Kasseler NSU-Mord an Halit Yozgat 2006 haben vor allem migrantische Gruppen hinter einem Transparent versammelt, auf dem “Kein zehnter Mord!- stand. Sie blieben weitgehend unter sich. Die Linke wollten damals weder einen rassistischen Hintergrund dieser Tat erkennen, noch einen politischen Zusammenhang zu den davor verübten Morden. Die Polizeiversion von den „Dönermorden“ zeigte nicht nur in den Medien ihre beabsichtigte Wirkung.

Es wird Zeit für Demonstrationen unter der Losung: “Kein sechster toter Zeuge!-.

Wolf Wetzel
Der NSU-VS-Komplex. Wo beginnt der Nationalsozialistische Untergrund - wo hört der Staat auf? 3. Auflage, Unrast Verlag 2015

Eine leicht gekürzte Fassung findet sich auch in der Tageszeitung „Junge Welt“ vom 23.2.2016: Selbstmord "unvorstellbar"

Ich hatte das Glück, Kontakt zu einer langjährigen Freundin von Sascha Winter zu bekommen. Die verschiedenen Gespräche, die wir geführt haben, habe ich in folgendem Beitrag zusammengefasst: An dieser ganzen Sache ist etwas faul -“ Tod von Sascha Winter

Blogkino: The Salt of the Earth (1954)

Heute beginnen wir im Rahmen unserer Reihe Blogkino eine Serie mit Filmen, die sich mit dem Thema Anarchismus beschäftigen. Wir beginnen mit "The Salt of the Earth" - im Jahr 1954 gedreht von Herbert J. Biberman.

"In einer Zinkmine in New Mexiko führen Anfang der 1950er Jahre mexikanische Bergarbeiter und insbesondere deren Frauen einen monatelangen Kampf. Für ihre Forderung nach Gleichbehandlung haben offizielle Stellen nur den Verdacht "unamerikanischer Umtriebe" übrig. Ebenfalls als "unamerikanisch" gilt die neorealistische Verfilmung des Geschehens durch den linken Regisseur Herbert Biberman. Ihn kostet die feministische Parteinahme für die Sache der Streikenden die Hollywood-Karriere, und sein Film, der heute zurecht als ein Klassiker gilt, wandert während der antikommunistischen Eiszeit in den Giftschrank."

Kinderarmut im reichen Baden-Württemberg

Wir möchten Sie/Euch herzlich einladen zu einer Veranstaltung unserer Initiative "Reiche Stadt-Arme Kinder" gemeinsam mit SÖS (Stuttgart-Ökologisch-Sozial) und Freundeskreis BASIS ( Beratungszentrum für Arbeit und soziale Gerechtigkeit in Stuttgart).

Am 23.2.2016, 19.00 Uhr im Bürgerzentrum Stuttgart-West

Der 1.baden-württembergische Armuts- und Reichtumsbericht ist erschienen und bestätigt, was kontinuierlich andere Studien feststellen, die soziale Ungleichheit nimmt zu, auch in unserer Gesellschaft. Ein Umsteuern ist nötig.

Kinderarmut im reichen Baden-Württemberg

• Woran liegt das?
• Was sagt die Landesregierung dazu in ihrem Reichtums- und Armutsbericht?
• Was muss getan werden?

Zu diesen Fragen möchten wir unsere Positionen vorlegen und mit Ihnen/Euch darüber diskutieren.

Was mir heute wichtig erscheint #402

Gefeiert: "Darunter waren auch Kinder..." Schaulustige bejubeln Brand einer geplanten Asylunterkunft, Bericht bei Mopo24.de. Das war bis jetzt noch nicht alles an diesem Wochenende. Was wohl in diesen Menschen vorgeht, beschreibt besarin

Lernfähig: "Die neue Ransomware Locky findet hierzulande offenbar massenhaft Opfer, darunter inzwischen auch ein Fraunhofer-Institut. Nun haben die Täter ihrem Schädling sogar Deutsch beigebracht." Mehr bei heise, siehe auch hier.

Einstellungsmuster: In der heutigen Sonntagsrubrik bei heise.de wird dem verstorbenen Umberto Eco gedacht. "(...) Eco war nicht nur ein vergnüglicher Semiotiker oder ein Dan Brown für Leute mit Köpfchen, sondern auch ein politischer Mensch. Wer an diesem gammelig-kalten Sonntag Zeit und Muße hat, sollte seine hellsichtige Analyse des Urfaschismus lesen, die weitab von seiner Analyse der Kindheit unter Mussolini klarmacht, welche Einstellungsmuster hinter den rechtsradikalen Auswürfen stehen, die bei A wie AfD anfangen und bei P wie Politisch inkorrekt aufhören.(...)"

Victimblaming: Einmal mehr wird das Opfer zum Täter gemacht. Die gestrige Pressekonferenz der Polizei in Clausitz ist ein Schlag ins Gesicht der Menschen, die vorgestern Todesangst erlitten haben. Immerhin 100 Menschen zeigten gestern bei der Solidaritätsdemo mit den Geflüchteten Flagge.

Stille: Um das Asylpaket II, das Freitag im Bundestag diskutiert wurde und in dem eine Schlussstrich unter das individuelle Asylrecht in Deutschland gezogen werden soll gibt es keine breite gesellschaftliche Diskussion. Dabei macht es in weiten Teilen genau das zu Recht und Gesetz, was der deutsche Mob von Clausnitz in laut und hässlich repräsentiert: Ausländer raus. Überblick bei Analyse und Kritik, siehe auch: Pro Asyl

Rollenklischees: "Prinzessin Lillifee und Lego Friends sind nur vordergründig harmloses Mädchenspielzeug. Sie sind eine bedenkliche Antwort auf die Emanzipation der Frauen und können Einstiegsdrogen zu weiblichen Suchtkrankheiten sein. Was tun also, wenn kleine Mädchen pinkfarbene Püppchen lieben?" Mehr dazu bei der Hannoverschen Allgemeinen

Freilassung: Albert Shaka Woodfox, der letzte der noch inhaftierten "Angola three" saß 43 Jahre in Einzelhaft für ein Verbrechen, das dem Ex-Black Panther Aktivisten offenbar angehängt wurde. Nun wurde er freigelassen. Siehe auch das Interview für den Guardian.

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